50 Jahre Städtebauförderung - Schwerpunkt - vhw

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50 Jahre Städtebauförderung - Schwerpunkt - vhw
2/2021                              Heft 2 März–April 2021       G 3937 D

FORUM WOHNEN UND STADTENTWICKLUNG

                                    Schwerpunkt
                                    50 Jahre Städtebauförderung

                                    Stadtentwicklung
                                    Die Bedeutung der Städtebauförderung für die Kommunen • Zukunftsmodell für Städte und Gemeinden •
                                    Weiterentwicklung der Städtebauförderung • Umweltgerechtigkeit und Städtebauförderung • Städte-
                                    bauförderung in Nordrhein-Westfalen • Die Sicht der Wohnungswirtschaft • Städtebaulicher Investi-
                                    tions- und Förderbedarf 2020 bis 2030 • Die Entwicklungsmaßnahme Norderstedt-Mitte • Von einer
                                    hoheitlich verstandenen Politik zu flexiblen Managementansätzen • Neue Herausforderungen für ein
                                    bewährtes Instrument • Von der Strategie zur Umsetzung der Neuen Leipzig-Charta • Stadt machen
                                    von unten • Die Wiederbelebung des Werkswohnungsbaus

                                    Nachrichten
                                    Fachliteratur

                                    WohnungsMarktEntwicklung
                                    Baufertigstellungen in Deutschland 2019

                                    Verbandszeitschrift des vhw
50 Jahre Städtebauförderung - Schwerpunkt - vhw
Inhalt

Schwerpunkt                                           Von einer hoheitlich verstandenen Politik zu
50 Jahre Städtebauförderung                           flexiblen Managementansätzen –
                                                      zur Weiterentwicklung der Städtebauförderung    89
Editorial                                             Prof. Dr. Uwe Altrock, Universität Kassel
Städtebauförderung als starkes Programm für
die Transformation unserer Städte               57    50 Jahre Städtebauförderung – und jetzt?
Prof. Elke Pahl-Weber,                                Neue Herausforderungen für ein bewährtes
Technische Universität Berlin                         Förderinstrument                                92
                                                      Dr. Frank Burlein, DSK Deutsche Stadt- und
Stadtentwicklung                                      Grundstücksentwicklungsgesellschaft mbH,
Die Bedeutung der Städtebauförderung für              Wiesbaden/Erfurt
die Städte und Kommunen in Deutschland          59
Hilmar von Lojewski, Dr. Timo Munzinger,              Die Neue Leipzig-Charta – von der Strategie zur
Deutscher Städtetag Köln/Berlin                       Umsetzung                                        97
                                                      Dr. Oliver Weigel, Bundesministerium des Innern,
Städtebauförderung: einzigartiges Zukunfts-           für Bau und Heimat, Berlin
modell für Städte und Gemeinden                 63
Norbert Portz, Deutscher Städte- und                  Stadt machen von unten – das Modellprojekt
Gemeindebund, Berlin                                  Rekommunalisierung Plus in Berlin-Kreuzberg 101
                                                      Kotti & Co, Kotti-Coop e.V., Mieterrat NKZ,
Weiterentwicklung der Städtebauförderung        67    Berlin
Jürgen Göddecke-Stellmann, Dr. Karin Veith,
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und                   Werkswohnen 2.0 – die Wiederbelebung
Raumforschung (BBSR), Bonn                            unternehmerischer Wohnungsversorgung            105
                                                      Dr. Robert Kitzmann, Humboldt-Universität
Umweltgerechtigkeit und Städtebauförderung      71    zu Berlin
Christa Böhme, Dr. Thomas Franke,                     Margo Lange, bulwiengesa AG, Berlin
Deutsches Institut für Urbanistik, Berlin             Geena Michelczak, Regiokontext GmbH, Berlin

Städtebauförderung in Nordrhein-Westfalen       75    Nachrichten
Karl Jasper, Düsseldorf/Beckum                        Fachliteratur                                   111

Die Sicht der Wohnungswirtschaft auf 50 Jahre
                                                      WohnungsMarktEntwicklung
Städtebauförderung                              79
                                                      Baufertigstellungen in Deutschland 2019         112
Dr. Oliver Gewand, GdW – Bundesverband
                                                      Anna Florl, vhw e.V., Berlin
deutscher Wohnungs- und Immobilienunter-
nehmen e.V., Berlin

Städtebaulicher Investitions- und Förderbedarf
2020 bis 2030                                    83
Michael Heinze, Prof. Dr. Guido Spars, Bergische
Universität Wuppertal

Die Entwicklungsmaßnahme Norderstedt-Mitte –
ein Beispiel aus den frühen Jahren der
Städtebauförderung                           87
Prof. Dr. e.h. Christiane Thalgott, München
50 Jahre Städtebauförderung - Schwerpunkt - vhw
Editorial

Städtebauförderung als starkes Programm
für die Transformation unserer Städte
                               Städtebauförderung ist ein      Die Hebelwirkung für private Investitionen durch Ein-
                               starkes Programm für die        satz öffentlicher Fördergelder ist insofern etwas Beson-
                               Entwicklung unserer Städte,     deres, weil sie über die städtebauliche – vor allem bau-
                               das seine Besonderheit aus      liche – Wirkung hinausgeht und räumlich, baulich und
                               dem Aufbau und seiner Wir-      sozial Strukturen verbessert. Die Stärke liegt in der Wir-
                               kung bezieht:                   kung als lokale Förderung von Bau- und Handwerks-
                                                               betrieben, die bei der Stadterneuerung tätig sind und
                               In der Zusammenarbeit von
                                                               so eine Wirkung entfaltet werden kann, die weit über die
                               Bund, Ländern und Kom-
                                                               Behebung städtebaulicher Missstände hinausgeht.
                               munen zeigt das Programm
                               vorbildlich, wie die födera-    Die hier fett hervorgehobenen Schlagworte haben sich in
                               len Ebenen unseres Staa-        der städtebaulichen Debatte als kontinuierliche Diskussi-
                               tes synergetisch zusam-         onsthemen gezeigt. Sie sind nicht gelöst durch die Städte-
 Prof. Elke Pahl-Weber
                               menwirken. Dabei kommt          bauförderung, aber sie sind konstitutiver Bestandteil und
                               die Stärke nicht zuletzt aus    damit ein Zeichen für Kontinuität und Aktualität. Sie ste-
der Tatsache, dass um die vor Ort erfolgende Umsetzung         hen nicht für „alles geschafft“, eher für „gut, dass wir sie
des Programms gerungen werden muss zwischen diesen             haben“ und „sie wird auch weiter gebraucht“ im Rahmen
Ebenen, denn es gibt politisch und fachlich keine selbstver-   der Transformation unserer Städte in Zeiten von Digitalisie-
ständliche Einmütigkeit. Die unterschiedlichen Interessen      rung, Klimawandel und sozialen Spannungen.
und Positionen werden deliberativ demokratisch ausge-
                                                               Die Neustrukturierung der Städtebauförderung 2020 in drei
tauscht und ausgehandelt.
                                                               übergeordnete Programme mit Querschnittsaufgaben in
Städtebauförderung dient der Weiterentwicklung der beste-      der Nachhaltigkeit, vor allem im Klimaschutz, ist Zeichen
henden Stadt, einer Bestandsentwicklung, die Bestehendes       der Flexibilität des Programms. Wie diese Neustrukturie-
erneuert, ergänzt, und, wenn notwendig, auch ersetzt. Das      rung trägt, wird sich dabei in den kommenden Jahren zei-
Besondere besteht in der Verknüpfung von Bestandsent-          gen. Die Ausstattung mit finanziellen Mitteln ist in den ver-
wicklung und Neubau, und die Stärke liegt dabei in einer       gangenen Jahren wieder angewachsen, womit nicht zuletzt
integrierten Vorgehensweise, die vor allem öffentliche         auch eine Schwerpunktsetzung auf der Entwicklung des
Infrastrukturen im Neubau aus dem Bereich der Daseins-         Bestandes deutlich wird. Möglicherweise sind gerade in
vorsorge mit privaten Investitionen verknüpft und zu der       den Innenstädten Stichworte, wie die Umnutzung von Ein-
programmatisch beabsichtigten Qualitätsverbesserung            kaufszentren, Warenhäusern und Bankgebäuden, Themen,
sowie der Beseitigung städtebaulicher Mängel führt.            die uns zunehmend begleiten – die Kosten der Umnutzung
                                                               bestehender Gebäude liegen mitunter über denen von Neu-
Teilhabe und Mitwirkung der Bewohner in der Stadt am
                                                               bauten, aber es ist der nachhaltigere Weg. Die bisher flexible
Entwicklungsprozess ist konstitutiver Bestandteil der
                                                               Gestaltung der Städtebauförderung stützt die Zuversicht,
Städtebauförderung. Eigentümer sind nach dem Gesetz
                                                               auch die neuen Aufgaben der Umnutzung großer Komplexe
zur Mitwirkung verpflichtet und Mieter zunehmend in den
                                                               in den Innenstädten mit Blick auf Klimaschutz und Freiraum
Einzelprogrammen erkannt und in unterschiedlichen For-
                                                               stärker in den Blick zu nehmen. Die vorliegende Schwer-
maten angesprochen. Am intensivsten ist dies sicherlich
                                                               punktausgabe zum Thema „50 Jahre Städtebauförderung“
im Rahmen des Quartiersmanagements beim Programm
                                                               kommt gerade zur rechten Zeit.
Soziale Stadt erfolgt.

Die Anpassung an sich ändernde Verhältnisse ist eine be-
sondere Herausforderung in der Stadtentwicklung. Die
Städtebauförderung leistet das durch jährliche Verwal-
                                                               Prof. Dipl.-Ing. Elke Pahl-Weber
tungsvereinbarungen und Änderungen in der Programm-
struktur. Dabei ist auch eine Experimentierklausel zum         Institut für Stadt- und Regionalplanung
Tragen gekommen, die es ermöglicht, etwas experimentell        Technische Universität Berlin
auszuprobieren, von dem vielleicht noch nicht sicher ist, ob
es im Sinne des Programms wirkt.

                                                                                  vhw FWS 2 / März–April 2021             57
50 Jahre Städtebauförderung - Schwerpunkt - vhw
vhw
           Wohngeld – Leitfaden 2021

Ingo Christian Hartmann

Wohngeld – Leitfaden 2021
Die Schwerpunkte der Wohngeldentscheidung
NEU: 12. Auflage, Umfang: ca. 550 Seiten DIN A5, broschiert
Einzelpreis: 47,50 Euro zzgl. Versandkosten
ISBN: 978-3-87941-807-7
Erscheinungsdatum: Januar 2021

Das Standardwerk für die Wohngeldentscheidung                 VII.   Datenabgleich und Datenschutz

Der bei allen Wohngeldbehörden eingeführte, bewährte          VIII. Bewilligungszeitraum
Leitfaden zum Wohngeld erscheint im Januar 2021 in der
                                                              IX.    Minderung des Wohngeldes
12. Auflage und erläutert das Wohngeldrecht umfassend.
Das Grundrentengesetz und das Wohngeld-CO2-Beprei-            X.     Aufhebung und Berichtigung des Wohngeldbescheides,
sungsentlastungsgesetz führen ab 2021 zu einer Änderung              Erstattung zu Unrecht geleisteten Wohngeldes
des Wohngeldgesetzes; 2020 sind überdies diverse Ände-        XI.    Erstattung zwischen den Leistungsträgern
rungen – auch der Wohngeldverordnung – zu verzeichnen.
                                                              XII.   Überleitungsrecht 2020/2021
Sämtliche Rechtsänderungen – auch im übrigen Recht –
sind im Leitfaden berücksichtigt. Ausführlich werden Inhalt   XIII. Einkommenskatalog
und Konsequenzen der neuen Vorschriften behandelt. Wei-       XIV. Wohngeldgesetz 2021
ter ausgebaut sind u. a. die Einkommensermittlung, Fragen
der Minderung, Aufhebung und Erstattung sowie die aktu-       XV.    Wohngeldverordnung 2021
ellen Vollzugsfragen. Eingehend verarbeitet sind insbeson-    XVI. Einkommensteuergesetz 2021
dere das neue Überleitungsrecht, die aktuelle Rechtspre-
chung und die Erlasslage. Weiter ausgebaut und vertieft ist
der Einkommenskatalog.                                        Wohngeld – Leitfaden 2021
                                                              Einzelpreis: 47,50 Euro zzgl. Versandkosten
Der Leitfaden behandelt damit alle wichtigen Arbeitsvor-
                                                              Bestellung Fax 0228/725 99-95
gänge der Wohngeldpraxis von der Antragsannahme und
Einkommensermittlung über die Bewilligung oder Ver-           vhw-Verlag
sagung bis zur Aufhebung des Wohngeldbescheides und           Dienstleistung GmbH
zur Erstattung. Zahlreiche Beispiele erleichtern die Arbeit   Hinter Hoben 149
ebenso wie der Einkommenskatalog und ein umfassendes          53129 Bonn
Stichwortverzeichnis, das die Nutzer des Fachbuchs zu ih-
ren speziellen Fragen führt. Die ausführlichen Erläuterun-
gen bieten damit allen mit dem Wohngeld Befassten eine
fundierte Orientierung für die tägliche Arbeit.

Inhaltliche Schwerpunkte

I.     Einkommensermittlung

II.    Schätzung des Einkommens, Versagung des
       Wohngeldes und Ablehnung des Wohngeldantrages

III.   Missbräuchliche Inanspruchnahme des Wohngeldes

IV.    Haushaltsmitglieder, Verantwortungs- und
       Einstehensgemeinschaft

V.     Wohngeld für Heimbewohner

VI.    Wohngeld im Transferleistungsfall

58         vhw FWS 2 / März – April 2021
50 Jahre Städtebauförderung - Schwerpunkt - vhw
Stadtentwicklung
                                                       Die Bedeutung der Städtebauförderung für die Kommunen

Hilmar von Lojewski, Timo Munzinger

Die Bedeutung der Städtebauförderung
für die Städte und Kommunen in
Deutschland
Seit 50 Jahren ist die Städtebauförderung eines der wichtigsten Instrumente zur Verbesserung der Wohn- und Ar-
beitsverhältnisse sowie der Funktionalität, Wirtschafts- und Siedlungsstruktur. Durchaus ein Anlass zum Feiern,
aber auch, um zumindest ansatzweise zu reflektieren und aus dem Rückblick und dem Status quo für die Zukunft zu
lernen – denn selten ist etwas so gut, dass es nicht noch besser werden könnte.

Die Geburtsstunde der Städtebauförderung                     lichen, sozialen, strukturellen und technologischen Verän-
                                                             derungen zu einer Daueraufgabe. Es wäre unredlich, darü-
Die Hauptversammlung des Deutschen Städtetages 1971
in München stand unter dem alarmierenden Motto „Rettet       ber ihre Wirksamkeit infrage zu stellen.
unsere Städte jetzt“. Die Zusammenkunft der deutschen        Die Städtebauförderung trägt zur Beseitigung städtebauli-
Städte zeichnete ein grimmiges Bild der städtebaulichen      cher Missstände sowie zur Wirtschaftsförderung bei. Der
Realität im Land und suchte nach Lösungen. Parallel dazu     allseits bekannte Multiplikatoreffekt verstärkt die Wirkung
fanden die Beratungen zum Städtebaufördergesetz in den
                                                             je nach Ausgangslage deutlich. Dennoch wird die Städte-
Ausschüssen und die zweite Lesung im Plenum des Bun-
                                                             bauförderung immer wieder neu justiert, nachgeschärft und
destages statt. Die damaligen Herausforderungen ergeben
                                                             erweitert. Sie wandelt sich von einer in den ersten Jahren
ein überraschendes Déjà-vu zur heutigen Situation: Die
                                                             auf Kosten der noch bewahrten historischen Gebäude neu-
Einwohnerzahlen und der Flächenbedarf pro Kopf wachsen,
die Umweltbelastungen steigen, die wachsende Mobilität
wird als Belastung für die Stadtsysteme sowie der Bürge-
rinnen und Bürger wahrgenommen. Im Ergebnis werden
eine gemeinwohlorientierte Bodenpolitik, Lösungen für die
Herausforderungen des Wohnens, der Mobilität und der
städtebaulichen Qualität sowie die schnellstmögliche Ver-
abschiedung des Städtebaufördergesetzes gefordert.

Unzweifelhaft war der Ruf nach Städtebauförderung 1971
dringend geboten. Die Agenda der letzten 50 Jahre war und
ist auch heute vielfältig – Bestandsschutz, Bestandserneu-
erung, Zentrenentwicklung, Neubau von Infrastrukturen,
aber auch Rückbau. Die Kritiker öffentlicher Förderung und
Intervention mögen daher fragen: Sind die Wirkungen der
Städtebauförderung in den letzten 50 Jahren so überschau-
bar, dass heute immer noch die gleichen Herausforderun-
gen zu bewältigen sind?

Städtebauförderung als Daueraufgabe
im Wandel der Zeit
Das Erfolgsrezept der Städtebauförderung der vergange-
nen 50 Jahre ist stets ihre Anpassungsfähigkeit und Wirt-
schaftlichkeit. Durch einen breiten inhaltlichen Ansatz
können viele Herausforderungen vor Ort gelöst oder Pro-
bleme gemildert werden. Das bedeutet jedoch selten einen
Abschluss der Aktivitäten, selbst wenn „schlussgerechnet“    Abb. 1: Neue Anforderungen an Gebäude, öffentliche und private Räume
wird. Städtebauförderung wird angesichts von gesellschaft-   durch die Coronapandemie (Fotos: Timo Munzinger)

                                                                                  vhw FWS 2 / März–April 2021                 59
50 Jahre Städtebauförderung - Schwerpunkt - vhw
Stadtentwicklung
            Die Bedeutung der Städtebauförderung für die Kommunen

bauzentrierten Förderung („Kahlschlagsanierung“) zu ei-       50 Jahre Städtebauförderung und neue
ner kleinteiligen, behutsamen und beteiligungsorientierten    Herausforderungen
Stadterneuerung. Und sie zeichnet sich durch die adaptive
                                                              Das Jahr 2021 wird lange in Erinnerung bleiben. Nicht nur
Ausgestaltung der Programme aus: In den 1990er Jahren
                                                              aufgrund des 50-jährigen Jubiläums der Städtebauförde-
stehen die Herausforderungen der ostdeutschen Länder im
                                                              rung, sondern auch aufgrund der immensen Herausforde-
Vordergrund. Es werden neue Programme, wie der Denk-
                                                              rungen der Coronapandemie. Die Auswirkungen der Pan-
malschutz Ost oder die Entwicklung und Erschließung von
                                                              demie verdeutlichen den Handlungsbedarf, nicht nur im
Wohngebieten, aufgelegt. Auf das Erfordernis der sozialen
                                                              Gesundheitswesen, der Wirtschaft, der digitalen Ausstat-
Stabilisierung von Quartieren und ihren Zusammenhalt
                                                              tung oder dem gesellschaftlichen Miteinander, sondern
wird um die Jahrtausendwende mit dem Programm Soziale         auch im baulich-räumlichen Bereich. Mobilitätswandel
Stadt reagiert. Das Programm Stadtumbau Ost wird einge-       und die damit verbundenen individuellen Bewegungsmus-
führt, das Zentrenprogramm, der Denkmalschutz West und        ter sowie veränderte Arbeits- und Konsumgewohnheiten
das Programm Kleiner Städte und Gemeinden kommen bis          führen zu neuen Anforderungen an Gebäuden, öffentlichen
2010 hinzu.                                                   und privaten Räumen. Wie gelingt Homeoffice zu zweit in
Die Programmvielfalt läuft jedoch dem ursprünglichen          einem Raum? Wo sind die nächsten Grün- und Freiflä-
Gedanken eines breiten inhaltlichen Ansatzes zuwider          chen? Wie steht es um die Erreichbarkeit von Arbeit, öf-
                                                              fentlichen Einrichtungen, Schulen und Freizeiteinrichtun-
und erschwert die Organisation und Koordination auf Bun-
                                                              gen mit dem Fahrrad oder zu Fuß? Viele Fragen, bei deren
des-, Landes- und kommunaler Ebene. Das Beantragen,
                                                              Beantwortung auch die Städtebauförderung unterstützen
Vergeben und Verausgaben der Mittel wird nicht nur für
                                                              kann und muss.
die Städte immer aufwendiger. Diese Ausgangslage ver-
anlasst den Deutschen Städtetag dazu, 2019 ein Positions-     Veröffentlichungen und Förderaufrufe, die sich mit der so-
papier zur „Weiterentwicklung der Städtebauförderung“         genannten „Post-Corona-Stadt“ auseinandersetzen, haben
zu erarbeiten.                                                hierauf vielfach reagiert. Auch die Neue Leipzig-Charta
                                                              2020 macht deutlich, wohin die Reise gehen muss.1 Sie
Eine grundlegend überarbeitete Bund-Länder-Verwal-            stellt nicht nur eine Verbindung zu den drei Nachhaltig-
tungsvereinbarung wird 2020 zwischen den Akteuren abge-       keitsdimensionen ökologisch, ökonomisch und sozial her,
stimmt. Die Verwaltungsvereinbarung sieht u. a. vor, dass     sondern auch zum europäischen Green Deal. Zudem wer-
Maßnahmen des Klimaschutzes bzw. zur Anpassung an den         den die strategischen Ansätze einer nachhaltigen Entwick-
Klimawandel zukünftig Voraussetzung für die Förderung         lung, wie Effizienz, Konsistenz und Suffizienz, thematisiert.
sind. Insgesamt richtet sich die Programmatik deutlicher      Das Prinzip Gemeinwohl durchzieht die Charta als überge-
auf die Unterstützung der Kommunen bei Transformations-       ordnete Handlungsmaxime. Alle Maßnahmen, Projekte und
prozessen aus. Die größte Änderung ist allerdings, dass die   Prozesse auf allen Ebenen müssen einen Beitrag zur nach-
bisher sechs unterschiedlichen Programme zu zukünftig         haltigen Transformation der Städte und zum Gemeinwohl
drei Programmen zusammengeführt werden:                       leisten.

■ Lebendige Zentren – Erhalt und Entwicklung der Stadt-       Die Neue Leipzig-Charta betont, dass die anstehenden glo-
     und Ortskerne;                                           balen und lokalen Herausforderungen nur mit den Kom-
■ Sozialer Zusammenhalt – Zusammenleben im Quartier
                                                              munen bewältigt werden können. Sie sind den Bürgerinnen
                                                              und Bürgern am nächsten und stehen in Verbindung zu de-
     gemeinsam gestalten;
                                                              ren Alltag und Bedürfnissen. Das erfordert aber mehr Un-
■ Wachstum und nachhaltige Erneuerung – Lebenswerte           terstützung und Handlungsspielraum für die Kommunen
     Quartiere gestalten.                                     durch die europäische, nationale und regionale Ebene. Kon-
Der Deutsche Städtetag begrüßt viele der Änderungen in        kret benötigen die Städte hierfür:
der Verwaltungsvereinbarung ausdrücklich; sie kommen
                                                              ■ maßgeschneiderte rechtliche Rahmenbedingungen auf
den Forderungen des Positionspapiers „Weiterentwick-
                                                                 allen Ebenen der Verwaltung und der Politik;
lung der Städtebauförderung“ nach. Allerdings machen
                                                              ■ ausreichende Investitionsmöglichkeiten, die sich aus ei-
insbesondere die weiterhin aufwendigen Prozesse zur Be-
                                                                 genen Einnahmen sowie aus Mittelzuweisungen von na-
antragung, Projektierung und Abrechnung deutlich, dass
                                                                 tionaler und regionaler Ebene speisen;
Entbürokratisierung und Entschlackung von Verfahren
weiter betrieben werden müssen. Die zentralen Zielset-        ■ qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich
zungen aus dem Positionspapier, Flexibilität, Kontinuität        kontinuierlich weiterbilden und spezialisieren;
und Bürokratieabbau, sind noch nicht vollständig umge-
setzt.                                                        1 Zur Neuen Leipzig-Charta vgl. den Beitrag von Oliver Weigel in diesem Heft

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50 Jahre Städtebauförderung - Schwerpunkt - vhw
Stadtentwicklung
                                                              Die Bedeutung der Städtebauförderung für die Kommunen

■ mehr Lenkungs- und Gestaltungshoheit bei Infrastruk-             Eine zukunftsfreudige Städtebauförderung
   turen, öffentlichen Dienstleistungen und bei der Siche-
                                                                   Die Städtebauförderung ist inhaltlich durch die Anpassun-
   rung des Gemeinwohls.
                                                                   gen im Jahr 2020 gut aufgestellt. Der größte Unterschied
Damit steht die Umsetzung der Ziele der Neuen Leipzig-             zu den vergangenen Jahren besteht aktuell darin, dass alle
Charta auch in direkter Verbindung zur Städtebauförderung.         Kommunen zeitgleich mit den Auswirkungen der Corona-
Die Städtebauförderung muss ihre Leistungsfähigkeit einmal         pandemie und den genannten Herausforderungen umgehen
mehr unter Beweis stellen. Es steht an, die vielfältigen struk-    müssen. Dies erfordert sowohl einen deutlich gesteigerten
turellen und sozialen Auswirkungen der Coronapandemie zu           Mitteleinsatz als auch bürokratische und prozessuale Er-
bewältigen, die globalen Klima- und Nachhaltigkeitsziele zu        leichterungen. Beide Maßnahmen – mehr Mittel und we-
erreichen und dabei die Grundsätze der Neuen Leipzig-Char-         niger Bürokratie – gehören ausdrücklich zusammen. Denn
ta zu verfolgen. Klar ist aber auch: Die Städtebauförderung        nur so können die Mittel nachhaltig eingesetzt werden.
allein wird auf den unterschiedlichen Maßstabsebenen ihres
Wirkens weder den drohenden Leerstand in den Innenstädten          Wo können die Maßnahmen zur Entbürokratisierung an-
zurückdrehen, noch das gesamte Arsenal von Klimaschutz-            setzen? Die Städtebauförderung muss so flexibel, an-
und Klimaanpassungsmaßnahmen ausrollen können. Aber                passungsfähig und „robust“ werden, wie die integrierten
                                                                   Entwicklungskonzepte, die meist Voraussetzung für die Mit-
sie kann einen Beitrag dazu leisten, räumliche Strukturen zu
                                                                   telvergabe sind. Anpassungsfähigkeit und Robustheit sind
verbessern, den öffentlichen Raum zu gestalten sowie die Le-
                                                                   aus vielerlei Gründen geboten:
bensqualität entlang der Nachhaltigkeitsziele zu verbessern.
Die Städtebauförderung bleibt ein wichtiges Instrument, um         ■ Die vorbereitenden Untersuchungen und Stadtentwick-
erforderliche Maßnahmen in den Städten und Gemeinden zu               lungskonzepte richten oftmals den Blick zehn bis zwan-
unterstützen und Impulse vor Ort zu setzen.                           zig Jahre in die Zukunft. Daher sind zum Zeitpunkt der
                                                                      Antragstellung viele Details noch nicht bekannt und kön-
                                                                      nen nicht vorhergesehen werden.
                                                                   ■ Planungsabsichten der Kommunen und der Wirtschafts-
                                                                      treibenden ändern sich, Bürgerbeteiligungen führen zu
                                                                      veränderten Zielsetzungen und Vergabeverfahren er-
                                                                      schweren eine rechtssichere Beauftragung von externen
                                                                      Dritten.
                                                                   ■ Die geforderte Kostenplanung nach DIN 276 kann in aller
                                                                      Regel nur eine Momentaufnahme darstellen; sie muss
                                                                      im Fortgang der Maßnahmen fortgeschrieben werden.
                                                                   ■ Die Volatilität von Preisangeboten der Bauwirtschaft auf
                                                                      Ausschreibungen erfordert häufig Um- oder sogar Neu-
                                                                      planungen. Hier muss anstelle starrer Mittelansätze
                                                                      durch die antragstellende Kommune abgewogen werden
                                                                      dürfen, ob eine Beibehaltung der Planung eher zu den
                                                                      erwünschten Wirkungen der städtebaulichen Maßnahme
                                                                      führt als eine Um- oder Neuplanung.
                                                                   Insgesamt muss eine anwendungsfreundliche Städte-
                                                                   bauförderung eine wechselseitige Balance von Anforde-
                                                                   rungen und Arbeitsaufwand herstellen. Das Stellen von
                                                                   Anträgen muss von unnötigen und häufig redundanten
                                                                   Nachweisen, Forderungen und Beschlüssen entlastet wer-
                                                                   den. Der Deutsche Städtetag regt daher die folgenden Maß-
                                                                   nahmen zur Vereinfachung und Flexibilisierung der Städte-
                                                                   bauförderung an:

                                                                   Synchronisierung der Prozesse (mehrjährige Verwal-
                                                                   tungsvereinbarung)
                                                                   Die Verwaltungsvereinbarung und somit auch die Förder-
                                                                   richtlinien treten nicht selten erst im Frühjahr oder Sommer
Abb. 2: Städtebauförderung muss auf Veränderungen reagieren        des eigentlichen Förderjahres in Kraft. Für die Antragstellung

                                                                                      vhw FWS 2 / März–April 2021             61
50 Jahre Städtebauförderung - Schwerpunkt - vhw
Stadtentwicklung
          Die Bedeutung der Städtebauförderung für die Kommunen

und Verausgabung der Mittel verbleibt nur ein halbes Jahr. Es   teilung der Städtebauförderungsmittel vereinfacht und den
ist daher dringend angeraten, die Abstimmungen zur Verwal-      Verwaltungsaufwand für die ohnehin personell schwach
tungsvereinbarung deutlich vorzuziehen und die Möglichkeit      ausgestatteten Kommunen verringert. Es ist ausdrücklich
mehrjähriger Vereinbarungen ernsthaft zu prüfen.                nicht gewünscht, die unterschiedlichen Fördertöpfe der
                                                                Ressorts und Ministerien zusammenzuführen; vielmehr
Mittelverwendung vereinfachen und flexibilisieren
                                                                geht es um eine Verbesserung der internen Koordination
Aufgrund der Systematik der jährlichen Bereitstellung und       der Ressorts und der Ministerien untereinander sowie ei-
Bewilligung von Fördermitteln kommt es in einzelnen Bun-        ner abgestimmten externen Kommunikation mit den Kom-
desländern immer wieder zu einem Mehraufwand in der             munen.
kommunalen Verwaltung. Dies führt zu Neubeantragungen
oder im ungünstigsten Fall auch zum Verfall von Fördermit-
teln. Die jährliche Systematik ist entsprechend anzupassen
                                                                Zurück in die Zukunft?
und die Übertragbarkeit der Fördermittel in die kommen-         Die Ausgangsfrage soll nicht offenbleiben: Sind die Heraus-
den Jahre grundsätzlich vorzusehen. Ziel muss die eigen-        forderungen noch die gleichen? Haben die letzten 50 Jahre
verantwortliche Handhabung von Maßnahmen durch die              Einsatz tatkräftiger und ideenreicher Menschen und kom-
Kommunen auf Basis des Entwicklungskonzepts sein.               munaler, Landes- und Bundesmittel in der Städtebauförde-
                                                                rung tatsächlich so wenige Fortschritte gebracht, dass sie
Integriertes Entwicklungskonzept als Grundlage für
                                                                stets vor den gleichen Aufgaben steht? Die Antwort ließe
mehrere Förderprogramme zulassen
                                                                sich zwar angesichts prall gefüllter Erfolgsbilanzen der
Der Aufwand für die Erarbeitung von integrierten Entwick-       Städtebauförderung eines halben Jahrhunderts leicht be-
lungskonzepten lohnt sich stets, ist aber erheblich. Durch      antworten – sie war und ist erfolgreich! Aber sie bedarf auch
die Einbindung der Akteure und die Abstimmung unter-            einer differenzierten Antwort: Viele der Probleme bestehen
schiedlicher Bedarfe entsteht ein gegenseitiges Verständ-       – auch in anderer Gestalt – fort oder werden nach einer
nis für die Handlungsnotwendigkeiten im Quartier. Daher         Phase der Entspannung wieder akut. Und neue Herausfor-
sollten diese Konzepte als Grundlage für eine Vielzahl an       derungen fordern Städte und Gemeinden für die nächsten
Förderanträgen und Förderprogrammen herangezogen                Dekaden. Die Neue Leipzig-Charta, der europäische Green
werden können. Beispielsweise könnten die Entwicklungs-         Deal, die europäische und die globale Neue Urbane Agenda,
konzepte auch für die Beantragung von KfW-Fördermitteln         die Klimaschutz- und die Nachhaltigkeitsziele spiegeln sie
und Fördermittel anderer Ressorts dienen.                       in Teilen wider. Nachhaltige Stadtentwicklung sucht hierfür
                                                                Lösungen im Austarieren zwischen sozial-marktwirtschaft-
Integrierte, ressortübergreifende Programme entwerfen
                                                                lichen Reaktionsmustern und steuernden wie fördernden
Öffentliche (Bau-)Maßnahmen werden häufig aus zwei              Eingriffen der öffentlichen Hand. Hierfür bleibt die Städ-
oder mehr Fördertöpfen gefördert, was mit erheblichem           tebauförderung eine unerlässliche Daueraufgabe – auch
Zeit- und Personalaufwand verbunden ist. Um den Ko-             wenn das Grundgesetz (noch) etwas anderes vorsieht.
ordinationsaufwand bei den Kommunen zu reduzieren
und die Förderpolitik besser abzustimmen, sollten Bund
                                                                                  Hilmar von Lojewski
und Länder integrierte Programme verfolgen. Es kann
                                                                                  Beigeordneter für Stadtentwicklung, Bauen,
nicht mehr darum gehen, dass jedes ministerielle Referat                          Wohnen und Verkehr beim Deutschen Städte-
„sein“ Förderprogramm im Bundes- oder Landeshaus-                                 tag Köln/Berlin
halt wiederfindet, obwohl es die gleichen Ziele verfolgt.
Es muss vielmehr darum gehen, die Integrationsleistung,
die der kommunalen Seite abgefordert wird, bereits auf
Fördergeberseite abzubilden. Die mittels eines integrier-                         Dr. Timo Munzinger
                                                                                  Referent für Integrierte Stadtentwicklung,
ten Entwicklungskonzepts ausgearbeiteten Maßnahmen
                                                                                  Regional- und Landesplanung, Städtebau und
sollten daher nicht mehr nach Ministerien, Ressorts und                           Architektur beim Deutschen Städtetag, Köln/
Förderprogrammen aufgeschlüsselt, sondern thematisch                              Berlin
zur Förderung beantragt werden. Das Ziel muss sein: ein
Förderantrag für ein integriertes Projekt mit einem Bewil-
ligungsbescheid. Hierfür müssen Förderprogramme inhalt-
lich abgestimmt und interministeriell ausgearbeitet werden.

Integriertes Fördermittelmanagement einführen

Zwischen den Städten und den übergeordneten Ebenen
muss eine Schnittstelle geschaffen werden, die eine Ver-

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50 Jahre Städtebauförderung - Schwerpunkt - vhw
Stadtentwicklung
                                                                                Zukunftsmodell für Städte und Gemeinden

Norbert Portz

Städtebauförderung: einzigartiges Zu-
kunftsmodell für Städte und Gemeinden
Konrad Adenauer hat einmal gesagt: „Ein Blick in die Vergangenheit hat nur Sinn, wenn er auch der Zukunft dient.“
Das gilt auch für das 50-jährige Jubiläum der Städtebauförderung. Die Städtebauförderung wird von Bund, Ländern
und Kommunen seit dem Jahr 1971 gemeinsam finanziert und getragen. Städte und Gemeinden setzen die Städte-
bauförderungsmittel nach dem Motto „Tue Gutes und rede darüber“ in konkrete Projekte um. Dies erfolgt unter enger
Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger. Die Städtebauförderung und die jeweiligen Projekte werden den sich wan-
delnden Herausforderungen, etwa beim Klimaschutz, stets angeglichen. Die Städtebauförderung trägt so dazu bei,
die Gegenwarts- und Zukunftsaufgaben in der Stadtentwicklung zu bewältigen.

Lebenswerte Städte und Gemeinden nur mit                               Hier gilt aber: Die Herausforderungen für die Städte und Ge-
                                                                       meinden werden künftig nicht kleiner, sondern größer. Da-
starker Städtebauförderung
                                                                       für spricht nicht nur das große Defizit von 147 Mrd. Euro im
Die Städtebauförderung ist auch im europaweiten Vergleich              Jahr 2020 im kommunalen Infrastrukturbereich (Beispiel:
ein einzigartiges Erfolgsmodell. Dies liegt daran, dass es             Sanierung von Schulen und Kitas). Dieses Defizit dürfte
kaum eine zweite öffentliche Investition gibt, die zu derart           angesichts der gerade bei den Kommunen spürbaren wirt-
hohen privaten Folgeinvestitionen führt. So löst ein Euro an           schaftlichen Folgen der Coronapandemie in den nächsten
öffentlicher Städtebauförderung sieben Euro an Folgein-                Jahren noch größer werden. Auch die Herausforderungen
vestitionen privater aus. Damit ist die Städtebauförderung             im Klimaschutz und bei der Klimafolgenanpassung sowie
auch zur Schaffung von Arbeitsplätzen gerade für den Mit-              bei der Gestaltung des Wandels unserer Innenstädte und
telstand und das Handwerk unverzichtbar. Sie trägt zudem               Ortskerne erfordern eine starke Städtebauförderung.
zur Generierung wichtiger Steuereinnahmen in den Städten               Weiter stellen die Bereitstellung bezahlbaren Wohnraums
und Gemeinden bei. Die Herausforderung zur Schaffung le-               und die Aktivierung des Wohnungsleerstands, der gerade
benswerter Städte und Gemeinden muss sich sowohl in ei-                strukturschwache Gemeinden trifft, etwa durch Programme
ner dauerhaften Ausgestaltung der Aufgabe Städtebauför-                wie „Jung kauft Alt“ ebenso eine Daueraufgabe dar wie der
derung als auch in ihrer Finanzausstattung widerspiegeln.              Erhalt und die Sicherung unseres gebauten kulturellen Erbes.
Diese Ausstattung muss den sich wandelnden kommunalen                  Hinzukommen als Herausforderungen die Gestaltung des
Herausforderungen entsprechen.                                         demografischen Wandels und des Wandels infolge der Digita-
                                                                                            lisierung. Wenn die Städtebauförderung
                                                                                            sich hier als schlagkräftiges Instrument
                                                                                            zur Unterstützung des Wandels versteht,
                                                                                            wird sie auch in Zukunft ein Erfolgsmo-
                                                                                            dell bleiben.

                                                                                           Städtebauförderung
                                                                                           unterstützt Wandel in
                                                                                           Innenstädten und Ortskernen
                                                                                           Der durch die Pandemie als Brandbe-
                                                                                           schleuniger forcierte Wandel in den In-
                                                                                           nenstädten und Ortskernen beinhaltet ei-
                                                                                           ne dauerhafte Herausforderung. Wesent-
                                                                                           liche Ursache für den Umbruch ist der
                                                                                           durch die langen Geschäftsschließungen
                                                                                           nochmals stark gewachsene Onlinehan-
                                                                                           del. Sein Umsatz ist laut Handelsverband
                                                                                           Deutschland (HDE) auf 72 Mrd. Euro netto
Abb. 1: Investitionsrückstände in Städten, Gemeinden und Landkreisen                       im Jahre 2020 gestiegen.

                                                                                          vhw FWS 2 / März–April 2021            63
50 Jahre Städtebauförderung - Schwerpunkt - vhw
Stadtentwicklung
          Zukunftsmodell für Städte und Gemeinden

Dabei gilt aber auch für die Zukunft: Der Inter-
nethandel lässt sich nicht mehr zurückdrän-
gen. Der Grundsatz für den örtlichen Handel
muss daher lauten: „Es geht nur mit und nicht
ohne das Internet.“ Auch wenn wir Innenstäd-
te und Ortskerne zu attraktiven Quartieren mit
Erlebnis- und Aufenthaltsqualität entwickeln
müssen, werden die Leerstände bei den statio-
nären Händlern zunehmen. Der HDE hat die
Schließung von 50.000 Läden prognostiziert.
Daher sind die jüngst geschlossenen über 50
Karstadt-/Kaufhof-Warenhäuser, die für viele
Städte schon wegen ihrer Größe, Eins-a-Lagen
und Magnetfunktion oftmals Schlüsselimmobi-
lien für die Innenstädte sind, nur der Anfang.

Die Schließungen beinhalten die Chance für
eine durch die Städtebauförderung unterstützte
                                                   Abb. 2: Entwicklung des Onlinehandels seit 2008
größere Nutzungsmischung und Lebendigkeit,
auch nach Ladenschluss. Dazu beitragen können bei sin- Leitlinien stellt die Neue Leipzig-Charta die „Grüne Stadt“,
kenden Immobilienpreisen mehr Kultureinrichtungen und die „Gerechte Stadt“ und die „Produktive Stadt“. Zudem
mehr attraktive Gastronomie, aber auch mehr bezahlbare betont sie den wichtigen Handlungsrahmen der Quartiers-
Wohnungen. Eine größere Vielfalt führt aber nur dann zu ebene für eine gute Stadtentwicklung. Die Neue Leipzig-
mehr Vitalität für die Innenstädte, wenn die „neuen Einrich- Charta ist mit dem Postulat einer gemeinwohlorientierten
tungen“ – wie es Geschäfte sind – auch Frequenzbringer mit Stadtentwicklungspolitik sowie mit ihrem integrierten und
„Glamourfaktor“ werden. Mit anderen Worten: Menschen ortsbezogenen Weg eine Handlungsanleitung für die Ge-
fahren in eine Innenstadt, um einzukaufen, in Restaurants staltung kommunaler Lebenswirklichkeit in ganz Europa.
oder Kinos zu gehen, und nicht, um sich dort Wohnungen In Deutschland bedarf es zur Umsetzung auch insoweit der
anzuschauen.                                                      Unterstützung durch die Städtebauförderung.
Städte und Gemeinden spielen bei der Gestaltung des In-
nenstadtwandels jedenfalls eine Schlüsselrolle. Sie sind        Effektiver Klimaschutz: ureigene Aufgabe
gefordert, zur Schaffung attraktiver Innenstädte mit Erleb-     der Stadtentwicklung
nischarakter gute Fußgänger- und Fahrradinfrastruktu-
                                                                Ein effizienter Klimaschutz ist ureigene Aufgabe der Stadt-
ren, gute ÖPNV-Anbindungen sowie gute Erreichbarkeiten
                                                                entwicklung. Das gilt auch für die Klimafolgenanpassung,
mit einem möglichst emissionsarmen Individualverkehr zu
                                                                wie die Anpassung des Stadtraums an zunehmende Star-
schaffen. Auch attraktive, sichere und saubere öffentliche
                                                                kregen- und Hochwasserereignisse, die Erhaltung von
Wege und Plätze, auf denen etwa Wochenmärkte mit einem
                                                                Kaltluftschneisen sowie eine Begrünung von Plätzen und
Angebot regionaler Produkte abgehalten werden, stärken
                                                                Gebäuden. Gerade die letzten drei Dürre- und Hitzesom-
die Innenstädte ebenso wie Spielmöglichkeiten für Kinder,
                                                                mer haben gezeigt, dass wir ein Mehr an „Grün und Blau“
eine Barrierefreiheit für Ältere sowie Aufenthalts- und Sitz-
                                                                in unseren Kommunen, also ein Mehr an „grünen Lungen“,
möglichkeiten. Zur Bewältigung dieser Herausforderungen
                                                                an Dach- und Fassadenbegrünungen, aber auch mehr Was-
in der Stadtentwicklung sind Mittel aus der Städtebauförde-
                                                                serläufe und Wasserspender benötigen. All dies ist sowohl
rung unabdingbar.
                                                                zur Abmilderung der hohen Temperaturen und zur Klima-
                                                                folgenanpassung als auch zur Schaffung von Orten mit Le-
Neue Leipzig-Charta 2020:                                       bensqualität erforderlich. Effektiver Klimaschutz und die
„grüne, gerechte und produktive Stadt“                          Klimafolgenanpassung sind daher ureigene Aufgaben der
                                                                Stadtentwicklung.
Die Ende November 2020 im Rahmen der Deutschen Rats-
präsidentschaft von den zuständigen Ministern auf EU-Ebe-       Zur Erreichung der Klimaschutzziele ist eine Verbesserung
ne verabschiedete Neue Leipzig-Charta benennt mit dem           der Energieeffizienz und Energieeinsparung im Gebäudebe-
integrierten, partizipativen und lokalen Ansatz wichtige        reich, auf den 35 % des Energieverbrauchs in Deutschland
und auch für die Städtebauförderung geltende Grundsätze.        entfallen – und hier speziell im Gebäudebestand –, nötig.
Durch ihre Steuerungsfähigkeit können Kommunen Resili-          Eine energetische Sanierung muss technologieoffen erfol-
enz entwickeln und nachhaltig werden. In den Fokus ihrer        gen. Auch muss das jeweilige (Stadt-)Quartier als Hand-

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Stadtentwicklung
                                                                          Zukunftsmodell für Städte und Gemeinden

lungsebene im Zentrum der mit Städtebauförderungsmit-            genanteile sehr finanzschwacher Städte und Gemeinden
teln unterstützten Klimaschutz- und Sanierungsstrategien         durch die Länder reduziert werden.
liegen.
                                                                 Integrative Bündelungswirkung
Kommunen sind auch im Gebäudebereich Schlüsselakteu-
                                                                 der Städtebauförderung stärken
re für den Klimaschutz. Das gilt für öffentliche, aber auch
für private Gebäude, wo Kommunen Berater und Vorbild             Erfolgsfaktor der Städtebauförderung ist ihr wirtschaftli-
für die energetische Sanierung sind. Für ihre eigenen ca.        cher, sozialer und ökologischer und damit integrativer Maß-
186.000 Gebäude, wie Schulen, Kindergärten und Verwal-           nahmenansatz. Hinzu kommen der Gebietsbezug und die
tungen, sowie für die den kommunalen Wohnungsunter-              Bürgerbeteiligung. Der integrative Ansatz der Städtebauför-
nehmen gehörenden ca. 1,6 Mio. Wohnungen tragen die              derung muss gestärkt werden. Diesem sich aus der inte-
Kommunen unmittelbar Verantwortung. Daneben sind                 grierten Daueraufgabe der Städtebauförderung entsprin-
Städte und Gemeinden auch Planungsträger und Gestalter           genden Postulat entsprechen die Befristung der Finanzhilfen
für die „klimagerechte Stadt“ der Zukunft. Diese Stadt wird      und der Abschluss jeweils jährlicher Verwaltungsvereinba-
im Vergleich zu heute energieeffizienter sein. Ein effizienter   rungen nicht. Daher sind mehrjährige Verwaltungsverein-
Klimaschutz und die Klimafolgenanpassung benötigen eine          barungen für eine solide Planung und Umsetzbarkeit von
starke Städtebauförderung. Dies haben Bund und Länder            Maßnahmen durch die Städte und Gemeinden ebenso un-
                                                                 erlässlich wie die Verlängerung der Mittelverwendungs-
erkannt und in ihrer Verwaltungsvereinbarung sowie den
                                                                 fristen. Dadurch können aufwendige Verwaltungsverfahren
Förderrichtlinien aufgegriffen.
                                                                 gerade in den Kommunen vermieden werden.
Weitere Anforderungen für die Stadtentwicklung folgen aus
der Gestaltung einer klimagerechten Mobilitätswende. Der
                                                                 Gleichwertige Lebensverhältnisse fördern –
umweltbelastende Individualverkehr muss reduziert und
der ÖPNV gerade nach der Pandemie durch Bezahlbar-               Klein- und Mittelstädte unterstützen
keit und Attraktivität (enge Taktung etc.) gestärkt sowie die    Die Städtebauförderung sollte künftig noch mehr zur Her-
Fahrrad- und Fußgängerinfrastruktur ausgebaut werden.            stellung gleichwertiger Lebensverhältnisse beitragen. Sie
Die dafür nötigen Umbauaufgaben sind ohne handlungs-             kann das oft vorhandene wirtschaftliche Gefälle zwischen
fähige Kommunen und ohne die Unterstützung der Städte-           Stadt und Land bzw. zwischen strukturstarken und struk-
bauförderung nicht zu bewältigen. Das Mehr an kommuna-           turschwachen Kommunen abbauen helfen. Dazu gehören
len Herausforderungen erfordert aber auch eine Erhöhung          Klein- und Mittelstädte und deren Ortskerne noch mehr in
der Städtebauförderung des Bundes von 790 Mio. Euro auf          den Blickpunkt, speziell durch eine Stärkung des 300-Mil-
1,5 Mrd. Euro. Damit einhergehen muss eine Kofinanzie-           lionen-Bundesprogramms „Lebendige Zentren“. Gerade
rung der Länder und Kommunen. Zudem müssen die Ei-               Klein- und Mittelstädte haben für viele Menschen eine hohe
                                                                                          Anziehungskraft. Sie sind oft von
                                                                                          einer maßstäblichen Baustruktur,
                                                                                          historischen Stadtkernen und ei-
                                                                                          nem großen baukulturellen Erbe
                                                                                          geprägt. Auch gibt es hier dank
                                                                                          vieler Vereine ein engeres sozia-
                                                                                          les Netz als in Großstädten. Hinzu
                                                                                          kommen im Vergleich zu den oft
                                                                                          überhitzten Metropolen niedrige-
                                                                                          re Bauland- und Wohnungspreise,
                                                                                          speziell für junge Familien, und
                                                                                          gute Umweltbedingungen mit ei-
                                                                                          ner größeren Naturnähe und der
                                                                                          Möglichkeit entsprechender Akti-
                                                                                          vitäten.

                                                                                         Wesentlich ist auch, dass Klein-
                                                                                         und Mittelstädte eine Schlüs-
                                                                                         selrolle bei gesellschaftlichen
                                                                                         Reformprojekten, wie bei der
                                                                                         Gestaltung der Mobilitätswende
Abb. 3: Arten der Fortbewegung seit Beginn der Coronapandemie                            oder dem Wohnen und Arbeiten

                                                                                   vhw FWS 2 / März–April 2021           65
Stadtentwicklung
          Zukunftsmodell für Städte und Gemeinden

der Zukunft, haben. Insoweit könnte durch die
Coronapandemie und durch die auch künftig
verstärkt genutzten mobilen Arbeitsplätze ein
Trend raus aus der Großstadt hinein in die Klein-
und Mittelstädte erfolgen. Klar ist jedenfalls:
Wir werden die Herausforderung zur Schaffung
bezahlbaren Wohnraums in Deutschland nicht
allein in den überhitzten Metropolen, wie Mün-
chen oder Frankfurt, lösen. Daher sollten die
(Wohnungs- und Arbeitsmarkt-)Potenziale von
Klein- und Mittelstädten, wo speziell im struk-
turschwachen ländlichen Raum knapp zwei Mio.
Wohnungen leer stehen, auch durch die Städte-
bauförderung stärker gehoben werden. Durch
mehr Dezentralität und die Zusammenführung
von Arbeiten und Wohnen müssen die Ballungs-
kerne entlastet und die Potenziale von Klein-
und Mittelstädten genutzt werden.                   Abb. 4: Städtebauförderprogramme des Bundes seit 2020

Durch ein Mehr an Dezentralität wären Arbeits- und Wohn-          Fazit
standorte für viele Menschen bezahlbarer. Der tägliche
                                                                  Die Städtebauförderung wird auch in Zukunft als Gemein-
Pendlerverkehr, der oft mit dem Pkw aus den Klein- und
                                                                  schaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen ein
Mittelstädten in die Metropolen zur Arbeit und zurück er-
                                                                  Erfolgsmodell zur Schaffung lebenswerter Städte und Ge-
folgt, würde verringert. Folge wäre für die Pendler ein Zeit-
                                                                  meinden bleiben. Sie muss aber auf die aktuellen Heraus-
gewinn und für alle eine reinere Luft und weniger Lärmbe-
                                                                  forderungen reagieren. Dazu gehören die Gestaltung des
lastung. Das hilft den Menschen und der Umwelt. Ein Mehr
                                                                  Wandels der Innenstädte und Ortskerne, ein effizienter Kli-
an Dezentralität bedingt aber, dass Klein- und Mittelstädte
                                                                  maschutz und eine gezielte Klimafolgenanpassung. Auch
für Menschen attraktiv sind und die nötige Infrastruktur
                                                                  zur Bereitstellung bezahlbaren Wohnraums und zur Ge-
(Breitband, Gesundheitsversorgung, Bildung etc.) aufwei-
                                                                  währleistung einer guten Baukultur muss die Städtebauför-
sen. Auch das kann die Städtebauförderung unterstützen.
                                                                  derung ihren Beitrag leisten. Um diese Herausforderungen
                                                                  zu bewältigen, ist die Gestaltungskraft der Kommunen zu
Städtebauförderung vereinfachen                                   stärken. Die Reduzierung der Programme von sechs auf
und fortentwickeln                                                drei war insoweit ein richtiger Schritt. Die Kommunen brau-
                                                                  chen aber auch schlanke und verlässliche Antrags-, Bewil-
Eine effiziente Städtebauförderung erfordert einen mög-
                                                                  ligungs- und Förderverfahren. Schließlich muss wegen der
lichst großen Gestaltungsspielraum für Städte und Gemein-
                                                                  gewachsenen kommunalen Herausforderungen auch eine
den. Insoweit war die Reduzierung der Bundesprogramme
                                                                  finanzielle Aufstockung der Städtebauförderung erfolgen.
von sechs auf drei richtig. Aktuell besteht das Städtebauför-
derungsprogramm des Bundes in Höhe von 790 Mio. Euro
aus den Programmen „Lebendige Zentren“ (300 Mio. Euro),                                Norbert Portz
„Wachstum und nachhaltige Erneuerung“ (290 Mio. Euro)                                  Beigeordneter, Deutscher Städte- und Ge-
                                                                                       meindebund, Bonn
und „Sozialer Zusammenhalt" (200 Mio. Euro).

Bund und Länder müssen auch die Antragstellung, Bewil-
ligung und das Controlling auf das nötige Maß reduzieren.
Verwendungsnachweise und Rechnungen müssen digital
einreichbar sein. Mehrfachprüfungen sind zu vermeiden.
Die Zeiträume zwischen der Bedarfsanmeldung und der
Zuweisung der Mittel sind zu reduzieren. Das schafft Pla-
nungssicherheit und reduziert den Verwaltungsaufwand.
Auch die Prüfung des Schlussverwendungsnachweises ist
zu beschleunigen, damit die Maßnahme zügig abgeschlos-
sen werden kann. Die Städtebauförderung sollte zudem
noch mehr mit anderen Förderprogrammen, etwa des Woh-
nungsbaus oder der GAK-Förderung, kombiniert werden.

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Stadtentwicklung
                                                                       Weiterentwicklung der Städtebauförderung

Jürgen Göddecke-Stellmann, Karin Veith

Weiterentwicklung der
Städtebauförderung
Die Städtebauförderung ist in ihrer nunmehr fünfzigjährigen Geschichte immer wieder an sich verändernde Bedarfe
auf kommunaler Ebene angepasst worden. Auch die Bedingungen, unter denen Stadtentwicklung auf kommunaler
Ebene betrieben wurde und wird, haben sich verändert. Dabei ist das übergeordnete Ziel, die Kommunen beim städ-
tebaulichen Strukturwandel zu unterstützen, um lebenswerte Quartiere zu erhalten und städtebauliche Missstände
und Funktionsverluste zu beheben, unverändert geblieben.

Aus aktuellen gesellschaftlichen Trends, wie dem demogra-      ■ Die Kommunen als operative Ebene gestalten im Rah-
fischen Wandel, den innerdeutschen Wanderungsbewegun-            men ihrer Planungshoheit die Vorbereitung und Durch-
gen, der wachsenden Bedeutung des Onlinehandels oder den         führung der städtebaulichen Maßnahmen.
wachsenden Anforderungen des Klimaschutzes bzw. der Kli-       Über die Jahre ist die Programmstruktur der Städtebauför-
maanpassung in den Städten, resultieren große Herausforde-     derung mehrfach umgestaltet worden. Bestand die Städ-
rungen für die Kommunen, die von ihnen nicht allein bewäl-     tebauförderung von 1971 bis 1990 aus nur einem einzigen
tigt werden können. Mit der Städtebauförderung existiert ein   Programm – Städtebauliche Sanierungs- und Entwick-
Förderinstrumentarium, mit dem Bund, Länder und Kommu-         lungsmaßnahmen –, ergab sich nach der deutschen Wie-
nen gemeinsam solche übergeordneten städtebaulichen Her-       dervereinigung ein erheblicher Anpassungsbedarf, aus
ausforderungen angehen können. Die Funktion der jeweiligen     dem zunächst eine auf Ostdeutschland bezogene Ausdif-
föderalen Ebene ist dabei unterschiedlich ausgestaltet:        ferenzierung der Förderprogramme resultierte. Mit dem
                                                               1999 eingeführten Programm Soziale Stadt folgte dann das
■ Der Bund gibt in Abstimmung mit den Ländern die Rahmen-
                                                               erste gesamtdeutsche fachlich fokussierte Programm. Mit
   bedingungen und generellen Zielsetzungen vor und legt den
                                                               dem 2017 eingeführten Fachprogramm Zukunft Stadtgrün
   finanziellen Umfang der jährlichen Fördermittel fest.
                                                               umfasste die Städtebauförderung zuletzt acht Programme
■ Die Länder besitzen eine hohe Gestaltungskompetenz,          in sechs Programmlinien, wenn man den Stadtumbau Ost
   sie konkretisieren in länderspezifischen Förderrichtlini-   und West sowie den Städtebaulichen Denkmalschutz Ost
   en die Umsetzung und wählen die zu fördernden städte-       und West als Programmlinie begreift. Zuletzt wurde diese
   baulichen Gesamtmaßnahmen aus.                              Aufsplitterung der Programmstruktur wiederholt auf fach-

Abb. 1: Entwicklung der Städtebauförderung seit 1971

                                                                                 vhw FWS 2 / März–April 2021         67
Stadtentwicklung
            Weiterentwicklung der Städtebauförderung

licher wie auch politischer Ebene kontrovers diskutiert und    Die Option der interkommunalen Zusammenarbeit kann für
deren Zweckmäßigkeit infrage gestellt.                         manche Kommunen ein neuer strategischer Ansatz sein.
                                                               Ganz gleich, ob es in dünn besiedelten Regionen darum
Im Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode haben
                                                               geht, die Daseinsvorsorge zu sichern und mit geeigneten
sich die Regierungsparteien CDU, CSU und SPD darauf
                                                               Maßnahmen die Infrastruktur bedarfsgerecht auszurichten,
verständigt, die Städtebauförderung weiterzuentwickeln.
                                                               oder ob es im Rahmen von Stadt-Umland-Kooperationen
Als Eckpunkte wurden die Beibehaltung des derzeitigen
                                                               um ein regional abgestimmtes Vorgehen geht, können die
Niveaus, die Flexibilisierung, Entbürokratisierung und Wei-    interkommunale Zusammenarbeit und der dafür gewährte
terentwicklung der Programme sowie eine umfassende             Förderbonus ein Anreiz sein (VV 2020, Artikel 5). Vorausset-
Überarbeitung der Verwaltungsvereinbarung (VV) Städte-         zung ist ein überörtlich abgestimmtes integriertes Entwick-
bauförderung festgelegt. Mit der Billigung der Verwaltungs-    lungskonzept der beteiligten Kommunen, das unter Beteili-
vereinbarung 2020 ist dieses Ziel erreicht worden.             gung der Bürgerinnen und Bürger erstellt worden ist.

                                                               Im Programm „Lebendige Zentren – Erhalt und Entwick-
Neustrukturierung der Städtebauförderung                       lung der Stadt- und Ortskerne“ gehen insbesondere die
Der sichtbarste Unterschied zwischen der Verwaltungsver-       Förderziele der ehemaligen Programme „Aktive Stadt- und
einbarung Städtebauförderung 2019 und 2020 ist die redu-       Ortsteilzentren“ und „Städtebaulicher Denkmalschutz“ auf.
zierte Zahl der Programme. Bei gleicher Mittelausstattung      Ziel ist es, die Zentren zu attraktiven, multifunktionalen und
und im Wesentlichen beibehaltenem Aufgabenspektrum             identitätsstiftenden Standorten für Wohnen, Arbeiten, Wirt-
der Städtebauförderung bestehen nunmehr nur noch drei          schaft und Kultur weiterzuentwickeln und eine hohe Auf-
Programme:                                                     enthaltsqualität zu schaffen. Für das Programm wurden im
                                                               Jahr 2020 300 Mio. Euro zur Verfügung gestellt.
■ Lebendige Zentren – Erhalt und Entwicklung der Stadt-
     und Ortskerne,                                            Das bisherige Programm „Soziale Stadt“ wurde überführt
                                                               in das neue Programm „Sozialer Zusammenhalt – Zusam-
■ Sozialer Zusammenhalt – Zusammenleben im Quartier
                                                               menleben im Quartier gemeinsam gestalten“. Die Zielstel-
     gemeinsam gestalten und
                                                               lung des Programms bleibt weitgehend erhalten und ist auf
■ Wachstum und nachhaltige Erneuerung – Lebenswerte            die Stabilisierung und Aufwertung von Stadt- und Ortsteilen
     Quartiere gestalten.                                      ausgerichtet, die aufgrund ihrer Zusammensetzung und
Die drei Programme werden von Querschnittsthemen flan-         wirtschaftlichen Situation der dort lebenden und arbeiten-
kiert, die in allen drei Programmen förderfähig sind. In Ar-   den Menschen erheblich benachteiligt sind. Ziel ist es, die
tikel 4 der VV 2020 wird ein ganzer Katalog von Maßnah-        Lebensbedingungen aller Bewohnerinnen und Bewohner
men benannt, der in allen drei Programmen förderfähig          in den Quartieren zu verbessern, einer sozialen Polarisie-
ist. Zentrale Handlungsbereiche sind Maßnahmen für den         rung in den Städten entgegenzuwirken und Infrastrukturen
Klimaschutz bzw. zur Anpassung an den Klimawandel, in-         altersgerecht anzupassen. Das Fördervolumen im Pro-
terkommunale Kooperationen, Städtebaulicher Denkmal-           grammjahr 2020 umfasste 200 Mio. Euro.
schutz und Digitalisierung. Diese Neuerungen der VV 2020
                                                               Das Programm „Wachstum und nachhaltige Erneuerung –
erweitern das Förderspektrum der Einzelprogramme und           Lebenswerte Quartiere gestalten“ übernimmt die Förder-
geben den Kommunen weitere Möglichkeiten an die Hand,          ziele der Stadtumbauprogramme, fasst diese aber weiter.
um städtebauliche Gesamtmaßnahmen bedarfsgerecht               Unterstützt werden Städte und Gemeinden, die von erhebli-
auszugestalten.                                                chen städtebaulichen Funktionsverlusten und Strukturver-
Im Unterschied zu früher sind jetzt Maßnahmen des Klima-       änderungen betroffen sind. Vor diesem Hintergrund umfasst
schutzes bzw. zur Anpassung an den Klimawandel ab dem          das Programm beispielsweise Maßnahmen zum Rückbau
Programmjahr 2020 zwingende Fördervoraussetzung. Die           leerstehender, dauerhaft nicht mehr benötigter Gebäude
Förderung einer Gesamtmaßnahme ist nicht mehr möglich,         und dazugehöriger Infrastruktur, aber auch Maßnahmen
ohne dass zugleich Klimamaßnahmen in einem angemes-            zur Klimafolgenanpassung und Brachflächenentwicklung,
senen Umfang umgesetzt werden. Dabei ist die neue För-         insbesondere zur Unterstützung des Wohnungsbaus. Mit
dervoraussetzung sehr umfassend zu verstehen. Gemeint          290 Mio. Euro Fördervolumen ist dieses Programm finan-
                                                               ziell ähnlich hoch ausgestattet wie das Programm „Leben-
sind insbesondere Maßnahmen zur Verbesserung der grü-
                                                               dige Zentren“.
nen Infrastruktur, wie beispielsweise die Schaffung, der Er-
halt oder die Erweiterung von Grünflächen und Freiräumen       Schließlich wurden noch in bestimmten Fällen die Förder-
ebenso wie deren Vernetzung. Förderfähig sind aber auch        konditionen für die Kommunen verbessert. Für Kommunen
die energetische Gebäudesanierung, die klimafreundliche        in Haushaltssicherung bzw. Haushaltsnotlage können die
Mobilität oder die Nutzung klimaschonender Baustoffe.          Eigenanteile abgesenkt werden. Inwieweit die Bedingung

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