15 Geschäfts-bericht - TR ANS - Stadtwerke Halle

Die Seite wird erstellt Nepomuk Straub
 
WEITER LESEN
15 Geschäfts-bericht - TR ANS - Stadtwerke Halle
15 Geschäfts-
   bericht
TR ANS
FORM
AT I O N
Evolution   Stadtwerke Halle GmbH
15 Geschäfts-bericht - TR ANS - Stadtwerke Halle
Titelfoto:
Florian Sylvester, Hallesche Wasser und Stadtwirtschaft GmbH;
Kristina Bolze, EVH GmbH und Alfred Mayer, Hallesche Verkehrs-AG
15 Geschäfts-bericht - TR ANS - Stadtwerke Halle
15
TR ANS
FORM
AT I O N
Geschäftsbericht 2015
der Stadtwerke Halle
15 Geschäfts-bericht - TR ANS - Stadtwerke Halle
Geschäfts-
        bericht 2015
        Wichtige Etappen im Jahr 2015 auf dem Weg zum
        Stadtwerk von morgen.

                                                                      Energie-
                                                                      wende
                                                                      Seite 25

     Ressourcen
        schonen
                                        Seite 12

Vorwort der   Mitglieder      Interview mit   Finanzierungs­
Geschäfts-    des Auf-        Katherina       fähigkeit
führung       sichtsrates     Reiche          stärken
Seite 6       Seite 7         Seite 8         Seite 11

                                                               Mobilität in
                                                               der Stadt
                                                               Seite 19
15 Geschäfts-bericht - TR ANS - Stadtwerke Halle
Inhalt   5

                         Berufliche
 Effiziente              Perspek-
Strukturen               tiven
              Seite 38   Seite 43

                                                       2016

                                Chronik
                                2015       Impressum
                                Seite 50   Seite 58

   Verbraucherschutz
   Seite 32
15 Geschäfts-bericht - TR ANS - Stadtwerke Halle
6 Vorwort

            Halles neues
            Wachstum stärken

            Bereits seit 2011 ist der Prozess „SWH-Kompass
            2020“ Grundlage der Entwicklung unserer Unter-
            nehmensgruppe. Die Zukunftsfähigkeit der Stadt-
            werke ist dabei das Ziel. Die Vision dabei:
            Wir wollen der erfolgreichste Anbieter für kunden-
            orientierte Produkte sowie vernetzte Lösungen vor
            Ort sein und garantieren dabei rund um die Uhr res-
            sourcenschonende Lebens- und Standortqualität für
            die Menschen in der Region. 2015 sind wir auf die-
            sem Weg wieder ein gutes Stück voran gekommen.

            Gleichberechtigt neben unserem im Kompass             unseren Kunden und Partnern. Das Attribut
            2020-Prozess entwickelten Leitbild und den Füh-       gemeinsam gewinnt dabei immer mehr an Wert.
            rungsgrundsätzen steht nun ein Verhaltens-            Gemeinsam suchen wir nach Lösungen bei wich-
            kodex für die Stadtwerke-Gruppe. In einem kom-        tigen Schlüsselthemen der Energiewende: Erzeu-
            plexer gewordenen Umfeld soll er eine Orien-          gung, Integration erneuerbarer Energien, Netz-
            tierung für unser Handeln sein. Der Kodex bein-       ausbau und Versorgungssicherheit. Gemeinsam
            haltet wichtige Regeln für unser Agieren unterei-     stärken wir den Nachhaltigkeitsgedanken, etwa
            nander, am Arbeitsplatz, im Geschäftsleben und        in der Kreislauf- und Ressourcenwirtschaft oder
            in der Öffentlichkeit. Loyalität, Kundenorientie-     dabei, Mobilität in der Stadt neu zu denken. Und,
            rung, Verantwortungsbewusstsein und Nachhal-          gemeinsam fördern wir Innovationen für mehr
            tigkeit sind nur vier von vielen Werten und           Verbraucherschutz und Lebensqualität. Das Ziel,
            Prinzipien, die wir für unser Selbstverständnis       zufriedene Kunden.
            formuliert und nun auch schriftlich fixiert haben.    Das Bild zukunftsfähiger Stadtwerke für Halle hat
            All das fließt ein in einen intensiven Dialog mit     damit 2015 ein Stück mehr an Kontur gewonnen:
                                                                  Marktorientiert und im Wechselspiel von Da-
                                                                  seinsvorsorge und Rentabilität tragen wir dazu
                                                                  bei, Halles Trend zu neuem Wachstum zu stärken.

                  Matthias Lux                  Prof. Dr. Matthias Krause                René Walther
15 Geschäfts-bericht - TR ANS - Stadtwerke Halle
Mitglieder des Aufsichtsrates   7

 Die Mitglieder des Aufsichtsrates

                                                                                                Foto (v.l.n.r.): Stefan Hilbig,
Dr. Bernd Wiegand                 Steffen Gärtner                Elisabeth Nagel                Simona König (Mitglied seit 2016),
Vorsitzender des Aufsichtsra-     Sachgebietsleiter Gebäudema-   Angestellte der BA*,           Ulrich Richter, Stephanie Berend,
tes, Oberbürgermeister der        nagement der EVH GmbH /        Regionaldirektion Sachsen-     Monika Liedtke, Burkhard
Stadt Halle (Saale)               Mitglied des Betriebsrates     Anhalt-Thüringen               Kocian, Johannes Krause,
                                                                                                Renate Otto, Andreas Scholtyssek,
                                  der EVH GmbH                                                  Eberhard Doege, Tom Wolter,
Lothar Philipp                                                   Renate Otto                    Dr. Bernd Wiegand.
Stellvertretender Vorsitzender    Stefan Hilbig                  Leiterin Rechtsabteilung der   Steffen Gärtner, Elisabeth Nagel,
                                                                                                Dr. Inés Brock, und Dr. Bodo
des Aufsichtsrates, Bezirksge-    Fachbereichssekretär der       Halleschen Verkehrs-AG         Meerheim konnten beim Fototer-
schäftsführer der Gewerk-         Gewerkschaft ver.di, Bezirk                                   min nicht anwesend sein.
schaft ver.di, Bezirk             Sachsen-Anhalt Süd             Ulrich Richter
                                                                                                *Abkürzungen:
Sachsen-Anhalt Süd                                               Betriebsratsvorsitzender der
                                                                                                HWS: Hallesche Wasser und
(bis 18. Dezember 2015)           Burkhard Kocian                Halleschen Verkehrs-AG         Stadtwirtschaft GmbH
                                  Betriebsratsvorsitzender der   (seit 4. November 2015)        MLU: Martin-Luther-Universität
Jürgen Allner                     EVH GmbH                                                      Halle-Wittenberg
                                                                                                BA: Bundesagentur für Arbeit
Stellvertretender Betriebsrats-                                  Andreas Scholtyssek
vorsitzender der HWS*             Johannes Krause                Angestellter, Referent der
(bis 4. November 2015)            DGB-Regionsvorsitzender        IHK Halle-Dessau
                                  Sachsen-Anhalt/Süd
Stephanie Berend                                                 Dietmar Weihrich
Betriebsratsvorsitzende der       Monika Liedtke                 Mitglied des Landtages von
HWS*                              Kaufmännische Angestellte      Sachsen-Anhalt
                                  der HWS*                       (bis 25. Juni 2015)
Dr. Inés Brock
Dozentin, Psychotherapeutin       Dr. Bodo Meerheim              Tom Wolter
(ab 25. Juni 2015)                Geschäftsführer der SKV        Regisseur, Schauspieler
                                  Kita gGmbH
Eberhard Doege
Ruhestandsbeamter
15 Geschäfts-bericht - TR ANS - Stadtwerke Halle
8 Interview mit Katherina Reiche

                                   Katherina Reiche zur
                                   Zukunftsfähigkeit der
                                   Stadtwerke
                                   Türen öffnen sich zu neuen Geschäftsmodellen

                                                                                         tragbare Lösungen zu finden, stellen Bürgerbetei-
                                                                                         ligungen dar. Auch die Stadtwerke Halle haben
                                                                                         dies frühzeitig erkannt. Es sollte aber nicht ver-
                                                                                         gessen werden, dass kommunale Unternehmen
                                                                                         schon in ihrer Natur in Bürgerhand liegen. Was
                                                                                         häufig als neuer Trend identifiziert wird, ist in
          Katherina Reiche, Hauptgeschäftsführerin des Verbands                          Stadtwerken bereits seit Jahrzehnten gelebte Rea-
          Kommunaler Unternehmen e. V. (VKU)
                                                                                         lität: die Stärkung des unmittelbaren lokalen Um-
                                                                                         felds.

                                                                                         ... das passt zu Ihrer These „Regional ist das neue
                                                                                         Bio“. Warum lohnt es sich für Kommunen, auch in
                                   Frau Reiche, vor geraumer Zeit galten Stadtwerke      Zeiten einer oft schwierigen Ertragslage zu ihren
                                   noch als Auslaufmodell. Auf der letzten VKU-Ver-      Stadtwerken zu stehen?
                                   bandstagung stellte Vizekanzler Sigmar Gabriel        Die Eigentümerkommunen haben sich daran ge-
                                   fest: „Ohne Stadtwerke keine Energiewende!“ Was       wöhnt, dass Stadtwerke hohe Gewinne abwerfen,
                                   macht Stadtwerke für Deutschland so wertvoll?         die fest in den kommunalen Haushalten einge-
                                   Die zukünftige Energieversorgung wird dezentral       plant sind. In der konventionellen Energieerzeu-
                                   sein. Kommunalen Unternehmen kommt hier               gung sind diese Zeiten jedoch vorbei. Die
                                   eine Schlüsselrolle zu. Sie produzieren 70 Milliar-   Stadtwerke haben daher in den letzten Jahren er-
                                   den Kilowattstunden Strom pro Jahr. Zudem be-         hebliche Anstrengungen unternommen, um
                                   wirtschaften sie rund 40 Prozent der Verteilnetze     schlanker zu werden, die Kosten zu senken – auch,
                                   in Deutschland, in die über 90 Prozent des Erneu-     um wieder Investitions-Freiräume zu gewinnen.
                                   erbare-Energie-Stroms eingespeist werden. Die         Das zahlt sich aus: Kommunale Unternehmen ge-
                                   Energiewende ist eine immense Infrastrukturauf-       nießen großes Vertrauen bei den Menschen im
                                   gabe, die nur gesamtgesellschaftlich zu stemmen       Land. In einer repräsentativen forsa-Umfrage im
                                   ist. Auch deshalb spielen Stadtwerke beim Gelin-      Dezember 2015, sprachen 75 Prozent der Befrag-
                                   gen der Energiewende eine besondere Rolle. Ein        ten den kommunalen Unternehmen ein großes
                                   möglicher Weg, gemeinsame und für alle Akteure        oder sehr großes Vertrauen aus. Es überrascht
15 Geschäfts-bericht - TR ANS - Stadtwerke Halle
Interview mit Katherina Reiche   9

daher nicht, dass 81 Prozent der Deutschen die      ermöglichen. Mit den vorliegenden Plänen pas-
Versorgung mit Wasser, Gas und Strom in kom-        siert aber immer noch genau das Gegenteil. Durch
munaler Hand sehen wollen. Die Menschen im          die deutlichen Verschlechterungen der Regulie-
Land stehen hinter ihren kommunalen Unterneh-       rungsbedingungen würden hunderte Verteilnetz-
men. Die Kommunen tun das ebenfalls.                betreiber und deren Anteilseigner, die Kommu-
                                                    nen, in wirtschaftliche Schwierigkeiten kommen.
Sie betonen im Zusammenhang mit der Energie-        Hohe Verluste und die schleichende Entwertung
wende immer wieder die Chancen von Stadtwer-        kommunalen Vermögens würden damit billigend
ken, worin liegen die genau?                        in Kauf genommen.
Kommunale Parlamente entscheiden über die
zukünftige Ausrichtung ihrer Unternehmen mit.       Die Energiewende bestimmt die öffentliche Debatte
Datensicherheit, Schutz der Privatsphäre und die    gegenwärtig stark. Aber kommunale Daseinsvor-
Ausgestaltung künftiger Geschäftsfelder haben       sorge umfasst weit mehr. Wo liegen hier die größten
unter dieser Prämisse höchsten Stellenwert und      Herausforderungen der kommenden Jahre?
sind ein echter Wettbewerbsvorteil. Insbesondere    Über die nächsten Jahre werden uns zwei Mega­
die Digitalisierung öffnet Türen zu neuen Ge-       trends begleiten: Digitalisierung und Dekarboni-
schäftsmodellen. Neben der klassischen und zu-      sierung. Bei der allgemeinen Fokussierung auf die
nehmend austauschbaren Lieferung von Roh-           Energiewende dürfen wir daher die Wärmewende
stoffen stehen künftig moderne Dienstleistungen     nicht vergessen. Allein hier wird fast die Hälfte
im Mittelpunkt. Neue Geschäftsfelder werden         unserer Energie verbraucht. Diese Megatrends
möglich, die uns neben Umsatz und Gewinn            überstrahlen häufig andere – ebenso wichtige –
auch neue Arbeits- und Lebensqualität bringen.      Themen. Hier denke ich etwa an den Gewässer-
In Zukunft kennen Stadtwerke ihre Kunden bes-       schutz. Auf lange Sicht brauchen wir auch eine
ser als je zuvor. In nie dagewesener Qualität       gesellschaftliche Debatte darüber, wie wir mit
können sie Produkte und Dienstleistungen indi-      Spurenstoffen in Gewässern umgehen.
viduell zuschneiden. Kundenbeziehungen wer-
den so weiter vertieft, Prozesse schlanker und      In der netzgebundenen Wasser- und Abwasserwirt-
umweltschonender.                                   schaft beispielsweise wird das Thema „Kosteneffi-
                                                    zienz in Betrieb und bei Investitionen“ zunehmend
Von wachsender Bedeutung für die Versorgungs-       wichtiger. Welche Rolle spielt dabei und generell die
sicherheit sind die Netze. Wo besteht in diesem     Innovationskraft der kommunalen Unternehmen?
Spannungsfeld Handlungsbedarf?                      Demografie, Klimawandel, neue Anforderungen
Deutschland ist das Land mit der höchsten Ver-      für Abwasserentsorgung: Derzeit wandelt sich
sorgungssicherheit. Damit dies so bleibt, muss      vieles. Das stellt unsere Unternehmen vor große
dringend in den Ausbau und die Digitalisierung      Aufgaben. Vor allem, da es Anspruch unserer
der Netze investiert werden. Sie erreichen zuneh-   Mitgliedsunternehmen ist, die hohe Dienstleis-
mend eine Altersstruktur, die Ersatzinvestitionen   tungsqualität und Versorgungssicherheit bei sta-
dringend erforderlich machen. Deshalb ist es un-    bilen Entgelten zu erhalten. Transparenz und
verantwortlich, dass derzeit keine Rahmenbedin-     Effizienz sind ein Schlüssel dazu und Kernthemen
gungen geschaffen werden, die Investitionen         der Wasser- und Abwasserwirtschaft. Der VKU
15 Geschäfts-bericht - TR ANS - Stadtwerke Halle
10 Interview mit Katherina Reiche

                                                                                          Wertstoffe schwanken. Ein Verlust der Wertstoff-
                                                                                          erlöse hätte dagegen spürbare Erhöhungen der
                                    unterstützt deshalb zum Beispiel die Fortent-         Abfallgebühren zur Folge.
                                    wicklung von Benchmarking als Schlüssel­
                                    instrument. Kommunale Unternehmen sind                Inwieweit ist die zunehmende Symbiose mit dem
                                    innovative Problemlöser, die passgenaue Lösun-        ÖPNV ein Modell mit Zukunft für Stadtwerke?
                                    gen vor Ort liefern.                                  Vor allem im Bereich der Elektromobilität erge-
                                                                                          ben sich hier zukunftsfähige Geschäftsfelder.
                                    Wie entscheidend ist dabei das Tempo, Innovati-       Kommunale Unternehmen sind als Anbieter so-
                                    onen in den Alltag zu integrieren, für die „Überle-   wohl von Ökostrom-Produkten und Mobilitäts-
                                    bensfähigkeit“ der Unternehmen?                       dienstleistungen prädestiniert für die Umsetzung
                                    Nicht nur bei Betrieben der Wasser- und Abwas-        konkreter Vorhaben. Elektromobilität gekoppelt
                                    serwirtschaft gilt, dass sich die Infrastruktur der   mit Angeboten für Carsharing und der Nutzung
                                    Daseinsvorsorge durch Langlebigkeit auszeich-         der öffentlichen Verkehrsmittel – hier sind die
                                    net. Investitionen in solche Infrastrukturen wer-     Stadtwerke Halle mit ihrem Projekt „neogrün“
                                    den auch für die nachfolgenden Generationen           für umweltfreundliche Mobilität ein vorbildliches
                                    getätigt. Doch die Schnelligkeit von Verände-         Beispiel.
                                    rungsprozessen hat erheblich zugenommen. Me-
                                    gatrends wie Digitalisierung, demografischer
                                    Wandel und Urbanisierung machen auch vor              Kurzvita – Katherina Reiche
                                    kommunalen Unternehmen nicht Halt. Umso
                                    mehr ist die Innovationskraft kommunaler Un-          Die Diplom-Chemikerin Katherina Reiche ist seit
                                    ternehmen gefordert, um diese Entwicklungen           dem 1. September 2015 Hauptgeschäftsführerin
                                    und Herausforderungen vor Ort zu gestalten.           des Verbandes kommunaler Unternehmen e.V.
                                    Auch das bedeutet gelungene Daseinsvorsorge für       (VKU) in Berlin. Sie war lange Zeit in der Politik
                                    die Bürgerinnen und Bürger heute.                     in verschiedenen Funktionen aktiv. Von 1998 bis
                                                                                          2015 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages,
                                    Wo sehen Sie in Zukunft die Rolle der kommunalen      von 2005 bis 2009 stellvertretende Vorsitzende
                                    Entsorger im Spannungsfeld wachsenden Ertrags-        der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, zuständig für
                                    drucks und der Aufforderung, Preise für die Öffent-   Bildungs- und Forschungspolitik sowie für die
                                    lichkeit bezahlbar zu halten?                         Bereiche Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
                                    Die Sammelverantwortung gehört in kommunale           cherheit. Von 2009 bis 2013 war Katherina Reiche
                                    Hände. Das ist unsere klare Forderung bei den         Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundes-
                                    aktuellen Diskussionen um ein Wertstoffgesetz.        minister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
                                    Dabei wissen wir unsere kommunalen Eigentü-           cherheit, von 2013 bis 2015 Parlamentarische
                                    mer fest an unserer Seite. Nur so kann sicherge-      Staatssekretärin beim Bundesminister für Ver-
                                    stellt werden, dass große Mengen Wertstoffe           kehr und digitale Infrastruktur. Ihre große kom-
                                    verwertet werden. Und diese Sicherheit gilt bei       munalpolitische Erfahrung erlangte sie durch ihr
                                    Kommunen auch dann, wenn die Marktpreise für          langjähriges Engagement in Potsdam.
Finanzierungsfähigkeit stärken 11

Bonität durch die Brille
der Banken bewertet
 Mit optimaler Balance Finanzierungsfähigkeit stärken

Peter Hülsbusch, Leiter Konzerncontrolling der
Stadtwerke-Gruppe, hebt zwei Aspekte der vor-
ausgegangenen Finanzmarktentwicklung hervor.            Für das Finanzmanagement bedeutet dieses
Zum einen ist die Kreditvergabebereitschaft der         praktisch, mit Blick über die gesamte Gruppe
Banken in Europa seit der Finanzkrise deutlich          Ergebniserwartungen, Wachstumsinvestitionen/
zurückgegangen, zum anderen wird die Kapitalbe-         Investitionsstau und Investmentgrade in eine
schaffung im Hinblick auf Basel III nicht weniger       möglichst optimale Balance zu bringen. Alles das
herausfordernd.                                         hat das Finanz management der Stadtwerke-Gruppe
                                                        weiter geschärft. Zusammengefasst zielt es auf:
Sein Fazit: „Ohne neues Kernkapital müssen Ban-
ken das Kreditgeschäft zurückfahren oder Kun-           • das Bündeln aller Aufgaben zur Sicherung der
den schlechter durch Kunden hoher Bonität                 mittel- und langfristigen (Fremd-)Kapitalver-
ersetzen. Für uns heißt das, weiter neue Finanzie-        sorgung der Stadtwerke-Gruppe;
rungsquellen wie Schuldscheindarlehen und Na-           • eine zentrale Kommunikation und Informa-
mensschuldverschreibung zu erschließen und an             tion der Geschäftsbanken über Regeltermine
unserer Bonität zu arbeiten. Für das Konzerncon-          und Finanzinformationen;
trolling standen 2015 dabei vor allem die Fragen        • die Weiterentwicklung der Mess-, Kontroll-
im Mittelpunkt: Nach welchen Kriterien schätzt            und Steuerinstrumente der Finanzierungs-
uns der Finanzsektor ein und wie können wir               fähigkeit der Gruppe, darunter Bonität,
diese Kriterien in die Unternehmenssteuerung              Verschuldungsobergrenze, Kapitaldienst­
integrieren?“                                             fähigkeit;
Im engen Dialog mit der Norddeutschen Landes-           • die Entwicklung eines Konzeptes zur Bemes-
bank und der Commerzbank spiegelte das Stadt-             sung der Höhe finanzieller Mittel für Investi-
werke-Controlling das eigene Unternehmen                  tionen der unterschiedlichen Arten verbunden
durch die Brille der Banker: Umsatzwachstum,              mit dem Aufbau einer Tragfähigkeits- und
EBITA-Marge, Eigenkapitalquote, Net Debt/                 Deckungsfähigkeits-Analyse der Investiti-
EBITA sowie EBIT/Zinsdeckung. Verbunden mit               onsbedarfe und Ableitung von Programment-
möglichen Zukunftsszenarien und einem Ver-                scheidungen auf Konzernebene;
gleich zu den TOP 25 der Branche. „Im Ergebnis          • ein Initiieren und Begleiten von wiederkeh-
unserer Diskussion steht eine klare unternehme-           renden Langfristfinanz- und Investitionspla-
risch-finanzwirtschaftliche Zielstellung für die          nungen für die Gruppe;
nächsten Jahre“, sagt Peter Hülsbusch. „Um die          • die Planung und Optimierung des Kapital­
Liquiditätsversorgung der Stadtwerkeunternehmen           geber-Mix sowie
jederzeit zu gewährleisten, bedarf es der Sicherstel-   • die Führung und weitere Optimierung des
lung einer guten Bonität der Stadtwerke-Gruppe.“          gruppenweiten Cash-Pools und
Eine Kerngröße hierbei ist die Kennzahl Net             • eine Zinsrisikostrategie, die das Zinsrisiko
Debt/EBITA, weil damit zugleich auch das Ver-             der Gruppe misst und überwacht sowie geeig-
schuldungspotenzial und die Kapitaldienstde-              nete Managementmaßnahmen entwickelt
ckungsfähigkeit gleichgerichtet verändert werden.         und umsetzt.
12 Ressourcen schonen

                                Ein Plus für die
                                Investitionskraft
                                der Region
                                 Stadtwerke setzen auf starke regionale Wirtschaftskreisläufe

                                Die Kommunalwirtschaft ist ein Leistungsträger
                                für Deutschland. Auf jeden Vollzeitbeschäftigten
                                eines Mitglieds im Verband Kommunaler Unterneh-
                                men entfallen nahezu zwei weitere Beschäftigte.
                                Jedes Einkommen generiert fast ein weiteres. Wie
                                Standorte darüber hinaus von starken kommuna-
                                len Unternehmen profitieren, zeigt die Entwicklung
                                des Kreislauf- und Ressourcenwirtschaftsparks         der subaquatischen Deponie vor Ort und Verstro-
                                Halle-Lochau.                                         mung des entstehenden Deponiegases in Regie
                                                                                      der Abfallwirtschaft Halle-Lochau GmbH
                                                                                      (AWH), einem Unternehmen der Stadtwerke
                                Reichlich zwanzig Jahre ist es her, dass die euro-    Halle GmbH. Das führte weitere Unternehmen
                                päische Abfallrahmenrichtlinie und das in             auf das Areal, die für die Lieferung von Material
                                Deutschland folgende Kreislaufwirtschaftsgesetz       für die Deponiestilllegung gebraucht wurden.
                                den Weg für einen Paradigmenwechsel ebneten.          Hinzu kamen Technologie-, Analytik- und Ent-
                                Wurden anfallende Abfälle bis dahin vorwiegend        sorgungsdienstleistungen und mit der Zeit engere
                                beseitigt, setzte mit den neuen Regelungen ein        Verflechtungen und Standortsynergien. Heute
                                Umdenken ein. Abfälle wurden immer mehr zur           arbeiten über 250 Mitarbeiter in den angesiedel-
                                wichtigen Ressource für die Wirtschaft. Und mo-       ten Unternehmen, die einen Umsatz von etwa
                                tivierten unternehmerisches Handeln, im öffent-       63,6 Millionen Euro erwirtschaften.
                                lichen wie im privatwirtschaftlichen Bereich.
                                Heute, sagt Jörg Schulze, Vorsitzender des Kom-
                                petenznetzwerkes                                      Betrachtet man den regionalen Gesamteffekt inklu-
                                                                                      sive indirekter und induzierter Effekte sichert der
                                                                                      Park über 800 Menschen Beschäftigung bei einer
               „Mitteldeutsche Entsorgungswirtschaft“, ist der Strukturwandel im      Bruttowertschöpfung von fast 52 Millionen Euro.
               vollen Gange. Das Netzwerk hat es sich zum Ziel gesetzt, energeti-
               sche und stoffliche Ressourcen über vernetzte Innovations- und Ko-     Nicht weniger wichtig, in Lochau ist ein ökolo-
               operationspotenziale besser zu erschließen. Gelingt das, fördert das   gisch nachhaltiges und sicheres Entsorgungssys-
               neben dem Wachstum der Beteiligten auch die Innovationsstrategie       tem für die gesamte Region entstanden. Das fußt
               des Landes Sachsen-Anhalt.                                             auf einer Vielzahl gewachsener Kompetenzen vor
                                                                                      Ort: der Erzeugung regenerativer Energien in
                                Besonders deutlich wird die Herangehensweise          Form von Bio- und Deponiegas, der Herstellung
                                am Beispiel des Kreislauf- und Ressourcenwirt-        von Ersatzbrennstoffen, unter anderem aus Ab-
                                schaftsparks Halle-Lochau. Ausgangspunkt der          fällen, der Gewinnung von Wertstoffen sowie
                                Entwicklung war die Stilllegung und Nachsorge         Erzeugung von Fest- und Flüssigdünger. Hinzu
Ressourcen schonen 13

kommen die Aufbereitung von          aus diesen Kontakten immer           Stadtwerke Halle GmbH:
Abfällen zur stofflichen Verwer-     häufiger Anregungen, gemein-          Halle baut auf Zukunft
tung und die Behandlung von          sam Angebote für den Markt zu
Sonderabfällen.                      entwickeln.“                         In den Stadtwerken betreiben wir die wirt-
                                                                          schaftlichen Aktivitäten der kommunalen Ver-
                                                                          und Entsorgung, des Nahverkehrs sowie
Thomas Brockmeier sieht in einem konstruktiven Miteinander von öf-        weiterer Infrastrukturaufgaben. Unser Ziel:
fentlicher Daseinsvorsorge und privatwirtschaftlichem Engagement ei-      bezahlbare Lebensqualität in allen relevanten
nen wichtigen Schlüssel für die weitere Regionalentwicklung. Als Haupt-   Bereichen der Daseinsvorsorge. Unsere Philo-
geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau vertritt    sophie: Über Wettbewerbsfähigkeit sowie ste-
er die Überzeugung: „So privat wie möglich, so öffentlich wie nötig.“     tige Leistungs- und Prozessoptimierung wol-
                                                                          len wir langfristige Ertragskraft in einem sich
Die Stadtwerke Halle schätzt er      Ein zusätzliches Plus für die In-    schnell veränderndem Marktumfeld schaffen
dabei als fairen Partner, wichti-    novationskraft der Region, das       und sichern. Allein im Ergebnis der konzern-
gen Investitionsmotor und ge-        auch die ISW-Wissenschaftler         internen Exzellenz-Initiative wurden über 180
rade in der Energiewende als         (Institut für Strukturpolitik        Projekte identifiziert und bereits weitgehend
regionalen Stabilitätsanker.         und Wirtschaftsförderung ge-         umgesetzt. Für dieses Engagement danke ich
Matthias Lux, Geschäftsführer        meinnützige Gesellschaft mbH)        allen Stadtwerkern. Dass wir dabei mit der
der Stadtwerke Halle GmbH,           den Stadtwerken bescheinigen.        Entscheidung für ein neues Ausbildungszen-
greift den Faden auf: „Die Ver-      Seit 2011 betrachten sie regel-      trum auch einen Akzent im Wettbewerb um
ankerung in der Region ist da-       mäßig die Standortbilanz von         junge Talente gesetzt haben, freut mich beson-
bei Teil unserer Existenz. Das       einem der größten Arbeitgeber        ders. Das ist ein deutliches Signal: Halle gestal-
zielstrebig weiter auszubauen,       Sachsen-Anhalts. Dabei messen        tet Zukunft.
halten wir für einen Schlüssel,      sie unter Beschäftigungs- und
um die Unternehmensgruppe fit        Wertschöpfungsaspekten di-           Dr. Bernd Wiegand, Aufsichtsratsvorsitzender
                                                                          der Stadtwerke Halle GmbH
für die nächsten Jahre zu ma-        rekte, indirekte, induzierte und
chen.“ Drei Über­legungen hält       fiskalische Effekte. Die fiskali-
er dabei für maßgeblich: „In-        schen Effekte werden als Steuer-
dem wir regionale Wirtschafts-       aufkommen berechnet. Für den
kreisläufe stärken, setzen wir       aktuellen Untersuchungszeit-
selbst Wachstumsimpulse, von         raum, der die Ergebnisse für
denen wir dann wieder profitie-      2014 dokumentiert, ergibt sich:
ren können. Wenn wir dabei           Die gesamtwirtschaftlichen Ef-
unseren Kunden noch genauer          fekte lagen bei fast 550 Millio-
zuhören, können wir zielorien-       nen Euro. Die Zahl der Ar-
tierter investieren, sowohl in die   beitsplätze, die durch Vorleis-
Ver- und Entsorgungsinfra-           tu ngsbezug u nd pr ivaten
struktur und die Mobilität als       Verbrauch der Beschäftigten ge-
auch in unser Leistungsangebot.      sichert wurde, belief sich auf
Und nicht zuletzt gewinnen wir       6.651.
14 Ressourcen schonen
Ressourcen schonen 15

Von meinen Stadtwerken wünsche ich mir

eine starke Ausstrahlung
auf die Region und eine
gute Kooperation mit der
Privatwirtschaft.
Prof. Dr. Thomas Brockmeier,
Hauptgeschäftsführer der IHK Halle-Dessau
16 Ressourcen schonen

              Der Wald wächst
              Seit 2010 wurden auf der stillgelegten Deponie

                                                                       27.000
              Halle-Lochau bereits elf Hektar mit Bäumen wie
              Ahorn, Linde und Vogelkirsche aufgeforstet. Auf
              insgesamt 110 Hektar ehemaliger Deponiefläche
              entsteht ein Laubwald auf der eigens dazu herge-
              richteten Wasserhaushaltsschicht aus Bodenmate-          Vogelkirschen
              rial. Um diese Flächen kümmern sich Mitarbei-
              ter der Abfallwirtschaft GmbH Halle-Lochau.

                                                                   15.000
                                                                   Spitzahorne
                  110
                  Hektar geplante
                  Waldfläche

                                                         Bepflanzung       Bepflanzung

                    Bepflanzung                          2011              2014
                    2010
     2010                                                                       2016
     Beginn der Pflanzarbeiten                                                  Bepflanzung von
     auf 3 Hektar Fläche                                                        insgesamt 10 Hektar

     Aufforstung der Deponie Halle-Lochau
Ressourcen schonen 17

                                                 19.900
                                                 Winterlinden

5900                                            22.700
                                                Bergahorne
Eschen

2018                         2020                      2023
vorraussichtlich 40 Hektar   etwa 68 Hektar            Abschluss der Aufforstung
Waldfläche bepflanzt         Fläche bepflanzt          mit 110 Hektar Waldfläche
18 Ressourcen schonen

                        Eigenkapitalquote
                        verbessert

                        Das langfristige Anlagevermö-       beispielsweise bei allen repara-
                        gen ist die dominierende Größe      turwürdigen 42 Haltungen, den
                        in der Bilanz von Ver- und Ent-     Verbindungsstrecken von Ab-
                        sorgungsunternehmen wie der         wasserkanälen zwischen zwei
                        Halleschen Wasser und Stadt-        Schächten, die Zustandsklassen
                        wirtschaft GmbH (HWS). Ebenso       nach der Reparatur zu verbes-
                        charakteristisch sind die Fix-      sern. Und das mit vergleichs-
                        kostenintensität und die lang-      weise niedrigem Aufwand. Hier
                        fristig angelegte Kapitalstruk-     wird kontinuierlich das Ziel
                        tur. Bei diesen strukturellen       verfolgt, mit vergleichbar ge-
                        Grundlagen ist die Fähigkeit,       ringem Mitteleinsatz möglichst
                        die zukünftigen Investitionen       viele Netzmeter in bessere Zu-
                        finanzieren zu können, naturge-     standsklassen zu versetzen. Sy-
                        mäß eines der Hauptziele. Dazu      nergien ergeben sich aus einer
                        dient unter anderem das Ent-        verstärkten interkommunalen
                        wicklungs- und Effizienzpro-        Kooperation mit dem Abwas-           +++Wertvolle Rohstoffe
                        gramm HWS 2020. „Im Blick           serzweckverband Elster-Kabels-      Mit einer mechanischen Behand-
                        haben wir dabei neben der Si-       ketal (AZV). Strukturverände-       lungsanlage gewinnt die RAB
                        cherung der Anlagensubstanz,        rungen im Klärwerk sowie die        Halle GmbH auf der Deponie
                        der Finanzierungsfähigkeit und      technische und personelle Zu-       Halle-Lochau hochwertige Roh-
                        Liquidität der HWS, eine ange-      sammenlegung der Leitwarten         stoffe aus Industrie- und Haus-
                        messene Preisgestaltung in allen    Wasser und Abwasser führten         haltsabfällen. 2015 waren es 1.726
                        Angebotssegmenten und einen         u. a. zu einem effizienteren Mit-   Tonnen Sekundärrohstoffe, da-
                        stabilen Beitrag zum Ergebnis       teleinsatz, weniger Schichtar-      von allein 1.107 Tonnen Eisen-
                        der Stadtwerke-Gruppe“, sagt        beit sowie wachsendem Eigen-        metalle. Das entspricht 64 LKW-
                        HWS-Geschäftsführer Jörg            anteil bei Reparatur- und In-       Ladungen.
                        Schulze. Ende 2015 waren ins-       standhaltungsleistungen. Eine
                        gesamt etwa 70 Maßnahmen            steigende Effizienz im Con­          +++ Effizienter Wechsel
                        aktiv bearbeitet, die meisten bei   tainerdienst und eine wachsende     Schneller, als der Gesetzgeber
                        der Betriebsoptimierung sowie       Anzahl von Innovationen mit         es verlangt, entfernte die SHS
                        den Themen Geschäftsentwick-        Partnern runden die Habenseite      Energiedienste GmbH alle um-
                        lung und Wachstum. In diesen        2015 ab. So wird es gelingen, der   weltschädigenden Quecksilber-
                        Bereichen konzentrieren sich        Langfristigkeit der Investitionen   dampf-Hochdrucklampen aus
                        folglich auch wichtige Meilen-      und des Anlagevermögens mit-        Halles Straßenbeleuchtung. Ins-
                        steine im Geschäftsjahr 2015.       tels passender Finanzierung         gesamt spart die Stadt dank
                        Bei dem neuen Projekt „lebens-      auch in Zukunft Rechnung zu         solcher Energieeffizienzmaßnah­-
                        dauerverlängernde Instandhal-       tragen.                             men pro Jahr 1.133 Tonnen CO2
                        tungen im Kanalnetz“ gelang es                                          ein.
Mobilität in der Stadt 19

Rendezvous am
Steintorplatz
Halles neue Mitte nimmt Gestalt an

Für Fachleute ist der Umbau des Steintorplatzes in Halle eines der spannendsten Verkehrsbauprojekte
in Sachsen-Anhalt. Und das nicht nur wegen oder dank seiner baulichen Dimension, sondern weil er vie-
le Facetten aktueller städtebaulicher Fragestellungen aufwirft: das Miteinander unterschiedlicher Nut-
zungsarten ebenso wie das von öffentlichem und Individualverkehr oder der Entwicklung von örtlichem
Handel und Gewerbe in Zeiten wachsenden Internetshoppings.

„Das Programm STADTBAHN Halle bietet die
einmalige Möglichkeit, die Infrastruktur der
HAVAG nachhaltig weiterzuentwickeln. Die
HAVAG wird damit den Anforderungen an den
ÖPNV der nächsten Jahre gerecht. Parallel kön-     Steintorcampus. Einiges ist bereits zu sehen: Hin-
nen wir in diesem Kontext die Versorgungsinfra-    ter dem ältesten Varieté Deutschlands erstreckt
strukturen ertüchtigen“, sagt Prof. Dr. Matthias   sich heute der neue Campus des Geistes- und So-
Krause, Geschäftsführer der Stadtwerke Halle       zialwissenschaftlichen Zentrums der Martin-
GmbH. „Dass sich die Diskussion in diese Rich-     Luther-Universität. Dieser und der neue Platz
tung entwickelt, ist ganz in unserem Sinne“, meint werden ab Sommer 2016 über eine attraktive Pas-
Vinzenz Schwarz, Vorstand der Halleschen Ver-      sage miteinander verbunden sein. Wer das ge-
kehrs-AG (HAVAG), „denn das gesamte STADT-         samte Areal im Blick hat, erkennt schnell: „Halles
BAHN-Programm zielt ja auf mehr Qualität im        neue Mitte“, wie der Platz schon genannt wird,
öffentlichen Verkehr.“                             nimmt Gestalt an, lässt immer mehr Konturen
                                                                    erkennen und weckt Erwartun-
                                                                    gen. Rudenz Schramm vom
Der fortschreitende Umbau am Steintor war 2015 eines der wich- Steintor-Varieté etwa freut sich
tigsten Vorhaben im Programm STADTBAHN Halle, das dank der mit seinem Team auf einen mo-
ÖPNV-Förderung durch das Bundesministerium für Verkehr und dernen, barrierefreien Platz, der
digitale Infrastruktur (BMVI) und das Ministerium für Landesent- Besucher auf einer großzügigen
wicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt (MLV) überhaupt Freifläche mit vielen attraktiven
ermöglicht wird.                                                    Angeboten zum Verweilen ein-
                                                                    lädt. Dabei sieht er sich auch
Die Gesamtkosten des Steintorumbaus betragen selbst in der Pflicht. Gemeinsam mit anderen
21 Millionen Euro. Hiervon werden etwa zwei Anrainern. Für Andrea Holz, Geschäftsführerin
Millionen Euro durch die Stadt Halle für die Ge- des am Platz ansässigen Behinderten- und Reha-
staltung der Grünbereiche und Platzflächen an- bilitationssportverbandes Sachsen-Anhalt e. V. ist
teilig über die Städtebauförderung investiert.     wichtig, dass der Platz barrierefrei wird. Hans-
Zeitgleich entsteht neben dem Steintor-Varieté Joachim Berkes, der Sprecher des Fahrgastbeira-
ein Wohn- und Geschäftshaus mit Passage zum tes der HAVAG begrüßt vor allem, dass die einst
20 Mobilität in der Stadt

              Von meinen Stadtwerken wünsche ich mir,

             dass der Öffentliche Nah-
             verkehr gut funktioniert
             und dass sie Mobilität in
             der Stadt neu denken!
              Rudenz Schramm, Geschäftsführer des Steintor-Varietés
Mobilität in der Stadt 21
22 Mobilität in der Stadt

                                                                                    stehen sichere Überquerungsmöglichkeiten. In
                                                                                    der oberen Ludwig-Wucherer-Straße wird darü-
                                  gefährliche Kreuzung, vor allem vor dem Hinter-   ber hinaus eine neue Fußgängerzone eingerich-
                                  grund wachsenden Verkehrs, entschärft wird.       tet und begrünt. Große Fußgängeraufenthalts-
                                  „Nicht mehr sichtbar, wurden 2015 zunächst die    flächen im Bereich der Läden und des Steintor-
                                  unterirdischen Versorgungstrassen über das ge-    Varietés in der Großen Steinstraße laden zum
                                  samte Baufeld auf einen modernen Stand ge-        Verweilen ein. Hinzu kommen separate Radwege.
                                  bracht und auch alle Hausan-
                                  schlüsse im nötigen Umfang
                                  erneuert. Für Ampeln, Straßen- Am Ende werden drei Gleisdreiecke mit 14 Weichen entstanden,
                                  beleuchtung, Bahnstrom und 4.550 Meter Schienen und 18.000 Meter Versorgungsleitungen neu
                                  Telekommunikation wurden verlegt sein. Außerdem 13.000 Kubikmeter Asphaltbefestigungen,
                                  zusätzliche Kabeltrassen ver- 15.000 Quadratmeter gestaltete Freifläche und 169 Neupflanzungen
                                  legt“, rekapituliert Matthias in Grünbereichen.
                                  Krause. Daneben standen zwei
                                  weitere Schwerpunkte im Mittelpunkt des Bauge- Uwe Stäglin, Beigeordneter der Stadt Halle für
                                  schehens 2015: der Knoten Ludwig-Wuche- Stadtentwicklung und Umwelt, sprach dem Land
                                  rer-Straße und der Knoten im Platzbereich des Dank aus, als er Ende letzten Jahres Dr. Klaus
                                  Steintors. Wichtige Ziele sind die klare Gestal- Klang, Staatssekretär im Ministerium für Lan-
                                  tung der neuen Verkehrsanlagen für eine kon- desentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-
                                  fliktfreie Lenkung des Straßenbahn- und Auto- Anhalt über die Baustelle führte. Nur mit der
                                  verkehrs sowie die sichere Führung der Fußgän- ÖPNV-Förderung durch das Bundesministerium
                                  ger und Radfahrer.                               für Verkehr und digitale Infrastruktur und das
                                                                                   Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr
                                                                                   des Landes Sachsen-Anhalt werden diese Vorha-
                 Von Woche zu Woche lässt sich inzwischen mehr erahnen, wie sich ben möglich. Für Halle eine Chance, den Spagat zu
                 die eingangs erwähnte neue städtebauliche Qualität für die unter- schaffen zwischen einer geordneten und sicheren
                 schiedlichen Nutzer darstellen wird, wenn der wesentliche Umbau Verkehrsführung sowie der städtebaulichen Auf-
                 2016 abgeschlossen ist.                                           wertung der Platzgestaltung bei gleichzeitiger
                                                                                   neuer Aufenthaltsqualität. Und das bei einer Fre-
                                  Straßenbahnen und Busse erhalten eine Bevor- quenz von 700 Straßenbahn- und 33.000 Autoque-
                                  rechtigung an Ampeln, um eine zügige Fahrt zu rungen täglich. Vor dem Umbau.
                                  gewährleisten. Die Haltestellen werden behinder- Für Rudenz Schramm ein guter Anlass, das
                                  tengerecht ausgebaut und mit Fahrgastinformati- Thema Mobilität in der Stadt neu zu denken. Die
                                  onssystemen ausgestattet. Der Kfz-Verkehr wird Stadtwerke sieht er dabei als wichtigen Partner. Er
                                  neu organisiert: Der Platz vor dem Steintor-Va- ist froh über die gute ÖPNV-Anbindung, sieht
                                  rieté und die obere Ludwig-Wucherer-Straße sind aber auch Chancen, Elektromobilität in Halles
                                  zukünftig verkehrsberuhigt. Lichtsignalanlagen neuer Mitte zu verankern. Seine Vision: privile-
                                  an allen Knotenpunkten erhöhen die Sicherheit giertes Parken für Elektroautos mit Lademög-
                                  und gewährleisten einen schnellen Durchfluss des lichkeit, dazu eine Leihfahrradstation mit stadt-
                                  Kfz-Verkehrs. Für Radfahrer und Fußgänger ent- weitem Netz.
Mobilität in der Stadt 23

Ticketkauf
ohne Hürden
                                                                                   Hallesche Verkehrs-AG:

                                                                                    Mehr Fahrgäste hinzu
René Brandenburg erinnert sich      sehr aufgeräumt, sehr intuitiv.
                                                                                    gewonnen
noch gut an den Sommer 2013.        Anregungen der Tester nahm                     Nach Jahren des Rückgangs an Fahrgästen
Gemeinsam mit Kollegen aus          die HAVAG-Projektgruppe auf,                   ist es der HAVAG gelungen, eine Trendwende
dem Kunden- und Vertriebsser-       um sie soweit wie möglich um-                  zu vollziehen. Um dabei die Qualität des An-
vice definierte der gelernte In-    zusetzen.                                      gebots sowie dessen Wirtschaftlichkeit zu
dustriekaufmann und heutige         Nach dieser Vorbereitungs- und                 sichern, hat das Unternehmen 2015 seine
Fachbetreuer für IT und Bereichs­   Testphase rüstet die HAVAG,                    Strategie weiterentwickelt. Sie setzt Schwer-
prozesse bei der HAVAG sieben       beginnend ab Sommer 2016,                      punkte bei der Erlössteigerung mittels Tarif
Prämissen für das neu zu erar-      alle mobilen Fahrscheinauto-                   und Vertrieb, Angebotsplanung sowie In-
beitende Vertriebskonzept des       maten um und erleichtert so                    standhaltung und Barrierefreiheit. Abgerun-
Unternehmens.                       zukünftig den Zugang zum Ti-                   det von ersten Ansätzen für inter- und multi-
Ganz obenan stand dabei der         cketkauf in allen Straßenbah-                  modulare Angebote soll der ÖPNV in Halle
Anspruch: An jeder Haltestelle      nen und Bussen. Die neuen                      mit all dem attraktiv bleiben. Rund um die Uhr
können Kunden zukünftig             Automaten punkten mit einer                    für Halle da – dafür sage ich den engagierten
einen Fahrschein erwerben.          vereinfachten Bedieneroberflä-                 Mitarbeitern danke.
Aus dem Anspruch wurde nur          che und akzeptieren – im Ge-
ein Jahr später ein Investitions-   gensatz zu den Vorgängerauto-                  Egbert Geier, Aufsichtsratsvorsitzender
programm von vier Millionen         maten – auch Bargeld, Bankno-                  der Halleschen Verkehrs-AG (HAVAG)
Euro für mobile und statio-         ten sowie EC- und Kreditkar-
näre Fahrscheinautomaten. In        ten. Parallel zu den verbesserten
Andreas Kleint, Abteilungslei-      mobilen Angeboten werden
ter Kommunikationssysteme,          auch stationäre Automaten an
fand er den richtigen Spar-         den Haltestellen nach und nach
ringspartner. Die Ergebnisse        technisch erneuert.                  +++ Busflotte erneuert
des folgenden Entwicklungs-         Für René Brandenburg liegen         Mit weiteren sechs Bussen des
prozesses können sich sehen         die Vorteile der neuen Lösung       Typs Citaro 2 fahren nun schon
lassen.                             auf der Hand: Die Zugangshür-       zwölf dieser hochmodernen
Einfacher, logischer, kunden-       den zum Fahrscheinerwerb            Busse durch Halle. Allesamt
freundlicher – dieses Verspre-      werden durch marktübliche           tragen übrigens Namen von
chen testeten fast 100 Hallen-      Bezahlsysteme und dank einfa-       Persönlichkeiten, die hier ge-
serinnen und Hallenser im           cher Bedienstruktur der Auto-       lebt, gewirkt oder Außerordent-
Vorfeld. Im Juli 2015 verwan-       maten gesenkt, mobile wie           liches für Halle geleistet haben.
delte sich der Platz vor dem        stationäre Geräte sind gleich
HAVAG-SERVICE-CENTER                aufgebaut und die Tarifauswahl      +++ Angebote erweitert
auf dem Markt deshalb in ein        wird dank zusätzlicher Verbin-      Die Bedürfnisse von Zielgruppen
Freiluft-Testlabor. Für die neue    dungsauskunft einfacher. Au-        im Blick hat die HAVAG bei der
Benutzerführung der Automa-         ßerdem sichert die Anbindung        Entwicklung neuer Ticket-Ange-
ten wurden Testszenarien vor-       an das Tarifsystem des MDV          bote. So gibt es nun neben Schü-
gegeben, die jeder Nutzer mei-      etwa beim eTicketing den            ler- und Schnuppertickets auch
stern sollte. Der Grundtenor        Wiedererkennungswert und            unterschiedliche Abo-Varianten
der Tester stand fest: Sehr gut,    damit Lerneffekt beim Kunden.       sowie ein Jobticket.
24 Mobilität in der Stadt

                                                                        Halle fährt grün

                            10
                                                                        An den inzwischen 13 Elektroladesäulen in der
                                                                        Stadt und den zwei Elektroladesäulen in Stolberg
                                                                        an den Hotels Freiberg und Schindelbruch kön-
                                                                        nen pro Säule zwei Autos mit einer Ladeleistung
                            Elektroautos                                von je 22 Kilowatt angeschlossen werden. Zudem
                                                                        beschafften die Stadtwerke zehn Elektroautos.
                                                                        Sieben davon sind an die Stadt Halle vermietet.

            15
            Elektroladesäulen
                                                                                                     22
                                                                                                    Kilowatt
                                                                                                    Leistung

      2006                        2009               2012                       2014            2015             2016
      Mitarbeiter der EVH         EVH schafft 50     EVH bietet Hallensern      SWH starten     SWH überge-      SWH weihen
      nutzen 2 Elektrofahr-       Elektrofahrräder   geführte Pedelec-Touren    das Projekt     ben 7 E-Autos    16 Ladesäulen
      räder für dienstliche       an                 zu Stadtwerke-Standorten   Grüne Mobili-   an die Stadt     in und um
      Zwecke                                                                    tätskette       Halle            Halle ein

     Elektromobilität in Halle (Saale)
Energiewende 25

Energiewende
entscheidet sich                                                                 EVH GmbH:

vor Ort                                                                          Aktivitäten für Erfolg in der
                                                                                 Energiewende gebündelt
Halle setzt auf Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung                                  Der Rahmen für Energieversorgungsunter-
                                                                                 nehmen hat sich sowohl bei Netzregulierung
                                                                                 wie auch Vertriebs- und Großhandelsmärkten
Mehr aus Energie machen will die Bundesregierung mit dem Nati-                   fundamental verändert. Um dabei Risiken und
onalen Aktionsplan Energieeffizienz. Das Senken des Energiever-                  Chancen besser bewerten zu können und mög-
brauchs gehört ebenso dazu wie verbesserte Energieeffizienz und                  lichst optimale Zeitpunkte für Energiebeschaf-
der stete Ausbau der erneuerbaren Energien. So will Deutschland                  fung und Vermarktung zu bestimmen, hat die
den Primärenergieverbrauch bis 2020 gegenüber 2008 halbieren.                    EVH ihre damit verbundenen Aktivitäten 2015
                                                                                 in einem strategischen Geschäftsfeld gebün-
Soll das gelingen, braucht vor zu verbinden, dass Energie für                    delt. Gemeinsam mit anderen Maßnahmen ein
allem das Thema Wärme einen den Verbraucher bezahlbar                            wichtiger Meilenstein, die Energiewende vor
größeren Stellenwert im Kon- bleibt.“ Olaf Schneider sieht in                    Ort ökonomisch und ökologisch zu meistern.
zept der Energiewende. Um- der Verbindung von beidem die                         Den Mitarbeitern spreche ich dafür meinen
fassen doch Wärmekosten in wichtigste Herausforderung der                        Dank aus.
vielen deutschen Haushalten nächsten Jahre. Der Geschäfts-
mehr als die Hälfte des Ener- führer der EVH GmbH wirbt                       Egbert Geier,
                                                                              Aufsichtsratsvorsitzender der EVH GmbH
giebudgets. Praktisch heißt das, deshalb für den Ausbau der
den Fokus stärker als bisher auf Fernwärme in der Saalestadt.
die Wärmeerzeugung in den Dafür hat er gute Gründe, wie
Regionen zu richten. Das hat ein Blick auf die Marktentwick- worden. Bei Neubau und bei
auch Bundeswirtschaftsminis- lung zeigt.                           größeren Sanierungen, beginnt
ter Sigmar Gabriel getan. Für Die großen Um- bzw. Rückbau- gerade eine zweite Welle der
ihn sind Stadtwerke „Vorreiter maßnahmen in den halleschen „Nach-Wende-Modernisierun-
und Grundpfeiler der Energie- Wohngebieten sind überwie- gen“. Aufgrund der gesetzlichen
wende“. Und das nicht nur in gend abgeschlossen.                   Auflagen gewinnt die Fern-
Sachen Energieeffizienz, son-
dern auch bei der Integration In einem großen Teil des Bestandes, insbesondere der großen Woh-
von erneuerbaren Energien in nungsunternehmen, sind die Modernisierungsmaßnahmen mit Ein-
die Stromversorgung.             fluss auf den Wärmebedarf umgesetzt. Weitere Senkungen des
Die Erwartungen des Netz- Wärmeenergiebedarfs werden zukünftig vorrangig über den Einsatz
werkes „Stadtentwicklung“, in „intelligenter“ Regelsysteme erfolgen.
dem in Halle sechs große
Wohnungsunternehmen ver- Es wird daher im Bestand mit wärme dank des sehr niedri-
treten sind, gehen in eine ähn- einem Rückgang zwischen fünf gen Primärenergiefaktors hier
liche Richtung. Moderator Dr. und zehn Prozent in den nächs- und ist derzeit bei Bauherren
Michael Schädlich formuliert ten zehn Jahren gerechnet, ein wieder mehr gefragt. Aus all
es so: „Von den Stadtwerken stabil positives politisches sowie dem kommt Olaf Scheider zu
wünscht sich die Wohnungs- regulatorisches Umfeld für die dem Schluss: Mit den genannten
wirtschaft in der Energiewen- Fernwärme vorausgesetzt.             Rahmenbedingungen für den
de vor allem, dass sie Ideenge- Hinzu kommt, gegen den Trend Wärmemarkt sowie in Verbin-
ber für lokale Innovationen im des vergangenen Jahrzehnts ist dung mit den seit 2014 verstärk-
Quartier sind und es gelingt, der Wohnungsneubau wieder zu ten Verdichtungsbemühungen
Ökologie und Ökonomie so einer signifikanten Größe ge- für Fernwärmeanschlüsse ist
26 Energiewende

          Von den Stadtwerken wünscht sich die
          Wohnungswirtschaft in der Energiewende
          vor allem,

         dass sie Ideengeber für
         lokale Innovationen im
         Quartier sind und es ge-
         lingt, Ökologie und Ökono-
         mie so zu verbinden, dass
         Energie für den Verbrau-
         cher bezahlbar bleibt.
         Dr. Michael Schädlich,
         Moderator des Netzwerkes „Stadtentwicklung“
Energiewende 27
28 Energiewende

                                   davon auszugehen, dass in der Stadt der derzei-         die Chance, gemeinsam etwas für den Klima-
                                   tige Absatz von etwa 600 Gigawattstunden kon-           und Ressourcenschutz in der Stadt zu tun.“ Halle
                                   stant gehalten wird. Dieses Ziel korrespondiert eng     setzt dabei auf einen Trend, den das Hamburger
                                   mit dem Energie- und Klimapolitischen Leitbild          Institut Research (HIR) so beschreibt: „Für einen
                                   Halles, das der Stadtrat Ende 2015 beschlossen und      Ausbau (der Fernwärme/ d.A.) muss eine neue
                                   das die Weichen für eine erfolgreiche Energiewen-       Kultur der Transparenz, der aktiven Beteiligung
                                   de vor Ort gestellt hat. Und das mit dem Anspruch       und des Verbraucherschutzes gelebt werden.“
                                   einer Politik, die Gebäudeeffizienz, Anlagentech-       Weil dafür neben der Detaillösung im Quartier
                                   nik und soziale Aspekte miteinander verbindet.          eine Gesamtbetrachtung des Versorgungsnetzes
                                   Der Kraft-Wärme-Kopplung kommt dabei auch               maßgeblich ist, sind Stadtwerke, EVH und die
                                   zukünftig eine Schlüsselfunktion zu.                    Gesellschafterin Stadt diesem Ansatz immer ge-
                                   Das sieht auch Daniel Zwick so. Für den Leiter          folgt. Allen Beteiligten war dabei klar, dass die-
                                   des Dienstleistungszentrums Klimaschutz in              ses Herangehen angesichts der vielen Umbrüche
                                   Halles Stadtverwaltung dient das vom Stadtrat           innerhalb der Energiewende Verlässlichkeit und
                                   2015 verabschiedete Energie- und Klimapoliti-           einen breiten gesellschaftlichen Konsens braucht.
                                   sche Leitbild Halles als Impuls für die Stadtent-       Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, wie sich
                                   wicklung und Fahrplan für die Energiewende vor          möglichst viel Wärme sicher im System halten
                                   Ort. Orientiert an den deutschen Klimazielen            lässt, um u. a. attraktive Preise für diese Versor-
                                   will die Stadt ihre CO2-Emissionen gegenüber            gungsform zu sichern.
                                   1990 deutlich reduzieren.                               Olaf Scheider ist überzeugt, dass dafür 2015
                                                                                           wichtige Eckpunkte fixiert werden konnten und
                                                                                           sich ein konsequenter Schulterschluss für alle
                  Kraft-Wärme-Kopplung und der Anteil erneuerbarer Energien werden         Beteiligten, wie gerade von der Wohnungswirt-
                  erhöht. Kern ist der zukunftsweisende Ausbau des Fernwärme-Sys-          schaft angeregt, auszahlt. Das Unternehmen
                  tems mit seinen hocheffizienten Erzeugungsanlagen. Diese Entwick-        setzt folglich darauf, die wichtigsten Fernwär-
                  lung will die Stadt sozial, ökonomisch und ökologisch verträglich vor-   me-Haupttrassen abschnittsweise weiter zu er-
                  antreiben, ergänzt von einem ganzen Bündel weiterer Maßnahmen            tüchtigen, wie das 2015 mit dem Start des Er-
                  von Energieeffizienz bis hin zu klimafreundlicher Mobilität.             satzes der Trasse 11 gelungen ist. Hinzu kamen
                                                                                           beispielsweise Netzverdichtungen in der Innen-
                                   Für Daniel Zwick mehr als eine Absichtserklä-           stadt, der Vogelweide oder dem Weinberg Cam-
                                   rung, „denn im Zuge unserer Leitbilddiskussi-           pus.
                                   on ist es gelungen, städtische
                                   Ziele mit den Überlegungen
                                   der wichtigsten beteiligten Ferner wird das vorhandene Leitungsnetz modernisiert, neue städ-
                                   Partner so zu verzahnen, dass tische Areale mit Fernwärme erschlossen und das Heizkraftwerk
                                   daraus eine gemeinsame Stra- Dieselstraße bis Ende 2021 modernisiert. Auf dem Kraftwerksgelän-
                                   tegie entstanden ist. Von unten de soll außerdem ein Energiespeicher entstehen, der die Fahrweise
                                   gewachsen.“                         optimiert und erneuerbare Energie aufnimmt.
                                   „Die Wohnungswirtschaft sieht
                                   sich als Teil dieses Gesamtprozesses“, sagt Dr. Wo keine Fernwärme angeboten werden kann,
                                   Michael Schädlich, „weil sich auch dank verschie- sollen Blockheizkraftwerke und Brennwert-Heiz-
                                   dener Vergleiche und intensiver Kommunikation kessel für effiziente und kostengünstige Wärme
                                   beispielsweise herausgestellt hat, dass gerade die sorgen. Fortgesetzt werden außerdem Investitio-
                                   Fernwärme im Vergleich nicht nur ressourcen- nen in Wind- und Photovoltaik-Projekte und den
                                   schonend, sondern auch kostengünstig ist. Au- Ausbau der Stromnetze, um sie für die Energie-
                                   ßerdem bietet ihr langfristiger Erhalt und Ausbau wende fit zu halten.
Energiewende 29

Netzsicherheit
rund um die Uhr

Denis Vattes lässt die aktuellen     konsequenter mit der Netzaus-      sieht Heike Göpfert im erfolg-
Zahlen in die Übersicht einflie-     bauplanung verbinden. Investi-     reich eingeführten Block-Trun-
ßen. Er ist bei der Energieversor-   tions- und Instandhaltungs-        cation-Coding (BTC)-Leit-
gung Halle Netz GmbH ver-            maßnahmen lassen sich damit        system innerhalb der IT-Archi-
antwortlich für die Abwicklung       noch punktgenauer steuern.“        tektur, das einen schnelleren
der Anmeldung von Energieer-         Hinzu kommt das handwerkli-        Zugriff auf Informationen er-
zeugungsanlagen, deren Leis-         che Geschick der Netzfachleute     möglicht, und in ersten Maß-
tung in das allgemeine Netz          bei der laufenden Überwachung      nahmen zur Fernwärme-Netz-
eingespeist wird.                    wesentlicher Netzparameter in      verdichtung.
2015 kamen zu den bestehenden        Netzleitsystemen mit „intelli-
637 weitere 50 hinzu. Halles         genter“ Messtechnik sowie die
Stromnetz erhielt damit Ende         stete Optimierung der Daten-
des Geschäftsjahres aus 687          systeme und -schnittstellen. So
„Quellen“ Energie mit einer          lässt sich die Netzfahrweise
Kapazität von 24.376 Kilowatt.       auch bei schwankenden Wetter-
Was der Verbraucher nicht be-        bedingungen kurzfristig an-
merkt, egal wie stark der Wind       passen. Ein weiteres Erfolgskri-   +++ Modernes BHKW
bläst oder die Sonne scheint,        terium sieht Heike Göpfert in      „Möbel Biller“ im bayrischen
eine steigende Anzahl von Ein-       gut funktionierenden Arbeits-      Weixerau entschied sich für eine
speisepunkten stellt wachsende       gremien zur Stadtentwicklung.      effiziente Energiegewinnung
Anforderungen an die Netzsta-        „Hier kommt Wesentliches zur       made by EVH. Dank des mo-
bilität. Deutschlandweit über-       Anpassung oder zum Ausbau          dernen Blockheizkraftwerkes
stiegen die Kosten aller Maß-        der technischen Infrastruktur      erhält das Möbelhaus nun um-
nahmen zur Stromnetzstabili-         in der Stadt auf den Tisch. Je     weltfreundlich Strom und Wär-
sierung 2015 allein bei den          frühzeitiger, umso besser kön-     me. Jährliches Einsparpotenzi-
großen Übertragungsnetzbe-           nen wir mit Lösungsvorschlä-       al: 110.000 Euro Energiekosten
treibern erstmals die Milliar-       gen darauf reagieren, die mög-     und 600.000 Kilogramm CO2.
dengrenze. Dass sich die             lichst langfristig tragen.“
Netzstabilität in Halle trotz        Diese Herangehensweise hat         +++ Jubiläum im Kraft-
wachsender Einspeisung stetig        sich 2015 einmal mehr bewährt.     werk
verbessert, ist für Geschäftsfüh-    Vor allem bei der Umsetzung        Das Kraftwerk Dieselstraße
rerin Heike Göpfert das Ergeb-       von Verkehrsprojekten wie dem      nutzt bis zu 90 Prozent der im
nis einer immer engeren Ver-         Programm STADTBAHN Halle           Brennstoff Erdgas erhaltenen
knüpfung verschiedener Instru-       der SWH oder dem Ausbau des        Energie sinnvoll. Den 10. Ge-
mente. „Das beginnt damit,           „Netzknotens Halle“ der Deut-      burtstag des Kraftwerkes feier-
dass wir Netzzustands- und           schen Bahn AG (DB). Weitere        ten die Hallenser bei einem Tag
Schwachstellenanalyse immer          Meilensteine des Jahres 2015       der offenen Tür.
30 Energiewende

                  Wärme aus Halle
                                                                                80%      des Eigen-
                                                                                strombedarfs durch
                                                                                BHKWs produziert
                  In drei Jugendherbergen in Berlin, Wernigerode
                  und Halle genießen die Gäste umweltfreundli-
                  che Wärme mit Lösungen aus Halle. In Berlin
                  und Wernigerode erzeugen neue Blockheizkraft-
                  werke etwa 80 Prozent des bisher aus dem Netz
                  bezogenen Stroms selbst. In der Jugendherberge
                  Halle-Steintorschule sorgt Fernwärme für woh-
                  lige Wärme und warmes Duschwasser rund um
                  die Uhr.

                                                                                 24
                           2     BHKWs                                           Stunden Wärme

                                                                                              Fernwärme

     300.000 v. Chr.                  8. Jahrhundert                  15. Jahrhundert             18. Jahrhundert
     Zum Heizen wird ein              Der Kamin löst offene Feuer­    Eisen- und Kachelöfen       Als vorrangiger Energieträger
     Holzfeuer gemacht.               stellen ab. Damit lassen sich   etablieren sich.            löst Kohle Holz ab.
                                      nun Etagen beheizen.

    Heizen im Laufe der Zeit
Energiewende 31

1916                             1920                                2005
Das erstes Fernwärmenetz in      Mit ersten Pumpenwarmwasserhei-     Fernwärme in Halle erzielt
Halle versorgt über ein Dampf-   zungen setzen sich Öl und Gas als   dank Kraft-Wärme-Kopplung
netz städtische Einrichtungen    Heizenergieträger durch.            einen sehr hohen Wirkungs­
und Kaufhäuser.                                                      grad von bis zu 89%.
32 Verbraucherschutz

                       Mit Teamwork zu
                       mehr Sicherheit
                       Stadtwerke setzen komplexes Regelwerk um

                       Sicherheit in der Informationstechnologie (IT) wird
                       häufig auf den Schutz persönlicher Daten redu-
                       ziert. Dabei hat das Thema längst eine größere        Halle GmbH (ITC). Ein anderer Teil hat die Siche-
                       Dimension erreicht. Gerade wichtige Infrastruk-       rung kritischer Geschäftsprozesse im Blick, die
                       turdienstleister stehen angesichts wachsender         zunehmend enger mit funktionierender IT ver-
                       Cyber-Kriminalität vor der Herausforderung, ihre      bunden sind. Dass eine wachsende Sensibilität bei
                       Sicherheitsstrategien zu überprüfen und weiter        der Informationssicherheit dringend geboten ist,
                       zu entwickeln. Die Stadtwerke Halle haben dafür       zeigt schon ein einziger Fakt, der viele über-
                       2015 wichtige Meilensteine gesetzt.                   rascht. Allein 95 Prozent aller bei den Stadtwer-
                                                                             ken Halle eingehenden E-Mails sind sogenannte
                                                                             Spam-Mails. Daneben verzeichnet das Bundes-
                       Datenschutz und Informationssicherheit beglei-        amt für Sicherheit in der Informationstechnik
                       ten Verbraucher zumindest medial fast täglich.        (BSI) deutschlandweit eine wachsende Anzahl
                       Und so verwundert es nicht, dass vier von fünf        von Cyber-Angriffen und fordert vor allem Be-
                       deutschen Internetnutzern der Privatsphäre ei-        treiber von sogenannter kritischer Infrastruktur
                       nen hohen Stellenwert beimessen, der Großteil         auf, sich angesichts der Bedeutung ihrer Versor-
                       von ihnen aber befürchtet, dass zu viele persönli-    gungsdienstleistungen mit dem damit verbunde-
                       che Daten in sozialen Netzwerken abgelegt sind.       nen Gefährdungspotenzial stärker als bisher
                       „Der daraus resultierenden Anforderung, Kun-          auseinander zu setzen und Vorsorge zu treffen.
                       dendaten auf technisch hohem Niveau zu sichern,       Die Prognose des Amtes:
                       sind wir uns bei den Stadtwer-
                       ken Halle nicht nur bewusst,
                       wir haben einen wichtigen Teil Cyber-Angriffe werden auch in Zukunft eine Bedrohung sein, auf die
                       unserer IT-Strategie genau auf sich Wirtschaft, Staat und Gesellschaft einstellen müssen. Neben der
                       diesen Aspekt ausgerichtet“, Prävention sollte zum Risikomanagement einer Organisation auch
                       sagt Jörg Siebenhüner, Ge- gehören, sich darauf vorzubereiten, dass ein IT-Sicherheitsvorfall
                       schäftsführer der IT-Consult eintritt oder ein Cyber-Angriff erfolgreich ist.
Sie können auch lesen