Arbeit 4.0 DOSSIER - ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte ...
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№ 46 | SEPTEMBER 2019 Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften IM W u nt EB imp act. er zha w. c h DOSSIER Arbeit 4.0 ZHAW-ALUMNI NACHHALTIGKEIT Big Data für Restaurants: Jungunternehmer Ein Thema, drei Perspektiven: Runder Tisch Simon Michel und Roman Lickel und ihr mit dem Rektor, einem Studenten und erfolgreiches Startup Prognolite einer Mitarbeiterin der ZHAW
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IMPRESSUM EDITORIAL HERAUSGEBER: ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Winterthur, und ALUMNI ZHAW KONTAKT: ZHAW-Impact, Redaktion, Postfach, 8401 Winterthur; zhaw-impact@zhaw.ch Mein Kollege, der Roboter AUFLAGE: 27’000 Exemplare ZHAW-Impact erscheint viermal jährlich. Wenn ich vor dem Computer NÄCHSTE AUSGABE: 4. Dezember 2019 ADRESSÄNDERUNGEN: info@zhaw.ch sitze, um das Editorial zu WEITERE EXEMPLARE: zhaw-impact@zhaw.ch schreiben, dann wünsche REDAKTIONSLEITUNG: Patricia Faller (Chefredaktorin) ich mir so manches Mal ein Andrea Hopmann (Leiterin CC) smartes Helferlein, das hierfür Nora Regli (Leiterin Product und Beauftragte ALUMNI ZHAW) Ideen kreiert und beim Formu REDAKTIONSKOMMISSION: lieren hilft. Was für die einen Christa Stocker (Angewandte Linguistik); ein Horrorszenario ist, ist für Joy Bolli (Angewandte Psychologie); Hubert Mäder (Architektur, Gestaltung und die anderen eine willkommene Bauingenieurw esen); Ursina Hulmann (Gesundheit); Cornelia Sidler (Life Sciences Unterstützung: Roboter im und Facility Management); Matthias Kleefoot Alltag der Arbeitswelt 4.0. Was (School of Engineering); Manuela Eberhard (School of Management and Law); Nicole Koch wir ihnen einmal beigebracht (Soziale Arbeit) haben, können sie nahezu perfekt, häufig besser als wir. Doch PRODUKTION NEWS: können sie auch mehr als das, und können sie auch kreativ Mitarbeit Manuela Eberhard, Julia Obst Sibylle Veigl sein? Für diese Ausgabe des Hochschulmagazins haben wir REDAKTIONELLE MITARBEIT: verschiedene Szenarien der Interaktion zwischen Mensch und Corinne Amacher, Andreas Engel, Abraham Gillis, Matthias Kleefoot, Rahel Lüönd, Rahel Maschine zusammengestellt und Aspekte beleuchtet, die es Meister, Thomas Müller, Kathrin Reimann, zu bedenken gilt (S. 28 ff.). In der Industrie können Roboter Eveline Rutz, Andrea Söldi, Ursula Schöni, Sibylle Veigl, Susanne Wenger etwa dabei unterstützen, schwere Lasten zu tragen (S. 46). FOTOS: Auch im Gesundheitsbereich können sie helfen, den Fach Conradin Frei, Zürich, alle ausser S. 11, 17–19, 20 l., 27, 31, 44, 54, 56–59, 60 u., 61–66; kräftemangel zu entschärfen (S. 50). Dort werden Assistenz SATW S. 11; Hannes Heinzer S. 31; Jens Kilian, roboter getestet, die sprechen und Getränke servieren kön Fraunhofer IPA S. 51; Colourbox S. 54; zVg S. 17, 18, 56–59, 60u.–66 nen. Und machmal wollen sie auch nur spielen. Wenn man GRAFIK/LAYOUT: Datenschutz und ethische Fragen regelt und festlegt, wie die Till Martin, Zürich; Patrick Oberholzer, Arbeitsteilung aussieht, dann haben Experten wenig Beden Winterthur; Stämpf li AG, Zürich/Bern ken, wenn uns Roboter unter die Arme greifen. Häufig ist es INSERATE: Fachmedien Zürichsee Werbe AG, aber auch umgekehrt. Dann, wenn Aufgaben zu komplex sind Laubisrütistrasse 44, 8712 Stäfa, Impact@fachmedien.ch, Tel. 079 338 89 18 oder einfach mal der Akku leer ist. Dann geht nichts mehr. Das VORSTUFE/DRUCK: ist dann fast schon wieder irgendwie menschlich. So musste Stämpf li AG, Zürich/Bern ich auch diesen Text selbst schreiben, in der Hoffnung, dass er Sie zum Lesen inspiriert. Vielleicht hilft da auch ein Hinweis auf unseren Kurzkrimi (S. 42), den der ZHAW-Absolvent und Autor Stephan Pörtner für uns geschrieben hat und ihn im IMPACT DIGITAL Die aktuelle Ausgabe unter Impact-Webmagazin (impact.zhaw.ch) auch selbst liest. ↘ https://impact.zhaw.ch Viel Spass beim Lesen und Hören. Als pdf und weitere Infos: ↘ www.zhaw.ch/zhaw-impact ↘ www.zhaw.ch/socialmedia PATRICIA FALLER, Chefredaktorin 3
INHALT Impact | September 2019 ALUMNI ABSCHLUSSARBEITEN MENSCHEN Datengräber und Startup-Gründer Leichtbaudach für einen Katamaran Die Pflegewissenschaftlerin mit Simon Michel und Roman Lickel S. 13 und andere Abschlussarbeiten S. 22 Doktortitel: Katharina Fierz S. 24 6 PANORAMA 16 FORSCHUNG 22 ABSCHLUSSARBEITEN 6 «Wir prägen die Generationen 17 Kampf gegen Masern Von Cybermobbing, Swissness von morgen» An der ZHAW wird mit Mitteln des Schwei- und einem Dach für ein Schiff Rektor Jean-Marc Piveteau, die wissenschaft- zerischen Nationalfonds zu neuen antivira- Wie kann die Schulsozialarbeit virtuellen liche Mitarbeiterin Maria Högger und der len Wirkstoffen gegen Masern und andere Schikanen vorbeugen? Zahlt sich das Werben Masterstudent Nico Frommherz im Inter- Viruserkrankungen geforscht. mit Schweizer Werten für die Swiss aus? Und view über Nachhaltigkeit an der ZHAW, in ein Leichtbaudach für die «MS Bürgenstock». der Gesellschaft und privat. 18 Ein Computerspiel gegen Nackenschmerzen 24 MENSCHEN 10 Mehr Mädchen für ZHAW-Forschende entwickelten eine unge- technische Karrieren begeistern wöhnliche Nackentherapie, für die sich kürz- 24 «Die Pflege muss sich Einen Tag lang programmierten 13- bis lich am Digital Day auch Bundespräsident einmischen» 16-jährige Mädchen an der ZHAW mobile Ueli Maurer interessierte. Katharina Fierz gehört zu den Ersten, die in Mini-Roboter. Einblick in einen Workshop, der der Schweiz Pflegewissenschaften studier- im Rahmen des Förderprogramms Swiss 20 STUDIUM ten. Heute leitet sie das ZHAW-Institut für TecLadies der Schweizerischen Akademie der Pflege mit fundierten Ideen fürs Berufsbild. Technischen Wissenschaften stattfand, und 20 Neuer Bachelorstudiengang andere Förderprogramme. WEBVIDEO Sprachliche Integration 27 PERSPEKTIVENWECHSEL Sprache ist der Schlüssel zur Teilhabe am beruflichen und gesellschaftlichen Leben. 27 Ein Praktikum zwischen 12 ALUMNI Die Sprachförderung von erwachsenen Mi- Gewalt und Geburt granten ist wegen ihrer Heterogenität eine Vera Probst hat für ihr Praktikum als Die Datengräber komplexe Tätigkeit. Ein neuer Bachelor soll Hebamme Kolumbien gewählt. Ein Einblick. Die Startup-Gründer Simon Michel und zur Professionalisierung beitragen. Roman Lickel entwickelten ein Tool, mit 54 WEITERBILDUNG dem Gastronomen das Gästeaufkommen 21 Die Natur als Designerin vorhersagen können. Dies hilft, Food Waste Auf der Suche nach Alternativen zu giftigen Kreativ und kooperativ und Wartezeiten zu vermeiden. Ihr kleines, Textilfarbstoffen stiessen eine ZHdK-Studen- Wie sehen die idealen Chefinnen und Chefs aber feines Team stammt komplett aus der tin und ZHAW-Forschende auf ein färbendes für die digitale Transformation in der ZHAW-Schmiede. Bakterium. Arbeitswelt 4.0 aus? 4
3 EDITORIAL 4 INHALT 6 PANORAMA 12 ALUMNI 16 FORSCHUNG 20 STUDIUM 22 ABSCHLUSSARBEITEN 24 MENSCHEN 27 PERSPEKTIVENWECHSEL 28 DOSSIER 54 WEITERBILDUNG 57 VERANSTALTUNGEN 59 STIFTUNG ZHAW 60 ALUMNI ZHAW 66 MEDIEN UND SOCIAL MEDIA IMPACT-Webmagazin impact.zhaw.ch 28 DOSSIER ARBEIT 4.0 VIDEO «Programmieren ist nicht schwierig und macht Spass», sagt eine 14-jährige Teilnehmerin des Workshops Swiss TecLadies an Geht uns angesichts der Automatisierung und Digitalisierung die Arbeit aus? Im der ZHAW. Ein Einblick. Interview diskutieren die ZHAW-Hochschulleitungsmitglieder Reto Steiner (School of Management and Law), Dirk Wilhelm (School of Engineering) und Frank BILDSTRECKE Spurensuche in der Welt der färbenden Bakterien, Wittmann (Soziale Arbeit) über die Interaktion Mensch–Maschine und deren die eine Alternative zu giftigen Folgen für Bildung, Wirtschaft und Gesellschaft (S. 30). Können Übersetzungs Textilfarbstoffen sein könnten. programme den Menschen ersetzen? Um diese und weitere Fragen zu Bildung und zu Berufsbildern für die Arbeitswelt 4.0 geht es in zwei Beiträgen anhand kon- INTERVIEW Werden Roboter einst intelligenter sein als wir? kreter Beispiele (S. 36 und 56). Welche Arbeit können uns Roboter künftig abneh- Braucht es angesichts von Auto- men? Dies wollten wir in unserer spontanen Campus-Umfrage von Studierenden matisierung und Digitalisierung und Mitarbeitenden wissen (S. 40). Eine Begegnung der anderen Art erfahren die einen neuen Arbeitsbegriff? Drei Protagonisten im Kurzkrimi des ZHAW-Absolventen Stephan Pörtner (S. 42). Was Hochschulleitungsmitglieder geben Antworten. können Roboter in Industrie, Pflege und im Facility Management heutzutage über- haupt? Sollen sie Steuern zahlen? Und was passiert mit den «Digitalisierungs VIDEO Die Roboter sind los in verlierern»? Auch dazu finden Sie Antworten in dieser Ausgabe (S. 45 ff.). einem deutschen Altenheim. 5
PANORAMA Impact | September 2019 NACHHALTIGKEIT «Wir prägen die Generationen von morgen» Wie wird man nachhaltiger? Högger: Natürlich werden Nachhal- konsumierende Bürgerin. Ich ver- GLOSSAR Rektor Jean-Marc Piveteau, die tigkeitsfragen schon lange themati- diente früh Geld, weil ich eine Leh- BRU N DTLAN D- wissenschaftliche Mitarbei siert und beforscht. Jedoch, obwohl re machte. Ich wollte die Welt ent- BERICHT: terin Maria Högger und der ich in einer Familie aufwuchs, die decken und erfüllte mir den Traum 1987 publizierte die Student Nico Frommherz über sehr ökologisch geprägt war, wusste einer Weltreise. Aber da merkte ich, Weltkommiss ion persönliches und berufliches ich sehr wenig über beispielsweise dass ich ständig konsumieren muss- für Umwelt den Brundtland-Bericht. Engagement und die Heraus- den Einfluss der Ernährung auf die te und keine Aufgabe hatte, was Mit ihm wurde forderungen, welche die ZHAW- Umwelt. Dieses Wissen wurde nicht mich nicht befriedigte. Ich kam zu- ein Leitbild zur Nachhaltigkeitsstrategie mit sich in der Schule vermittelt. Mit dem rück und änderte meinen Lebens- nachhaltigen Ent- bringt. Internet lässt sich das Wissen heu- stil. wicklung, gemäss heutigem Verständ- te schneller verbreiten und die The- nis, erarbeitet: INTERVIEW KATHRIN REIMANN men der Nachhaltigkeit sind sicher Inwiefern gestalten Sie Ihr Leben Nachhaltige Ent- auch deshalb mehr Mainstream ge- nachhaltiger? wicklung befriedigt die Bedürfnisse der Es ist nicht lange her, da löste das worden. Högger: Ich wohne ökologisch in Gegenwart, ohne Thema Nachhaltigkeit ein müdes Nico Frommherz: Ich glaube, die Be- einem Neubau mit Regenwasser- zu riskieren, dass Gähnen aus. Woher kommt der wegung wächst noch. Zum Klima spülung und Solaranlage. Ich ver- künftige Generati- derzeitige Hype? streik kommen immer mehr Orga- zichte seit drei Jahren aufs Flie- onen ihre eigenen Bedürfnisse nicht Maria Högger: Die Auswirkungen gen. Ich esse vegetarisch und ach- befriedigen können. des Klimawandels sind spürbarer. te darauf, woher tierische Produkte Auch in der Schweiz erleben wir «Ich habe mich vor stammen. Und ich kaufe fast keine MEADOWS- Dürren und Hitzewellen. Greta zehn Jahren ent Kleider mehr, sondern tausche oder BERICHT: Thunberg erregt mit ihrer Botschaft schieden, kein Fleisch gehe ins Brocki. 1972 verfasste der US-Ökonom Dennis Aufsehen. Wir merken, dass es lang- Piveteau: Ich esse zwar ab und zu fristige Lösungen braucht. mehr zu essen und Fleisch, aber weniger. Ich achte da- L. Meadows den Bericht zur Studie Jean-Marc Piveteau: Das Thema gesünder zu leben.» rauf, wie Sachen produziert sind, «Die Grenzen des Wachstums» zur löste nicht wirklich ein müdes Gäh- Nico Frommherz ebenso auf meinen Energie- und Zukunft der Welt- nen aus. Die Notwendigkeit, etwas Ressourcenverbrauch. Beim Erwerb wirtschaft. Zentrale zu tun, war längst bekannt. Neu ist, nisationen hinzu, welche mit ihren unseres Reihenhauses gehörten wir Schlussfolgerung dass die Bewegung die Jüngeren Aktionen den gesellschaftlichen zu den ersten, die sich für Solar war, dass, wenn die gegenwärtige mobilisiert und den Diskurs prägt. Druck verstärken. wärme entschieden. Finanziell zahl- Zunahme der Welt- Högger: Ich denke schon, dass das te sich das nicht aus. Ideell aber bevölkerung, der Thema früher – etwa in der Populär- Jean-Marc Piveteau, bei Ihnen schon – doch man muss immer auf- Industrialisierung, der Umweltver- kultur – auch belächelt wurde. Jetzt, wurde Nachhaltigkeit in der passen, dass man sich mit solchen schmutzung, der da man die Auswirkungen bemerkt Familie thematisiert. Seit wann Taten nicht vorschnell zufrieden- Nahrungsmittel- und auch viel mehr Forschung in beschäftigen sich die anderen mit gibt. Das tägliche Verhalten muss produktion und diesem Bereich betrieben wird, dem Thema? laufend hinterfragt und angepasst der Ausbeutung von natürlichen nimmt man es ernster. Frommherz: Ich habe mich vor zehn werden. Rohstoffen unver- Piveteau: Es gab und gibt immer Jahren entschieden, kein Fleisch ändert anhält, die Leute, die es nicht ernst genommen mehr zu essen und gesünder zu le- Inwiefern ist Ihr Alltag an der absoluten Wachs- haben. Aber schon der Brundtland- ben. Das war ein krasser Cut. Ich hat- ZHAW von Nachhaltigkeit geprägt? tumsgrenzen im Laufe der nächsten bericht der Uno von 1987 war deut- te zuvor zwei- bis dreimal am Tag Frommherz: Als Klassensprecher hundert Jahre er- lich. Ich war damals ungefähr so Fleisch gegessen. In meinem Um- meines Jahrgangs musste ich oft reicht werden. alt wie Sie beide heute. Noch viel feld musste ich mir blöde Sprüche Nachhaltigkeitsanliegen weitertra- früher, Anfang der 1970er Jahre, anhören. Damit ich gute Antworten gen. Etwa wenn es um die Mensa erschien der Bericht des US-Öko- darauf hatte, informierte ich mich ging. Abgesehen davon dreht sich nomen Dennis L. Meadows. Den dis- und kam so mit weiteren Nachhal- mein Studium im Fach Umwelt und kutierten wir in meiner Familie. Ich tigkeitsthemen in Berührung. Natürliche Ressourcen sowieso um verstand nicht alles, aber es war ein Högger: Ich wurde ebenfalls in der Nachhaltigkeit. Nebenbei arbeite grosses Thema: Das Wachstum wur- Familie damit sozialisiert, entwi- ich in der Umweltbildung. Zudem de in Frage gestellt. ckelte mich dann aber in Richtung bin ich Mitglied der Nachhaltig- 6
Impact | September 2019 PANORAMA NICO FROMMHERZ (26), Masterstudent JEAN-MARC PIVETEAU (58) ist seit 2011 MARIA HÖGGER (31), wissenschaftliche Umwelt und Natürliche Ressourcen und Rektor der ZHAW. Einst studierte er Mitarbeiterin am Departement Mitglied des Fachausschusses Nachhaltig- Mathematik und Physik an der ETH Zürich. Soziale Arbeit und ebenfalls Mitglied des keit, der an der ZHAW-Nachhaltigkeits- Beruflich kennt er beide Welten – die Fachausschusses Nachhaltigkeit. strategie mitgearbeitet hat. der Wissenschaft und der Unternehmen. keitskommission der Studierenden Bereich der Energieversorgung. Frommherz: So lange man nicht als und engagiere mich bei der Nach- Nachhaltige Entwicklung ist eine Aussteiger lebt, ist es in der Schweiz haltigkeitswoche. Kultur, die man prägen kann – auch unmöglich, einen ökologischen Högger: Das Thema hat sich durch wenn das Wort Nachhaltigkeit nicht Fussabdruck von nur einer Welt zu mein ganzes Studium gezogen, der in jedem zweiten Satz vorkommt. erreichen. Deshalb finde ich es wich- Höhepunkt dabei war die Gründung der Nachhaltigkeitskommission des «Nachhaltige So definiert die Studierendenvereins VSZHAW. Ich bin jetzt im Fachausschuss Nachhal- Entwicklung ist eine ZHAW Nachhaltigkeit tigkeit der ZHAW und ich versuche Kultur, die man Langfristiges Ziel nachhaltiger das Thema am Departement Soziale Arbeit weiterzubringen. prägen kann.» Entwicklung ist die inter- und Jean-Marc Piveteau intragenerationelle soziale und Piveteau: Als Rektor sehe ich mei- wirtschaftliche Gerechtigkeit bei ne Aufgabe im Sicherstellen der Respektierung der ökologischen Rahmenbedingungen, damit die Gibt es Handlungen, auf die Sie Grenzen der Nutzung natürlicher Hochschule in der Lehre, in der For- gerne verzichten würden? Ressourcen. Diese Querschnitts- schung und im Betrieb ihre Ziele er- Högger: Wir leben in einer sehr aufgabe erfordert Reflexion, reicht. Das gilt auch für die Nachhal- komplexen Welt, und selbst wenn Aushandlung und Kompromiss- tigkeit. Im letzten Herbst – also noch wir uns gut auskennen, ist es nicht findung auf allen Entscheidungs- vor der medialen Aufmerksamkeit – möglich, total nachhaltig zu leben. und Handlungsebenen. Partizi- haben wir beschlossen, eine Nach- Ein Beispiel: Biogemüse in Plastik- pation ist daher ein Kernprinzip haltigkeitsstrategie zu erarbeiten. säckchen vermittelt ein ungutes nachhaltiger Entwicklung an der Natürlich haben wir das Thema Gefühl, obwohl es nachhaltiger als ZHAW. schon früher diskutiert, etwa im konventionelles Gemüse ist. 7
PANORAMA Impact | September 2019 lung diese Fragen stellen muss. Man kussion in Gang kommen. In jeder Die Nachhaltigkeits kann sich nicht einfach auf andere Abteilung, jedem Institut und je- strategie der ZHAW verlassen, sondern ist mitverant- dem Departement muss man sich wortlich. Wir können nicht alles be- überlegen, wie man sich im Alltag Im Juli hat die ZHAW ihre Nach- wirken. Ich lebe in einer Welt, in der verhält. Und dies nicht nur in der haltigkeitsstrategie verabschie- ich Kompromisse machen muss. Berufswelt – welche ohnehin immer det. Sie baut auf der Hochschul Aber die Auseinandersetzung damit weniger vom Privatleben getrennt strategie sowie den bisherigen ist wichtig. ist. Leistungen der ZHAW auf und Frommherz: Im Supermarkt sollte wurde unter der Federführung man aber keine Ware erhalten, die Denken Sie, dass bezüglich Nach- von Elena Wilhelm, Leiterin Hoch- Menschenleben zerstört. Man sollte haltigkeit ein Generationenkon- schulentwicklung, und Christian nicht die ganze Verantwortung an flikt existiert? Wassmer, wissenschaftlicher Mit- Piveteau: Mein Vater ist 92 Jahre arbeiter Hochschulforschung, alt, ich weiss, was er denkt, und ich sowie dem Fachausschuss Nach- «Ich frage mich denke genau gleich: für die Zukunft haltige Entwicklung – bestehend immer wieder, ob das, ist er genauso verantwortlich wie aus Mitarbeitenden und Studie- was ich tue, sinnvoll ich und wie meine Kinder. Es gibt renden – erarbeitet. Mit der Stra- Leute mit unterschiedlicher Mei- tegie übernimmt die ZHAW als ist, und trage gerne nung, aber es gibt keinen Generati- Hochschule ihre gesellschaftliche Verantwortung.» onenkonflikt. Mitverantwortung für die Zu- Maria Högger Frommherz: Ich kann das nicht kunftsfähigkeit der Gesellschaft wissenschaftlich belegen, aber ich und verankert die nachhaltige die Konsumentinnen und Konsu- merke, dass älteren Personen oft das Entwicklung auf höchster Ebene. menten übergeben, sondern den Interesse fehlt. Aber viel grösser ist Die ZHAW orientiert sich dabei Konzernen Bedingungen stellen. der globale Konflikt, nämlich dass an der Agenda 2030 mit ihren Piveteau: Wir leben nicht in der idea- die Verursachenden von Klima siebzehn «Sustainable Develop- len Welt. Wir leben mit Rahmenbe- krisen, also wir Menschen in den ment Goals» (SDGs). Die Stra- dingungen und Ansprüchen. Wir westlichen Ländern, eine Verant- tegie bezieht sich auf alle Leis müssen aufpassen, dass wir nicht in wortung haben, die wir nicht wahr- tungsbereiche und enthält Ziele einen moralisierenden Diskurs ge- nehmen, und gleichzeitig die Men- und Massnahmen für Lehre und raten, bei dem wir genau zu wissen schen im globalen Süden von diesen Weiterbildung, Forschung, Wis- glauben, was gut und böse ist. Da- Entscheidungen betroffen sind. Und senstransfer, Dienstleistungen, rum verwende ich auch nicht den vor den Auswirkungen der Klima- Betrieb sowie Governance. Ein Ausdruck Klimasünde. Wachstum krise kann sich nur schützen, wer Hochschulleitungsmitglied wird und Prosperität sind nicht a priori genug Geld hat. Beauftragte(r) für nachhaltige falsch. Etwas dürfen wir aber nicht Entwicklung und leitet mit vergessen: Nicht zuletzt wegen der Stehen Junge, als Entscheider von Unterstützung eines Fachaus- Ausbeutung von Ressourcen in Ent- morgen, in einer besonderen Ver- schusses die Umsetzung der wicklungsländern leben wir kom- antwortung? Nachhaltigkeitsstrategie. Die fortabel, sind gut ausgebildet und Frommherz: Ich sehe mich als Hochschulleitung hat auch ein haben das Glück, rational wissen- Macher von heute in der Verantwor- Green Impact Book für den Hoch- schaftlich denken zu können und tung. Ich kann mich jetzt engagie- schulbetrieb beschlossen mit auf dieser Basis Entscheidungen zu ren und etwas tun. Und ich will Ent- Zielen und Massnahmen im Be- fällen. Deshalb haben wir auch in scheidungsträger dazu bringen, sich reich ökologische Nachhaltigkeit. einer globalen Sicht die Verantwor- die Zukunft vielleicht auch aus der tung, mit Entwicklungsländern zu- Perspektive von anderen Menschen tig, dass man die Strukturen für die sammenzuarbeiten. anzuschauen. Konsumierenden ändert. Damit Högger: Ich frage mich immer wie- man sich nicht bei jedem Schritt im Und wie bringen Sie die ZHAW- der, ob das, was ich tue, sinnvoll ist. Alltag überlegen muss, ob der jetzt Angehörigen dazu, diese Verant- Deshalb trage ich gerne Verantwor- gut oder schlecht ist. wortung wahrzunehmen? tung und möchte mein Engagement Piveteau: Genau das erachte ich als Piveteau: Es geht nicht darum, den auch im beruflichen und persön- Beitrag zur Entwicklung des Nach- Leuten eine Botschaft aufzudrü- lichen Alltag integrieren. In meiner haltigkeitsgedankens: dass man cken, sondern um die Entwicklung utopischen Vorstellung könnte das sich bei jedem Kauf und jeder Hand- eines Bewusstseins. Es soll eine Dis- jeder andere auch so machen. 8
Impact | September 2019 PANORAMA Piveteau: Hier stehen wir als Hoch- Piveteau: Ich sehe in dieser Ver- Ressourcen. Ich glaube, Nachhal- schule in ganz besonderer Verant- schiedenartigkeit aber auch eine tigkeit ist ein Thema, das die Men- wortung: Die Lehre und der Bil- Chance. Denn die Auseinanderset- schen auch auf persönlicher Ebene dungsauftrag sind fundamental. zung mit anderem Denken ist sehr berührt, und ein Thema, welches Was wir da machen, prägt die Gene- wichtig. das eigene Leben und das Leben der rationen von morgen. Dadurch kön- gesamten Menschheit betrifft. nen wir mitgestalten und Einfluss Piveteau: Die Emotionalität ist eine ausüben. «Heterogenität ist Herausforderung, hat aber auch auch eine Chance. ihre guten Seiten. Für die digitale Die ZHAW versucht ihre Verant- Auseinandersetzung Transformation gilt das aber ge- wortung mit der Nachhaltigkeits- nauso. Zwar verlief die Diskussi- strategie wahrzunehmen. Wo mit anderem Denken on an der ZHAW eher sachlich, weil sehen Sie die grössten Herausfor- ist wichtig.» wir dabei nur die Chancen ins Auge derungen? Jean-Marc Piveteau fassten. Doch sie kann auch Emoti- Högger: Die sehe ich in der Hetero- onen auslösen, weil sie mit Rollen- genität der Departemente. Es wer- Frommherz: Ich sehe eine weitere angst verbunden ist. Das darf man den jeweils unterschiedliche Ziele Herausforderung in der Emotio- nicht unterschätzen, und wir haben priorisiert und dabei kann es zu nalität. Ich war an der Teilstrategie als Hochschule auch hier eine Ver- Zielkonflikten kommen. Diese Un- «Bildung und digitale Transforma- antwortung: Wir müssen in Bildung einigkeit und die Schwierigkeit, an tion» beteiligt und ich war erstaunt, und Forschung auf die fundamen- der ZHAW als Ganzes zusammenzu- wie wenig emotional die Diskussion tale Problematik der digitalen In- arbeiten, das ist herausfordernd. war. Es drehte sich vorwiegend um klusion reagieren. ◼ ETHIKPREIS 2019 FÜR ABSCHLUSS- UND DIPLOMARBEITEN ETHIK IST Teilnahmebedingungen unter: www.zh.kath.ch Einsendeschluss: 31. Dezember 2019 INS GRENZENLOSE ERWEITERTE VERANTWORTUNG FÜR ALLES, WAS LEBT. ALBERT SCHWEITZER RZ_Kath.-Kirche_Ethikpreis_2019_Inserat_Impact_Magazin_225x100mm.indd 1 15.08.19 11:28 9
PANORAMA Impact | September 2019 SWISS TECLADIES Mehr Mädchen für technische Karrieren begeistern In der Informatik- und Technikbranche sind Frauen unterrepräsentiert. Um das zu ändern, beteiligt sich die ZHAW an einem Förderprogramm der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften. EVELINE RUTZ Wissenschaften (SATW), das im ort waren auchschlaggebend dafür, U Herbst 2018 erstmals gestartet wur- welche Duos gebildet wurden. Sie nentwegt düst ein klei- de. «Ziel ist es, mehr Frauen für eine stehen während der gesamten Zeit ner Roboter im Kreis, ein technische Karriere zu begeistern», des Förderprogramms in Kontakt anderer fährt rückwärts, sagt Edith Schnapper, eine der Pro- und besuchen einen Teil der Veran- einer bewegt sich ruckar- grammverantwortlichen. In der In- staltungen gemeinsam. tig. «Was habe ich falsch gemacht?», formatik- und Technikbranche liege fragt sich eine der jungen Program- der Frauenanteil meist unter 10 Pro- «Ihr stehen viele Wege offen» miererinnen. Eine andere sagt zent. Dass sich Mädchen eine ent- «Die Mentees sollen sehen, wie schmunzelnd: «Das war so geplant!», sprechende Ausbildung häufig nicht spannend Technik ist», sagt Monika und geht an den Computer zurück. Reif, Dozentin an der ZHAW School Zwölf junge Frauen im Alter zwi- of Engineering. Sie sitzt zusammen schen 13 und 16 Jahren schreiben an «Ich bin von Robotern mit Amrei Schmücker vor dem Bild- diesem Nachmittag an der School allgemein fasziniert, schirm. Gemeinsam bringen sie of Engineering Robotersoftware. und Programmieren den Mini-Roboter in Fahrt. «Ich er- In einem ersten Schritt haben sie halte hier andere Inputs als in der die mobilen Geräte zum Blinken ge- ist nicht schwierig und Schule», sagt die 16-Jährige, die an bracht. Nun sind sie mit der Steue- macht Spass.» der Kantonsschule Kreuzlingen in rung der beiden Räder beschäftigt Noëmi Fässler, 14 Jahre einer MINT-Klasse ist. Sie habe am und erleben anschaulich, wie sich Gymnasium zwar auch schon pro- kleinste Änderungen der Befehle aus- zutrauten, hänge mit stark ausge- grammiert. Trotzdem sei der heu- wirken. Konzentriert verbessern sie prägten Stereotypen zusammen. tige Nachmittag spannend. Zu ihrer einzelne Bestandteile, bis der Mini- Sie würden in ihrem Interesse zu- Mentorin habe sie ein gutes Verhält- Roboter macht, was er soll. dem zu wenig unterstützt. «Dage- nis, sagt die junge Frau weiter. «Sie gen möchten wir etwas unterneh- ist offen und hat mir bereits viel ge- Meist weniger als 10 Prozent Frauen men», so Schnapper. holfen.» «Von klein auf bin ich fasziniert da- Monika Reif hat ihre Mentee bei- von, dass eine Textzeile eine ganze Zahlreiche Bewerberinnen spielsweise auf einen Rundgang Anlage in Bewegung setzen kann», 45 Mentees nehmen am Programm durch die ZHAW mitgenommen. sagt Kursleiter Jérôme Perdrizat, teil. Jeder steht eine erfahrene Be- Sie hat Amrei einen Einblick in ihre wissenschaftlicher Assistent am In- rufsfrau zur Seite. «Das Interesse eigene Tätigkeit gegeben und ge- stitut für Mechatronische Systeme war auf beiden Seiten gross», sagt zeigt, was an der Hochschule im Be- (IMS) der ZHAW. In diesem Fach- Adrian Sulzer, Leiter Kommunika- reich Aviatik gelehrt und geforscht bereich lerne man immer wieder tion und Marketing der SATW. Rund wird. «Ich möchte ihr vermitteln, Neues hinzu. «Ich hoffe, ich kann 320 Mädchen und junge Frauen dass es keine typischen Frauen- und euch diese Begeisterung heute im Alter zwischen 13 und 16 Jahren Männerberufe gibt», sagt sie, «dass weitergeben.» haben sich am kniffligen Eintritts ihr viele Wege offenstehen und sie Der Workshop ist Teil des nati- test beteiligt; für das ehrenamt- sich frei entscheiden kann.» onalen MINT-Förderprogramms liche Engagement als Mentorin sind Noëmi Fässler aus Einsiedeln kann Swiss Tec Ladies der Schweize- 85 Bewerbungen eingegangen. Fach- sich gut vorstellen, dereinst in der rischen Akademie der Technischen liche Präferenzen sowie der Wohn- Informatik- oder Technikbranche 10
Impact | September 2019 PANORAMA zu arbeiten. Sie hat durch das Men- toring-Programm neue Fachrich- tungen kennengelernt. «Ich bin von Robotern allgemein fasziniert», sagt die 14-Jährige. Das Programmieren bereitet ihr keine Probleme. «Es ist nicht schwierig und macht Spass.» Die letzte Aufgabe hat es allerdings in sich. Das flinke Gerät soll nun einer schwarzen Linie folgen; die Software muss die Fahrtrichtung regeln. Der Ehrgeiz der Teilneh- merinnen ist geweckt: Um die Be- fehle zu optimieren, wechseln sie ausdauernd zwischen PC und Test- strecke hin und her. Selbst als der Kurs offiziell endet, arbeiten einzel- ne weiter. Der mobile Roboter soll einer Linie folgen. An der Teststrecke zeigt sich, ob die Befehle richtig programmiert sind oder noch optimiert werden müssen. Selbstvertrauen hinzugewonnen «Viele Teilnehmerinnen sind rich- «Als Frau fällt man auf, man muss ihre Mentorin kann sie weiterhin tiggehend aufgeblüht», stellt Edith sich ein Stück weit mehr bewei- zählen. «Sie hat mir gesagt, dass ich Schnapper von der SATW fest. «Sie sen.» Technische Berufe seien sie auch später jederzeit kontaktie- waren mit Neugierde dabei und jedoch äusserst interessant und lies- ren kann.» ◼ sind selbstständiger geworden.» sen sich mit einer Familie verein Rückmeldungen von Eltern bestä- baren, sagt die Mutter zweier Kin- tigten diesen Eindruck. Das Selbst- der. Teilzeitstellen seien nicht nur IMPACT-Webmagazin «Programmie- vertrauen zu stärken, ist neben dem an den Hochschulen, sondern eben ren ist nicht schwierig und macht so in der Industrie vorhanden. Spass», sagt eine «Swiss TecLady». Ein Video gibt Einblick in den Work- Dereinst möchte auch die Gymna- «Technische Berufe siastin Amrei Schmücker eine tech- shop. impact.zhaw.ch sind äusserst interes- nische Laufbahn einschlagen. Auf sant und lassen sich mit einer Familie Wo Kinder Antworten auf ihre Fragen erhalten vereinbaren.» Um bei Kindern das Interesse sich die Hochschule ebenfalls Maschinenbauingenieurin Monika Reif an technischen und naturwis- gezielt an den Nachwuchs. 6- bis senschaftlichen Berufen früh zu 19-Jährige, die sich dem MINT-Club Fachlichen ein zentraler Teil des wecken, engagiert sich die ZHAW angeschlossen haben, informiert Förderprogramms, das im nächs vielfältig. sie zudem regelmässig über aktu- ten Durchgang 2020/21 auch in der elle Veranstaltungen, Workshops Romandie durchgeführt wird. Mäd- Die School of Engineering und das sowie Führungen. chen sollen ihrer Freude an tech- Departement Life Sciences und nischen Fachrichtungen mutiger Facility Management beteiligen Die «Science Week» in Wädenswil nachgehen. sich jeweils mit mehreren Vorle- gibt Jugendlichen jeweils während sungen an der Kinderuniversität der Sommerferien die Möglichkeit, «Als Frau fällt man auf» Winterthur. Bei der Wahl der zu experimentieren. Sie lernen bei- Maschinenbauingenieurin Monika Dozierenden achten sie dabei auf spielsweise, wie man die DNA einer Reif hofft, dass Frauen in ihrem eine angemessene Vertretung der Pflanze isoliert oder wie man eine Berufsfeld künftig besser ver Frauen. Mädchen sollen weibliche elektronische Glückwunschkarte treten sein werden. «Zwei bis drei Vorbilder haben. lötet. Am «Girls Only Day» sind die Studentinnen pro Klasse sind ein- Mädchen unter sich. Für Schulklas- fach zu wenige.» Sie selbst ist von Am Nationalen Zukunftstag und sen organisiert die ZHAW individu- ihrem Vater darin bestärkt wor- bei der Nacht der Technik richtet elle Rundgänge und Laborbesuche. den, ihren Interessen zu folgen. 11
Impact | September 2019 ALUMNI BIG DATA FÜR RESTAURANTS Die Datengräber Die Absolventen und Startup-Gründer Simon Michel und Roman Lickel haben ein Tool entwickelt, mit dem Gastronomen das Gästeaufkommen voraussagen können. Das Ziel: mehr Gewinn, weniger Food Waste. CORINNE AMACHER dete Unternehmen ist das älteste und erstellt eine Prognose für den S von zehn hier eingemieteten Start Absatz von bestimmten Lebens- kalieren: Simon Michel und ups. Der Umzug in grössere Räume mitteln. Am Ende lässt sich alles auf Roman Lickel haben das Zau- ist für Ende Jahr geplant; es wäre der dem Handy an sauberen Diagram- berwort der Startup-Szene Beweis, dass die Idee gezündet hat. men ablesen. verinnerlicht: «Unser Ziel ist, Die Firma bietet eine App an, mit möglichst schnell zu wachsen», sagt Eigene Erfahrungen waren der eine, «Skalierbarkeit ist unser der Auslöser grösstes Thema», der andere. Klas- «Ich profitiere enorm Die Idee, die Grosses entfalten sisches Unternehmertum mit line- von meinem ZHAW- soll, geht wie häufig bei funktio- arem Wachstum war gestern, heu- Studium und kann nalen Innovationen von frustrier- te ist exponentielle Ausdehnung ten Kunden aus. In dem Fall war es gefragt. Die Jungunternehmer ver- viel gelerntes Wissen Simon Michel, der an der School of körpern diesen Wachstumsimpera- direkt anwenden.» Management and Law Betriebswirt- tiv trefflich: Sie sind agil, geschäfts- Simon Michel schaft studiert hatte. Nach dem Stu- tüchtig – und besessen von ihrer dium war er bei den Elektrizitäts- Idee. der Restaurants voraussagen kön- werken des Kantons Zürich (EKZ) zu- nen, wie sich das Gästeaufkommen ständig dafür, einen Teil des Schwei- Startrampe ZHAW-Incubator entwickelt. «Das erlaubt den Wirten, zer Stromverbrauchs zu prognos- Zusammen mit Lukas Stolz und Nico Food Waste zu verringern und Per- tizieren, auf fünf Jahre hinaus und Schefer sitzen sie am Holztisch im sonalkosten zu sparen», sagt Simon auf die Viertelstunde genau. Als Runway Startup Incubator im Win- Michel. Vegetarier fiel ihm auf, dass im EKZ- terthurer Technopark und erzählen Personalrestaurant das Vegi-Menü ihre Story. Der Inkubator der ZHAW Prognosen aufs Handy häufig ausverkauft war. Wenig spä- ist eine Startrampe für Gründer und Die Lösung basiert auf Algorith- ter, er war in den Skiferien, störte bietet günstige Räume, Coaching men, in denen bis zu 1,5 Millionen er sich an den langen Warteschlan- und Betreuung. Tischfussball, far- Kassenbons pro Restaurant der gen in einem Bergrestaurant. «Die bige Hocker, offene Türen und lee- letzten zwei Jahre mit verschie- Betriebe», so Simon Michel, «hatten Ausverkaufte re Kaffeetassen lassen auf reichlich denen relevanten Daten in Bezie- offensichtlich Mühe, den Food- und Menüs und lange Startup-Groove schliessen. Am Ein- hung gesetzt werden, etwa Saiso- Personaleinsatz zu kalkulieren, weil Wartezeiten waren gang hängt ein Poster mit Raketen nalität, Wetterdaten, Feiertage oder sie das Gästeaufkommen nicht ab- der Auslöser für darauf, versehen mit Portraits der Schulferien. Durch das Zusammen- schätzen konnten.» ihre Business-Idee: Gründer und lockeren Sprüchen. spiel der Informationen sagt der Das war der Anstoss zu Pro- Simon Michel (l.) Links oben klebt die Prognolite- Algorithmus voraus, wie viel Um- gnolite. «Nach der Idee ging alles und R oman Lickel. Rakete. Das vor drei Jahren gegrün- satz das Restaurant machen wird, ganz schnell», erinnert sich Simon 13
ALUMNI Impact | September 2019 Sie stam- Michel. Erfahrung mit dem Erstel- ZHAW-Studium und kann viel ge- ständig. Anfang 2019 wurde Nico men alle aus len von Prognosen hatte er von sei- lerntes Wissen direkt anwenden», Schefer eingestellt, gelernter Koch, der ZHAW- nem EKZ-Job her, für die Program- sagt er. Der erste Algorithmus wur- ehemaliger Restaurantmanager, Schmiede und mierung der App brauchte es aber de vom Institut für D atenanalyse Absolvent der Hotelfachschule Bel- haben mit noch einen Informatiker. Er kon- und Prozessdesign (IDP) der ZHAW voirpark und Student der Betriebs- ihrem Tool für taktierte Roman Lickel, den er vom entwickelt, mit dem sie eng zusam- wirtschaft an der School of Ma- Gastrobetriebe Unihockey kannte und der an der menarbeiten. Getestet wurde das nagement and Law. Als Gastronom Food Waste School of Engineering Computer Tool in der Juckerfarm, die das Pro- spricht er die Sprache der Kunden den Kampf Science studiert hat. Für ihn ergab blem der Prognosen in den Erleb- und kümmert sich um die Akqui- angesagt: (v.l.) die Idee «mega Sinn», nach einem nishöfen nur zu gut kennt: In See- sition. Roman Lickel beschreibt die Simon Michel, Bier waren sich die beiden einig. gräben und Jona variiert das Gäste Dynamik des Teams so: «Jeder hat Nico Schefer, «Simon hatte es eilig und sagte: aufkommen stark. Bei schönem sein eigenes Gärtchen, aber alle zie- Lukas Stolz und Morgen legen wir los.» Wetter läuft an einem Wochenende hen am gleichen Strick.» Roman Lickel. dreimal mehr als bei schlechtem. Kooperation mit der ZHAW Der Wachstumsdruck zwingt die 50 Kunden bis Ende 2019 Mitte 2016 gründeten sie eine Gründer, offen für jede erdenkliche Zum Wachstumsmodell gehört GmbH, erstellten einen Business- Verbesserung des Produkts zu sein. es, die Firma von Meilenstein zu plan und nahmen die zweite Pha- Für die Weiterentwicklung stellten Meilenstein vorwärtszubringen. Bis se in Angriff: die Entwicklung eines sie zwei Spezialisten ein. Ende 2019 soll Prognolite 50 Kun- Prototyen. Während sich Roman Zunächst stiess Lukas Stolz dazu, den zählen. Bereits steht einer der Lickel in Beschaffung und Aufbe- Informatiker und Data Scientist, grössten Schweizer Anbieter der reitung von Daten und Schnittstel- der sich an der School of Enginee- Gemeinschaftsgastronomie auf der len auskennt, bringt Simon Michel ring zum Wirtschaftsingenieur aus- Liste, ebenso einige Betriebe von Know-how in der Erstellung von Pro- bilden liess und nun das Masterstu- Autogrill, das auf vegane Küche spe- gnosen und Betriebswirtschaft ein. dium macht. Er ist für die Entwick- zialiserte Roots sowie Nooch, eine «Ich profitiere enorm von meinem lung der Prognosealgorithmen zu- Kette asiatischer Restaurants. «Viele 14
Impact | September 2019 ALUMNI Gastronomen sind zunächst skep- Stufe geschafft und 50'000 Euro ein- und die Schwierigkeit, Mitarbeiten- tisch und glauben, es handle sich genommen. In einer nächsten Stu- den, Kunden, Investoren und der um Glaskugellesen», sagt Simon fe geht es nun um den Jackpot von Familie immer gerecht zu werden». Michel, «aber wir zeigen ihnen, dass zwei Millionen Euro. Das Geld soll Roman Lickel sieht die Gefahr des wir wissenschaftlich vorgehen.» helfen, dass die Skaleneffekte mög- Verzettelns: «Wir müssen stets da- Die Prognosegenauigkeit liege im lichst rasch einsetzen. Etwa durch rauf achten, den Fokus zu halten Durchschnitt bei 90 Prozent für die Expansion nach Deutschland und uns nur auf unser Produkt zu den Folgetag. Das Tool kostet eini- und in weitere Nachbarländer, die konzentrieren.» ge hundert Franken pro Restaurant für nächstes Jahr geplant ist. Oder und Monat, wobei die Einsparungen Früh übt sich «um ein Vielfaches höher sind». Die «Jeder hat sein Damit dies gelingt, bringen die Software wird nun laufend weiter- vier, alle um die 30 Jahre alt, ihre entwickelt, unter anderem auch in eigenes Gärtchen, gesammelte Erfahrung ein. Simon ZHAW-Forschungsprojekten. aber alle ziehen am Michel etwa hatte als Gymnasiast gleichen Strick.» bereits einmal ein Startup gegrün- Auf Investorensuche Roman Lickel det, das abging wie eine Rakete. Er Mit dem Wachstum beginnt auch war damals 17 und begann, zusam- der Kampf ums Geld. Organisches die fortschreitende Automatisie- men mit Kollegen defekte iPods und Wachstum – etwa mit einem Bank- rung der Softwarelösung, die es er- iPhones zu reparieren. Die Teenager kredit – ist für Startups keine Op- lauben soll, dass der Aufwand trotz waren so versiert, dass ihnen füh- tion. Für die Skalierung brauchen Grössenwachstum möglichst ge- rende Telekomanbieter wie Media sie Kapital von risikofreudigen In- ring bleibt. Im Kern geht es bei der Markt oder Swisscom Kunden ver- vestoren. Diese finden die Progno- Skalierung um die Frage, inwie- mittelten. Simon Michel hatte noch lite-Gründer an Pitching Events, weit sich der Umsatz steigern lässt, nicht einmal die Matura abgelegt Netzwerkanlässen oder Wettbewer- ohne immer neue Investitionen tä- und setzte schon 100'000 Franken ben. Finanziell unterstützt werden tigen zu müssen. Jeder neu gewon- um. Heute würde ihm das Unter- sie unter anderem von der Klima nene Kunde, jeder Umsatzfranken nehmen allerdings nicht mehr ent- stiftung Schweiz und dem Klima- führt den Jungunternehmern frei- sprechen: Das Geschäftsmodell war fonds Stadtwerk Winterthur. Der- lich auch neue Herausforderungen nicht skalierbar. ◼ zeit läuft eine weitere Finanzie- vor Augen. Simon Michel verweist rungsrunde. Beim EU-Programm auf «die wachsende Verantwor- Horizon 2020 haben sie die erste tung für alle Anspruchsgruppen ANZEIGE „Innovation und eigene „Become Part of the Sensirion Story.” Wollen Sie sich neuen Herausforderungen stellen? Dann sind Sie im technischen Ver- Ideen werden bei Sensirion kauf bei Sensirion richtig. Inter nationalität, Spitzenleistungen, grossgeschrieben“ Trends und neue Technologien – der technische Verkauf bei Sensirion ist vielseitig und das Arbeitsumfeld international, Alfredo Soto, Key Account Manager kreativ und interdisziplinär. Bei Sensirion arbeiten Sie an Innovationen von morgen. Sie rea- lisieren verrückte Projekte, treiben neue Ideen voran und leisten mit Ihrem Team Grosses für die Welt. Schreiben Sie Ihre eigenen Kapitel der Sensirion Erfolgsgeschichte und übernehmen Sie Verantwortung in internationalen Kundenprojekten. Sensirion_AZ_ZHAW Impact_quer_Boy_DEU_185x85_2018_03_V.2.0.indd 1 03.04.18 16:18 15
FORSCHUNG Impact | September 2019 Hohe Lebensqualität im Alter Schweizer bezahlen vermehrt kontaktlos Das beliebteste Zahlungsmittel bei den Schweizerinnen Rund 31 Prozent der Schweizer Bevöl- «Wie zu erwarten war, verschlech- und Schweizern ist die Debitkarte. Zu diesem Ergebnis kerung waren im Jahr 2016 55 Jahre tert sich der Gesundheitszustand bei kommt der zum zweiten Mal durchgeführte Swiss Pay- alt oder älter. Rund die Hälfte der Per- den höheren Altersgruppen», erklärt ment Monitor der ZHAW SCHOOL OF MANAGEMENT AND sonen ab 55 und sogar zwei Drittel ZHAW-Co-Studienautor Marc Hög- LAW und der Universität St. Gallen. Zwar wird noch immer jener ab 75 Jahren leben mit minde- linger. Doch selbst in der Gruppe der häufiger mit Bargeld bezahlt als mit der Karte, gemessen stens einer chronischen Krankheit. 83- bis 89-Jährigen sind immer noch am Umsatz liegt die Debitkarte jedoch vor Bargeld, Kredit- Das bedeutet nicht zwangsläufig, rund zwei Drittel der Ansicht, dass karte oder Mobile Payment. Zusätzlich wird die Debitkarte dass die Lebensqualität der Betrof- ihre Gesundheit gut bis ausgezeich- als praktischer, attraktiver, schneller und zukunftsweisen- fenen sinkt oder ihr Alltag stark be- net sei. Ob Menschen den Lebensa- der eingeschätzt. Dies zeigt die repräsentative Studie, bei einträchtigt wird. Zu diesem Befund bend gesund und mit hoher Lebens- der 1000 Personen im Alter zwischen 18 und 65 Jahren aus kommt eine Studie zur Gesund- qualität verbringen können, hängt allen drei Landesteilen der Schweiz befragt wurden. Diese heit der älteren Bevölkerung in der nicht nur von individuellen körper- Beliebtheit ist nicht zuletzt auf die Einführung der Kon- Schweiz im Auftrag des Bundesamtes lichen Voraussetzungen ab, sondern taktlosfunktion zurückzuführen, die insbesondere bei jün- für Gesundheit, welche die ZHAW in auch von diversen materiellen und gerem Publikum grossen Anklang findet. Laut Selbstein- Zusammenarbeit mit der Wirtschafts- sozialen Ressourcen. So wiesen Per- schätzung der Befragten nutzen inzwischen bereits über wissenschaftlichen Fakultät der Uni- sonen mit tiefem Bildungsniveau, 50 Prozent das kontaktlose Bezahlen mittels Debitkarte. versität Lausanne und dem Schwei- tiefem Einkommen oder mit ↘ bit.ly/2ZqSsNJ zer Kompetenzzentrum für Sozial- Migrationshintergrund unter ande- wissenschaften veröffentlicht hat. rem ein höheres Risiko für diverse Eine Mehrheit der älteren Bevölke- chronische Erkrankungen auf und Vorsorge: Hohe Erwartung, wenig Einsatz rung der Schweiz stuft ihre Lebens- eine geringere Lebensqualität als der Die zweite Ausgabe des Raiffeisen-Vorsorgebarome- qualität als gut bis ausgezeichnet ein. Durchschnitt. ters zeigt eine immer grössere Kluft zwischen den Er- wartungen, die Menschen in der Schweiz an ihre dritte Lebensphase haben, und ihren tatsächlichen Vorberei- tungen. So planen mehr Menschen, sich vorzeitig pensi- onieren zu lassen. Gleichzeitig setzen sich viele Personen wenig oder erst spät mit ihrer Altersvorsorge auseinander. Deutlich wurde auch, dass das Vertrauen in das Schweizer Drei-Säulen-System weiter abgenommen hat. Dafür ver- antwortlich ist ein Verlust des Vertrauens in die Pensions- kassen im Vergleich zum Vorjahr. Immer mehr Menschen in der Schweiz sind der Ansicht, dass Staat und Arbeitge- ber für die Altersvorsorge verantwortlich seien. Vor allem jüngere Menschen sehen den Staat in der Pflicht. Für das Vorsorgebarometer von Raiffeisen und ZHAW wur- den vom 17. bis 28. Juli 2019 rund tausend 18- bis 65-Jäh- rige befragt und ökonomische Daten analysiert. ↘ raiffeisen.ch/vorsorgebarometer2019 ZHAW-Experten für Fachstelle Smart City Die Stadt Winterthur hat die neu geschaffene Fachstelle Smart City mit zwei Experten der ZHAW SCHOOL OF ENGINEERING besetzt. Seit August 2019 leitet Vicente Carabias-Hütter die Fachstelle, unterstützt von Onur Yildirim als Fachmitarbeiter. Gemeinsam forschen Vicente Carabias-Hütter und Onur Yildirim seit mehreren J ahren am Institut für Nachhaltige Entwicklung (INE) auf dem Gebiet Smart City. Ihre Anstellung bei der Fachstelle Smart City vertieft die strategische Partnerschaft zwischen der Stadt Winterthur und der von ihnen koordinierten Die Mehrheit der befragten Personen ab 55 Jahren schätzt ihre Gesundheit ZHAW-Plattform Smart Cities & Regions. und damit ihre Lebensqualität positiv ein. ↘ bit.ly/2Udg5nO 16
Impact | September 2019 FORSCHUNG INFEKTIONSERKRANKUNGEN Mit neuen antiviralen Wirkstoffen gegen Masern & Co. Dabei ist absehbar, dass Impfungen allein cher pharmazeutischer Wirkstoffe ist ein nicht ausreichen, um solche Viruserkran- hochkomplexer Prozess, welcher die Kom- kungen komplett zu eliminieren. Im Kampf bination verschiedener wissenschaftlicher gegen diese Erkrankungen sind deshalb Disziplinen, einen längeren Zeithorizont und nicht nur Impfstoffe, sondern auch neuar- erhebliche finanzielle Mittel voraussetzt. Die tige, Viren hemmende Wirkstoffe gefragt. Sinergia-Gutachter waren vom eingereich- Zur Entwicklung solcher antiviraler Wirk- ten Projekt so überzeugt, dass das Vorhaben stoffe hat der Schweizerische Nationalfonds des antiviralen Forschungskonsortiums der (SNF) ein mehrjähriges Grossprojekt im höchsten Förderungsstufe zugeteilt wur- Umfang von 2,1 Millionen Franken bewilli- de. Das Sinergia-Projekt dauert vier Jahre gt. Eingereicht wurde das Projekt mit dem und verspricht richtungsweisende Erkennt- Titel «Morbillivirus cell entry machinery: nisse im Bereich der antiviralen Wirkstoff- Viren rücken in den Fokus der Wirkstoff mechanisms, structures and drug discove- forschung, mit weitreichenden Implikati- forschung am ICBT. ry» vom ZHAW-Departement LIFE SCIENCES onen für die Gesundheitssysteme. Beteiligt UND FACILITY MANAGEMENT in Wädens- sind der ZHAW-Forscher Rainer Riedl von der Durch Viren hervorgerufene Infektions- wil zusammen mit der Universität Bern. Mit Fachgruppe Medizinalchemie am Institut krankheiten wie zum Beispiel Masern stel- den Mitteln aus dem SNF-Förderprogramm für Chemie und Biotechnologie (ICBT) so- len eine grosse Herausforderung für die Sinergia sollen neue Wirkstoffe gegen Virus wie seitens der Universität Bern Dimitrios Gesundheitssysteme dar, da sie mitunter erkrankungen wie zum Beispiel Masern vo- Fotiadis von der M edizinischen Fakultät und epidemische Ausmasse annehmen können. rangetrieben werden. Die Entwicklung sol- Philippe Plattet von der Vetsuisse-Fakultät. Neue Chemie-Plattform für Forscherinnen Biophilia-Office: Was Pflanzen im Büro bewirken Die neue Plattform Swiss Women in Chemistry (SWC) ist offiziell lanciert. Mitgründerin ist die ZHAW-Forscherin Re- becca Buller, Leiterin des Kompetenzzentrums für Bioka- talyse (CCBIO) am Institut für Chemie und Biotechnologie. Die SWC steht allen Wissenschaftlerinnen der Schweiz aus den Bereichen Chemie, Life Sciences und Biotechnologie offen. Ziel ist es, Chemikerinnen durch ein professionelles Netzwerk in allen Phasen ihrer Karriere zu unterstützen und ihre Erfolge sichtbar zu machen. Den Mitgliedern wird eine offene Plattform für den Gedanken- und Erfahrungs- austausch zur Verfügung gestellt. Junge Wissenschaftle- rinnen können durch ein Mentoring-Programm in ihrer beruflichen Entwicklung unterstützt werden. Kontakt: rebecca.buller@zhaw.ch Ein grüner Raumtrenner in einer grossflächigen Bürolandschaft. Zombies auf dem Campus Grüental In einer institutsübergreifenden Zu- Ergebnisse der Literaturstudien zei- Die neue digitale Schnitzeljagd «WÄDImission» auf dem sammenarbeit sind Forschende am gen, dass Pflanzen das Innenraumkli- Campus Grüental bietet ein spannendes Freizeiterleb- Departement LIFE SCIENCES UND ma positiv beeinflussen können. Die nis für Jugendliche, junge Erwachsene und Familien. Man FACILITY MANAGEMENT der Frage Effekte sind jedoch klein bzw. würden stelle sich vor: Die Schweiz wird von Zombies überrannt. nachgegangen, inwiefern Büropflan- sehr grosse Mengen an Pflanzen be- Forschende suchen fieberhaft nach einem Impfstoff zum zen positive Effekte auf die Nutze- nötigen, um spürbar zu sein. Lüften Schutz der verbleibenden Bevölkerung. Mit dem digitalen rinnen und Nutzer haben und wie ist das effektivere Mittel zur Verbesse- Zombie-Spiel geht das Institut für Umwelt und Natürliche sie eingesetzt werden könnten. Dem rung der Innenraumluft als Pflanzen. Ressourcen neue Wege in der Vermittlung von wissen- zugrunde liegt die sogenannte Bio- Pflanzen wirken sich jedoch positiv schaftlichen Fakten. Das unterhaltsame Freizeiterlebnis philie-Hypothese, das heisst das na- auf Gesundheit, Wohlbefinden und soll auf niederschwellige Art für das Thema Nachhaltigkeit türliche Bedürfnis der Menschen, Arbeitsleistung aus. Die praktische sensibilisieren. Im Vordergrund stehen jedoch das Spiel- eine Verbindung zu Natur und na- Anwendung soll in weiteren Studien vergnügen und der Wettlauf gegen die Zeit. türlichen Elementen einzugehen. Die untersucht werden. 17
FORSCHUNG Impact | September 2019 Eltern verunsichert durch Dr. Google Wie Schweizer Väter und Mütter Informationen zu Kin- dergesundheit und -entwicklung im Internet nutzen, hat erstmals eine ZHAW-Studie mit rund 750 Elternpaaren untersucht. Die Studie zeigt: Über 90 Prozent der Eltern informieren sich über digitale Medien zur Gesundheit und Entwicklung ihres Kindes. Primäre Quellen sind dabei Suchmaschinen und spezifische Eltern-Webseiten. Aber: Printmedien weisen eine ähnlich hohe Nutzung auf. Die häufigste Informationsquelle bleiben jedoch soziale Kon- takte. Eltern nutzen Online-Angebote hauptsächlich zu allgemeinen Gesundheitsthemen oder als erste Orientie- rung. «Im Fall einer akuten Erkrankung des Kindes werden digitale Informationskanäle dagegen deutlich weniger konsultiert», so Julia Dratva vom ZHAW-Departement GESUNDHEIT. Das dürfte auch mit der mangelnden Ver- trauenswürdigkeit in die digitalen Medien zusammenhän- Die Nackentherapie liess sich auch Bundespräsident Ueli Maurer am Digital gen. So glauben 90 Prozent der Studienteilnehmenden, Day in Zürich vom ZHAW-Rektor Piveteau und den Forschenden zeigen. dass die im Internet gefundenen Informationen «nur manchmal» der Wahrheit entsprechen. INDIVIDUALISIERTE THERAPIE Ein Computerspiel für die Palliative Care in Schweizer Heimen Nackenschmerztherapie Der Ständerat hat den Bundesrat mit einem Bericht beauf- tragt, auf dessen Grundlage die Betreuung und Behand- Um Nackenbeschwerden zu lindern, steuern, die in einem Teich ihre Küken lung von Menschen am Lebensende verbessert werden gibt es bisher keine einheitliche The- füttert. Die Gamification macht aus soll. Der Bericht soll aufzeigen, wie die allgemeine Pallia- rapie. Zu unterschiedlich sind die eher trockenen Übungen ein motivie- tive Care in der Grundversorgung sowie die spezialisierte Ursachen, zu vielfältig die Bedürf- rendes Spiel. Die Forschenden wollten Palliative Care nachhaltig gefördert werden können. Dazu nisse der Betroffenen. Deshalb ha- sichergehen, dass sich die Therapie gehört ein Überblick über die bestehende Palliativversor- ben Forschende der ZHAW-Departe- in der Praxis bewährt. Deshalb wa- gung in Schweizer Alters- und Pflegeheimen, über die es mente GESUNDHEIT und SCHOOL OF ren neben Hocoma zahlreiche weitere derzeit jedoch noch keine Daten gibt. Für das Bundesamt ENGINEERING zusammen mit dem Praxispartner an dem von der Agen- für Gesundheit führt daher die Forschungsstelle für Pfle- Industriepartner Hocoma und Part- tur für Innovationsförderung des gewissenschaften am ZHAW-Departement GESUNDHEIT nern aus der klinischen Praxis die Bundes Innosuisse mitfinanzierten das Projekt «Palliative Care in long-term care facilities «Valedo Nackentherapie» entwickelt. Projekt beteiligt. Die Universitätskli- (Carlo)» durch. Die Resultate dienen einer ersten Einschät- Das System soll eine individualisier- nik Balgrist, Balgrist Mov>Med, die zung zur Palliativversorgung in den Heimen und fliessen te und günstige Therapie ermögli- Medbase-Praxis Archhöfe und das in den bundesrätlichen Bericht ein. chen und dabei Spass machen. Es er- Physiowerk Aadorf haben definiert, fasst über Sensoren die Bewegungen für welche Patientinnen und Pati- der Patientin oder des Patienten und enten die Methode entwickelt werden Richtig schlafen: Institut für Ergotherapie überträgt diese in ein Computerspiel. soll und wie präzise die Messungen schult Ikea-Mitarbeitende Die Bewegungen werden so visuali- sein müssen. Die ZHAW-Forschenden Eine erholsame Bettruhe ist wichtig für Körper und Geist. siert. Gleichzeitig wird die Haltung haben basierend auf diesen Anforde- Bloss: Rund ein Viertel der Schweizer Bevölkerung leidet des Nackens analysiert. So können rungen zwei Prototypen entwickelt. unter Schlafstörungen. Um die Kundschaft besser bera- Fehlhaltungen sichtbar gemacht wer- Getestet wurde die Nackentherapie ten zu können, lässt Ikea ihre Mitarbeitenden vom ZHAW den. «Mit dieser Nackentherapie kön- mit 24 Testpersonen und zwölf The- Institut für Ergotherapie zum Thema Schlaf schulen. Be- nen wir Übungen anbieten, die auf rapeutinnen wiederum in den Kli- reits seit 2016 engagierte das Möbelhaus das Institut für die spezifischen Bedürfnisse der Be- niken. Das Feedback aus diesen Tests Ergotherapie für Kunden-Schlafworkshops in ihren Filia- troffenen abgestimmt sind», erklärt fliesst in die Weiterentwicklung der len. Ergo- sowie Physiotherapeutinnen und -therapeuten P rojektleiter Christoph Bauer vom Prototypen ein. «Mittelfristig soll das führten in den letzten drei Jahren knapp 200 einstündige Departement Gesundheit der ZHAW. Computerspiel nicht nur bei der Phy- Workshops mit interessierten Ikea-Kundinnen und -Kun- Die Patientinnen und Patienten müs- siotherapeutin oder beim Physiothe- den durch. Noch bis im September schult das Institut für sen beispielsweise mit gezielten Na- rapeuten, sondern auch zu Hause be- Ergotherapie zudem einen Teil des Verkaufspersonals der ckenbewegungen eine Entenmutter nutzt werden können», so Bauer. neun Ikea-Standorte in der Schweiz zum Thema Schlaf. 18
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