Öffentlicher Dienst im Einsatz - Der Öffentliche Dienst aktuell - GÖD

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Öffentlicher Dienst im Einsatz - Der Öffentliche Dienst aktuell - GÖD
Der Öffentliche Dienst aktuell                                         Ausgabe 1 / Jänner 2019 € 4,50

                                                                                                                                                Öffentlicher
                                                                                                                                             Dienst im Einsatz
◆ Österreichische Post AG – MZ 03Z035300 M – GÖD, Teinfaltstraße 7, 1010 Wien ◆ nicht retournieren

                                                                                                                                      Bilanz des österreichischen
                                                                                                                                           EU-Ratsvorsitzes

                                                                                                                       +++ NEUE WEGE ZUR REFORM: INNERBETRIEBLICHES VORSCHLAGSWESEN +++
Öffentlicher Dienst im Einsatz - Der Öffentliche Dienst aktuell - GÖD
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                                                                             Bau           e
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                                                                                  in Beru

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Öffentlicher Dienst im Einsatz - Der Öffentliche Dienst aktuell - GÖD
EDITORIAL

GESCHÄTZTE KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN!

Z
       ahlen sagen bekanntlich mehr als tausend Worte. 2.722 Veranstaltungen und Tagungen, über
       2.062 Sitzungen von Vorbereitungsgremien des Rates, 450.000 im Rahmen der Polizeiarbeit
       geleistete Überstunden, 135 Millionen Euro, die durch den Vorsitz erwirtschaftet wurden – um
nur einige zu nennen– sprechen eine deutliche Sprache. Diese willkürlich hervorgehobenen Zahlen
zeigen: Österreich hat mit seinem EU-Ratsvorsitz eine beachtliche Performance geliefert, die profes-
sionelle Abwicklung der Vorsitzführung wurde international viel beachtet und gelobt. Der Dank dafür
gebührt den vielen Kolleginnen und Kollegen aus den beteiligten Bereichen des Öffentlichen Dienstes.
Sie alle haben hervorragende Leistungen erbracht und mit ihrem großen Einsatz eine erfolgreiche
Abwicklung der EU-Ratspräsidentschaft ermöglicht und einen reibungslosen Ablauf sichergestellt.

 SPITZENLEISTUNGEN Abseits dieser im zweiten Halbjahr 2018 besonders exponierten Tätigkeits-
felder richten wir unser Augenmerk diesmal auf zwei Bereiche des Öffentlichen Dienstes, die einen
unentbehrlichen Beitrag zur Sicherheit unseres Landes leisten: Zum einen die Justiz, konkret unsere
Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und auch die Kolleginnen und
Kollegen in der Justizverwaltung, die etwa mit der professionellen Verwaltung von Grundbuch und
Firmenbuch dafür sorgen, dass diese wichtigen Bereiche reibungslos funktionieren. Zum anderen die
Sicherheitsverwaltung, deren Kolleginnen und Kollegen sich Tag für Tag hinter den Kulissen für ein
reibungsloses Funktionieren unseres gesamten Sicherheitsapparates einsetzen.

INNERBETRIEBLICHES VORSCHLAGSWESEN Verwaltungsreform ist ein permanenter Prozess. Sinn-
volle Verwaltungsreformprojekte wurden von der GÖD immer unterstützt. Dass der Weg dorthin oft
ein steiniger und beschwerlicher ist, ist Fakt. Wenn nun aus dem Ressort des für
Reformen zuständigen Ministers Dr. Josef Moser als Zugang für Reformen die
Einbindung der internen Expertinnen und Experten gewählt wird, nehmen wir
das positiv zur Kenntnis. „Wir sind auf die Expertise, die Kreativität und die
Erfahrung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewiesen“, erklärt der
Bundesminister und will dieses Potenzial für einen Ideenwettbewerb nutzen.
Wir freuen uns, dass nun endlich auf internes Know-how zurückgegriffen
wird statt wie bisher oft auf teuer bezahlte externe Berater – denn niemand
kennt den Öffentlichen Dienst besser als die Kolleginnen und Kolle-
gen vor Ort. Auf dieses Wissen kann man bauen.

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NORBERT SCHNEDL
Vorsitzender

                                   3 · GÖD 1-19
Öffentlicher Dienst im Einsatz - Der Öffentliche Dienst aktuell - GÖD
KOLUMNE������������������������������������������������� 11

                                                                 INHALT
BV 22 PENSIONISTEN��������������������������� 26
STARK. WEIBLICH����������������������������������� 31
GÖD-HOTELS������������������������������������������� 34
RECHT�������������������������������������������������������� 36
BVA ������������������������������������������������������������� 40
GÖD-CARD ������������������������������������������������ 45
BV 2 WIRTSCHAFTSVERWALTUNG��� 48
PANORAMA������������������������������������������������ 49

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                                                                                                                                                     Titelgeschichte
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                                                                                                                                                     Europa
Impressum                                                                                                                                            Dank der hervorragenden Leistung
                                                                                                                                                     der Mitarbeiterinnen und Mitarbei-
„GÖD – Der öf­fent­liche Dienst aktuell“ ist das Mit­glie­
 der­magazin der Ge­werk­schaft Öf­fent­licher Dienst und
                                                                                                                                                     ter aller Ressorts, Botschaften und
 erscheint im 74. Jahr­gang. ­He­r­aus­ge­ber: Gewerkschaft                                                                                          der Ständigen Vertretung in Brüssel
 Öffentlicher Dienst, Dr. Norbert Schnedl. Medien­in­                                                                                                ­konnte Österreich beim Ablauf des
 haber: GÖD Wirtschaftsbetriebe GmbH, A-1010 Wien,
 Teinfaltstraße 7. Chefre­dak­teur: Otto Aiglsperger, A-1010                                                                                          EU-Ratsvorsitzes den Erwartungen
 Wien, Teinfaltstraße 7, Tel.: 01/534 54, Internet: www.                                                                                              mehr als gerecht werden. Im Inter-
 goed.at, E-Mail: goed@goed.at. Kon­zep­tion, Redaktion
 und Grafik: Mo­dern Times Me­dia Ver­lags­gesmbH, A-1030                                                                                             view zieht Bundeskanzler Sebastian
Wien, Lagergasse 6. Verlags­leitung und Chefin vom                                                                                                    Kurz Bilanz und spart nicht mit Lob
Dienst: Dr. Michaela Baumgartner, Art-Direktion: Ingrid
Olbrich. Grafik: Marion Leodolter. Hersteller: Druckerei                                                                                              für den Öffentlichen Dienst
Berger, A-3580 Horn, Wiener Straße 80. Verlagsort: Wien.                                                                                              (ab Seite 9).
­Her­stellungsort: Horn. DVR-Nr.: 0046655.

                                                                                                                                                     20
 Namentlich gekennzeichnete Beiträge stellen die Mei-
 nung der Autorin bzw. des Autors dar, die sich nicht mit
                                                                                       COVERFOTO: BET_NOIRE, CGINSPIRATION/GETTY IMAGES/ISTOCKFOTO

 der Meinung der GÖD decken muss.
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 archiv mit derzeit mehr als 900 Medien und rund 140 Mil-
 lionen Dokumenten für JournalistInnen, ManagerInnen,
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OFFENLEGUNG GEMÄSS MEDIENGESETZ § 25
GÖD Wirtschaftsbetriebe GmbH, A-1010 Wien, Teinfalt­straße 7.
Unternehmens­gegenstand: Führung der wirtschaftlichen Tätig-
keiten, insbesondere der Wirtschaftsbetriebe der Gewerkschaft
Öffentlicher Dienst. Geschäftsführung: Otto Aiglsperger. Einzi-
ger Gesellschafter: Bildungs- und Presseverein der Gewerk-
schaft Öffentlicher Dienst. Sitz: Wien. Betriebs­gegenstand:
Herstellung und Verarbeitung sowie Verlag literarischer ­Werke
aller Art. Die Blattlinie entspricht jenen Grundsätzen, die in
den Statuten und der Geschäftsordnung der Gewerkschaft
Öffentlicher Dienst (Fassung gemäß Beschluss durch den
17. Bundeskongress der GÖD) festgehalten sind.

                                                                        4 · GÖD 1-19
Öffentlicher Dienst im Einsatz - Der Öffentliche Dienst aktuell - GÖD
VERWALTUNGSREFORM12
                                               Innovativer Ideenwettbewerb
                                               Das Bundesministerium für Verfassung,
                                               ­Reformen, Deregulierung und Justiz setzte
                                                die Verbesserungsvorschläge der Mitarbeite-
                                                rinnen und Mitarbeiter in die Realität um.

                                               RICHTER & STAATSANWÄLTE                   14
                                               Justiz ist kein Selbstzweck
                                               Sie wurden verletzt und hätten gerne
                                               Schmerzengeld? Sie haben endlich nach
                                               langer Suche eine leistbare Eigentumswoh-
                                               nung gefunden und benötigen einen Blick ins
                                               Grundbuch? Willkommen im Alltag der Justiz.

                                               SICHERHEITSVERWALTUNG17
                                               Schattenkämpfer
                                               Die Bediensteten der Sicherheitsverwaltung
                                               halten den Exekutivbeamten den Rücken frei.
                                               Ein Blick hinter die Kulissen.

                                               ZOLLWACHE20
                                               Österreichs Zollinseln
                                               189 Zollbedienstete sorgen in Vorarlberg für
                                               einen reibungslosen Ablauf an den EU-Außen-
                                               grenzen zur Schweiz und zu Liechtenstein.

                                               FINANZVERWALTUNG24
                                               Forderungen erfüllt
                                               Gewerkschaft und Personalvertretung haben
                                               sich bei der Überarbeitung des Konzepts zur
                                               „Modernisierung der Steuer- und Zollverwal-
                                               tung“ intensiv eingebracht. Mit Erfolg.

                                               VIENNA CITY MARATHON                      32
                                               Für Mitglieder läuft es besser!

                                 12
                                               Auch beim diesjährigen Vienna City Marathon
                                               am 7. April 2019 können GÖD-Mitglieder den
                                               exklusiven VIP-Service vor und nach dem Lauf
                                               genießen.

                                               SOZIALE BETREUUNG                         35
                                               Wir fördern unsere Familien
                                               Die Gewerkschaft konnte den Unterstüt­
     Haben sich Name oder                      zungsbeitrag für Familien mit Kindern um
                                               20 Prozent erhöhen.
     Adresse geändert?
     In diesen Fällen bitte die E
                                ­ videnz der   HOLIDAY ON ICE                            42
     GÖD rufen (Tel.: 01/534 54-139) oder      Mystisches Atlantis
     E-Mail senden an: goed.evidenz@goed.at    Das Präsidium und der Vorstand der GÖD
     Auf der GÖD-Website www.goed.at.          luden Wiener Gewerkschafts-Jubilare und
     können die Daten per Online-Formular      ihre Begleitung zur GÖD-Mitgliederehrung in
     geändert werden.

42
                                               die Wiener Stadt­halle ein.

                                5 · GÖD 1-19
Öffentlicher Dienst im Einsatz - Der Öffentliche Dienst aktuell - GÖD
TITEL
                                                  GESCHICHTE

                                                            D
                                                                    ieser Erfolg ist kein Zufall. Schon früh
                                                                    wurde mit der gezielten Vorbereitung
                                                                    begonnen. Ein umfassendes Schulungs-
                                                            programm für die Mitarbeiterinnen und Mit-
                                                            arbeiter wurde zusammen mit der Diplomati-
                                                            schen Akademie, der Verwaltungsakademie des
                                                            Bundes und dem Generalsekretariat des Rates
                                                            in Wien und in Brüssel umgesetzt. Sprachtrai-

TOPLEISTUNG
                                                            ning, Verhandlungsführung, Vorsitzführung in
                                                            den Ratsgremien, vertiefende Einblicke in die
                                                            EU-Gesetzgebung, das Thema Brexit, den mehr-

 FÜR EUROPA
                                                            jährigen Finanzrahmen und vieles mehr waren
                                                            darin enthalten. „Diese intensive Fortbildung
                                                            steigerte nicht nur die Qualität der Vorsitzfüh-
                                                            rung. Natürlich profitiert jeder und jede Einzelne
                                                            persönlich und langfristig davon“, ist Adalbert
           Als letzter vollständiger Ratsvorsitz vor den    Bicserdy, Vorsitzender des Dienststellenaus-
  ­ ahlen zum Europäischen Parlament war Österreich
  W                                                         schusses und des Gewerkschaftlichen Betriebs-
  mit großen Erwartungshaltungen konfrontiert. Dank         ausschusses im Außenamt, überzeugt.
der hervorragenden Leistung der Mitarbeiterinnen und
        Mitarbeiter aller Ressorts, Botschaften und der     Mit kollegialer Zusammenarbeit zum Erfolg
                                                            Die Verwaltung musste während des Vorsitzes ein
     Ständigen Vertretung in Brüssel konnte Österreich
                                                            gewaltiges Arbeitspensum bewältigen. „Einige
           beim Ablauf des Vorsitzes dieser Erwartung
                                                            Stellen waren natürlich stärker betroffen als ande-
                               mehr als gerecht werden.     re, aber insgesamt konnte der Vorsitz nur gelingen,
                                       VON CARINA WURZ      da höchst professionell und kollegial zusammen-

                                                  6 · GÖD 1-19
Öffentlicher Dienst im Einsatz - Der Öffentliche Dienst aktuell - GÖD
gearbeitet wurde“, sagt Botschafter Alexander
Schallenberg, der als Leiter der EU-Sektion im
Kanzleramt den Ratsvorsitz koordinierte. Die
gemeinsam erzielten Leistungen sind beachtlich:
Insgesamt fanden knapp über 2000 Sitzungen von
Vorbereitungsgremien des Rates statt, rund 1500
unter österreichischem Vorsitz. Dazu kamen 14
informelle und 36 formelle Ratstreffen auf Minis-                                                                 SC Botschafter Mag. Alexander
                                                                                                                  Schallenberg, Leiter der Sektion
terebene sowie vier Treffen der Staats- und Regie-
                                                                                                                  Koordination im Bundeskanzleramt
rungschefs. Mit dem Europäischen Parlament
gab es 161 Trilogverhandlungen sowie unzählige
Vorverhandlungen auf technischer Ebene. Inhalt-                                                      von neuen Grenzwerten bei acht krebserregenden
lich waren eine der größten Herausforderungen                                                        Stoffen. Auch das EU-weite Verbot von Einweg-
die Verhandlungen zum nächsten Mehrjährigen                                                          plastik und die Reduktion von CO2-Emissionen bei
Finanzrahmen 2021–2027. Trotz schwieriger poli-                                                      Lkw und Bussen wurden unter österreichischem
tischer Rahmenbedingungen und der Komple-                                                            Vorsitz erreicht. Im Bereich Sicherheit wurden
xität des Dossiers gelang es, dem Europäischen                                                       unter anderem EU-weite Regeln gegen die Ver-
Rat im Dezember 2018 einen soliden Fortschritts-                                                     breitung terroristischer Online-Inhalte und für
bericht sowie eine vollständige „Verhandlungs-                                                       die Sicherung elektronischer Beweismittel im Netz
box“ vorzulegen. „Dieser Erfolg wurde auch vom                                                       festgelegt. Besonders intensive Zeiten bescherten
Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker                                                           auch die Großveranstaltungen: Der informelle Gip-
ausdrücklich gelobt“, so Schallenberg. Über 300                                                      fel der EU-Staats- und Regierungschefs in Salzburg
Vorsitzveranstaltungen wurden in Österreich                                                          war nicht nur politisch, sondern genauso für viele
organisiert – von kleineren Expertenseminaren bis                                                    Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Höhepunkt
hin zu großen Konferenzen mit über 1000 Teilneh-                                                     des Vorsitzes – auch für Schallenberg selbst: „Das
merinnen und Teilnehmern. Für die Bewältigung                                                        Treffen war perfekt organisiert, und der gesetzte
der Herausforderung wurden etwas mehr als 300
zusätzliche, temporäre Mitarbeiterinnen und Mit-
arbeiter (sogenannte „EU-Poolisten“) aufgenom-
men und die Anzahl der Kolleginnen und Kollegen                                                      Was ist der …?
an der Ständigen Vertretung in Brüssel erhöht.
                                                                                                     Rat der Europäischen Union („Ministerrat“)
Voller Einsatz auf allen Ebenen                                                                      Im Rat der Europäischen Union sind die Regierungen der
„Der Arbeitsalltag wurde länger und intensiver,                                                      Mitgliedstaaten vertreten. Im Gegensatz zum Europäi-
da auch außerhalb von Sitzungen gemeinsam mit                                                        schen Rat, der sich aus den Staats- und Regierungschefs
dem Ratssekretariat, der Kommission, den Juristi-                                                    der Mitgliedstaaten zusammensetzt, treffen sich im Rat
schen Diensten und einzelnen Mitgliedstaaten an                                                      der Europäischen Union ausschließlich die Minister. Der
Kompromissen und Fortschritten gefeilt wurde“,                                                       Rat der Europäischen Union ist (zusammen mit dem Euro-
weiß Adalbert Bicserdy. Dazu kamen die Verhand-                                                      päischen Parlament) das Hauptbeschlussorgan der EU.
lungen mit dem Europäischen Parlament. „Vor
allem in der Schlussphase des Vorsitzes bedeute-                                                     Informeller EU-Ministerrat
ten diese für viele Beteiligten lange Arbeitstage -                                                  Es ist etablierte Praxis, dass jeder Ratsvorsitz informelle
oder sogar Arbeitsnächte“, bestätigt Sektionschef                                                    Ministertagungen veranstaltet, die oft als „Informeller
                                                                                 IMAGES/ISTOCKFOTO

Schallenberg. Mit diesem Einsatz konnten wichtige                                                    Ministerrat“ bezeichnet werden. Diese Tagungen ersetzen
Einigungen in Rat und Parlament erzielt werden.                                                      die Tätigkeit des Rates nicht, sondern sollen einen freien
Beispielsweise wurden der Austritts­vertrag Groß-                                                    Gedankenaustausch – im Sinne von Beratungen, nicht
britanniens am 25. ­November von den Staats- und                                                     Beschlüsse – ermöglichen.
                                                      FOTOS:EDUARDHARKONEN/GETTY

Regierungschefs angenommen und zugleich die
Umsiedlung der Europäischen Arzneimittelagen-                                                        Trilog
tur und der Europäischen Bankenaufsicht von                                                          Unter einem Trilog versteht man paritätisch zusammen­
London nach Amsterdam und Paris beschlossen.                                                         gesetzte Dreiertreffen zwischen den in den Gesetzge-
                                                             XXXXXXX

Im Bereich Arbeitnehmerschutz einigten sich die                                                      bungsprozess der EU involvierten Institutionen – der Euro-
Mitgliedstaaten auf die Schaffung einer Europä-                                                      päischen Kommission, dem Rat der Europäischen Union
                                                      FOTO:

ischen Arbeitsagentur sowie auf die Festlegung                                                       und dem Europäischen Parlament.

                                                      7 · GÖD 1-19
Öffentlicher Dienst im Einsatz - Der Öffentliche Dienst aktuell - GÖD
Rahmen schuf ausgezeichnete Voraussetzungen
Zahlen, Daten, Fakten

                        Während des Vorsitz Österreichs im Rat der Europäi-                        für gute Diskussionen“, lobt er die gute Arbeit
                        schen Union im zweiten Halbjahr 2018 fanden zahlrei-                       der Kolleginnen und Kollegen. Das hochrangige
                        che Veranstaltungen statt, die ohne die Leistungen des                     Forum Afrika-Europa im Dezember war ein wei-
                        Öffentlichen Dienstes nicht möglich gewesen wären:                         teres Highlight. „Damit setzte Österreich nicht
                                                                                                   nur ein sichtbares Signal zum Aufbau einer neu-
                                                                                                   en und umfassenden Partnerschaft mit unserem
                           2722     Veranstaltungen und Tagungen                                   Nachbarkontinent, es war auch ein fulminanter
                                                                                                   und farbenfroher Abschluss unseres Vorsitzes“,
                           2062	Sitzungen von Vorbereitungsgremien                                so Schallenberg.
                                    des Rates
                                                                                                   Brücken bauen: Österreichische
                             161 	Triloge mit dem                                                 Kompetenz für die EU
                                    Europäischen Parlament                                          Das Forum steht für Schallenberg auch symbolisch
                                                                                                    für Österreichs große Stärken: „Aufgrund seiner
                                 7	Plenartagungen im                                               Größe, seiner Geschichte und seiner Lage inmit-
                                    Europäischen Parlament                                          ten des Kontinents ist Österreich vielleicht besser
                                                                                                    als andere in der Lage, Spannungen zu spüren
                               14   Informelle Ratstagungen                                         und dort, wo notwendig, auch eine Brückenbau-
                                                                                                    erfunktion wahrzunehmen“, meint er. Das und die
                             363    Vorsitz-Veranstaltungen                                         österreichische Fähigkeit zur „Wertschätzung von
                                                                                                    Kompromissen“ seien während des Ratsvorsitzes
                        Im Sinne des pro-europäischen Regierungsprogram-                            besonders gefordert gewesen. Schließlich galt es,
                        mes gelang es der Bundesregierung, die EU positiv                           zwischen den unterschiedlichsten Interessen zu
                        mitzugestalten:                                                             vermitteln: zwischen Ost und West, zwischen Nord
                                                                                                    und Süd, zwischen Nettozahlern und Nettoemp-
                                                                                                                     fängern – innerhalb des Rates und
                               53	politische Einigungen mit dem                                                     zwischen den einzelnen EU-Insti-
                                    Europäischen Parlament                                                           tutionen. „Der Erfolg eines Vorsit-
                                                                                                                     zes wird nicht in erster Linie daran
                               75   Einigungen im Rat                                                                gemessen, ob man eigene Positi-
                                                                                                                     onen durchgesetzt hat, sondern
                               56	Schlussfolgerungen und Empfehlungen                                               ob man tragfähige Kompromisse
                                    angenommen                                                                       erreichen konnte. Und ich denke,
                                                                                                                     hier konnte Österreich seine Stär-
                             509    weitere Entscheidungen des Rates                                                 ken gut einsetzen“, so das zufrie-
                                                                                                                     dene Resümee des Sektionschefs.
                               52	Rechtsakte von Rat und Europäischem                      Adalbert Bicserdy,       Auch wenn Österreichs Ratsvorsitz
                                    Parlament unterschrieben                                Vorsitzender             nun zu Ende gegangen ist, wirkt er
                                                                                            des DA und des           noch lange nach: Denn die engeren
                        Der Ratsvorsitz Österreichs ist auch als                            Gewerkschaftlichen       Netzwerke zu anderen Mitglied-
                                                                                            Betriebsausschusses      staaten und den EU-Institutionen
                        Wirtschaftsfaktor bedeutend:
                                                                                            im Außenamt
                                                                                                                     und ein tieferer Einblick in die
                                                                                                                     Abläufe der europäischen Union
                        135 Mio. Euro hat der Ratsvorsitz nach                                      werden auch in Zukunft dabei helfen, Österreichs
                                    v orläufigen Zahlen zum österreichischen                       Interessen in der EU wirksam zu vertreten. „Die Vor-
                                     Bruttoinlandprodukt beigetragen.                               sitzarbeit erlaubt einen einzigartigen Blick hinter
                                                                                                    die Kulissen. Das ist ein Gewinn – nicht nur persön-
                           2305	Arbeitsplätze wurden dadurch österreich-                           lich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, son-
                                                                                    QUELLE: BKA

                                    weit geschaffen bzw. gesichert.                                 dern auch für Österreich als Ganzes“, ist Alexander
                                                                                                    Schallenberg überzeugt.                            l

                                                                                 8 · GÖD 1-19
Öffentlicher Dienst im Einsatz - Der Öffentliche Dienst aktuell - GÖD
TITEL
                                               GESCHICHTE

„BIN DANKBAR
 FÜR DEN
 EINSATZ “
       Das Interview nach dem österreichi-
       schen EU-Ratsvorsitz 2018: Bundes-
       kanzler Sebastian Kurz zieht Bilanz
       und spart nicht mit Lob für den
       Öffentlichen Dienst.
       VON DR. MICHAELA BAUMGARTNER

Herr Bundeskanzler, was waren aus Ihrer Sicht                                  um 95 Prozent zurückgegangen. Eine besondere
die Highlights des österreichischen EU-Vor­                                    ­Herausforderung waren aber die teils langwieri-
sitzes? Worin lagen rückblickend die besonderen                                 gen Entscheidungsfindungsprozesse in der EU.
Heraus­forderungen?
Unsere Bilanz kann sich sehen lassen. Wir haben                                Sie haben sich zu Beginn des Vorsitzes ehrgeizige
zum Beispiel erhebliche Fortschritte beim nächs-                               Ziele gesetzt, etwa die Sicherung des Wohlstan-
ten EU-Budget erzielt. Bei den Trilogverhandlun-                               des und der Wettbewerbsfähigkeit durch Digita-
gen mit dem Europäischen Parlament konnten wir                                 lisierung, eine gute Nachbarschaftspolitik, den
über 50 Triloge erfolgreich abschließen und über                               Kampf gegen illegale Migration oder die Stär-
70 Einigungen im Rat erzielen. Das betrifft Berei-                             kung des Subsidiaritätsprinzips. Wo gab es da
che wie den Schutz von Arbeitnehmerinnen und                                   im letzten halben Jahr Bewegungen in die von
Arbeitnehmern vor krebserregenden Stoffen oder                                 Ihnen angestrebte Richtung?
CO2-Reduktionsziele im Verkehr. Darüber hinaus                                 Im Bereich der Migration ist es uns gelungen, die
ist es uns bei den schwierigen Brexit-Verhand-                                 Trendwende weiter zu verfestigen. Endlich haben
                                                       FOTO: ARNO MELICHAREK

lungen gelungen, Chefverhandler Michel Barnier                                 wir den alleinigen Fokus auf die Verteilung der
bestmöglich zu unterstützen und die Einheit der                                Flüchtlinge innerhalb Europas überwunden und
EU-27 zu bewahren. Auch bei der Eindämmung                                     arbeiten an einem ordentlichen Schutz der EU-
der illegalen Migration haben wir viel erreicht. Die                           Außengrenze. Wir arbeiten auch bereits eng mit
Zahl der illegalen Ankünfte ist im Vergleich zu 2015                           Drittstaaten wie Libyen oder Ägypten zusammen

                                                  9 · GÖD 1-19
Öffentlicher Dienst im Einsatz - Der Öffentliche Dienst aktuell - GÖD
TITEL
                                               GESCHICHTE

beim Kampf gegen Schlepper und der Rückstel-                Anteil daran tragen die Mitarbeiterinnen und
lung von Schlepperbooten nach Nordafrika. Damit             Mitarbeiter des Öffentlichen Dienstes?
konnten wir auch das massenhafte Sterben im Mit-            Ich bin allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
telmeer weiter reduzieren. Bei der Besteuerung              der ständigen Vertretung in Brüssel, aber auch
von Internetgiganten hat Finanzminister Hartwig             in Wien sehr dankbar für ihren großen und sehr
Löger viel Einsatz gezeigt, und es ist gelungen,            professionellen Einsatz. Ohne sie hätten wir diese
einen Meinungsumschwung innerhalb der EU her-               Erfolge jedenfalls nicht erzielen können.
beizuführen. Falls die Digitalsteuer auf EU-Ebene
dennoch nicht kommen sollte, werden wir in                  Was geben Sie Rumänien, das ja jetzt den
Österreich jedenfalls eine Digitalsteuer einführen.         ­EU-Vorsitz von Österreich übernommen hat,
Denn es kann nicht sein, dass Internet­giganten              für die nächsten sechs Monate mit auf den Weg?
wesentlich weniger Steuern zahlen als Mittel-                Ich möchte Rumänien keine Ratschläge erteilen,
standsunternehmen oder Handwerksbetriebe.                    die Prioritäten des rumänischen Ratsvorsitzes, wie
Das ist eine Frage der Gerechtigkeit. Auch in unse-          etwa an einer bürgernäheren EU zu arbeiten oder
rer unmittelbaren Nachbarschaft, am Westbalkan,              die Einheit der EU zu stärken, sind richtig gewählt.
konnten wir weitere Fortschritte bei der Annähe-             Präsident Klaus Johannis werde ich bestmöglich
rung an die EU erzielen. Mit Serbien konnten zwei            dabei unterstützen und freue mich schon auf den
weitere Verhandlungskapitel und mit Montenegro               informellen Gipfel in Sibiu am 9. Mai.
eines eröffnet werden, während Skopje und Athen
weiter erfolgreich an der Umsetzung der Einigung            Im Mai, in Österreich konkret am 26., findet die
im Namensstreit gearbeitet haben.                           Europawahl, die neunte Direktwahl zum Euro-
                                                            päischen Parlament, statt. Wie schätzen Sie die
Eine der größten Herausforderungen der letz-                Stimmung im Lande ein?
ten Monate war sicherlich der Dauerbrenner                  Es gilt, mit der neuen EU-Kommission an einem
Brexit. Was konnte Österreich zu einer vernünf-             Europa der Subsidiarität zu arbeiten. Also ein
tigen Abwicklung beitragen? Sind wir in dieser              Europa, das groß ist in den großen Fragen, wie
heiklen Angelegenheit einen Schritt weiterge-               dem Schutz der Außengrenzen, und zugleich Mit-
kommen?                                                     gliedstaaten oder Regionen in Fragen, die diese
Als Vorsitz sind wir mit dem Anspruch angetreten,           selbst besser regeln können, entscheiden lässt.
die Einheit der EU zu wahren. Das ist gelungen.
Wir konnten die Verhandlungen zu einem Aus-                 Auf die Frage „Was möchten Sie am Abend des
trittsabkommen und einer politischen Erklärung              31. Dezember 2018 sagen können“ antworteten
zum zukünftigen Verhältnis mit der britischen               Sie im Interview mit „GÖD-aktuell“: „Ich würde
Regierung im November abschließen. Nach dem                 mich freuen, wenn wir in entscheidenden Fragen
negativen Ausgang der Abstimmung zum Aus-                   einen Schritt nach vorne gemacht haben und
trittsabkommen im britischen Parlament ist nun              Österreichs Vielfalt und Schönheit auf der euro-
London am Zug, seine Vorstellungen weiter zu prä-           päischen Bühne würdig präsentieren konnten.“
zisieren. Wenn es eine ordentliche Strategie gibt,          Ist Ihnen das gelungen?
dann ist eine Verschiebung des Austrittstermins             Uns sind viele wichtige Reformen gelungen im
um ein paar Monate vorstellbar. Unser Ziel bleibt           letzten Jahr, um den Standort Österreich nach
es jedenfalls, ein No-Deal-Szenario, also einen             vorn zu bringen. Wir haben 60 Jahre lang jedes
harten ungeordneten Brexit, zu vermeiden. Denn              Jahr aufs Neue Schulden gemacht, dieses Jahr
das würde der EU, aber vor allem Großbritannien             erzielen wir erstmals einen administrativen Haus-
massiv schaden. Aber auch auf einen harten Brexit           haltsüberschuss. Mit dem Ratsvorsitz ist es uns
sind wir gut vorbereitet.                                   auch gelungen, Österreich als proeuropäisches
                                                            und gastfreundliches Land in Europa und der
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Jun-                    Welt zu präsentieren. Dieses Jahr werden wir das
cker lobte die österreichische Vorsitzführung.              Reformtempo so fortsetzen.
Noch nie habe ein Ratsvorsitz so schnell gear-
beitet, stellte er unter anderem fest. Welchen              Danke für das Gespräch.                           l

                                                 10 · GÖD 1-19
OLUMNE

                                         Vom Ostblock zum Brexit

                            Europa im Wandel

F
        ünf Stunden Wartezeit an der Gren-                                       se haben? Werden Lebensmittelpreise
        ze bei der Einreise nach Österreich.                                     explodieren und die Lkw in den franzö-
        Es war im Dezember 1983, meine                                           sischen Häfen kilometerweit anstehen
erste Reise mit Freunden nach Buda-                                              und auf die Zollabfertigung warten? Zur
pest; am Grenzübergang des „Eisernen                                             Stunde ist dies alles ungewiss, ja es steht
Vorhanges“ in Hegyeshalom/Nickelsdorf                                            aktuell auch eine Verschiebung des Aus-
warteten wir nach zwei Fahrstunden auf                                           trittes im Raum.1 Als die Mehrheit der
die Grenzkontrolle. Es war zwar eine über-                                       Bürgerinnen und Bürger des Vereinigten
schaubare Menge an Fahrzeugen, die                                               Königreiches am 26. Juni 2016 für den
Kontrolle jedes Einzelnen dauerte aber                                           Austritt aus der EU stimmte, waren sich
ewig. Endlich waren wir an der Reihe, Päs-                                       viele der Komplexität und Risken offenbar
se wurden eingezogen, die Jalousie im                                            nicht bewusst, sie wollten aus einer auf-
Grenzhäuschen heruntergelassen. Nach              Otto Aiglsperger:              geheizten Stimmung heraus einfach weg.
zwanzig Minuten erhielten wir die Pässe         Der Autor ist Leiter des         Wenngleich es auch in Österreich immer
zurück und durften nach der Kofferraum-         Bereichs Organisation            wieder kritische Anmerkungen zur EU,
kontrolle nach Österreich – ich war froh,         und Wirtschaft in              deren Institutionen und Entscheidungen
wieder zu Hause zu sein. Im Sommer 1985               der GÖD.                   gibt, ist ein Austritt für den größten Teil
dann die Urlaubsreise: zuerst eine Städ-                                         der Bevölkerung kein Thema. Eine aktu-
                                                  Rückmeldungen zu
tetour nach München, danach zum Wan-                                             elle Umfrage von Oktober 2018 zeigt, dass
                                                diesem Artikel bitte an:
dern nach Südtirol. Dem österreichischen          otto.aiglsperger@              74 Prozent der ÖsterreicherInnen sagen,
Zöllner am Brenner war vermutlich meine                goed.at                   dass unser Land Mitglied der EU bleiben
Route eigenartig vorgekommen, jeden-                                             soll, lediglich 13 Prozent plädieren für
falls wurde mein VW-Bus fast zwei Stun-                                          einen Austritt aus der Union.2
den durchsucht und zerlegt; schließlich                                          Der EU ist es zu verdanken, dass es in Euro-
schaffte ich es nach Südtirol, und es war                                        pa keine unnötigen Hemmnisse im Perso-
ein schöner Urlaub. Für München benö-                                            nen- und Warenverkehr mehr gibt, dass
tigte ich D-Mark, für Italien italienische                                       wir ungehindert Staatsgrenzen übertre-
Lire, der Umrechnungskurs der D-Mark                                             ten können und ohne Geld zu wechseln
war immer 1 : 7, die Lira schwankte                                              in mittlerweile 19 Ländern mit dem Euro
beträchtlich. Nach dem Urlaub die Frage,                                         bezahlen können. Vor allem aber ist Euro-
was mit dem restlichen Geld geschehen                                            pa ein großartiges Friedensprojekt. In
soll – aufheben oder zurücktauschen? Mit                                         seiner Rede zur Lage der Union hat Kom-
Umtausch und Rücktausch waren natür-                                             missionspräsident Jean-Claude Juncker
                                               1S
                                                 iehe dazu auch das Interview
lich auch Kosten und Verluste verbunden.        mit Bundeskanzler Sebastian      dies so beschrieben: „Natürlich haben wir
An diese beiden Reisen denke ich bis-           Kurz auf Seite 9.                unsere Meinungsverschiedenheiten. Ja,
                                               2Ö
                                                 sterreichische Gesellschaft
weilen, wenn ich Nachrichten über den           für Europapolitik, OTS0013,      wir haben sogar oft unterschiedliche Auf-
nahenden Brexit lese oder höre. Werden          7. November 2018.                fassungen. Manchmal streiten wir. Aber
                                               3R
                                                 ede zur Lage der Union,
die Briten bei einem „harten Brexit“, also      Straßburg, 14. September 2016,   wir streiten mit Worten. Und wir lösen
                                                http://europa.eu/rapid/press-
einem ungeordneten Austritt aus der             release_SPEECH-16-3043_
                                                                                 unsere Konflikte am Verhandlungstisch,
EU ohne Vereinbarung, Lieferengpäs-             de.htm.                          nicht in Schützengräben.“3               l

                                                  11 · GÖD 1-19
AKTUELL

INNOVATIVER
IDEENWETTBEWERB
Innerbetriebliches Vorschlagswesen erfreut sich immer größerer Beliebtheit.
Als einer der ersten Arbeitgeber setzt das Bundesministerium für Verfassung,
Reformen, Deregulierung und Justiz die Verbesserungsvorschläge der
­MitarbeiterInnen in die Realität um. Bundesminister Dr. Josef Moser
 nutzt das Potenzial für einen Ideenwettbewerb.

                                       D
                                               er Kern des „innerbetrieblichen Vor-
                                               schlagswesens“ ist es, Verbesserungs-
                                               vorschläge und Ideen aller Mitarbeite-
                                       rinnen und Mitarbeiter zur Weiterentwicklung
                                       zu nützen. Durch den partizipativen Zugang
                                       können alle Beteiligten ihre Ideen einmelden.
                                       Diese Herangehensweise findet auch Anklang
                                       im Öffentlichen Dienst.
                                       Das Justizministerium war einer der ersten
                                       Arbeitgeber, der dabei auf die Expertise seiner
                                       Bediensteten setzte. „Um Verwaltungsabläufe
                                       zu optimieren, Bürokratie abzubauen, die Bür-
                                       gerfreundlichkeit der Verwaltung zu erhöhen
                                       und zugleich exzellente Qualität zu gewährleis-
                                       ten, sind wir auf die Expertise, die Kreativität
                                       und die Erfahrung unserer Mitarbeiterinnen
                                       und Mitarbeiter angewiesen“, sagt Reform-
                                       minister Josef Moser, der das innerbetriebli-
                                       che Vorschlagswesen in seinem Ressort von
                                       Anfang an unterstützte. „Bereits in meiner Zeit
                                       als Rechnungshof-Präsident habe ich auf die
                                       Überregulierung hingewiesen. Jetzt als Bun-
                                       desminister sehe ich, dass auch der Öffentliche
                                       Dienst darunter leidet. Es gibt so viele unnötige
                                       Arbeitsabläufe, die Ressourcen verschwenden
                                       und den Arbeitsalltag erschweren, ohne für die
                                       Menschen einen Nutzen zu haben. Den Beam-
                                       ten soll wieder Zeit für das wirklich Wichtige
                                       bleiben – für die Bürger und für Reformen“,
                                       so Moser.

                           12 · GÖD 8-18
Verbesserungen einfordern und zulassen
      Diese Unterstützung ist vor allem auch Voraus-
      setzung für ein erfolgreiches behördliches Vor-
      schlagswesen, denn es braucht eine Organisati-                                                                                                            Gerhard Scheucher, Vorsitzen-
      onskultur, die Verbesserungen aktiv einfordert                                                                                                            der der GÖD-Bundesvertretung
      und auch zulässt. Im heutigen Reform- und Jus-                                                                                                            Justiz: „Wir begrüßen, dass das
      tizministerium nennt sich dieses Vorschlagswesen                                                                                                          Know-how der Mitarbeiterinnen
      „Ideenmanagement“. Durch ein EDV-unterstütz-                                                                                                              und Mitarbeiter genutzt wird.“
      tes Programm erhalten die Beschäftigten die Mög-
      lichkeit, direkt an der Verwaltungsmodernisierung
      mitzuwirken. Die Ideen können dabei anonym, als                                                                                              Mosers Aufruf zum Ideenwettbewerb
      Einzel- oder Teamvorschlag eingereicht werden.                                                                                               Dieses Innovationspotenzial erkannte auch Bun-
      Die Einmeldungen werden jeweils auf ihre inhalt-                                                                                             desminister Josef Moser: „Als Anwender sind die
      liche Qualität überprüft, indem sie an die zustän-                                                                                           Justizbediensteten diejenigen, die die prakti-
      dige Begutachtungsstelle weitergeleitet werden.                                                                                              sche Wirkung und den Verwaltungsaufwand für
      Binnen vier Wochen erhält der Ideengeber eine                                                                                                sich und ihre Mitbürger am besten einschätzen
                                                              FOTOS: GEORGE SCHNEIDER / PHOTONEWS.AT • SIPHOTOGRAPHY / GETTY IMAGES / ISTOCKFOTO

      Rückmeldung, ob sein Verbesserungsvorschlag                                                                                                  können. Sie wissen selbst am besten, welche
      zur Umsetzung empfohlen wird. Das Justizmi-                                                                                                  Rahmenbedingungen verbessert werden soll-
      nisterium setzt dabei auf Transparenz: Alle ein-                                                                                             ten, um ein effizientes Arbeiten zu ermöglichen.
      gereichten Ideen sind samt ihres Status für alle                                                                                             Zu diesem Zweck wurde das Ideenmanagement
      Justizbediensteten einsehbar.                                                                                                                auf neue Beine gestellt, damit unsere Mitarbei-
      Seit Juni 2013 wurden insgesamt über 630 ver-                                                                                                terinnen und Mitarbeiter ihre Verbesserungs-
      schiedene Verbesserungsvorschläge eingebracht.                                                                                               vorschläge noch einfacher und unkomplizierter
      Dabei lieferten die Bediensteten viele Vorschlä-                                                                                             einreichen können.“ Gleichzeitig mit den vorge-
      ge, die ein effizienteres und rascheres Arbeiten                                                                                             nommenen Neuerungen rief der Reformminister
      ermöglichen, wie beispielsweise Verbesserungen                                                                                               zu einem Ideenwettbewerb auf. In den Kategori-
      der Suchmaske im Firmenbuch oder bei der Suche                                                                                               en Bürgerservice, Verbesserung der Organisati-
      im Österreichischen Zentralen Vertretungsver-                                                                                                onsstruktur, Bürokratieabbau und Effizienzstei-
      zeichnis. Zur Qualitätssicherung, Erleichterung                                                                                              gerung können die Bediensteten ihre Anregun-
      der Arbeitsabläufe und einer besseren Aktenfüh-                                                                                              gen einbringen.
      rung trug die Idee einer Mustererledigung der                                                                                                Die besten Ideen werden dabei mit einer Geld-
      Staatsanwaltschaften bei. Die Belegschaft hatte                                                                                              prämie honoriert. Eine feierliche Preisverlei-
      auch Wünsche zur Aus- und Fortbildung. Zum Bei-                                                                                              hung wird im Anschluss an den Wettbewerb im
      spiel setzte sich ein Mitarbeiter für die Kooperation                                                                                        Herbst 2019 stattfinden. Durch die Vorgabe von
      einer Justizanstalt mit externen Bibliotheken für                                                                                            Kategorien wurden Themenfelder festgelegt,
      Insassen und MitarbeiterInnen ein.                                                                                                           um gezielt Anregungen aus der Belegschaft zu
                                                                                                                                                   gewinnen. Diese Vorgangsweise findet auch bei
                                                                                                                                                   Gerhard Scheucher, Vorsitzender der GÖD-Bun-
                                                                                                                                                   desvertretung Justiz, Anklang: „Wir begrüßen,
                                                                                                                                                   dass das innerbetriebliche Know-how der Mitar-
                                                                                                                                                   beiterinnen und Mitarbeiter genutzt wird – und
                                                                                                                                                   nicht auf externe Berater zurückgegriffen wird.“

                                                                                                                                                   Gerade in Zeiten, in denen der Öffentliche Dienst
                                                                                                                                                   mit großen Herausforderungen konfrontiert ist,
   „Wir sind auf die Expertise,
                                                                                                                                                   bietet diese Herangehensweise eine Möglichkeit
        die Kreativität und die
                                                                                                                                                   zur effizienteren Vollziehung der Gesetze und zur
     Erfahrung ­unserer Mitar-
  beiterinnen und Mitarbeiter                                                                                                                      Entlastung der öffentlichen Bediensteten. „Ich
  angewiesen“, sagt Bundes­                                                                                                                        bin davon überzeugt, dass wir zusammen mit
     minister Dr. Josef Moser,                                                                                                                     den öffentlichen Bediensteten und durch ihre
    der das innerbetrieb­liche                                                                                                                     Expertise unsere Verwaltung modernisieren und
Vorschlagswesen unterstützt.                                                                                                                       effizienter gestalten können“, hält Moser fest. l

                                                        13 · GÖD 1-19
XXXXXX

                            RichterInnen und StaatsanwältInnen

                    JUSTIZ IST KEIN
                     SELBSTZWECK
                       Sie wurden verletzt und hätten gerne Schmerzengeld?
                      Sie haben endlich nach langer Suche eine leistbare Eigen-
                       tumswohnung gefunden und benötigen einen Blick ins
                            Grundbuch? Willkommen im Alltag der Justiz.
                                                 VON JULIA SEIDL

W
            er den Justizpalast betritt, steht der           und MMag. Elisabeth Brunner, Vorsitzende der Bun-
            Gerechtigkeit gegenüber. Sie thront              desfachgruppe Finanz- und Verwaltungsrichter in
            in Form einer überdimensionalen                  der GÖD, erscheinen heute in Zivil.
Marmor-Statue der römischen Göttin Justitia in               RichterInnen im Öffentlichen Dienst entscheiden
der Aula des Gerichtsgebäudes. Sünder, Recht                 objektiv auf Basis der Gesetze in allen Rechtsstrei-
Suchende und Recht Sprechende gleichermaßen                  tigkeiten. In der Justiz gibt es drei große Fachge-
erklimmen unter ihrem strengen Blick die Stufen zu           biete: Ein Streit zwischen zwei Parteien fällt ins
den Gerichtssälen. „Wussten Sie, dass es im öster-           Zivilrecht. Das Strafrecht soll gerichtlich strafbare
reichischen Gericht keinen Hammer gibt?“, fragt              Handlungen, oft gegen die körperliche Integrität
Mag. Christian Haider, Vorsitzender der Bundesver-           und fremdes Vermögen, sanktionieren. Im Verwal-
tretung für RichterInnen und StaatsanwältInnen.              tungsrecht geht es unter anderem darum, Schul-
„Das ist nur in amerikanischen Filmen so.“ Für das           den einzutreiben oder Fremden- und Asylverfah-
Gespräch hat er den Talar und den nicht vorhande-            ren zu entscheiden. Fast jeder hat im Laufe seines
nen Hammer abgelegt und gegen legere Kleidung                Lebens mit der Justiz zu tun. „Spätestens, wenn er
getauscht. Auch sein Stellvertreter Dr. Martin Ulrich        stirbt“, bemerkt Haider. „Dann gibt es ein Verlas-

                                                  14 · GÖD 1-19
Österreichs RichterInnen und Staats­
                                                                                                          anwältInnen sorgen für einen sicheren
                                                                                                       Rechtsstaat: Auftakt zu Teil 3 unserer Serie
                                                                                                      „Spitzenleistungen im Öffentlichen Dienst“.

senschaftsverfahren.“ Die Gerichte behandeln mit                             angepasst werden müssen.“ Eine Erwachsenen-
ihren rund 2000 RichterInnen pro Jahr etwa 2,9                               vertretung endet nach drei Jahren, wenn sie nicht
Millionen Geschäftsfälle, das beinhaltet Bezirks-,                           gerichtlich verlängert wird.
Landes- und Oberlandesgerichte und den Obers-                                „Was unbemerkt im Hintergrund läuft, ist beim
ten Gerichtshof. Die öffentlichen Interessen in der                          Strafrecht die meiste Arbeit“, erzählt Martin Ulrich
Strafrechtspflege werden von den 16 Staatsanwalt-                            weiter. „Was wahrgenommen wird, sind Großver-
schaften, der Wirtschafts- und Korruptionsstaats-                            fahren, die oft gegen medial exponierte Personen
anwaltschaft, den vier Oberstaatsanwaltschaften                              geführt werden.“ Christian Haider ergänzt: „Natür-
und der Generalprokuratur wahrgenommen und                                   lich ist zum Beispiel ein Staatsverweigerer-Ver-
belaufen sich auf jährlich rund 500.000 Geschäfts-                           fahren interessanter, als wenn jemand beim Bipa
fälle (exklusive Justizverwaltungssachen). Ins-                              ­wieder mal was gʼfladert hat.“
gesamt sind in Österreich rund 400 staatsanwalt-                              „Wir haben im Strafrecht eine sehr dynamische
schaftliche Planstellen systemisiert. Auch die im                             Gesetzgebung“, erläutert Ulrich. „Wenn ich ver-
Justizministerium tätigen StaatsanwältInnen und                               stärkt Rechtsschutzmöglichkeiten schaffe, werden
(zugeteilten) RichterInnen nehmen wichtige Auf­                               diese auch wahrgenommen. Das ist auch zu begrü-
                                                      FOTOS: ANDI BRUCKNER

gaben für eine gut funktionierende Justiz wahr.                               ßen, gleichzeitig aber oft auch sehr arbeitsintensiv.
                                                                              Es wäre auch wünschenswert, wenn Staatsanwäl-
Reform im Erwachsenenschutzrecht                                              tInnen verstärkt im Team arbeiten könnten. Dazu
Laut Haider sind die größten Herausforderungen                                benötigen wir aber personelle Puffer, die wir der-
im Zivilrecht die Anlegerverfahren. „Welche Pflich-                           zeit leider nicht haben. Zusätzliche Staatsanwäl-
ten hat jemand, der ein Aktienprodukt verkauft?
Was sollten Anleger wissen? Diese Fragen beschäf-
                                                                                                                     Mag. Christian
tigen uns ständig.“
                                                                                                                     Haider, Vorsitzen­
Letztes Jahr gab es außerdem eine Reform im                                                                          der der GÖD-
Erwachsenenschutzrecht, die zu mehr Selbst­                                                                          Bundesvertretung
bestimmung der Betroffenen führen soll. „Jeder,                                                                      Richter und
dem es geistig nicht möglich ist, Entscheidungen                                                                     Staatsanwälte
zu treffen, braucht einen Vertreter, der die Leute
vor Schaden bewahren soll“, erklärt Haider. „Wir
hatten bei Einführung des neuen Erwachsenen-
schutzrechts 2018 an die 60.000 Verfahren anhän-
gig, die überprüft und an die neue Rechtslage

                                                15 · GÖD 1-19
tInnen würden verfahrensbeschleunigend wirken
und uns die Möglichkeit bieten, Schwerpunkte zu
setzen, etwa zum Thema ‚Hass im Netz‘. Der ehe-
malige Justizminister Brandstetter hat uns bei
den letzten Budgetverhandlungen fünf zusätz­                                    nicht besetzt – und das ungeachtet
liche Staatsanwälte zugesichert, die haben wir         MMag. Elisabeth          des Umstands, dass der durch-
bis heute leider nicht bekommen.“                      Brunner, Vorsitzende     schnittliche Arbeitsrückstand pro
                                                       der Bundesfach­          Gerichtsabteilung einer zweijähri-
Für die Menschen                                       gruppe Finanz- und       gen Auslastung entspricht. Nega-
Rund 40 Prozent aller RichterInnen und Staatsan-       Verwaltungsrichter       tives Alleinstellungsmerkmal des
wältInnen sind älter als 50 Jahre, in nächster Zeit    in der GÖD               BFG ist die minimale Ausstattung
gehen geburtenstarke Jahrgänge vermehrt in Pen-                                 mit nichtrichterlichem Personal.
sion. Ein Problem, das man abfedern könnte, wie                                „Den etwa 215 RichterInnen stehen
Martin Ulrich bemerkt: „Wir wollen Altersteilzeit.                             weniger als 60 MitarbeiterInnen der
Kolleginnen und Kollegen, die wenige Jahre vor                                 Geschäftsstellen und des Präsidi-
der Pension stehen, können dadurch ihre Auslas-                                ums gegenüber“, erläutert Brunner.
tung reduzieren und Jüngere ins System lassen.“                                „Eine SachbearbeiterIn betreut im
Bereits jetzt ist klar, dass es einzelne Oberlandes-                           Regelfall sieben RichterInnen.“ Das
gerichtssprengel geben wird, wo in drei Jahren                                 Finanzministerium startete letztes
nicht alle Stellen nachbesetzt werden können.                                  Jahr zur Unterstützung der Richte-
„2018 sind von Jänner bis nach dem Sommer in                                    rInnen ein Experiment mit vier juris-
ganz Österreich keine Richteramtsanwärter auf-         Dr. Martin Ulrich,       tischen MitarbeiterInnen. Damit ist
genommen worden“, erklärt Haider. „Die Politik         stellvertretender        ein juristischer Mitarbeiter rechne-
weiß Bescheid, aber sie funktioniert nicht ratio-      Vorsitzender der         risch für mehr als 50 RichterInnen
nal.“ „Was wir uns wünschen, ist ein offenes Ohr       GÖD-Bundesvertre­        zuständig. Es wurden keine neuen
der Regierung“, fügt Ulrich hinzu. „Die Justiz ist     tung Richter und         Planstellen geschaffen, die juristi-
kein Selbstzweck. Sie hat eine Staatsaufgabe zu        Staatsanwälte            schen MitarbeiterInnen besetzen
erfüllen. Das machen wir letztendlich für die Men-                              bestehende Richter-Arbeitsplätze.
schen, die in Österreich leben.“                                Brunner: „Somit können vier Richterarbeitsplätze
Auch in der Justizverwaltung wird es eng. Schon                 nicht nachbesetzt werden. Im Ergebnis werden
jetzt sieht die Personalsituation düster aus, die               im Bundesfinanzgericht anstelle von Arbeitsrück­
demografische Entwicklung verschärft die Situa-                 ständen vorerst nur Richterinnen und Richter
tion. Gerhard Scheucher, Vorsitzender der GÖD-                  ‚abgebaut‘“.
Bundesvertretung Justiz, bringt es auf den Punkt:               Trotz dieser Engpässe schneidet Österreich beim
„Durch Pensionierungen werden wir in den nächs-                 EU-Justizbarometer gut ab: Für den Abschluss
ten zehn Jahren etwa ein Drittel unseres Personals              von Zivil-, Handels-, Verwaltungs- und sonstigen
verlieren. Wird hier nicht gegengesteuert, ist das              Rechtssachen benötigen Österreichs Gerichte
für einen funktionierenden Dienstbetrieb prak-                  erster Instanz im Schnitt weniger als zwei Monate.
tisch der Tod.“1                                                Das ist EU-weit der vierte Platz. Die österreichische
                                                                Justiz wird von der Studie der Europäischen Kom-
Weitere Zahlen gefällig?                                        mission als „effizient und leistungsfähig“ gelobt.
Seit seiner Entstehung 2014 sind beim Bun-                      Darüber hinaus liegt Österreich bei der von der
desverwaltungsgericht über 150.000 Verfahren                    Öffentlichkeit wahrgenommenen Unabhängigkeit
anhängig geworden. Rund 110.000 davon wurden                    der Justiz auf Rang drei in der EU hinter Dänemark
abgeschlossen. Bei den im Geschäftsjahr 2017                    und Finnland. Darauf können die Mitarbeiterin-
neu anhängig gewordenen Verfahren stammten                      nen und Mitarbeiter der Justiz zu Recht stolz sein.
drei Viertel aus dem Fachbereich „Fremdenwesen                  Christian Haider dazu: „Wenn wir allerdings nicht
und Asyl“. Diese Zahl hat sich für das Geschäfts-               schon jetzt damit beginnen, Richteramtsanwär-
jahr 2018 kaum verändert. Derzeit fallen etwa                   ter aufzunehmen, werden wir unsere Aufgaben in
1000 Verfahren pro Monat mehr an, als erledigt                  Zukunft nicht mehr in gewohnter Qualität erledigen
werden können. Zwischen fünf und zehn Prozent                   können.“                                           l
der insgesamt 226 Richter-Arbeitsplätze des Bun-             1 Über die Situation in der Justizverwaltung wurde in „GÖD-aktuell“,
desfinanzgerichts (BFG) sind seit 2014 durchgängig              Ausgabe 8/18, S. 26 ff. ausführlich berichtet.

                                                 16 · GÖD 1-19
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Sicherheitsverwaltung

SCHATTENKÄMPFER
Die Bediensteten der Sicherheitsverwaltung
halten den Exekutivbeamten den Rücken frei.
Ein Blick hinter die Kulissen.
VON VERENA BACA
                                                                                                                              Anton Schuh und
                                                                                                                              Michael Dunkel,

M
                                                                                                                              Vorsitzender und
           an hört sie nicht, man sieht sie nicht,                                                                            stellvertretender
           aber gäbe es sie nicht, hätte Öster-                                                                               Vorsitzender
           reich ein Problem: Die Bediensteten                                                                                der GÖD-Bundes­
                                                                                                                              vertretung
der Sicherheitsverwaltung sind die Frauen und
                                                                                                                              Hoheits­
Männer hinter der Exekutive und unterstützen sie
                                                                                                                              verwaltung
durch ihre administrative Arbeit. Anton Schuh,
Vorsitzender der GÖD-Bundeshoheitsverwaltung
und Vorsitzender des Zentralausschusses für die
Bediensteten der Sicherheitsverwaltung, erklärt                             Das gilt für viele Bereiche. Es reicht nicht, wenn
die Aufgabenverteilung zwischen Verwaltung und                              nur die Polizei sehr aktiv ist und dahinter nicht die
Exekutive an einem einfachen Beispiel: „Geraten                             Sicherheitsverwaltung alles vollzieht.“
Sie zu schnell in eine Radarkontrolle, bekommen
Sie einen Strafzettel. Die gesetzlichen Bestimmun-                          Unverzichtbare MitarbeiterInnen
gen, wann wer wie gestraft werden muss, werden                              Die Aufgaben der Sicherheitsverwaltung sind
im Ministerium gemacht, also bei der Zentral-                               vielfältig. „Zum einen unterstützen die Bediens-
                                                     FOTOS: ANDI BRUCKNER

leitung der Sicherheitsverwaltung. Dann führt                               teten die Exekutive, indem sie die Entwicklung
die Polizei diese Bestimmungen aus, indem sie                               und den Betrieb von polizeilichen Applikationen,
Radargeräte aufstellt und die Autofahrer kontrol-                           Registern – wie etwa das zentrale Melderegister
liert. Abschließend sind wieder unsere Leute dran,                            – und der Kommunikationsinfrastruktur, die
die Anonymverfügungen erstellen und einfordern.                             Verwaltung der budgetären Mittel, das Qualitäts-

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Während die Exe­
   kutive an der Front
   arbeitet, leisten die
      Bediensteten der
    Sicherheitsverwal­
       tung im Hinter­
       grund Support.

und Wissensmanagement, die Kriminaltechnik,
das Bauwesen, die Möblierung und viele weitere
logistische Aufgaben übernehmen“, zählt Michael
Dunkel, Stellvertretender Vorsitzender der GÖD-
Bundesvertretung Hoheitsverwaltung und Stell-
vertretender Vorsitzender des Zentralausschusses
für die Bediensteten der Sicherheitsverwaltung,
auf. „Dann sorgt die Rechtssektion im Innenmi-
nisterium für die Erarbeitung der notwendigen
legistischen Grundlagen, mit denen die Arbeit der
Exekutive auf rechtlicher Basis stattfinden kann.“
Auf den Bürgerservicestellen der Landespolizei­       Am 6. Oktober wird an der roten Schalttafel im EKC der jährlich
direktionen, am Verkehrsamt oder am Bundesamt         stattfindende landesweite Zivilschutzalarm ausgelöst.
für Fremdenwesen und Asyl treten die BeamtInnen
und Vertragsbediensteten in den direkten Kontakt
mit den Bürgerinnen und Bürgern. Für diese und
noch unzählige weitere Aufgaben stehen 4800                   ­ ürfen. Wenn man dieses Instrument ausbau-
                                                              d
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der österrei-                en, zeitlich erstrecken und planstellentechnisch
chischen Sicherheitsverwaltung zur Verfügung.                 etwas umgestalten würde, dann wäre dies ein
„Dank der letzten Personalaufstockung im Zuge                 Ventil, um zeitliche Überschneidungen für den
des großen Flüchtlingsstroms 2015 können wir                  Wissenstransfer zu ermöglichen.“
aktuell gut unsere Aufgaben erfüllen. Allerdings
steht auch bei uns eine größere Pensionierungs-               Spezialisierung erwünscht
welle an. Durch den langen Aufnahmestopp fehlt                Tatsächlich müssen die Mitarbeiterinnen und Mit-
uns tatsächlich der Mittelbau. Wir haben viele ganz           arbeiter ein äußerst umfangreiches Know-how
Junge und viele kurz vor der Pensionierung ste-               und zahlreiche Spezialisierungen aufweisen, um
hende Mitarbeiter. Wenn wir nicht aufpassen, geht             in der Sicherheitsverwaltung zu bestehen. In der
mit diesen das Know-how verloren“, sieht Anton                Forensik arbeiten ExpertInnen aus der Physik und
Schuh skeptisch in die Zukunft. Sein Stellvertre-             Chemie, die zusätzlich kriminalistisches Grund-
ter betrachtet die Entwicklung optimistischer: „In            wissen besitzen. Im Bauwesen kümmern sich die
den nächsten zehn Jahren geht ein Zeitfenster auf,            Bediensteten um die Anmietung, Errichtung und
in dem die Hälfte des Personals in Pension geht.              Ausstattung sämtlicher Polizeidienststellen. Sie
Eine Methode, damit umzugehen, wäre das Ver-                  behalten den Überblick über den Stand der Unifor-
waltungspraktikum. Bisher können wir ein einjäh-              mierung und der Dienstfahrzeuge der Exekutive.
riges Ausbildungsverhältnis begründen, durch das              Aufgabe der Rechtssektion des Innenministeriums
wir die Praktikanten ohne Planstelle aufnehmen                ist es, Gesetzesentwürfe zu formulieren. „Das ist

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von Vorteil, da wir einen direkten Kontakt zur Exe-           Das Einsatz- und Koordinationscenter
kutive haben, die uns auf etwaige Lücken, Ergän-              Was vielen auch nicht bekannt ist: Die Sicherheits-
zungen oder Nachbesserungen in den Gesetzen                   verwaltung ist ein wesentlicher Bestandteil des
aufmerksam macht. Wir sammeln das, und unse-                  Journaldienstes im EKC, der rund um die Uhr arbei-
re juristischen Experten verfassen entsprechende              tet. Das Einsatz- und Koordinationscenter unter der
Gesetzesentwürfe für das Parlament“, zeigt sich               Leitung von Ministerialrat Wolfgang Nicham, MA ist
der Vorsitzende mit dem Verfahren zufrieden.                  die zentrale Informations-, Kommunikations- und
Ein weiteres großes Spezialgebiet der Sicherheits-            Koordinationsplattform. Es agiert als Schaltstelle
verwaltung betrifft die technische Unterstützung              für die Einberufung eines Führungs- bzw. Koordinie-
der Exekutive. Michael Dunkel, der selbst lange               rungsstabes sowie zur vorbereitenden Stabsarbeit
in diesem Bereich arbeitete, kennt die Details:               und Führungsunterstützung bei sicherheits-, krimi-
„Wir haben weit über 200 Applikationen laufen,                nalpolizeilichen und staatspolizeilichen Sonderla-
die Polizisten und Kriminalbeamte bei ihrer täg-              gen. „Wir haben immer eine fixe Mitarbeiterzahl aus
lichen Arbeit unterstützen. Wir betreiben zum                 dem Referat, die für die gesamte Servicierung und
Beispiel klassische Fahndungsevidenzen, die                   Aufbereitung verantwortlich ist. Das sind derzeit
man unter dem Schlagwort EKIS – Elektronisches                zwölf Personen. Für unseren 24/7-Betrieb stehen
Kriminalpolizeiliches Informa-                                                   uns noch zusätzlich 70 Mitarbei-
tionssystem – kennt, oder die                                                    terInnen aus dem Haus zur Ver-
Streuscheibendatei. Dank ihr             „Auch wenn wir im Hinter- fügung, die den Journaldienst
kann man bei einem Verkehrsun-          grund agieren, leisten unse- zusätzlich zu ihren Auf­               gaben
fall durch einen Fahrzeugsplitter                                                erledigen“, erklärt Nicham. „Die
Marke und Type des Fahrzeugs
                                          re Bediensteten wertvolle              Durchmischung der Mitarbeiter
ermitteln.“ Für große Events in             Arbeit für Österreich.“              aus allen Sektionen ist wichtig,
Österreich müssen die Techni-                       ANTON SCHUH                  damit es einen steten Informati-
ker ausrücken, um eine eigene                                                    onstransfer zwischen den Fach­
technische Infrastruktur aufzu-                                                  abteilungen und dem EKC gibt.“
bauen, damit der zusätzliche Polizeifunk funktio-             Sicherheitsrelevante Themen für das Center exis-
niert. Zusätzlich kümmern sich die Techniker auch             tieren viele, wie etwa die aktuelle Schneesituation
um den alltäglichen Polizeifunk und Notruf: Sie               in Österreich. Deswegen werden laufend aktuel-
betreiben Leitstellen, an denen sie gemeinsam mit             le Lagebilder zur Wettersituation erstellt, auf die
Exekutivbediensteten die Einsätze koordinieren                alle Bundesländer, alle Polizeidirektionen und die
und einen reibungslosen elektronischen Ablauf                 Blaulichtorganisationen zugreifen können. Wer-
garantieren.                                                  den Menschen in den Schneemassen eingeschlos-
                                                              sen und ist es erforderlich, länderübergreifend
                                                              zu arbeiten, dann wird im EKC die Koordination
                                                              übernommen. Zusätzlich fungiert das Center auch
                                                              als Anlaufstelle für die Bürgerinnen und Bürger,
                                                              es werden immer wieder Callcenter eingerichtet.
                                                              Egal, ob es die letzten Volksbegehren waren oder
                                                              die kommende EU-Wahl, die MitarbeiterInnen ste-
                                                              hen den AnruferInnen mit einem weiten Spektrum
                                                              an Antworten zur Verfügung. „Das bedeutet aber
                                                              auch, dass unsere Kolleginnen und Kollegen etli-
                                                              che Zusatzausbildungen brauchen. Wir müssen sie
                                                              informieren, ausbilden und schulen. Und die Mit-
                                                              arbeiter machen das alle freiwillig hier, neben ihrer
                                                              normalen Arbeit. Denn uns allen liegt die Sicher-
Wolfgang Nicham leitet das Einsatz- und Koordinations-        heit Österreichs am Herzen“, betont Nicham das
center im Innenministerium.                                   ­Engagement seines Teams.                          l

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