Bayerisches Zahnärzteblatt - Bayerisches Zahnärzteblatt
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58. Jahrgang 12/2021 Bayerisches Zahnärzteblatt Schwerpunktthema Digitale Zahnheilkunde Dentale Fotografie – Tipps und Tricks für die Praxis Neu denken, Probleme lösen Bundesversammlung der Bundeszahnärztekammer in Karlsruhe Freiberuflichkeit erhalten Erwartungen der Zahnärzte an die neue Bundesregierung www.bzb-online.de
IV ID U E L L E F O R T L D U NG IHRE IND D V O N Z U H A U S E A U S JEDERZEIT UN Dieselstraße 2 · D - 50859 Köln · Telefon + 49 2234 70 11 580 dental-online-college.com
editorial Blamabler Start der Ampel Liebe Kolleginnen und Kollegen, Christian Berger Präsident der Bayerischen das erste Gesetz der Ampel-Koalition war gerade in der Pandemie als tragende Landeszahnärztekammer gelinde gesagt ein Rohrkrepierer. Die täg- Säulen erwiesen haben, scheint nicht bis liche Testpflicht für vollständig geimpfte/ nach Berlin durchgedrungen zu sein. Wie genesene Zahnärzte und Praxismitarbeiter wichtig und wertvoll der Föderalismus ist, im neuen Infektionsschutzgesetz war an zeigen die Beschlüsse der Gesundheits- Realitätsferne nicht mehr zu überbieten. ministerkonferenz zu Medizinischen Abgesehen davon, dass gar nicht genügend Versorgungszentren (MVZ), die auf un- Schnelltests verfügbar sind, macht eine sol- sere bayerische Initiative zurückgehen. che Ressourcenverschwendung mitten in Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll der vierten Infektionswelle einfach keinen Vorschläge erarbeiten, wie man den Vor- Sinn. Statt „3G“ für Patienten beschloss marsch internationaler Investoren in der die Ampel-Koalition „2G+“ für geimpfte ambulanten Versorgung stoppen kann. und geboosterte Zahnärzte – wer soll das Daran wirken wir gerne mit. noch verstehen? Es bleibt abzuwarten, ob Von der Ampel-Koalition haben wir sich SPD, Grüne und FDP noch mehr derart Zahnärzte dagegen wenig zu erwarten. So gravierende handwerkliche Fehler erlauben. kommt im Koalitionsvertrag der Begriff Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe „Gesund- „Zahn“ nur ein einziges Mal vor – und zwar heit und Pflege“ für den Koalitionsvertrag bei der „Alterszahngesundheit“. Aber stimmen mich wenig hoffnungsvoll. Es fängt vielleicht ist das ja ein gutes Zeichen. Die schon damit an, dass den sechs inhaltlich Zahnärzte stehen derzeit offensichtlich ernüchternden DIN-A4-Seiten jede erkenn- nicht im Fokus der Politik. Ich würde mir bare Struktur fehlt. Vielmehr erweckt das wünschen, dass das so bleibt. Die Zahnärz- Papier den Eindruck, als hätten die Verhand- te und ihre Körperschaften haben mit den ler die Bereiche, über die sie sich als erstes bestehenden Regelungen und Gesetzen verständigen konnten (wie z.B. die Pflege), genügend zu tun. Auf derart weltfremde vorangestellt und alles Übrige mehr oder Regelungen, wie sie das Infektionsschutz- weniger unstrukturiert folgen lassen. Hinzu gesetz beinhaltete, können wir gerne ver- kommt, dass Reformvorhaben wie die Sen- zichten. kung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel Ich bin überzeugt, dass wir die Pan- kaum finanzierbar sein dürften – von ande- demie auch ohne gesetzliche Vorgaben ren Plänen ganz zu schweigen! weiterhin bewältigen werden. Erkennbar ist auch, dass die Ampel- In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein Koalition den Trend zur Zentralisierung schönes Weihnachtsfest und erholsame unseres Gesundheitswesens – etwa durch Feiertage – mit oder ohne Kontaktbe- eine weitere Reform des G-BA und die schränkungen. Schaffung des neuen Bundesinstituts für öffentliche Gesundheit – fortsetzen wird. Ihr Dass sich die Strukturen der gemeinsa- men Selbstverwaltung auf Länderebene BZB Dezember 2021 3
inhalt inhalt politik 6 Niedergelassene sind das Rückgrat der Versorgung Foto: BLZK KZBV und FVDZ haben klare Forderungen an die neue 8 Bundesregierung 8 Neu denken, Probleme lösen Bundesversammlung der BZÄK in Karlsruhe 10 „Die Freiberuflichkeit muss unbedingt erhalten bleiben“ Christian Berger über den Wechsel im Bundesgesund- heitsministerium 12 Konzertierte Aktion Gesundheits- und Pflegeorganisationen warnen vor Über- lastung des Gesundheitssystems 13 Flächendeckende Versorgung sichern Tagung der VV-Vorsitzenden in Frankfurt am Main Bei der BZÄK-Bundesversammlung in Karlsruhe überreichte 14 Standespolitiker im Dialog mit Studierenden Prof. Dr. Christoph Benz seinem Vorgänger Dr. Peter Engel (l.) mit der Ehrennadel in Gold die höchste Auszeichnung der Bundes- Erste Bayerische Fachschaftstagung in Regensburg zahnärztekammer. 16 „Versorgungsfeindliche Monopolstrukturen verhindern“ Gesundheitsministerkonferenz fordert strengere Regeln Foto: KZVB für MVZ 18 Gemeinsam für die Aus- und Fortbildung Konstituierende Sitzung des Berufsbildungsausschusses 19 Nachrichten aus Brüssel 20 Wer schreibt, der bleibt… Behandlungsdokumentation gewinnt immer mehr an Bedeutung 24 Journal 32 praxis 26 Völlig realitäts- und praxisfern Neuauflage des Fortbildungsprogramms der KZVB: Die Fortbil- Infektionsschutzgesetz der Ampel sorgte bundesweit dungsbroschüre 2022 gibt einen Überblick über die Themen. für Empörung 27 GOZ aktuell Abbildung: BLZK Digitale Zahnheilkunde 39 29 Ihre Meinung zählt! Mitgliederbefragung von BLZK und KZVB läuft noch bis 14. Januar 2022 30 Freiwillige Arbeitgeberleistungen Was gilt aus juristischer Sicht? 32 Kostenlos und wohnortnah Neuauflage des Fortbildungsprogramms der KZVB 34 zahn.de – Mundgesundheit leicht gemacht Teil 3: Beratung LAGZ-Fortbildung im Kloster Seeon: Prof.Dr.Ulrich Schiffner von der Universitätsklinik in Hamburg begrüßt die Einigung von Kin- 36 Die BLZK in Ihrer Praxis der- und Zahnärzten, auch bei Kleinkindern unter zwei Jahren das Zehn Jahre Kooperation mit TV-Wartezimmer Putzen mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta zu empfehlen. 4 BZB Dezember 2021
inhalt 38 Cyber-Attacke auf großen PVS-Hersteller 46 medatixx war tagelang nicht erreichbar – Zahnärzte nicht betroffen 39 Wichtige Erkenntnisse – gewürzt mit Magie Abwechslungsreiche Fortbildung der LAGZ 40 Online-News der BLZK 42 Ärger mit Bewertungsportalen? Neue Leistung im Rechtsschutz-Rahmenvertrag hilft 44 Alles zur PAR Online-Fortbildungsserie der eazf erfolgreich gestartet Die Autoren Mhd Said Mourad und Dr. Julian Schmoeckel erläu- wissenschaft und fortbildung tern, in welchen Bereichen der Praxis dentale Fotografie und Dokumentation hilfreich sind und was dabei zu beachten ist. 46 Fotografie leicht gemacht Tipps und Tricks für die Praxis 54 S1-Leitlinie Umgang mit zahnmedizinischen Patienten bei Belas- tung mit Aerosol-übertragbaren Erregern 58 Parodontologie im Fokus 62. Bayerischer Zahnärztetag München termine amtliche mitteilungen 64 eazf Tipp 65 eazf Fortbildungen 67 Kursprogramm Betriebswirtschaft/ Veranstaltungskalender 68 Aufstiegsfortbildungen und Weiterqualifizierungen für Praxispersonal 70 Niederlassungsseminare 2022 Praxisübergabeseminare 2022 58 71 Vorläufige Prüfungstermine für Aufstiegsfortbildungen 2022/2023 Der 62. Bayerische Zahnärztetag fokussierte die Herausfor- derungen in der parodontologischen Therapie. Prof. Dr. Bet- 72 Satzung zur Änderung der Satzung der BLZK tina Dannewitz, Präsidentin der DG Paro, erläuterte unter 76 Änderung der Geschäftsordnung für die VV der BLZK anderem die neuen PAR-Richtlinien. 77 Satzung zur Änderung der Wahlordnung der BLZK/ Änderung der RKO I der BLZK 78 Beschlüsse Ordentliche Vollversammlung der BLZK Titelbild: krishnacreations/stock.adobe.com 79 Geschäftsbericht 2020 der Bayerischen Ärzteversorgung 80 Ungültigkeit von Zahnarztausweisen/Kassenänderungen/ Die Herausgeber sind nicht für den Inhalt von Beilagen verantwortlich. Überweisungstermine 2022 81 Rubrikanzeigen Das BZB 1-2/2022 mit dem Schwerpunkt Implantologie/Chirurgie erscheint am 15. Februar 2022. 82 Impressum BZB Dezember 2021 5
politik KZVB Niedergelassene sind das Rückgrat der Versorgung KZBV und FVDZ haben klare Forderungen an die neue Bundesregierung Die Gesundheitspolitik spielte im gung (KZBV) und der Freie Verband Vorschläge für eine zukunftsfeste zahn- Vorfeld der Bundestagswahl keine Deutscher Zahnärzte e.V. (FVDZ) medizinische Versorgung. Wohnortnah, große Rolle. Doch die Zukunft der haben nun klare Forderungen an die flächendeckend und qualitativ hochwertig zahnmedizinischen Versorgung und Ampel-Koalition gerichtet. sind die Stichworte. Aus Sicht der Vertrags- der zahnärztlichen Berufsausübung zahnärzte liegt ein politischer Handlungs- hängen erheblich von den politischen In ihrer „Agenda Mundgesundheit 2021- bedarf insbesondere auf der Prävention Weichenstellungen in Berlin ab. Die 2025“ macht die Kassenzahnärztliche und Versorgung vulnerabler Gruppen, Kassenzahnärztliche Bundesvereini- Bundesvereinigung (KZBV) konkrete auf der Digitalisierung und Entlastung der AGENDA MUNDGESUNDHEIT 2021-2025 DER KZBV Auf einen Blick – Unsere zentralen Erwartungen an die Politik Leitbild der zahnärztlichen Videosprechstunde auf alle Patientin- Freie Arzt- und Zahnarztwahl, Freiberuflichkeit und Selbst- nen und Patienten ausgeweitet werden. verwaltung machen die Stärke unseres Gesundheitswesens aus. Sie tragen maßgeblich dazu bei, dass Deutschland eines Flächendeckende und wohnortnahe Versorgungs- der besten Gesundheitssysteme der Welt hat. Dem Schutz strukturen sicherstellen und zukunftsfest gestalten, des Vertrauensverhältnisses zwischen Patientinnen und Pati- Vergewerblichung eindämmen enten und ihren Zahnärztinnen und Zahnärzten kommt eine • Um die Gefahren von investorengetragenen Medizinischen hohe Priorität zu. Diese Eckpfeiler gilt es zu festigen und Versorgungszentren (iMVZ) für die Patientenversorgung weiter auszubauen. Sie müssen die Richtschnur politischen einzudämmen, gilt es einer fortschreitenden Vergewerb- Handelns bilden. lichung der zahnärztlichen Versorgung zulasten freibe- ruflicher Versorgungsstrukturen Einhalt zu gebieten und die Transparenz zu stärken. Dazu sollten MVZ-Register Mundgesundheit über den gesamten Lebensbogen geschaffen und die bestehenden TSVG-Regelungen pass- hinweg erhalten genau fortentwickelt werden. • Die Präventionserfolge und die Versorgung vulnerabler • Um die Versorgungsstrukturen wohnortnah und Gruppen sollten verstetigt und ausgebaut werden. flächendeckend zu erhalten, sollte die Niederlassung • Qualitätsförderung sollte am Patientennutzen ausge- von Zahnärztinnen und Zahnärzten gefördert werden. richtet werden. Dabei gilt es, Bürokratie abzubauen und Dies gilt insbesondere für ländliche und struktur- sektorspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen. schwache Räume. Chancen der Digitalisierung nutzen Lehren aus der Corona-Pandemie ziehen •Die Praxen brauchen eine stabile, störungsfreie Telematik- • Wir setzen uns dafür ein, dass die Versorgungsstrukturen infrastruktur. Es sollten versorgungsorientierte Lösungen flächendeckend und wohnortnah erhalten bleiben und entwickelt und dabei Verwaltungs- und Bürokratieaufwand die Folgen der Corona-Pandemie für die Zahnarztpraxen reduziert werden. Die Kosten des digitalen Transforma- abgefedert werden. tionsprozesses müssen refinanziert werden. Um die • Mit Blick auf die Zukunft gilt es, die Krisenreaktionsfähigkeit Chancen der Telemedizin zu nutzen, sollte die Möglichkeit des vertragszahnärztlichen Versorgungssystems zu stärken. 6 BZB Dezember 2021
politik KZVB Zahnarztpraxen von Bürokratie sowie der und Teilhabe am medizinischen Fortschritt zahnärztliche Versorgung sukzessive der Eindämmung der Vergewerblichung der haben“, führt Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzen- Gewinnmaximierung von iMVZ zum Op- Versorgung. Letztes habe zum Ziel, gleich- der des Vorstands der KZBV, aus. fer fallen.“ Dieses Problem müsse die neue wertige Lebensverhältnisse in Stadt und „Die ambulante Versorgung durch Regierung anpacken, sagt auch Eßer und Land zu erhalten. „Die zahnmedizinischen Niedergelassene ist das Rückgrat unseres betont ein weiteres Mal die Forderung Präventionserfolge sind beispielgebend für Gesundheitssystems“, stellt auch der Bun- nach Transparenz und Patientenschutz, die Versorgung. Wir wollen diesen Erfolgs- desvorsitzende des Freien Verband Deut- die durch MVZ-Register auf Bundes- und weg weitergehen. Zugleich legen wir ein scher Zahnärzte e.V. (FVDZ), Harald Schra- Landesebene ermöglicht würde. besonderes Augenmerk auf die Sicherstel- der, klar. Ebenso wie die KZBV positioniert Insgesamt ergänzen sich die Forderun- lung der Versorgung, insbesondere in länd- sich der Bundesvorstand unmissverständ- gen beider in vielerlei Punkten, wie etwa lichen, strukturschwachen Räumen. Die lich gegen die Zunahme investorengetra- der Digitalisierung und dem Bürokratieab- Menschen müssen auch in Zukunft unab- gener Medizinischer Versorgungszentren bau. Nachstehend drucken wir die entspre- hängig von Wohnort und sozialem Status (iMVZ). „Es darf nicht sein, dass das Pa- chenden Positionspapiere beider ab. Zugang zur zahnmedizinischen Versorgung tientenwohl und die flächendeckende Redaktion KZVB POSITIONSPAPIER DES FVDZ ZUR STÄRKUNG DER FREIEN PRAXEN Freiberuflich niedergelassene Zahnärztinnen und Zahnärzte sind die Basis der ambulanten Versorgung. Selbstständige Praxen sichern die flächendeckende hochwertige zahnmedizinische Versorgung mit freier Arzt- und Therapiewahl. Das hat sich gerade in der Zeit der Pandemie eindrucksvoll bestätigt. Die freie Berufsausübung zu stärken und die freiberufliche Niederlassung weiterhin als zentralen Dreh- und Angelpunkt der ambulanten Versorgung zu erhalten und zu unterstützen, müssen die Ziele politischen Handelns sein. Duales System erhalten rung bedeutet eine Stärkung der freien Berufsausübung für die Die Dualität aus gesetzlicher (GKV) und privater Krankenversi- Zahnärzteschaft und eine Stärkung ihrer Selbstverwaltung. cherung (PKV) macht das Gesundheitssystem in Deutschland leistungsfähig und flexibel. Schritte zur Abschaffung der privaten Digitalisierung am Nutzen für die Versorgung ausrichten Vollversicherung schaden der medizinischen Versorgung ins- Die Telematik-Infrastruktur (TI) der gematik soll Abläufe ver- gesamt, weil die PKV ein Garant für medizinische Innovationen einfachen, Bürokratie abbauen und medizinische Daten sicher in der Versorgung ist. Der Zugang aller Patienten zu Leistungen nutzbar machen. Aktuell geschieht das Gegenteil. Die Umstel- außerhalb des Grundleistungskatalogs muss möglich sein, ohne lung verursacht extremen Mehraufwand und hohe Kosten in den Anspruch auf die GKV-Leistung zu verlieren. Die private den Praxen, weil unausgereifte Lösungen zwangsweise einge- Gebührenordnung und der BEMA-Z müssen medizinisch und führt werden. Die Kosten der digitalen Umstrukturierungen in wirtschaftlich an die aktuellen Verhältnisse angepasst werden. den Praxen müssen vollständig refinanziert werden. Vergewerblichung eindämmen Nachhaltiges Arbeiten (Green Dentistry) Die Okkupation der zahnärztlichen Versorgung durch inves- Auch die ambulanten Praxen können durch ressourcenscho- torengetragene Medizinische Versorgungszentren (iMVZ) nendes Arbeiten (Verbrauchsmaterialien, Mehrfachinstrumen- schreitet ungehindert voran. Der Trend muss gestoppt werden, tarien, Plastikeinsatz, Energie) einen Beitrag zum Klimaschutz um die zahnärztliche Versorgung auch in strukturschwachen und gleichzeitig zur Effizienzsteigerung der Praxis leisten. Der Regionen in Zukunft gewährleisten zu können und Standorte Einsatz von Chemie, Pharmazie und Energie sollte zielgerichtet für die Niederlassung von freiberuflich tätigen Zahnärzten und effizient erfolgen. Das Augenmerk soll hier auf der Verbin- attraktiv zu machen. Die bestehenden Begrenzungen müssen dung von Ökologie und Ökonomie liegen. verschärft werden – insbesondere muss Transparenz über die Besitzverhältnisse geschaffen werden. Medizinisches Personal gezielt fördern Jede Praxis ist nur so gut wie die Menschen, die dort im Einsatz Bürokratielast abbauen für die Patienten sind. Deutschland braucht eine Ausbildungsof- Immer mehr neue bürokratische Auflagen belasten die Praxen. fensive für Praxispersonal. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Vorschläge zum Abbau von Bürokratie liegen vor (vgl. Normen- müssen sich ebenso wie die Zahnärztinnen und Zahnärzte wie- kontrollrat), diese müssen dringend umgesetzt werden. Digitali- der mehr ihren originären Aufgaben in der Patientenbehand- sierung darf nicht zu mehr Bürokratie führen, sondern muss die lung widmen können, statt dem Nachkommen bürokratischer Praxen wirksam entlasten. Weniger staatlich gesteuerte Regulie- Verpflichtungen. BZB Dezember 2021 7
politik BLZK Neu denken, Probleme lösen Bundesversammlung der Bundeszahnärztekammer in Karlsruhe Ein kraftvolles standespolitisches Gestraffte Strukturen, bedarf und zahngesunde Ernährung seien Zeichen zur Gebührenordnung für neue Themen wichtige Felder. Zahnärzte setzte die Bundesver- sammlung der Bundeszahnärztekam- Neu denken und Probleme lösen, das gel- „Karlsruher Erklärung“ – mer Ende Oktober mit einer – nach te auch für die Selbstverwaltung. Die Aus- ein starkes Signal dem Tagungsort benannten – „Karls- schussarbeit der BZÄK ist zwischenzeitlich ruher Erklärung“. Die Versamm- neu strukturiert, mehr Kolleginnen seien Mit der einstimmig verabschiedeten lung adressierte außerdem einen in die Ausschüsse berufen worden. Or- „Karlsruher Erklärung“ (siehe Kasten) umfassenden Forderungskatalog ganisatorisch wurde mit einem erstmals zur Anhebung des Punktwerts der GOZ an die neue Bundesregierung und eingerichteten GOZ-Strategieausschuss stellten die Delegierten der neuen Bun- formulierte dabei auch den dringen- die Basis geschaffen, um „die bisherigen desregierung eine nachdrückliche For- den Appell für einen nachhaltigen ausgetretenen Pfade“ zu verlassen und derung, sandten aber gleichzeitig eine Bürokratieabbau in Zahnarztpraxen. neue Wege zu beschreiten. Auch die klare Botschaft an den Berufsstand. Vor- Verwaltung der BZÄK solle im Rahmen gestellt wurde sie vom Präsidenten der Der Anfang Juni neu gewählte Präsi- einer internen Verwaltungsreform noch Bayerischen Landeszahnärztekammer, dent der Bundeszahnärztekammer, schneller, besser und kreativer werden, Christian Berger. Der Ort als Namens- Prof.Dr.Christoph Benz, zog in seinem berichtete Benz. geber für diesen Beschluss hätte nicht Bericht an die Delegierten der Bundes- Die Zahnärzte müssten sich den kom- besser gewählt sein können. 2013 hatte versammlung eine erste Bilanz nach menden Herausforderungen aber offen das Bundesverfassungsgericht in Karls- 147 Tagen. Er und die beiden mit ihm ins stellen. So gelte es, neue Behandlungs- ruhe die Verfassungsbeschwerde gegen Amt gekommenen Vizepräsidenten Kons- felder zu erschließen. Denn die großen die Nichtanhebung des Punktwerts in der tantin von Laffert und Dr. Romy Ermler ga- Erfolge in der präventiven Zahnheilkun- am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen GOZ ben einen Überblick zu den Zielen des Ge- de hätten auch Folgen. Die Karieslast sei ohne Begründung nicht zur Entscheidung schäftsführenden Vorstands in der neuen stark rückläufig. Benz mahnte: „Es gibt angenommen. Christan Berger war da- Amtszeit. „Wir wollen keine Wolken schie- vieles, was wir anpacken müssen.“ Dabei mals für den BDIZ EDI mit fünf weiteren ben, sondern Dinge konkret anpacken“, so handle es sich sowohl um alte als auch um Zahnärzten einer der Kläger. Benz. Sie plädierten für offene Gespräche, neue Herausforderungen: Parodontitis, Berger, heute Präsident der BLZK, neue Impulse und zügige pragmatische die zahnmedizinische Versorgung Pflege- führte den Delegierten eindringlich vor Lösungen. Die Politik müsse sich endlich bedürftiger, Early Childhood Caries, aber Augen: „Es gibt keine Punktwerterhöhung, den aktuellen und verschleppten Aufga- auch adipöse Patienten mit Behandlungs- da der Verordnungsgeber schläft, damals ben stellen. „GOZ, GOZ, GOZ“ – der Kampf der Zahnärzteschaft um die seit Jahrzehn- ten überfällige Anhebung des Punktwerts sei dabei eine der zentralen Forderungen. Benz und seine beiden Präsidiumskollegen erwarten von der Politik ein deutliches Be- kenntnis zur dualen Krankenversicherung und erteilten Fremdkapitalinvestitionen in der zahnmedizinischen Versorgung uni- sono eine klare Absage. Fotos: BZÄK/Tobias Koch Die Bundesversammlung fand Corona- bedingt erneut hybrid statt. Während die Delegierten vor Ort tagten, verfolgten Gäste und Medienvertreter die Veranstal- tung im Live-Stream. 8 BZB Dezember 2021
politik BLZK Dr. Peter Engel (l.) schaffen. Der neue Strategieausschuss erhielt von seinem wird sich dieser Aufgabe annehmen. Nachfolger Prof. Dr. Christoph Benz (r.) Die Bundesversammlung verabschie- die höchste Auszeich- dete einstimmig die Resolution „Das deut- nung der Bundeszahn- sche Gesundheitssystem nach der Bundes- ärztekammer. tagswahl“ zu den brennenden Themen für den Berufsstand. Darin wird die zukünftige Bundesregierung aufgefordert, die freie Arzt- und Therapiewahl zu stärken, Fremd- kapital in der Zahnmedizin zu regulieren, Praxen von unnötiger Bürokratie spürbar zu entlasten, bei der Digitalisierung die Ex- pertise des Berufsstandes zu nutzen und wie heute.“ Nun sei es an der Zeit, noch- zen, dann fehlen auch die schlagkräftigen das duale Krankenversicherungssystem zu mals durchzustarten. Allerdings müssten Argumente für eine Punktwertanhebung stärken. Eine angemessene Honorierung die Zahnärzte selbst aktiv werden und die gegenüber dem Verordnungsgeber,“ so auf Basis einer jährlich im Punktwert an- Möglichkeiten der GOZ voll ausschöpfen. Berger. Die Bundeszahnärztekammer zupassenden GOZ zu sichern, ist ebenfalls Insbesondere gehe es hier um die Para- plant, den Zahnärzten einfach umzuset- im Forderungskatalog enthalten. graphen 2, 5 und 6.1 der GOZ. „Wenn wir zende Handreichungen zur Verfügung zu die zur Verfügung stehenden Gestal- stellen, um mehr Wissen und Sicherheit Ehrung für Dr.Peter Engel tungsmöglichkeiten der GOZ nicht nut- im Umgang mit der GOZ-Abrechnung zu BZÄK-Präsident Prof.Dr.Christoph Benz zeichnete seinen Amtsvorgänger Dr.Pe- ter Engel für dessen Verdienste um den zahnärztlichen Berufsstand mit der Eh- KARLSRUHER ERKLÄRUNG rennadel der deutschen Zahnärzteschaft Die Bundesversammlung der Bundeszahnärztekammer stellt fest, dass der in Gold aus. Zudem ernannte ihn die Bun- Verordnungsgeber auch in der letzten Legislaturperiode seiner gesetzlich desversammlung zum Ehrenpräsidenten vorgegebenen Verpflichtung zu einer Anpassung des seit 33 Jahren unverän- der BZÄK. Engel war von 2008 bis 2021 derten Punktwerts in der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) wieder nicht BZÄK-Präsident und in zahlreichen Funkti- nachgekommen ist. onen und Ausschüssen auf nationaler und Die Bundesversammlung fordert die künftige Bundesregierung auf, diesen internationaler Ebene tätig. Er war „das gesetzlichen Auftrag endlich zu erfüllen. Gesicht der Bundeszahnärztekammer und Die gesetzliche Verpflichtung für die längst überfällige Punktwertanhebung führte das Amt mit großer Gewissenhaf- lautet: „Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit tigkeit und Würde aus“, so Benz in seiner Zustimmung des Bundesrates die Entgelte für zahnärztliche Tätigkeit in einer Laudatio. Engel beließ seinen Dank bei we- Gebührenordnung zu regeln. In dieser Gebührenordnung sind Mindest- und nigen Worten und gab den Stab weiter: Höchstsätze für die zahnärztlichen Leistungen festzusetzen. Dabei ist den „Nun sind die Nächsten dran.“ berechtigten Interessen der Zahnärzte und der zur Zahlung der Entgelte Ver- Isolde M.Th.Kohl pflichteten Rechnung zu tragen (§ 15 Zahnheilkundegesetz)“. Damit soll sichergestellt werden, dass auf gesetzlicher Grundlage die Vergütung sowohl dem Allgemeinwohl als auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit DIE BESCHLÜSSE IM NETZ genügen muss und die Leistungen der Zahnärzte ausreichend vergütet werden. Alle an die Politik gerichteten Be- Es ist also der Ausgleich notwendig zwischen den widerstrebenden Interessen schlüsse der Bundesversammlung der Patienten, kein zu hohes Entgelt entrichten zu müssen und den berechtig- sind online abrufbar: ten Interessen der Zahnärzte, ein angemessenes Honorar für ihre Aufwände, www.bzaek.de/service/veranstaltun- also eine leistungsgerechte Honorierung, zu erhalten. gen/deutscher-zahnaerztetag.html Zugleich fordert die Bundesversammlung die Zahnärztinnen und Zahnärzte in Deutschland auf, unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungs- gerichts, die bestehenden Möglichkeiten der GOZ unter konsequenter Anwen- dung des Paragraphen 2 (Freie Vereinbarung), des Paragraphen 5 (Bemessung der Gebühren) und des Paragraphen 6 Abs. 1 (Analogleistungen) auszuschöpfen. BZB Dezember 2021 9
politik KZVB Foto: metamorworks/stock.adobe.com „Die Freiberuflichkeit muss unbedingt erhalten bleiben“ Christian Berger über den Wechsel im Bundesgesundheitsministerium Bei Redaktionsschluss für dieses BZB ser Gesundheitssystem hat Jens Spahn der Schlagzeilen. Doch Gesetze und Ver- war der Koalitionsvertrag von SPD, leider keine gute Figur gemacht. Er un- ordnungen sind kein Beleg für eine er- Grünen und FDP noch nicht bekannt. terlag immer wieder Fehleinschätzungen. folgreiche Gesundheitspolitik. Sie müssen Auch der Nachfolger von Bundesge- Das gesamte Krisenmanagement kann gelebt werden und vor allem auch finan- sundheitsminister Jens Spahn (CDU) man nur mit der Note mangelhaft be- zierbar sein. Die Krankenkassen kritisie- stand noch nicht fest. Dennoch hat werten. Die chaotische Beschaffung von ren zu Recht, dass die Projekte von Jens der KZVB-Vorsitzende Christian Ber- Schutzausrüstung, die verspätete Bereit- Spahn zu erheblichen Kostensteigerungen ger klare Forderungen und Erwartun- stellung der Impfstoffe, keine Liquiditäts- geführt haben. Volle Kassen machten’s gen an den oder die Neue im Bundes- hilfen für Zahnärzte und eine Beendigung möglich! Doch zukunftsfest und demo- gesundheitsministerium. der epidemischen Lage mitten auf dem graphiesicher ist unser Gesundheitssys- Höhepunkt der vierten Infektionswelle tem dadurch nicht geworden. BZB: Wie beurteilen Sie die Bilanz – da bleibt ein bitterer Nachgeschmack. des scheidenden Bundesgesundheits- BZB: Die Digitalisierung hat Spahn ministers Jens Spahn? BZB: Abgesehen von Corona: Was zur Chefsache erklärt. Was hat er Berger: Das Urteil über seine Arbeit bleibt von Jens Spahn? erreicht? ist natürlich massiv durch die Bewältigung Berger: Spahn versuchte ja von An- Berger: Auch hier klaffen Anspruch der Corona-Pandemie geprägt. Bei dieser fang an, sich als Macher zu präsentieren. und Wirklichkeit weit auseinander. In den bislang größten Herausforderung für un- „20 Gesetze in 20 Monaten“ lautete eine vier Jahren seiner Amtszeit ist es Jens 10 BZB Dezember 2021
politik KZVB Spahn nicht gelungen, eine funktionieren- Berger: Es ist nicht die Aufgabe der de Telematik-Infrastruktur (TI) aufzubau- zahnärztlichen Selbstverwaltung, der Poli- en, obwohl er die gematik quasi verstaat- tik hierfür Ratschläge zu erteilen. Ich kann licht hat. Die Zahnärzte haben durch die aber eines feststellen: Die Zahnärzte sind Digitalisierung aktuell viel Aufwand ohne definitiv nicht die Kostentreiber in unse- erkennbaren Nutzen. Die Sanktionen rem Gesundheitssystem. Unser Anteil an bei Nichtanbindung sorgen sicher nicht den GKV-Gesamtausgaben geht seit Jah- für eine höhere Akzeptanz der TI. Die ren zurück. Eine präventionsorientierte übereilte Einführung der elektronischen Zahnmedizin hat in Verbindung mit den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird befundorientierten Festzuschüssen da- uns noch viel Ärger bereiten. Auch beim für gesorgt, dass die Ausgaben für Zahn- E-Rezept läuft es alles andere als rund. Die ersatz massiv gesunken sind. Ich denke, deutschen Digitalisierungsdefizite traten dass wir in allen Medizinbereichen mehr durch die Corona-Pandemie ja sehr deut- Prävention brauchen. Deshalb ist auch die lich zu Tage. Die Datenübermittlung zwi- neue PAR-Richtlinie so wichtig. Ich darf schen den Gesundheitsämtern und dem auch darauf verweisen, dass mittlerweile Robert-Koch-Institut (RKI) per Fax sorgte 16 Millionen Deutsche eine Zahnzusatz- zu Recht für Kopfschütteln. Auch auf die „Die zahnärztliche Standespolitik konnte versicherung haben. Dadurch können wir Corona-Warn-App mussten wir viel zu in der Amtszeit von Jens Spahn einige immer mehr Patienten eine hochwertige wichtige Erfolge erzielen“, meint der lang warten. Spahns Nachfolger sollte KZVB-Vorsitzende Christian Berger. Versorgung anbieten, die über den GKV- bei der Digitalisierung einen kompletten Leistungskatalog hinausgeht, ohne sie Reset vollziehen und viel stärker auf die finanziell zu überfordern. Betroffenen hören. Gerade die Zahnärzte sind offen für neue Technologien. Doch zwischen SPD, Grünen und FDP vereinbart BZB: Stichwort Bürokratieabbau: die Digitalisierung muss den Menschen in wurde. Nachdem zwei Parteien die Bür- Rechnen Sie hier mit Verbesserun- den Mittelpunkt stellen und vor allem: sie gerversicherung in ihrem Wahlprogramm gen? muss funktionieren. hatten, war das nicht selbstverständlich. Berger: Der Bürokratieabbau ist eine Ich kann nur hoffen, dass das so auch im Sisyphusarbeit. Auf den Arbeitseifer von BZB: Gibt es auch Positives aus der Koalitionsvertrag stehen wird. Ich erwarte Jens Spahn bin ich bereits eingegangen. Amtszeit von Jens Spahn? von der neuen Bundesregierung auch ein Es wäre schön, wenn die Schlagzeile über Berger: Die Standespolitik konnte tat- klares Bekenntnis zur Freiberuflichkeit der den neuen Minister oder die neue Ministe- sächlich einige wichtige Erfolge erzielen: Ärzte und Zahnärzte. Gerade in der Pande- rin lautet: „In 20 Monaten 20 Gesetze ab- Mit dem Terminservice- und Versorgungs- mie haben wir bewiesen, dass wir die Pati- geschafft“. Aber dazu wird es wohl nicht gesetz (TSVG) wurde 2019 die Degression entenversorgung auch unter schwierigen kommen. Dennoch lassen wir nichts un- abgeschafft. Das ist ein wichtiges Signal Bedingungen aufrechterhalten können. Die versucht. Wir sind mit dem Beauftragten gerade an die Praxen im ländlichen Raum, Gesundheitsministerkonferenz hat erfreu- der Bayerischen Staatsregierung für den die oft überdurchschnittlich viele Patien- licherweise eine stärkere Reglementierung Bürokratieabbau in einem konstruktiven ten versorgen. Auch die Begrenzung der von Medizinischen Versorgungszentren Austausch (siehe BZB 10/2021). Er hat uns Marktanteile fremdkapitalfinanzierter Me- gefordert (siehe Seite 16). Das geht auch zugesichert, sich auch auf Bundesebene dizinischer Versorgungszentren (MVZ) in auf unsere bayerische Initiative zurück. für den Abbau unnötiger Vorschriften der Zahnmedizin ist ein Schritt in die rich- Ich hoffe, dass die neue Bundesregierung einzusetzen. Doch Fakt ist, dass die po- tige Richtung, er reicht aber nicht. Und diesen Ball aufgreift und wirksame Maß- litischen Mehrheiten jetzt jenseits der natürlich eröffnet die am 1. Juli in Kraft nahmen gegen eine weitere Industrialisie- CSU liegen. Im Sondierungspapier steht: getretene PAR-Richtlinie den Zahnärzten rung der Medizin und Zahnmedizin erlässt. „Die Verwaltung soll agiler und digitaler neue wirtschaftliche Perspektiven. Sie ist So wie bisher kann es nicht weitergehen. werden. Verwaltungs-, Planungs- und Ge- ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Wenn der Konzentrationsprozess in den nehmigungsverfahren sollen modernisiert die Volkskrankheit Parodontitis. städtischen Ballungsräumen ungebremst werden. Unser Ziel ist es, die Verfahrens- voranschreitet, wird es immer schwerer, dauer mindestens zu halbieren.“ Dazu BZB: Was erwarten Sie von der neu- die flächendeckende Versorgung aufrecht- leisten wir gerne unseren Beitrag. en Bundesregierung? zuerhalten. Berger: Ein erstes positives Signal ist BZB: Vielen Dank für das Gespräch! der Erhalt des dualen Systems von GKV und BZB: Wie kann man das Finanzie- PKV, der in den Sondierungsgesprächen rungsproblem der GKV lösen? Die Fragen stellte Leo Hofmeier. BZB Dezember 2021 11
politik BLZK Foto: fotosr52/stock.adobe.com Konzertierte Aktion Gesundheits- und Pflegeorganisationen warnen vor Überlastung des Gesundheitssystems Mit großer Sorge beobachten und wirksame Kontrolle der 2G-Regelung und uns an der Umsetzung beteiligen“, so führende Organisationen aus dem (geimpft oder genesen) als zwingende der Wortlaut des Schreibens. Gesundheits- und Pflegebereich die Zutrittsvoraussetzung. Zudem sollten rasante Ausbreitung des Corona-Vi- für Aktivitäten mit besonders hohem In- Impfung senkt Risiken deutlich rus in Deutschland. Die bayerischen fektionsrisiko – vor allem in Regionen mit Zahnärzte teilen diese Einschätzung hohen Infektionsraten – Antigen-Schnell- Gemeinsam appellieren die Deutsche und unterstützen den von der Deut- tests zusätzlich zur 2G-Regelung (2G+) Krankenhausgesellschaft, die Bundesärzte- schen Krankenhausgesellschaft, der obligatorisch werden. Das Vorhaben der kammer, der Deutsche Pflegerat, die Bun- Bundesärztekammer, des Deutschen Bundesregierung, eine allgemeine und für despflegekammer und der Verband medi- Pflegerates, der Bundespflegekam- die Arbeitgeber durchsetzbare 3G-Regel zinischer Fachberufe an alle Bürgerinnen mer und des Verbandes medizini- am Arbeitsplatz einzuführen, wird von den und Bürger, sich gegen Covid-19 impfen scher Fachberufe unterzeichneten Unterzeichnern ausdrücklich unterstützt. zu lassen. Mit einer Impfung schütze man Appell an Politik und Gesellschaft. nicht nur sich selbst und seine Kontakt- personen, sondern trage auch aktiv dazu Für Impfpflicht in „Die mit der Änderung des Infektions- bei, die in immer mehr Regionen drohende bestimmten Berufen schutzgesetzes vorgesehenen Maßnah- Überlastung der Krankenhäuser zu vermei- men zur Eindämmung der Pandemie sind Darüber hinaus begrüßen sie die aktuelle den. Dabei könne eine Impfung nicht jede richtig und notwendig, sie reichen aber Stellungnahme des Deutschen Ethikrates. Infektion vermeiden, aber das Risiko selbst nicht aus, um der drohenden Überlastung Das Beratergremium hatte die Bundes- schwer zu erkranken und andere anzuste- des Gesundheitswesens entgegenzuwir- regierung aufgefordert, kurzfristig die cken, werde durch die Impfung drastisch ken“, schreiben die fünf Organisationen in Einführung einer berufsbezogenen Impf- reduziert. Das zeige sich bereits jetzt auf ihrem gemeinsamen Aufruf. Deshalb seien pflicht zum Schutz besonders vulnerabler den Intensivstationen der Krankenhäuser, weitergehende Sofortmaßnahmen von Menschen in Einrichtungen des Gesund- auf denen in großer Mehrzahl ungeimpfte Bund und Ländern dringend erforderlich. heitswesens zu prüfen. „Eine offene, Patienten versorgt werden müssten. transparente und abwägende Diskussion „Die politischen Verantwortlichen in dieser komplexen Fragestellung trägt mit Bund und Ländern und die Gesellschaft 2G-Regelung im dazu bei, eine Entscheidung für oder ge- als Ganzes sind jetzt gefordert, Verant- öffentlichen Leben gen eine Impfpflicht gut zu begründen wortung zu übernehmen und unser Für den Zugang zu Angeboten des öffent- und Akzeptanz zu schaffen. Sollte die Po- Gesundheitswesen vor Überlastung zu lichen Lebens fordern die Vertreter von litik auf Basis dieser Stellungnahme des schützen“, betonen die beteiligten Orga- Krankenhausträgern, Ärzten, Pflegenden Ethikrates eine Impfpflicht für bestimm- nisationen zum Abschluss ihrer gemein- und Medizinischen Fachangestellten bun- te Einrichtungen und Berufsgruppen samen Erklärung. desweit und einheitlich die Einführung einführen, werden wir dies unterstützen Thomas A.Seehuber 12 BZB Dezember 2021
politik KZVB Foto: Katharina Köhler Flächendeckende Versorgung sichern Tagung der VV-Vorsitzenden in Frankfurt am Main Einmal im Jahr treffen sich die schaften bislang gut bewältigt wurde. Die Foto: privat Vorsitzenden der Vertreterver- zahnmedizinische Versorgung sei auch sammlungen (VV-Vorsitzende) aller unter Pandemiebedingungen jederzeit Kassenzahnärztlichen Vereinigungen, sichergestellt gewesen. Bewährt hätten um sich zu aktuellen standes- und ge- sich auch die Covid-19-Schwerpunktpra- sundheitspolitischen Themen auszu- xen. Den Kollegen und ihren Mitarbeitern, tauschen. Bei der Tagung in Frankfurt die sich freiwillig für die Versorgung von am Main im September, die unter Infizierten zur Verfügung gestellt haben, strikter Einhaltung aller Hygienemaß- sprachen die VV-Vorsitzenden Dank und nahmen in Präsenz stattfinden konn- Anerkennung aus. te, diskutierten die VV-Vorsitzenden Den von der Bundes-KZV mit dem unter anderem über die Bewältigung GKV-Spitzenverband vereinbarten Pande- der Corona-Pandemie. Auch über die miezuschlag für den Mehraufwand, der den zahnärztliche Versorgungslage in den Praxen durch gestiegene Kosten für Schutz- verschiedenen Ländern und Regio- ausrüstung und Hygienemaßnahmen ent- nen tauschten sie sich aus. standen ist, werteten die VV-Vorsitzenden Dr. Jürgen Welsch hat im Sommer 2021 die Nachfolge des verstorbenen VV-Vorsit- als eine Anerkennung für die Zahnärzte- Völlig einig waren die VV-Vorsitzenden da- zenden Dr.Rainer Zajitschek angetreten. schaft in einer schwierigen Situation. rin, dass die flächendeckende zahnärztli- Mit ganz anderen und teils sehr belas- che Versorgung zu den Kernaufgaben tenden Umständen mussten sich die KZVen der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen ausgebaut werden. Jeder Zahnarzt, der Nordrhein und Rheinland-Pfalz in diesem zählt und an dieser Stelle ein ganz be- sich auf Dauer für eine Anstellung ent- Jahr befassen. Die Flutkatastrophe, die Mit- sonderer Arbeitsfokus zu setzen ist. In scheidet, fehlt als Gründer oder Über- te Juli weite Teile des Ahrtals verwüstet hat- einigen KZVen werden hier beispiels- nehmer einer Praxis und das vor allem im te, betraf auch über 100 Zahnarztpraxen. weise Strukturfonds in Zusammenarbeit ländlichen Raum. Diskutiert wurde des- Einige davon wurden vollständig zerstört. mit den Krankenkassen vorbereitet. In halb ein „Landzahnarztmodell“. Wer sich Hier war eine schnelle und unbürokratische Bayern besteht dafür aktuell noch keine verpflichtet, in einer strukturschwachen Hilfeleistung der KZVen gefordert, die zu- Notwendigkeit, da es keine zahnmedizi- Region zu praktizieren, könnte bei der sätzlich zu den finanziellen Hilfen von Bund nisch unterversorgten Gebiete gibt (siehe Vergabe eines Studienplatzes bevorzugt und Land auch getätigt wurde. BZB 11/2021). Damit das auch künftig so werden – ein Modell, das man bereits aus Die nächste Tagung der VV-Vorsitzen- bleibt, ist die Förderung des zahnärztli- der Humanmedizin kennt. den ist für das Frühjahr 2022 in Dessau chen Nachwuchses eine der zentralen Einig waren sich die VV-Vorsitzenden geplant. Aufgaben der Körperschaften. Die Nie- auch darin, dass die Corona-Pandemie Dr. Jürgen Welsch derlassungsbereitschaft muss weiter von den Zahnärzten und ihren Körper- Vorsitzender der VV der KZVB BZB Dezember 2021 13
politik BLZK Standespolitiker im Dialog mit Studierenden Erste Bayerische Fachschaftstagung in Regensburg Ursprünglich war die erste „Bay- antwortlich für die Veranstaltungsplanung sprächsrunde mit Vertretern von zahn- erische Fachschaftstagung“ mit und -organisation vor Ort. Gemeinsam ärztlichen Körperschaften und Hoch- Studierenden der vier Universitäten mit der BLZK, dem Direktor der Poliklinik schulen. Rede und Antwort standen Regensburg, Erlangen, Würzburg für Kieferorthopädie des Universitätsklini- dabei Dr.Rüdiger Schott, stellvertretender und München, Vertretern der Bayeri- kums Regensburg, Prof.Dr.Dr.Peter Proff, Vorsitzender der KZVB, Prof.Dr.Christoph schen Landeszahnärztekammer, der und der ABZeG wurde das Programm für Benz, Präsident der Bundeszahnärztekam- Kassenzahnärztlichen Vereinigung die Studierenden zusammengestellt: mit mer, Sven Tschoepe, Hauptgeschäftsfüh- Bayerns sowie der Abrechnungs- und Input aus den zahnärztlichen Körper- rer der BLZK, Prof.Dr.Dr.Marco Kesting, Beratungsgesellschaft für Zahnärzte schaften, Praxis-Workshops und Vorträ- Vertreter der ZMK-Kliniken der BLZK, und (ABZeG) bereits für 2020 angesetzt. gen junger Kolleginnen und Kollegen über Prof.Dr.Dr.Peter Proff, Referent Kieferor- Die Corona-Pandemie hat auch diese den Berufsstart und Auslandsaufenthalte. thopädie der BLZK. Veranstaltung um ein Jahr nach hin- Die Themen, die Studierende gegen ten verschoben. Nun fand am 16.Ok- Ende des Studiums umtreiben, kristalli- Fragerunde mit Experten tober die erste Bayerische Fach- sierten sich schnell heraus: Medizinische und Workshops mit Praktikern schaftstagung in Regensburg statt und Versorgungszentren (MVZ), Assistenz- war ein großer Erfolg. Alle Beteiligten Gleich zu Beginn richtete der Zahnarzt zeit und Abrechnung. Dr.Rüdiger Schott verständigten sich darauf, im kom- Jörg Weishaupt, ehemaliges Fachschafts- warnte die angehenden Kolleginnen und menden Jahr in Erlangen zu tagen. mitglied in Regensburg und Vorstandsmit- Kollegen eindringlich vor MVZ-Provisions- glied des ZBV Oberpfalz, einen klaren Ap- arbeitsverträgen. Immer öfter würden pell an die Anwesenden: „Setzt Euch auch Investoren ohne zahnärztlichen Hinter- Professionelle Zusammenarbeit nach dem Studium für Euren Freien Beruf grund Zahnärztinnen und Zahnärzte auf im Vorfeld ein, bleibt dabei. Nur durch Euer aktives Umsatzbasis einstellen und sie vertraglich Die einladende Fachschaft Zahnmedizin Mitmachen in der Standespolitik können zu Umsatzvorgaben verpflichten, die gera- der Universität Regensburg, federführend Eure Themen Gehör finden!“ de für Anfänger unerreichbar seien. Das Benedikt Holmer, 2. Vorsitzender der Extrem ausdauernd zeigten sich die ginge zwangsläufig zulasten der Behand- Fachschaft Zahnmedizin, zeichnete ver- Studierenden in der nachfolgenden Ge- lungsqualität. Die Maximierung der Um- Fotos: BLZK Gut besucht war die erste Bayerische Fachschaftstagung in Regensburg. 14 BZB Dezember 2021
politik BLZK Workshops am Nachmittag Der Nachmittag stand ganz im Zei- chen der Zahnmedizin: Prof. Dr. Christoph Benz referierte über Zukunftstrends in der Zahnheilkunde. Er ermutigte die Stu- dentinnen und Studenten, sich im Laufe ihres Berufslebens auf einen Tätigkeits- schwerpunkt zu konzentrieren, der nicht dem Mainstream folgt. Als zukunftsträch- tige und lukrative Schwerpunkte einer er- folgreichen Zahnarztpraxis nannte er zum Beispiel die Pflegezahnmedizin oder die Bariatrische Zahnmedizin (Behandlung von schwer übergewichtigen Patientin- nen und Patienten). Im Hörsaal beantworteten erfahrene Standespolitiker wie Dr.Rüdiger Schott (r.) und Zwei Workshops wurden von ehema- Prof.Dr.Christoph Benz (2.v.r.) die Fragen der Studierenden. ligen Fachschaftsmitgliedern gestaltet: Dr. Julia Flessa referierte über ihre Aus- landsaufenthalte mit der Organisation „Dental Volunteers“. Till Hütteroth gab Tipps für den erfolgreichen Berufsstart als Vorbereitungsassistent. Dipl.-Volkswirt Stephan Grüner, Geschäftsführer des Zentrums für Existenzgründer und Pra- xisberatung (ZEP) der BLZK, stellte im Anschluss die kostenfreien und neutralen Beratungsangebote der BLZK ausführlich vor und ermunterte die Studierenden, sich schon vor dem Ende des Studiums mit diesen Serviceangeboten der Kammer auseinanderzusetzen. Selbst Hand anlegen konnten die Teil- nehmerinnen und Teilnehmer im Kurs von Praktische Übungen zur Endodontie (l.) und ein Nahtkurs am Schweinekiefer (r.) run- deten das umfangreiche Programm der Veranstaltung ab. Priv.-Doz.Dr.Matthias Widbiller zur rege- nerativen Endodontie und im Implantat- und Nahtkurs am Schweinekiefer von sätze und ein schnelles Durchschleusen das Zentrum für Existenzgründer und Dr.Dr. Johannes Meier. von Patientinnen und Patienten dürften Praxisberatung (ZEP) der BLZK. Nutzen Bei einem gemeinsamen Abendessen die Qualität bei der Behandlung nicht ver- Sie diesen Service!“, ermunterte Benz die ging die erste Fachschaftstagung im Frei- drängen, so Schott. Studierenden. staat mit einem eindeutig positiven Feed- Prof.Dr.Christoph Benz, Präsident Den Wunsch, das Thema Abrechnung back und einem klar formulierten Wunsch der Bundeszahnärztekammer, sensibi- in Seminaren während des Studiums zu Ende: Die Studierenden waren begeis- lisierte die jungen Zahnmedizinerinnen zu behandeln, wies Prof.Dr.Dr.Marco tert vom Programm. Für die nächste Ver- und -mediziner für ein weiteres Thema: Kesting nachdrücklich zurück: „Es ist anstaltung in Erlangen wünschen sie sich „Nach dem Studium werden sich die Bera- nicht Aufgabe der Hochschule, den noch mehr Input zu den Aufgaben und terkolonnen auf Sie stürzen. Seien Sie hier Verkauf zu lehren. Die Zahnmedizin ist Themen aus den Körperschaften – ein achtsam und gehen Sie nicht vorschnell ein akademischer Studiengang und soll wichtiges Signal, das erkennen lässt, dass auf vermeintlich verlockende, meist teure das auch bleiben, wir dürfen uns nicht der standespolitische Nachwuchs auch Angebote ein! Zu vielen Themen, die Sie entakademisieren. Nutzen Sie die Assis- unter Studierenden zu finden ist. beim Berufsstart umtreiben, haben BLZK tenzzeit in der Praxis, um sich Kenntnis- Judith Kärtner und KZVB individuelle und unabhängige se über das Abrechnungswesen anzu- Stabsstelle Patienten und Beratungsangebote, zum Beispiel über eignen!“ Versorgungsforschung der BLZK BZB Dezember 2021 15
politik KZVB „Versorgungsfeindliche Monopol- strukturen verhindern“ Gesundheitsministerkonferenz fordert strengere Regeln für MVZ Mehr Regulierung, mehr Transparenz Fotos: KZVB und die Gründung einer Bund-Län- der-Arbeitsgruppe zum Thema Medi- zinische Versorgungszentren (MVZ) – das forderte die Gesundheitsminis- terkonferenz der Länder (GMK) bei ihrem letzten Treffen in Lindau. Wie unter anderem die „zm“ berichten, nehmen die Gesundheitsminister den seit Jahren stetig wachsenden Versorgungs- anteil und die mit der Ausbildung von Mo- nopolstrukturen dieser Träger einherge- henden Gefahren für Qualität, Integrität und Sicherstellung einer umfassenden und flächendeckenden vertragsärztlichen Christian Berger: „Gründung und Betrieb Dr.Rüdiger Schott: „Ein MVZ-Register und vertragszahnärztlichen Versorgung eines MVZ sollte ausschließlich Ärzten reicht nicht aus, um den Vormarsch inter- „mit wachsender Sorge“ zur Kenntnis. Die und Zahnärzten gestattet sein.“ nationaler Investoren zu stoppen.“ Minister bestätigten einen Beschluss vom 30.September 2020 zur Regulierung von Arztregister auf Bundes- und Landesebe- Versorgung ausnahmsweise Zulassungs- MVZ und fordern in einem ersten Schritt, ne (Strukturtransparenz). Das Bundesge- anträgen und Anstellungsgenehmigungen unmittelbar Regelungen für mehr Trans- sundheitsministerium (BMG) wird erneut stattgeben können. Darüber hinaus bitten parenz zu schaffen – sowohl für Patienten gebeten, eine Gesetzesinitiative zu veran- die Länderminister das BMG, möglichst als auch für die institutionellen Akteure lassen, die eine Beschränkung der Zulas- noch vor Ablauf des Jahres 2021 eine län- im Gesundheitswesen. Vor allem diese sungen von MVZ auf den jeweiligen KV- deroffene Bund-Länder-Arbeitsgruppe Punkte sollen nach Auffassung der Ge- Bezirk beziehungsweise Nachbarbezirk, einzurichten. Diese soll eine erforderliche sundheitsminister geregelt werden: in dem der Träger seinen Sitz hat, sowie weitere Regulierung der Gründung und Eine Kennzeichnungspflicht für Träger eine Beschränkung des Versorgungsan- des Betriebs von MVZ prüfen und bis spä- und Betreiber von MVZ auf dem Praxis- teils von MVZ in der fachärztlichen Ver- testens Juni 2022 Vorschläge dazu vorle- schild, inklusive der Angabe der Rechts- sorgung auf 25 Prozent der Ärzte in der gen. Ziel ist, die Integrität medizinischer form (MVZ-Schilderpflicht), die Schaffung Facharztgruppe beinhalten. Die zuständi- Entscheidungen, die Sicherstellung einer eines gesonderten MVZ-Registers und/ gen Zulassungsausschüsse sollen im Ein- flächendeckenden und umfassenden Ver- oder die Ausweitung der bestehenden zelfall aus Gründen der vertragsärztlichen sorgung – auch durch MVZ – sowie die 16 BZB Dezember 2021
politik KZVB Regelung ist damit weitergehend als die beschleunigt. Rund 20 Prozent aller zahn- nun vorgeschlagene für haus- und fach- medizinischen MVZ haben ihren Sitz im ärztliche MVZ. Die Beschlüsse für mehr Freistaat. Ihr Anteil am Versorgungsge- Transparenz bei den Eigentümerstruktu- schehen ist damit deutlich höher als im ren würden sich dagegen auch auf zahn- Bundesdurchschnitt“. Für Berger zielen medizinische MVZ auswirken. die aktuellen Beschlüsse in die richtige Die KZVB hatte sich mehrfach für eine Richtung, sind aber nicht weitgehend ge- Verschärfung der Rahmenbedingungen nug. Er fordert erneut, dass die Gründung für MVZ ausgesprochen. Christian Ber- und der Betrieb eines MVZ ausschließlich ger, Vorsitzender des Vorstands, führte Ärzten und Zahnärzten gestattet sein soll, bereits im Sommer ein Gespräch mit so wie dies auch bei Anwaltskanzleien der dem bayerischen Gesundheitsminister Fall ist. Klaus Holetschek, bei dem er ihm ver- Dr.Rüdiger Schott, stellvertretender deutlichte, dass Bayern geradezu eine Vorsitzender des Vorstands der KZVB, MVZ-Hochburg sei. „Wir sehen in Bay- ergänzt: „Die Gesundheitsminister for- ern, dass der Transformationsprozess dern zu Recht mehr Transparenz und eine Dr.Manfred Kinner: „Der Konzentrations- prozess wird nicht dazu führen, dass die der Versorgungsstrukturen schon weit Kennzeichnungspflicht für Träger und Be- Kosten im Gesundheitssystem sinken.“ vorangeschritten ist. Die Pandemie hat treiber auf dem Praxisschild eines MVZ. diese Entwicklung möglicherweise sogar Doch das wird nicht ausreichen, um den Begrenzung der Bildung monopolartiger weiteren Vormarsch der MVZ zu stoppen. Strukturen nachhaltig und rechtssicher Wir brauchen eine Bund-Länder-Arbeits- gewährleisten zu können. Nach Auffas- gruppe, die die Vorschläge der ärztlichen Foto: Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege sung der Gesundheitsminister sollte die und zahnärztlichen Selbstverwaltung auf- ambulante medizinische Versorgung ver- greift, um eine weitere Industrialisierung mehrt auch in kommunaler Trägerschaft der Patientenversorgung zu verhindern. von MVZ gesichert werden. Dazu sollten Aktuell beobachten wir einen Konzentra- die Rahmenbedingungen so geschaffen tionsprozess, der sich nachteilig auf die werden, dass die kommunalen MVZ ein- Versorgung in strukturschwachen Regi- facher zugelassen werden können. onen auswirkt. Die Beschlüsse der GMK zur Be- Vorstandsmitglied Dr.Manfred Kinner schränkung der Marktanteile zielen vor verweist darauf, dass durch den aktuel- allem auf MVZ in der Humanmedizin. In len Konzentrationsprozess die Kosten im der zahnmedizinischen Versorgung gibt Gesundheitssystem nicht sinken würden. es bereits seit der Einführung des Termin- „Die Abrechnungszahlen der KZVB be- service- und Versorgungsgesetzes (TSVG) legen, dass MVZ pro Fall deutlich mehr im Mai 2019 eine Beschränkung der abrechnen als eine Einzel- oder Gemein- Marktanteile von fremdkapitalfinanzier- schaftspraxis. Offensichtlich steht dort ten MVZ. In „bedarfsgerecht versorgten die Rendite an erster Stelle. Auch deshalb Der bayerische Gesundheitsminister Planungsbereichen“ (entspricht einem Klaus Holetschek (CSU) hat das Thema sollte der Gesetzgeber die Regeln für in- Versorgungsgrad von 50 bis 110 Prozent) MVZ auf die Tagesordnung der Gesund- vestorenfinanzierte MVZ umgehend ver- darf der Versorgungsanteil eines MVZ, heitsministerkonferenz gesetzt, die im schärfen.“ November in Lindau stattfand. Eine Bund- das nicht von einem Zahnarzt betrieben Länder-Arbeitsgruppe soll Vorschläge für wird, maximal zehn Prozent betragen. Die eine weitere Regulierung erarbeiten.“ Leo Hofmeier BZB Dezember 2021 17
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