Bayerisches Zahnärzteblatt - Bayerisches Zahnärzteblatt

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Bayerisches Zahnärzteblatt - Bayerisches Zahnärzteblatt
58. Jahrgang

12/2021                                       Bayerisches Zahnärzteblatt

                                                           Schwerpunktthema
                                                        Digitale Zahnheilkunde
                                                                  Dentale Fotografie –
                                                                     Tipps und Tricks
                                                                        für die Praxis

Neu denken, Probleme lösen
Bundesversammlung der Bundeszahnärztekammer in Karlsruhe

Freiberuflichkeit erhalten
Erwartungen der Zahnärzte an die neue Bundesregierung
                                                                        www.bzb-online.de
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editorial

                            Blamabler Start
                            der Ampel
                            Liebe Kolleginnen
                            und Kollegen,
Christian Berger
Präsident der Bayerischen   das erste Gesetz der Ampel-Koalition war         gerade in der Pandemie als tragende
Landeszahnärztekammer
                            gelinde gesagt ein Rohrkrepierer. Die täg-       Säulen erwiesen haben, scheint nicht bis
                            liche Testpflicht für vollständig geimpfte/       nach Berlin durchgedrungen zu sein. Wie
                            genesene Zahnärzte und Praxismitarbeiter         wichtig und wertvoll der Föderalismus ist,
                            im neuen Infektionsschutzgesetz war an           zeigen die Beschlüsse der Gesundheits-
                            Realitätsferne nicht mehr zu überbieten.         ministerkonferenz zu Medizinischen
                            Abgesehen davon, dass gar nicht genügend         Versorgungszentren (MVZ), die auf un-
                            Schnelltests verfügbar sind, macht eine sol-     sere bayerische Initiative zurückgehen.
                            che Ressourcenverschwendung mitten in            Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll
                            der vierten Infektionswelle einfach keinen       Vorschläge erarbeiten, wie man den Vor-
                            Sinn. Statt „3G“ für Patienten beschloss         marsch internationaler Investoren in der
                            die Ampel-Koalition „2G+“ für geimpfte           ambulanten Versorgung stoppen kann.
                            und geboosterte Zahnärzte – wer soll das         Daran wirken wir gerne mit.
                            noch verstehen? Es bleibt abzuwarten, ob              Von der Ampel-Koalition haben wir
                            sich SPD, Grüne und FDP noch mehr derart         Zahnärzte dagegen wenig zu erwarten. So
                            gravierende handwerkliche Fehler erlauben.       kommt im Koalitionsvertrag der Begriff
                            Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe „Gesund-        „Zahn“ nur ein einziges Mal vor – und zwar
                            heit und Pflege“ für den Koalitionsvertrag        bei der „Alterszahngesundheit“. Aber
                            stimmen mich wenig hoffnungsvoll. Es fängt        vielleicht ist das ja ein gutes Zeichen. Die
                            schon damit an, dass den sechs inhaltlich        Zahnärzte stehen derzeit offensichtlich
                            ernüchternden DIN-A4-Seiten jede erkenn-         nicht im Fokus der Politik. Ich würde mir
                            bare Struktur fehlt. Vielmehr erweckt das        wünschen, dass das so bleibt. Die Zahnärz-
                            Papier den Eindruck, als hätten die Verhand-     te und ihre Körperschaften haben mit den
                            ler die Bereiche, über die sie sich als erstes   bestehenden Regelungen und Gesetzen
                            verständigen konnten (wie z.B. die Pflege),      genügend zu tun. Auf derart weltfremde
                            vorangestellt und alles Übrige mehr oder         Regelungen, wie sie das Infektionsschutz-
                            weniger unstrukturiert folgen lassen. Hinzu      gesetz beinhaltete, können wir gerne ver-
                            kommt, dass Reformvorhaben wie die Sen-          zichten.
                            kung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel              Ich bin überzeugt, dass wir die Pan-
                            kaum finanzierbar sein dürften – von ande-        demie auch ohne gesetzliche Vorgaben
                            ren Plänen ganz zu schweigen!                    weiterhin bewältigen werden.
                                 Erkennbar ist auch, dass die Ampel-              In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein
                            Koalition den Trend zur Zentralisierung          schönes Weihnachtsfest und erholsame
                            unseres Gesundheitswesens – etwa durch           Feiertage – mit oder ohne Kontaktbe-
                            eine weitere Reform des G-BA und die             schränkungen.
                            Schaffung des neuen Bundesinstituts für
                            öffentliche Gesundheit – fortsetzen wird.         Ihr
                            Dass sich die Strukturen der gemeinsa-
                            men Selbstverwaltung auf Länderebene

BZB Dezember 2021                                                                                                             3
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inhalt
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         politik
           6   Niedergelassene sind das Rückgrat der Versorgung

                                                                                                                                     Foto: BLZK
               KZBV und FVDZ haben klare Forderungen an die neue                 8
               Bundesregierung
           8   Neu denken, Probleme lösen
               Bundesversammlung der BZÄK in Karlsruhe
           10 „Die Freiberuflichkeit muss unbedingt erhalten bleiben“
              Christian Berger über den Wechsel im Bundesgesund-
              heitsministerium
           12 Konzertierte Aktion
              Gesundheits- und Pflegeorganisationen warnen vor Über-
              lastung des Gesundheitssystems
           13 Flächendeckende Versorgung sichern
              Tagung der VV-Vorsitzenden in Frankfurt am Main
                                                                       Bei der BZÄK-Bundesversammlung in Karlsruhe überreichte
           14 Standespolitiker im Dialog mit Studierenden              Prof. Dr. Christoph Benz seinem Vorgänger Dr. Peter Engel (l.)
                                                                       mit der Ehrennadel in Gold die höchste Auszeichnung der Bundes-
              Erste Bayerische Fachschaftstagung in Regensburg
                                                                       zahnärztekammer.
           16 „Versorgungsfeindliche Monopolstrukturen verhindern“
              Gesundheitsministerkonferenz fordert strengere Regeln
                                                                        Foto: KZVB

              für MVZ
           18 Gemeinsam für die Aus- und Fortbildung
              Konstituierende Sitzung des Berufsbildungsausschusses
           19 Nachrichten aus Brüssel
           20 Wer schreibt, der bleibt…
              Behandlungsdokumentation gewinnt immer mehr an
              Bedeutung
           24 Journal

                                                                                          32
         praxis
           26 Völlig realitäts- und praxisfern                         Neuauflage des Fortbildungsprogramms der KZVB: Die Fortbil-
              Infektionsschutzgesetz der Ampel sorgte bundesweit       dungsbroschüre 2022 gibt einen Überblick über die Themen.
              für Empörung

           27 GOZ aktuell
                                                                        Abbildung: BLZK

              Digitale Zahnheilkunde                                                                                           39
           29 Ihre Meinung zählt!
              Mitgliederbefragung von BLZK und KZVB läuft noch bis
              14. Januar 2022

           30 Freiwillige Arbeitgeberleistungen
              Was gilt aus juristischer Sicht?
           32 Kostenlos und wohnortnah
              Neuauflage des Fortbildungsprogramms der KZVB
           34 zahn.de – Mundgesundheit leicht gemacht
              Teil 3: Beratung                                         LAGZ-Fortbildung im Kloster Seeon: Prof.Dr.Ulrich Schiffner von
                                                                       der Universitätsklinik in Hamburg begrüßt die Einigung von Kin-
           36 Die BLZK in Ihrer Praxis                                 der- und Zahnärzten, auch bei Kleinkindern unter zwei Jahren das
              Zehn Jahre Kooperation mit TV-Wartezimmer                Putzen mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta zu empfehlen.

4                                                                                                              BZB Dezember 2021
Bayerisches Zahnärzteblatt - Bayerisches Zahnärzteblatt
inhalt

                                                                           38 Cyber-Attacke auf großen PVS-Hersteller
                                                                46            medatixx war tagelang nicht erreichbar – Zahnärzte
                                                                              nicht betroffen

                                                                           39 Wichtige Erkenntnisse – gewürzt mit Magie
                                                                              Abwechslungsreiche Fortbildung der LAGZ

                                                                           40 Online-News der BLZK

                                                                           42 Ärger mit Bewertungsportalen?
                                                                              Neue Leistung im Rechtsschutz-Rahmenvertrag hilft

                                                                           44 Alles zur PAR
                                                                              Online-Fortbildungsserie der eazf erfolgreich gestartet

 Die Autoren Mhd Said Mourad und Dr. Julian Schmoeckel erläu-             wissenschaft und fortbildung
 tern, in welchen Bereichen der Praxis dentale Fotografie und
 Dokumentation hilfreich sind und was dabei zu beachten ist.               46 Fotografie leicht gemacht
                                                                              Tipps und Tricks für die Praxis

                                                                           54 S1-Leitlinie
                                                                              Umgang mit zahnmedizinischen Patienten bei Belas-
                                                                              tung mit Aerosol-übertragbaren Erregern

                                                                           58 Parodontologie im Fokus
                                                                              62. Bayerischer Zahnärztetag München

                                                                          termine
                                                                          amtliche mitteilungen
                                                                           64 eazf Tipp
                                                                           65 eazf Fortbildungen
                                                                           67 Kursprogramm Betriebswirtschaft/
                                                                              Veranstaltungskalender
                                                                           68 Aufstiegsfortbildungen und Weiterqualifizierungen für
                                                                              Praxispersonal
                                                                           70 Niederlassungsseminare 2022
                                                                              Praxisübergabeseminare 2022

58                                                                         71 Vorläufige Prüfungstermine für
                                                                              Aufstiegsfortbildungen 2022/2023
 Der 62. Bayerische Zahnärztetag fokussierte die Herausfor-
 derungen in der parodontologischen Therapie. Prof. Dr. Bet-               72 Satzung zur Änderung der Satzung der BLZK
 tina Dannewitz, Präsidentin der DG Paro, erläuterte unter                 76 Änderung der Geschäftsordnung für die VV der BLZK
 anderem die neuen PAR-Richtlinien.
                                                                           77 Satzung zur Änderung der Wahlordnung der BLZK/
                                                                              Änderung der RKO I der BLZK
                                                                           78 Beschlüsse Ordentliche Vollversammlung der BLZK

 Titelbild: krishnacreations/stock.adobe.com                               79 Geschäftsbericht 2020 der Bayerischen Ärzteversorgung
                                                                           80 Ungültigkeit von Zahnarztausweisen/Kassenänderungen/
 Die Herausgeber sind nicht für den Inhalt von Beilagen verantwortlich.       Überweisungstermine 2022
                                                                           81 Rubrikanzeigen
 Das BZB 1-2/2022 mit dem Schwerpunkt Implantologie/Chirurgie
 erscheint am 15. Februar 2022.                                            82 Impressum

 BZB Dezember 2021                                                                                                                           5
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politik KZVB

      Niedergelassene sind das
      Rückgrat der Versorgung
      KZBV und FVDZ haben klare Forderungen an die neue Bundesregierung

      Die Gesundheitspolitik spielte im           gung (KZBV) und der Freie Verband            Vorschläge für eine zukunftsfeste zahn-
      Vorfeld der Bundestagswahl keine            Deutscher Zahnärzte e.V. (FVDZ)              medizinische Versorgung. Wohnortnah,
      große Rolle. Doch die Zukunft der           haben nun klare Forderungen an die           flächendeckend und qualitativ hochwertig
      zahnmedizinischen Versorgung und            Ampel-Koalition gerichtet.                   sind die Stichworte. Aus Sicht der Vertrags-
      der zahnärztlichen Berufsausübung                                                        zahnärzte liegt ein politischer Handlungs-
      hängen erheblich von den politischen        In ihrer „Agenda Mundgesundheit 2021-        bedarf insbesondere auf der Prävention
      Weichenstellungen in Berlin ab. Die         2025“ macht die Kassenzahnärztliche          und Versorgung vulnerabler Gruppen,
      Kassenzahnärztliche Bundesvereini-          Bundesvereinigung (KZBV) konkrete            auf der Digitalisierung und Entlastung der

         AGENDA MUNDGESUNDHEIT 2021-2025 DER KZBV
         Auf einen Blick – Unsere zentralen Erwartungen an die Politik

         Leitbild                                                          der zahnärztlichen Videosprechstunde auf alle Patientin-
         Freie Arzt- und Zahnarztwahl, Freiberuflichkeit und Selbst-        nen und Patienten ausgeweitet werden.
         verwaltung machen die Stärke unseres Gesundheitswesens
         aus. Sie tragen maßgeblich dazu bei, dass Deutschland eines   Flächendeckende und wohnortnahe Versorgungs-
         der besten Gesundheitssysteme der Welt hat. Dem Schutz        strukturen sicherstellen und zukunftsfest gestalten,
         des Vertrauensverhältnisses zwischen Patientinnen und Pati-   Vergewerblichung eindämmen
         enten und ihren Zahnärztinnen und Zahnärzten kommt eine       • Um die Gefahren von investorengetragenen Medizinischen

         hohe Priorität zu. Diese Eckpfeiler gilt es zu festigen und     Versorgungszentren (iMVZ) für die Patientenversorgung
         weiter auszubauen. Sie müssen die Richtschnur politischen       einzudämmen, gilt es einer fortschreitenden Vergewerb-
         Handelns bilden.                                                lichung der zahnärztlichen Versorgung zulasten freibe-
                                                                         ruflicher Versorgungsstrukturen Einhalt zu gebieten und
                                                                         die Transparenz zu stärken. Dazu sollten MVZ-Register
         Mundgesundheit über den gesamten Lebensbogen                    geschaffen und die bestehenden TSVG-Regelungen pass-
         hinweg erhalten                                                 genau fortentwickelt werden.
         • Die Präventionserfolge und die Versorgung vulnerabler       • Um die Versorgungsstrukturen wohnortnah und

           Gruppen sollten verstetigt und ausgebaut werden.              flächendeckend zu erhalten, sollte die Niederlassung
         • Qualitätsförderung sollte am Patientennutzen ausge-           von Zahnärztinnen und Zahnärzten gefördert werden.
           richtet werden. Dabei gilt es, Bürokratie abzubauen und       Dies gilt insbesondere für ländliche und struktur-
           sektorspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen.           schwache Räume.

         Chancen der Digitalisierung nutzen                            Lehren aus der Corona-Pandemie ziehen
         •Die Praxen brauchen eine stabile, störungsfreie Telematik-   • Wir setzen uns dafür ein, dass die Versorgungsstrukturen
          infrastruktur. Es sollten versorgungsorientierte Lösungen      flächendeckend und wohnortnah erhalten bleiben und
          entwickelt und dabei Verwaltungs- und Bürokratieaufwand        die Folgen der Corona-Pandemie für die Zahnarztpraxen
          reduziert werden. Die Kosten des digitalen Transforma-         abgefedert werden.
          tionsprozesses müssen refinanziert werden. Um die             • Mit Blick auf die Zukunft gilt es, die Krisenreaktionsfähigkeit

          Chancen der Telemedizin zu nutzen, sollte die Möglichkeit      des vertragszahnärztlichen Versorgungssystems zu stärken.

6                                                                                                                         BZB Dezember 2021
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politik KZVB

Zahnarztpraxen von Bürokratie sowie der        und Teilhabe am medizinischen Fortschritt       zahnärztliche Versorgung sukzessive der
Eindämmung der Vergewerblichung der            haben“, führt Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzen-     Gewinnmaximierung von iMVZ zum Op-
Versorgung. Letztes habe zum Ziel, gleich-     der des Vorstands der KZBV, aus.                fer fallen.“ Dieses Problem müsse die neue
wertige Lebensverhältnisse in Stadt und            „Die ambulante Versorgung durch             Regierung anpacken, sagt auch Eßer und
Land zu erhalten. „Die zahnmedizinischen       Niedergelassene ist das Rückgrat unseres        betont ein weiteres Mal die Forderung
Präventionserfolge sind beispielgebend für     Gesundheitssystems“, stellt auch der Bun-       nach Transparenz und Patientenschutz,
die Versorgung. Wir wollen diesen Erfolgs-     desvorsitzende des Freien Verband Deut-         die durch MVZ-Register auf Bundes- und
weg weitergehen. Zugleich legen wir ein        scher Zahnärzte e.V. (FVDZ), Harald Schra-      Landesebene ermöglicht würde.
besonderes Augenmerk auf die Sicherstel-       der, klar. Ebenso wie die KZBV positioniert          Insgesamt ergänzen sich die Forderun-
lung der Versorgung, insbesondere in länd-     sich der Bundesvorstand unmissverständ-         gen beider in vielerlei Punkten, wie etwa
lichen, strukturschwachen Räumen. Die          lich gegen die Zunahme investorengetra-         der Digitalisierung und dem Bürokratieab-
Menschen müssen auch in Zukunft unab-          gener Medizinischer Versorgungszentren          bau. Nachstehend drucken wir die entspre-
hängig von Wohnort und sozialem Status         (iMVZ). „Es darf nicht sein, dass das Pa-       chenden Positionspapiere beider ab.
Zugang zur zahnmedizinischen Versorgung        tientenwohl und die flächendeckende                                            Redaktion KZVB

   POSITIONSPAPIER DES FVDZ ZUR STÄRKUNG DER FREIEN PRAXEN
   Freiberuflich niedergelassene Zahnärztinnen und Zahnärzte sind die Basis der ambulanten Versorgung. Selbstständige Praxen sichern
   die flächendeckende hochwertige zahnmedizinische Versorgung mit freier Arzt- und Therapiewahl. Das hat sich gerade in der Zeit
   der Pandemie eindrucksvoll bestätigt. Die freie Berufsausübung zu stärken und die freiberufliche Niederlassung weiterhin als zentralen
   Dreh- und Angelpunkt der ambulanten Versorgung zu erhalten und zu unterstützen, müssen die Ziele politischen Handelns sein.

   Duales System erhalten                                              rung bedeutet eine Stärkung der freien Berufsausübung für die
   Die Dualität aus gesetzlicher (GKV) und privater Krankenversi-      Zahnärzteschaft und eine Stärkung ihrer Selbstverwaltung.
   cherung (PKV) macht das Gesundheitssystem in Deutschland
   leistungsfähig und flexibel. Schritte zur Abschaffung der privaten    Digitalisierung am Nutzen für die Versorgung ausrichten
   Vollversicherung schaden der medizinischen Versorgung ins-          Die Telematik-Infrastruktur (TI) der gematik soll Abläufe ver-
   gesamt, weil die PKV ein Garant für medizinische Innovationen       einfachen, Bürokratie abbauen und medizinische Daten sicher
   in der Versorgung ist. Der Zugang aller Patienten zu Leistungen     nutzbar machen. Aktuell geschieht das Gegenteil. Die Umstel-
   außerhalb des Grundleistungskatalogs muss möglich sein, ohne        lung verursacht extremen Mehraufwand und hohe Kosten in
   den Anspruch auf die GKV-Leistung zu verlieren. Die private         den Praxen, weil unausgereifte Lösungen zwangsweise einge-
   Gebührenordnung und der BEMA-Z müssen medizinisch und               führt werden. Die Kosten der digitalen Umstrukturierungen in
   wirtschaftlich an die aktuellen Verhältnisse angepasst werden.      den Praxen müssen vollständig refinanziert werden.

   Vergewerblichung eindämmen                                          Nachhaltiges Arbeiten (Green Dentistry)
   Die Okkupation der zahnärztlichen Versorgung durch inves-           Auch die ambulanten Praxen können durch ressourcenscho-
   torengetragene Medizinische Versorgungszentren (iMVZ)               nendes Arbeiten (Verbrauchsmaterialien, Mehrfachinstrumen-
   schreitet ungehindert voran. Der Trend muss gestoppt werden,        tarien, Plastikeinsatz, Energie) einen Beitrag zum Klimaschutz
   um die zahnärztliche Versorgung auch in strukturschwachen           und gleichzeitig zur Effizienzsteigerung der Praxis leisten. Der
   Regionen in Zukunft gewährleisten zu können und Standorte           Einsatz von Chemie, Pharmazie und Energie sollte zielgerichtet
   für die Niederlassung von freiberuflich tätigen Zahnärzten           und effizient erfolgen. Das Augenmerk soll hier auf der Verbin-
   attraktiv zu machen. Die bestehenden Begrenzungen müssen            dung von Ökologie und Ökonomie liegen.
   verschärft werden – insbesondere muss Transparenz über die
   Besitzverhältnisse geschaffen werden.                                Medizinisches Personal gezielt fördern
                                                                       Jede Praxis ist nur so gut wie die Menschen, die dort im Einsatz
   Bürokratielast abbauen                                              für die Patienten sind. Deutschland braucht eine Ausbildungsof-
   Immer mehr neue bürokratische Auflagen belasten die Praxen.          fensive für Praxispersonal. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
   Vorschläge zum Abbau von Bürokratie liegen vor (vgl. Normen-        müssen sich ebenso wie die Zahnärztinnen und Zahnärzte wie-
   kontrollrat), diese müssen dringend umgesetzt werden. Digitali-     der mehr ihren originären Aufgaben in der Patientenbehand-
   sierung darf nicht zu mehr Bürokratie führen, sondern muss die      lung widmen können, statt dem Nachkommen bürokratischer
   Praxen wirksam entlasten. Weniger staatlich gesteuerte Regulie-     Verpflichtungen.

BZB Dezember 2021                                                                                                                               7
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politik BLZK

      Neu denken, Probleme lösen
      Bundesversammlung der Bundeszahnärztekammer in Karlsruhe

      Ein kraftvolles standespolitisches            Gestraffte Strukturen,                        bedarf und zahngesunde Ernährung seien
      Zeichen zur Gebührenordnung für               neue Themen                                  wichtige Felder.
      Zahnärzte setzte die Bundesver-
      sammlung der Bundeszahnärztekam-              Neu denken und Probleme lösen, das gel-
                                                                                                 „Karlsruher Erklärung“ –
      mer Ende Oktober mit einer – nach             te auch für die Selbstverwaltung. Die Aus-
                                                                                                 ein starkes Signal
      dem Tagungsort benannten – „Karls-            schussarbeit der BZÄK ist zwischenzeitlich
      ruher Erklärung“. Die Versamm-                neu strukturiert, mehr Kolleginnen seien     Mit der einstimmig verabschiedeten
      lung adressierte außerdem einen               in die Ausschüsse berufen worden. Or-        „Karlsruher Erklärung“ (siehe Kasten)
      umfassenden Forderungskatalog                 ganisatorisch wurde mit einem erstmals       zur Anhebung des Punktwerts der GOZ
      an die neue Bundesregierung und               eingerichteten GOZ-Strategieausschuss        stellten die Delegierten der neuen Bun-
      formulierte dabei auch den dringen-           die Basis geschaffen, um „die bisherigen      desregierung eine nachdrückliche For-
      den Appell für einen nachhaltigen             ausgetretenen Pfade“ zu verlassen und        derung, sandten aber gleichzeitig eine
      Bürokratieabbau in Zahnarztpraxen.            neue Wege zu beschreiten. Auch die           klare Botschaft an den Berufsstand. Vor-
                                                    Verwaltung der BZÄK solle im Rahmen          gestellt wurde sie vom Präsidenten der
      Der Anfang Juni neu gewählte Präsi-           einer internen Verwaltungsreform noch        Bayerischen Landeszahnärztekammer,
      dent der Bundeszahnärztekammer,               schneller, besser und kreativer werden,      Christian Berger. Der Ort als Namens-
      Prof.Dr.Christoph Benz, zog in seinem       berichtete Benz.                             geber für diesen Beschluss hätte nicht
      Bericht an die Delegierten der Bundes-            Die Zahnärzte müssten sich den kom-      besser gewählt sein können. 2013 hatte
      versammlung eine erste Bilanz nach            menden Herausforderungen aber offen           das Bundesverfassungsgericht in Karls-
      147 Tagen. Er und die beiden mit ihm ins      stellen. So gelte es, neue Behandlungs-      ruhe die Verfassungsbeschwerde gegen
      Amt gekommenen Vizepräsidenten Kons-          felder zu erschließen. Denn die großen       die Nichtanhebung des Punktwerts in der
      tantin von Laffert und Dr. Romy Ermler ga-     Erfolge in der präventiven Zahnheilkun-      am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen GOZ
      ben einen Überblick zu den Zielen des Ge-     de hätten auch Folgen. Die Karieslast sei    ohne Begründung nicht zur Entscheidung
      schäftsführenden Vorstands in der neuen       stark rückläufig. Benz mahnte: „Es gibt       angenommen. Christan Berger war da-
      Amtszeit. „Wir wollen keine Wolken schie-     vieles, was wir anpacken müssen.“ Dabei      mals für den BDIZ EDI mit fünf weiteren
      ben, sondern Dinge konkret anpacken“, so      handle es sich sowohl um alte als auch um    Zahnärzten einer der Kläger.
      Benz. Sie plädierten für offene Gespräche,     neue Herausforderungen: Parodontitis,            Berger, heute Präsident der BLZK,
      neue Impulse und zügige pragmatische          die zahnmedizinische Versorgung Pflege-       führte den Delegierten eindringlich vor
      Lösungen. Die Politik müsse sich endlich      bedürftiger, Early Childhood Caries, aber    Augen: „Es gibt keine Punktwerterhöhung,
      den aktuellen und verschleppten Aufga-        auch adipöse Patienten mit Behandlungs-      da der Verordnungsgeber schläft, damals
      ben stellen. „GOZ, GOZ, GOZ“ – der Kampf
      der Zahnärzteschaft um die seit Jahrzehn-
      ten überfällige Anhebung des Punktwerts
      sei dabei eine der zentralen Forderungen.
      Benz und seine beiden Präsidiumskollegen
      erwarten von der Politik ein deutliches Be-
      kenntnis zur dualen Krankenversicherung
      und erteilten Fremdkapitalinvestitionen in
      der zahnmedizinischen Versorgung uni-
      sono eine klare Absage.
                                                                                                                                       Fotos: BZÄK/Tobias Koch

         Die Bundesversammlung fand Corona-
       bedingt erneut hybrid statt. Während die
          Delegierten vor Ort tagten, verfolgten
       Gäste und Medienvertreter die Veranstal-
                           tung im Live-Stream.

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                                                               Dr. Peter Engel (l.)     schaffen. Der neue Strategieausschuss
                                                               erhielt von seinem       wird sich dieser Aufgabe annehmen.
                                                               Nachfolger Prof. Dr.
                                                               Christoph Benz (r.)          Die Bundesversammlung verabschie-
                                                               die höchste Auszeich-    dete einstimmig die Resolution „Das deut-
                                                               nung der Bundeszahn-     sche Gesundheitssystem nach der Bundes-
                                                               ärztekammer.
                                                                                        tagswahl“ zu den brennenden Themen für
                                                                                        den Berufsstand. Darin wird die zukünftige
                                                                                        Bundesregierung aufgefordert, die freie
                                                                                        Arzt- und Therapiewahl zu stärken, Fremd-
                                                                                        kapital in der Zahnmedizin zu regulieren,
                                                                                        Praxen von unnötiger Bürokratie spürbar
                                                                                        zu entlasten, bei der Digitalisierung die Ex-
                                                                                        pertise des Berufsstandes zu nutzen und
wie heute.“ Nun sei es an der Zeit, noch-   zen, dann fehlen auch die schlagkräftigen   das duale Krankenversicherungssystem zu
mals durchzustarten. Allerdings müssten     Argumente für eine Punktwertanhebung        stärken. Eine angemessene Honorierung
die Zahnärzte selbst aktiv werden und die   gegenüber dem Verordnungsgeber,“ so         auf Basis einer jährlich im Punktwert an-
Möglichkeiten der GOZ voll ausschöpfen.     Berger. Die Bundeszahnärztekammer           zupassenden GOZ zu sichern, ist ebenfalls
Insbesondere gehe es hier um die Para-      plant, den Zahnärzten einfach umzuset-      im Forderungskatalog enthalten.
graphen 2, 5 und 6.1 der GOZ. „Wenn wir     zende Handreichungen zur Verfügung zu
die zur Verfügung stehenden Gestal-         stellen, um mehr Wissen und Sicherheit
                                                                                        Ehrung für Dr.Peter Engel
tungsmöglichkeiten der GOZ nicht nut-       im Umgang mit der GOZ-Abrechnung zu
                                                                                        BZÄK-Präsident Prof.Dr.Christoph Benz
                                                                                        zeichnete seinen Amtsvorgänger Dr.Pe-
                                                                                        ter Engel für dessen Verdienste um den
                                                                                        zahnärztlichen Berufsstand mit der Eh-
   KARLSRUHER ERKLÄRUNG
                                                                                        rennadel der deutschen Zahnärzteschaft
   Die Bundesversammlung der Bundeszahnärztekammer stellt fest, dass der                in Gold aus. Zudem ernannte ihn die Bun-
   Verordnungsgeber auch in der letzten Legislaturperiode seiner gesetzlich             desversammlung zum Ehrenpräsidenten
   vorgegebenen Verpflichtung zu einer Anpassung des seit 33 Jahren unverän-             der BZÄK. Engel war von 2008 bis 2021
   derten Punktwerts in der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) wieder nicht            BZÄK-Präsident und in zahlreichen Funkti-
   nachgekommen ist.                                                                    onen und Ausschüssen auf nationaler und
   Die Bundesversammlung fordert die künftige Bundesregierung auf, diesen               internationaler Ebene tätig. Er war „das
   gesetzlichen Auftrag endlich zu erfüllen.                                            Gesicht der Bundeszahnärztekammer und
   Die gesetzliche Verpflichtung für die längst überfällige Punktwertanhebung            führte das Amt mit großer Gewissenhaf-
   lautet: „Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit             tigkeit und Würde aus“, so Benz in seiner
   Zustimmung des Bundesrates die Entgelte für zahnärztliche Tätigkeit in einer         Laudatio. Engel beließ seinen Dank bei we-
   Gebührenordnung zu regeln. In dieser Gebührenordnung sind Mindest- und               nigen Worten und gab den Stab weiter:
   Höchstsätze für die zahnärztlichen Leistungen festzusetzen. Dabei ist den            „Nun sind die Nächsten dran.“
   berechtigten Interessen der Zahnärzte und der zur Zahlung der Entgelte Ver-                                       Isolde M.Th.Kohl
   pflichteten Rechnung zu tragen (§ 15 Zahnheilkundegesetz)“.
   Damit soll sichergestellt werden, dass auf gesetzlicher Grundlage die Vergütung
   sowohl dem Allgemeinwohl als auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
                                                                                            DIE BESCHLÜSSE IM NETZ
   genügen muss und die Leistungen der Zahnärzte ausreichend vergütet werden.
                                                                                            Alle an die Politik gerichteten Be-
   Es ist also der Ausgleich notwendig zwischen den widerstrebenden Interessen
                                                                                            schlüsse der Bundesversammlung
   der Patienten, kein zu hohes Entgelt entrichten zu müssen und den berechtig-
                                                                                            sind online abrufbar:
   ten Interessen der Zahnärzte, ein angemessenes Honorar für ihre Aufwände,
                                                                                            www.bzaek.de/service/veranstaltun-
   also eine leistungsgerechte Honorierung, zu erhalten.
                                                                                            gen/deutscher-zahnaerztetag.html
   Zugleich fordert die Bundesversammlung die Zahnärztinnen und Zahnärzte in
   Deutschland auf, unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungs-
   gerichts, die bestehenden Möglichkeiten der GOZ unter konsequenter Anwen-
   dung des Paragraphen 2 (Freie Vereinbarung), des Paragraphen 5 (Bemessung
   der Gebühren) und des Paragraphen 6 Abs. 1 (Analogleistungen) auszuschöpfen.

BZB Dezember 2021                                                                                                                         9
Bayerisches Zahnärzteblatt - Bayerisches Zahnärzteblatt
politik KZVB

                                                                                                                                            Foto: metamorworks/stock.adobe.com
      „Die Freiberuflichkeit muss
      unbedingt erhalten bleiben“
      Christian Berger über den Wechsel im Bundesgesundheitsministerium

      Bei Redaktionsschluss für dieses BZB         ser Gesundheitssystem hat Jens Spahn         der Schlagzeilen. Doch Gesetze und Ver-
      war der Koalitionsvertrag von SPD,           leider keine gute Figur gemacht. Er un-      ordnungen sind kein Beleg für eine er-
      Grünen und FDP noch nicht bekannt.           terlag immer wieder Fehleinschätzungen.      folgreiche Gesundheitspolitik. Sie müssen
      Auch der Nachfolger von Bundesge-            Das gesamte Krisenmanagement kann            gelebt werden und vor allem auch finan-
      sundheitsminister Jens Spahn (CDU)           man nur mit der Note mangelhaft be-          zierbar sein. Die Krankenkassen kritisie-
      stand noch nicht fest. Dennoch hat           werten. Die chaotische Beschaffung von        ren zu Recht, dass die Projekte von Jens
      der KZVB-Vorsitzende Christian Ber-          Schutzausrüstung, die verspätete Bereit-     Spahn zu erheblichen Kostensteigerungen
      ger klare Forderungen und Erwartun-          stellung der Impfstoffe, keine Liquiditäts-   geführt haben. Volle Kassen machten’s
      gen an den oder die Neue im Bundes-          hilfen für Zahnärzte und eine Beendigung     möglich! Doch zukunftsfest und demo-
      gesundheitsministerium.                      der epidemischen Lage mitten auf dem         graphiesicher ist unser Gesundheitssys-
                                                   Höhepunkt der vierten Infektionswelle        tem dadurch nicht geworden.
      BZB: Wie beurteilen Sie die Bilanz           – da bleibt ein bitterer Nachgeschmack.
      des scheidenden Bundesgesundheits-                                                        BZB: Die Digitalisierung hat Spahn
      ministers Jens Spahn?                        BZB: Abgesehen von Corona: Was               zur Chefsache erklärt. Was hat er
           Berger: Das Urteil über seine Arbeit    bleibt von Jens Spahn?                       erreicht?
      ist natürlich massiv durch die Bewältigung       Berger: Spahn versuchte ja von An-           Berger: Auch hier klaffen Anspruch
      der Corona-Pandemie geprägt. Bei dieser      fang an, sich als Macher zu präsentieren.    und Wirklichkeit weit auseinander. In den
      bislang größten Herausforderung für un-      „20 Gesetze in 20 Monaten“ lautete eine      vier Jahren seiner Amtszeit ist es Jens

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politik KZVB

Spahn nicht gelungen, eine funktionieren-                                                        Berger: Es ist nicht die Aufgabe der
de Telematik-Infrastruktur (TI) aufzubau-                                                   zahnärztlichen Selbstverwaltung, der Poli-
en, obwohl er die gematik quasi verstaat-                                                   tik hierfür Ratschläge zu erteilen. Ich kann
licht hat. Die Zahnärzte haben durch die                                                    aber eines feststellen: Die Zahnärzte sind
Digitalisierung aktuell viel Aufwand ohne                                                   definitiv nicht die Kostentreiber in unse-
erkennbaren Nutzen. Die Sanktionen                                                          rem Gesundheitssystem. Unser Anteil an
bei Nichtanbindung sorgen sicher nicht                                                      den GKV-Gesamtausgaben geht seit Jah-
für eine höhere Akzeptanz der TI. Die                                                       ren zurück. Eine präventionsorientierte
übereilte Einführung der elektronischen                                                     Zahnmedizin hat in Verbindung mit den
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird                                                       befundorientierten Festzuschüssen da-
uns noch viel Ärger bereiten. Auch beim                                                     für gesorgt, dass die Ausgaben für Zahn-
E-Rezept läuft es alles andere als rund. Die                                                ersatz massiv gesunken sind. Ich denke,
deutschen Digitalisierungsdefizite traten                                                    dass wir in allen Medizinbereichen mehr
durch die Corona-Pandemie ja sehr deut-                                                     Prävention brauchen. Deshalb ist auch die
lich zu Tage. Die Datenübermittlung zwi-                                                    neue PAR-Richtlinie so wichtig. Ich darf
schen den Gesundheitsämtern und dem                                                         auch darauf verweisen, dass mittlerweile
Robert-Koch-Institut (RKI) per Fax sorgte                                                   16 Millionen Deutsche eine Zahnzusatz-
zu Recht für Kopfschütteln. Auch auf die       „Die zahnärztliche Standespolitik konnte     versicherung haben. Dadurch können wir
Corona-Warn-App mussten wir viel zu            in der Amtszeit von Jens Spahn einige        immer mehr Patienten eine hochwertige
                                               wichtige Erfolge erzielen“, meint der
lang warten. Spahns Nachfolger sollte          KZVB-Vorsitzende Christian Berger.           Versorgung anbieten, die über den GKV-
bei der Digitalisierung einen kompletten                                                    Leistungskatalog hinausgeht, ohne sie
Reset vollziehen und viel stärker auf die                                                   finanziell zu überfordern.
Betroffenen hören. Gerade die Zahnärzte
sind offen für neue Technologien. Doch          zwischen SPD, Grünen und FDP vereinbart      BZB: Stichwort Bürokratieabbau:
die Digitalisierung muss den Menschen in       wurde. Nachdem zwei Parteien die Bür-        Rechnen Sie hier mit Verbesserun-
den Mittelpunkt stellen und vor allem: sie     gerversicherung in ihrem Wahlprogramm        gen?
muss funktionieren.                            hatten, war das nicht selbstverständlich.         Berger: Der Bürokratieabbau ist eine
                                               Ich kann nur hoffen, dass das so auch im      Sisyphusarbeit. Auf den Arbeitseifer von
BZB: Gibt es auch Positives aus der            Koalitionsvertrag stehen wird. Ich erwarte   Jens Spahn bin ich bereits eingegangen.
Amtszeit von Jens Spahn?                       von der neuen Bundesregierung auch ein       Es wäre schön, wenn die Schlagzeile über
    Berger: Die Standespolitik konnte tat-     klares Bekenntnis zur Freiberuflichkeit der   den neuen Minister oder die neue Ministe-
sächlich einige wichtige Erfolge erzielen:     Ärzte und Zahnärzte. Gerade in der Pande-    rin lautet: „In 20 Monaten 20 Gesetze ab-
Mit dem Terminservice- und Versorgungs-        mie haben wir bewiesen, dass wir die Pati-   geschafft“. Aber dazu wird es wohl nicht
gesetz (TSVG) wurde 2019 die Degression        entenversorgung auch unter schwierigen       kommen. Dennoch lassen wir nichts un-
abgeschafft. Das ist ein wichtiges Signal       Bedingungen aufrechterhalten können. Die     versucht. Wir sind mit dem Beauftragten
gerade an die Praxen im ländlichen Raum,       Gesundheitsministerkonferenz hat erfreu-     der Bayerischen Staatsregierung für den
die oft überdurchschnittlich viele Patien-     licherweise eine stärkere Reglementierung    Bürokratieabbau in einem konstruktiven
ten versorgen. Auch die Begrenzung der         von Medizinischen Versorgungszentren         Austausch (siehe BZB 10/2021). Er hat uns
Marktanteile fremdkapitalfinanzierter Me-       gefordert (siehe Seite 16). Das geht auch    zugesichert, sich auch auf Bundesebene
dizinischer Versorgungszentren (MVZ) in        auf unsere bayerische Initiative zurück.     für den Abbau unnötiger Vorschriften
der Zahnmedizin ist ein Schritt in die rich-   Ich hoffe, dass die neue Bundesregierung      einzusetzen. Doch Fakt ist, dass die po-
tige Richtung, er reicht aber nicht. Und       diesen Ball aufgreift und wirksame Maß-      litischen Mehrheiten jetzt jenseits der
natürlich eröffnet die am 1. Juli in Kraft      nahmen gegen eine weitere Industrialisie-    CSU liegen. Im Sondierungspapier steht:
getretene PAR-Richtlinie den Zahnärzten        rung der Medizin und Zahnmedizin erlässt.    „Die Verwaltung soll agiler und digitaler
neue wirtschaftliche Perspektiven. Sie ist     So wie bisher kann es nicht weitergehen.     werden. Verwaltungs-, Planungs- und Ge-
ein wichtiger Baustein im Kampf gegen          Wenn der Konzentrationsprozess in den        nehmigungsverfahren sollen modernisiert
die Volkskrankheit Parodontitis.               städtischen Ballungsräumen ungebremst        werden. Unser Ziel ist es, die Verfahrens-
                                               voranschreitet, wird es immer schwerer,      dauer mindestens zu halbieren.“ Dazu
BZB: Was erwarten Sie von der neu-             die flächendeckende Versorgung aufrecht-      leisten wir gerne unseren Beitrag.
en Bundesregierung?                            zuerhalten.
    Berger: Ein erstes positives Signal ist                                                 BZB: Vielen Dank für das Gespräch!
der Erhalt des dualen Systems von GKV und      BZB: Wie kann man das Finanzie-
PKV, der in den Sondierungsgesprächen          rungsproblem der GKV lösen?                                 Die Fragen stellte Leo Hofmeier.

BZB Dezember 2021                                                                                                                             11
politik BLZK

                                                                                                                                              Foto: fotosr52/stock.adobe.com
      Konzertierte Aktion
      Gesundheits- und Pflegeorganisationen warnen vor Überlastung des Gesundheitssystems

      Mit großer Sorge beobachten                  und wirksame Kontrolle der 2G-Regelung       und uns an der Umsetzung beteiligen“, so
      führende Organisationen aus dem              (geimpft oder genesen) als zwingende         der Wortlaut des Schreibens.
      Gesundheits- und Pflegebereich die            Zutrittsvoraussetzung. Zudem sollten
      rasante Ausbreitung des Corona-Vi-           für Aktivitäten mit besonders hohem In-
                                                                                                Impfung senkt Risiken deutlich
      rus in Deutschland. Die bayerischen          fektionsrisiko – vor allem in Regionen mit
      Zahnärzte teilen diese Einschätzung          hohen Infektionsraten – Antigen-Schnell-     Gemeinsam appellieren die Deutsche
      und unterstützen den von der Deut-           tests zusätzlich zur 2G-Regelung (2G+)       Krankenhausgesellschaft, die Bundesärzte-
      schen Krankenhausgesellschaft, der           obligatorisch werden. Das Vorhaben der       kammer, der Deutsche Pflegerat, die Bun-
      Bundesärztekammer, des Deutschen             Bundesregierung, eine allgemeine und für     despflegekammer und der Verband medi-
      Pflegerates, der Bundespflegekam-              die Arbeitgeber durchsetzbare 3G-Regel       zinischer Fachberufe an alle Bürgerinnen
      mer und des Verbandes medizini-              am Arbeitsplatz einzuführen, wird von den    und Bürger, sich gegen Covid-19 impfen
      scher Fachberufe unterzeichneten             Unterzeichnern ausdrücklich unterstützt.     zu lassen. Mit einer Impfung schütze man
      Appell an Politik und Gesellschaft.                                                       nicht nur sich selbst und seine Kontakt-
                                                                                                personen, sondern trage auch aktiv dazu
                                                   Für Impfpflicht in
      „Die mit der Änderung des Infektions-                                                     bei, die in immer mehr Regionen drohende
                                                   bestimmten Berufen
      schutzgesetzes vorgesehenen Maßnah-                                                       Überlastung der Krankenhäuser zu vermei-
      men zur Eindämmung der Pandemie sind         Darüber hinaus begrüßen sie die aktuelle     den. Dabei könne eine Impfung nicht jede
      richtig und notwendig, sie reichen aber      Stellungnahme des Deutschen Ethikrates.      Infektion vermeiden, aber das Risiko selbst
      nicht aus, um der drohenden Überlastung      Das Beratergremium hatte die Bundes-         schwer zu erkranken und andere anzuste-
      des Gesundheitswesens entgegenzuwir-         regierung aufgefordert, kurzfristig die      cken, werde durch die Impfung drastisch
      ken“, schreiben die fünf Organisationen in   Einführung einer berufsbezogenen Impf-       reduziert. Das zeige sich bereits jetzt auf
      ihrem gemeinsamen Aufruf. Deshalb seien      pflicht zum Schutz besonders vulnerabler      den Intensivstationen der Krankenhäuser,
      weitergehende Sofortmaßnahmen von            Menschen in Einrichtungen des Gesund-        auf denen in großer Mehrzahl ungeimpfte
      Bund und Ländern dringend erforderlich.      heitswesens zu prüfen. „Eine offene,         Patienten versorgt werden müssten.
                                                   transparente und abwägende Diskussion             „Die politischen Verantwortlichen in
                                                   dieser komplexen Fragestellung trägt mit     Bund und Ländern und die Gesellschaft
      2G-Regelung im
                                                   dazu bei, eine Entscheidung für oder ge-     als Ganzes sind jetzt gefordert, Verant-
      öffentlichen Leben
                                                   gen eine Impfpflicht gut zu begründen         wortung zu übernehmen und unser
      Für den Zugang zu Angeboten des öffent-       und Akzeptanz zu schaffen. Sollte die Po-     Gesundheitswesen vor Überlastung zu
      lichen Lebens fordern die Vertreter von      litik auf Basis dieser Stellungnahme des     schützen“, betonen die beteiligten Orga-
      Krankenhausträgern, Ärzten, Pflegenden        Ethikrates eine Impfpflicht für bestimm-      nisationen zum Abschluss ihrer gemein-
      und Medizinischen Fachangestellten bun-      te Einrichtungen und Berufsgruppen           samen Erklärung.
      desweit und einheitlich die Einführung       einführen, werden wir dies unterstützen                               Thomas A.Seehuber

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politik KZVB

                                                                                                                                          Foto: Katharina Köhler
Flächendeckende Versorgung sichern
Tagung der VV-Vorsitzenden in Frankfurt am Main

Einmal im Jahr treffen sich die                                                           schaften bislang gut bewältigt wurde. Die
                                              Foto: privat

Vorsitzenden der Vertreterver-                                                           zahnmedizinische Versorgung sei auch
sammlungen (VV-Vorsitzende) aller                                                        unter Pandemiebedingungen jederzeit
Kassenzahnärztlichen Vereinigungen,                                                      sichergestellt gewesen. Bewährt hätten
um sich zu aktuellen standes- und ge-                                                    sich auch die Covid-19-Schwerpunktpra-
sundheitspolitischen Themen auszu-                                                       xen. Den Kollegen und ihren Mitarbeitern,
tauschen. Bei der Tagung in Frankfurt                                                    die sich freiwillig für die Versorgung von
am Main im September, die unter                                                          Infizierten zur Verfügung gestellt haben,
strikter Einhaltung aller Hygienemaß-                                                    sprachen die VV-Vorsitzenden Dank und
nahmen in Präsenz stattfinden konn-                                                       Anerkennung aus.
te, diskutierten die VV-Vorsitzenden                                                         Den von der Bundes-KZV mit dem
unter anderem über die Bewältigung                                                       GKV-Spitzenverband vereinbarten Pande-
der Corona-Pandemie. Auch über die                                                       miezuschlag für den Mehraufwand, der den
zahnärztliche Versorgungslage in den                                                     Praxen durch gestiegene Kosten für Schutz-
verschiedenen Ländern und Regio-                                                         ausrüstung und Hygienemaßnahmen ent-
nen tauschten sie sich aus.                                                              standen ist, werteten die VV-Vorsitzenden
                                             Dr. Jürgen Welsch hat im Sommer 2021
                                             die Nachfolge des verstorbenen VV-Vorsit-   als eine Anerkennung für die Zahnärzte-
Völlig einig waren die VV-Vorsitzenden da-   zenden Dr.Rainer Zajitschek angetreten.    schaft in einer schwierigen Situation.
rin, dass die flächendeckende zahnärztli-                                                     Mit ganz anderen und teils sehr belas-
che Versorgung zu den Kernaufgaben                                                       tenden Umständen mussten sich die KZVen
der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen       ausgebaut werden. Jeder Zahnarzt, der       Nordrhein und Rheinland-Pfalz in diesem
zählt und an dieser Stelle ein ganz be-      sich auf Dauer für eine Anstellung ent-     Jahr befassen. Die Flutkatastrophe, die Mit-
sonderer Arbeitsfokus zu setzen ist. In      scheidet, fehlt als Gründer oder Über-      te Juli weite Teile des Ahrtals verwüstet hat-
einigen KZVen werden hier beispiels-         nehmer einer Praxis und das vor allem im    te, betraf auch über 100 Zahnarztpraxen.
weise Strukturfonds in Zusammenarbeit        ländlichen Raum. Diskutiert wurde des-      Einige davon wurden vollständig zerstört.
mit den Krankenkassen vorbereitet. In        halb ein „Landzahnarztmodell“. Wer sich     Hier war eine schnelle und unbürokratische
Bayern besteht dafür aktuell noch keine      verpflichtet, in einer strukturschwachen     Hilfeleistung der KZVen gefordert, die zu-
Notwendigkeit, da es keine zahnmedizi-       Region zu praktizieren, könnte bei der      sätzlich zu den finanziellen Hilfen von Bund
nisch unterversorgten Gebiete gibt (siehe    Vergabe eines Studienplatzes bevorzugt      und Land auch getätigt wurde.
BZB 11/2021). Damit das auch künftig so      werden – ein Modell, das man bereits aus        Die nächste Tagung der VV-Vorsitzen-
bleibt, ist die Förderung des zahnärztli-    der Humanmedizin kennt.                     den ist für das Frühjahr 2022 in Dessau
chen Nachwuchses eine der zentralen              Einig waren sich die VV-Vorsitzenden    geplant.
Aufgaben der Körperschaften. Die Nie-        auch darin, dass die Corona-Pandemie                                    Dr. Jürgen Welsch
derlassungsbereitschaft muss weiter          von den Zahnärzten und ihren Körper-                         Vorsitzender der VV der KZVB

BZB Dezember 2021                                                                                                                                                  13
politik BLZK

      Standespolitiker im Dialog
      mit Studierenden
      Erste Bayerische Fachschaftstagung in Regensburg

      Ursprünglich war die erste „Bay-            antwortlich für die Veranstaltungsplanung     sprächsrunde mit Vertretern von zahn-
      erische Fachschaftstagung“ mit              und -organisation vor Ort. Gemeinsam          ärztlichen Körperschaften und Hoch-
      Studierenden der vier Universitäten         mit der BLZK, dem Direktor der Poliklinik     schulen. Rede und Antwort standen
      Regensburg, Erlangen, Würzburg              für Kieferorthopädie des Universitätsklini-   dabei Dr.Rüdiger Schott, stellvertretender
      und München, Vertretern der Bayeri-         kums Regensburg, Prof.Dr.Dr.Peter Proff,    Vorsitzender der KZVB, Prof.Dr.Christoph
      schen Landeszahnärztekammer, der            und der ABZeG wurde das Programm für          Benz, Präsident der Bundeszahnärztekam-
      Kassenzahnärztlichen Vereinigung            die Studierenden zusammengestellt: mit        mer, Sven Tschoepe, Hauptgeschäftsfüh-
      Bayerns sowie der Abrechnungs- und          Input aus den zahnärztlichen Körper-          rer der BLZK, Prof.Dr.Dr.Marco Kesting,
      Beratungsgesellschaft für Zahnärzte         schaften, Praxis-Workshops und Vorträ-        Vertreter der ZMK-Kliniken der BLZK, und
      (ABZeG) bereits für 2020 angesetzt.         gen junger Kolleginnen und Kollegen über      Prof.Dr.Dr.Peter Proff, Referent Kieferor-
      Die Corona-Pandemie hat auch diese          den Berufsstart und Auslandsaufenthalte.      thopädie der BLZK.
      Veranstaltung um ein Jahr nach hin-                                                           Die Themen, die Studierende gegen
      ten verschoben. Nun fand am 16.Ok-                                                       Ende des Studiums umtreiben, kristalli-
                                                  Fragerunde mit Experten
      tober die erste Bayerische Fach-                                                          sierten sich schnell heraus: Medizinische
                                                  und Workshops mit Praktikern
      schaftstagung in Regensburg statt und                                                     Versorgungszentren (MVZ), Assistenz-
      war ein großer Erfolg. Alle Beteiligten     Gleich zu Beginn richtete der Zahnarzt        zeit und Abrechnung. Dr.Rüdiger Schott
      verständigten sich darauf, im kom-          Jörg Weishaupt, ehemaliges Fachschafts-       warnte die angehenden Kolleginnen und
      menden Jahr in Erlangen zu tagen.           mitglied in Regensburg und Vorstandsmit-      Kollegen eindringlich vor MVZ-Provisions-
                                                  glied des ZBV Oberpfalz, einen klaren Ap-     arbeitsverträgen. Immer öfter würden
                                                  pell an die Anwesenden: „Setzt Euch auch      Investoren ohne zahnärztlichen Hinter-
      Professionelle Zusammenarbeit               nach dem Studium für Euren Freien Beruf       grund Zahnärztinnen und Zahnärzte auf
      im Vorfeld                                  ein, bleibt dabei. Nur durch Euer aktives     Umsatzbasis einstellen und sie vertraglich
      Die einladende Fachschaft Zahnmedizin       Mitmachen in der Standespolitik können        zu Umsatzvorgaben verpflichten, die gera-
      der Universität Regensburg, federführend    Eure Themen Gehör finden!“                     de für Anfänger unerreichbar seien. Das
      Benedikt Holmer, 2. Vorsitzender der            Extrem ausdauernd zeigten sich die        ginge zwangsläufig zulasten der Behand-
      Fachschaft Zahnmedizin, zeichnete ver-      Studierenden in der nachfolgenden Ge-         lungsqualität. Die Maximierung der Um-         Fotos: BLZK

      Gut besucht war die erste Bayerische Fachschaftstagung in Regensburg.

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politik BLZK

                                                                                          Workshops am Nachmittag

                                                                                               Der Nachmittag stand ganz im Zei-
                                                                                          chen der Zahnmedizin: Prof. Dr. Christoph
                                                                                          Benz referierte über Zukunftstrends in
                                                                                          der Zahnheilkunde. Er ermutigte die Stu-
                                                                                          dentinnen und Studenten, sich im Laufe
                                                                                          ihres Berufslebens auf einen Tätigkeits-
                                                                                          schwerpunkt zu konzentrieren, der nicht
                                                                                          dem Mainstream folgt. Als zukunftsträch-
                                                                                          tige und lukrative Schwerpunkte einer er-
                                                                                          folgreichen Zahnarztpraxis nannte er zum
                                                                                          Beispiel die Pflegezahnmedizin oder die
                                                                                          Bariatrische Zahnmedizin (Behandlung
                                                                                          von schwer übergewichtigen Patientin-
                                                                                          nen und Patienten).
Im Hörsaal beantworteten erfahrene Standespolitiker wie Dr.Rüdiger Schott (r.) und            Zwei Workshops wurden von ehema-
Prof.Dr.Christoph Benz (2.v.r.) die Fragen der Studierenden.                            ligen Fachschaftsmitgliedern gestaltet:
                                                                                          Dr. Julia Flessa referierte über ihre Aus-
                                                                                          landsaufenthalte mit der Organisation
                                                                                          „Dental Volunteers“. Till Hütteroth gab
                                                                                          Tipps für den erfolgreichen Berufsstart
                                                                                          als Vorbereitungsassistent. Dipl.-Volkswirt
                                                                                          Stephan Grüner, Geschäftsführer des
                                                                                          Zentrums für Existenzgründer und Pra-
                                                                                          xisberatung (ZEP) der BLZK, stellte im
                                                                                          Anschluss die kostenfreien und neutralen
                                                                                          Beratungsangebote der BLZK ausführlich
                                                                                          vor und ermunterte die Studierenden,
                                                                                          sich schon vor dem Ende des Studiums
                                                                                          mit diesen Serviceangeboten der Kammer
                                                                                          auseinanderzusetzen.
                                                                                               Selbst Hand anlegen konnten die Teil-
                                                                                          nehmerinnen und Teilnehmer im Kurs von
Praktische Übungen zur Endodontie (l.) und ein Nahtkurs am Schweinekiefer (r.) run-
deten das umfangreiche Programm der Veranstaltung ab.                                     Priv.-Doz.Dr.Matthias Widbiller zur rege-
                                                                                          nerativen Endodontie und im Implantat-
                                                                                          und Nahtkurs am Schweinekiefer von
sätze und ein schnelles Durchschleusen        das Zentrum für Existenzgründer und         Dr.Dr. Johannes Meier.
von Patientinnen und Patienten dürften        Praxisberatung (ZEP) der BLZK. Nutzen            Bei einem gemeinsamen Abendessen
die Qualität bei der Behandlung nicht ver-    Sie diesen Service!“, ermunterte Benz die   ging die erste Fachschaftstagung im Frei-
drängen, so Schott.                           Studierenden.                               staat mit einem eindeutig positiven Feed-
     Prof.Dr.Christoph Benz, Präsident          Den Wunsch, das Thema Abrechnung        back und einem klar formulierten Wunsch
der Bundeszahnärztekammer, sensibi-           in Seminaren während des Studiums           zu Ende: Die Studierenden waren begeis-
lisierte die jungen Zahnmedizinerinnen        zu behandeln, wies Prof.Dr.Dr.Marco      tert vom Programm. Für die nächste Ver-
und -mediziner für ein weiteres Thema:        Kesting nachdrücklich zurück: „Es ist       anstaltung in Erlangen wünschen sie sich
„Nach dem Studium werden sich die Bera-       nicht Aufgabe der Hochschule, den           noch mehr Input zu den Aufgaben und
terkolonnen auf Sie stürzen. Seien Sie hier   Verkauf zu lehren. Die Zahnmedizin ist      Themen aus den Körperschaften – ein
achtsam und gehen Sie nicht vorschnell        ein akademischer Studiengang und soll       wichtiges Signal, das erkennen lässt, dass
auf vermeintlich verlockende, meist teure     das auch bleiben, wir dürfen uns nicht      der standespolitische Nachwuchs auch
Angebote ein! Zu vielen Themen, die Sie       entakademisieren. Nutzen Sie die Assis-     unter Studierenden zu finden ist.
beim Berufsstart umtreiben, haben BLZK        tenzzeit in der Praxis, um sich Kenntnis-
                                                                                                                          Judith Kärtner
und KZVB individuelle und unabhängige         se über das Abrechnungswesen anzu-                               Stabsstelle Patienten und
Beratungsangebote, zum Beispiel über          eignen!“                                                  Versorgungsforschung der BLZK

BZB Dezember 2021                                                                                                                          15
politik KZVB

      „Versorgungsfeindliche Monopol-
      strukturen verhindern“
      Gesundheitsministerkonferenz fordert strengere Regeln für MVZ

      Mehr Regulierung, mehr Transparenz
                                                   Fotos: KZVB

      und die Gründung einer Bund-Län-
      der-Arbeitsgruppe zum Thema Medi-
      zinische Versorgungszentren (MVZ)
      – das forderte die Gesundheitsminis-
      terkonferenz der Länder (GMK) bei
      ihrem letzten Treffen in Lindau.

      Wie unter anderem die „zm“ berichten,
      nehmen die Gesundheitsminister den seit
      Jahren stetig wachsenden Versorgungs-
      anteil und die mit der Ausbildung von Mo-
      nopolstrukturen dieser Träger einherge-
      henden Gefahren für Qualität, Integrität
      und Sicherstellung einer umfassenden
      und flächendeckenden vertragsärztlichen
                                                  Christian Berger: „Gründung und Betrieb      Dr.Rüdiger Schott: „Ein MVZ-Register
      und vertragszahnärztlichen Versorgung       eines MVZ sollte ausschließlich Ärzten       reicht nicht aus, um den Vormarsch inter-
      „mit wachsender Sorge“ zur Kenntnis. Die    und Zahnärzten gestattet sein.“              nationaler Investoren zu stoppen.“
      Minister bestätigten einen Beschluss vom
      30.September 2020 zur Regulierung von      Arztregister auf Bundes- und Landesebe-      Versorgung ausnahmsweise Zulassungs-
      MVZ und fordern in einem ersten Schritt,    ne (Strukturtransparenz). Das Bundesge-      anträgen und Anstellungsgenehmigungen
      unmittelbar Regelungen für mehr Trans-      sundheitsministerium (BMG) wird erneut       stattgeben können. Darüber hinaus bitten
      parenz zu schaffen – sowohl für Patienten    gebeten, eine Gesetzesinitiative zu veran-   die Länderminister das BMG, möglichst
      als auch für die institutionellen Akteure   lassen, die eine Beschränkung der Zulas-     noch vor Ablauf des Jahres 2021 eine län-
      im Gesundheitswesen. Vor allem diese        sungen von MVZ auf den jeweiligen KV-        deroffene Bund-Länder-Arbeitsgruppe
      Punkte sollen nach Auffassung der Ge-        Bezirk beziehungsweise Nachbarbezirk,        einzurichten. Diese soll eine erforderliche
      sundheitsminister geregelt werden:          in dem der Träger seinen Sitz hat, sowie     weitere Regulierung der Gründung und
          Eine Kennzeichnungspflicht für Träger    eine Beschränkung des Versorgungsan-         des Betriebs von MVZ prüfen und bis spä-
      und Betreiber von MVZ auf dem Praxis-       teils von MVZ in der fachärztlichen Ver-     testens Juni 2022 Vorschläge dazu vorle-
      schild, inklusive der Angabe der Rechts-    sorgung auf 25 Prozent der Ärzte in der      gen. Ziel ist, die Integrität medizinischer
      form (MVZ-Schilderpflicht), die Schaffung     Facharztgruppe beinhalten. Die zuständi-     Entscheidungen, die Sicherstellung einer
      eines gesonderten MVZ-Registers und/        gen Zulassungsausschüsse sollen im Ein-      flächendeckenden und umfassenden Ver-
      oder die Ausweitung der bestehenden         zelfall aus Gründen der vertragsärztlichen   sorgung – auch durch MVZ – sowie die

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politik KZVB

                                             Regelung ist damit weitergehend als die                                                                    beschleunigt. Rund 20 Prozent aller zahn-
                                             nun vorgeschlagene für haus- und fach-                                                                     medizinischen MVZ haben ihren Sitz im
                                             ärztliche MVZ. Die Beschlüsse für mehr                                                                     Freistaat. Ihr Anteil am Versorgungsge-
                                             Transparenz bei den Eigentümerstruktu-                                                                     schehen ist damit deutlich höher als im
                                             ren würden sich dagegen auch auf zahn-                                                                     Bundesdurchschnitt“. Für Berger zielen
                                             medizinische MVZ auswirken.                                                                                die aktuellen Beschlüsse in die richtige
                                                 Die KZVB hatte sich mehrfach für eine                                                                  Richtung, sind aber nicht weitgehend ge-
                                             Verschärfung der Rahmenbedingungen                                                                         nug. Er fordert erneut, dass die Gründung
                                             für MVZ ausgesprochen. Christian Ber-                                                                      und der Betrieb eines MVZ ausschließlich
                                             ger, Vorsitzender des Vorstands, führte                                                                    Ärzten und Zahnärzten gestattet sein soll,
                                             bereits im Sommer ein Gespräch mit                                                                         so wie dies auch bei Anwaltskanzleien der
                                             dem bayerischen Gesundheitsminister                                                                        Fall ist.
                                             Klaus Holetschek, bei dem er ihm ver-                                                                           Dr.Rüdiger Schott, stellvertretender
                                             deutlichte, dass Bayern geradezu eine                                                                      Vorsitzender des Vorstands der KZVB,
                                             MVZ-Hochburg sei. „Wir sehen in Bay-                                                                       ergänzt: „Die Gesundheitsminister for-
                                             ern, dass der Transformationsprozess                                                                       dern zu Recht mehr Transparenz und eine
Dr.Manfred Kinner: „Der Konzentrations-
prozess wird nicht dazu führen, dass die     der Versorgungsstrukturen schon weit                                                                       Kennzeichnungspflicht für Träger und Be-
Kosten im Gesundheitssystem sinken.“         vorangeschritten ist. Die Pandemie hat                                                                     treiber auf dem Praxisschild eines MVZ.
                                             diese Entwicklung möglicherweise sogar                                                                     Doch das wird nicht ausreichen, um den
Begrenzung der Bildung monopolartiger                                                                                                                   weiteren Vormarsch der MVZ zu stoppen.
Strukturen nachhaltig und rechtssicher                                                                                                                  Wir brauchen eine Bund-Länder-Arbeits-
gewährleisten zu können. Nach Auffas-                                                                                                                    gruppe, die die Vorschläge der ärztlichen
                                                                                         Foto: Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege

sung der Gesundheitsminister sollte die                                                                                                                 und zahnärztlichen Selbstverwaltung auf-
ambulante medizinische Versorgung ver-                                                                                                                  greift, um eine weitere Industrialisierung
mehrt auch in kommunaler Trägerschaft                                                                                                                   der Patientenversorgung zu verhindern.
von MVZ gesichert werden. Dazu sollten                                                                                                                  Aktuell beobachten wir einen Konzentra-
die Rahmenbedingungen so geschaffen                                                                                                                      tionsprozess, der sich nachteilig auf die
werden, dass die kommunalen MVZ ein-                                                                                                                    Versorgung in strukturschwachen Regi-
facher zugelassen werden können.                                                                                                                        onen auswirkt.
    Die Beschlüsse der GMK zur Be-                                                                                                                           Vorstandsmitglied Dr.Manfred Kinner
schränkung der Marktanteile zielen vor                                                                                                                  verweist darauf, dass durch den aktuel-
allem auf MVZ in der Humanmedizin. In                                                                                                                   len Konzentrationsprozess die Kosten im
der zahnmedizinischen Versorgung gibt                                                                                                                   Gesundheitssystem nicht sinken würden.
es bereits seit der Einführung des Termin-                                                                                                              „Die Abrechnungszahlen der KZVB be-
service- und Versorgungsgesetzes (TSVG)                                                                                                                 legen, dass MVZ pro Fall deutlich mehr
im Mai 2019 eine Beschränkung der                                                                                                                       abrechnen als eine Einzel- oder Gemein-
Marktanteile von fremdkapitalfinanzier-                                                                                                                  schaftspraxis. Offensichtlich steht dort
ten MVZ. In „bedarfsgerecht versorgten                                                                                                                  die Rendite an erster Stelle. Auch deshalb
                                             Der bayerische Gesundheitsminister
Planungsbereichen“ (entspricht einem         Klaus Holetschek (CSU) hat das Thema                                                                       sollte der Gesetzgeber die Regeln für in-
Versorgungsgrad von 50 bis 110 Prozent)      MVZ auf die Tagesordnung der Gesund-                                                                       vestorenfinanzierte MVZ umgehend ver-
darf der Versorgungsanteil eines MVZ,        heitsministerkonferenz gesetzt, die im                                                                     schärfen.“
                                             November in Lindau stattfand. Eine Bund-
das nicht von einem Zahnarzt betrieben       Länder-Arbeitsgruppe soll Vorschläge für
wird, maximal zehn Prozent betragen. Die     eine weitere Regulierung erarbeiten.“                                                                                                    Leo Hofmeier

BZB Dezember 2021                                                                                                                                                                                    17
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