Infobrief - Versorgungsrealität der Orthopädischen Rheumatologie 24 - BVOU

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Infobrief - Versorgungsrealität der Orthopädischen Rheumatologie 24 - BVOU
Ausgabe 2/2019
                                                                            www.BVOU.net

  infobrief

   Versorgungsrealität der
   Orthopädischen Rheumatologie

24                         27                             56
TSVG – Honorarplus lockt   Stoßwelle bei Fersenschmerz:    Videosprechstunden in O und U
in die Bereinigungsfalle   über Regeln und Verfahren      – Kann man oder muss man?
Infobrief - Versorgungsrealität der Orthopädischen Rheumatologie 24 - BVOU
In Kooperation mit dem BVOU

SELBSTSTÄNDIGE 3-D-DIAGNOSTIK FÜR O & U
Der digitale Volumentomograph (DVT) SCS MedSeries® H22 ermöglicht Ihnen als Orthopäde und Chirurg die
selbstständige unmittelbare Leistungserbringung sowie Abrechnung der 3-D-Diagnostik. Der Patient profitiert
von einer sofortigen und (mit 200 µm) hochauflösenden Bildgebung, kombiniert mit höchster Strahlenhygiene.

Gestochen scharfe 3-D-Bildgebung unter Be- und Entlastung
                                                                                                                                Belastung
                                                                                                                                        Knie
                                                                                                                               Unterschenkel
                                                                                                                                        OSG
                                                                                                                                     Rückfuß
                                                                                                                                      Vorfuß

                                                                                                                                Entlastung
                                                                                                                                 Ellenbogen
                                                                                                                                   Unterarm
                                                                                                                                 Handgelenk
                                                                                                                                  Mittelhand
                                                                                                                                       Finger

                                                                                                                                Entlastung
                                                                                                                                        Knie
                                                                                                                               Unterschenkel
                                                                                                                                        OSG
                                                                                                                                     Rückfuß
                                                                                                                                      Vorfuß

Als BVOU-Mitglied erhalten Sie folgende Preisvorteile und Zusatzleistungen:
• Sonderkondition für die BVOU Edition (limitiert auf 24 Systeme)
• Zwei Jahre kostenfreie Mitgliedschaft im BVOU                                                               Weitere Informationen unter
• Kostenfreie Bereitstellung der DVT-Fachkunde BVOU (ADO) powered by SCS                                      www.myscs.com/h22
• 2 Jahre kostenfreie Nutzung der SCS MedSeries® Serviceleistungen
• Planungssichere Implementierung durch dreistufige Ausbildung vor Ort in die
  DVT-Anwendung durch einen SCS MedSeries® Personal Liaison Manager

                     SCS Sophisticated Computertomographic Solutions GmbH · Wermbachstrasse 50-52 · D-63739 Aschaffenburg
                                    Tel: +49 6021 429430 · Fax: +49 6021 46904 · www.myscs.com · info@myscs.com
                                                        Geschäftsführer: Dr. h.c. Markus Hoppe
Infobrief - Versorgungsrealität der Orthopädischen Rheumatologie 24 - BVOU
Editorial

Liebe Kolleginnen
und Kollegen,

      Wir alle sind derzeit gezwungen, uns mit einer
      Vielzahl neuer Verordnungen und Gesetzesvor-
      lagen auseinanderzusetzten und unsere Arbeit
      in Klinik und Praxis darauf einzustellen.
            Die Geschwindigkeit, mit der neue Gesetzes-
      vorlagen auf den Weg gebracht werden, bringt
      auch die Organe der Selbstverwaltung in
      erhebliche organisatorische Schwierigkeiten.
      Der immer wieder propagierte Bürokratieabbau

                                                                 © R. Sablotny
      erscheint als Lippenbekenntnis.
            Wir versuchen deswegen in diesem
      ­Infobrief, Ihnen neben den gesetzlichen Vorga­
       ben des TSVG auch pragmatische Lösungs-
       empfehlungen zu geben.
            Daneben darf die Arbeit am Patienten
       nicht leiden. Gerade chronisch kranke Patienten    der seit Jahren die RhefO-Kurse der ADO
       bedürfen unsere besondere Zuwendung.               betreut und das sehr aktive Referat Rheuma­
            Patienten mit primär-entzündlichen Gelenk-    tologie im BVOU leitet.
        erkrankungen sind solche Patienten. Wir haben         Gleichzeitig danke ich unserer Presse-
        in den letzten Jahren zusammen mit Vertretern     abteilung, insbesondere Herrn Kuno, unserem
        der Fachgesellschaft einen Schwerpunkt auf        Geschäftsführer Dr. Jörg Ansorg und unserem
        das Thema „Rheuma“ gesetzt. Aktiv wurden wir      Kollegen Dr. Karsten Braun für das große
        dabei sowohl in der Versorgungsforschung          Engagement bei der Gestaltung dieses Infobriefs.
        und bei der Weiterentwicklung und Umsetzung
        unserer Fortbildungskurse zum RhefO-Zertifikat.
        Außerdem haben wir uns in den gemeinsamen
        Weiterbildungsgremien und der Bundesärzte-
        kammer für die Weiterentwicklung der Zusatz-
        weiterbildung „Orthopädische Rheumatologie“
        stark gemacht, den Kontakt zu Patienten­          Dr. Johannes Flechtenmacher
        vertretern stabilisiert und die Kommunikation     Präsident des BVOU
        und Zusammenarbeit mit den internistischen
        Rheumatologen gesucht. Gerade letzteres war
        in der Vergangenheit nicht immer einfach.
            Die Notwendigkeit von Orthopäden und
        Unfallchirurgen in der Behandlung von Rheuma-
        patienten ist evident und längst in der Versor­
        gungsrealität angekommen. Vor Ort funktioniert
        auch die Zusammenarbeit zwischen ortho-
        pädischen und internistischen Rheumatologen
        reibungslos. Lesen Sie dazu die Beiträge in
        diesem Schwerpunktheft.
            Ich wünsche Ihnen beim Lesen des Info-
       briefes viel Spaß und danke den vielen
       ­Kolleginnen und Kollegen für die Zuarbeit. Mein
        Besonderer Dank für das Gelingen dieser
        Ausgabe gilt Kollegen Dr. Uwe Schwokowski,

                                                                                 BVOU-Infobrief | 2/2019    03
Infobrief - Versorgungsrealität der Orthopädischen Rheumatologie 24 - BVOU
Inhalt

                                                                                      35	News und Service
                                                                                      35	
                                                                                         Komplikation nach intramuskulärer Injektion:

                                                       © chanut iamnoy/Shutterstock
                                                                                         Kommentar und Faktencheck
                                                                                      37	
                                                                                         Sind intraartikulär applizierte Lokalanästhetika
                                                                                         zytotoxisch?
                                                                                      39	
                                                                                         DKOU 2019: Wissen braucht Werte
                                                                                         – Was bringt der diesjährige Kongress?
                                                                                      41	
                                                                                         Aktuelle BVOU-Themen im Kloster Lichtenthal
                                                                                      45	
                                                                                         Versorgungskonzept verzögert Operationen
                                                                                         mit Gelenkersatz
                                                                                      48	
                                                                                         Beantragung von SSR-Nummern nach neuem
03	Editorial                                                                            Strahlenschutzgesetz
                                                                                      49	
                                                                                         Kombination von digitaler Volumentomographie und
                                                                                         der Magnetresonanztomographie
06	Schwerpunkt: Versorgungsrealität und Beitrag                                     52	
                                                                                         „Zeigt her Eure Füße“!
         der Orthopädischen Rheumatologie                                                – BVOU unterstützt Aktionsmonat
                                                                                      54	
                                                                                         „King Kong“ auf der Schulbank:
06	Versorgungsrealität und Beitrag der                                                  BVOU erweitert Aktion Orthofit
    ­Orthopädischen Rheumatologie: Anspruch
     und Wirklichkeit
11	 Orthopädische Rheumatologie:
     „Gut für unser Image“
13	 Rheuma-Scores zur Beurteilung der Krankheits-
     aktivität und des Krankheitsverlaufs
15	
   DGORh: Vertreter aller Orthopädischen
   ­Rheumatologen im deutschsprachigen Raum

                                                                                                                                               © sakkmesterke, Hamara/Shutterstock
16	Aktualisierte RhefO-Fortbildungsmodalitäten 2019
17	Orthopädische Rheumatologie bei Kindern
    und Jugendlichen
18	Rheuma-Apps für Ärzte
21	
   Arthur-Vick-Preis
22	
   ORFA – Von der Assistenz über die Delegation
   zur Eigenständigkeit

24	Berufspolitik                                                                     55	O und U Digital
24	
   TSVG – Honorarplus lockt in die Bereinigungsfalle                                  55	
                                                                                         Neue Rubrik: O und U Digital
27	
   Stoßwelle bei Fersenschmerz: über Regeln                                           56	
                                                                                         Videosprechstunden in O und U
   und Verfahren                                                                         – Kann man oder muss man?
30	
   BÄK-Statistik 2018:                                                                58	
                                                                                         Ihr nächstes Level: Orthinform-Profil+
   „Höchste Zeit, den Ärztemangel zu bekämpfen.“                                      59 Mitglieder-Vorteile
                                                                                      60	
                                                                                         Ich bin von Natur aus Innovationen gegenüber
                                                                                         aufgeschlossen.
31	Aus den Landesverbänden                                                           61	
                                                                                         Die Digitalisierung der Arztpraxis zwischen Wunsch
                                                                                         und Wirklichkeit
31	
   Im Einklang mit Berufspolitik und Privatleben                                      62	
                                                                                         Vernetzte Daten als Grundlage für eine fortschritt-
32	
   Facharztprogramm: Nachweislich besser versorgt                                        liche Medizin
33	
   Für eine kindgerechte fachorthopädische                                            64	
                                                                                         Mehr Freiheit im Mediziner-Alltag:
   Diagnostik und Therapie                                                               Einfache Termin- und Behandlungsplanung

04       BVOU-Infobrief | 2/2019
Infobrief - Versorgungsrealität der Orthopädischen Rheumatologie 24 - BVOU
Inhalt

                                                   © Zerbor/Fotolia
                                                                      Impressum
                                                                      Herausgeber
                                                                      Berufsverband für Orthopädie
                                                                      und Unfallchirurgie e.V.
65	Honorar und Abrechnung                                            Straße des 17. Juni 106–108
                                                                      10623 Berlin
65	Unterschiede zwischen angestellten und
   ­selbstständigen Ärzten                                            Redaktion
65	Vorgaben der KVWL zur Abrechnung von ESWT                         Janosch Kuno
    und Akupunktur                                                    T 030.797 444 55
66	PpUG: Schiedsstelle gewährt Optionsrecht                          presse@bvou.net
67	MFA-Tarifabschluss: NAV-Virchow-Bundbegrüßt                       V.i.S.d.P.:
    Einigung                                                          Dr. Johannes Flechtenmacher
67	Tarifverträge in ambulanter Medizin
    – Vision wird Realität                                            Autoren dieser Ausgabe
                                                                      Dr. Jörg Ansorg‚ Dr. Karsten Braun, Dr. Johannes
                                                                      Flechtenmacher, Dr. Hartmut Gaulrapp, Dr. jur. Jörg
68	Recht und Versicherung                                            Heberer, Janosch Kuno, Dr. Burkhard Lembeck,
                                                                      Dr. Thomas Möller, Dr. Norbert Müller, Andrea Niehaus,
68	
   Haftung des Honorararztesoder                                      Dr. Janusz Pieczykolan, Sabine Rieser, Prof. Dr. Wolfgang
   des ­Krankenhauses?                                                Rüther Tim Schneider, Dr. Uwe Schwokowski,
70	
   Was bedeutet das Bundesdatenschutzgesetz                           Dr. Christian M. Smit, Prof. Dr. Jürgens Steinmeyer,
   (BDSG) für BVOU-Mitglieder?                                        Frank Stratmann, Dr. Markus Stücker
71	
   Abgesichert im Ruhestand:
   Nachhaftungs-Versicherung                                          Redaktionsschluss
                                                                      28.05.2019

72	Weiter- und Fortbildung                                           Konzept und Gestaltung
                                                                      Rhowerk GmbH – www.rhowerk.de
72	
   Die neue Orthopädische Rheumatologie
   – Die Novelle der WBO bringt einen durchgreifenden                 Druck
   Wandel der Zusatzweiterbildung                                     Das Druckteam Berlin
74	
   Summer School 2019 – Anmeldung
   für Schnupperkurs in O & U läuft                                   Titelbild (Seite 1)
74	
   Assistenzarztumfrage offenbart Handlungsbedarf                     © chanut iamnoy/Shutterstock
75	
   CLOU+: Erweitertes Seminar für den nächsten
   Karriereschritt                                                    Der Infobrief erscheint viermal jährlich.
76	
   Interaktives Seminar – Kindertraumatologie für                     Als Beilage ist enthalten:
   D-Ärzte                                                            BVOU-Kinesiologic-Tapes
77 Rezensionen
80	
   Orthopädisch-Traumatologische Fachassistenz                        Kursanmeldung
   (OTF): B
           erufsbegleitender Lehrgang für MFA                        Akademie Deutscher Orthopäden (ADO)
                                                                      T 030.797 444 59
                                                                      F 030.797 444 57
83 Kursangebote der ADO                                               info@institut-ado.de

                                                                                                 BVOU-Infobrief | 2/2019     05
Infobrief - Versorgungsrealität der Orthopädischen Rheumatologie 24 - BVOU
Schwerpunkt: Rheuma                                                                                             bvou.net „Rheuma“

Versorgungsrealität und Beitrag
der O
    ­ rthopädischen Rheumato-
logie: Anspruch und Wirklichkeit

                                                                        Seit vielen Jahren besteht ein deutliches Versorgungs-
                                                                        defizit in der Rheumatologie in Deutschland. Vor über
                                                                        zehn Jahren stand in der Präambel eines Kooperations-
                                                                        vertrages des Berufsverbandes Deutscher Rheumato-
                                                                        logen (BDRh) und einem Hausärzteverbund das Zitat des
                                                                        BDRh-Vorsitzenden Dr. Edelmann:
                                                                            „ Die umfassende Betreuung von Patienten mit
                                                                        entzündlichen G ­ elenkveränderungen wie rheumatoider
                                                                        Arthritis, Psoriasisarthritis und auch Morbus Bechterew,
                                                                        sind in Deutschland noch weit vom Optimum entfernt.“
                                                                            Die frühe Überweisung vom Hausarzt zum inter­
                                                                        nistischen Rheumatologen sollte dieses Problem lösen.
                                                                        Weitere Struktur­verträge zwischen dem BDRh und Haus-
                                                                        ärzten mit verschiedenen Krankenkassen folgten unter
                                                          © Kuno/BVOU

                                                                        eindeutigem Ausschluss von Orthopäden und Ortho-
                                                                        pädischen Rheumatologen.

 Rheuma-Refresher-Kurs mit Dr. Uwe Schwokowski

 In einem Memorandum zur „Rheumatologischen Versorgung                  „Zu einer Versorgung in der fachlich gebotenen Qualität
 von akut und chronisch Rheumakranken in Deutschland“                   gehören das frühzeitige Erkennen von Verdachtsfällen,
 der Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh)                die fachärztliche Untersuchung und Versorgung
 aus dem Jahr 2008, wurde die rheumatologische Unter­                   von Neuerkrankten innerhalb von drei Monaten nach
 versorgung Deutschlands mit Zahlen belegt und für je                   Symptombeginn sowie die kontinuierliche und ziel-
 100.000 Einwohner zwei internistische Rheumatologen                    orientierte Behand­lung von Menschen mit entzündlich-­
 gefordert. Das entspricht einem bundesweiten Bedarf von                rheuma­tischen Erkran­kungen in einem Versorgungs­
 1.300 –1.600 internistischen Rheumatologen. Nach dieser                netzwerk unter der Leitung eines Facharztes für Innere
 Forderung hätte die Zahl der internistisch-rheumatologisch             Medizin und Rheumatologie.“
 tätigen Fachärzte seit 2008 nahezu verdoppelt werden                        Es wird festgestellt, dass der Versorgungsbedarf und
 müssen. Der Beitrag von Orthopäden und Unfallchirurgen                 das Versorgungsdefizit im Vergleich zu 2008 unverändert
 sowie Orthopädischen Rheumatologen ist allerdings weder                weiter besteht, sich allerdings die Therapieoptionen und
 in der Statusfeststellung, noch in den daraus abgeleiteten             Therapiestrategien (treat to target) sowie die erreichbaren
 Forderungen der DGRh für eine Verbesserung der                         Therapieziele (Remission) verändert haben.
 rheumatologischen Versorgung berücksichtigt worden.                         Dies habe Auswirkungen auf den rheumatologischen
                                                                        Versorgungsbedarf und führte trotz bestehender Unter-
                                                                        versorgung zu einer Ausweitung der beanspruchten Rolle
 Statusupdate 2016                                                      der Rheumatologen:
                                                                             „Der internistische Rheumatologe hat die spezifische
 Eine Aktualisierung des Memorandums von 2008 wurde                     Aufgabe, die Versorgung von Personen mit rheumatischen
 als Update 2016 veröffentlicht. Hier beziehen sich die                 und muskuloskelettalen Erkrankungen, insbesondere
 Autoren auf den §135a SGB V und zitieren Folgendes:                    mit entzündlich-­rheumatischen Gelenkerkrankungen,

 06     BVOU-Infobrief | 2/2019
Infobrief - Versorgungsrealität der Orthopädischen Rheumatologie 24 - BVOU
Schwerpunkt: Rheuma

inflammatorischen/immunologischen Systemerkrankungen,       Zwischen Anspruch und
endokrinen und metabolischen Erkrankungen mit rheuma­
tischer Symptomatologie sowie schweren Verlaufsformen       Wirklichkeit
anderer muskuloskelettaler Erkrankungen verantwortlich zu
leiten, zu steuern und zu begleiten.“                       In dem Memorandum der DGRh werden für eine hoch-
     In dieses erweiterte Patientenkollektiv gehören in     wertige ambulante Versorgung von Rheumapatienten
Deutschland ca. 1,45 Mio. Menschen mit entzündlich-­        folgende Voraussetzungen gefordert:
rheumatischen Erkrankungen, die von 776 internistischen
Rheumatologen versorgt werden sollen (fast 6.000            Anspruch: Primär versorgende Ärzte (Allgemein medi­
Patienten pro Arzt). Da diese Aufgabe von den internisti-   ziner, Orthopäden etc.) müssen über grundlegendes
schen Rheumatologen vermutlich nicht zu bewältigen ist,     rheumatologisches Wissen verfügen, um Patienten mit
enthält das Memorandum 2016 folgende Aussage zu             Bedarf an rheumatologischer Mitbetreuung sicher
vernetzten Versorgungsstrukturen:                           von solchen ohne diesen Bedarf zu unterscheiden.
     „Der internistische Rheumatologe handelt in Abstim­    Wirklichkeit: Kann das wirklich der Allgemeinmediziner?
mung mit dem Hausarzt und mit fallspezifisch hinzu-         Der Orthopäde und Unfallchirurg lernt dies in seiner
ziehenden Vertretern weiterer ärztlicher Fachrichtungen,    Weiterbildung und der Orthopädische Rheumatologe hat
nichtärztlicher Heilberufe (v.a. Physiotherapeuten, Ergo-   diesbezüglich eine zweijährige Zusatzweiterbildung
therapeuten, Orthopädietechnikern und Psychologen bzw.      abgeleistet.
Psychotherapeuten) sowie Patientenorganisationen.“
     Der Begriff Orthopäde bzw. Orthopädischer Rheuma­      Anspruch: Ein schneller Zugang zum internistischen
tologe wird geflissentlich vermieden. Die Aufgaben und      Rheumatologen zur Diagnoseklärung muss für alle
Leistungen der internistischen Rheumatologen werden         Betroffenen gesichert sein.
folgendermaßen beschrieben:                                 Wirklichkeit: Vom Idealfall eines Termins innerhalb von
     „Auf der Ebene der spezialisierten fachärztlichen      zwei Wochen sind die internistischen Rheumatologen weit
Versorgung sind fachärztlich tätige Internisten für         entfernt. Sie belegen immer einen der führenden Plätze
die ambulante Versorgung von den in der Präambel            in den Wartezeitlisten der Terminservicestellen der KVen.
beschriebenen rheumatischen und muskuloskelettalen
Erkrankungen zuständig“.                                     Anspruch: Hat der internistische Rheumatologe eine
     Wie will diese kleine Facharztgruppe auch noch          entzündlich-­rheumatische Krankheit festgestellt,
weitere muskuloskelettale Erkrankungen behandeln,           so wird er den Patienten entsprechend informieren,
wenn sie es schon nicht allein schafft, die entzündlich-­   die Therapie einleiten und im Bedarfsfall auch die
rheumatischen Erkrankungen zu behandeln?                    ­Heil- und Hilfsmittelversorgung vornehmen.
     „Die Zuweisung eines Patienten zum internistischen      Wirklichkeit: Die Hilfsmittelversorgung erfolgt leider noch
Rheumatologen durch Hausärzte oder andere Fachärzte          viel zu selten in Absprache mit dem O&U/ORh
erfolgt zur Erstuntersuchung und Diagnosestellung
bei Verdacht auf eine rheumatische Erkrankung oder zur      Anspruch: Bei den meisten entzündlich-­rheumatischen
Behandlung bzw. Mitbehandlung bei bereits festgestellter    Erkrankungen ist eine Überwachung des Verlaufs durch
Diagnose… Bei Patienten, die sich zur Erstuntersuchung      den internistischen Rheumatologen in regelmäßigen
vorstellen, besteht die Aufgabe des internistischen         Abständen erforderlich.
Rheumatologen, in einer möglichst zeitnah durch-            Wirklichkeit: Viele Verläufe sind aus der Erfahrung von
geführten, umfassenden Differentialdiagnostik, bei der,     Orthopädischen Rheumatologen unkompliziert. Aber
ausgehend von der Krankheitsvorgeschichte und               eine Kontrolle einmal jährlich könnte nicht schaden.
dem klinischen Befund, u.a. radiologische, sonographische
und laborchemische Methoden eingesetzt werden...            Anspruch: Ein Patient mit Gelenkschmerzen oder
In aller Regel verlaufen entzündlich-­rheumatische          anderen Symptomen einer entzündlich-­rheumatischen
Erkrankungen chronisch und bedürfen der langfristigen       Erkrankung benötigt den unmittelbaren Zugang zu
Betreuung durch den internistischen Rheumatologen.          seinem Hausarzt. Dieser muss ein rheumatologisches
Dieser übernimmt die Koordination bei komplexen             Basiswissen aufweisen, um eine erste Sichtung und
­Therapien oder komplizierten Verläufen in Zusammen-        ggf. eine Überweisung vornehmen zu können. Hat der
 arbeit mit dem Hausarzt und den anderen in die             primär versorgende Arzt den begründeten Verdacht
 Behandlung eingebundenen Ärzten.“                          auf eine entzündlich-­rheumatische Erkrankung,
     Sofern also Orthopäden und Unfallchirurgen bzw.        sollte der Zugang zum internistischen Rheumatologen
 Orthopädische Rheumatologen eingebunden sind,              innerhalb von zwei Wochen gewährleistet sein.
 können diese bei entsprechender Qualifikation              Wirklichkeit: Aktuell beträgt die Wartezeit für einen Termin
 unkomplizierte Verläufe eigenständig weiter betreuen.      beim internistischen Rheumatologen ca. drei bis sechs

                                                                                              BVOU-Infobrief | 2/2019   07
Infobrief - Versorgungsrealität der Orthopädischen Rheumatologie 24 - BVOU
Schwerpunkt: Rheuma                                                                                                        bvou.net „Rheuma“

ind die Diagnosen des rheumatischen Formenkreises bei diesen Patienten verteilt?
                                                                                                           was bei 1,45 Millionen Patienten völlig unzureichend ist.
           41%
            Q2
           21%
                   W
                    ie sind die Diagnosen       des rheumatischen
                                 Wie sind die Diagnosen des rheumatischen Formenkreises                    Bei insgesamt 776 internistischen Rheumatologen würden
 A         19%     bei diesenFormenkreises
                               Patientenbei  verteilt  (n=145)?
                                               Ihren Patienten verteilt (n=145)?
re         19%                                                                                             für 100.000 Einwohner 1,1 internistische Rheumatologen
          100%
                                                   19%                                                     zur Verfügung stehen. Bei regionalen Unterschieden sieht
                               andere 19%
                                                                                                           die Versorgung in den Flächenstaaten noch düsterer aus
                                                                                                           (z.B. Rheinland-Pfalz und Saarland je 0,8). Da nicht alle
                                                                                        41%
                                                                                         RA 41%            hausärztlich tätigen Rheumatologen ausschließlich
                                                                                                           Rheumapatienten versorgen und nicht alle internistischen
                                 19%
                        Ax SpA 19%                                                                         Rheumatologen in Vollzeit arbeiten, ist das Versorgungs-
                                                                                                           defizit weitaus größer.
                                                                                                                Auch perspektivisch besteht wenig Hoffnung auf eine
                                                                21%
                                                              PsA 21%                                      wesentliche Steigerung der Zahl der internistischen
                                                         RA    PsA    Ax SpA   andere

                                                                                                  © BVOU
                                                                                                           Rheumatologen: „Die Zahl der derzeit weitergebildeten
                                                                                                           Ärzte reicht kaum aus, um die aus Altersgründen aus-
           Abb. 1: Diagnoseverteilung von behandelten Patienten mit rheuma­                                scheidenden Rheumatologen zu ersetzen“.
           tischen Erkrankungen in der orthopädisch-unfallchirurgischen Praxis
           (n=116). Umfrage des BVOU zur Versorgungsrealität Rheuma 2018.

                                                                                                           Lösungsvorschläge
              Q3 Welche Medikamente verordnen Sie selbst                                                  Im Memorandum der Deutschen Gesellschaft für Rheuma­
                 (Mehrfachauswahl)?                                                                        tologie 2016 folgen auf knapp zwei Seiten viele Vorschläge
                                                                                                           von Lösungsmöglichkeiten und ein ausführlicher Forde­
                                                                                                           rungs­katalog an die Gesundheitspolitik.
                                                                                                                Die einfachste Lösung, Orthopäden und Unfallchirurgen
                                                                                                           und insbesondere die Orthopädischen Rheumatologen in
                                                                                                           die Primärdiagnostik und -Therapie mit einzubeziehen,
                                                                                                           findet sich nicht. Der Orthopädische Rheumatologe wird im
                                                                                                           gesamten Text nur einmal erwähnt. Allerdings ging es hier
                                                                                                           konkret darum, ihn aus der Bedarfsplanung herauszuhalten.
                                                                                                                Die Versorgungsrealität für die knapp 1,5 Millionen
                                                                                                  © BVOU

                                                                                                           Patienten hat sich durch die Memoranden der DGRh seit
                                                                                                           2008 nicht verändert, da mit diesen Papieren ausschließ-
            Abb. 2: Verordnung von Arzneimitteln zur Therapie rheumatischer                                lich die Eigeninteressen der internistischen Rheumatologen
            Erkrankungen in der orthopädisch-unfallchirurgischen Praxis (n=117).
                                                                                                           durchgesetzt werden sollten. Auch wenn sich bereits
            Umfrage des BVOU zur Versorgungsrealität Rheuma 2018.
                                                                                                           früh zeigte, dass sie aus eigener Kraft die erhobenen
                                                                                                           Ansprüche nicht werden bedienen können. Das Ergebnis
                                                                                                           ist eine Unterversorgung mit daraus resultierenden
                                                                                                           erheblichen Wartezeiten.

                        Monate (Prof. Matthias Schneider, Düsseldorf, DGRh-
                        Presse­konferenz 9/2018)                                                           Rolle der orthopädischen
                                                                                                           Rheumatologie
                        Versorgungsbedarf und
                                                                                                           Ungeachtet der Ignoranz durch die DGRh, versorgen
                        Wartezeiten                                                                        Fach­ärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie seit
                                                                                                           ­Jahrzehnten eine erhebliche Zahl von Patienten mit
                        Die Differenz zwischen bedarfsgerechter und tatsächlicher                           entzündlich-­rheumatischen Erkrankungen.
                        Versorgung ist immens. Am 31.12.15 gab es in Deutschland                                Unsere Fachgruppe wird in der Regel primär von
                        in der ambulanten internistisch-rheumatologischen                                   Patienten mit Beschwerden des Bewegungssystems
                        Versorgung 665 Vertragsärzte oder angestellte Ärzte und                             aufgesucht, insbesondere bei Gelenk- und Rücken-
                        111 ermächtigte Rheumatologen an Kliniken. Da 155 von                               beschwerden. Orthopäden und Unfallchirurgen können
                        diesen 665 Ärzten in der hausärztlichen Versorgung                                  dank ihrer Weiterbildung eindeutig zwischen entzünd-
                        standen, waren deutschlandweit sogar nur 510 Fachärzte                              lichen und nicht entzündlichen rheumatischen Erkran­
                        für die internistisch-rheumatologische Versorgung aktiv,                            kungen differenzieren.

                        08            BVOU-Infobrief | 2/2019
Infobrief - Versorgungsrealität der Orthopädischen Rheumatologie 24 - BVOU
Schwerpunkt: Rheuma

Bei einer Umfrage unter rheumatologisch aktiven Ortho-
päden und Unfallchirurgen, gaben die Antwortenden zu                    Q1 W
                                                                            ie viele Patienten mit entzündlich-rheumatischen
                                                                           Erkrankungen sehen Sie pro Quartal?
über 40 Prozent an, Rheumatoide Arthritiden zu behandeln
(Abb. 1). Jeweils ca. 20 Prozent der behandelten Rheuma-
patienten verteilen sich auf die Diagnosen M. Bechterew,
Psoriasisarthritis sowie andere Erkrankungen des rheuma­
tischen Formenkreises.
     Aus seiner langjährigen Praxiserfahrung heraus kann
Dr. Uwe Schwokowski Erfahrungsberichte bestätigen,
dass sich bei Überweisungen von Hausärzten zu internisti-
schen Rheumatologen nur bei zwei von zehn Patienten die
Verdachtsdiagnose „Rheuma“ bestätigt. Diese fehlgelei­

                                                              © BVOU
teten Patienten sind Hauptursache der langen Wartezeiten
beim internistischen Rheumatologen.
     Würde der Orthopäde und Unfallchirurg und erst recht              Abb. 3: Anzahl behandelter Patienten mit rheumatischen Erkran­kungen
der orthopädische Rheumatologe regelhaft in den Versor­                in der orthopädisch-unfallchirurgischen Praxis pro Quartal (n=117).
                                                                       Umfrage des BVOU zur Versorgungsrealität Rheuma 2018.
gungsprozess einbezogen, könnten viele Fehlüberwei­
sungen vermieden und die Sprechstunden der internisti-
schen Rheumatologen spürbar entlastet werden. Die
inter­nistischen Rheumatologen hätten sehr viel mehr                    Q5 Stellen Sie die DIagnose entzündlich rheumatischer
Vakanzen für Akutfälle, wirklich bedürftige Rheuma-                         Erkrankungen in der Regel selbst?
patienten und vor allem die komplexen Therapien bei
schweren Verläufen.

Spektrum für rheumato-
logisch-tätige Orthopäden
und Unfallchirurgen
                                                              © BVOU

Orthopäden und Unfallchirurgen sowie orthopädische
Rheumatologen sind in der täglichen Praxis in der Lage,                Abb. 4: Diagnosestellung bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen
durch Anamnese und körperliche Untersuchung sowie                      in der orthopädisch-unfallchirurgischen Praxis (n=117). Umfrage des
                                                                       BVOU zur Versorgungsrealität Rheuma 2018.
spezifische Diagnostik wie bildgebende Verfahren (Sono-
graphie und Röntgen) und Laboruntersuchungen, eine
Diagnose zu stellen. Sie beherrschen die gängigen
Klassifikationssysteme und können selbstständig die
Initialtherapie starten.                                     Bei deutlich größeren Erhebungen zur Versorgungsrealität
     Dabei verordnen sie vor allem Nichtsteroidale Anti-     von Rheumapatienten sind Orthopäden und Unfall-
rheumatika (NSAR) und Glukokortikoide. Lediglich ein         chirurgen bei bis zu 30 Prozent der Rheumapatienten
Drittel der Kolleginnen und Kollegen verschreiben auch die   unmittelbar an der Versorgung beteiligt. Siehe dazu den
moderneren DMARDs regelhaft (Abb. 2). Hier besteht vor       folgenden Beitrag von Dr. Johannes Flechtenmacher.
allem die Befürchtung, das eigene Arzneimittelbudget zu          Orthopäden und Unfallchirurgen tragen bereits heute
überziehen und Regressforderungen ausgesetzt zu sein.        zu einer erheblichen Entlastung der internistischen
Dieses Risiko ist heute bei intakter Kommunikation mit der   Rheumatologen bei. Dieser Versorgungsbeitrag könnte bei
zuständigen KV fast zu vernachlässigen. Bitte wenden         einer Kooperation auf Augenhöhe, wie sie in einzelnen
Sie sich bei diesbezüglichen Fragen gern an die Autoren      Regionen Deutschlands bereits gelebte Realität ist, in
oder die BVOU-­Geschäftsstelle.                              Zukunft noch deutlich gesteigert werden.
     Bei einer Umfrage zur Versorgungsrealität bei Ortho-    Dass diese Kooperationen regional funktionieren, zeigt
päden und Unfallchirurgen, die Rheumapatienten               auch die Erhebung des BVOU. Der Anteil der Kolleginnen
behandeln, gaben knapp 60 Prozent der Antwortenden an,       und Kollegen, der die Diagnose einer rheumatischen
bis zu 50 Rheumapatienten pro Quartal zu behandeln.          Erkrankung selbst stellt, ist ebenso hoch wie der Anteil
Bei ca. 40 Prozent der Antwortenden waren es deutlich        der Kollegen, die dies in enger Kooperation mit einem
mehr (siehe Abb. 3).                                         internistischen Rheumatologen tun (Abb. 4).

                                                                                                        BVOU-Infobrief | 2/2019   09
Infobrief - Versorgungsrealität der Orthopädischen Rheumatologie 24 - BVOU
Schwerpunkt: Rheuma                                                                                                 bvou.net „Rheuma“

                                                                                       Abbau von
                                                                                       ­Abrechnungshürden
                                                                                        und Regressen
                                                                                       Regressängste bei Arzneimittel- und Labor-
                                                                                       budgets sowie der unbezahlte Mehraufwand der
                                                                                       Rheumaversorgung hält viele interessierte
                                                                                       Orthopäden und Unfallchirurgen davon ab,
                                                                                       in die Versorgung von Rheumapatienten
                                                                                       einzusteigen. Hier sind die Kassenärztlichen
                                                                                       Vereinigungen gefordert, Abhilfe zu schaffen
                                                                                       und die Rahmenbedingungen für die Beteiligung
                                                                                       von Orthopäden und Unfallchirurgen an der
                                                                                       Rheumaversorgung attraktiver zu gestalten.

                                                                                       Rheumanetzwerke
© BVOU

                                                                                       für die strukturierte
         Abb. 5
                                                                                       ­Versorgung
                  Perspektiven                                                Mit Hilfe von Rheuma-Netzwerken nach dem folgenden
                                                                              Schema gelingt es vor Ort häufig, in interdisziplinärer
                  Es wird Zeit, Orthopäden und Unfallchirurgen und die        Kooperation zwischen Hausärzten, Orthopäden
                  orthopädischen Rheumatologen, die in der Rheuma­            und Rheumatologen unkompliziert und unbürokratisch
                  versorgung eine wichtige Rolle spielen, als kollegiale      die Versorgung von Rheumapatienten zu optimieren.
                  Partner wahrzunehmen.                                       Wäre dies nicht auch ein Ansatz für ein neues Memorandum
                                                                              aller an der Rheumaversorgung in Deutschland beteiligten
                                                                              Arztgruppen?
                  „RhefO“-Zertifikat                                               Gemeinsam können internistische Rheumatologen,
                                                                              Hausärzte sowie Orthopäden und Unfallchirurgen mit
                  Über die Akademie Deutscher Orthopäden hat der BVOU         der RhefO-Zusatzqualifikation oder der Zusatzweiter-
                  seit 2012 spezielle Intensivkurse zur Vertiefung der        bildung „Orthopädische Rheumatologie“ die Versorgung
                  Kenntnisse in der Rheumatologie für Orthopäden und          von Rheumapatienten in Deutschland sicherstellen.
                  Unfallchirurgen angeboten. In einem dreistufigen
                  ­Curriculum wird das nötige Fachwissen von der Früh-
                   erkennung über die Diagnosestellung bis zum Einstieg
                   in die spezielle Rheumatherapie vermittelt. An diesem
                   Kurssystem haben seither 1.800 Teilnehmer an
                   75 Wochenendkursen teilgenommen, über 500 Kollegin-
                  nen und Kollegen haben alle drei Kurse belegt.
                        Das Zertifikat zum „Rheumatologisch Fortgebildeten
                  Orthopäden (RhefO)“ haben bislang leider deutlich weniger
                  Kollegen beantragt, weil die Regularien neben dem Besuch
                                                                                             © BVOU/Sablotny

                                                                                                                    © BVOU/Sablotny

                  der Kursreihe bislang den Besuch weiterer Fortbildungs-
                  veranstaltungen verlangten. Das Erlangen des RhefO-­
                  Zertifikates wurde zum Jahresbeginn 2019 erleichtert.
                  Wer alle drei Kurse des RhefO-Curriculums durchläuft
                  (siehe Seite 16), erhält das RhefO-Zertifikat unter der                   Dr. Uwe Schwokowski,     Dr. Jörg Ansorg,
                  Bedingung, alle zwei Jahre einen RhefO-Refresherkurs zu                   Leiter des BVOU-­        Geschäftsführer BVOU
                                                                                            Referates ­Orthopädische
                  belegen. Dies macht wegen der rasanten Entwicklung                        Rheumatologie
                  der Arzneimitteltherapie in der Rheumatologie auch Sinn.

                  10     BVOU-Infobrief | 2/2019
Schwerpunkt: Rheuma – Interview

Orthopädische Rheumatologie:
„Gut für unser Image“
Wie können niedergelassene Orthopäden für entzündlich-­
rheumatische Erkrankungen sensibilisiert und für eine
komplexe Therapie motiviert werden? Dr. Uwe Schwokowski,
BVOU-Referatsleiter, geht auf die Situation der Ortho-
pädischen Rheumatologie im Rahmen der Versorgungsrealität
in Deutschland ein und erörtert, was sich an der derzeitigen
Situation ändern muss.                                                               Halten wir uns einmal vor Augen: Der
                                                                                     Anspruch der internistischen Rheuma-
                                                                                     tologen – laut dem Memorandum 2016
                                         Memorandum als Kooperationspartner          – einen Patienten innerhalb von zwei
                                         der internistischen Rheumatologen           Wochen in einer Frühsichtungssprech-
                                         lediglich die Hausärzte genannt. Die        stunde zu übernehmen, ist bei der
                                         Orthopädinnen und Orthopäden, die           ­d erzeitigen Versorgungslage augen-
                                         auf Grund ihrer Weiterbildung am ehes-       blicklich definitiv utopisch. Professor
                                         ten in der Lage sind, in der Früherken-      ­Matthias Schneider aus Düsseldorf hat
                                         nung und Primärdiagnostik die Versor-         in einer Pressekonferenz zum Rheuma-
                                         gungslage zu verbessern, werden also          tologen-Kongress 2018 in Mannheim
                                         nicht mit einbezogen.                         über eine Terminwartezeit von drei bis
                                                                                       sechs Monaten berichtet. Da eine Dia-
Herr Dr. Schwokowski, seit vielen        Welchen Grund hat das?                        gnosestellung und ein anschließender
Jahren gibt es ein Versorgungs­                                                        Therapiebeginn drei Monate nach dem
defizit in der Rheumatologie in          Dr. Schwokowski: Das ist auch mir nicht       ersten Symptom einer rheumatischen
Deutschland. Rund 1,5 Millionen          ersichtlich, ich sehe hier jedoch vorder-     Erkrankung von hoher Wichtigkeit ist,
Menschen leiden unter entzündlich-       gründig berufspolitische Interessen.          ist die augenblickliche Situation mit den
rheumatischen Erkrankungen und                                                         vorhandenen Wartezeiten nicht trag­bar.
erhalten häufig keine adäquate           Können Sie das näher erläutern?               Deswegen: Orthopäden müssen mehr
Behandlung. Was ist die Ursache?                                                       miteinbezogen werden.
                                         Dr. Schwokowski: Die Orthopäden und
Dr. Uwe Schwokowski: Das Haupt­          Unfallchirurgen sind Primäransprech-        Welche Lösungsvorschläge haben
problem an der derzeitigen Situation     partner bei schmerzhaften Gelenk- und       Sie aus Sicht des BVOU-Referatlei­
lässt sich an dem folgenden Punkt aus-   Rückenerkrankungen. Sie sind in der         ters? Was fordern Sie konkret?
machen: Es gibt in Deutschland zu        Lage, zwischen einem entzündlichen
wenig rheumatologische Spezialisten.     oder nicht entzündlichen Krankheits-        Dr. Schwokowski: Aus meiner Sicht,
Aktuell sind ungefähr 750 internisti-    bild zu differenzieren. Außerdem sind       und das sind die Erfahrungen aus vielen
sche und 500 zugelassene Orthopädi-      sie in der Lage, neben der Diagnose-        Kursen zur Ausbildung zum rheumato-
sche Rheumatologen in der Niederlas-     stellung auch eine medikamentöse            logisch fortgebildeten Orthopäden
sung tätig.                              Frühtherapie einzuleiten. Ich sehe den      (RhefO), haben viele Kollegen einfach
    In einem Memorandum zur Ver­         Orthopäden nicht als Konkurrenten der       Ängste vor Arzneimittel- und Laborre-
sorgung von Rheumapatienten in           internistischen Rheumatologen, son-         gressen. Als Lösungsansatz muss hier
Deutschland von 2016 werden 1350         dern vielmehr als Partner. Er kann als      gefordert werden, dass in allen Bundes­
internistische Rheumatologen zur aus-    sogenannter Gatekeeper fungieren und        ländern diagnosebezogene Arznei­
reichenden Versorgung in Deutschland     dem Internisten zeitintensive Vorarbeit     mittel- und Laborbudgets eingesetzt
gefordert. Leider werden in diesem       abnehmen.                                   werden.

                                                                                                  BVOU-Infobrief | 2/2019    11
Schwerpunkt: Rheuma – Interview                                                                                bvou.net „Rheuma“

Ein weiteres Problem sehe ich darin,           Welche Fachrichtungen sollten zur          Wie können niedergelassene Ortho­
dass die Behandlung und die Anamne-            Optimierung der Behandlung von            päden vermehrt für entzündlich-­
seerhebung und auch die Behandlung             Rheumapatienten aus Ihrer Sicht           rheumatische Erkrankungen
eines Rheumapatienten sehr viel mehr           kooperieren?                              ­sensibilisiert und für eine komplexe
Zeit kostet, dies aber in keiner Weise                                                    Therapie motiviert werden?
finanziell für den Orthopäden abgebil-         Dr. Schwokowski: Da entzündlich-­
det wird. Die Ziffer 18320, die man in         rheumatische Erkrankungen System-         Dr. Schwokowski: Die von mir erläu-
so einem Fall anwenden könnte, steht           erkrankungen sind und nicht nur allein    terten Probleme können schnell zu
dann in Konkurrenz zur Ziffer 18220 bei        das Gelenk befallen, sondern eben         einer moralischen Demotivation führen.
Erstkontakt, beziehungsweise in Kon-           auch andere Strukturen, ist eine          Vielmehr jedoch sollte man sich einmal
kurrenz zur Ziffer 18311 bei Drittkon-         Kooperation essentiell. Neben den         die positiven Aspekte vor Augen halten:
takt pro Quartal.                              internistischen und Orthopädischen        Allen voran sind das aus meiner Sicht
     Unsere Forderung hier: Diese spe-         Rheumatologen spielt der Hausarzt         zufriedene Patienten und Behand-
ziellen Rheumatologie-Leistungen des           und der Orthopäde in der Früherken-       lungserfolge, die ich durch innovative
Orthopäden müssten auch entspre-               nung eine bedeutende Rolle, in der        Therapien erzielen kann. Das Image
chend honoriert werden. Und: Die Ziffer        erweiterten Diagnostik dann natürlich     der Praxis wird durch die Rheuma-­
18320 darf nicht in Konkurrenz zu              auch der RhefO. Andere Fachgruppen        Spezialisierung aufgewertet und das
anderen Ziffern stehen.                        wie der Dermatologe, der Gastroentero­    Selbstwertgefühl steigt.
                                               loge, der Augenarzt sind bei zusätzli-
Warum ist es so bedeutsam, dass                chem Befall der Haut, des Darms oder      Welches Beispiel fällt Ihnen an dieser
eine entzündlich-rheumatologische              des Auges hinzuzuziehen.                  Stelle aus Ihrem Berufsalltag ein?
Erkrankung im Frühstadium bereits                  Die Interaktion einzelner Fachgrup-
diagnostiziert wird? Inwieweit                 pen ist unabdingbar, denn die Erfah-      Dr. Schwokowski: Der typische Morbus
hat sich die Therapie entzündlich-­            rung vieler internistischer Rheumato-     Bechterew-Patient zum Beispiel ist
rheumatischer Erkrankungen in                  logen ist, dass bei einer Überweisung     ­z wischen zwei und fünf Uhr morgens
den letzten 20 Jahren verändert?               vom Hausarzt mit einer Verdachts­          wegen starker Rückenschmerzen
                                               diagnose Rheuma, von zehn Patienten        schlaflos. Er muss sich bewegen und
   Dr. Schwokowski: In den letzten 20          tatsächlich zwei eine entzündliche         wandert nachts durch seine Wohnung.
   Jahren hat sich die Therapie entzünd­       rheumatische Erkrankung haben. Hier        Nach erfolgreicher Behandlung bei mir
   lich-­rheumatischer Erkrankungen nicht      würde ein Versorgungspfad vom Haus-        in der Praxis und Verabreichung eines
   nur geändert, sondern gar revolutio-        arzt zunächst zum Orthopäden bzw.          Biologikums, kommt der Patient nach
   niert, insbesondere durch den Einsatz       RhefO Abhilfe schaffen. In der speziel-    wenigen Wochen wieder zu mir und
   von Biologika. Professor Klaus Krüger       len Rheumatherapie mit innovativen         schwärmt: „Herr Doktor, das ist der
   aus München beschrieb das als „turbu­       Medikamenten ist eine enge Koopera-        absolute Wahnsinn. Ich habe das erste
   lente Zeiten in der Rheumatologie“.         tion zwischen Orthopäden, Orthopä­         Mal seit 20 Jahren wieder durchge-
        Heutzutage gelingt es, entzündlich-­   dischen Rheumatologen und internis-        schlafen, so wie Sie mir das verspro-
rheumatische Erkrankungen zwar nicht           tischen Rheumatologen anzustreben.         chen haben.“ Wenn ich mich an diese
zu heilen, aber weitestgehend zu                                                          Erlebnisse erinnere, bekomme ich
­stoppen. Wir sprechen hier von einer          Was kann der Rheumapatient selbst          selbst jetzt noch Gänsehaut, denn: Ich
 Remission, also von einem Stillstand          zur Verbesserung des Krankheits­           habe zufriedene und glückliche Patien-
 des rheumatischen Geschehens. Das             verlaufes beitragen?                       ten. Genau für solche Erlebnisse arbeite
 ist keine Utopie mehr, sondern wird                                                      ich. Und die tägliche Arbeit hat mir des-
 aktuell schon bei mehr als der Hälfte         Dr. Schwokowski: Hier sollte auf jeden     wegen immer große Freude bereitet.
 der Patienten erreicht.                       Fall das Schlagwort „gesunde Lebens-            Diese positiven Erlebnisse über-
        Wichtig aber ist: Je früher die        weise“ fallen: Eine gesunde Ernährung      tragen sich im Übrigen auch auf das
 ­e ntsprechende Therapie eingeleitet          und viel Bewegung spielen eine bedeut-     gesamte Praxisteam, und das bedeutet:
  wird, um so weniger Schäden sind bei         same Rolle. Außerdem ist „positives        Rheumatologie beeinflusst das eigene
  dem Patienten zu erwarten und die            Denken“ gerade unter den heutigen the-     Image und das der Praxis sehr positiv.
  ­Veränderungen, die wir von früher mit       rapeutischen Optionen aus meiner Sicht
   Gelenkzerstörungen oder völliger            von großer Bedeutung. Wichtig ist, dass   Herr Dr. Schwokowski,
   Gelenkversteifung der Wirbelsäule bei       der Patient aufgrund der Erkrankung       vielen Dank für das Gespräch.
   Morbus Bechterew kennen, treten             nicht in eine Depression verfällt. Des-
   unter einer frühzeitigen Therapie heute     wegen strebe ich stets meine Leitworte          Das Interview führte Janosch Kuno,
   einfach nicht mehr auf.                     an: „Zuversicht bei Arzt und Patient“.      Presse- und Öffentlichkeitsarbeit BVOU

12     BVOU-Infobrief | 2/2019
Schwerpunkt: Rheuma

         Rheuma-Scores zur Beurteilung
         der Krankheitsaktivität und des
         Krankheitsverlaufs
         Entzündlich-rheumatische Erkrankungen sollen möglichst in der
         Frühphase diag­n ostiziert werden. Hierzu dienen verschiedene
         Methoden wie die Anamnese/Familienanamnese, eine subtile Unter-
         suchung u.a. Es werden aber auch bereits beim Erstkontakt be-
         stimmte Scores empfohlen, die zwar nicht die Diagnose sichern,
         aber für die Beurteilung der Krankheitsaktivität und insbesondere
                                                                                   → Die Bestimmung gängiger Rheuma-­Scores wird
         für den Krankheitsverlauf von großer Bedeu­tung sind.                        durch Apps erleichtert. Lesen Sie dazu unseren
                                                                                      Beitrag auf Seite 18ff.

         Bei Rheumatoider Arthritis (RA):
         „„ Disease-Aktivity-Score (DAS 28)
         „„ Funktionsfragebogen Hannover (FFvH)
         „„ Health Assessment Questionnaire (HAQ)

         Bei axialer Spondyloarthritis (ax SpA):
         „„ Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index
             (BASDAI)
         „„ Disease-Aktivity-Score (DAS 28)

         Bei Studien:
         „„ Ankylosing Spondylitis Disease Activity Score (ASDAS)
         „„ Bath Ankylosing Spondylitis Functional Index (BASFI)      Erkrankung     DAS 28   HAQ   FFvH         BASDAI   BASFI   ASDAS       keinen
                                                                      RA           96       2     4            6			                         41
© BVOU

                                                                      ax SpA       12			                       84       4       3           45

         Abb. 1

         Für die Rheumatoide Arthritis (RA) hat sich der DAS 28       „„ DAS 28 > 5,1 bedeutet hohe Krankheitsaktivität
         (Disease-Aktivity-Score) in den letzten Jahren bewährt       „„ DAS 28 3,2–5,1 : mittlere Krankheitsaktivität
         (Abb 1). Neben der Beurteilung der rheumatischen             „„ DAS 28 2,6–3,1 : niedrige Krankheitsaktivität
         Beschwerden in den letzten sieben Tagen auf einer            „„ DAS 28 < 2,6 bedeutet Remission
         visuellen Analogskala von 0-100 durch den Patienten und      Diese Werte sollten einmal im Quartal bestimmt werden
         einem Entzündungswert (BSG oder CRP) ist die Unter-          und haben einen besonderen Wert zur Verlaufskontrolle
         suchung von 28 Gelenken auf eine Schwellung oder             unter einer spezifischen Basistherapie. Die EBM-Zusatz-
         Druckempfindlichkeit bedeutsam. Die zu untersuchenden        pauschale 18320 (857-GOÄ) kann bei folgenden Leistungen
         28 Gelenke sind die Finger-, Hand-, Ellenbogen-, Schulter-   von jedem Orthopäden abgerechnet werden (Abb. 2)
         und Kniegelenke. Für die Berechnung des DAS 28 stehen            Der Funktionsfragebogen Hannover bzw. HAQ
         standardisierte Erhebungsbögen und Berechnungshilfen         (Health assessment Questionnaire) sind „Gesundheits-
         zur Verfügung.                                               beurteilungsbögen“, die von den Patienten selbst

                                                                                                             BVOU-Infobrief | 2/2019   13
Schwerpunkt: Rheuma                                                                                        bvou.net „Rheuma“

                                                                                                                                   © Bechterew.de
                                                             © Charité

Abb. 2                                                                   Abb. 3

         ­ usgefüllt werden und Fragen zur Belastungsfähigkeit bei
         a                                                                  Für Studien hat sich vermehrt der ASDAS (Ankylosing
         täglichen Tätigkeiten beinhalten. Sie können zusätzlich            Spondylitis Disease Activity Score) durchgesetzt.
         zum DAS 28 angewandt werden.                                       Seltener wird der BASFI (Bath Ankylosing Spondylitis
              Für die Psoriasisarthritis gibt es keinen speziellen          Functional Index) mit zehn Fragen durchgeführt.
         gelenkbezogenen Score, so dass bei diesem Krankheits-                  Bei den verschiedenen entzündlich rheumatischen
         bild auch der DAS 28 angewandt werden kann.                        Erkrankungen gehören die „Rheuma Scores“ zum
              Zur Erfassung der Krankheitsaktivität bei der axialen         Standardinstrumentarium in der Rheumatologie. Sie sollten
         Spondyloarthritis kommt zumeist der BASDAI-Score                   deshalb von den Orthopäden in ihrem Praxisalltag regel-
         (Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index)               mäßig angewandt werden und durch die EBM-Ziffer 18320
         zur Anwendung. Er beinhaltet sechs Fragen zu subjektiven           dokumentiert werden. Ich empfehle, diese Werte auch in
         Beschwerden der Patienten auf einer Analogskala von                den Arztbriefen zu erwähnen, weil der überweisende
         0–10 (Abb. 3). Von Bedeutung ist ein BASDAI-Wert > 4 als           Arzt hierdurch eine ausgezeichnete Information über den
         Voraussetzung zum Einsatz von Biologika, neben weiteren            Verlauf und Wirksamkeit der Therapie erhält.
         Bedingungen. Des Weiteren dient der BASDAI als Verlaufs-
         parameter zur Dokumentation einer wirksamen Therapie.                                                    Dr. Uwe Schwokowski

               Die Anwendung der Scores sind auch Inhalt des Kurses RhefO I.
               Die Dokumente sind als Download verfügbar unter: www.bvou.net/rheuma-scores

         14    BVOU-Infobrief | 2/2019
Schwerpunkt: Rheuma

DGORh: Vertreter aller Ortho­
pädischen Rheumatologen im
deutschsprachigen Raum
                                                                           Darüber hinaus ist auch das jährlich statt-
                                             ©DGORh
Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädische                                findende Intensivmeeting der DGORh
Rheumatologie (DGORh) ging aus der am                                      zunehmend in den Vordergrund gerückt. Seit
18.09.1992 gegründeten Assoziation für                                     2017 werden hier nicht mehr ausschließlich
Orthopädische Rheu­m a­tologie e.V. hervor,                                operative Techniken und Indikationen
die ihrerseits aus der Arbeitsgemeinschaft                                 besprochen, sondern parallel dazu auch die
für Orthopädische Rheumatologie, welche                                    aktuellen Entwicklungen der konservativen
1971 gegründet wurde, hervorging. Die Ab-                                 und medikamentösen Therapien gelehrt und
kürzung der alten Gesell­schaftsbezeichnung                              aufgefrischt. Dieses Konzept erwies sich auch
(ARO) findet sich noch heute im Wappen der                            bei der diesjährigen Jubiläumsveranstaltung,
DGORh. Die Zielsetzung der Gesellschaft ist es, die               dem zehnten Intensivmeeting der DGORh in Hanno-
Forschung sowie die Lehre und Kranken­versorgung ein-       ver, erneut als sehr erfolgreich, was sich in der weiter
schließlich der Prävention und der Reha­b ilitation bei     gestiegenen Teilnehmerzahl und im sehr positiven
orthopädisch-rheumatologischen Krankheitsbildern zu         Feedback der Teilnehmer widerspiegelt. Das Thema der
fördern.                                                    operativen Sitzung in diesem Jahr war die Indikationen
                                                            und Techniken der Rückfußarthrodesen. In der parallel
                                                            stattfindenden Sitzung zur konservativen Orthopädischen
                                                            Rheumatologie wurden Vorträge zur spezifischen
Die Gesellschaft ist der erste Ansprechpartner der          Rehabilitation von Rheumatikern, zur Diagnostik und
Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfall-           Therapie der psoriatrischen und der axialen Spondyl-
chirurgie (DGOU) bei Fragen der Weiterbildung in der        arthritis sowie zu innovativen medikamentösen
Orthopädischen Rheumatologie. Die neue Weiterbildungs-      Behandlungsansätzen gehalten. Erstmalig wurde in
ordnung für Orthopädische Rheumatologie wurde durch         diesem Jahr der RhefO-Refresherkurs kostenfrei im
den Bundesärztetag verabschiedet und wird zurzeit           Rahmen des Intensivmeetings angeboten. Im ersten
in den Landesärztekammern ratifiziert (siehe Seite 72).     Quartal 2020 wird das elfte Intensivmeeting der DGORh in
Im Vergleich zu den Vorgängerversionen wurde diese          Lübeck unter wissenschaftlicher Leitung von Dr. Uwe
bzgl. ihrer Schwerpunkte neu ausgerichtet. Durch die        Schwokowski stattfinden.
stärkere Gewichtung der konservativen Inhalte der                In Zeiten starker Veränderungen unseres Faches ist
Zusatzbezeichnung wird die früher vorwiegend operativ       es wichtig, dieses auch politisch als starke Gemeinschaft
ausgerichtete Weiterbildung in der Orthopädischen           zu vertreten. Die DGORh sieht sich hier als Vertreter aller
Rheumatologie grundlegend verändert. Diese Veränderung      Orthopädischen Rheumatologen im deutschsprachigen
soll künftig zu einer intensiveren Verzahnung der statio­   Raum. Die Trennung von Klinikern und niedergelassenen
nären und ambulanten Versorgung führen. Da die derzeit      Kollegen sowie operativ und konservativ Tätigen soll
tätigen Orthopädischen Rheumatologen in Klinik und          durch ein enges Zusammenrücken aller Orthopädischen
Praxis die Zusatzbezeichnung nach der alten Weiter-         Rheumatologen in Deutschland überwunden werden. Nur
bildungsordnung erwarben, ist es für diese dringend         so kann es gelingen, die gemeinsamen Interessen zu
erforderlich, die neuen Schwerpunkte durch gezielte         verbalisieren und letztlich durchzusetzen. Neben der
berufsbegleitende Weiterbildungen zu ergänzen. Hierzu       Interessenvertretung der Orthopädischen Rheumatologen
richtet die ADO seit einigen Jahren intensive Weiter-       wird es eine der großen Aufgaben in den nächsten Jahren
bildungskurse aus. Diese von Dr. Uwe Schwokowski aus        sein, die neue Weiterbildungsordnung für die Zusatz-
Lübeck entwickelten RhefO-­Kurse behandeln in sich          bezeichnung in der Praxis umzusetzen und die
abgeschlossene Teilaspekte der medikamentösen und           bestehenden Weiterbildungsstätten in die Lage zu
konservativen Therapie entzündlich rheumatischer            versetzen, den erhöhten Anteil an konservativer Weiter-
Erkrankungen.                                               bildung in die Ausbildung zu integrieren.

                                                                                             BVOU-Infobrief | 2/2019   15
Schwerpunkt: Rheuma                                                                                       bvou.net „Rheuma“

Die beiden wissenschaftlichen Großprojekte der DGORh          Ziel der Auswertung dieser Datenbank ist es, anhand des
sind das Komplikations- und das Arthritis-­Register. Im       histologischen Bildes und spezieller Färbungen, die medika-
Komplikationsregister werden sämtliche Kompli­kationen        mentöse Therapie gezielter als bisher einleiten zu können.
nach Operationen in den teilnehmenden Spezialkliniken              Die DGORh finanziert jährlich ein Reisestipendium in
für operative Rheumatologie, welche an Patienten mit          eine deutsche Klinik mit orthopädisch rheumatologischem
rheumatologischen Erkrankungen mit und ohne Immun-            Schwerpunkt. Initiativbewerbungen sind an das Büro
suppression vorgenommen werden, registriert und daraus        der DGORh, Straße des 17. Juni 106–108 in 10623 Berlin
die entsprechenden Komplikationsraten ermittelt.              (info@dgorh.de) zu richten.
Das Ziel dieses Registers ist es, künftig die perioperative
Immunsuppression besser anpassen zu können als                                                             Prof. Ralph Gaulke
dies unter der bisherigen Datenlage möglich ist.                                                    Vizepräsident der DGORh
                                                                         Sektion obere Extremität, Fuß- und Rheumachirurgie
     Im Arthritisregister werden intraoperativ gewonnene                                              Unfallchirugische Klinik
histologische Präparate der Synovialis aufgearbeitet.                                    Medizinische Hochschule Hannover

Aktualisierte RhefO-­Fort­bildungsmodalitäten 2019
Die Rheumatologie hat sich in Diagnostik und Therapie in      Der BVOU hat eine interaktive Landkarte auf dem Patien­
den letzten Jahren erheblich verändert. Kenntnisse            tenportal Orthinform entwickelt, die RhefO in der
darüber vermittelt die Akademie Deutscher Orthopäden          Umgebung aufzeigen, so dass Patienten im Falle einer
seit geraumer Zeit mit speziellen Fortbildungskursen          entzündlich-rheumatischen Erkrankung ihren kompeten-
zur Erlangung der Zertifizierung „Rheumatologisch fort­       ten Ansprechpartner direkt vor Ort finden können.
gebildeter Orthopäde“ – kurz RhefO. Die Kursmodalitäten
wurden jetzt für alle Beteiligten attraktiver gemacht – ein
Schritt auch in Richtung Novellierung der Zusatzweiter-
bildung „Orthopädische Rheumatologie“. Nach Anre­
gungen von Teilnehmern der bisherigen RhefO-­Zertifizie­
rungskurse wurden jetzt einige Änderungen zur Erlangung
des RhefO-Zertifikates und zur R   ­ e-Zertifizierung
beschlossen. Diese sollen nicht nur das Erreichen der
Zertifikate erleichtern, sondern auch die Bearbeitung
durch die Mitarbeiter der Akademie Deutscher Ortho-
päden (ADO) des BVOU. Ziel ist es, durch die Verein-
fachung der Modalitäten mehr Kollegen zur Beantragung
des Zertifikates zu bewegen.
     Rückwirkend wird es außerdem für diejenigen möglich
sein das Zertifikat zu erlangen, die von 2013 bis 2018
bereits ihre drei Kurse durchlaufen haben und 2019 einen
Refresher-Kurs absolvieren beziehungsweise einen
Zertifizierungs-Kurs II oder III wiederholen.                 Seit 2012 haben wir 75 RhefO-Kurse mit fast 2000
     Re-Zertifizierungen für RhefO sind durch den Besuch      Teilnehmern veranstaltet. Interessant ist auch,
eines Refresher-Kurses möglich. Voraussetzung für den         dass in einigen KVen der RhefO inzwischen bekannt
RhefO 2019 ist die Teilnahme an drei Samstags-Kursen zu       gemacht worden ist und als Verhandlungsgrundlage
folgenden Themen:                                             zur Verbesserung der Versorgungslage bei entzündlich-­
„„ Kurs I: Früherkennung entzündlich-rheumatischer           rheumatischen Erkrankungen dient.
    Erkrankungen                                                                                        Dr. Uwe Schwokowski
„„ Kurs II: Frühbehandlung entzündlich-rheumatischer
    Erkrankungen
„„ Kurs III: Spezifische Therapie entzündlich-­
    rheumatischer Erkrankungen                                       Die Orthinform-RhefO-Karte finden Sie unter:
Diese Kurse enden jeweils mit einer Lernzielkontrolle                orthinform.de/patienteninformationen/
und Sie erhalten einzelne Bescheinigungen für die Kurse I            ihre-rheuma-spezialisten-in-der-naehe
und II sowie das RhefO-Zertifikat nach dem Kurs III.

16     BVOU-Infobrief | 2/2019
Schwerpunkt: Rheuma

Orthopädische Rheumatologie bei
Kindern und Jugendlichen
                                                              Bei Verdacht auf eine JIA sind Differenzialdiagnosen
                                                              auszuschließen. Die Therapieziele sind entsprechend der
                                                              Leitlinie für JIA (AWMF-Leitlinie JIA): Keine Arthritis-
                                                              anzeichen, keine Hautveränderungen oder internistische
                                                              Beteiligung, keine Uveitis, normale Laborparameter
                                                              (JIA Core-Set-Kriterien nach Giannini et al 1997).
Bei der Arthritis rheumatischer Genese besteht eine                Initial erfolgt ambulant eine Behandlung mit NSAR
entzündlich bedingte Schwellung und/oder entzündlich          (Naproxen, Ibuprofen). Glucocorticoide (i.a., p.o., i.v.)
bedingte schmerzhafte Bewegungseinschränkung an               sind rasch entzündungshemmend und bei initialer Thera-
einem oder mehreren Gelenken. Die Ursache der Auto-           pie sowie mittelfristig bis zum Wirkungseintritt der
immunerkrankung ist trotz der intensiven Forschung            Basismedikamente wie z.B. Metorexat (MTX) etc. hilfreich.
bisher noch nicht eindeutig identifiziert. Die Autoimmun-     Insbesondere bei Oligoarthritis großer und kleiner Gelenke
reaktion wird über die T-Tell sezernierenden Antikörper       ist eine lokale Infiltration mit Corticoiden (Triamcinolon­
induziert. Auslösende Faktoren könnten eine genetische        hexacetonid) sehr wirksam. DMARD (Disease Modifying
Disposition, Infektionen, Traumata, hormonelle Faktoren       Anti-Rheumatic Drugs) sind die wichtigsten Basismedika-
oder Medikamente sein. Bei Ausbruch der Erkrankung            mente und es werden die modernen Biologika eingesetzt.
kommt es zum Zusammenbruch der peripheren Immun-              Die Behandlung der schmerzhaften Gelenke ist immer und
toleranz. Das Gelenk-Rheuma im Kindes- und Jugendalter        zu allen Phasen der Erkrankung wichtig. Die Bewegungs-
wird als juvenile idiopathische Arthritis bezeichnet          einschränkung und Schonung der Gelenke führt
(JIA: Erkrankungsbeginn < 16. Lebensjahr, Arthritiden         unbehandelt zu rigiden Einschränkungen mit Zunahme
chronisch bestehend länger als sechs Wochen).                 der Schmerzen. In spezialisierten Zentren ist eine multi-
Die einzelnen sieben Subgruppen der JIA nach Leitlinie        modale Schmerztherapie möglich und indiziert. Es werden
für JIA (ILAR/AWMF-­Leitlinie IJA):                           Patienten mit chronischen Schmerzzuständen wie
                                                              M. Perthes (prä- und postoperativ), Hüftdysplasie (post-
                                                              operativ), muskuläre Dysbalance, Zerebralparese,
1.	Oligoarthritis: Arthritis in 1–4 Gelenken,                ­Skoliose, M. Scheuermann, Rh. Arthritis etc. aufgenommen.
    Altersgipfel: 2–4.                                         Während des stationärem Aufenthaltes erfolgen täglich:
2.	Polyarthritis, seronegativ (RF-): Arthritis in mehr als
    vier Gelenken und RF-Test negativ. Altersgipfel: 4–7.
3.	Polyarthritis, seropositiv (RF+): Arthritis in mehr als   1.	Ärztliche Therapiemaßnahmen:
    vier Gelenken und RF-Test zweimal im Abstand von              Medikamentenverordnung, Manuelle Therapie,
    drei Monaten positiv. Altersgipfel: 12–13.                    intraartikuläre Infiltrationen
4.	Psoriasisarthritis: Arthritis und mindestens zwei der     2.	Physiotherapie
    folgenden Kriterien:                                      3.	Ergotherapie
    Daktylitis, Psoriasis bei einem Verwandten 1. Grades,     4.	Physikalische Therapie
    Nagelveränderungen (Tüpfelung oder Onycholyse).           5.	Bewegungstherapie
    Auch bestehen häufig Hautveränderungen hinter             6.	Psychologischer Dienst
    den Ohren und an der Rima ani. Altersgipfel: 6–9.
5.	Enthesitis-assoziierte Arthritis: Arthritis und zwei      Die Behandlung der JIA hat das Ziel, den betroffenen
    Kriterien: lumbosakraler ­Rückenschmerz: Sakroiliitis,    Patienten einen schmerzfreien, normalen Bewegungs-
    ankylosierende Spondylitis, HLA-B27 positiv,              ablauf sowie eine normale körperliche, geistige und
    akute Uveitis, Reiter Syndrom. Altersgipfel: 12–13.       seelische Entwicklung zu ermöglichen.
6.	Systemische Arthritis: Arthritis und Fieber über
    zwei Wochen intermittierend und als ein weiteres                                                Dr. med. Markus Stücker,
    Kriterium: flüchtiges erythematöses Exanthem,                                         leitender Arzt des Departments für
                                                                                        Kinderorthopädie/Neuroorthopädie,
    generalisierte Lymphadenopathie,
                                                                                             Orthopädische Universitätsklinik
    Hepatosplenomegalie, Serositis. Altersgipfel: 4–7.                     für Orthopädie und Orthopädische Rheumatologie
7.	Andere Arthritis: nicht eindeutig zu 1–6 einteilbar.                                         am Klinikum Bad Bramstedt

                                                                                                BVOU-Infobrief | 2/2019   17
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