Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr - Kloster Einsiedeln
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SALVE Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr 10. Jahrgang · Ausgabe 5, Oktober/ November 2018 Jahresthema Erscheint sechsmal jährlich «Die eigene Mitte finden» 4 Wallfahrt Wallfahrtstage grosser Pilgergruppen 10 Der Wallfahrtspater lädt ein 11 Liturgischer Kalender 12 Wallfahrtsinformationen 14 Liturgisches Grundwissen – Messgewand 15 Familienwallfahrt 16 Haben Sie gewusst… 17 Kloster Einsiedeln In Memoriam Bruder Suso Jöhl 18 Marienbild 21 Stabsübergabe des Kapellmeisters 22 Frontseite: Schwester Hedwig Silja Gebetsanliegen 26 Walter hat gemalt, was geschieht, wenn Neues Kleid für die Madonna 28 der göttliche Brandstifter am Werk ist. Konventglöckli 30 (Foto: Kloster Fahr). Stiftsschule Schulnachrichten 32 Ecke der Eltern 33 Ministrantenreise – Nome ned gschprängt! 34 Wanderlager – im Gedenken an Pater Hieronymus 36 Personalnachrichten 39 Alumni 40 Maturafeier M 63 – Nur Begeisterte begeistern 42 In memoriam André Gächter 45 St. Gerold Kurs- und Kulturprogramm 46 Neue Seminarräume 49 Kloster Fahr Grusswort 52 Dass Fest zur Buch- und Plakatvernissage 54 «ü30fahrwärts» – Gott hat uns einen Geist der Kraft gegeben 57 Historische Ofenkacheln 59 Nachrichten der Ehemaligen 61 Meditation und Bild 62 Kaleidoskop www.kloster-einsiedeln.ch Veranstaltungskalender 64 www.kloster-fahr.ch Klostersammlung – Kleinplastiken zwischen www.propstei-stgerold.at Kunst und Kommerz 66 www.zeitschrift-salve.ch Carl Muth – Eine geschenkte Bibliothek www.gotteswort.ch und ihre Geheimnisse 68 www.GOTTsuchen.ch Kirchenkonzerte – Primizmessse von Pater Gall Morell 75 www.gebetsgemeinschaft.ch Neue Bücher 76 2
LEITGEDANKE L iebe Leserin, lieber Leser Zum fünften Mal dieses Jahr hat unser Leitartikel die Weitergabe benediktinischer Spiritualität nach aussen zum Thema. In dieser Ausgabe zeigt Verena Huber-Halter, wie sehr Schwester Hedwig Silja Walter die spirituelle Dimension der Regel des hl. Benedikt verinnerlicht und damit die Voraussetzungen geschaffen hat, mit ihrem Le- benswerk ein lebendiges Zeugnis benediktinischer Spiritualität nach aussen abzulegen. Ein roter Faden zieht sich durch alle bisher fünf Beiträge zu diesem Thema: Spiri- tualität ist keine Einbahnstrasse und sie verdient diesen Namen nur, wenn im Innern, im «Herzenskämmerlein» die göttliche Geistkraft am Wirken ist. Silja Walter brachte das in ihren Schriften und in ih- ren Aquarellen deutlich, manchmal sogar krass zum Ausdruck, etwa, wenn sie in ihrem Bild (s. Titelseite) das Göttliche als «Brandstifter» bezeichnet, der die menschliche Behausung von innen her in Flam- men aufgehen lässt. Da spricht die Mystikerin. Sie hinterlässt uns damit eine zentrale Botschaft, die nicht nur für Menschen hinter Klostermauern ihre Gültigkeit hat. Der eine erste Weg, der erst die Spiritualität, also das Leben aus der Gottesfülle, erzeugt, ist der Weg von aussen nach innen. Oder entsprechend dem Jesus-Wort vom Samenkorn, das in die Erde fallen muss, um Frucht zu bringen – von oben nach unten. Nur was hinab in die Erde gesät worden ist, wächst aus ihr als Frucht herauf. Wir alle wissen das, auch wenn uns dieses Naturfaktum meist gar nicht bewusst ist, weil es so selbstverständlich ist. Das aller erste, was ein neu geborener Mensch tut, ist einatmen. Die Lebenskraft der Atemluft dringt ein in die Tiefen des Menschseins und erst als zweiter Schritt folgt auf dem Weg von innen nach aussen der berühmte erste Schrei im Ausatmen: «Ich lebe!» Das ist der urnatürliche Weg spiritueller Wirkung im Inneren des Menschen. Dass das nicht nur eine Angelegenheit der Körperphysiologie ist, bezeugen der hl. Benedikt in seiner Regel und Silja Walter in ihrem Lebenswerk. Vieles, was heutzutage als Atemtherapie praktiziert wird, beruht auf diesen zwei Wegen: Im Einatmen belebt die Atemluft mein Innesein («das Gottesreich ist in euch»), im Ausatmen gebe ich Zeugnis davon nach aussen: «Ich lebe». Wenn das mehr ist als Physik, kann man es nicht nur hören, sondern auch sehen: Klosterfrauen wie Silja Walter und ihren Mitschwestern war und ist die vom Gottesgeist bewirkte Lebensfreude vom Gesicht ablesbar. Das war zur Zeit Jesu von Nazareth, zur Zeit des hl. Benedikt, zur Zeit von Silja Walter, und im Hier und Jetzt innerhalb und ausserhalb von Klostermauern sehr zur Nachahmung empfohlen. Ihr Erich Liebi 3
JAHRESTHEMA Benediktinische Spiritualität – nach aussen getragen Die eigene Mitte finden Um benediktinische Spiritualität nach aussen tragen zu können, ist zunächst ein Weg nach innen erforderlich. Der Biograf des heiligen Benedikt, Gregor der Grosse, schrieb über den Ordensgründer, dass dieser «allein in sich wohnte». In seiner Ordensregel umschreibt Benedikt den inneren Weg, den der Mensch gehen muss, um seine innere Mitte zu finden. Das Kloster Fahr und natürlich auch das Kloster Einsiedeln sind allein durch ihr Dasein Zeugnis für diesen Weg nach innen, auf dem «das Leben in Fülle» zu gewinnen ist. «Wer ist der Mensch, der das Leben liebt und der Ruf Gottes an jedes seiner Geschöpfe. gute Tage zu sehen wünscht?» Diese Frage Dennoch ziehen die allerwenigsten die dar des hl. Benedikt (RB, Vw 15) ergeht an uns aus folgenden Konsequenzen. alle, täglich und ohne Unterlass, denn es ist Der Trappist Thomas Keating meint in seinem Buch «Das kontemplative Gebet»: «Gott möchte schon in diesem Leben so viel göttliches Leben mit uns teilen, wie wir nur aushalten können». Was in aller Welt be wegt einen Menschen dazu, sich etwas so Grossartiges zu versagen? Zugegeben, falsch verstandene christli che Tugenden sind beklemmend und le bensfeindlich, insbesondere im Fall von As kese oder Demut. Das ist abschreckend. Aber gerade im Zeitalter von «Fake News» sollten alle wissen, dass man gut beraten ist, einer Sache auf den Grund zu gehen, bevor man sich ein Urteil erlaubt. Und wenn’s ums eigene Leben geht, müsste jeder ein bren nendes Interesse haben, herauszufinden, was Jesus gemeint hat, als er erklärte: «Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben, und es in Fülle haben». «Öffnen wir unsere Augen dem göttlichen Licht» (Vw 9) Der hl. Benedikt von Nursia (ca. 480 –547) Nicht zuletzt, um seinen Mönchen Klarheit mit seiner Klosterregel als Wegleitung für über christliche Werte und Tugenden zu die Gottsuche (Foto: Wikimedia). verschaffen und dem Eifer vorzubeugen, 4
JAHRESTHEMA Auch das Kloster Fahr ist allein durch sein Dasein Zeugnis nach aussen für die Suche seiner Bewohnerinnen nach dem spirituellen Weg nach innen (Foto: Beat Huber). der Masslosigkeit auch in der Tugendhaftig henwollens – von Benedikts Anweisungen keit zur Folge haben kann, hat der hl. Bene an beiden Orten lauert. dikt vor bald 1500 Jahren seine Klosterregel Das konsequente christliche Leben ist geschrieben. «Eine Anleitung zu christli kein Spaziergang. Aber nicht etwa, weil chem Leben» untertitelt Abt Georg Holzherr man seine Persönlichkeit an der Klosterpfor die Regel. Benedikt hat nichts Neues erfun te abgeben muss, sondern weil es einen den – er hat neu geordnet und aufgeschrie ben, was damals aufgrund des Evangeliums als monastische Lebensweise galt. Natürlich hat Benedikt Akzente gesetzt, immer mit Weitsicht und in grosser Achtung vor dem Menschen. Zeitlose Aktualität Das wird der Grund sein, warum die Regel bis heute nichts an Aktualität verloren hat und nach wie vor eine erstklassige Anlei tung für das Leben als Christ und das Leben in Gemeinschaft ist. Man kann sein Leben im benediktinischen Kloster dieser Regel unterwerfen oder sich ausserhalb davon inspirieren lassen. Jedoch sollte man sich im Schwester Hedwig Silja Walter (1919–2011) mer bewusst sein, dass die Gefahr des suchte Gott vor allem in der inneren Klausur falsch Verstehens – oder des falsch Verste (Foto: Liliane Géraud). 5
JAHRESTHEMA Reifeprozess anstossen möchte, der nicht immer so leicht auszuhalten ist. Es ist daher manchmal äusserst verlockend, nach ein facheren Pfaden zu suchen. Aber auf dem geistlichen Weg gibt es keine Abkürzungen. «Weisst du nicht, dass die Langmut Gottes dich zur Umkehr treibt?» (Vw 37) Demut ist das klassische Beispiel einer Tu gend, die sehr leicht falsch verstanden wer den kann, was gerade in ihrem Fall üble Folgen hat. Benedikt widmet der Demut ein ganzes Kapitel. Natürlich können seine Worte falsch ausgelegt werden, wenn man das Ziel der christlichen Spiritualität, näm lich «das Leben in Fülle», aus den Augen ver liert und das eigene Verständnis von Bene dikts Worten nicht daraufhin überprüft. In dieser Hinsicht ist es bestimmt hilfreich, Rat bei Menschen einzuholen, die Erfahrung auf diesem Weg haben oder einen Regel kommentar zu konsultieren. Einer dieser Kommentare, derjenige von Dieses Gemälde aus dem Jahr 1996 hat Abt Georg Holzherr, bezeichnet das Kapitel Silja Walter mit «Der Brandstifter» betitelt, über die Demut als Herzstück benediktini gemeint ist Jesus Christus, der das Feuer der scher Spiritualität. Wahre Demut siedelt sich inneren Läuterung anfacht (Foto: aus dem im Herzen an. Sie kann nicht ohne weiteres Fundus des Klosters Fahr). eingeübt werden, sie ist Frucht des christ lichen Lebens. Demut muss man sich schen perfekt sein werden und wir unsere Schwä ken lassen als Teil des Lebens in Fülle. Aller chen daher nicht mehr als Bedrohung für dings muss man für dieses Geschenk bereit unrealistische Vorstellungen von uns selber sein und das ist eine Herausforderung. empfinden müssten! Würde uns Schweigen nicht zu besseren Zuhörern machen und «Wer im Glauben voranschreitet, wäre es nicht grossartig, wenn wir unsere dem weitet sich das Herz.» (Vw 49) Worte immer mit Bedacht wählen könnten? Man stelle sich nur einmal vor, wie es wäre, Wäre uns mit all dem nicht eine ungeheure wenn wir eine unfassbare Sehnsucht hätten, Last genommen, die sich unweigerlich in die all unsere bisherigen Wünsche in den unserem Gesicht, in unserer ganzen Körper Schatten stellte und wir dabei aber Gewiss haltung zeigen würde? heit hätten, dass genau diese Sehnsucht Das hört sich schon fast zu schön an, um auf jeden Fall Erfüllung finden wird. Wie wahr zu sein, nicht wahr? Aber genau da herrlich wäre es, wenn wir in vollkommener rüber spricht das benediktinische Demuts Gelassenheit auch unsinnige Anforderun kapitel. Dahin will Gott uns befreien. Aller gen unserer Vorgesetzten befolgen und uns dings ist das ein Weg, den wir bewusst trotzdem des Lebens freuen könnten? Wie gehen müssen, bis ans Ende unserer Tage. viel einfacher wäre es, wenn wir mit wenig Es ist ein Weg, der uns zuweilen vorwärts zufrieden wären? Welche Befreiung, wenn führt, auf dem wir manchmal aber auch wie wir akzeptieren könnten, dass wir niemals der zurückfallen. 6
JAHRESTHEMA Die Benediktsgrotte im Kloster Sacro Speco, wo der junge Mönch laut Überlieferung drei J ahre lang seine Gottsuche gelebt hat (Foto: Schwester Laetitia Kuhn). Eine Lebensaufgabe folgte. In ihrem Werk «Der Ruf aus dem Dass dies eine Lebensaufgabe ist, hat auch arten» erklärte sie: «So dachte ich mir ein G die damals 29jährige Cécile (Silja) Walter Kloster als Kugel voll Stille, worin die Tage schnell festgestellt, als sie dem Ruf an sie rundum laufen um die immer neue Erfah rung des Andern. Darum wollte ich ziemlich, ja wirklich beinahe sogleich in eine Klausur eintreten.» Sie stellte aber schnell fest: «Das Leben in der Klausur ist trotzdem so ge wöhnlich wie draussen. Das beunruhigte mich. Warum war das nicht anders? Wenn sich die Erfinder des Klosters getäuscht hätten?» Sie begriff, dass die Klausur nicht schon an sich Gottes Ort auf Erden war. Sie selber musste sich in der «Armut» einrichten: «Denn da geht Gott am ehesten nieder, wo nichts ist, nicht in ein bis oben hin gefülltes Herz.» Silja Walter machte sich daran, die benediktinischen Stufen der Demutsleiter zu begehen. Allerdings ging auch ihr Weg, wie aus ihrem Werk gut ersichtlich ist, nicht im mer aufwärts. Benedikt selbst schreibt vom Auf- und Abstieg auf dieser Leiter und Abt «Der Weg ist eng» – auch hinauf zum Georg Holzherr erklärt: «Die Stufen zum Kloster Sacro Speco (heilige Felsspalte) hohen Ziel sind nicht im Sinn eines chrono in Subiaco (Foto: Verena Huber-Halter). logischen Nacheinanders zu verstehen.» 7
JAHRESTHEMA «Der Weg des Heils kann am Anfang nicht anders sein als eng». (Vw 48) Es ist genau diese Art von Demut, zu der uns die benediktinische Leiter führen will. Silja Walter beschreibt dies in «Lea hat mir alles gesagt»: «Die Klausur, wie wir sie erfahren, verändert den Menschen zu sich selber, richtig gesagt: von sich weg in die Wirklich keit hinein, der er gehört.» Das ist eine Ent wicklung, die in dem Moment beginnt, in dem wir bereit werden, uns in aller Offen heit und Ehrlichkeit unserer eigenen Wirk lichkeit zu stellen. Der Jesuit und Psychologe Franco Imoda stellt in seinem Buch «Human Develop- ment» fest, dass religiöse Entwicklung menschliche Entwicklung voraussetzt. Er be schreibt dies als Prozess, der Zeit benötigt und oft auch eine Dimension von Spannung und Leiden mit sich bringt. Imoda betont den Mut, der nötig ist, um sich den Schwie rigkeiten zu stellen, wenn man sich für das Leben im Jetzt entscheidet und Hindernisse aus der Vergangenheit überwinden muss, um eine Zukunft aufzubauen, die nicht vor Die Vision des hl. Benedikt als Seiten hersehbar ist. Thomas Keating erklärt dies in altargemälde in der Fahrer Klosterkirche seinem Buch «Das kontemplative Gebet»: (Foto: Verena Huber-Halter). «Wir bringen ein fertig gepacktes Paket von Wertvorstellungen und vorgefassten Ideen «Durch Gottes Gnade bin ich, mit, die neu ausgerichtet werden müssen, was ich bin». (Vw 31) wenn sie unsere spirituelle Reise nicht be Die Psychologin Dr. Pelin Kesebir definiert hindern oder in Richtung Pharisäertum Demut folgendermassen: Demut folgender lenken sollen – das grosse Berufsrisiko aller massen: Demut umfasst die Bereitschaft, die religiösen und spirituellen Menschen.» Grenzen des eigenen Selbst anzunehmen und sich seiner eigenen Bedeutung in Welt «Heute, wenn ihr seine Stimme hört, geschichte und Universum bewusst zu sein. verhärtet eure Herzen nicht!» (Vw 10) Dies bedeutet jedoch keinesfalls, dass ein Wenn ein Mensch sich selber annimmt, wie demütiger Mensch sich selbst verunglimpft er ist, um wie viel wichtiger ist es dann, dass und minderwertig fühlt. Kesebir stellt fest, die Gemeinschaft, zu der er gehört, ihm dass das grosse Gewicht, das heutzutage dies auch zugesteht? Benedikt legt daher dem Selbstwertgefühl beigemessen wird, grossen Wert darauf, die Eigenart der ein dazu führt, dass man sich in einem zu positi zelnen Mönche zu respektieren. Wie Micha ven Licht sieht und sich selbst, andere und ela Puzicha, Leiterin des Instituts für Bene die Welt nicht objektiv wahrnehmen kann. diktinische Studien in Salzburg, anlässlich Dies, so Kesebir weiter, ruft «einen Zoo von eines Vortrages im Kloster Engelberg einmal Selbstverteidigungs-Mechanismen» hervor, erklärte, ist dieses Anliegen Benedikts über der viel menschliches Leid verursacht. all in der Regel zu finden. Sie verwies auf 8
JAW HRAE LSLTFH AEHM RAT Mit der unsagbaren Freude der Liebe eilt er voran auf dem Weg der Gebote Gottes. (Vw 49) Als Voraussetzung für die Wertschätzung des Einzelnen durch die Gemeinschaft gilt natürlich, dass jeder seine eigene Lebens- und Selbstkompetenz selbständig trägt. D er Ordensgründer erwartet also von seinen Ordensleuten eine gewisse menschliche Reife oder zumindest das Bemühen, sich in diese Richtung zu entwickeln, wie Michaela Puzicha betonte. Auch wenn auf der benediktinischen Leiter ein Auf und Ab die Regel ist, kommt man unweigerlich der eigenen Mitte und damit Gott näher, was Erfahrungen ermög licht, wie Silja Walter sie in ihrem Gedicht «Voll singenden Feuers» beschreibt: Und Gomer geht summend hinauf in die Küche die Minze zu sieden nichts weiter. Doch alle Schöpfung ihr Herz und die Küche Schwester Hedwig Silja Walter bezeugt das sind voll singenden Geheimnis des Lebens auch in ihrem künst- Feuers. lerischen Lebenswerk (Foto: Liliane Géraud). (Aus dem Gedicht «Voll singenden Feuers») das Kapitel über den Abt: «Er (der Abt) muss Bevor ihr mich anruft, werde ich wissen, welch schwierige und mühevolle sagen: Hier bin ich. (Vw 18) Aufgabe er auf sich nimmt: Menschen zu Unsagbare Freude, wie Benedikt in seinem führen und der Eigenart vieler zu dienen. Vorwort voraussieht, ist also die Frucht be Muss er doch dem einen mit gewinnenden, nediktinischer Demut. Die Stille der Klausur, dem anderen mit tadelnden, dem dritten der Rhythmus des Klostertages und der ge mit überzeugenden Worten begegnen. genseitige Gehorsam befreien in das Leben Nach der Eigenart und Fassungskraft jedes in Fülle, wie es Silja Walter in «Benedikt und einzelnen soll er sich auf alle einstellen und der Mut der Mönche» beschreibt: auf sie eingehen». Diese Weisung ist gemäss «Und nachdem das bestätigt war, dass Michaela Puzicha eine der grossen Ausnah das einfache Leben der Benediktinerinnen men in der monastischen Tradition, sie ist im Fahr, das so ganz ohne Erlebnisse, so nur in der Regel Benedikts zu finden. ganz ohne Geheimnisse, so ganz ohne Wun Auch im Kapitel 64 geht Benedikt noch der ist, das geheimnisvollste Leben, das einmal auf dieses Thema ein, indem er vom wunderbarste Leben ja DAS LEBEN ist, der Abt «discretio» fordert, nämlich die umsich Armut aus Gehorchen und Schweigen we tige Einschätzung der Fähigkeiten einzelner, gen, in der der allmächtige Gott seine Woh damit: «die Starken finden, wonach sie ver nung nimmt.» langen und die Schwachen nicht davonlau Verena Huber-Halter fen.» 9
WALLFAHRT Wallfahrtstage grosser Pilgergruppen 2018 Alle Gottesdienste finden jeweils in der Klosterkirche statt (ausser GK = Gnadenkapelle) Oktober So, 07.10.2018 Rosenkranz-Sühnekreuzzug 11.00 Uhr Pontifikalamt 14.30 Uhr Andacht So, 14.10.2018 34. Spanisch sprechende Wallfahrt 12.15 Uhr Eucharistiefeier So, 14.10.2018 Priesterbruderschaft St. Petrus 14.00 Uhr Eucharistiefeier i.a.R. Sa, 20.10.2018 Urner Landeswallfahrt 14.00 Uhr Eucharistiefeier So, 28.10.2018 Indisch-katholische Christen 14.30 Uhr Eucharistiefeier aus der ganzen Schweiz November Sa, 03.11.2018 Kath. Landvolk, Stuttgart (D) 10.30 Uhr Andacht Dezember So, 02.12.2018 Freundeskreis Hans Urs von Balthasar 09.30 Uhr Konventamt Rosenkranzsonntag in Einsiedeln Der Rosenkranzsonntag ist der letzte grosse Pil gertag der Wallfahrtssai son. Mit einem festlichen Pontifikalamt und einer feierlichen Pontifikalves per mit anschliessender Eucharistischer Prozes sion wird ein Wort des heiligen Papstes Johan nes Paul II. konkret erleb bar: «Den Rosenkranz be ten heisst nichts anderes, als zusammen mit Maria das Antlitz Christi zu be trachten.» 09.30 Uhr Feierliches Pontifikalamt, mitgestaltet vom Stiftschor 16.30 Uhr Feierliche Pontifikalvesper mit Eucharistischer Prozession 10
WALLFAHRT Der Wallfahrtspater lädt ein Ein Gott der Lebenden Mit dem Rosenkranzsonntag am 7. Oktober und dem Meinradssonntag am 14. Oktober (siehe «liturgischer Kalender» auf Seite 12) endet die diesjährige Wallfahrtssaison. Drei besondere Tage erinnern in der Folge auch an die Endlichkeit unseres eigenen Lebens, beziehungsweise an unsere christliche Hoffnung auf dessen Vollendung in Gott. Während die Kirche am 1. November das Hochfest Allerheiligen feiert, gedenkt sie am darauffolgenden Tag jener Verstorbe nen, deren Vollendung noch aussteht. Im Kloster Einsiedeln wird darüber hinaus noch ein weiteres Mal der Verstorbenen gedacht: am 23. Oktober. Aller Äbte Jahrzeit Unter Abt Burkhard von Krenkingen-Weis Die Gruft unter dem Boden der Kloster senburg (Abt von Einsiedeln 1418–1438) ist kirche (Foto: Jean-Marie Duvoisin) erstmals diese gemeinsame Jahrzeit für alle Äbte, Mönche, Nonnen und Wohltäter be wegs sind. Das festliche Pontifikalamt wird zeugt. In unseren Tagen wird aber auch für am 1. November vom Stiftschor musikalisch alle verstorbenen Pilger, Oblaten, Schüler, mitgestaltet und beginnt um 09.30 Uhr. Für Mitarbeitenden und aller, die mit dem Klos die übrigen Gottesdienste gilt die Feiertags ter verbunden waren, gebetet. Sie alle ver ordnung. trauen wir Gottes barmherziger Liebe an. Das feierliche Pontifikalrequiem beginnt Gedächtnis Allerseelen am 23. Oktober um 11.15 Uhr in der Kloster Am 2. November begeht die Kirche den Ge kirche und schliesst mit dem sogenannten dächtnistag Allerseelen. Das Gebet für die «Libera» über der Gruft des Klosters. Das Verstorbenen gehört seit Beginn zur christ Requiem ist ein eindrücklicher Gottesdienst, lichen Glaubenspraxis. Das christliche Toten zu dem die Klostergemeinschaft herzlich gedenken ist von der österlichen Hoffnung einlädt. geprägt: Der Mensch hat eine Zukunft in Gott. Im feierlichen Konventamt um 11.15 Hochfest Allerheiligen Uhr mit anschliessendem Gebet über der Die Heiligen sind Zeugen für die Kraft Got Gruft beten wir für alle Verstorbenen im tes und für den Sieg des Auferstandenen, Vertrauen auf das Wort Jesu: «Gott ist doch der in seiner Kirche lebt und wirkt. Die Hei kein Gott von Toten, sondern von Lebenden; ligen sind Fürsprecher und Wegweiser auf denn für ihn leben sie alle» (Lukas 20,38). das Ziel hin, zu dem wir selber noch unter Beten Sie mit uns! Pater Philipp Steiner 11
WALLFAHRT Liturgischer Kalender für den Oktober 1. Mo Hl. Theresia vom Kinde Jesus 23. Di Jahresgedächtnis für alle (†1897) Äbte, Mönche, Nonnen und Ordensfrau, Kirchenlehrerin Wohltäter 11.15 Feierliches Konventamt 4. Do Hl. Franz von Assisi († 1226) Ordensgründer 28. So 30. Sonntag im Jahreskreis 09.30 Feierliches Konventamt 7. So 27. Sonntag im Jahreskreis 16.30 Feierliche Vesper Rosenkranzsonntag 09.30 Feierliches Pontifikalamt 31. Mi Fest hl. Wolfgang 16.30 Feierliche Pontifikalvesper Mönch von Einsiedeln, Eucharistische Aussetzung Bischof von Regensburg Prozession 11.15 Feierliches Konventamt 13. Sa Einsiedler Gebetstag für geistliche Berufe 13.15– Eucharistische Anbetung 16.00 in der Unterkirche 14. So 28. Sonntag im Jahreskreis Äussere Feier der Übertra- gung der Reliquien des heiligen Meinrad 09.30 Feierliches Konventamt 16.30 Feierliche Vesper Prozession mit dem Haupt des heiligen Meinrad 15. Mo Hl. Theresia von Jesus († 1582) Ordensfrau, Kirchenlehrerin 16. Di Hl. Gallus († 7.Jh.) Gebetsmeinungen Mönch, Einsiedler, Glaubensbote Weltkirche Evangelisation: Die Sendung der 17. Mi Hl. Ignatius von Antiochien Ordensleute († 117) Dass sich die Ordensleute wirksam für Märtyrer Arme und Ausgegrenzte einbringen. Kirche Schweiz 18. Do Fest hl. Lukas, Evangelist Wir danken Gott für die Botschaft seiner 11.15 Feierliches Konventamt grenzenlosen Liebe. Wir beten für alle, die sich weltweit für Menschen in Not 21. So 29. Sonntag im Jahreskreis einsetzen und damit das Evangelium der Missionssonntag Liebe Gottes verkünden. 09.30 Feierliches Konvent 16.30 Feierliche Vesper 12
WALLFAHRT Liturgischer Kalender für den November 1. Do Hochfest Allerheiligen 22. Do Hl.Cäcilia († 230) 09.30 Feierliches Pontifikalamt Jungfrau, Märtyrin 16.30 Feierliche Pontifikalvesper 24. Sa Hl. Kolumban († 615) 2. Fr Allerseelen Abt, Glaubensbote 11.15 Feierliches Konventamt 16.30 Vesper 25. So Hochfest Christkönigssonntag 4. So 31. Sonntag im Jahrskreis (34. Sonntag im Jahreskreis) 09.30 Feierliches Konventamt 09.30 Feierliches Konventamt 16.30 Feierliche Vesper 16.30 Feierliche Vesper 9. Fr Fest 30. Fr Fest Apostel Andreas Weihe der Lateranbasilika 11.15 Feierliches Konventamt 1 1.15 Feierliches Konventamt 10. Sa Leo der Grosse († 461) Papst 11. So Hochfest Hl. Martin von Tours († 397) Bischof, Patron des Kt. Schwyz 09.30 Feierliches Konventamt 16.30 Feierliche Vesper 13. Di Einsiedler Gebetstag für geistliche Berufe 13.00- Anbetung in der Unterkirche 16.00 Feierliche Vesper Gebetsmeinungen Weltkirche 16. Fr Hl. Othmar († 759) Universal: Im Dienst des Friedens Gründerabt von St. Gallen Dass die Sprache des Herzens und der Dialog stets Vorrang haben vor 17. Sa Getrud die Grosse (†1302) Waffengewalt. Ordensfrau, Mystikerin Kirche Schweiz Wir danken Gott, dass er den Tod für 18. So 33. Sonntag im Jahreskreis immer verschlungen hat und die Tränen 09.30 Feierliches Konventamt von jedem Gesicht abwischen wird. Wir 16.30 Feierliche Vesper beten für unsere Verstorbenen und für alle, die um einen lieben Verstorbenen 21. Mi Unsere Liebe Frau von trauern. Jerusalem 13
WALLFAHRT Wallfahrtsinformationen Seelsorge Öffnungszeiten Beichtzeiten Kirchenpforte Sonn- und Feiertage: Montag bis Samstag: 08.30 – 09.15 / 10.45 –11.00 / 08.30 –11.00 / 13.30 –16.15 / 17.00 –18.15 Uhr 15.00 –16.00 / 17.00 –18.00 Uhr Sonn- und Feiertage: Montag bis Samstag: 08.30 – 09.15 / 10.30 –11.45 / 13.30 –16.15 / 10.00 –11.00 / 15.00 –16.00 / 17.15 –18.15 Uhr 17.00 –18.00 Uhr Wallfahrtsbüro Sie erreichen uns telefonisch von Das «Goldene Ohr» Montag bis Freitag das.goldene.ohr@kloster-einsiedeln.ch 09.00 –11.00 / 13.30 –17.30 Uhr November bis Februar sowie während der Sommerferien: Klosterkirche 09.00 –11.00 Uhr Ostern bis Allerheiligen: Telefon: +41 (0)55 418 62 70 6.00 – 21.00 Uhr Fax: +41 (0)55 418 62 69 Allerheiligen bis Ostern: wallfahrt@kloster-einsiedeln.ch 6.00 – 20.30 Uhr www.wallfahrt-einsiedeln.ch Klosterladen Segnung von Andachtsgegenständen Sonn- und Feiertage: 10.45–16.30 Uhr Montag–Freitag: 10.00 –12.00 Uhr / Montag bis Samstag: 13.30 –17.30 Uhr 12.00 / 14.55 / 16.15 / 17.00 Uhr Samstags: 10.00 –16.30 Uhr Sonn- und Feiertage: Telefon: 055 418 64 71 10.45 / 12.00 / 14.55 / 16.15 / 17.00 Uhr www.klosterladen-einsiedeln.ch Gottesdienste in der Klosterkirche Sonn- und Feiertage Werktage 17.30 Uhr Vorabendmesse (Hauptaltar) 06.15 Uhr Kapellmesse (Gnadenkapelle) 07.15 Uhr Laudes 07.15 Uhr Laudes 08.00 Uhr Kapellmesse (Gnadenkapelle) 09.30 Uhr Konventmesse (Hauptaltar) 09.30 Uhr Kapellmesse (Gnadenkapelle) 11.15 Uhr Konventmesse (Hauptaltar) 11.00 Uhr Pilgermesse (Hauptaltar) 12.05 Uhr Mittagsgebet 16.30 Uhr Vesper/Salve Regina 16.30 Uhr Vesper/Salve Regina 17.30 Uhr Kapellmesse (Gnadenkapelle) 17.30 Uhr Kapellmesse (Gnadenkapelle) 20.00 Uhr Komplet 20.00 Uhr Komplet 14
WALLFAHRT Liturgisches Grundwissen Messgewand Am Anfang, in der Antike, stand der Regenmantel, ein radartig geschnittener Überwurf, den ein fache Menschen als Wetterschutz trugen. Dann wurde er auch in höheren Kreisen beliebt. Seit dem 4. Jahrhundert galt er als festliches Kleidungsstück. Des halb wurde er Teil der liturgi schen Kleidung des Klerus. Den Charakter als glockenartiger Mantel mit einem Schlitz für den Kopf blieb bis ins Mittelalter er halten. Er fiel wie ein Umhang mit vielen Falten über Arme und Körper. Als im Laufe des Mittelalters schwerere Stoffe aufkamen, än Pater Kolumban als Zelebrant in einem Messge- derte man den Schnitt: Für die wand aus der Fahrer Paramentenwerkstatt. Feier der Messe brauchte der Priester Armfreiheit. Der schwere Stoff war hinderlich. Man kürzte Schritt für Schritt die Seiten des Mantels, bis im Barock nur noch der Ausschnitt für die Arme blieb. Auch die Länge des Mantels passte man an. Brust- und Rückenseite waren indes auch durch reiche Verzierung noch fester geworden. Das barocke Messgewand sah aus wie eine Bassgeige und wird deshalb auch so genannt. Als am Ende des 19. Jahrhunderts Romanik und Gotik ein Revival erlebten, kamen erneut weite Kaseln in Gebrauch. Heute gilt, dass ein gutes Messgewand die Bewe gungen des Priesters unterstützen muss, also einen funktionsgerechten Schritt braucht. Sein mantelartiger Charakter wird vor allem durch die Fülle und die Qualität des Stoffes unterstrichen. (Quelle: Gunda Büske / Josef-Anton Willa (Hg.), Im Namen ... Amen. Liturgie in Stichworten. Paulus verlag, Freiburg Schweiz, 2012 Mit freundlicher Genehmigung des Liturgischen Institutes der deutschsprachigen Schweiz, Fribourg, www.liturgie.ch 15
WALLFAHRT Dritte Familienwallfahrt im Kloster Einsiedeln Segen für die Kinder zum Schuleintritt Am Sonntag, 12. August 2018, führte das Kloster Einsiedeln zum dritten Mal eine Fa milienwallfahrt durch. 13 Familien trafen sich um 11.00 Uhr zur gemeinsamen Eucha ristiefeier mit Abt Urban. Zur musikalischen Mitgestaltung konnte auch dieses Jahr wie der eine kleine Jugendgruppe gebildet wer den, die sich während des Wochenendes in den Räumen des Internates und der Schule darauf vorbereitete. Bis nach der Predigt waren die Kleinsten derweil mit verschiede nen Spielen beschäftigt. Danach allerdings Sie hat bereits lesen gelernt (Foto: Jean-Marie hielten auch sie Einzug mitten in die Gottes Duvoisin). dienstversammlung, um beim Hauptteil der Eucharistiefeier dabei sein zu können. Jahr keinen Referenten für ein Impuls-Refe Im Anschluss an den Gottesdienst blieb rat ein. Dafür gab unser Pater Jean-Sébasti genug Zeit für das gemeinsame Mittagessen en einen Einblick in sein künstlerisches und zu Spiel und Bewegung im grossen Stu Schaffen und betrachtete mit den Eltern das dentenhof bei schönstem Sonnenschein. eine oder andere Bild. Die regelmässigen Im Nachmittagsprogramm gab es für die Leserinnen und Leser dieser Zeitschrift wer Kinder und Jugendlichen nebst Bewährtem den in etwa ahnen können, welche Kost den wie die Pferde im Marstall, die Spurensuche Eltern hier geboten wurde, die auch da und im Kloster mit Pater Philipp oder Spiel und dort einen tiefen Eindruck und Dankbarkeit Spass mit Pater Cyrill, dieses Jahr auch ein hinterliess. neues Angebot: Unser Stiftsorganist Pater Der anschliessende Kaffee bot den Fami Theo bot die Gelegenheit, die Einsiedler Or lien nochmals die Möglichkeit zu gegensei geln zu entdecken. Da durfte man auch sel tigem Austausch, während die Kinder und ber mal in die Tasten greifen oder in das Jugendlichen mit einer Glacé beschenkt riesige Instrument reinschauen, während wurden, welche man beim heissen Wetter der Organist spielte. Die Kleinsten konnten offensichtlich gerne annahm. sich unter guter Betreuung dreier Frauen Die Wallfahrt fand ihren bewährten Ab wieder ihren Spielen widmen, so dass die schluss in einer kurzen Andacht in der Gna Eltern aufmerksam den Ausführungen des denkapelle mit Pater Philipp bei der Einsied Referenten folgen konnten. ler Muttergottes. So wurden die Familien Da im vergangenen Jahr von verschiede mit dem Segen Gottes wieder nach Hause ner Seite der Wunsch geäussert worden war, entlassen. Einen besonderen Segen galt man würde doch gerne noch etwas mehr nicht zuletzt den Kindern, die Tags darauf vom Kloster selber an einem solchen Wall ihren ersten Schultag hatten. fahrtstag mitbekommen, luden wir dieses Pater Daniel Emmenegger 16
Haben Sie gewusst, dass ... …manchmal etwas unerhört sein kann, ohne dass überhaupt etwas passiert? Jemand hat eine Bitte ausgesprochen, der Adressat reagiert überhaupt nicht darauf, der Bittende bleibt uner hört. Das Leben und die Literatur kennen auch unerhörte Liebhaber; schmachtende Sehn sucht, feurige Liebesbekenntnisse eines Verliebten laufen ins Leere, sie finden kein Gehör bei der Angebeteten. Für religiöse Menschen werden unerhörte Gebete oft zu einer quälenden Frage, die zu Zweifeln an der Existenz oder der Güte Gottes führen können. Glücklicherweise aber ist das Unerhörte meistens nicht eine ausbleibende Antwort auf eine Sehnsucht oder Bitte. «Unerhört» ist im Gegenteil etwas, was über das Erwartete, Erhoffte oder Bekannte hinausgeht. Da rast einer mit unerhörter Geschwindigkeit dahin, einer ver spielt oder gewinnt eine unerhörte Summe im Kasino, das im Gegensatz zu seiner italienischen Bedeutung nicht ein kleines Haus oder ein anmutiges Landhaus ist. Und dass es auch möglich ist, ohne unerhörte Anstrengungen, sondern nur durch geschickte Absprachen unerhörte Gewinn zu machen, haben uns ja Baufirmen im Unterengadin demonstriert. (Foto: Thierry Bösiger/Imagepoint). Der lateinische Dichter Horaz (65–8 v. Chr.) war ein erklärter Gegner alles unerhört Grossen, Mächtigen, Überdimensionierten. Er preist als ideale Lebensweise in bildhafter Sprache die «Mitte»: Strebe nicht nach einem Palast, um den man dich beneidet, aber sei auch nicht mit einer schmutzigen Hütte zufrieden, fahre nicht auf das stürmische Meer hinaus, aber bleibe auch nicht ängstlich am Ufer kleben. Dem Unglück stelle dich herzhaft und stark entgegen, vor dem unerhörten Glück, das dir winkt, zieh aber das Segel ein, stürze dich nicht hinein. Religiösen Ausdruck gibt dieser Haltung Eduard Mörike (1804–1875) «Herr! schicke, was du willt,/ ein Liebes oder Leides; / Ich bin vergnügt, dass beides / aus deinen Händen quillt. Wollest mit Freuden / und wollest mit Leiden / mich nicht überschütten! / Doch in der Mitten / liegt hol des Bescheiden.» Pater Alois Kurmann 17
KLOSTER EINSIEDELN In Memoriam Bruder Suso (1932 – 2018) Am Sarg eines Menschen zu sein, der uns viel bedeutet hat – das ist eine grosse Herausfor derung. Das geht uns zu Herzen. Wir haben unser Alltagsgeschäft verlassen, um uns hier zu versammeln. Und hier in der Klosterkirche vor dem offenen Sarg werden wir aus aller Oberflächlichkeit herausgerüttelt. Wir sind mit dem konfrontiert, was allein todsicher ist in unserem Leben. Es läuft nicht einfach so weiter wie immer. Das gilt für uns alle. Es ist nur eine Frage der Zeit. Wir werden konfron tiert mit Fragen von Leben und Tod. Der christliche Beerdigungsgottesdienst bringt unsere alltäglichen Vorstellungen ganz gehörig durcheinander. Hier begegnen wir nicht der Logik, die uns allen vertraut ist. Hier begegnen wir einer umgekehrten Logik. Wir stellen uns der Wirklichkeit des Todes – ohne sie zu verdecken. Aber wir bedauern Bruder Suso Jöhl (Foto: zvg). nicht, dass das Leben von Bruder Suso jetzt vorbei ist. Wir trösten uns nicht mit dem Hin unser Glaube prägt unser ganzes Leben. weis, dass wir ihn nicht vergessen werden Oder vielleicht doch nicht? Sind wir nicht im und er so unsterblich bleibt. Das wäre tat mer wieder in der Versuchung, der Logik zu sächlich ein schwacher Trost. Dann wären die folgen, die einfach grad in der Luft liegt? meisten Verstorbenen in kurzer Zeit einfach Von einer umgekehrten Logik spricht verschwunden. Nein, hier geht es um viel Jesus im Evangelium in aller Deutlichkeit. Er mehr. Dieser Gottesdienst ist Verkündigung spricht von den Machtverhältnissen in der unseres Glaubens. Der Tod von Bruder Suso Welt. Und dann dieses so klare Wort: «Bei ist nicht das Ende seines Lebens, sondern sei euch aber soll es nicht so sein!» Immer wieder ne Vollendung. Der Tod ist die Heimkehr in wird dieses Wort in der Kirche vorgelesen, die volle Gemeinschaft mit dem Gott, der aber oft machen wir es durch unser Leben Bruder Suso das Leben geschenkt hat. Wir leider nicht wahr. Wie oft gleicht die Macht glauben, dass Gott uns das Leben in Fülle in der Kirche der Macht in der Welt! Nicht schenken will – für immer und ewig. Der Tod von ungefähr sprechen wir auch in der K irche ist nicht ein Bruch im Leben, sondern ein von Karriere, von Machthabern, von Kirchen Wandel. So wird Abt Urban zu Beginn des fürsten, von Oberen. So werden wir auch von grossen eucharistischen Gebetes singen: vielen Menschen draussen wahrgenommen. «Denn deinen Gläubigen, o Herr, wird das Und doch bleibt das wegweisende Wort Leben gewandelt, nicht genommen.» Dieser Jesu: «Bei euch aber soll es nicht so sein, son 18
KLOSTER EINSIEDELN dern wer bei euch gross sein will, der soll be grosse und kleine Dienste wahrnehmen. euer Diener sein, und wer bei euch der Erste Wir müssen unseren Glauben nicht verteidi sein will, soll der Sklave aller sein. Denn auch gen, wir dürfen ihn leben. der Menschensohn ist nicht gekommen, um Aus diesem Glauben bemühte sich Bru sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen der Suso, sein Leben als Getaufter und als und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für Mönch zu gestalten. «Nichts höher stellen viele.» Das gilt nicht nur für den Papst, die als Christus, der uns alle zum ewigen Leben Bischöfe, die Ordensoberen. Nein, das gilt führen möge.» So endet das Kapitel 72 der für alle Getauften. Das gilt für uns alle: im Mönchsregel des heiligen Benedikt, das Kloster, in der Familie, am Arbeitsplatz, in Lieblingskapitel von Bruder Suso. Wie wich der Begegnung mit Menschen wo auch im tig ihm dieses Kapitel war, das haben sehr mer. «Wer bei euch gross sein will, der soll viele Menschen hier im Kloster, in seiner Ver euer Diener sein, und wer bei euch der Erste wandtschaft, in seinem grossen Bekannten sein will, soll der Sklave aller sein.» Diesen kreis, an der Kirchenpforte und bei zufäl Weg ist Jesus gegangen – den dürfen in sei ligen Begegnungen erfahren dürfen. So ner Nachfolge auch wir wagen. Dann ge muss man nicht überrascht sein, wenn zu winnt unser Leben eine ganz neue Qualität. dieser Beerdigung auch Menschen aus ande Dann werden wir nicht mehr verkrampft ren Religionsgemeinschaften gekommen suchen, unsere Pflichten zu erfüllen. Uns sind. Diese Glaubenshaltung versuchte Bru wird in aller Treue eine Gelassenheit ge der Suso zu leben und durch sein Beispiel schenkt, die uns frei macht und selbst bei auch anderen unaufdringlich ans Herz zu grössten Schwierigkeiten den Humor nicht legen. Die Welt schreit nach Menschen, die verlieren lässt. Wir müssen nicht an allem von einer Hoffnung erfüllt sind, die durch festhalten in der Angst, etwas zu verpassen. alles trägt. Solche Menschen tun gut. Wir können mit derselben Liebe und Hinga Pater Martin Werlen Lebenslauf Am 4. November 1932 wurde den Eltern Alois und Maria Jöhl geb. Weiss ein gesunder Knabe geschenkt, den sie zwei Tage später in der Pfarrkirche zu Abtwil im Kanton Sankt Gallen auf den Namen Karl taufen liessen. Karl war das zweitälteste von insgesamt zehn Kindern. Seine Kinder- und Jugendzeit verbrachte Karl in Abtwil. 1941 empfing er seine erste heilige Kommunion und noch im selben Jahr das Sakrament der Firmung. Schon als Primarschüler war Karl in den Ferien auf verschiedenen landwirtschaftlichen Betrieben tätig, was dann nach seiner Schulzeit eine entsprechende Fortsetzung fand. In den Arbeitszeugnissen, die Karl von den einzelnen Landwirten, auf deren Betrieben er gear beitet hatte, erhielt, fällt besonders eines auf: Überall wird Karls Liebe zu den Tieren und die gute Behandlung, die er ihnen zukommen liess, hervorgehoben. Wer gesehen hat, wie sehr sich Bruder Suso zuletzt an den jungen Enten in unserem Fratergarten freuen konnte, kann sich ungefähr ein Bild von dieser Liebe zu den Tieren machen. Am 12. Mai 1958 trat Karl Jöhl nach anfänglichem Zögern ins Kloster Einsiedeln ein. Der Abtwiler Pfarrer Paul Stadler bedauerte, dass der 25-jährige schon so alt sei, denn er hätte in ihm einen fähigen Priesteramtskandidaten gesehen. Nach einem Jahr Noviziat legte Karl am 8. Dezember 1959 seine Einfache Profess ab, bei der er den Namen des sel. Heinrich Seuse erhielt. In den etwas mehr als sechs Jahren bis zur Feierlichen Profess im Januar 1966 wurde für Bruder Suso eine Konsequenz des Kloster 19
KLOSTER EINSIEDELN eintritts besonders spürbar: Die Trennung von der Familie, die nicht nur für ihn selber, sondern auch für seine Familie, besonders für die Eltern, schmerzhaft war. Spürbar wurde das insbesondere dadurch, dass Bruder Suso während dieser Zeit nie nach Hause zu seinen Angehörigen gehen konnte. So zumindest lautete die Regel. Vielleicht ist es bezeichnend, dass Bruder Suso sich auf die heilige Scholastika, die Schwester unseres Ordensvaters Be nedikt berief, wenn er den Verantwortlichen im Kloster den Gedanken nahelegte, in ge wissen Abständen einen Besuch zu ermöglichen. So schrieb er: «Es gäbe doch gewiss manch freudiges Herz, wenn man so circa jedes zweite Jahr zu den Angehörigen könnte. Dadurch würde ihnen ohne Zweifel das Kreuz erleichtert. Gab doch Gott der heiligen Scholastika durch ein Wunder Zeit, dass sie länger bei ihrem Bruder weilen konnte.» Und tatsächlich bewirkte Gott auch für Bruder Suso ein ähnliches «Wunder»: Auf die an Abt Raimund Tschudy gerichtete Bitte seiner Schwester Ida hin durfte Bruder Suso an deren Hochzeit teilnehmen. Begründet wurde diese Ausnahme von der Regel mit dem Umstand, dass der Bräutigam ebenfalls einen Bruder im Kloster habe. Im Kloster arbeitete Bruder Suso während sieben Jahren vor allem im Garten und dann von 1965 bis 1999 in der Klosterküche. Es war wohl ein Zugeständnis an seine Liebe zu den Tieren, wenn ihm im Kloster die Bienen anvertraut wurden. Diese Verantwortung nahm er bis vor wenigen Jahren wahr, und er sorgte auch dafür, dass seinen Mitbrüdern an hohen Festtagen das Frühstück mit Honig versüsst wurde. Während den fast vier Jahrzehnten in der Klosterküche kam Bruder Suso mit sehr vielen Menschen in Kontakt. Viele, deren Leben nicht gerade auf Rosen gebettet war, fanden bei Bruder Suso Trost. Seine Einfachheit und sein Humor wirkten gerade in schwierigen Situationen befreiend – auch im Kloster. Trost und Freude spendete Bruder Suso auch mit seinen vielen Gedichten, die er weitherum verschickte. Nach seinem Tod schrieb jemand: «Ich verliere in Bruder Suso einen langjährigen, treuen Begleiter. Er ist der erste christliche Mönch, dem ich begegnet bin, nach einer langen Lebensphase mit hinduistischen Mön chen.» Bis wenige Monate vor dem Tod war Bruder Suso in der F unktion des Klosterpfört ners auch noch für die vielen Menschen da, die täglich an unsere Kirchenpforte klopfen. Dass Bruder Suso die «gewöhnlichen Dinge gut tut» und seine Berufung täglich «mit grösster Selbstverständlichkeit» lebt, dies waren wohl entscheidende Gründe, die im Jahr 2002 den damaligen Abt Martin Werlen dazu bewogen, Bruder Suso das Amt des S ubpriors zu übertragen. Dieses Amt bekleidete Bruder Suso bis zum Jahr 2008. Damit geht er in besonderer Weise in die jüngere Geschichte unseres Klosters ein: Er, ein Bruder und damit Nichtpriester, hatte das Amt eines Oberen inne. Wenn wir das zusammennehmen: Die vielen Menschen, die Bruder Suso begleitete und das Amt des Oberen im Kloster, so kann man nicht leugnen, dass Bruder Suso de facto ein Seelsorger war. Vielleicht hatte der Abtwiler Pfarrer es gar nicht so falsch g esehen, wenn er im 25-jährigen Karl einen fähigen Priesteramtskandidaten gesehen hat. Etwa eine Stunde vor seinem Tod sprach Bruder Suso ein letztes Wort. Mir scheint es Ausdruck einer gelebten Haltung zu sein. Und vielleicht dürfen wir dieses Wort sozusagen als sein Vermächtnis mit auf den Weg nehmen und uns auch unsererseits in dieser Haltung üben. Das Wort lautete ganz schlicht: «Danke!» Danke für einen Schluck Wasser. Pater Daniel Emmenegger «Muttergottes mit Jesuskind» auf einem Messgewand aus der Grossen Sakristei des Klosters Einsiedeln (Foto: Bruder Gerold Zenoni) 20
KLOSTER EINSIEDELN Pater Lukas Helg – 42 Jahre im Dienst der klösterlichen Kirchenmusik Ein Bauernbub als Einsiedler Stiftskapellmeister Gerne betont Pater Lukas Helg, er sei halt ein Bauernbub. Ob er mit diesem Hin- weis sein manchmal schon fast lausbubenhaftes Benehmen beschreiben möchte? Seine musikalischen Fähigkeiten kann er jedenfalls nicht meinen, wenn es um seine Herkunft geht: Dafür war er von der Familie her gleichsam prädestiniert. Zudem bedeutet Bauernbub zu sein für mich: bodenständig, gesund. Tatsächlich wurde für das musikalische Wirken von Pater Lukas in seiner Familie im Toggenburg und später im Kloster ein guter Boden gelegt. Natürlich stimmt es: Pater Lukas ist ein Bau ten hat Pater Lukas aber längerfristig an- ernbub. Das heisst aber in keiner Weise, er gelegte Änderungen in der Einsiedler Kir hätte damit nicht gute Voraussetzungen ge chenmusik vorgenommen, die nachhaltig habt, um die Musik zu einem seiner Lebens sind. Erinnern möchte ich dabei nur an die inhalte zu machen. Viel wurde in seiner Veränderung des Stiftschors von einem Kindheit zu Hause gesungen und musiziert. Schulchor zu einem Kirchenchor der ge So ist Pater Lukas nicht der einzige unter sei sangsbegeisterten Frauen und Männer aus nen Geschwistern, die ihre musikalischen der Region. Talente ausgelebt haben und es noch tun. Bezeichnend für ihn ist einzig sein Weg zur Persönliche Förderung Kirchenmusik. Dazu verholfen hat ihm unse Als Pater Lukas seine Aufgabe als Stiftska re klösterliche Liturgie. Und die Stadt Salz pellmeister des Klosters übernahm, war ich burg. acht Jahre alt. Meine Stimme war noch un gebrochen und so hoch, dass ich höher als Vom Schul- zum Kirchenchor die anderen in meiner Klasse singen konnte. Viele wissen um die Liebe des Toggenbur Darum wurde ich vom Radio eingeladen. gers zu Salzburg. In den Jahren 1971 bis 1975 saugte er dort die Kirchenmusik gleichsam auf. Schliesslich wurde er 1976 Kapellmeister unseres Klosters und konnte seitdem Gene rationen von Schülerinnen, Schülern, Mit brüdern, Chormitgliedern und Orchesterbe geisterten diese seine Liebe weitergeben. Mit einer Amtszeit von 42 Jahren hat er in der Ausdauer alle seine Vorgänger in unse rer langen Tradition übertroffen und so dem musikalischen Leben in Einsiedeln sei nen Stempel aufgedrückt. Seine Herkunft Pater Lukas (rechts), Abt Urban und Lukas als Bauernbub mag manche seiner gefühl Meister zelebrieren die Stabsübergabe (Foto: vollen Reaktionen geprägt haben. Ansons Klaus Annen). 22
KLOSTER EINSIEDELN Am 9. September dirigierte Pater Lukas Helg zum letzten Mal «seinen» Stiftschor im Rahmen der Sonntagsmesse in St. Gerold (Foto: Pater Georg Liebich). Meine Rolle in einem Singspiel war jene des eine Chance gehabt hätte? Pater Lukas ver jungen David, der, begleitet von seiner Har setzte mich eines Tages in den 2. Tenor. Dort fe, den schwermütigen König Saul mit der durfte ich meine eigene Stimme entdecken. Musik erheitern und befreien sollte. Diese Pater Lukas konnte nicht ahnen, worauf er Rolle deute ich hier nicht nur davidisch, son mich damit vorbereitet hatte. dern auch lukanisch: Hat es nicht auch Pater Lukas immer wieder verstanden, beim Musi Es bleibt bei Lukas zieren andere zu erfreuen? Als ich später in Pater Lukas hat es nicht nur verdient, würdig die Stiftsschule eintrat, begegnete ich Pater verdankt, sondern noch mehr gut ersetzt zu Lukas nicht an der Harfe, sondern mit dem werden. Auch der neue Kapellmeister heisst Cello. Schüchtern, wie ich damals war, trat Lukas: Lukas Meister. Er ist der Wunschkan ich ins Orchester ein. Pater Lukas aber wuss didat von Pater Lukas als dessen Nachfolger. te mich zu fördern: Mit einem Kollegen zu Der andere Lukas ist zwar nicht Toggenbur sammen sass ich im Theatersaal der Schule ger, dafür Meister des Opern- und Konzert vor einem Publikum mässig interessierter dirigates, Musiker und Musikpädagoge. Schülerinnen und Schüler und spielte die Auch war er Generalmusikdirektor in 1. Stimme des Cello-Doppelkonzertes in Deutschland. Und Lukas Meister soll nicht g-Moll von Antonio Vivaldi – mit viel Vib- nur verwalten, sondern darf auch entfalten: rato, mehr romantisierend als in barocker In Kirche, Hof und Stiftsschule wird er unse Manier, aber mit der wichtigen Erfahrung, re reiche Musiktradition weiterentwickeln vor einer grossen Menge bestehen zu kön und in die Zukunft führen. Gerade an der nen. Und auch meine Stimme war verhalten Stiftsschule, wo Lukas Meister die musikali beim Singen. Mein Nachbar im Männerchor, schen Formationen leitet, soll er das musika Pater Roman Bannwart, sagte mir jeweils, er lische Leben weiter fördern. Projekte sind höre nichts von mir. Ob ich auch mit kräfti willkommen, die Nähe zum Kloster ist eine gerer Stimme neben seinem vollen Bariton grosse Chance. Und ein erstes Projekt ist be 23
KLOSTER EINSIEDELN reits unterwegs: Das Kloster schenkte eine sen Zeilen das Wirken von Pater Lukas – auch in den 1990er-Jahren von einem jüdischen im Namen meiner Klostergemeinschaft – Ehepaar erhaltene Instrumentensammlung verdanke: sein Engagement während 42 dem Jerusalem Music Center, der bedeu Jahren für den Stiftschor, für das Kloster, für tendsten Ausbildungsstädte für junge Musi die Stiftsschule – und für mich ganz persön kerinnen und Musiker in Israel. Im Septem lich. Pater Lukas setzt sich nun aber nicht ber wird nun Lukas Meister eine Masterclass einfach zur Ruhe. Er dirigiert weiter den israelischer Jungmusikerinnen und -musiker klösterlichen Männerchor und betreut unse an der Stiftsschule begleiten. Ich bin darum re international einzigartige Musikbiblio gespannt und freue mich auf unsere musika thek. Für diese ist Pater Lukas nicht nur ein lische Zukunft. wandelndes Lexikon, sondern auch als be geisternder Führer bekannt. Wer dies erle Der Dank ben möchte, warte gespannt auf eine für Damit knüpft der neue Lukas beim älteren 2019 in den Monaten Juni bis Oktober im an: Auch Pater Lukas Helg war lange Jahre Museum FRAM geplante Ausstellung. Unse Förderer der Kirchenmusik und gleichzeitig re Musikbibliothek wird dann lebendig er der musikalischen Talente junger Generatio zählt werden durch den allerorts bekannten nen. Eben: über Jahrzehnte hinweg! Ich und talentierten Toggenburger Bauernbub. habe darum allen Grund, wenn ich mit die Abt Urban Federer Pater Lukas Helg Rückblick auf 42 Jahre Kapellmeister Zur Stabsübergabe als Kapellmeister legt Pater Lukas Helg eine Art Rechenschafts bericht in Buchform vor. Die 64-seitige Schrift, die wir in «Salve» in Fortsetzung abdrucken, beschliesst der klösterliche Musikmeister augenzwinkernd mit einem «Ab- gesang, nach der Melodie vom Lied des Hans Stadinger «Auch ich war ein Jüngling mit lockigem Haar» aus Lortzings Oper ‹Der Waffenschmied› zu singen». Angesichts der Tatsache, dass Pater Lukas den Taktstock an einen weltlichen Nachfolger über- gibt, beginnt er seinen Rechenschaftsbericht mit einer nicht ganz unberechtigten Frage: Bin ich der Letzte? (1882) Kapellmeister und blieb es bis zu sei In der Festschrift «Congaudent angelorum nem Tod, hatte also eine Amtszeit von 38 chori» zum 80. Geburtstag unseres langjäh Jahren. Von seinen 21 Vorgängern waren rigen Choralmagisters P. Roman Bannwart nur vier länger als 10 Jahre im Amt. Den Re im Jahre 1999 habe ich einen 20-seitigen Ar kord hielt P. Clemens Hegglin (1828–1924) tikel zum Thema «Die Einsiedler Kapellmeis mit einer Amtszeit von 19 Jahren. Die restli ter seit 1800» geschrieben. In der Liste der chen 17 Vorgänger hatten dieses Amt im dort aufgeführten 27 Kapellmeister seit Maximum 5 Jahre inne. In den 30-er Jahren dem Jahr 1791 überragt betreffend der Län des 19. Jahrhunderts wurde fast in jedem ge der Amtszeit P. Basil Breitenbach (1855– Jahr ein neuer Kapellmeister ernannt. Wie 1920) alle übrigen. Er wurde mit 28 Jahren schaut es in dieser Beziehung bei den Nach- 24
KLOSTER EINSIEDELN Stiftschorprobe im alten Musiksaal 1964, Pater Lukas erste Reihe in der Mitte (Foto: zvg). folgern von P. Basil Breitenbach aus? P. Alois letzte Kapellmeister aus der Klostergemein Gyr (1884–1958) war Kapellmeister von 1920 schaft bin. bis 1931 (11 Jahre). Auf ihn folgte P. Otto Im Herbst 1976 übernahm ich einen Chor, Rehm (1887–1971), der von 1931 bis 1947 die in welchem neben meinen Mitbrüdern und ses Amt ausübte (16 Jahre). Dessen Nachfol einigen Schulkindern vom Dorf 19 Knaben ger war P. Oswald Jaeggi (1913–1963) mit mit ungebrochener Stimme der unteren drei einer Amtszeit von nur 2 Jahren (1947 bis Gymnasialklassen, 9 Mädchen und junge 1949). Dann übernahm P. Daniel Meier Damen aus verschiedenen Klassen und 11 (1921–2004) den Posten des Kapellmeisters Studenten mit gebrochener Stimme mitsan und blieb bis im Juli 1976 im Amt (26 Jahre). gen. Schliesslich wurde ich im Alter von 32 Jahren von Abt Georg Holzherr zum Einsiedler Vom Schüler- zum Erwachsenenchor Stiftskapellmeister ernannt. Dass ich rekord Am Ende des Schuljahrs 2017/18 werde ich verdächtige 42 Jahre auf diesem Posten aus- einen Chor abgeben, der völlig anders zu harren und betreffend Länge der Amtszeit sammengesetzt ist. Von den jetzigen Stifts sogar mein grosses Vorbild P. Basil Breiten schülerinnen und Stiftsschülern ist niemand bach um vier Jahre übertreffen würde, hätte mehr dabei. An ihre Stelle sind 56 Erwachse ich mir zu Beginn niemals vorstellen können. ne getreten, 40 Frauen und 16 Männer. Jetzt, wo ich von Generalmusikdirektor Lu Immerhin ist die Vergangenheit irgend kas Meister, dem ersten weltlichen Einsied wie noch präsent: Unter diesen Erwachse ler Stiftskapellmeister, abgelöst werde, nen befinden sich 7 ehemalige Stiftsschüle möchte ich anhand von einzelnen Stichwor rinnen und -schülern und, was vielleicht ten abliefern, was ich am Schluss des an noch aussagekräftiger ist, 22 Mütter oder fangs erwähnten Artikels in Aussicht gestellt Väter von Ehemaligen. habe, einen «Rechenschaftsbericht über Pater Lukas Helg meinen Dienst auf diesem verantwortungs (Fortsetzung folgt) vollen Posten». Es könnte ja sein, dass ich der 25
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