BBIIOOAusgabe 05 / Oktober 2021 - Nachrichten Biokreis

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BBIIOOAusgabe 05 / Oktober 2021 - Nachrichten Biokreis
BIO
Ausgabe 05 / Oktober 2021

                            Zeitschrift für
                            ökologischen Landbau und
                            gesunde Ernährung

                            Nachrichten

                                     A CH TEN
                                SCHL
                                    UND
                                  AC HT EN ?
                                                       Biokreis-Metzger
                                                       Anton Juffinger
BBIIOOAusgabe 05 / Oktober 2021 - Nachrichten Biokreis
Alles eine Frage der Haltung!

                                       Herbstzeit
                                     ist Schmorzeit

                   s
          Deftige ind
             h von R
      Gulasc          oder
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BBIIOOAusgabe 05 / Oktober 2021 - Nachrichten Biokreis
EDITORIAL

        Liebe
      Leser  *innen ,
unsere Grafikerin war nicht gerade begeistert, als ich ihr     halten viele Menschen aus der Bio-Branche für die Wahr-
eröffnete, dass das Titelthema der Oktober-BioNachrich-        heit. Und dass sich mit Fleischerzeugung in der Masse
ten „Schlachten und achten?“ sei. Bilder von Tieren an         Profit und Macht erzielen lassen, ist für wieder andere das
der Schwelle zum Tod oder gar von blanken Schlachtkör-         Maß der Dinge. In diesem breiten Spannungsfeld brauchen
pern – damit will sich kaum jemand beschäftigen. Die-          wir mehr Orientierung. Viele Bio-Landwirt*innen und pro-
se Bilder wollten wir ihr und Euch ersparen, aber beim         gressive Metzger*innen machen sich einerseits Gedanken
Thema Schlachtung wollen wir trotzdem hinschauen.              über Achtsamkeit, Ethik, Bedingungen und Verbesserun-
Sophie Schweisfurth, Geschäftsführerin der Herrmanns-          gen in Schlachthöfen, andererseits natürlich auch über die
dorfer Landwerkstätten, sagt im Interview in dieser Aus-       ökonomischen Aspekte.
gabe: „… nur so kann es gelingen, unseren Fleischkonsum        Regionalität, Transparenz, weniger Leid für die Tiere und
zu reduzieren“.                                                nicht zuletzt für die in Schlachthöfen beschäftigten Men-        3
Den Verbraucher*innen wird es leicht gemacht, den un-          schen sind Ziele vieler Überlegungen. So will etwa Biokreis-
mittelbaren Zusammenhang zwischen Lebewesen und                Mitglied Klaus Bonkhoff das erste Schlachthaus Deutsch-
Lebensmittel zu verdrängen. Schlachthöfe sind fernab von       lands bauen, das keine lebendigen Tiere mehr annimmt.
unseren Aufenthaltsorten. Wenn das Fleisch fertig verpackt     Biokreis-Landwirt*innen schaffen Schlachtmöglichkeiten
in den Läden liegt, erinnert nur noch wenig an das herum-      auf ihren eigenen Höfen oder führen ihre Tiere selbst bis zur
laufende, fressende und fühlende Tier, das es einmal gewe-     Schlachtbank.
sen ist. Die Auflösung dieser Entfremdung erschreckt uns.      Kann Schlachten bio sein? Diese Frage ist nicht leicht und
Noch schockierender aber wirken vielfach heimlich aufge-       abschließend zu beantworten. Dieses Heft soll erste Denk-
nommene Kamerabilder von tierverachtenden Praktiken in         anstöße für mehr Klarheit geben. In unserem Verband
Schlachthöfen – immer wieder betreffen diese leider auch       wollen wir das Thema in nächster Zeit auf jeden Fall weiter-
Bio-Tiere.                                                     verfolgen und vertiefen. Wir freuen uns über alle, die hier
Der Einfluss unserer Öko-Landwirt*innen auf das Tierwohl       mitdenken und Anregungen geben.
endet nicht selten vorm Schlachthof. Was dort passiert,
entzieht sich oft ihrem Wissen und Wirken. Daher sollte das    Euch einen bunten Herbst und alles Gute
Thema Schlachtung in der Ökolandwirtschaft mehr Beach-
tung bekommen. Bei der Schlachtung einen und trennen           Eure
verschiedenste Sichtweisen die einzelnen Protagonisten:
Dass ein Tier ausgebeutet und am Ende skrupellos getötet
wird, ist der vegane Standpunkt. Dass sich das Leben und
Sterben des Nutztiers in einen sinnvollen Kreislauf einfügt,   Ronja Zöls-Biber
BBIIOOAusgabe 05 / Oktober 2021 - Nachrichten Biokreis
INHALT
         INFO                                                    BIOWELT

    04     Biokreis-Produkt                                 30    NACHHALTIG LEBEN
                                                                  Apfelsaft gestaltet Landschaft
    08     Veranstaltungen und Termine                            Streuobstwiesen vernetzen Menschen,
    12     Notizen                                                Tiere und Pflanzen

    AGRARPOLITIK                                            32    REISE
                                                                  Asado – Grillfest nach argentinischer Art
    14     Die Menschheit als Teil der Natur begreifen
           Was Alexander von Humboldt uns über den          34    TISCHGESPRÄCH
           Klimawandel zu sagen hat                               mit der neuen BÖLW-Chefin Tina Andres
                                                                  „Ich esse immer mit Freunden!“
    16     Einkommen in der Fleischindustrie immer
           noch niedrig                                     36     Der Biokreis für Kinder

           Biokreis unterzeichnet Forderungspapier zum
           Pestizid-Ausstieg
                                                                 BIOKREIS
    17     KOMMENTAR
           von Sepp Brunnbauer                              FACHBERATUNG
           Cowboy oder Indianer?
                                                            38     Frag den Biokreis
           Der Faktor Mensch bei der Schlachtung
4
                                                            40     Brustbeinschäden bei Legehennen

         TITEL                                              44     Milcherzeugung der Zukunft, Teil 1
                                                                   Kraftfutterarme Fütterung ist
    18     Schlachten und achten?                                  wirtschaftlicher!

    20     INTERVIEW                                        46     Leader für die Landwirtschaft
           mit Sophie Schweisfurth, Geschäftsführerin              Wie Gelder aus der zweiten Säule besser
           der Herrmannsdorfer Landwerkstätten                     für Bauernhöfe genutzt werden können
           Wenn das Leben zum Lebensmittel wird ...         AKTUELLES
    22     „Keiner will ein Schlachthaus vor der            48     Unser Biokreis – die Online-Plattform für
           Haustür haben!“                                         Biokreis-Mitglieder
           Michael und Carmen Mack haben den Neubau
           ihres kleinen Geflügelschlachthofs trotzdem      50     Aktuelles Bayern und
           geschafft                                               Baden-Württemberg

    24     Leben und Sterben auf dem Hof                    58     Aktuelles Mitte, NRW und Niedersachsen
           Markus Fesl begleitet seine Tiere vom ersten     62     Aktuelles: Wertschöpfungsketten-Projekt Ost
           Tag bis zum Tod im hofeigenen Schlachthaus
                                                            63     Aktuelles Mitteldeutschland
    26     Schlachten kann nicht jeder
           Die Metzgerei Juffinger arbeitet vorrangig mit   64     Personalien/Neue Mitglieder aus
           Fachkräften – doch die sind in der Branche rar          Verarbeitung und Handel

    28     Das erste Schlachthaus Deutschlands –            65     Deine Biokreis-Ansprechpartner*innen
           für tote Tiere?
                                                            66     Marktplatz
           In Klaus Bonkhoffs Neubau soll es keine
           Lebendtierannahme mehr geben                     70     Bücher / Vorschau / Impressum
    29     Wenn der Tod naht ...
           Drei Biokreis-Landwirte erzählen
BBIIOOAusgabe 05 / Oktober 2021 - Nachrichten Biokreis
BBIIOOAusgabe 05 / Oktober 2021 - Nachrichten Biokreis
PRODUK T

„EBBI BIO GEILES FRESSI“ FÜR DEN HUND

Im Glas sind mehr als 50 Prozent Bio-Geflügelfleisch, also Pute und
Hähnchen, kombiniert mit Hähnchenherzen und gesundem Fenchel sowie
frischer Zucchini. Für die gewisse Konsistenz sorgt Gelatine vom Rind,
die alles zusammenhält und zu einem leckeren Gesamtpaket komprimiert.
Bei der Herstellung dieses Produktes wird auf unschöne Zusätze,
Füllstoffe, Konservierungsmittel oder Aroma- und Farbstoffe, Zucker und
sonstige Geschmacksverstärker oder Lockstoffe verzichtet. Wichtig für
den Hersteller „Wuff & Mau Heimtiernahrung“: Sämtliche Zutaten sind
natürlichen Ursprungs und selbstverständlich in Bio-Qualität.

400 g / 3,29 Euro			                      www.wuffundmau.de
BBIIOOAusgabe 05 / Oktober 2021 - Nachrichten Biokreis
Aus     zur
                                                                                            Tier
                                                                                Natur, zumegion
                                                                                 und zur R
WIR STEHEN SEIT 1979 FÜR REGIONALE, VERTRAUENSVOLLE
NETZWERKE, FÜR TIERWOHL UND HANDWERKLICHE LEBENSMITTEL-
VERARBEITUNG IM EINKLANG MIT DER NATUR.

…aus Liebe zur Natur                              Landwirtschaft, überwiegend vom eigenen
Unsere landwirtschaftlichen Betriebe wirt-        Betrieb.
schaften bundesweit und darüber hinaus
nach unseren Richtlinien, die deutlich über       …aus Liebe zur Region
die EU-Bio-Standards hinausgehen. Die EU-         Unsere Wege sind kurz, unsere Beziehungen
Richtlinien sind ein Mindeststandard und          verlässlich. Unsere Wertschöpfung bleibt in
uns zu wenig. Biokreis-Mitglieder stellen         der Region, schafft Arbeitsplätze und Identität.
ihren gesamten Betrieb auf ökologische Bewirt-    Der soziale Umgang mit Menschen ist neben
schaftung um. Unsere Lebensmittel enthalten       einer ökologischen Wirtschaftsweise für uns
weniger Zusatzstoffe und stammen größtenteils     ein grundlegendes Anliegen. Jeder Betrieb hat
aus handwerklicher Verarbeitung.                  eine*n Berater*in, der die Arbeit vor Ort unter-
                                                  stützt. Bei Workshops, Betriebsbesuchen und
…aus Liebe zum Tier                               Exkursionen kommen wir zusammen. Wir sind
Wir kümmern uns in besonderem Maße um das         basisdemokratisch. Auf unseren Mitglieder-
Wohl unserer Tiere. Unsere Rinder, Schweine,      versammlungen kann sich jeder einbringen.
Hühner, Puten, Schafe und Ziegen haben mehr
Platz im Stall und bekommen Auslauf oder ste-     Unsere Richtlinien sind klar und verbindlich.
hen auf der Weide. Biokreis-Mitglieder halten     Innerhalb dieses Rahmens haben unsere
nur so viele Tiere, wie die zur Verfügung ste-    Landwirt*innen die Freiheit, die ihr Berufs-
henden Flächen es zulassen und behandeln sie      stand seit jeher beansprucht. Sie können ihre
nur im Krankheitsfall, bevorzugt mit Naturheil-   Produkte frei vermarkten, ohne Vermarktungs-
verfahren. Ihr Futter stammt aus ökologischer     gebühren zu entrichten.
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VERANSTALTUNGEN                            & TERMINE

        BIOKREIS IN BAYERN                       26. Oktober 2021                             BIOKREIS IN
        UND BADEN-                               Fachexkursion Ökologische                    SCHLESWIG-HOLSTEIN,
        WÜRTTEMBERG                              Rinderzucht                                  MECKLENBURG-
                                                 Ort: 83547 Babensham und
                                                 85560 Ebersberg, Oberbayern
                                                                                              VORPOMMERN UND
        14. Oktober 2021, 9-14 Uhr               Infos: Veranstaltung der LfL mit Betriebs-   BRANDENBURG
        Hack- und Striegel-Feldtag               besichtigung bei Biokreis-Betrieb Johann
        Ort: Mühlenhof in 95695 Mähring        Hilger in Ebersberg; Ansprechpartnerin
        Infos: Veranstaltung mit dem             ist Biokreis-Beraterin Katharina             23. Oktober 2021, 10-18 Uhr
        Maschinen- und Betriebshilfsring         Loibl, loibl@biokreis.de,                    Zeitgemäß ökologisch imkern –
        Tirschenreuth e.V., Ansprechpartner      Mobil: 01 51 / 42 01 16 80                   Neue Wege im Sinne der Biene
        ist Biokreis-Berater Toni
                                                                                              Ort: Friends Space,
        Reisinger, reisinger@biokreis.de,
        Mobil: 01 51 / 12 39 13 55               30. Oktober 2021, 10 Uhr                     Glogauer Straße 2,
                                                 Bauer-zu-Bauer-Gespräch                      10999 Berlin-Kreuzberg
                                                 Ort: Biokreis-Betrieb Scharbert              Infos: mit Torben Schiffer (Biologe
                                                 (Fuggersche Domäne), Oberndorf               und Bienenforscher), Marc Schüller
        22. Oktober, 19 Uhr,                     am Lech, Schwaben                             (Biokreis-Berater für Imkerei) und
        23. Oktober, 13:30 Uhr                   Infos: für umstellungs-interessierte         Johannes Weber (Stadtbienen e.V.).
        Bauer-zu-Bauer-Gespräch                  Landwirt*innen und Bio-Landwirt*innen,       Eine Veranstaltung im Auftrag des
        Ort: Biokreis-Betrieb Daxenbichler,      Thema: Ökologischer Ackerbau mit             BÖLN, initiiert und finanziert durch das
        Tuntenhausen, Oberbayern                 Gemengevarianten, nur                        BMEL. Anmeldung bis 18.10.21 bei der
        Infos: für umstellungsinteres-           mit Anmeldung per E-Mail: bioregio-          Biokreis-Geschäftsstelle Berlin,
8       sierte Landwirt*innen und Bio-           betriebsnetz@lfl.bayern.de oder              Tel: 0 30 / 28 48 24 80, nord-ost@
        Landwirt*innen, Thema: Milchvieh-        unter Tel. 0 81 61 / 86 40-44 85.            biokreis.de. Weitere Wissenstransfer-
        haltung mit Zucht auf Hornlosigkeit.                                                  und Fachveranstaltungen des BÖLN:
        Nur mit Anmeldung per E-Mail:                                                         https://oekolandbau.de/forschung/
                                                                           lsten
        bioregio-betriebsnetz@lfl.bayern.de          Du findest die aktuel                    veranstaltungen/
        oder Tel. 0 81 61 / 86 40-44 85.             Informationen au  f
                                                                           mine
                                                     www.biokreis.de>ter

                                                                                                                          | ANZEIGE |
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                                 A
               ZUKUNF T ND
               Ort: Jugend
                           herbe rge Fulda, H
              Infos: vera                      essen
                          n
              Stiftung & d staltet von der Schwe
                           em Öko-Jun              isfurth
              mit Unters
                          tützung de glandwirte-Netzwerk
                www.oeko-j           s B io
                            unglandwir kreis,
                                          te-tagung.d
                                                       e

2. Dezember 2021, 20 Uhr                    TERMINE ANDERER
Biokreis-Online-Stammtisch:                 ORGANISATIONEN
„Neue EU-Öko-Verordnung –
Was ändert sich ab 2022?“                   25.-26. Oktober 2021
Infos: Anmeldung bei der Geschäftsstelle    Biolebensmittelcamp 2021
des Biokreis Erzeugerring Nord-Ost,         Ort: Gut Sonnenhausen,
nord-ost@biokreis.de,                       Glonn, Oberbayern
Tel.: 0 30 / 28 48 24 80                    Infos: www.biolebensmittelcamp.net

BIOKREIS IN HESSEN,
RHEINLAND-PFALZ UND
IM SAARLAND
22. Oktober 2021, 13-17 Uhr
Ganzheitliches Weidemanagement:
Mob Grazing als alternatives Bewei-
dungsverfahren im Ökolandbau
Ort: Biokreis-Betrieb Eichler in
36115 Simmershausen, Hessen
Infos: mit Gastreferent Carsten Ertel
(HNE). Eine Veranstaltung im Auftrag des
BÖLN, initiiert und finanziert durch das
BMEL. Anmeldung bis 13.10.21 beim Bio-
kreis Erzeugerring Mitte, mitte@biokreis.
de. Weitere Wissenstransfer- und Fach-
veranstaltungen des BÖLN: https://oeko-
landbau.de/forschung/veranstaltungen/
BBIIOOAusgabe 05 / Oktober 2021 - Nachrichten Biokreis
VERANSTALTUNGEN                                         & TERMINE
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                                                                                                 ber 2021
                                                                                     20.-21. Okto

                                                                                      BIOAG RAR ISCHE
                                                                                                 OG
                                                                                          ÜR ÖKOL
                                                                                      MESSE F
                                                                                              TSCHAF T
                                                                                      LANDWIR
                                                                                                             ltung
                                                                                                   e-Veransta        rg.de
                                                                                        Ort: Onlin .bioagrar-offenbu
                                                                                             s : www
                                                                                        Info

                                                                         27. Oktober 2021
                                                                         Internationale Tagung Ökologische Rinderzucht
                                                                         Ort: Tier und Technik – Forum" in 85586 Grub-Poing,
                                                                              "
                                                                         Oberbayern
                                                                         Infos: LfL Bayern, www.lfl.bayern.de/oekorinderzuchttagung

                                                                         11. November 2021
                                                                         Lebensmittel im Fokus – Produktion, Inhaltsstoffe,
                                                                         Wirkungen und mehr
                                                                         Ort: Online-Veranstaltung
                                                                         Infos: Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für
                                                                         Ernährung e.V., www.saw-tagungsmanagement.com/
                                                                         dge-fachtagung

                                                                                                     21
                                                                                 29. - 30. Oktober 20
                                                                                                          ER-
      BIO-FUTTERMITTEL
                                                                                  FLEISCHRIND
      VON HÖCHSTER QUALITÄT!                                                      HALTUNG IM
                                                                                  KLIMAFleiW  AND        EL
       › VERANTWORTUNG FÜR MENSCH, TIER UND
                                                                                           schrinder- und
         UMWELT STEHT DABEI IM MITTELPUNKT                                         Bundesweite                        Biokreis
                                                                                                  ng der Verbände
                                                                                   Mutterkuhtagu Vorträgen und Exkursionen
       › ZERTIFIZIERTE WARE AUS DER REGION FÜR DIE REGION                          und Bioland mit hschule am Seddiner See,
                                                                                                  oc
       › PROMPTE LIEFERUNG MIT UNSEREN LKWS                                        Ort: Heimvolksh
                                                                                    Brandenburg                       tungen/
         DIREKT ZU IHRER BEDARFSSTELLE                                                              reis.de/veranstal
                                                                                    Infos: www.biok
      A-4982 Mörschwang, Mühlberg 3 | Tel.: +43 7758 / 2210 (Fax-DW 4)
      www.wiesbauer-muehle.at
12. November 2021                                                   8.-10. Dezember 2021
Miteinander für die Bio-Züchtung –                                  Witzenhäuser Konferenz: „Schmeckt’s noch? – Rück-
Wie bringen wir biologisch gezüchtete Sorten in aller               & Ausblick auf die Lebensmittelerzeugung“
Munde?                                                              Ort: Universität Kassel, 37213 Witzenhausen, Hessen & Online
Ort: Rheinau, Schweiz                                               Infos: www.konferenz-witzenhausen.de
Infos: bioverita-Jubiläumstagung, https://bioverita.ch/
jubilaeumstagung/

                                                                                Biokreis-Stand
19.-21. November 2021
Internationales Pomologentreffen
Ort: Klosterstadel Pielenhofen, Oberpfalz
Infos: Kreisverband Regensburg für Gartenkultur und                               29.-31. Oktober 2021

                                                                                 SÜDDEUTSCHE
Landespflege e.V., www.ogv-landkr-regensburg.de

25. November 2021
Bodentag der IG Gesunder Boden e.V.
                                                                                BERUFS- UND
Ort: Schwarzachtalhalle Neunburg vorm Wald, Oberpfalz &
                                                                                ERWERBSIMKE
Online
                                                                                            R-
Infos: www.ig-gesunder-boden.de/Veranstaltungen/boden-
tag2021                                                                         TAGE
                                                                               Neuer Standort
25. November 2021, 10-16 Uhr                                                                   :M
                                                                                Baden-Württem esse Friedrichshafen,
                                                                                                 be
Tageslehrgang „Das Recht der Bio-Produkte“                                       Infos: https://be rg
                                                                                                  rufsimker.de/
Ort: Online-Veranstaltung
Infos: eine Veranstaltung von RA Hanspeter Schmidt (Frei-
burg) und Dr. Manon Haccius (Darmstadt); Kosten: 280 Euro,
Anmeldung per E-Mail: hps@hpslex.de

        20. November 2021, 15-17:30 Uhr
        BIOKREIS-IMKEREITAG 2021

        DIE SPRACHE DER BIENEN
        Online-Veranstaltung                                          Prof. Dr. Jürgen Tautz ist Bienenexperte, Soziobiologe,
        mit Vortrag von Prof. Dr. Jürgen Tautz                        Verhaltensforscher und Professor em. am Biozentrum der
                                                                      Universität Würzburg. Dort ist er auch Vorsitzender des
        Wie kommunizieren Honigbienen? In der Geschichte der          Bienenforschung Würzburg e. V. sowie Leiter des interdis-
        Bienenforschung haben Wissenschaftler*innen tief in           ziplinären Projektes HOneyBee Online Studies (HOBOS)
        das Innenleben von Bienenstaaten geblickt und viel über       und des Folgeprojektes we4bee.
        das Verhalten der Tiere gelernt. Berühmt geworden ist vor     Im Anschluss an den Vortrag besteht die Möglichkeit zum
        allem ihr Schwänzeltanz. Doch der ist überschätzt, sagt       Austausch und zum Gespräch.
        Prof. Dr. Jürgen Tautz. Denn auch außerhalb des Stockes       Organisatorisches: Ansprechpartner ist Biokreis-Bera-
        sind Bienen soziale Insekten, die miteinander kommuni-        ter Marc Schüller, Mobil: 01 60 / 1 80 50 86. Anmeldung
        zieren. Im Online-Vortrag spricht der Bienenexperte über      bitte per E-Mail bis zum 18. November 2021 unter
        die bemerkenswerten Verhaltensleistungen, die den In-         info@biokreis.de. Die Zugangsdaten werden nach Anmel-
        formationsaustausch zwischen Bienen ermöglichen.              dung versendet.

Weitere Informationen und Veranstaltungen: www.biokreis.de > Termine
www.facebook.com/groups/BiokreisNetzwerk/
Notizen
       Notizen     KURSWECHSEL BEI DER DEUTSCHEN GESELLSCHAFT FÜR ERNÄHRUNG

                                                         Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) fordert und för-
                                                         dert eine nachhaltigere Ernährung – etwa durch deren Umstel-
                                                         lung auf mehr pflanzliche Lebensmittel. Dazu hat die DGE ein
                                                         neues Positionspapier zur nachhaltigeren Ernährung veröffent-
                                                         licht. Der Beitrag der Ernährung an den weltweiten Treibhaus-
                                                         gasemissionen liege bei 25 bis 30 Prozent. Angesichts dieser Zah-
                                                         len sei es laut DGE dringend geboten, die Ernährungsweise so zu
                                                         gestalten, dass keine unnötigen Ressourcen verbraucht werden.
                                                         Es reiche nicht aus, Ernährungsempfehlungen nur an gesund-
                                                         heitsfördernden Aspekten auszurichten. „Daher berücksichtigt
                                                         die DGE neben der Gesundheit, die entsprechend ihren satzungs-
                                                         gemäßen Aufgaben im Vordergrund steht, zukünftig in ihren Em-
                                                         pfehlungen und Aktivitäten die Dimensionen Umwelt, Soziales
       ©beavera – stock.adobe.com                        und Tierwohl stärker“, stellt Prof. Britta Renner, Vizepräsidentin
                                                         der DGE und Erstautorin des Positionspapiers, fest.            red

     Freiwillige
                                                  Bio-Weine besser
                                                                                            Der Bio-Weinmarkt weist
                                                                                            eine klare Diskrepanz
12                                                                                          zwischen Angebot und
     für ökologischen                                                                       Nachfrage auf: Zum ei-

     Einsatz                                      vermarkten!                               nen hat sich die ökolo-
                                                                                            gisch      bewirtschaftete
                                                                                            Rebfläche in Deutsch-
                                                  land seit 2010 fast verdoppelt. 2019 stieg die Rebfläche auf 10.600
     Der Verein für internationalen und inter-    Hektar an, was einen Anteil von rund zehn Prozent an der gesamten
     kulturellen Austausch (VIA e. V.) vermit-    deutschen Rebfläche ausmacht. Zum anderen werden Bio-Weine
     telt internationale Freiwillige aus ganz     längst nicht so bewusst nachgefragt wie Bio-Lebensmittel. In ei-
     Europa und angrenzenden Ländern in sozia-    ner Umfrage der Hochschule Geisenheim, die im Bundesprogramm
     le und gemeinwohlorientierte Einrichtungen   Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirt-
     in Deutschland. Die Bewerber*innen haben     schaft (BÖLN) in der BLE gefördert wurde, wussten lediglich 60 Pro-
     Basis-Kenntnisse in Deutsch und/oder Eng-    zent der Weinkonsument*innen, dass es Bio-Wein gibt. Im Wein-
     lisch, in der Regel einen Schulabschluss,    handel sind deutsche Bio-Weine aufgrund des geringen Angebots,
     einige auch schon eine Berufsausbildung      der fehlenden Nachfrage und des höheren Preises kaum zu finden.
     oder ein abgeschlossenes Studium. Viele      Bei der Vermarktung ist noch viel Luft
     von ihnen konnten bereits Erfahrungen im     nach oben.
     sozialen Bereich sammeln oder sich ehren-    Was den Mehrwert von Bio-Weinen
     amtlich engagieren. Sie sind mindestens 18   ausmacht und ihren höheren Preis
     und höchstens 30 Jahre alt. Zu beachten      rechtfertigt, ist nur den wenigsten
     ist, dass keine Arbeitskräfte vermittelt     Weinkonsument*innen, aber auch
     werden, sondern die Freiwilligen in an-      Weinhändler*innen bewusst. Die Bio-
     gelernten Tätigkeiten arbeiten und keinen    Weinbranche muss daher die Vorzüge
     regulären oder potenziellen Arbeitsplatz     von Bio-Wein besser kommunizieren.
     ersetzen sollen. Ein Einsatz kann auch       Bei der Vermarktung rentiert es sich,
     im ökologischen Bereich erfolgen. In der     gezielt Frauen und jüngere Konsu-
     Regel bleiben die Freiwilligen für zwölf     mentengruppen anzusprechen.
     Monate in Deutschland. Mehr Infos unter      Weitere Infos unter https://orgprints.
     www.via-ev.org. 			 red                      org/id/eprint/40197/ .            red
n   VIDEOS ÜBER SCHADERREGER AN LEGUMINOSEN
                                                Im Bereich Pflanzenschutz bietet das         auf. Zudem verdeutlichen die Filme, an
                                                Internetportal www.oekolandbau.de ab         welchen Merkmalen die Arten zu erken-
                                                sofort sechs Kurzfilme über die häufigs-     nen sind und wie sie sich voneinander
                                                ten Schädlinge an Leguminosen wie den        unterscheiden.
                                                Ackerbohnenkäfer, die schwarze Bohnen-       Alle Filme wurden in hochauflösender
                                                laus und die Erbsenblattlaus. Ein weite-     Qualität vom Julius-Kühn-Institut (JKI)
                                                rer Film gibt Empfehlungen zur gezielten     produziert und wissenschaftlich beglei-
                                                Förderung von Nützlingen beim Legumi-        tet. Die Erstellung der Filme erfolgte in
                                                nosenanbau. Die drei- bis fünfminütigen      einem Forschungsprojekt der Eiweiß-
                                                Videos erläutern in einfacher, kompakter     pflanzenstrategie der Bundesregierung.
                                                Form die Biologie und die Verhaltenswei-     Interessierte können alle Filme kosten-
                                                sen der einzelnen Schädlingsarten. Sie       los aufrufen unter www.oekolandbau.
                                                zeigen Möglichkeiten zur vorbeugen-          de/landwirtschaft/pflanze/grundlagen-
                                                den sowie direkten Regulierung im kon-       pflanzen-bau/pflanzenschutz/video-
                                                ventionellen und ökologischen Landbau        bestimmungshilfe/.                  red

                                                     „30 für 30“
    Bio und regional – viele Verbraucher*innen                                            des Landesprogramms „BioRegio 2030“
    in Bayern legen Wert auf hochwertige Le-                                              beigetragen werden: 30 Prozent ökologisch
                                                                                                                                         13
    bensmittel aus der Region. Mit der Initiative                                         bewirtschaftete landwirtschaftliche Fläche
    „30 für 30“, die im September in die erste                                             in Bayern bis zum Jahr 2030. Das einge-
    von sechs Runden ging, sucht das bayerische                                         reichte Handlungsbeispiel muss sich bereits
    Landwirtschaftsministerium 30 besonders innovative Hand-         in der Umsetzung befinden und einen klaren Bezug zum „Baye-
    lungsbeispiele aus der bayerischen Bio-Branche, die authen-      rischen Bio-Siegel“ haben. Die Einreichung von Projekten ist ab
    tische und kontrollierte bio-regionale Wertschöpfungsketten      sofort bis voraussichtlich Herbst 2023 jederzeit möglich. Mehr
    voranbringen. Damit soll zur Erreichung des ehrgeizigen Ziels    Infos unter www.biosiegel.bayern.de 			                     red

        RINDERMÄGEN GEGEN PLASTIKMÜLL?

              Neue Ergebnisse einer Forschergruppe des              nisse bringen einerseits Licht in mikro-
              Austrian Centre of Industrial Biotech-                bielle Gemeinschaften, die sich innerhalb
              nology (acib) und der BOKU Wien zeigen,               der Rumenflüssigkeit im Rinderpansen befin-
              dass Bakterien aus Kuhmägen verwendet                 den und hinsichtlich Plastikabbau wenig
              werden können, um Polyestersorten abzu-               erforscht waren. Andererseits könnten die
              bauen, aus denen unter anderem Textilien,             Forschungserkenntnisse eine nachhaltige
              Verpackungen und kompostierbare Plastik-              Option zur Verringerung von Plastikmüll
              tüten gemacht sind. Die Forschungsergeb-              darstellen.                            red
INFO | Agrarpolitik

               DIE MENSCHHEIT ALS
               TEIL DER NATUR BEGREIFEN
                                     Was Alexander von Hum boldt uns
                                                                   hat
                                     über den Klimawandel zu sagen
               Der Forschungsreisende und Naturwissenschaftler Alexander von Humboldt beschrieb
               schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts Zusammenhänge zwischen Natur, Landwirtschaft
               und Gesellschaft, die uns bis heute beschäftigen. Über einen Visionär und seine
               Beobachtungen. Von Stephanie Lehmann

               Gelegentlich wird uns schlagartig bewusst, dass manche der       Begleiter, dem Botaniker Aimé Bonpland, unzählige Tier- und
               Krisen, die heute unsere ganze Aufmerksamkeit fordern, nicht     Pflanzenarten, Landschaften und Naturphänomene.
               nur schon lange in der Welt sind, sondern auch in ihrem Aus-     Weniger bekannt ist, dass Humboldt in Südamerika auch Land-
               maß längst als solche begriffen worden sind. Wie kann es sein,   schaften vorfand, die bereits massiv vom Wirken der europä-
               dass einstmals beherrschbare Probleme erst zur Krise werden      ischen Siedler*innen geformt waren. Ein Beispiel: Kurz nach
               müssen, bevor man als Gesellschaft zu der Einsicht gelangt,      seiner Ankunft besuchte Humboldt den Valenciasee im heuti-
               dass sich hier etwas ändern muss?                                gen Venezuela. An seinen Ufern wurden Mais, Zuckerrohr und
14             Ich hatte einen solchen Moment der Erkenntnis, als ich Andrea    Indigo angebaut. Die Wälder, die den See einstmals umschlos-
               Wulfs Buch „Alexander von Humboldt und die Erfindung der         sen hatten, waren dafür gerodet worden. Die Anwohner*innen
               Natur“ las. Auch vor der Lektüre war mir der Name Alexander      berichteten Humboldt bei seinem Besuch, dass der Pegel des
               von Humboldt ein Begriff, aber mir war nicht klar, wie präzise   Sees seit einiger Zeit immer weiter absank.
               der Forscher bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts ökologi-     Den Grund für den sinkenden Wasserstand erkannte Humboldt
               sche wie ökonomische Probleme beschrieben hat, die heute         schnell: Weil mit dem Abholzen des Waldes auch die bodende-
               für uns zu akuten Krisen geworden sind. Er benannte die öko-     ckenden Moose und Sträucher verschwunden waren, konnte
               logischen Verheerungen einer rücksichtslosen Landwirtschaft      der nunmehr offenliegende Boden das Regenwasser schlech-
               ebenso wie die sozialen Auswirkungen einer rein exportorien-     ter aufnehmen und speichern. Auch wurde Wasser abgeleitet,
               tierten Landwirtschaft.                                          um die Felder zu bewässern. Der nur von kleinen Bächen ge-
                                                                                speiste See trocknete schlichtweg aus.
                     Eine 200 Jahre alte Warnung vor den
                                                                                Humboldt stellte außerdem fest, dass durch die Abholzung
                verheerenden Folgen intensiver Landwirtschaft
                                                                                nicht nur der See schrumpfte, sondern sich auch das Klima vor
               Wer sich mit Alexander von Humboldt befasst, entdeckt ei-        Ort dauerhaft veränderte: Weil der Wald fehlte, wurde es in der
               nen ganzen Kosmos in einem Menschenleben. Der aus Berlin         Region trockener. Erosion durch Wind und Regen waren die Fol-
               stammende Naturforscher befasste sich nicht nur mit Physik,      ge, was wiederum zum Auslaugen der Böden führte. Langfristig
               Geologie, Mineralogie, Botanik, Zoologie, Klimatologie und As-   sanken dadurch die Erträge.
               tronomie, sondern auch mit Politik, Soziologie und Ethnologie.   Heute wissen wir, was Humboldt damals noch nicht im Detail
               Insbesondere seine Erkenntnisse über die Ökosysteme und          erfassen konnte: dass ein großer Regenwaldbaum an einem
               über die Zusammenhänge zwischen Landwirtschaft, Umwelt           einzigen Tag mehr als tausend Liter Wasser verdunstet, da-
               und Gesellschaft prägen unsere Vorstellungen bis heute.          durch der Umgebung Energie entzieht und die Luft abkühlt.
               Grundlage für Humboldts Forschungsarbeit waren seine Rei-        Aber auch ohne dieses Wissen entwickelte Humboldt am Va-
               sen, insbesondere sein mehrjähriger Aufenthalt in Süd- und       lenciasee „den Begriff der vom Menschen verursachten Klima-
               Nordamerika. Im Jahr 1799 reiste Alexander von Humboldt von      veränderungen“, schreibt Andrea Wulf.
               Spanien über Teneriffa nach Neu-Granada im heutigen Vene-        Die teils dramatischen Folgen der Abholzung sah Humboldt
               zuela. Es sollte fünf Jahre dauern, bis er nach Europa zurück-   auf seinen Reisen in Südamerika immer wieder. Er beschrieb
               kehrte. In dieser Zeit erkundete Humboldt unter anderem den      sie später in seinen Reiseerinnerungen so: „Zerstört man die
               Lauf des Orinoco und durchquerte die Andenregion zwischen        Wälder, wie die europäischen Ansiedler allerorten in Amerika
               Bogotá und Lima. Dabei beschrieb er gemeinsam mit seinem         mit unversichtiger Hast thun, so versiegen die Quellen oder
nehmen doch stark ab. Die Flußbetten liegen einen Teil des Jah-    Bevölkerung hungerte, und einst
res über trocken und werden zu reißenden Strömen, so oft im        fruchtbares Land schonungslos
Gebirge starker Regen fällt.“                                      ausgebeutet war“, kommentiert
                                                                   Andrea Wulf.                             Weiterlesen:
    Exportorientierung und Preisabhängigkeit                                                                Andrea Wulf: Alexander von Humboldt
       gingen immer schon Hand in Hand                               Humboldt hat uns auch                  und die Erfindung der Natur,
                                                                      heute viel zu sagen                   München 2015, Bertelsmann Verlag
Auf Kuba stellte Humboldt fest, dass große Teile des Landes
abgeholzt worden waren, um Zuckerrohr anzubauen. Die               Was mir beim Lesen dieses Bu-
Pflanze wurde als sogenannte „Cash Crop“ ausschließlich für        ches naheging, war die Tatsache,
den Export nach Europa angebaut.                                   dass wir heute kaum ein Stück weiter sind. Wir bearbeiten als
„Cash Crop“ ist ein Begriff aus der Agrarökonomie. Er be-          Biokreis gemeinsam mit der ganzen Bio-Branche die gleichen                     15
schreibt landwirtschaftliche Güter, die nicht für die Versorgung   Probleme, die in ihren fatalen Auswirkungen schon vor 200 Jah-
der Bevölkerung vor Ort gedacht sind, sondern auf dem Welt-        ren für Alexander von Humboldt so offensichtlich waren. War-
markt verkauft werden sollen. Der Verkauf dieser Waren kann        um, so frage ich mich, ist es so schwer, diese Erkenntnisse zu
für die wachsende Wirtschaftsleistung eines Landes oder einer      vermitteln?
Region sorgen, aber ihr Anbau bedeutet auch, in Abhängigkeit       Humboldt warnte unter anderem vor den Folgen der landwirt-
von den Preisen des Weltmarkts zu geraten. Um Gewinne zu           schaftlichen Techniken seiner Zeit, unter denen die zukünfti-
maximieren, werden Cash Crops tendenziell als Monokulturen         gen Generationen leiden würden, denn er sah, wie durch sie
angebaut. Das wiederum führt nicht nur zur Zerstörung ehe-         stabile Ökosysteme ins Wanken gerieten. Die Schlüsse, die er
mals intakter Ökosysteme, sondern auch zu ausgelaugten Bö-         aus seinen Beobachtungen zog, sind so erstaunlich, weil er in
den, die dann intensiv gedüngt werden müssen.                      einem Jahrhundert lebte, in dem die Herrschaft des Menschen
Humboldt konnte die Folgen der Exportorientierung auf Kuba         über die Natur nicht zur Debatte stand. Ordnung und Unter-
direkt sehen: Weil die Menschen vor Ort fast ausschließlich        werfung der Natur waren zu seiner Zeit Grundprinzip mensch-
Zuckerrohr pflanzten, waren sie gezwungen, Lebensmittel aus        lichen Handelns.
dem Ausland zu importieren – ideale Voraussetzungen für Ab-        Heute wissen wir, dass wir mit dieser Herangehensweise in
hängigkeit und Ungerechtigkeit. Dabei hätten die Menschen          den letzten 200 Jahren Vieles unwiederbringlich zerstört ha-
ihre Lebensmittel auch selbst vor Ort erzeugen können.             ben. Tier- und Pflanzenarten sind ausgestorben, unser Klima
„Die einzigen Kapitalien, deren Wert mit der Zeit wächst, (sind)   ändert sich schneller als wir es wahrhaben wollen und selbst im
die Produkte des Ackerbaus“, schrieb Humboldt und plädier-         Marianengraben ist Mikroplastik nachweisbar.
te für eine in erster Linie existenzsichernde Wirtschaft. Im       Ich meine, dass wir uns Humboldts Erkenntnisse zu Herzen
Vordergrund sollten der Bedarf und die Selbstversorgung der        nehmen sollten. Für ihn war klar: Der Mensch kann die na-
Menschen vor Ort stehen. Darum empfahl er, möglichst viele         türliche Welt nicht nach Belieben zu seinem eigenen Vorteil
verschiedene Nahrungsmittel zur Versorgung der Bevölke-            verändern, denn er ist Teil der Natur und auf sie angewiesen.
rung anzubauen: zum Beispiel Bananen, Quinoa, Mais und             Die Konsequenzen unseres Handelns ohne Rücksicht darauf
Kartoffeln. Denn: „Allzu oft hatte Humboldt gesehen, dass die      bekommen wir heute mehr und mehr zu spüren.
INFO | Agrarpolitik

         EINKOMMEN IN DER
         FLEISCHINDUSTRIE IMMER
         NOCH NIEDRIG
         Auf eine kleine Anfrage der Fraktion Die Linke an die Bun-         dustrie lag 2020 mit 2.274 Euro um die Hälfte niedriger als
         desregierung zu den Arbeitsbedingungen in der Fleischin-           in der Gesamtwirtschaft mit 3.427 Euro. Mehr als die Hälf-
         dustrie ergaben sich folgende Antworten: Mehr als ein Drit-        te der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten in
         tel aller Arbeitsstunden im Bereich der industriellen Be- und      der Fleischindustrie arbeiten zum Niedriglohn. Der Anteil der
         Verarbeitung von Fleischwaren wurden 2020 von Werkver-             Niedriglohnbezieher*innen sei seit zehn Jahren erstmals ge-
         tragsbeschäftigten geleistet. Im Vergleich zum Vorjahr sei die-    sunken. Die Anzahl der Beschäftigten in der Fleischindustrie
         ser Anteil gesunken (von etwa 39 auf etwa 35 Prozent). Im sel-     sei in den letzten zehn Jahren angestiegen, die Zahl der
         ben Zeitraum sei die Zahl der Werkvertragsunternehmen in der       ausländischen Beschäftigten habe sich mehr als verdreifacht.
         Fleischindustrie von 428 auf 376 gesunken.                         Allerdings seien die Beschäftigtenzahlen seit dem Vor-Corona-
         Das monatliche Durchschnittseinkommen in der Fleischin-            Jahr 2018 gesunken.                          red / Quelle: Die Linke

16       KLARE WORTE AN KÜNFTIGE ABGEORDNETE
         BIOKREIS UNTERZEICHNET
         FORDERUNGSPAPIER
         ZUM PESTIZID-AUSSTIEG
         In einem offenen Brief an die Wahlkandidat*innen aller de-        trächtigen, das Trinkwasser und die auf dem Acker angebauten
         mokratischen Fraktionen zur Deutschen Bundestagswahl              Lebensmittel belasten. Sie unterbrechen Nahrungsketten und
         2021 fordert ein breites Bündnis, zu dem auch der Biokreis        führen so auch zum Rückgang von Vögeln und anderen Wirbel-
         gehört: Steigen Sie ein in den Ausstieg aus der Anwendung         tieren. Kurz: Chemisch-synthetische Pestizide tragen erheb-
         von chemisch-synthetischen Pestiziden! Konkrete Forderun-         lich zum Verlust der Biodiversität bei“, so wird im Brief an die
         gen sind: Verbesserung des Pestizid-Zulassungsverfahrens,         künftigen Abgeordneten des Deutschen Bundestags appel-
         sofortige Anwendungsbeschränkung, Durchführung eines              liert. Die Organisator*innen des offenen Briefes, das Bündnis
         jährlichen, umfassenden Pestizidmonitorings ab 2022 und           für eine enkeltaugliche Landwirtschaft, sind ein Zusammen-
         Einführung einer Pestizid-Abgabe im Jahr 2022.                    schluss von namhaften Bio-Unternehmen, von denen viele zu
         „Chemisch-synthetische Pestizide können nicht nur Bienen          den Pionier*innen des ökologischen Landbaus zählen, sowie
         töten und Menschen schädigen, sondern auch viele andere           weitere zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich für eine
         Insekten und Wassertiere vernichten, das Bodenleben beein-        Agrarwende einsetzen.                                        red
B O Y O D E R                                                                        DER FAKTOR
    COW                                                                                      MENSCH BEI DER

     IND I A N E R?                                                                          SCHLACHTUNG

         Kommentar von Sepp Brunnbauer

Heute darf ich über das Töten schreiben. Das Töten von Tieren täubt und getötet wird. Hier gelten in der Regel die gesetzlichen
zur Gewinnung von Lebensmitteln. Betrachtet man die verschie- Mindeststandards, die im Praxistest bezüglich der Vermeidung
denen Formen und Arten der Schlachtung in Bezug auf religiöse von Angst und Schmerzen große Spannweiten ergeben. Auch
wie kulturelle Hintergründe, haben alle eines gemeinsam: Der        konnte man nicht bestätigen, dass bei den Schlachtbetrieben
Akt des Tötens war schon immer bedeutungsvoll, möglicherwei- Groß gleich Schlecht und Klein gleich Gut bedeutet. Schlussend-
se auch deshalb, weil er urgeschichtlich über Leben und Tod des lich tragen eine Vielzahl von Details dazu bei, dass Töten gut ge-
Stammes entschieden hat. Erlegten die Krieger das Mammut,           lingen kann. Nicht zu vergessen ist dabei der Faktor „Mensch“,
gab es reichlich Fleisch und man hatte Aussicht, den Winter zu      der gerade bei kleinen und mittleren Betrieben oftmals entschei-
überleben. Anders sah es aus, wenn die Jagd erfolglos blieb.        dend ist.
Heute findet das Töten und Schlachten hinter verschlossenen Tü- Den meisten Verbraucher*innen ist bekannt, dass ihr Schnitzel
ren statt. Eine Auseinandersetzung darüber, wie Tiere erzeugt,      irgendwann einmal ein Schwein oder ein Rind war und gelebt
getötet und verarbeitet werden, findet in der breiten Gesellschaft hat. Obwohl sie das Lebensmittel „Fleisch“ durchaus schätzen,
                                                                                                                                                   17
praktisch nicht mehr statt. Trotzdem muss sich jeder Fleisch es- beschäftigen sich wenige Menschen mit den Lebensbedingun-
sende Mensch darüber klar sein, dass für sein Stück Fleisch ein gen des Tiers und nahezu niemand mit dem Umstand, wie es
Tier gelebt hat und zu Tode gekommen ist. Sowohl das Leben als getötet wurde. Die Systeme reichen von industriellen Schlacht-
auch das Sterben sollten in einer Art und Weise geschehen, die      höfen, wo das Töten eben industriell abläuft, bis hin zum Schuss
wir mit unserem Gewissen vereinbaren können: Das Tier sollte auf der Weide, bei dem Landwirt*innen und Metzger*innen
ein gutes Leben gehabt haben und das Sterben ohne Angst und         bewusst aus überkommenen Systemen aussteigen. In beiden
unnötige Schmerzen vonstatten gehen. In diesem Zusammen- Fällen werden Tiere getötet. Die Art und Weise bestimmt der
hang denke ich oft an Karl May und darüber, wie Indianer mit Faktor Mensch.
dem Töten von Bisons umgegangen sind.
Sie töteten nur so viele Tiere, wie sie zum
Überleben brauchten. Die Jäger entschul-
digten sich beim jeweiligen Tier dafür, dass
sie ihm das Leben nehmen mussten. Sie
sprachen ihm ihre Hochachtung und ihren            Nach der Hacksaison
Respekt aus. Ihnen gegenüber standen die
Weißen, die wahllos ganze Herden ohne er-
kennbaren Grund abschlachteten.
                                                         ist vor der Hacksaison!
Wie immer geht es um das rechte Maß
und um die Frage, in welchen Strukturen              Sichern Sie sich Ihren Frühbezug von bis zu
wir künftig Lebensmittel erzeugen wol-
len. Einig sind wir uns darüber, dass Tiere          5%      auf Ihre neue SCHMOTZER Hacke!
vernünftig gehalten werden sollen und ihr
                                                     •   Bis Ende August mit 5%
artgemäßes Verhalten so gut wie möglich
                                                     •   Im September 4%
ausleben können. Bedingungen für die
                                                     •   Im Oktober 3%
Tierhaltung sind umfassend geregelt und
unterliegen einer ständigen Entwicklung                                                         Auch auf die neue Venterra!
hin zu einem verbesserten Tierwohl. An-
ders sieht es für die Phase aus, in der das                SCHMOTZER Hacktechnik GmbH & Co. KG
Tier den Hof verlässt, transportiert, be-                  www.schmotzer-ht.de

                                       118x85 _ BioKreis _ anzeige.indd 1                                                    12.07.2021 17:05:30
TITEL | Schlachten und achten?

                      S chlachten
                         und
                       achten?
18                WIR SCHLACHTEN                              ̶ SPRECHEN WIR DARÜBER!
                   schlachten: ein Haustier, dessen Fleisch      Was schreibt die Öko-Verordnung vor?
                   für die menschliche Ernährung verwen-
                   det werden soll, fachgerecht töten            In der Öko-Verordnung steht zum Thema
                                                                 Schlachtung:
                   abschlachten: (Tiere [vorzeitig,              „Ein Leiden der Tiere, einschließlich Verstümme-
                   notgedrungen]) schlachten                     lung, ist während der gesamten Lebensdauer der
                                                                 Tiere sowie bei der Schlachtung so gering wie
                   ausschlachten: die Eingeweide von             möglich zu halten.“
                   geschlachtetem Vieh herausnehmen              Die Schlachthöfe, in denen Bio-Tiere geschlachtet
                                                                 werden, müssen im Öko-Kontrollverfahren und
                   schwarzschlachten: [in Not-, Kriegs-          öko-zertifiziert sein. Bei der Schlachtung selbst
                   zeiten] (Schlachtvieh) ohne behördliche       gibt es keinen Unterschied zwischen Öko und
                   Genehmigung schlachten                        Konventionell. Der Schlachthof wird daraufhin
                                                                 geprüft, dass eine Trennung von Bio und Konven-
                   Schlachtbank: niedrige Bank o. Ä.,            tionell gewährleistet wird und die Warenein- und
                   auf der geschlachtet wird, auf der ge-        ausgänge stimmen. Auch beim Transport macht
                   schlachtete Tiere ausgeschlachtet und         die EU-Öko-Verordnung keine Vorgaben.
                   zerteilt werden
                                                                 Bezüglich Mobiler Schlachtung, Hofschlachtung,
                                          Quelle: duden.de       Kugelschuss auf der Weide gelten die jeweiligen
                                                                 EU-, Landes- oder Bundesland-Vorgaben, zum
                                                                 Beispiel für Bayern zu sehen unter:
                                                                 www.lfl.bayern.de/iba/haushalt/254533/
                                                                 index.php
WENN DAS
        LEBEN ZUM
        LEBENSMITTEL
           WIRD ...

In den Herrmannsdorfer Landwerkstätten werden Lebensmittel vom Acker
bis zum Teller produziert – Schlachtung inklusive. Sophie Schweisfurth,
Geschäftsführerin des Biokreis-Betriebs, beschäftigt sich mit den Bedingungen
für eine möglichst tiergerechte Schlachtung. Wie diese aussehen,
erklärt sie im Interview. Von Ronja Zöls-Biber                             
TITEL | Schlachten und achten?

                                                            Frau Schweisfurth, haben Sie schon mal ein Tier
                                                            getötet?
                                                            (überlegt) Fische beim Angeln. Ein Schwein noch nicht.
                                  Den Zusammenhang
                                  zwischen Leben und
                                  Lebensmittel zu ak-       Ist es etwas anderes, eine Mücke zu erschlagen als ein
                                  zeptieren, fällt vielen   Schwein abzustechen?
                                  Menschen schwer.          Natürlich – aber rein emotional gesehen, aus dem Bauch heraus.
                                  Bilder: Tobias Köhler
                                                            Ich denke, dass die Größe des Tieres hier tatsächlich eine Rele-
                                                            vanz hat. Ein Rind hat einfach eine andere Präsenz als ein Huhn
                                                            und ist als Lebewesen greifbarer.

                                                            Dürfen wir Tiere töten?
                                                            Ich denke in landwirtschaftlichen Kreisläufen, und die Nutztier-
                                                            haltung gehört hier dazu. Die Nutzung von Grasflächen durch
                                                            das Rind und nachhaltiger Ackerbau ergeben in der Symbiose
                                                            ein gutes Gesamtsystem. Auf einem Hang im Allgäu kann eben
                                                            kein Gemüsebau stattfinden. Für die Produktion von Schweine-
                                                            fleisch gibt es zugegebenermaßen keine gute Begründung.
                                                            Der Mensch ist ein Omnivor, Fleischgenuss ist Teil unserer Kul-
                                                            tur. Klar ist aber auch, dass sich Essgewohnheiten ändern kön-
                                                            nen – etwa zugunsten des Vegetarismus oder Veganismus. Ich
                                                            halte beide für spannende Bewegungen und eine konsequente
                                                            Ernährungsweise für wichtig. Ich selbst konsumiere sehr wenig
                                                            Fleisch, aber wenn, dann nur das beste.

20                                                          Kann Schlachtung tiergerecht sein?
                                                            Wenn man ehrlich ist, kann sie das nicht, denn es wird ein Le-
                                                            ben beendet. Nutztiere werden zu dem Zweck gehalten, sie
                                                            selbst oder ihre Nebenprodukte wie die Milch zu verwerten.
                                                            Mein Großvater hat immer gesagt: Ein Metzger, der ein Tier nicht
                                                            respektiert, ist kein guter Metzger. Es sind eher die weichen
                                                            Komponenten, die die feinen Unterschiede bei der Schlachtung
                                                            ausmachen. Wir in den Herrmannsdorfer Landwerkstätten sind
                                                            privilegiert, diese umsetzen zu können. Dabei geht es zum Bei-
                                                            spiel darum, ruhig mit den Tieren umzugehen. In Schlachthöfen,
                                                            in denen jede Sekunde zählt, ist das schwer.

                                                            Wie läuft die Schlachtung in Ihrem Haus ab?
                                                            Die Tiere kommen schon am Abend vor der Schlachtung bei
                                                            uns an und verbringen eine Nacht in unseren Ställen, um sich
                                                            von der Aufregung des Transports zu erholen. Sie sind in ihrer
                                                            gewohnten Gruppe, können sich hier beruhigen und Adrenalin
                                                            abbauen. Am nächsten Tag trennt ein ihnen unbekannter Mann
                                                            ein Tier nach dem anderen von der Gruppe. Der Metzger nutzt
                                                            den natürlichen Instinkt der Tiere. Schweine sind neugierig
                                                            und laufen in einen Raum hinein, wenn die Tür aufgeht. Dann
                                                            schnüffeln sie, drehen sich um, weil sie merken, dass die ande-
                                                            ren nicht mitkommen, und werden in diesem Moment betäubt
                                                            und gestochen. Die anderen Tiere sind zwar da, merken das aber
                                                            nicht. Das ist natürlich nur unsere Interpretation, aber sie blei-
                                                            ben ruhig und schnüffeln sogar am Blut. Dann wird dem Schwein
                                                            Zeit gegeben zu gehen. Das klingt etwas religiös, aber einer un-
                                                            serer Metzger formuliert es so, wenn er das Schwein ausbluten
                                                            lässt, anstatt es gleich weiter zu ziehen zur nächsten Station.
                                                            Nach dem Ausbluten wird es entborstet. Das ist für mich der
P E K T  V OR
Moment, an dem das Le-            RES            K A N N MAN
ben zum Lebensmittel wird.       "DEM TIER               E SSEN
Nun verlieren die Tiere ihre
                                            N IC  H T  M
individuelle Farbe, und ein
                                  LEIDER ESETZE
Schwein gleicht dem anderen.
                                              G
                                   U N D I N N ."
                                                E
                                   SC H R E I B
Wenn man Richtlinien für
die Bio-Schlachtung einfüh-
ren würde, welche Regelun-
gen müssten sie beinhalten?
Respekt vor dem Tier kann man
leider nicht messen und in Ge-
setze schreiben. Wichtig wäre aber auch, Lärm auszuschalten,
die räumlichen Voraussetzungen und die Betäubung zu opti-
mieren. Wenn schon der Metzger nervös ist, weil die Gegeben-
heiten nicht gut passen, ist das keine gute Bedingung für eine
stressfreie Schlachtung. Meiner Meinung nach ist es wichtig,
eine positive Atmosphäre für Mensch und Tier zu schaffen. Un-
ser Schlachthaus strahlt in Gelb und ist mit Kunst versehen.
Pro Woche werden 50 Schweine, 13 Rinder, zehn Kälber und               Sophie Schweisfurth
25 Lämmer geschlachtet. An einem Tag kommt immer nur eine              bemüht sich um eine
einzige Gattung dran. Die Tierart ist unter sich. Kein Schwein         möglichst tiergerechte
                                                                       Schlachtung.
muss ein Lamm hören, wenn es noch nie zuvor eins gehört hat.
Und der Mensch kann sich voll auf eine Tierart einlassen.

Meist gelingt es uns Verbraucher*innen ganz gut, den Akt                                                                             21
des Tötens zu verdrängen. Sollten wir uns wieder mehr
mit diesem Thema auseinandersetzen?
Auf jeden Fall – denn nur so kann es gelingen, unseren Kon-       Würde eine Ernährung ohne Nutztierhaltung unsere
sum zu reduzieren. Wir halten etwa bewusst unsere Schweine        Probleme lösen oder nur andere schaffen?
neben dem Biergarten, wo der Schweinebraten auf der Spei-         Veganismus haftet das Problem an, dass als Ersatz hochverar-
sekarte steht. Viele Verbraucher*innen haben Probleme damit,      beitete Lebensmittel dienen. Möchte ich diese nicht konsumie-
den unmittelbaren Zusammenhang von Leben und Lebens-              ren, bleiben mir fast nur Früchte und Gemüse. Industriell her-
mitteln zu akzeptieren. An unserer Fleischtheke haben wir mal     gestellte Lebensmittel entsprechen nicht meiner Philosophie
ein Schild aufgestellt mit der Aufschrift „Würdevoll gewachse-    von handwerklicher und ehrlicher Lebensmittelerzeugung. La-
nes Fleisch“. Einige Kund*innen wollten, dass wir das Schild      borfleisch halte ich demnach auch für keinen guten Lösungs-
entfernen.                                                        ansatz. Beim Verzehr von Insekten wird die Problematik von
                                                                  einem Tier zum nächsten verlagert. Derzeit stellen wir Versu-
Welche Möglichkeiten haben wir überhaupt, dieser                  che mit der Lupine an, einer heimischen Ackerfrucht, die viel
Entfremdung entgegenzuwirken?                                     Potenzial als Tierfutter, aber auch für eine vegetarische Ernäh-
Die Verbraucherschaft bekommt sehr viele Infos – etwa in          rung bietet. Auch wir machen uns Gedanken über Alternativen
Form von QR-Codes –, aber diese werden wenig angenom-             für die Zukunft.
men. Ich appelliere an die Verbraucher*innen, sich als mündi-
ge Bürger*innen zu sehen und aktiv zu fragen: Wo kommt das        Haben auch Bäuerinnen und Bauern bezüglich der
her? Man muss sich etwa im Restaurant trauen, eine unange-        Schlachtung eine Verantwortung?
nehme Kundschaft zu sein. Personen, die Fleisch verkaufen,        Bio-Landwirt*innen haben sich ein bis drei Jahre um ein Tier
sind dazu verpflichtet, diese Infos zu geben. Ich bin oft ent-    gekümmert, es gut gehalten und gefüttert – ihnen ein artge-
setzt, wie wenig Wissen aber tatsächlich vorhanden ist.           rechtes Leben ermöglicht. Am Punkt des Schlachtens spielt das
                                                                  keine Rolle mehr. Die Landwirt*innen haben keinen Einfluss
Was ist beim Kauf von Fleisch ein guter Anhaltspunkt für          mehr. Daher sollten sie sich fragen: Wohin gebe ich am Ende
ein hochwertig erzeugtes Produkt?                                 meine Tiere? Bei uns ist manchmal auch ein Bauer oder eine
Ich denke, dass die Kombination von Bio und Direktvermark-        Bäuerin bei der Schlachtung dabei. Und einer unserer Landwir-
tung ein hilfreicher Anhaltspunkt ist. Denn ein Tier wird nur     te bringt seinen Schweinen abends nach dem Transport noch
geschlachtet, wenn genug Pakete bestellt wurden. Ein Garant       Kräuter zur Beruhigung. Sein Anspruch ist, den Tieren auch auf
für minderwertig hergestelltes Fleisch ist ein niedriger Preis.   ihrem letzten Weg beizustehen.
TITEL | Schlachten und achten?

        „KEINER WILL EIN
        SCHLACHTHAUS VOR
        DER HAUSTÜR HABEN“
         Michael und Carmen Mack haben den Neubau ihres kleinen
         Geflügelschlachthofs trotzdem geschafft. Von Ronja Zöls-Biber

                          Dass Tiere nicht über Stunden zum Ort ihrer Schlachtung
                          transportiert werden sollen – darüber sind sich die meisten
                          Verbraucher*innen einig. Um diesem Anspruch gerecht zu wer-
                          den, braucht es ein regionales Netzwerk an Schlachthöfen. Mi-
                          chael und Carmen Mack, die in Weikersholz, Baden-Württem-
                          berg, den Biokreis-Putenmast-Betrieb Sternhof führen, haben
22
                          vier Kilometer von ihrem Hof entfernt einen kleinen Schlacht-
                          hof für Geflügel aufgebaut. Das Projekt war alles andere als
                          einfach.
                          Geschlachtet wurde auf dem Sternhof schon seit den 1980er-
                          Jahren. Auf 100 Quadratmetern wurden hier die eigenen Tie-
                          re geschlachtet und zerlegt, doch es kam immer wieder die
                          Anfrage, diese Dienstleistung auch für andere anzubieten.
                          „Letztendlich war unsere Motivation für den Bau des Schlacht-
                          hauses, den Betrieb für eine Hofnachfolge unserer Kinder auf
                          breitere Beine zu stellen. Ein zusätzlicher Stall wäre eine Opti-
                          on und Riesen-Investition gewesen. Wir haben uns dafür ent-
                          schieden, statt in einen Stall in das Schlachthaus zu investie-
                          ren“, erklärt Michael Mack. Nach diesem Entschluss dauerte es
                          aber noch eineinhalb Jahre bis zur Genehmigung. Denn die Ein-
                          wände gegen den Bau eines Schlachthauses sind vielfältig. Vor
                          allem Lärm und Geruch sind Hürden von Seiten der Nachbar-
                          schaft. „Jeder spricht von kleinen regionalen Schlachthäusern,
                          aber keiner will eins vor der Haustür haben“, erklärt Michael
                          Mack. Nicht ausreichend ausgestattete Kläranlagen können
                          ein weiterer Grund für eine Ablehnung des Antrags sein. Denn
                          die Schmutzfracht einer Schlachterei sei enorm. Weil es in der
                          Nähe des Standortes der Macks aber früher schon einmal eine
                          Geflügelschlachtanlage gab, war die Kläranlage im Hauptort
                          der Gemeinde bereits für diese besondere Anforderung ausge-
                          stattet. Dazu muss aber das Schlachtabwasser in die größere
                          Kläranlage im Hauptort transportiert werden.
Große Auflagen für kleine Schlachthäuser

                                        Um eine Genehmigung zu erhalten, müssen kleine Schlachthö-
                                        fe dieselben Vorgaben erfüllen wie große. So braucht es etwa
                                        300 Quadratmeter Sozialräume, aufgeteilt auf zwei Zonen,
                                        „rein“ und „unrein“. Es braucht Duschen und Toiletten, ge-
                                        trennt für Frauen und Männer, ein Büro, ein Veterinärbüro und
                                        und und … Seitenweise Auflagen seien zu erfüllen und Abläufe
                                        zu dokumentieren. Allein die Erstellung der Unterlagen für die
                                        Genehmigung habe unheimlich viel Zeit und Nerven sowie etli-
                                        che Wochenenden und Nachtstunden gekostet. Carmen Mack
                                        kümmert sich ums Büro, und das teilweise noch abends und
                                        nachts.
                                        Dass im Juni 2020 mit dem Schlachten begonnen wurde, habe
                                        die Nachbarschaft dann gar nicht mitbekommen. „Da das
                                        Haus noch nicht verputzt war, ging keiner davon aus, dass der
                                        Betrieb schon läuft“, erzählt Michael Mack. Erst nach einem
                                        dreiviertel Jahr habe jeder Bescheid gewusst. Von Montag bis
                                        Mittwoch steht Michael die meiste Zeit in seinem 1800 Qua-
                                        dratmeter großen Schlachthaus, ab Donnerstag kann er sich
                                                                                                            23
                                        wieder mehr um die Landwirtschaft kümmern. Knapp 500
                                        Tiere werden pro Tag geschlachtet, etwa 200 pro Stunde, zwei
                                        Tage die Woche. Die Puten stammen aktuell ausschließlich aus
                                        eigener Erzeugung. Zerlegt und verpackt fahren die Macks sie
                                        dann an die verschiedenen Naturkostläden aus. Legehennen
                                        und Masthähnchen aus der Region werden momentan nur im
                                        Lohn geschlachtet und zerlegt. Das Schlachthaus könne zwar
                                        auch größere Mengen verarbeiten, aber dafür fehle das Perso-
                                        nal. Dieses müsse erst einmal gefunden, eingearbeitet, ver-
                                        waltet und bezahlt werden. Derzeit sind 15 Mitarbeiter*innen
                                        in Voll- und Teilzeit hier beschäftigt. Sie arbeiten für kleinere
                                        und größere Kund*innen. Preislich könne Mack mit den großen
                                        Schlachthöfen nicht mithalten. Diese würden fast ausschließ-
                                        lich mit ausländischem Personal arbeiten. Der Veterinär koste
                                        gleich viel – egal ob 200 oder 500 Tiere pro Stunde geschlachtet
                                        werden. Das schlage sich auf den Preis nieder. Michael Mack:
                                        „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass größere Kundschaft oft
                                        erstmal interessiert ist, aber dann aus Preisgründen doch nicht
                                        zu uns kommt.“

In dem 1800 Quadratmeter großen
Schlachthaus werden Puten, Legehennen
und Masthähnchen geschlachtet.
Bilder: Mack
TITEL | Schlachten und achten?

                LEBEN UND
                STERBEN AUF
                DEM HOF
                                             Biokreis-Landwirt Markus Fesl
                                             begleitet sein Geflügel vom
                                             ersten Tag an bis zum Tod im
                                             hofeigenen Schlachthaus.
                                             Von Ronja Zöls-Biber

                         Wenn Markus Fesl des nachts in die Ställe schleicht, hat
                         für so manches seiner Tiere das letzte Stündchen geschla-
                         gen. Denn während die Artgenossen auf ihren Stangen
                         sitzend schlafen, holt der 24-jährige Landwirt nacheinan-   und gereinigt. Am kommenden Tag folgt noch einmal eine
24                                                                                   Reinigung mit 80 Grad heißem Wasser und Desinfekti-
                         der etwa 120 bis 150 Hähnchen ruhig aus ihrer Herde und
                         trägt sie ins hofeigene Schlachthaus hinüber. Es ist die    onsmitteln. Am nächsten Schlachttag in zwei Wochen er-
                         Nacht von Samstag auf Sonntag. Markus und sein Bruder       folgt die Wasch- und Desinfektionsprozedur ein weiteres
                         Benedikt (23) haben ihre weißen Metzgerschürzen ange-       Mal. Das Fleisch ist fertig für die Metzgerei Kammermei-
                         zogen. Behutsam, aber entschlossen hält Markus eins         er, deren Fahrer die Ware am nächsten Morgen mit dem
                         seiner Hähnchen in den Händen, umschließt bergend die       Kühlwagen abholt.
                         Flügel und Füße, bis das Holzscheit auf den Kopf schlägt.    Regional, frisch und stressfrei für die Tiere
                         Nach der Betäubung hackt Markus mit einem kleinen Beil
                         den Kopf des Huhns ab. Anschließend legt er das tote Tier   Markus Fesl ist zwar als Sohn eines Metzgers und Land-
                         in einen Edelstahl-Trichter zum Ausbluten. Das Blut läuft   wirts irgendwie in die ganze Sache hineingewachsen
                         in eine Rinne, später wird es gemeinsam mit den Federn,     und die Anweisung „Hinlangen, Buben!“ war auch beim
                         den Innereien, Knochen und dem Darm einem Tierbesei-        Schlachten üblich, trotzdem wurde er in das, was er heute
                         tigungsunternehmen mitgegeben. Nach dem Ausbluten           tut, auch hineingeworfen wie in ein kaltes Wasser. Denn
                         kommt der Schlachtkörper in die Rupfmaschine. An Gum-       als vor fünf Jahren der Vater plötzlich starb, traten er, sein
                         minoppen, die sich schnell und eng um das tote Huhn         Bruder Benedikt und seine Schwester Viktoria (25) in die
                         drehen, bleiben die Federn hängen. Wenn der Tierkörper      Fußstapfen des Bio-Bauern. Tagsüber arbeitet Markus als
                         abgekühlt ist, wird er im Raum nebenan zerlegt. Etwa        Schreiner, Benedikt als Schlosser und Viktoria als Damen-
                         zehn Hähnchen und fünf Truthähne werden heute Nacht         schneiderin. Nach der Arbeit helfen sie gemeinsam mit
                         auf dem Hof, auf welchem sie ihr ganzes Leben verbracht     Mutter Martina auf dem Biokreis-Hof in Untergriesbach
                         haben, geschlachtet. Dann ist der Spuk vorbei. Das kleine   (Landkreis Passau) zusammen. In dieser kurzen Zeit ha-
                         Schlachthaus wird von den hinterlassenen Spuren befreit     ben die vier nicht nur geschafft, den Betrieb mit Direkt-
                                                                                     vermarktung aufrechtzuerhalten, sondern ihn auch noch
                                                                                     auf breitere Beine gestellt. Auf einer bewirtschafteten
                                                                                     Fläche von sieben Hektar werden 900 Legehennen, 800
                                                                                     Masthähnchen, 200 Puten, 200 Enten und 150 Gänse
                                                                                     gehalten. Zwei Esel, vier Hunde und einige Katzen laufen
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