Blickwinkel - Luzerner Psychiatrie
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blickwinkel DAS MAGAZIN DER LUZERNER PSYCHIATRIE | No 14 | Mai 2022 Verabschiedung «Stabil» Projekt Zieloffene Dr. med. Conrad Frey Sozialtherapeutisches «Kleinstpensen» Suchtarbeit Jugendhilfeangebot Gemeinsames Projekt Motivation Tageskliniken lups und Veränderung Stiftung Brändi
blickwinkel Magazin der lups Inhalt 6–8 8 – 11 20 – 21 Im Fokus Im Fokus 4 – 5 Verabschiedung 20 – 21 Projekt Rechtsformänderung Dr. med. Conrad Frey Luzerner Psychiatrie wird eine Wir verabschieden den gemeinnützige Aktiengesellschaft langjährigen Kaderarzt Im Fokus Im Fokus 22 Digitalisierung 6 – 8 Sozialpädagogisch-therapeutisches Die Luzerner Psychiatrie trägt dem Jugendhilfeangebot Thema «Digitalisierung/Automatisierung» «Stabil» in Bad Knutwil Rechnung Im Fokus Im Fokus 9 – 11 Projekt «Kleinstpensen» 23 – 25 Neubau Wohnheim Sonnegarte Gemeinsames Projekt der Tageskliniken Der Neubau schreitet voran lups und der Stiftung Brändi Rückblick Im Fokus 26 – 27 Rückblick auf ein Jahr SERO 12 – 13 Zieloffene Suchtarbeit Intensives Jahr der Projekteinführung Motivation Veränderung Rückblick Im Fokus 28 ZEBI 2021 – ein Rückblick 14 – 16 Psychische Gesundheit Luzerner Psychiatrie präsent Eine etwas philosophische Betrachtung News Im Fokus 29 Bautätigkeit lups 17 Planungsbericht Psychiatrie Optimierung Therapieräumlichkeiten Psychiatrische Versorgung im Kanton Luzern am Standort St. Urban Im Fokus News 18 – 19 Wiederwahl Spitalrat und Abschied 30 Personelles aus dem Kader des langjährigen Präsidenten Neue Ansprechpartnerinnen, neue Der Regierungsrat des Kantons Luzern hat Ansprechpartner, Beförderungen per 1. Januar 2022 gewählt Impressum Magazin «blickwinkel», Nº 14, Mai 2022 Maeck, Chefarzt Stationäre Dienste; Daniel Müller, Leiter Stab Herausgeber Luzerner Psychiatrie, www.lups.ch Direktion; Jürg Meyer, Spitalratspräsident; Stefanie Widmer, Redaktionsleitung Silvia González, Teamleiterin Leiterin Rechtsdienst; Hanspeter Häfliger, Leiter Betriebswirtschaft Kommunikation & Marketing und Infrastruktur; Angelika Voigt, Leiterin Wohnheim Sonnegarte; Redaktionelle Mitarbeit Dr. med. Stegmann Tobias, Oberarzt Alois Vogel, Leiter Bildung und Aggressionsmanagement Kinder- und Jugendpsychiatrie; Dr. med. Oliver Bilke-Hentsch, Chefarzt Fotografie Fabian Feigenblatt Fotografie und Diverse Kinder- und Jugendpsychiatrie; lic.phil. Christina Häfliger, Leitende Layout Minz, Agentur für visuelle Kommunikation, www.minz.ch Psychologin, Tagesklinik Sursee; Matthias Minder, Psychotherapeut, Druck Abächerli Media AG Tagesklinik Sursee; Nicole Jost, Leitende Psychologin, Abhängigkeits- Auflage 2500 Exemplare erkrankungen 2, Klinik St. Urban; Sarah Wey, Leitende Psychologin Redaktionsadresse Luzerner Psychiatrie, Abhängigkeitserkrankungen 1, Klinik St. Urban; Dr. med. Lienhard Kommunikation & Marketing, T 058 856 50 47, info@lups.ch 2
blickwinkel Editorial Magazin der lups Bewegt Liebe Leserinnen und Leser Wir leben in einer bewegten Zeit, nicht nur mit Blick auf das Weltgeschehen. Auch im Mikrokosmos einer Unternehmung ist vieles im Fluss. Geschätzte Kaderpersonen werden verabschie- det und neue Mitglieder begrüsst. Der Regierungsrat des Kan- tons Luzern hat per 1. Januar 2022 die Mitglieder des Spitalrats gewählt. Der bisherige Spitalrat Jürg Meyer ist zum neuen Prä- sidenten gewählt worden. Er folgt auf den per Ende 2021 zu- rückgetretenen Hans Schärli. Neu nimmt Anita Heggli Einsitz in den Spitalrat. Sie ersetzt Dora Bremgartner, die ebenfalls per Ende 2021 zurückgetreten ist. Auch unser langjähriger Kader- arzt und vormaliger Chefarzt Psychiatrie am KSOW, Conrad Frey, wird in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet. Mit der Strategie lups2025 haben der Spitalrat und die Ge- schäftsleitung im Jahr 2021 den Grundstein für die künftige Ausrichtung der Luzerner Psychiatrie gelegt. Die definierten strategischen Stossrichtungen und Grundhaltungen «Arbeit- Im Dezember 2021 hat der Luzerner Kantonsrat dem Planungs- geberattraktivität», «Fokussierung» und «Qualität und Wirt- bericht über die psychiatrische Versorgung im Kanton Luzern schaftlichkeit» werden uns in den nächsten Jahren beschäfti- ohne Gegenstimmen zugestimmt. Dieses Resultat ist sehr er- gen. Der digitale Wandel ist in der Medizin zunehmend spürbar freulich. Diese deutliche Zustimmung darf sicher auch als Aner- und auch im Fachgebiet Psychiatrie und Psychotherapie macht kennung und Wertschätzung seitens der Politik gegenüber der sich ein Wandel bemerkbar. Die Luzerner Psychiatrie hat dem Arbeit aller im Netzwerk der psychiatrischen Versorgung täti- Thema «Digitalisierung /Automatisierung» in der Strategie gen Personen gewürdigt werden. Nach dem Prinzip «ambulant lups2025 entsprechend Rechnung getragen (S.22). vor stationär» wollen wir mit dem «Projekt KANT» (Krisen-/ Abklärungs-/ Notfall- und Triagestelle) sowie einem zeitnahen Über neue Angebote und Projekte der lups wie beispielsweise Ausbau des ambulanten Angebotes zum Abbau der Warte dem Sozialpädagogisch-therapeutischen Jugendhilfeangebot zeiten die Versorgungssituation möglichst rasch verbessern. «Stabil» in Bad Knutwil berichten wir ab der Seite 6. Die Um- wandlung der lups in die gemeinnützige «Luzerner Psychiatrie AG» erfolgt per 1. Juli 2022. Durch den mit grosser Zustim- Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre. mung angenommenen GAV wird die bereits sehr gute Sozial- partnerschaft zwischen Unternehmen und Personal weiter ge- Peter Schwegler stärkt. Direktor / CEO 3
blickwinkel Magazin der lups Im Fokus Wir verabschieden den langjährigen Kaderarzt Conrad Frey Dr. med. Conrad Frey hat die Entwicklung in der Kinder- und Erwachsenen psychiatrie als ehemaliger Chefarzt am Kantonsspital Obwalden massgeblich geprägt. Seitdem die Luzerner Psychiatrie im Jahr 2017 die institutionelle psychiatrische Grundversorgung für die Kantone Obwalden und Nidwalden sicherstellt, arbeitete er als Kaderarzt für die lups. Seine Fachkompetenz und seine zwischenmenschlichen Qualitäten werden allseits geschätzt. Per Ende November 2022 wird er in Pension gehen. Für sein langjähriges Engagement danken wir herzlich. Studium und Assistenzzeit Nach seinem Studium an den Universitäten Bern und Mont- pellier (F) promovierte er im Jahr 1978 an der Medizinischen Fakultät der Universität Bern zum Thema Raucherentwöhnung mit Hilfe einer Ferntherapie. Während seiner Assistenzarztzeit arbeitete er unter anderem in der Kinder- und Jugendpsychia- trischen Universitätspoliklinik und Psychiatrischen Universi- tätspoliklinik in Bern und als Gastarzt auf der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Adoleszentenstation, an der Universität Hamburg-Eppendorf. Kaderstationen Nach oberärztlicher Tätigkeit an der Kinder- und Jugendpsy chiatrischen Universitätskinderpoliklinik in Bern, Interlaken und Langenthal leitete er ab 1987 den Bereich «Psychosomatik» an der Medizinischen Universitätskinderklinik in Bern. Von 1995 – 2001 war er Ärztlicher Leiter des Therapiezentrums für Folteropfer SRK in Bern, von 2001 – 2007 Abteilungsleiter am Zentrum für Migration und Gesundheit SRK in Bern. Von 2008 bis Dezember 2016 leitete er als Chefarzt die Psychiatrie für Kin- der, Jugendliche und Erwachsene am Kantonsspital Obwalden. Dr. med. Conrad Frey Seitdem die Luzerner Psychiatrie im Jahr 2017 die institutionelle psychiatrische Grundversorgung in den Kantonen Obwalden und Nidwalden sicherstellt, war Conrad Frey als Oberarzt in der lups tätig. 4
blickwinkel Im Fokus Magazin der lups Engagement Projekt zu Gunsten von palästinensischen Jugendlichen und In seiner langen Schaffenszeit engagierte sich Conrad Frey Fachkräften in Gaza sowie in der Westbank. In der Zusam- neben seiner ärztlichen Tätigkeit stark in den Bereichen For- menarbeit mit Patientinnen, Patienten, Familien und Mitarbei- schung, Lehre, Supervision und war berufspolitisch tätig. So tenden zeigt er ein hohes Mass an Einfühlung und Einsatzbe- vertrat er die Assistenz- und Oberärzte während acht Jahren reitschaft. Seine vernetzte Denkweise und sein ökonomisches im Zentralvorstand der FMH. Neben der anspruchsvollen Tätig- Handlungsvermögen werden ebenso geschätzt wie seine Be- keit veröffentlichte er zahlreiche wissenschaftliche Publikatio- harrlichkeit und Bereitschaft zu Sonderleistungen. nen, schrieb Buchbeiträge und Monographien. Mit 65 noch nicht Schluss Conrad Frey bezeichnete sich einmal als ausgeprägten Gene- Andere gehen mit 65 in den Ruhestand, nicht so Conrad Frey. ralisten, der sich mit Vorliebe und Idealismus an den Schnittstel- Aufgrund des Fachkräfte- und Ärztemangels und aus Freude len und in Netzwerken bewegt. Dies und sein ausgesprochenes an seiner beruflichen Tätigkeit arbeitete Conrad Frey von Ja- Flair für Weiterbildungsveranstaltungen und Öffentlichkeitsar- nuar 2017 bis Ende November 2020 noch in einem 60 % Pen- beit wurden ihm von verschiedenster Seite bestätigt. Unter sum weiter und steht der lups bis Ende November 2022 stun- anderem war er Mitglied im Stiftungsrat (Gründungsmitglied) denweise zur Verfügung. Für sein grosses Engagement und der Stiftung Kinder und Gewalt in Bern sowie in der Stif die Bereitschaft, seine Pensionierung aufzuschieben, sind wir tungsversammlung von Pro Mente Sana in Zürich. Zwischen im sehr verbunden. 2003 – 2014 war er Präsident von «IPSILON», der schwei zerischen Dachorganisation zur Prävention von Suizid in der Die Direktion und Geschäftsleitung, das Kader und die Mitar- Schweiz. Seit 2008 vertritt er bis heute die Psychiatrie OW / NW beitenden wünschen Conrad Frey alles Gute und danken ihm im Vorstand von Traversa, Luzern. herzlich für seine Arbeit. Seine besonderen Interessen in der Flüchtlingsarbeit zeigen Peter Schwegler, CEO/Direktor sich in der Mitarbeit in einem mehrjährigen psychosozialen Sarnersee Dr. med. Conrad Frey 5
blickwinkel Magazin der lups Im Fokus Sozialpädagogisch- therapeutisches Jugendhilfeangebot «stabil» in Bad Knutwil Am 1. August 2021 ist nach mehrjähriger Vorbereitungszeit ein interdiszipli näres sozialpädagogisch-therapeutisches Jugendhilfeangebot im Jugenddorf Bad Knutwil eröffnet worden. In einer renovierten Jugendstilvilla auf dem Areal des Jugenddorfes stehen sechs vollstationäre Plätze für männliche Jugendliche und Heranwachsende zwischen 14 und 25 Jahren zur Verfügung. 6
blickwinkel Im Fokus Magazin der lups Haus Stabil, Jugenddorf Knutwil (Symbolbild) Jugendliche haben die Möglichkeit, ihren Schulabschluss nachzuholen. Interdisziplinäres sozialpädagogisch- zuständig. Esther Klein und Benjamin Barmettler sind adminis- therapeutisches Angebot für männliche trativ dem Ambulatorium Luzern des Kinder- und Jugendpsy- Jugendliche chiatrischen Dienstes zugeordnet und arbeiten in sog. Perso- Das neue Angebot richtet sich an sozialpädagogisch aufwendig nalausleihe jeweils an drei Wochentagen am Standort in Bad zu betreuende, psychisch schwer und mehrfach beeinträchtigte Knutwil. Tobias Stegmann ist jede Woche einen Vormittag zu sowie schulisch benachteiligte Jugendliche und Heranwach- Team- und Fallbesprechungen zugegen und hat die Personal- sende mit hohem Aggressions- und Dissozialitätspotenzial. führung inne. Das Angebot «stabil» umfasst zudem ein breites Gemeinsame Basismechanismen sind oft frühe sequentielle Spektrum an Arbeitsbeschäftigungen und beruflichen Orien- Traumatisierungen, Bindungsstörungen, chronische Beeinträch- tierungs- und Ausbildungsmöglichkeiten durch einen Arbeits- tigungen der Beziehungs- und Emotionsentwicklung sowie Stö- agogen vor Ort, welcher das interdisziplinäre Team vervoll- rungen der Affekt- und Impulskontrolle. Die Jugendlichen haben ständigt. im Vorfeld des Eintrittes vielfach ohne geeignete Tagesstruktur gelebt und sind aus allen altersentsprechenden sozialen Kon- Eine gut durchdachte, abwechslungsreiche Tagesstruktur von texten herausgefallen. Es besteht häufig ein auffällig niedriges Anfang an soll dazu dienen, das psychische Befinden und die soziales Funktionsniveau. Einweisende Institutionen sind u. a. verloren gegangene Selbständigkeit der belasteten jungen Jugendanwaltschaften und die KESB. Menschen nachhaltig zu verbessern. Die Sorgeberechtigten werden durch regelmässige Eltern- und Standortgespräche in- Die entsprechenden Jugendlichen können in einer regulären tensiv einbezogen. Kinder- und Jugendpsychiatrischen Klinik aufgrund ihrer gerin- gen Strukturiertheit und ihrem hohen sozialpädagogischen Intensive Vorarbeiten und konstruktiver Unterstützungsbedarf nicht längerfristig behandelt werden. Austausch Ebenso ist die längerfristige Betreuung in klassischen Jugend- Im Vorfeld der Etablierung des innovativen Jugendhilfeange- hilfeeinrichtungen aufgrund ihrer tiefgreifenden psychischen botes fanden intensive und umfassende Vorbereitungsarbeiten Störungen und ihrem hohen psychotherapeutischen und z. T. zwischen dem Jugenddorf Knutwil und der Luzerner Psychiatrie medikamentösen Unterstützungsbedarf nicht möglich. auf Leitungsebene statt. Dazu erfolgten Abstimmungen bzgl. der Finanzierung mit den verschiedenen Kostenträgern und Engmaschige Begleitung und Betreuung den kantonalen Behörden, so dass die interne Psychotherapie durch ein interdisziplinäres Team sowie die psychiatrische und psychopharmakologische Be- Die Jugendlichen werden durch ein interdisziplinäres Team eng- handlung pauschal abgegolten werden können und nicht ein- maschig unterstützt. Dazu zählen Mitarbeitende der Sozial zeln über die Krankenkassen der Jugendlichen abgerechnet pädagogik und der Pflege sowie zwei Lehrpersonen für die werden müssen. interne Beschulung. Hinzu kommen Mitarbeitende der Luzerner Psychiatrie (lups), welche das jugendpsychiatrische Angebot Die ersten Planungen wurden noch unter Thomas Heinimann zur Verfügung stellen. Für die interne Psychotherapie sind mit (ehemaliger Chefarzt Kinder- und Jugendpsychiatrie lups) und Esther Klein und Benjamin Barmettler zwei psychologische Peter Schwegler (Direktor / CEO) von der Luzerner Psychiatrie Fachpersonen und für die psychiatrische und psychopharma- sowie Kathrin Burkhardt, Raffael Beer und Christian Thalmann kologische Behandlung Tobias Stegmann als Konsiliarpsychia- vom Jugenddorf Knutwil begonnen. Potentielle Konfliktpunkte ter des Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienstes der lups an der Schnittstelle zwischen Jugendhilfe, Jugendpsychiatrie 7
blickwinkel Magazin der lups Im Fokus hinten von links: Andreas Arn, Benjamin Barmettler, Esther Klein, René Schmid, Olivia Droste, Anastasiya Khmelnytska, Raphael Hägeli, Sandra Nienaber, Marvin Kim, Céline Heitzmann, Tobias Stegmann, Christian Thalmann vorne von links: Sylvia Caruso, Maria Brokopp, Esther Wallimann, Sarah Galliker Es fehlen Nicole Rechsteiner und Samuel Lienhard und Schule / Ausbildung wurden von Beginn an erkannt, klar jugendpsychiatrischen Behandlungen sowie den häufig auf- angesprochen und konstruktiv bearbeitet. tretenden expansiven Verhaltensweisen besonders personalin- tensiv und anspruchsvoll. Entgegen erster Annahmen ist es Zuletzt absolvierte das interdisziplinäre Team gemeinsam einen bisher selten zu notfallmässigen Einweisungen in die Akut- Basiskurs zum Aggressionsmanagement der Luzerner Psychia- und Intensivstation (AKIS) des Kinder- und Jugendpsychiatri- trie und erhielt durch den Kinder- und Jugendpsychiatrischen schen Dienstes gekommen, deren Leiter Urs Müller ebenso Dienst Einführungen in die Jugendpsychiatrie und -psychothe- wie Raphaela Jülke eng in die Anfangsplanungen einbezogen rapie sowie Einweisungen in die Psychopharmakotherapie des waren. Jugendalters. Das interdisziplinäre Team ist Anfang 2022 in einem konstruk- Die Zusammenarbeit des Teams ist ferner durch eine kontinu- tiven Kooperationsprozess angekommen, die Mitarbeitenden ierliche Fallsupervision bei Daniela Imbach, welche auch einen aller Bereiche sind mit viel Engagement und Freude bei der Ar- Grossteil der Konzeptarbeit übernommen hat, als externe Su- beit, erste Erfolge bei den komplexen Klienten zeichnen sich ab pervisorin mit spezieller Expertise in Jugendforensik, Institut und die Arbeit wird demnächst intern und extern wissenschaft- für Forensische Psychologie Zentralschweiz, sowie durch eine lich evaluiert (u. a. EFCAP*-Kongress Mai 2022). Die sechs Plät- direkte Unterstützung der jeweiligen Institutionsleitungen in ze werden gut nachgefragt und sind stets ausgelastet. Anbetracht der besonders herausfordernden Jugendlichen sehr gut gelungen. Es handelt sich um ein neu zusammenge- Das Jugenddorf Knutwil und die Luzerner Psychiatrie leisten setztes, sich selbst erst findendes bzw. eine gemeinsame Iden- mit dem Angebot für den Kanton Luzern und die Zentral tität entwickelndes Team. schweiz einen wichtigen Beitrag für eine positive Entwicklung dieser Jugendlichen. Die anspruchsvolle Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeiten- den der Sozialpädagogik, der Pflege und der Jugendpsychiatrie Dr. med. Stegmann Tobias, FA Kinder- und Jugendpsychiatrie, sowie der Schule und der «Werkinsel» ist eng, konstruktiv und Vertrauensarzt SGV, Oberarzt Kinder- und Jugendpsychiatrie vertrauensvoll und an den individuellen Ressourcen und Be- Dr. med. Oliver Bilke-Hentsch, FA Kinder- und Jugendpsychiatrie FMH, dürfnissen sowie den Defiziten und Störungsbildern der Ju- Chefarzt Kinder- und Jugendpsychiatrie gendlichen ausgerichtet. Gute Zusammenarbeit bewährt sich In einer ersten Phase hoher Belastung nach acht Wochen Be- trieb durch einige besonders herausfordernde Klienten sowie Jugenddorf Knutwil einer ungünstigen Gruppendynamik hielten das Team und die Gemeinsam engagiert für Job und Zukunft. Das Leitungsebene gut zusammen und bewiesen ihre Handlungs- Jugenddorf ist eine sozialpädagogische Institu fähigkeit. tion, die zivil- und strafrechtliche Massnahmen für stark verhaltensauffällige männliche Jugend- Auch wenn es sich um eine vergleichsweise geringe Anzahl von liche und junge Erwachsene zwischen 14 und Jugendlichen handelt, ist die Arbeit mit ihnen, ihrem Umfeld 25 Jahren umsetzt. sowie den anderen involvierten Institutionen durch die stets langen Vorgeschichten mit multiplen Beziehungsabbrüchen, gescheiterten Jugendhilfeangeboten und abgebrochenen Mehr Informationen zum Jugenddorf * EFCAP European Association for Forensic Child & Adolescent Knutwil: www.jugenddorf.ch Psychiatrie, Psychology & other involved professions 8
blickwinkel Im Fokus Magazin der lups Projekt «Kleinstpensen» «Kleinstpensen» ist ein gemeinsames Projekt der Tageskliniken lups und der Stiftung Brändi. Ziel ist der sanfte Wiedereinstieg von Patientinnen und Patienten ins Berufsleben. Übergänge planen und gestalten «Abklärungsphase» der IV, können die Kosten für einen ge- Die Übergänge zwischen verschiedenen Therapiesettings sind schützten Arbeitsplatz bzw. für eine Arbeitswiedereingliede- für Patientinnen und Patienten häufig eine grosse Herausfor- rung im geschützten Bereich nicht übernommen werden. Das derung. Veränderungen können verunsichern und im ungüns- kann sowohl für die Patientinnen und Patienten wie für die tigsten Fall Verschlechterungen des psychischen Zustandes beteiligten Institutionen aufreibend und enttäuschend sein. verursachen. In einer intensiven Therapie wie der Tagesklinik Ausserdem sind Angebote rar, bei denen ein Einstieg in einem wird deshalb ein besonderes Augenmerk auf eine gute Pla- kleinen Pensum von wenigen Stunden pro Woche möglich ist. nung des Austrittes und den Übergang in das anschliessende, weniger intensive Therapiesetting gelegt. Ein häufiges Ziel nach der Behandlung in der Tagesklink ist der Aufbau und das Training der Arbeitsfähigkeit. In einem ge- Stiftung Brändi schützten Setting können die Patientinnen und Patienten wei- Die Stiftung Brändi unterstützt Menschen mit ter Selbstwirksamkeit erleben, die veränderten Denkweisen einer Beeinträchtigung, die in der freien Markt- und Verhaltensformen auch im Arbeitsumfeld erproben und wirtschaft keinen Platz finden. Sie bietet ihnen nicht zuletzt ihren Alltag strukturieren. geschützte Arbeits- und Ausbildungsplätze sowie organisierte Wohnmöglichkeiten und Hürden und rare Angebote Freizeitangebote. Die Planung des Überganges in diese Phase wird aber oft durch ausstehende rechtliche und administrative Abklärungen Als kundenorientiertes und wirtschaftlich erschwert. Letztlich geht es um die Frage, wer die Kosten erfolgreiches Unternehmen fördert und ver trägt. Den Aufenthalt in der Tagesklinik bezahlt in der Regel wirklicht sie die Inklusion von Menschen die Krankenversicherung. Massnahmen der Arbeitseingliede- mit Behinderung in Arbeit, Gesellschaft und rung hingegen bezahlt in der Regel die Invalidenversicherung Kultur. Insgesamt stehen 1100 Arbeits- und (IV). Befindet sich nun eine Patientin oder ein Patient in einer Ausbildungsplätze in neun AWB Unternehmen zur Verfügung. www.braendi.ch 9
blickwinkel Magazin der lups Im Fokus (Symbolbild) Die Stiftung Brändi bietet in den AWB Betrieben geschützte Arbeitsplätze. (Symbolbild) Kompetentes Fachpersonal begleiten Menschen auf dem Schritt in Richtung Arbeitstätigkeit. Kreative Lösungswege beruflichen Integration. Das Projekt ist im Juni 2021 gestartet Seit vielen Jahren besteht eine hervorragende Zusammenar- und dauert noch bis Mai 2022. Es konnten bereits viele positive beit zwischen der Stiftung Brändi und den Ambulanten Diens- Erfahrungen gesammelt werden. ten der lups. Dies macht es möglich, dass kreative Ideen um- gesetzt und ausprobiert werden können. Ein solches Projekt Erfolgreiches Fallbeispiel ist das sogenannte «Kleinstpensen-Projekt» der Tageskliniken Ein konkretes Beispiel: Frau F. konnte durch die intensive The- Sursee und Luzern mit den AWB Littau und Neubrugg der Stif- rapie im intermediären Setting der Tagesklinik neue Verhal- tung Brändi. In der Stiftung Brändi werden normalerweise mi- tensweisen im Alltag festigen und erweitern. Dazu gehörten nimale Arbeitspensen zwischen 15 bis 20 Wochenstunden beispielsweise die Einplanung regelmässiger Pausen und das angeboten, die durch einen Kostenträger finanziert werden. Wahrnehmen und Achten ihrer individuellen Grenzen. Es Das Projekt «Kleinstpensen» richtet sich nun aber an Perso- machte nun Sinn, dass die Patientin dies begleitet durch das nen, welche die Bedingungen zur regulären Arbeitswiederein- bestehende Behandlungsteam auch im Arbeitsalltag weiter gliederung nicht oder noch nicht erfüllen. Das Arbeitsangebot üben kann. Das neue Projekt mit der Stiftung Brändi wurde bietet Patientinnen und Patienten, deren IV-Entscheid noch der Patientin vorgestellt. Es bestehen häufig Vorurteile zur Ar- ausstehend ist, ein Angebot mit geschützten Arbeitsplätzen beit im zweiten Arbeitsmarkt, weshalb in einem ersten Schritt für 1 – 10 Wochenstunden mit vielseitigen und niederschwelli- ein Erstgespräch mit der Patientin vereinbart wurde. Begleitet gen Arbeiten. Das Angebot ist auf drei Monate befristet und von einem Mitglied des Behandlungsteams der Tagesklinik beginnt in der Regel bereits während der Behandlung in der konnte Frau F. die verschiedenen Abteilungen besichtigen und Tagesklinik. So grenzt es sich klar von den derzeitigen Mög- es fand eine Klärung der möglichen Ziele statt. Die Patientin lichkeiten der IV ab und schliesst eine wichtige Lücke in der fand keines ihrer Vorurteile bestätigt, sondern sah das Angebot 10
blickwinkel im Fokus Magazin der lups (Symbolbild) Bei einem sanften Wiedereinstieg in die Arbeitswelt können Patientinnen und Patienten entwickelte Strategien anwenden und Mut fassen. als Möglichkeit, mit etwas Mut einen Schritt weiter in Rich- tung Arbeitstätigkeit zu gehen. Bereits während der Behand- lung in der Tagesklinik begann Frau F. an einem Nachmittag in der Woche während zwei Stunden im AWB Neubrugg zu ar- (Symbolbild) Die Stiftung Brändi bietet in den AWB Betrieben beiten. Wie zu Beginn der Behandlung in der Tagesklinik hatte geschützte Arbeitsplätze. Frau F. auch bei der Einarbeitungsphase Schwierigkeiten, ihre Grenzen wahrzunehmen und Pausen einzuhalten. Hier halfen ihr die neu entwickelten Strategien und die Besprechung der Herausforderungen mit dem Behandlungsteam. Frau F. konnte in den drei Monaten ihr Pensum leicht steigern und noch wäh- rend dieser Zeit erfolgte der positive Finanzierungsbescheid der IV. So konnte die Patientin berufliche Massnahmen mit ihr bekannten Gesichtern bei der Stiftung Brändi starten und ihre Arbeitsfähigkeit schrittweise weiter aufbauen. Tageskliniken Luzerner Psychiatrie Erfreuliche Zwischenbilanz Die Tageskliniken Sursee und Luzern bieten an Dieses Beispiel und weitere erste Erfahrungen mit dem Projekt fünf Tagen pro Woche ein strukturiertes, integ- waren so gut und der Bedarf der Patientinnen und Patienten ratives Therapieprogramm. Das Programm so gross, dass bis Anfang des Jahres 2022 bereits zwölf Perso- umfasst neben der psychiatrischen und psycho- nen der Tagesklinik Sursee im AWB Neubrugg angemeldet therapeutischen Behandlung verschiedene werden konnten – deutlich mehr als ursprünglich geplant. In Gruppentherapien, Ergotherapie, sportliche und den kommenden Monaten werden weitere Erfahrungen ge- soziotherapeutische Aktivitäten sowie Sozialbe- sammelt. Ausserdem erfolgt eine Auswertung von Daten auf ratung. Besonderer Wert wird auf die Förderung den Ebenen der Psychopathologie, des Funktionsniveaus und und Aktivierung von Ressourcen und Stärken der Lebensqualität der Patientinnen und Patienten beim Ein- gelegt. Daneben ist der Transfer des Gelernten und Austritt aus dem geschützten Arbeitsplatz. in den Alltag und der Einbezug des sozialen Wir hoffen, dass sich aufgrund dieser positiven Entwicklungen Umfelds wie Angehörige, amtliche Bezugsperso- nach dem Projektabschluss zusammen mit den Sozialversiche- nen, Arbeitgeber besonders wichtig. rungen Lösungen finden lassen, die bestehende Lücke in der Berufsintegration zu finanzieren und das Projekt somit weiter anbieten zu können. www.lups.ch/erwachsenen-psychiatrie/ lic. phil. Christina Häfliger, Leitende Psychologin, Tagesklinik Sursee, lups allgemeinpsychiatrie/tageskliniken Matthias Minder, Psychotherapeut, Tagesklinik Sursee, lups 11
blickwinkel Magazin der lups Im Fokus Zieloffene Suchtarbeit Abstinenz gilt seit langer Zeit in der Gesellschaft als einziger Weg im Umgang mit einer Abhängigkeitserkrankung. Dies löst bei Betroffenen viel Druck aus und führt zum «Lippenbekenntnis» lebenslanger Suchtmittelabstinenz – konsu- miert wird oft trotzdem, meist heimlich. Früher oder später wird der Konsum dann doch bemerkt und mit Schuld und Scham steigt auch der Leidensdruck der Betroffenen. Aus heutiger Sicht kommt hinzu, dass Abstinenz häufig nicht mehr den Lebensvorstellungen der Betroffenen entspricht. Ein bereits seit längerer Zeit implementierter Ansatz der «zieloffenen Suchtarbeit» bringt den Betroffenen Entlastung. Motivation Veränderung Personenzentrierte Gesprächsführung Nach J. Körkel (2014) meint «Zieloffene Suchtarbeit», mit den Eine personenzentrierte und zieloffene Art der Gesprächsfüh- Betroffenen an einer Veränderung ihres problematischen rung bietet der Ansatz der motivierenden Gesprächsführung Suchtmittelkonsums zu arbeiten, und zwar auf das Ziel hin, nach W. R. Miller und S. Rollnick (2009), in Englisch «Motiva- welches sie sich selbst setzen. Ein und dieselbe Person kann tional Interviewing», kurz MI. Dabei wird durch eine wert- zum Beispiel motiviert sein, keinen Alkohol mehr trinken zu schätzende Grundhaltung, Akzeptanz, Mitgefühl und gemein- wollen, für drei Monate keinen Cannabis konsumieren zu wol- samer Zielvereinbarung die Eigenmotivation der Betroffenen, len, Zigaretten kontrolliert zu konsumieren und den Heroin- ein problematisches Verhalten zu ändern, erhöht. Man geht konsum auf eine weniger schädliche Art und Weise weiterzu- davon aus, dass Menschen mit einer Abhängigkeitserkrankung führen (z. B. Rauchen statt intravenöser Konsum). nicht unmotiviert sind, sondern ambivalent. Eine Veränderungs- bereitschaft entwickelt sich beim Herausarbeiten von bereits Höhere Behandlungsmotivation und weniger vorhandenen Zielen und nicht, wenn man eine Abstinenz ver- Therapieabbrüche langt. Ziele werden für den Betroffenen nicht mehr vorgegeben, sondern sie werden gemeinsam in einem Gespräch erarbeitet. Zieloffene Suchtarbeit im stationären Rahmen Durch das ernst nehmen und abwägen der individuellen Ziel- Im Rahmen des stationären Aufenthaltes auf den Stationen vorstellung sowie Stärkung der Eigenständigkeit ohne Ein- Abhängigkeit 1 & 2 der Klinik St. Urban wird mit der Patien- schränkung wird häufig die Erfahrung gemacht, dass die Be- tin / dem Patienten zusammen definiert, wie er / sie mit dem handlungsmotivation steigt. Dies führt oft auch dazu, dass Suchtmittelkonsum in Zukunft umgehen möchte. Der Verzicht Betroffene im Verlauf der Therapie ihr Ziel hin zur Abstinenz auf jegliche Substanzen ausser Zigaretten wird trotz Zieloffen- wechseln, da sie sich während dem Behandlungsverlauf mehr heit während des qualifizierten Entzugs im stationären Setting zutrauen als noch zu Beginn. erwartet. Bei einer Abstinenzorientierung empfiehlt sich die Sucht-Gruppe, welche neben psychoedukativen Elementen Das Konzept der zieloffenen Suchtarbeit bringt weitere Vortei- auch Strategien im Umgang mit Suchtdruck vermittelt und le wie, dass Betroffene sich häufig früher in Behandlung bege- rückfallprophylaktisch arbeitet. Bei einem nicht abstinenzori- ben und dass es zu weniger Therapieabbrüchen kommt, da entierten Ziel empfehlen wir die kT-KISS-Gruppe (Kompetenz Betroffene sich nicht unter Druck gesetzt fühlen. im selbstbestimmten Substanzkonsum nach Körkel). Diese zeigt den Betroffenen Strategien im Umgang mit kontrollier- tem Konsum auf. Geübt wird während des Aufenthaltes mit einer Stellvertretersubstanz wie z. B. Zigaretten, Kaffee oder Schokolade. 12
blickwinkel Im Fokus Magazin der lups (Symbolbild) Zieloffenheit fördert den therapeutischen Prozess. Die Behandlung kann mit gemeinsam getragenen Zielvereinbarungen beginnen. Eine fehlende Motivation während dem Aufenthalt die Absti- nenz überhaupt auszuprobieren, Verstösse gegen die Klinik regeln wie z. B. Dealen oder Gewalt oder der Betroffene merkt, dass ein Aufenthalt zum aktuellen Zeitpunkt nicht in (Symbolbild) «Ein kontrollierter Konsum kann mit einer sein Lebenskonzept passt, führen zu einem frühzeitigen Aus- Stellvertretersubstanz – bspw. Schokolade – geübt werden» tritt. Gerade bei Betroffenen, welche sich keine längerfristige Abstinenz vorstellen können, bietet sich im Rahmen der Scha- densminderung eine Intervalltherapie an. Dabei ist die Aufent- haltsdauer bereits bei Eintritt definiert und der Betroffene er- Toleranz und Grenzen im stationären Setting hält bei Austritt einen Wiedereintrittstermin. Zieloffene Suchtarbeit bedeutet für die Stationen auch, tole- rant im Umgang mit einem Suchtmittelkonsum während dem Abschliessend kann man sagen, dass es keine einheitliche Be- Aufenthalt zu sein und die Behandlung ohne Sanktionen handlungsplanung bei Personen mit einer Abhängigkeitser- durchzuführen. Der Konsum kann als Symptom der Abhän- krankung gibt. Um den lösungsorientierten Ansatz treu zu blei- gigkeitserkrankung gesehen werden und führt nicht zwangs- ben, bedarf es ein individuelles Vorgehen bei der Behandlung. läufig zum Austritt oder zu weniger externen Belastungser- probungen1. Wichtig ist die therapeutische Aufarbeitung des Nicole Jost, Leitende Psychologin, Suchtmittelkonsums. Dabei wird der Fokus auch auf zukünfti- Station Abhängigkeitserkrankungen 2, Klinik St. Urban ge Situationen, welche einen Suchtdruck auslösen können, Sarah Wey, Leitende Psychologin, gelegt. Station Abhängigkeiterkrankungen 1, Klinik St. Urban Natürlich gibt es in der zieloffenen Suchtarbeit im stationären Setting auch Grenzen – wiederholte Konsumvorfälle, Rückfäl- le, bei welchem man in alte Konsummuster verfällt, Animation anderer zum Konsum oder ein Gruppenkonsum führt zum Stationen für zeitnahen Austritt. Abhängigkeitserkrankungen Vereinbarkeit Hausregeln und Die Klinik St. Urban verfügt über zwei speziali- Intervalltherapie sierte Stationen für Abhängigkeitserkrankungen Oft kommt die Frage auf, ob sich die zieloffene Suchtarbeit – Abhängigkeitserkrankungen 1: 30 Plätze überhaupt mit den Regeln einer Institution vereinbaren lassen. – Abhängigkeitserkrankungen 2: 15 Plätze Dies ist nicht immer einfach zu beantworten und es gibt keine einheitliche Aussage. Das Gleiche gilt für die Frage, weshalb Im Jahr 2021 bezogen die Stationen das es trotz Zieloffenheit immer wieder zu kurzfristigen Austritten gesamtsanierte Gebäude Haus B. seitens der Klinik oder zu Therapieabbrüchen kommt. www.lups.ch/erwachsenen-psychiatrie/ 1 Im Rahmen von Belastungserprobungen haben Patientinnen / Patienten die Möglichkeit, externe Termine abhaengigkeit/klinik wahrzunehmen oder zu Hause übernachten zu können. 13
blickwinkel Magazin der lups Im Fokus Psychische Gesundheit – eine etwas philosophische Betrachtung Als Mitarbeitende in einem Dienstleistungsunternehmen im Bereich der Psychia- trie und Psychotherapie sollten wir eigentlich bestens wissen, was unter dem Begriff der «psychischen Gesundheit» zu verstehen ist. Das dürfte doch der Zustand sein, den wir idealerweise bei unseren Patientinnen und Patienten zu erreichen versuchen – also das Ziel unserer gemeinsamen Anstrengungen, am ehesten vielleicht gleichzusetzen mit der Abwesenheit von psychischer Krank- heit. Oder ist das Ganze doch etwas komplizierter? (Symbolbild) Psychische Gesundheit als ein dynamisches Gleichgewicht des Wohlbefindens. 14
blickwinkel Im Fokus Magazin der lups Umstrittene Definition Dynamisches Gleichgewicht Die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die bereits eine um- Unser Verständnis von psychischer Gesundheit sollte also auch strittene Definition zur Gesundheit allgemein geliefert hat, Platz für anhedone1 Zustände – fernab unserer kulturell ge- erklärt psychische Gesundheit als einen «Zustand des Wohlbe- prägten eudaimonischen2 Prägung – haben, um nicht in Wi- findens, in dem der Einzelne seine Fähigkeiten erkennt, mit derspruch mit der Realität zu geraten. Man könnte etwa an den normalen Belastungen des Lebens zurechtkommt, pro- ein dynamisches Gleichgewicht aus Fähig- und Fertigkeiten duktiv und fruchtbar arbeiten kann und in der Lage ist, einen denken, z. B. bestehend aus kognitiven Ressourcen, sozialen Beitrag zu seiner Gemeinschaft zu leisten». Im Kern scheinen Kompetenzen, einem – in Grenzen – stabilen Selbstwertge- also, dieser Definition nach, vor allem positive Gefühle und fühl, dem Vermögen, seine Befindlichkeiten zu differenzieren, gutes Funktionieren psychische Gesundheit auszumachen. einzuordnen und im Bedarfsfall zu kontrollieren, Verantwor- Wer aber auf diese beiden Begrifflichkeiten fokussiert, läuft tung zu übernehmen und verbindlich sein zu können, sich sel- Gefahr, missverstanden zu werden. ber, anderen und auch unserer Umwelt gegenüber mit Res- pekt zu begegnen und vielem Weiteren mehr. Ein wichtiger So dürfte die «grosse Mehrheit», darunter also viele psychisch gemeinsamer Nenner psychische Gesundheit konstituierender Gesunde, immer wieder auch mal traurig, verunsichert, verär- Faktoren scheint damit (auch) das Vermögen zu sein, in einer gert oder sonst irgendwie indisponiert sein. Wer z. B. den Ver- für das Individuum und dessen Umfeld befriedigenden Weise lust einer wichtigen Bezugsperson betrauerte und sich dabei mit Letzterer in Wechselwirkung zu treten. miserabel fühlte, würde doch durchaus gesunde Reaktionen zeigen. Und da diese Befindlichkeiten zu einem erfüllten Le- Auf Basis dieser Vorstellung lassen sich (temporäre) Defizite in ben dazu gehören, können sie im genannten situativen Kon- einem Bereich durch gut ausgebildete andere Bereiche kom- text nicht gleichzeitig Ausdruck des Gegenteils, also mangeln- pensieren, etwa wie im Falle einer trauernden Person, deren der psychischer Gesundheit, sein. Es liesse sich auch fragen, ausgeprägte soziale Kompetenz ihr ermöglichen würde, sich wie es um unsere psychische Gesundheit bestellt wäre, wenn das benötigte Ausmass an (temporärer) externer Fürsorge wir unsere Fähigkeiten immer wieder dazu nutzten, anderen unter Zuhilfenahme ihres Beziehungsnetzwerkes zu sichern. Menschen das Leben schwer zu machen, um uns z. B. einseitig In Fällen, in denen solche «Kompensationsgeschäfte» nicht Vorteile zu verschaffen und uns dabei auch noch gut zu füh- mehr möglich sind und in denen das oben postulierte, dyna- len. In diesen Fällen sollte mit uns doch irgendwas nicht stim- mische Gleichgewicht aus dem Ruder läuft, sind wir als psych- men, oder? Und was wäre mit Personen, die aus dem Berufs- iatrisch-psychotherapeutischer Dienstleister aufgerufen, zu leben ausgeschieden sind, die also nicht mehr «produktiv und unterstützen. fruchtbar» arbeiten können oder wollen? Oder Jugendlichen in der Pubertät, die sich in einem Zustand der Neuorganisation ihrer selbst befinden, was häufig auch mit krisenhaftem, der Lebensphase aber angemessenem Erleben, einhergehen kann? Normalerweise durchlaufen sie eine Phase physiologi- scher und psychischer Veränderung, weniger aber einen Zu- stand von Krankheit. 1 Allgemein Unfähigkeit, Freude und Lust zu empfinden 2 Gelungene Lebensführung nach den Anforderungen und Grundsätzen einer philosophischen Ethik und den damit verbundenen ausgeglichenen Gemütszustand 15
blickwinkel Magazin der lups Im Fokus (Symbolbild) Im übertragenen Sinne – Psychische Gesundheit – ein dynamisches Gleichgewicht aus Fähigkeiten und Fertigkeiten. Personalisierter Behandlungsansatz Spätestens hier wäre die Frage zu stellen, ob die Betrachtung Unser therapeutischer Zugang ist aus gutem Grund klar evi- psychischer Gesundheit als ein dynamisches, inneres Gleichge- denzbasiert. Aber erst die Fokussierung auf das Individuelle, wicht Implikationen für die Behandlung psychischer Erkran- vielleicht in Zusammenspiel mit einer Prise Un-Dogmatismus, kung hätte. Meines Erachtens ja: Entsprechend der oben dar- bietet in Verbindung mit unseren diversifizierten komplemen- gelegten Betrachtungsweise psychischer Gesundheit ginge es tären Therapieangeboten optimale Voraussetzungen, dass wir dann weniger darum, einen definierten Soll-Zustand, z. B. die uns psychischer Gesundheit im Sinne des vorgeschlagenen, Abwesenheit von Symptomen, herzustellen. Das wäre wahr- von der WHO etwas abweichenden Verständnisses annähern scheinlich häufig vorteilhaft, gelingt uns aber auch unter Be- können. achtung aller relevanten Leitlinien und Evidenzen immer wie- der nicht vollständig. Es braucht zusätzlich eines personalisierten Dr. med. Lienhard Maeck, Behandlungsansatzes, der auf die individuelle Ressourcenseite Chefarzt Stationäre Dienste fokussiert. Eine dem erkannten Symptom / Problem / Leiden ge- genüber komplementäre Ressource kann im Sinne des wieder zu erlangenden Gleichgewichtes kompensatorisch wirksam werden. In der psychiatrisch-psychotherapeutischen Behand- lung gehört es damit auch zu unseren Aufgaben, diese Res- source ausfindig zu machen und gezielt zu fördern. Bei der Förderung dieser Ressource ist oftmals Kreativität gefragt, was auch einen Reiz psychiatrisch-psychologischen Handelns dar- stellt. 16
blickwinkel Im Fokus Magazin der lups Planungsbericht Psychiatrie Kanton Luzern Ohne Gegenstimmen hat der Kantonsrat an seiner Session vom 6./7. Dezember 2021 dem Planungsbericht über die psychiatrische Versorgung im Kanton Luzern zugestimmt. Dieses Resultat ist sehr erfreulich. An dieser Stelle dankt die lups dem Projektteam, dem Ge- Die lups war als wichtiger kantonaler «Player» bei der Erarbei- sundheits- und Sozialdepartement, der Regierung und dem tung des Berichtes miteinbezogen (Mitglieder aus Spitalrat Parlament für die Unterstützung und das Vertrauen in die Lu- und Geschäftsleitung in der Echogruppe) und hat im Rahmen zerner Psychiatrie und die Solidarität gegenüber den Anliegen der Vernehmlassung gegenüber der Regierung auch entspre- der Menschen mit einer psychischen Krankheit. Die deutliche chend Stellung genommen. Die lups begrüsst die vorgeschla- Zustimmung zu diesem Bericht darf sicher auch als Anerken- genen Massnahmen der Regierung, welche zu einer Verbesse- nung und Wertschätzung seitens der Politik gegenüber der rung der psychiatrischen Versorgung im Kanton Luzern (inkl. Arbeit aller im Netzwerk der psychiatrischen Versorgung täti- Obwalden / Nidwalden) beitragen können. Das klare Resultat gen Personen gewürdigt werden. im Kantonsrat ist für die Menschen mit einer psychischen Er- krankung und für das gesamte Netzwerk Psychiatrie in der Der Bericht zeigt im Wesentlichen Folgendes auf: Der Kanton Versorgungsregion ein wichtiges Zeichen und für uns als Lu- Luzern verfügt über eine qualitativ solide Grundversorgung. zerner Psychiatrie Auftrag und Motivation zugleich. Das psychiatrische Angebot ist aber sehr stark ausgelastet und es bestehen lange Wartzeiten im ambulanten Bereich. Sehr gerne werden wir nun die wichtigen Projekte und Mass- Mit neuen Angeboten und organisatorischen Optimierungs- nahmen aus dem Planungsbericht im Auftrag und in Absprache massnahmen möchte die Regierung das ambulante Psychiat- mit der Regierung zeitnah angehen. Die im Planungsbericht rieangebot sowie die Vernetzung der verschiedenen Akteure dargelegten Massnahmen sind grösstenteils kongruent mit stärken. unserer Strategie lups2025. Verschiedene Vorbereitungsarbei- ten sind deshalb bereits gestartet oder können zeitnah an die Die wichtigsten geplanten Massnahmen sind: Hand genommen werden. – Finanzierung ambulante Leistungen – Abbau Wartezeiten Ambulatorien Jürg Meyer, Spitalratspräsident – Kriseninterventions-Zentrum Peter Schwegler, Direktor / CEO – Fachsprechstunden KJPD Die gesamte Botschaft Planungsbericht über die psychiatrische Versorgung im Kanton Luzern mit den detaillierten geplanten Massnahmen ist auch auf der Internetseite des Kantons Luzern einsehbar. 17
blickwinkel Magazin der lups Im Fokus Wiederwahl Spitalrat und Abschied des langjährigen Präsidenten Der Regierungsrat des Kantons Luzern hat per 1. Januar 2022 die Mitglieder des Spitalrats der Luzerner Psychiatrie bis zur per 1. Juli 2022 vorgesehenen Rechtsformänderung in eine gemeinnützige AG gewählt bzw. wiedergewählt. Der bisherige Spitalrat Jürg Meyer ist zum neuen Präsidenten gewählt worden. Er folgt auf den per Ende 2021 zurückgetretenen Hans Schärli. Neu nimmt Anita Heggli Einsitz in den Spitalrat. Sie ersetzt Dora Bremgartner, die eben- falls per Ende 2021 zurückgetreten ist. Jürg Meyer, Spitalratspräsident lups Anita Heggli, Mitglied Spitalrat lups Neuer Präsident und neues Mitglied Jürg Meyer (geb. 1955) ist seit 1. Januar 2020 Mitglied im Spi- Anita Heggli (geb. 1978) ist Dozentin an der Fachhochschule talrat der Luzerner Psychiatrie. Gleichzeitig ist er aktuell als Wallis HES – SO mit Fachgebiet «Psychiatrische Pflege und Verwaltungsrat bei der schweizweiten Ingenieurunternehmung Kommunikation» und geht einer selbstständigen Tätigkeit in Holinger AG tätig. Er hat Mandate in verschiedenen Verwal- den Bereichen Organisationsberatung & Coaching nach. Ne- tungsräten sowie in sozialen und kulturellen Stiftungen und benher hat sie verschiedene Mandate u. a. als Verwaltungsrätin ist Mitglied in Berufsverbänden. Jürg Meyer ist dipl. Ingenieur inne. Als Pflegefachfrau HF bringt Anita Heggli langjährige ETH und hat nebst einem Nachdiplomstudium diverse Zusatz- Erfahrung in der psychiatrischen sowie somatischen Gesund- ausbildungen in Betriebswirtschaft und Organisation gemacht. heitsversorgung mit – sowohl im stationären wie auch im am- Von 2011 bis 2019 war er Mitglied im Luzerner Kantonsrat. bulanten Bereich. So war sie u. a. als Leiterin Pflege am Kan- tonsspital Nidwalden sowie als Leiterin Pflegedienst an der Luzerner Höhenklinik Montana tätig. 18
blickwinkel Im Fokus Magazin der lups Hans Schärli, Spitalratspräsident lups vom 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2021 Guido Graf, Vorsteher des Gesundheits- und Sozialdepartements, verdankt im Namen der Gesamt-Regierung des Kantons Luzern das Engagement von Hans Schärli. Der Spitalrat der lups besteht ab dem 1. Januar 2022 bis 30. Juni Erkrankungen entgegengewirkt werden konnte. Er hat als 2022 aus folgenden Mitgliedern: Präsident des Spitalrates aktuelle und zukünftige Entwicklun- – Jürg Meyer, Emmenbrücke, dipl. Ing. ETH, gen im Gesundheitswesen erkannt und die Strategie der lups Verwaltungsrat bei Holinger AG, Spitalratspräsident zusammen mit dem Spitalrat darauf ausgerichtet. Insbeson- (bisheriges Mitglied, neu Präsident) dere sind ihm als Präsident des Spitalrates in seiner Amtszeit – Bruno Baumann, Altdorf, Ökonom und Unternehmer, folgende Verdienste zu verdanken: Vizepräsident (bisher) – Umsetzung der Zusammenarbeit lups-ON – Regierungsrätin Maya Büchi-Kaiser, Sachseln, Vorsteherin (Luzern – Obwalden – Nidwalden) ab 2017 des Finanzdepartements des Kantons Obwalden (bisher) – Neubau Haus C, Gesamtsanierung Haus B und Projekt – Anita Heggli, Oberwil b. Zug, Pflegefachfrau HF, Neubau Wohnheim Sonnegarte (Bezug Mitte 2023 Dozentin an HES-SO (neu) geplant) in St. Urban – Urs Kneubühler, Schötz, Vize-Präsident im – Implementierung von KVP (kontinuierlicher Verbesserungs- Verwaltungsrat des WAS Wirtschaft Arbeit Soziales prozess) resp. «Lean hospital Management» in der lups und der WAS Immobilien AG (bisher) – Begleitung der Prozesse Rechtsformänderung und Pla- – Dr. med. Bernhard Studer, Luzern, Facharzt für nungsbericht Psychiatrie Allgemeine Innere Medizin, Hausarzt (bisher) – Hans Wallimann, Giswil, Alt Regierungsrat Kanton Für Hans Schärli stand die Beziehung zu den Menschen im und Obwalden (bisher) um die Luzerner Psychiatrie stets im Mittelpunkt. Qualität und – Dr. med. Christine von Wahlde-Burmeister, Oberarth, Wirtschaftlichkeit waren ihm gleichermassen wichtig, womit er Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie FMH (bisher) massgeblich dazu beigetragen hat, dass die lups ein erfolgrei- ches Spitalunternehmen ist und bleibt. Mit seinem kooperati- Dank an abgetretenen Präsidenten ven Führungsstil hat er es verstanden, den Spitalrat, die Direk- Hans Schärli tion und die Geschäftsleitung bei den verschiedenen Geschäften Hans Schärli wurde per 1. Januar 2014 in den Spitalrat und per einzubeziehen und gute Lösungen für die lups und somit auch 1. Januar 2015 zum Präsidenten gewählt. Hans Schärli hat un- für den Kanton Luzern und die Gesundheit der Luzerner Bevöl- ter anderem mit seiner Erfahrung im Bereich PR und Marke- kerung herbeizuführen. Dafür gebührt Ihm grosser Respekt ting dazu beigetragen, dass das Image der lups im Speziellen und Anerkennung sowie ein herzliches Dankeschön! und von der institutionellen Psychiatrie im Allgemeinen geför- dert wurde und somit auch der Stigmatisierung von psychischen Peter Schwegler, Direktor / CEO 19
blickwinkel Magazin der lups Im Fokus Projekt Rechtsformänderung Die Luzerner Psychiatrie (lups) und das Luzerner Kantonsspital (LUKS) werden resp. wurden von öffentlich-rechtlichen Anstalten in zwei gemeinnützige Aktiengesellschaften im alleinigen Eigentum des Kantons Luzern umgewan- delt. Der Kantonsrat hatte der Änderung der Rechtsform der beiden kantona- len Spitalunternehmen bzw. der Anpassung des Spitalgesetzes (SRL Nr.800a) anfangs 2020 zugestimmt. Nachdem das Luzerner Kantonspital bereits per 1. Juli 2021 von einer öffentlich-rechtlichen Anstalt in eine gemeinnützige Aktiengesellschaft umgewandelt wurde, geht die lups nun diesen Schritt wie vorgesehen ein Jahr später, per 1. Juli 2022. Ziel der Umwandlung Rechtsformänderung. Das Projekt steht unter der Gesamtlei- Aktiengesellschaften sind eine etablierte und bewährte tung des Spitalratspräsidenten, die operative Projektleitung Rechtsform für Grossunternehmen und heute die bevorzugte wird durch Stefanie Widmer, Leiterin Rechtsdienst Stab Direk- Rechtsform auch für Spitäler (z. B. Zuger Kantonsspital AG, tion wahrgenommen. Die erforderlichen Anpassungen und Kantonsspitäler Aarau AG und Baden AG sowie Psychiatri- die Erarbeitung der Grundlagen sind mittlerweile nahezu ab- sche Dienste Aargau AG, Berner Inselgruppe AG). Die Rechts- geschlossen. Das Projekt ist auf Kurs und die Vorbereitungsar- form der öffentlich-rechtlichen Anstalt erwies sich zuneh- beiten für die Rechtsformänderung der lups per 1. Juli 2022 mend als zu wenig flexibel und transparent für die gehen nun in die Schlussphase. Organisation bzw. Führung der beiden Grossunternehmen. Durch die Änderung der Rechtsform sollen die Unternehmen Das revidierte Spitalgesetz macht klare Vorgaben zur Umwand- in Bezug auf Organisation und Führung sowie Kooperationen lung. So ist eine Umwandlung in eine gemeinnützige Aktien- flexibler werden. Die beiden Gesellschaften werden zu 100 gesellschaft nach Art. 620 ff. OR unter der Firma «Luzerner Prozent im Eigentum des Kantons Luzern bleiben – d. h. ein Psychiatrie AG» mit Sitz in Pfaffnau vorgegeben. Auch der Aktienverkauf ist gesetzlich nicht möglich. Die notwendige Zweck der Aktiengesellschaft ist vorgeschrieben. In vielen Mitsprache des Kantons bleibt gewahrt. Der Regierungsrat Punkten geht es damit um die rechtskonforme Umsetzung der wird neu die Aktionärsrechte der Unternehmen ausüben und gesetzlichen Vorgaben zur Rechtsformänderung. so über die Instrumente des Aktienrechts (Generalversamm- lung) sowie weiterhin über die Eignerstrategie Einfluss auf die Anders als beim LUKS hat der Spitalrat lups aufgrund der Aus- beiden Unternehmen nehmen. legeordnung entschieden, dass die lups integral in die ge- meinnützige AG überführt werden soll. Es ist aktuell kein er- Rechtsformänderung lups härteter Bedarf für eine Holdingstruktur oder das Ausgliedern Das Projekt Rechtsformänderung hat die lups und insbeson- einzelner Bereiche in Tochtergesellschaften erkennbar. Für die dere die Projektmitglieder im 2021 und 2022 intensiv be- Zukunft bleiben für veränderte Bedürfnisse aber weiterhin alle schäftigt. Blicken wir zurück: Im Juni 2021 erteilte der Spital- Optionen erhalten. rat den entsprechenden Projektauftrag für das Projekt 20
blickwinkel Im Fokus Magazin der lups Gesamtarbeitsvertrag 2022 privatrechtlicher Natur. Die bestehenden Rechtsverhält- Im Zusammenhang mit der Umwandlung des LUKS und der nisse und Verträge gehen im Rahmen der Universalsukzession lups in gemeinnützige Aktiengesellschaften hat der Luzerner auf die Aktiengesellschaft über und behalten ihre Gültigkeit. Kantonsrat im neuen Spitalgesetz festgehalten, dass die Sozi- In Bezug auf die konkrete Tätigkeit ergeben sich in der alltäg- alpartner den Mitarbeitenden einen Entwurf eines Gesamtar- lichen Arbeit und im alltäglichen Rechtsverkehr damit keine beitsvertrags (GAV) zur Abstimmung unterbreiten. In der Ur- grundsätzlichen Änderungen. abstimmung über einen GAV sprachen sich die Mitarbeitenden des LUKS und jene der lups im Herbst 2021 für die Einführung Schlussphase eines GAV aus. Inhaltlich entsprechen die arbeitsvertraglichen In der Schlussphase werden nun die Vorbereitungen abge- Bestimmungen im GAV den geltenden Anstellungsbedingun- schlossen, damit die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft gen. Sowohl Arbeitszeit, Ferienansprüche, Lohn und Zulagen vollzogen werden kann. Mitte Juni 2022 wird der Verwal- als auch der Kündigungsschutz orientieren sich an den bishe- tungsrat der Luzerner Psychiatrie AG die konstituierende Sit- rigen Regelungen. Ende Februar 2022 wurde der GAV vom zung durchführen und die neuen Reglemente per 1. Juli 2022 LUKS, der lups und den Personalverbänden unterzeichnet. Da- in Kraft setzen. Hernach erfolgt die Anmeldung und Eintra- mit tritt der zwischen den Arbeitgeberinnen und der Verhand- gung im Handelsregister. lungsgemeinschaft ausgearbeitete GAV per 1. Juli 2022 in Kraft. Alle Arbeitsverträge der Luzerner Psychiatrie gehen auf Die Rechtsformänderung stellt einen weiteren Meilenstein in die Luzerner Psychiatrie AG über und die Arbeitsverhältnisse der Geschichte der lups dar und wird den Weg für eine weiter- sind privatrechtlicher Natur. Im Rahmen der Überführung er- hin erfolgreiche Zukunft ebnen. hielten alle Mitarbeitenden einen an die neue Rechtlage ange- passten Arbeitsvertrag. Jürg Meyer, Spitalratspräsident Stefanie Widmer, Leiterin Rechtsdienst Rechtsbeziehungen Die Rechtsbeziehungen zwischen der Luzerner Psychiatrie AG und Dritten sowie Patientinnen und Patienten sind ab 1. Juli 21
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