BULLETIN - Alternative - die Grünen Zug

Die Seite wird erstellt Hortensia-Diana Lange
 
WEITER LESEN
BULLETIN - Alternative - die Grünen Zug
ALTERNATIVE KANTON ZUG

 BULLETIN                                       NUMMER 2 | Juni 2008

* 4 Referendum Steuergesetz – Steuergeschenke für Privilegierte *
* 6 Bildung und Geschlecht – Das benachteiligte Geschlecht *
* 12 EM und Hooligans – Fragwürdige Fichierung zum Schutze des Fussballkonsums *
* 18 Nationalrat – Dem Süden einen Teil zurückgeben *
* 20 U.S.A. – Goliath wankt *
BULLETIN - Alternative - die Grünen Zug
Titelbild: Adelina Odermatt

    Inhaltsverzeichnis

    3   Editorial
        Wie viel Individualverkehr
        verträgt der Kanton Zug?

    4   Referendum Steuergesetz
        Steuergeschenke für
2       Privilegierte – Sparpakete für
        alle anderen

    6   Bildung und Geschlecht
        Das benachteiligte Geschlecht

    8   Regierungsrat
        Bodenständige Zukunft
        druch Kunst

    10 Grüne Kantonalparteien –
       Wallis
       Entre le local et l’international

    12 EM und Hooligans
       Fragwürdige Fichierung zum
       Schutze des Fussballkonsums

    13 Grünspecht
       Ohne Moral ist jede Wirtschaft
       menschenfeindlich

    14 Kantonsrat
       Strassenprojekte ohne Ende

    17 Zuger Jugendtreffpunkte
       jobshop

    18 Nationalrat
       Entwicklungszusammenarbeit
       Dem Süden einen Teil
       zurückgeben

    19 Nationalrat
       Personenfreizügigkeit               «Mission statement»                    • Gleichwertigkeit von Geschlecht
       Die SVP hetzt gegen die Roma        Das BULLETIN des alternativen          und Rasse
                                           Zug wird von folgenden Gruppen         •Verantwortung des Einzelnen ge-
    20 U.S.A.                              getragen: Alternative Kanton Zug,      genüber der Gesellschaft und Ver-
       Goliath wankt                       Alternative Stadt Zug, Alternative     antwortung der Gesellschaft gegen-
                                           Baar, Kritisches Forum Alternati-      über dem/der Einzelnen
    22 Stellungnahme                       ve Cham, Frische Brise Alternative
       Alternative unterstützen            Steinhausen, Gleis 3 Risch-Rot-        Die Redaktion recherchiert zu poli-
       Kontrolle der Verwaltung            kreuz, Freie Wähler Menzingen,         tischen und gesellschaftlichen The-
                                           Forum Oberägeri.                       men nach bestem Wissen und Ge-
    23 Grundrechte für alle                                                       wissen. Sie nimmt aktuelle Themen
       «Ohne uns geht nichts.»             Das BULLETIN setzt sich mittels        der alternativen Gruppierungen aus
                                           seiner Publikationen ein für die       den einzelnen Zuger Gemeinden
    24 Serviceteil                         Förderung und den Erhalt von Le-       auf. Das BULLETIN fördert das poli-
       Buch                                bensqualität im Sinne von:             tische Bewusstsein der Bevölkerung
       Frontal                             • Soziale Gerechtigkeit, Schutz von    und trägt zur Meinungsbildung bei.
       Kino                                sozial Benachteiligten
       Veranstaltungen                     • Ökologische Nachhaltigkeit, Schutz   Redaktion und Herausgeberverein
       Adressen                            von Lebensräumen und Umwelt            «Das Bulletin»
       Impressum

    BULLETIN | NUMMER 2 | Juni 2008
Editorial

Wie viel Individualverkehr
verträgt der Kanton Zug?

Philipp Röllin, Kantonsrat Alternative Oberägeri | Bild Philipp Röllin

Einleitend ein Zitat mit Fakten von    Wenn man die von Heinz Tänn-                                                        3
Baudirektor Heinz Tännler aus          ler skizzierten Zahlen im Übrigen
der Kantonsratssitzung vom 8. Mai      weiter hochrechnet, dann kommt
(zum Thema Umfahrungstunnel            irgendeinmal der Punkt, wo im
in Unterägeri): «Seit 1960 hat sich    Kanton Zug mehr Fahrzeuge imma-
die Bevölkerung im Kanton Zug          trikuliert sind als Menschen leben...
verdoppelt. Die Zahl der Arbeits-      Die Frage stellt sich, ob das Sinn
plätze hat sich verdreifacht und       und Zweck einer zukunftsgerichte-
die Zahl der Motorfahrzeuge mehr       ten Verkehrspolitik sein kann.
als verachtfacht! Seit 1970 hat die
Zahl der Motorfahrzeuge mit Zuger      Es gäbe auch andere Rechnungen
Nummernschilder – wir sprechen         anzustellen. Leider finden sich
also nur vom Inhouse-Verkehr und       solche Beispiele vorläufig nur in
nicht vom Pendlerverkehr – von         den Rechnungsbüchern von Primar-
17'000 auf heute 80'000 erhöht.        schulen und nicht in den Köpfen
Der Bestand hat sich also mehr als     der Strassenplaner.
vervierfacht und in der gleichen
Zeit haben wir keinen Meter Strasse    Wie lang wäre die Kolonne denn,
gebaut. Seit den frühen 70er-Jahren    wenn zehn, zwanzig oder gar
haben wir ein Kantonsstrassennetz,     dreissig Prozent des Individual-
das rund 135 km misst. Hätte man       verkehrs auf den öffentlichen Ver-
1970 alle Fahrzeuge Stosstange an      kehr umsteigen würde? Oder wie
Stosstange auf zwei Fahrbahnen         viele Quadratmeter Strasse braucht
aufgereiht, hätten wir eine Doppel-    ein vollbesetzter Bus mit 100 Leuten        Philipp Röllin, Kantonsrat
kolonne von 38 km; heute hätten        im Vergleich zu 100 Pendlern, die           Alternative Oberägeri.
wir eine von 175 km, also 40 km        alleine in ihrem Auto unterwegs
länger als unser Kantonsstrassen-      sind?
netz. Und wenn wir auch noch über
die Staufolgen für Umwelt und          Wichtig erscheint unserem obersten          liche Verflüssigung des Verkehrs mit
Fahrzeit sprechen, dann machen         Strassenbauer einzig und allein,            zusätzlichen Strassen. Obwohl es
eben Umfahrungen sehr wohl             dass der Verkehr fliesst. Bewegung          kein Geheimnis ist, dass auch der
Sinn ...»                              ist offenbar nur möglich, wenn              bewegte Verkehr Schadstoffe pro-
                                       mehr Strassen und damit immer               duziert, in den höheren Tempobe-
Mit diesen Worten beschreibt Heinz     mehr Verkehrsflächen zur Verfü-             reichen sogar eher noch mehr, weil
Tännler eine 50-jährige Fehlent-       gung stehen.                                aus rein physikalischen Gründen
wicklung. Er nimmt diese als gottge-                                               der Luftwiderstand stark zunimmt
geben hin, und er behauptet sogar,     Ob die Bewegungen auf diese                 sowie mehr Leistung auch mehr
dass in den letzten 40 Jahren keine    Weise langfrisitg gerantiert sind           Treibstoffverbrauch nach sich zieht.
neuen Strassenprojekte im Kanton       und ob sie überhaupt Sinn
Zug realisiert wurden.                 machen – diese Frage wird gar nie           Trotz schwindenden Erdöl-
                                       gestellt. Die freie Wahl des                reserven, Klimawandel, Belastung
Das stimmt so nicht. Nebst             Verkehrsmittels ist eine                    der Luft durch Feinstaub und Ozon
dem Autobahnbau, der besseren          heilige Kuh. Der Genuss dieser              führen uns die Bürgerlichen mit
Erschliessung des Berges               Freiheit wird zwar im Stau stark            ihrer Verkehrspolitik nur noch tiefer
durch eine neue Lorzentobelbrücke      beeinträchtigt, aber trotzdem setzt         in die Sackgasse.
wurden in den Gemeinden durch          man weiterhin auf den Individual-
Erschliessungsstrassen in neue         verkehr.                                    Der Individualverkehr wird noch
Quartiere Zehntausende von                                                         mehr zunehmen, die Umwelt noch
Quadratmetern mit Asphalt ver-         Mit den gigantischen Strassenbau-           mehr belastet, und es werden
siegelt, und auch was ober- und        projekten, die im Kanton Zug in             die letzten grünen Inseln
unterirdische Parkplätze anbelangt,    den nächsten Jahren geplant sind,           zubetoniert. Eine alternative
ist die Zunahme von Verkehrs-          ist eine Umkehr nicht in Sicht. Das         Sichtweise ist darum
flächen eklatant.                      oberste Prinzip ist einzig die angeb-       nötiger denn je. ■

                                                                               BULLETIN | NUMMER 2 | Juni 2008
Referendum Steuergesetz

    Steuergeschenke für Privilegierte –
    Sparpakete für alle anderen

    Stefan Gisler, Kantonsrat Alternative Kanton Zug | Bild engelvoelkers.ch

4   Vermögende, Aktionäre und Unternehmen sollen jährliche Steuergeschenke         litik nimmt die Anzahl der in Zug
    im Umfang von 50,4 Millionen Franken erhalten. Gleichzeitig spart der          ansässigen Unternehmen jährlich
    Kanton bei Behinderten, Umwelt, Renten, Lehrerbesoldung oder Prämien-          um mehr als tausend zu. Diese Fir-
    verbilligung. Das ist ungerecht!                                               men sowie deren Manager und Mit-
                                                                                   profiteure (Anwälte, Treuhänder,
                                                                                   Baufirmen etc.) können sich teure
    2007 erzielte der Kanton Zug einen    heit, soziale Sicherheit, intakte        Büros und Wohnungen leisten und
    Rekordüberschuss: 244,2 Millionen     Umwelt, genügend Grünflächen,            treiben so die Mietpreise in schwin-
    Franken – davon 82 Millionen Ab-      geringe Verkehrsbelastung, gün-          delerregende Höhen. Dies trifft die
    schreibungen. Rechtsbürgerliche       stige öffentliche Dienstleistungen,      Familien durch die so real erhöhten
    sprechen von einem «strukturellen     familiengerechte Infrastrukturen         Lebenskosten am härtesten.
    Überschuss», den es mittels Steuer-   oder eine motivierte und gute
    senkungen abzubauen gelte.            Verwaltung für Wirtschaft sowie          Günstiger Wohnraum statt Steuerge-
                                          Gesellschaft für förderlicher als        schenken und scheinheiliger Politik
    Fiskalquotenfetischismus              einen einseitigen Staats- und Fis-       Die SVP gibt vor, für den «Bürger»
    Doch der «strukturelle Über-          kalquotenfetischismus. Zumal tie-        bzw. den «kleinen Mann» zu poli-
    schuss» ist nichts anderes als eine   fe Quoten nicht einmal die wirt-         tisieren. Die CVP setzt angeblich
    ideologische Verschleierung, um       schaftliche Standortattraktivität        auf Familienfreundlichkeit. Die
    nach 2000 und 2006 erneut Steu-       garantieren. Länder mit weit hö-         FDP behauptet, nur wenn es den
    ergeschenke für die Reichsten         heren Fiskalquoten liegen laut dem       Reichen gut gehe, ginge auch es der
    durchzudrücken. Die Alternativen      WEF-Ranking vor der Schweiz.             Bevölkerung gut.
    halten andere Standortfaktoren        Der Kanton muss in echte Stand-          Tatsächlich betreiben sie aber eine
    wie Bildung, bezahlbare Gesund-       ortvorteile investieren und auch         Politik gegen die Interessen des
                                          endlich seine Aufgaben zur Mil-          Kantons und seiner Bevölkerung,
                                          derung der negativen Effekte des         aber für die Gewinnmaximierung
                                          Wachstums wahrnehmen. Dafür              einer privilegierten Minderheit. 752
       Das Referendum                     braucht es auch die Steuergelder         Millionen Franken sollen die rei-
                                          der Reichen.                             chen Personen und Firmen in den
       Referendumskomitee: Alternati-                                              nächsten 15 Jahren mit der Steuer-
       ve Kanton Zug, Sozialdemokra-      Mehrverkehr, Zubetonieren und            gesetzrevision sparen.
       tische Partei des Kantons Zug      Lebenskostenexplosion                    Die Bevölkerung erhält nur die
       (SP), Angestelltenvereinigung      Zugs Wachstum generiert enormen          Brosamen. Der Mittelstand und
       Region Zug (AR Zug), Christ-       Mehrverkehr. Die Zuger Politik se-       die Familien werden gerade mal
       lich-Soziale Partei Zug (CSP),     kundiert diesen mit Strassenbaupro-      um 9,2 Millionen Franken jährlich
       Gewerkschaftsbund Kanton Zug       jekten jenseits jeder wirtschaftlicher   entlastet. Wenig Verdienende gehen
       (GBZ), Gewerkschaften Unia         und verkehrspolitischer Vernunft.        sogar leer aus.
       sowie vpod, Zuger MieterInnen-     Das Wachstum generiert zudem eine        Es mag durchaus sein, dass viele im
       verband.                           Grünflächen verschlingende Zersie-       Kantonsrat so gut situiert sind, dass
                                          delung. Die Zuger Politik sekundiert     sie selbst von diesen Steuersen-
       Unterschriften sammeln: Hilf       mit einem masslosen Richtplan mit        kungen profitieren. Oder vielleicht
       mit, Unterschriften zu sammeln!    Einzonungen wichtiger Naherho-           vertreten sie Steuersubjekte, die ei-
       Melde Dich bei: Stefan             lungsgebiete.                            niges Interesse an einer neuerlichen
       Gisler, 077 433 29 79,             Zug hat mit die höchsten Wohn- und       Steuerrevision haben. Doch immer
       stefangisler@bluewin.ch            Lebenskosten in der Schweiz für die      mehr Zugerinnen und Zuger (und
                                          normal verdienende Bevölkerung.          besonders Familien) haben nichts
       Referendumsbogen: Den Bogen        Und was machen CVP, FDP und SVP?         von der Revision.
       zum Ausdrucken, Unterschrei-       Sie bodigen die echte Förderung von      Im Vergleich zu den exorbitanten
       ben und Zurücksenden (bis 22.      günstigem Wohnraum mit Phrasen           Steuergeschenken ist die Regierung
       Juli) findest Du auf               vom freien Markt und greifen in die-     geradezu kleinkrämerisch bei der
       www.alternative-zug.ch oder        sen mit einer einseitigen Steuerpoli-    Förderung von bezahlbarem Wohn-
       bestelle ihn per Mail bei          tik («Subvention» von Aktionären,        raum. In den nächsten 15 Jahren
       info@alternative-zug.ch            Holdings etc.) selbst massiv ein.        sollen gerade mal 26,7 Millionen
                                          Aufgrund der einseitigen Steuerpo-       Franken investiert werden. Dafür

    BULLETIN | NUMMER 2 | Juni 2008
Professor Christian Keuschnigg von     5
                                                                                      der HSG in einer Studie zuhanden
                                                                                      des eidgenössischen Finanzdeparte-
                                                                                      ments, dass jede Wachstumsförde-
                                                                                      rung über Steuersenkungen Reiche
                                                                                      reicher und Arme ärmer macht. Es
                                                                                      sei ein politischer Entscheid, ob
                                                                                      man dies wolle. Zug ist leider eine
                                                                                      Triebfeder des nationalen und inter-
                                                                                      nationalen Steuerdumpings, sorgt
                                                                                      in Zug für Ungerechtigkeit und ent-
                                                                                      zieht gleichzeitig anderen Kantonen
                                                                                      und Ländern (überlebens)wichtiges
Zugs Steuerpolitik: Wohnbauförderung für die mit dem hauseigenen Swimming-Pool.       Steuersubstrat.
                                                                                      In Zug besitzen 2 Prozent der Steu-
                                                                                      erzahler 60 Prozent des Vermögens.
    kommen Sparprogramme bei Be-             Feudalstaat Schweiz                      Umso absurder sind die geplanten
    hinderten, bei der Umwelt, bei den       Hans Kissling, langjähriger Chef des     Steuergeschenke bei der Vermögens-
    Renten, bei der Lehrerbesoldung          Zürcher Amts für Statistik, zeigt in     steuer primär für Millionäre. Doch
    und bei der Prämienverbilligung          seinem Buch «Reichtum ohne Lei-          bestimmen diese zusehends unsere
    (zusammen jährlich über 40 Milli-        stung» auf, dass nirgends in der Welt    Politik - so pumpen Milliärdäre der
    onen Franken, über 15 Jahre wären        so wenige so viel mehr besitzen als      SVP Millionen in politische Kam-
    dies 600 Millionen Franken). Die         alle anderen. Und die Kluft wachse       pagnen. Eine Amerikanisierung der
    Standardargumentation, Zugs Steu-        weiter. Tatsächlich zeigen auch an-      Schweizer Demokratie!
    erpolitik fördere die Wirtschaft,        dere Studien, dass in der Schweiz die    Fazit: Eine nachhaltige Steuerpoli-
    die wiederum für die guten öffent-       Einkommens- und Vermögenssche-           tik sorgt für soziale Gerechtigkeit,
    lichen Leistungen aufkomme, ist so       re – die Schere zwischen arm und         faire Mieten, Umweltschutz, mehr
    nicht mehr glaubwürdig. Die Spar-        reich – immer mehr aufgeht. Entge-       Demokratie. Die Steuergesetzrevisi-
    programme für die Bevölkerung fi-        gen der Behauptungen der Bürger-         on aber schadet Menschen und Um-
    nanzieren die Steuersenkungen der        lichen findet eine Umverteilung von      welt – in Zug, in der Schweiz und
    Privilegierten.                          unten nach oben statt. So erläutert      in der Welt. ■

      Wer profitiert von der                 2 Promille Vermögenssteuer               der grossen Mehrheit der KMUs,
                                             belastet werden, anstatt mit 2,5         also Metzgern, Gipsern, Frisören,
      Steuergesetz-Änderung?                 Promille. Bei einem Vermögen             Malern etc. rein gar nichts, weil
      23,4 Millionen Franken für             von 10 Mio. Fr. können so 20%            diese gar keine Kapitalgesell-
      Unternehmen                            Steuern gespart werden. Im               schaften sind.
      Der Kanton Zug ist bei den Ge-         Vermögenssteuer-Bereich herrscht
      winnsteuern von Unternehmen            kein internationaler Wettbewerb,         Brosamen für Familien
      national wie international Spitze.     und unser Kanton ist schon heute         Mit der Erhöhung des Kinderab-
      Selbst der Regierungsrat hat           der drittgünstigste Kanton für           zugs, der Heraufsetzung des Frei-
      keine Notwendigkeit für eine Ge-       Millionäre.                              betrags bei der Vermögenssteuer
      winnsteuersenkung geortet. Die                                                  sowie der Erhöhung der Reinein-
      Mehrheit der Zuger Einwohner-          7,2 Millionen Franken für                kommensgrenze beim Mieter-
      gemeinden sind wegen der hohen         Aktionäre                                abzug werden Familien und der
      Steuerausfälle gegen die Senkung       Der Rabatt bei Beteiligungen und         Mittelstand zwar um 9,2 Millio-
      der Unternehmenssteuern.               Gewinnen der Aktionäre wird              nen entlastet. Doch diese Ein-
                                             von 30 % auf 50 % erhöht. Diese          sparungen werden durch die zu
      19,8 Millionen Franken für             so genannte «Milderung der wirt-         erwartenden höheren Lebensko-
      Vermögende                             schaftlichen Doppelbelastung»            sten mehr als zunichte gemacht.
      Neu sollen Vermögen über               ist nicht nur potenziell verfas-         Unterer Mittelstand sowie wenig
      600'000 Franken nur noch mit           sungswidrig. Sie bringt auch             Verdienende profitieren nicht.

                                                                                  BULLETIN | NUMMER 2 | Juni 2008
Bildung und Geschlecht

    Das benachteiligte Geschlecht

    Marianne Aepli, Primarlehrperson*, Menzingen | Bild Marianne Aepli

6   Die Schweizer Volksschule hat in ihrem Bildungsauftrag den Passus einer        für Bildungsforschung, 2006) als
    geschlechtergerechten Schule. Auf der Suche nach dieser Art Gerechtigkeit      auch eine Publikation des Dachver-
    muss die Schule aus der Genderperspektive betrachtet werden, mit einem         bandes Schweizer Lehrerinnen und
    Blick auf Jungen- und Mädchenwelten. Eins vorneweg – Vor- und Nachteile        Lehrer (2004). Das schweizerische
    gibt es für beide Geschlechter.                                                Netzwerk für schulische Buben-
                                                                                   arbeit hat vor einigen Jahren das
                                                                                   Projekt «Männer in die Unterstufe»
    Kürzlich hat mir eine befreundete      feld an Einfluss gewinnt. Das Kind      lanciert. Der Frauenüberhang im
    Lehrerin mitgeteilt, schwanger im      baut Identität auf, die immer auch      Schulunterricht schafft kein pä-
    sechsten Monat, sie werde ihr Kind     Geschlechtsidentität ist. Es weiss,     dagogisches Defizit, aber dennoch
    bewusst geschlechtsneutral erzie-      dass es später eine Frau oder ein       müssen aus Gendersicht mehr Män-
    hen. Ich musste schmunzeln. Sie        Mann werden wird. In dieser Ent-        ner die Schulstube bevölkern. Denn
    war sich bewusst, dass die Tatsa-      wicklungsphase orientieren sich         die Lehrperson nimmt, ob sie das
    che, ob ihr Kind ein Junge oder ein    Kinder stark an gleichgeschlecht-       will oder nicht, eine Vorbildfunk-
    Mädchen sein wird, eine gewichtige     lichen Gruppen. Sie möchten rich-       tion ein, auch in geschlechtlicher
    Tatsache ist. Damit anerkennt sie,     tige Jungen und Mädchen sein, und       Hinsicht. Daraus ergibt sich posi-
    dass das Geschlecht einen Unter-       sie möchten dazugehören. Sie su-        tiv, dass Kinder in der Schule viele
    schied macht. Ihr Wunsch nach ei-      chen nach Merkmalen der Jungen-         Frauen in verantwortungsvoller
    ner geschlechtsneutralen Erziehung     und Mädchenwelten, stets mit der        Berufstätigkeit erleben. Umgekehrt
    wird nicht erfüllt werden können,      Perspektive späterer Frauen- und        wird ein Nachteil offensichtlich;
    da sie sich nicht auf einer einsamen   Männerwelten. Zugehörigkeit und         vielen Kinder fehlt diese positive
    Insel bewegt und Menschen auch         Abgrenzung ist wichtig. Mädchen-        Wahrnehmung hinsichtlich un-
    mit einem neugeborenen Kind nicht      typisches und Jungentypisches           terrichtender Männer. Kommt die
    bei einem wertemässigen Nullpunkt      verstärkt sich, bis dieses in der Pu-   gesellschaftliche Tendenz zu abwe-
    starten. Kinder werden bei ihrer Ge-   bertät in ganz neuen Zusammen-          senden Vätern und Freizeitvätern
    burt in eine zweigeschlechtliche Ge-   hängen wirksam wird. Schule und         hinzu, haben es Jungen schwer, ihre
    sellschaft aufgenommen, was einige     Unterricht ist nicht geschlechts-       geschlechtliche Identität von realem
    einfache Beispiele zeigen: Es gibt     neutral, die Menschen darin sind es     Männeralltagsleben abzuleiten.
    keine eigentlichen Kleiderläden für    auch nicht. Um Vor- und Nachteile
    Kinder, nur Jungen- und Mädchen-       für einzelne Gruppen aufzuzeigen        Schwachstellen im Schulsystem
    abteilungen. Wer sich beim Spiel-      ist es unabdingbar, den Jungen-         Wenn der häufig zitierte Kinder-
    zeugkauf beraten lässt, wird nach      und Mädchengruppen Merkmale             psychologe Remo H. Largo meint,
    dem Alter des Kindes gefragt, dann     zuzuschreiben, im Bewusstsein,          unsere Schule benachteilige die
    nach dem Geschlecht. Wichtigste        dass hier Geschlechterdifferenzen       Buben, so ist das nachvollziehbar.
    Information nach einer Geburt ist      markiert werden, die nicht gesamt-      Warum ist der Anteil der sonderpä-
    der Gesundheitszustand des Babys       gesellschaftlich gelten. Diese Un-      dagogisch betreuten Jungen massiv
    und das Geschlecht. Eltern ziehen      terschiede sind jedoch aufgrund         höher als jener der Mädchen? Wa-
    ihren Jungen keine Röcke an.           ihrer Häufigkeit und Wirksamkeit        rum verstärkt sich auch im Kanton
                                           aktuell reale Gegebenheiten.            Zug der Trend, dass mehr Mädchen
    Palette an Möglichkeiten                                                       als Jungen eine Matura machen? Wo
    Erwachsene Menschen kennen die         Feminisierung der Schule                sich eine Schere zwischen den Ge-
    gesellschaftlichen Normen. Sie         Kindergarten und Primarschule           schlechtern auftut, sind die Gründe
    bewegen sich innerhalb oder aus-       sind in Frauenhand, die Femini-         dafür meist geschlechtsspezifisch.
    serhalb dieses Rahmens, leben mit      sierung dieser Stufen ist ein Fakt.     Dazu einige Beispiele: Kinder, die
    ungeschriebenen Gesetzen und           Viele Kinder im Kanton Zug werden       auffallen, werden eher sonderpäda-
    Abweichungen von diesen, und sie       in ihrer Primarschulkarriere keinen     gogisch betreut als ruhige Kinder.
    verfügen über eine Palette an Ver-     Lehrer haben. Die Gründe dafür          Ein Junge, der einen Fehler macht
    haltensmöglichkeiten. Kinder ha-       sind vielseitig und aus Gendersicht     oder auf eine Schwäche hingewie-
    ben diese Möglichkeiten noch nicht,    aufschlussreich. Dazu gibt es in der    sen wird, gibt sich in seiner Ge-
    sie lernen sie erst kennen. Kinder     Schweiz Studien und Analysen,           schlechtsgruppe eine Blösse. Diese
    im Primarschulalter befinden sich      sowohl von der Schweizerischen          Blösse muss er kompensieren, um
    in einer Sozialisationsphase, wo       Konferenz der Erziehungsdirek-          den verlorenen Respekt seiner Kol-
    die Gruppe und das erweiterte Um-      toren (EDK, Koordinationsstelle         legen zurückzuholen. Blödeln ist

    BULLETIN | NUMMER 2 | Juni 2008
7

Eine Schule mit Höhen und Tiefen: Das benachteiligte Geschlecht ist nicht auszumachen - aber systematische Benach-
teiligungen aufgrund von Geschlecht.

eine häufig angewandte Kompensa-        bemerkbar. Dies schlägt sich in          Zusammenarbeit mit der Uni Bern
tionsmethode. Anders in der Mäd-        der Arbeitshaltung und im Lern-          soeben eine zweijährige Studie
chengruppe; Fehler und Schwächen        verhalten, letztendlich auch in der      «Faule Jungs und strebsame Mäd-
führen nicht zu Gesichtsverlust.        Leistung nieder. Und der Übertritt       chen? Zusammenhänge zwischen
Verhaltensunauffällige     Mädchen      heisst Promotion und Selektion. Zu-      Geschlechterbildern und Leistungs-
mit Lernschwierigkeiten werden          sätzlich sind die Leistungen in den      unterschieden». Vielleicht zeigen
dafür gern mal übersehen. Die aktu-     sprachlichen Fächern stark gewich-       sich dabei weitere zu analysieren-
ellen Schulformen bauen stark auf       tet, was sich mit einer zukünftigen      de Gender-Hindernisse am Lernort
individuellem Unterricht, auf Eigen-    Promotionsnote für Französisch           Schule. Ein Genderblick ermöglicht
verantwortung, auf Selbstkompe-         und Englisch am Ende der Primar-         immer wieder das Auskorrigieren
tenzen, auf Sozialkompetenzen. In       schulzeit noch verstärken könnte.        von systematischen Benachteili-
diesen Bereichen sind die Mädchen       Und in diesen Fächern verfügen           gungen. Dies ist der Auftrag einer
nicht a priori besser, aber meistens    Mädchen über bessere Noten.              gendergerechten Schule. ■
in ihrer Entwicklung schneller. Das
heisst, Mädchen können von Un-          Unterwegs zur gendergerechten
terrichtsformen profitieren, wenn       Schule
diese den Jungen noch schwer fal-       Die Kantonsschule Zug hat auf die         *Dieser Artikel ist der zweite
len. Und was einem Jungen schwer        Gewichtungen in der Notengebung           Beitrag einer Themenreihe zu
fällt, führt schnell zu Kompensati-     insofern reagiert, als in einzelnen       «Bildung und Geschlecht».
onsverhalten. Mädchen werden in         Bereichen naturwissenschaftliche          Die Autorin Marianne Aepli,
solchen Situationen häufig als Hel-     Fächer wieder getrennt bewertet           Master of cultural&gender
fende eingesetzt, zuweilen auch auf     werden. Was bisher im Fächerpaket         studies, arbeitet als Primarleh-
Kosten eigener Lernmöglichkeiten.       daherkam wurde auseinanderge-             rerin in Menzingen sowie in
Beim Übertritt in die Oberstufe,        nommen, um eine Gleichwertigkeit          der Aus- und Weiterbildung von
ans Lang- oder Kurzzeitgymnasium        von Sprache und Naturwissen-              Primarlehrpersonen in Zug und
macht sich ebenfalls eine Entwick-      schaften herzustellen. Die Pädago-        Luzern.
lungsverzögerung bei den Jungen         gische Hochschule Bern startet in

                                                                            BULLETIN | NUMMER 2 | Juni 2008
Regierungsrat

    Bodenständige Zukunft durch Kunst

    Patrick Cotti, Regierungsrat Alternative Kanton Zug | Bild Adelina Odermatt

8

    Musikalische Bildung ist Basis für eine umfassende Zukunft.

    Erhält Zug ein neues Kunsthaus? Wie soll sich der Musikunterricht in die      Jahrhunderte altes Empfinden – ge-
    öffentlichen Aufgaben einfügen? Erste Diskussionen dazu sind bereits im       spielt durch Kinder
    Gang. Regierungsrat Cotti freut sich auf den anstehenden Gedankenaus-         Das oben erwähnte Zitat, welches
    tausch über die Kunst in der heutigen, unsrigen Gesellschaft.                 ich nicht nochmals nachgele-
                                                                                  sen habe, der Spur nach im Kopf,
                                                                                  war mir am Final des Schweizer
    Der anfangs Jahr verstorbene Stadt-     den Luxus leisten können, Kunst-      Jugendmusikwettbewerbs in Hü-
    zuger Architekt, Politiker, Kunst-      schaffen als sinnverbindende und      nenberg in diesem Frühjahr wieder
    sammler und Mäzen Peter Kamm            -gebende Anleitung zum Leben zu       zuvorderst. Im Moment, als die elf-
    zitierte den emeritierten Germa-        erfahren, kommt dieser Auseinan-      jährige Geigerin aus dem Welschland
    nistikprofessor Peter von Matt.         dersetzung nochmals viel tiefere      mit unbeweglicher Mine, mit Beglei-
    Und so schrieb Kamm sinngemäss          Bedeutung zu, als wir uns zu ahnen    tung am Bösendorfer-Flügel, behän-
    im diesjährigen Jahresbericht der       erlauben.                             de und innerlich unglaublich tief
    Zuger Kunstgesellschaft, dass der       Kunstschaffen ist handfest, bo-       abgestützt – woher kam bloss dieses
    Politik das Wissen um die spätere       denständig, zentriert: Es entsteht    Erfahrungswissen? – einem Werk Er-
    Zukunft nicht offen liege, sondern      – egal welchen finanziellen Grund     wachsener nachspielte auf eine Art
    die Zukunft vielmehr durch die          eine Gesellschaft hat (und Zugs       und Weise, dass ich vor inniger Be-
    Auseinandersetzung mit dem Wis-         monetäres Füllhorn ist überfüllt)     rührung nur noch flach atmete.
    sen um Kunst und Kunstschaffen          – aus dem Moment, tiefer liegen-      Was für ein altes Wissen, weit über
    angedacht werden muss.                  den Schichten einer komplexen ge-     die Zeit der Industriealisierung
    Die Politik sei, genau gleich wie       sellschaftlichen Struktur und Ver-    hinaus, jahrhundertelang immer
    die Wirtschaft, abhängig von den        bindlichkeit heraus. Dieses Wissen    wieder angesammeltes und bear-
    Ergebnissen und Erkenntnissen           der tiefen Verwurzelung unseres       beitetes Empfinden kam aus dieser
    des Kunstschaffens, mindestens          Selbstverständnisses im Kunst-        jungen Person zu uns?
    vor dem Hintergrund der Bedeu-          schaffen ist Kulturen, die nicht im
    tungslosigkeit eines sinnentleerten     gleichen Wohlstand schwimmen,         Freiwillige Musikschule
    Weltverständnisses     ohne   Aus-      oftmals deutlich näher (und ich       obligatorisch anbieten
    einandersetzung mit Kunst und           denke da nicht primär an afrika-      Und gleichzeitig verstand ich die
    Kunstschaffen. Auch wenn wir uns        nisches Kunstschaffen).               Eindringlichkeit der Haltung ver-

    BULLETIN | NUMMER 2 | Juni 2008
schiedener Kantonsrätinnen und          de sein Handwerk, die Architek-         Debatte um neues Zuger Kunsthaus        9
-räte, die Forderung der Motion Wi-     tur, als der Zeit zu unterwerfendes     Das neue Kunsthaus soll auf der
cky umzusetzen, Musikschulen als        Schaffen: Seine Werke sind verän-       Schützenmatte, am Platz der Turn-
obligatorisch von der öffentlichen      derbar, die Wände verschiebbar,         halle, entstehen. Die grosse Wiese
Hand zu leistendes Angebot gesetz-      die Nutzung der Veränderung un-         wird belassen, den Basketball-
lich festzuhalten. Dies dem langjäh-    terworfen. Wenn ein neues Kunst-        spielerinnen und -spielern soll ein
rigen und deutlichen Bekenntnis         haus hier in Zug entstehen soll (die    neuer Platz, möglichst in der Nähe,
aller Gemeinden und des Kantons,        Trägerschaft sowie Stadt und Kan-       z.B. beim Podium, geboten werden.
die Musikschulen freiwillig zu fi-      ton konkretisieren ihre Vorstel-        Die Schwinger, die jahrelang in
nanzieren, zum Trotz: Hier soll fest-   lungen zu einem Neubau am See),         der Turnhalle trainieren, brauchen
gemacht werden, was ist. Musik ist      dann wird es nicht aus der Luft         ebenfalls ein gutes neues Angebot.
Grundlage, musikalische Bildung         gegriffen hier entstehen, sondern       Private sollen sich am Neubau fi-
Basis für eine umfassende Zukunft.      im Kontext der Entwicklung, aus         nanziell und ideell beteiligen.
Bestätigung dessen, was unterhalb       dem heraus es dort angelangt ist,       Die Diskussion soll breit sein, denn
der gesetzesformalen logischen          wo es heute seine breiten Möglich-      hier wird Kunstschaffen anderen
Nachvollziehbarkeit eben als richtig    keiten gefunden hat. Wer bereit ist,    öffentlichen Interessen gegenü-
und erfahrbar anerkannt wird.           die Notwendigkeit musikalischen         ber gestellt. Auf diese Diskussion
Ich freue mich über den breiten         Schaffens und musikalischer Aus-        freue ich mich. Diese Diskussion
Willen, gerade hier im finanziell       bildung und Prägung zu sehen, ist       wird nicht elitär sein. Hier wird es
gesättigten Kanton Zug, in der rei-     auch bereit, die dem Kunstschaf-        nämlich um sehr Bodenständiges
chen Stadt, schon fast als anachro-     fen inne liegende Musikalität der       gehen; darum, was Politik der Zu-
nistisch anmutende Werte – im           Entstehungsprozesse zu verstehen.       kunft zu bieten hat, was Wirtschaft
Rahmen der Musikschulmotion –           Den Kontext zu erkennen.                als Grundlage zu unserem Lebens-
festzumachen. Musikbildung, wird        Vater Kamm hatte sich mit Wotru-        verständnis versteht und welche
lauthals verkündet, ist zentral für     ba angefreundet. Christine und Pe-      Perspektiven die Bevölkerung sich
die Entwicklung unserer Kinder.         ter Kamm mit Roman Signer. Über         offen halten oder eröffnen kann.
Und wenn für unsere Kinder, dann        Freundschaften sind Sammlungen          Der Kantonsrat ist bereit, Zürich
auch für uns, die wir auch einst        entstanden. Über die Sammlungen         und Luzern im kulturellen Lasten-
Kinder waren.                           neue Kontexte mit anderen Museen.       ausgleich jährlich neu 2,2 Millio-
                                        Ungeachtet der wirtschaftlichen         nen Franken anstelle der bisherigen
Freundschaften und Sammlungen           Entwicklung des Kantons und der         Million zu bezahlen – dies in Wür-
Peter Kamm erzählte mir in Ge-          Stadt, Nebenflüsse, aber wichtige.      digung des Standortvorteils, das die
sprächen, die endlos zu mäandern                                                grossen Kulturhäuser von Zürich
schienen, wie Kunstsammeln ent-         Sehen, verstehen, begreifen             und Luzern für Zug bieten.
steht, über konkrete Beziehungen,       Die Zerlegung der Farben, mit           Die Kulturförderung des Kantons
freundschaftliche    Auseinander-       der sich James Turell nach den          gibt jährlich rund 8,2 Millionen
setzung, Diskurse über Gott und         Neoimpressionisten wieder heu-          (Budget 08, inkl. kultureller Lasten-
die Welt und das vorliegende But-       te auseinandersetzt (und unseren        ausgleich) aus. Von den sechs Mil-
terbrot, das Bedürfnis, gemein-         Bahnhof abends beleuchtet), die Be-     lionen Franken, die für die Kultur
sam zu essen und trinken. Wie           deutung eines Werkes, in dem wir        im Kanton aufgewendet werden,
entstehen Übersetzungen litera-         mitten drin stehen können (Olafur       geht gut eine Million Franken an
rischer Werke anders denn als in        Eliasson) und das uns den Zugang        alternative Kulturprojekte (inkl.
konkreter Bezugnahme zu dem,            zum Sehen – und damit zum Ver-          Jugendkultur). Allerdings: Im Total
was die Übersetzende, der Über-         stehen – neu eröffnet, steht hinter     der Kulturausgaben der Schweizer
setzer weiss und erfährt. Was           der Entwicklung zu einem neuen          Kantone in der Höhe von 823 Mio
kann ein Gestalter anderes gestal-      Kunsthaus.                              Franken machen die zugerischen
ten als das, was in ihm anklingt,       Wer versteht, begreift das? Nicht       Kulturausgaben knapp 1 Prozent
gerade hier, wo die Unmittelbar-        alle. Und dennoch ist dies nicht        aus. Im schweizerischen Mittel be-
keit Ursprung ist zu dem, was ent-      elitär. Denn: Es gibt Kinder, die als   tragen die kantonalen Ausgaben für
steht. Die Vernetzung und Neuge-        Elfjährige klassische Werke spielen,    Kultur 115 Franken pro Kopf, im
staltung in der Achse der Zeit, der     in einer Art, die uns Erwachsenen       Kanton Zug sind es gerade mal 73
Entwicklung.                            durch deren Interpretation wieder       Franken. Da läge doch noch einiges
Auch verstand Peter Kamm gera-          verständlich werden.                    drin. ■

                                                                            BULLETIN | NUMMER 2 | Juni 2008
Grüne Kantonalparteien - Wallis

     Entre le local et l'international

     Grégoire Raboud, Präsident der Grünen Wallis | Bilder Grüne Wallis

10   Die Vorstösse der Grünen im Walliser Kantonsparlament pendeln                         • une promotion accentuée des pro-
     regelmässig zwischen lokalen und internationalen Themen: die generelle                duits de saison,
     Übereinkunft zu Handel und Dienstleistungen, Energie- und Steuerfragen,               • un soutien accru aux producteurs
     die unfairen WTO-Wettbewerbsbedingungen bei Agrarprodukten, das Wallis                en fonction du bilan écologique de
     und die internationale Zusammenarbeit, die Schafe im Wallis, Ausbildung               leur produit.
     im Tourismusbereich.                                                                  Des Verts d'autres cantons avai-
                                                                                           ent entrepris des interpellations
                                                                                           similaires. La diffusion de cette
     Le postulat «La déplétion du pétro-        • Les promoteurs possèdent une             information allait inciter d'autres
     le», déposé en décembre 2005,              grande influence dans le choix ar-         Verts à en faire de même dans leurs
     demandait au Conseil d'Etat de             chitectural et énergétique de leurs        cantons respectifs. C'est ainsi que
     «consacrer des moyens conséquents          bâtiments: l’Etat peut-il augmenter        des démarches ont été faites dans
     aux économies d’énergie et aux             et les exigences et les mesures inci-      les cantons de Berne (03.12.04),
     sources d’énergie renouvelables», en       tatives (subventions en fonction de        Vaud (09.09.05), Jura (25.04.07), Va-
     argumentant que «l'investissement          l’efficacité énergétique du bâtiment       lais (09.05.07), Fribourg (14.06.07
     [était très rentable], surtout lors-       et de la source d’énergie)?                Neuchâtel (22.06.07) et Genève
     que les prix du pétrole auront pris        • Les communes ont un rôle                 (25.09.07). Au niveau du Parlement
     l’ascenseur». Le postulat «Le rôle de      d’exemple et incitatif: l’Etat peut-       national, deux démarches ont été
     l'Etat dans la question énergétique»,      il augmenter et les exigences et les       faites, celle de Joseph Zisyadis
     déposé en décembre 2006, a été ac-         mesures incitatives (subventions           (20.06.06) et celle d'Anne-Catherine
     cepté en juin 2007. Il demandait au        en fonction de l’efficacité énergé-        Ménétrey (21.06.07). Cette dyna-
     Conseil d'Etat d’élaborer un rapport       tique du bâtiment et de la source          mique a débouché sur la Plateforme
     sur la question énergétique valai-         d’énergie)?                                pour une agriculture socialement
     sanne informant sur les problèmes          Bien que ces postulats aient été ac-       équitable, coprésidée par Anne-
     constatés au niveau des différents         ceptés, ils n'ont que peu été suivis       Catherine Ménétrey et Noé Graff
     partenaires de la filière énergétique      d'effets puisque les crédits y relatifs    qui ont organisé une conférence de
     et les mesures étatiques envisagea-        ont été refusés au budget. Par contre,     presse le 4 mars 2008 à Berne ainsi
     bles pour répondre aux défis éner-         les partis bourgeois reprennent l'un       qu'un débat soulevant les questions
     gétiques actuels et futurs …               ou l'autre élément de ces postulats        fondamentales:
     • les services industriels sont au         sous d'autres formes.                      • Est-ce que la Suisse peut se per-
     courant des demandes et des gaspil-                                                   mettre d’importer des denrées ali-
     lages d’énergie: l’Etat peut-il inter-     Für eine sozial- und umwelt-               mentaires produites dans des condi-
     venir pour augmenter les exigences         verträgliche Landwirtschaft                tions sociales et environnementales
     minimales?                                 Le postulat «Diminuer la con-              inadmissibles?
     • les clients individuels: l’Etat peut-    currence déloyale dans les produits        • La production agricole suisse est-
     il augmenter sa contribution pour          agricoles», déposé en mai 2007 dans        elle socialement durable?
     des investissements dans les éner-         le cadre de l'Alliance de Gauche (PS-      • Quelles mesures doivent être en-
     gies renouvelables (par exemple,           Verts-PCS), a été accepté en session       visagées?
     panneaux solaires thermiques)?             de décembre 2007. Il demandait que
     • les clients industriels: l’Etat a-t-il   l'Etat du Valais intervienne auprès        Das Wallis im Spiegel
     une politique de subvention énergé-        de la Confédération pour:                  internationaler Solidarität
     tique qui tienne compte de la part         • une intégration des normes so-           La motion «Le Valais et la coopérati-
     énergétique dans la valeur du pro-         ciales et environnementales dans           on internationale», déposée en mars
     duit final (par exemple, l’usine Dje-      les négociations auprès de l'OMC,          2007, a été partiellement acceptée en
     va à Monthey est sensible à la fluc-       • une taxation écologique et sociale des   décembre 2007. La motion rappelait
     tuation du prix de l’énergie)?             produits importés (taxe sur le CO2),       que «la contribution [valaisanne] à
     • les architectes sont souvent les         • une valorisation des normes et           la coopération au développement est
     premiers conseillers des clients:          standards écologiques et sociaux           légèrement supérieure à 0,01 % du
     L’Etat peut-il imposer des exigences       dans la politique agricole suisse,         budget de fonctionnement du Valais
     concernant leur formation ou, à            • un contrôle strict de l'application      (canton et communes). La Confédé-
     défaut, relever les critères mini-         uniforme et équitable des standards        ration a atteint depuis 2004 l'objectif
     maux énergétiques d’autorisation de        de production des distributeurs su-        qu'elle s'était fixé au Sommet de Rio
     construction?                              isses,                                     en 1992, à savoir consacrer 0,4 % de

     BULLETIN | NUMMER 2 | Juni 2008
11

Breites Interesse der Grünen Wallis …                                              …für Windenergie.

son PIB à la coopération au dévelop-      un bénéfice appréciable permet non       che. Le postulat rappelle que «La loi
pement.» Dans ce contexte, la moti-       seulement d'effacer la dette nette       sur l'hébergement, la restauration et
on demandait à l'Etat du Valais:          par habitant mais d'avoir une for-       le commerce de détail de boissons
• d'élaborer un cadre légal con-          tune nette de 200.– Frs par habitant.    alcoolisées est en vigueur depuis
cernant les projets d'aide et de coo-     Argumenter qu'augmenter la contri-       trois ans» et que «Le chapitre relatif
pération au développement,                bution du canton à l'aide au dévelop-    à la formation a été fortement allégé,
• d'augmenter sa contribution à           pement n'est pas raisonnable relève      notamment sur la durée et le conte-
l'aide et à la coopération au dévelop-    plus d'une attitude égoïste que de       nu, puisque les examens ne portent
pement,                                   la charité chrétienne! Dans sa ré-       actuellement que «sur les connais-
• de collaborer avec la Fédération        ponse, le Conseil d’Etat «accepte la     sances élémentaires sur la tenue
des ONG valaisannes de coopérati-         motion uniquement sur la demande         d'une exploitation.» Le postulat de-
on (Valais Solidaire).                    de collaboration avec la Fédération      mande au Conseil d'Etat d'effectuer
Le Conseil d’Etat répondait: «[Il]        des ONG valaisannes de coopéra-          une étude sur les points suivants:
n’est favorable ni à l’élaboration d’un   tion, Valais Solidaire, et rejette les   • état actuel de la qualité de la for-
cadre légal, ni à l’augmentation de       deux demandes d’élaborer une base        mation des personnes nouvellement
sa contribution à l’aide et à la coopé-   légale et d’augmenter sa contributi-     patentées,
ration au développement. Une base         on à l’aide à la coopération et au dé-   • suivi de la formation continue
légale entraînerait l’engagement de       veloppement.» Un petit pas positif.      ponctuelle et spécialisée,
moyens supplémentaires, tant en                                                    • état du controlling et de l'assurance
termes de personnel que financier.        Verbesserte Ausbildung im                qualité,
Ceci n’est pas raisonnable au mo-         Gastgewerbe                              • état du degré de formation des per-
ment où la discussion sur le bud-         Le postulat «Formation dans le do-       sonnes ayant obtenu une reconnais-
get 2008 est en cours et, bien que        maine touristique», déposé en dé-        sance de formation ou d'expérience
le principe du double frein aux dé-       cembre 2007 soulève une question         professionnelle.
penses soit respecté, des économies       importante dans le domaine touri-        Les Verts valaisans s'engagent pour
supplémentaires sont exigées.» Le         stique, à savoir le niveau de forma-     une formation de qualité, seule gé-
bouclement des comptes 2007 sur           tion des professionnels de la bran-      nératrice de valeur ajoutée. ■

                                                                               BULLETIN | NUMMER 2 | Juni 2008
EM und Hooligans

     Fragwürdige Fichierung zum
     Schutze des Fussballkonsums

     Patrick Gurtner, Jurist und leidenschaftlicher Fussball-Fan | Bild istockphoto.com

12   Gewalt und Ausschreitungen tauchen seit gut einem Jahr immer häufiger in       Wirkung von HOOGAN
     den Schlagzeilen zum Schweizer Fussball auf. Im folgenden Artikel soll die     Es kann bezweifelt werden, ob
     bundespolitische Reaktion darauf kritisch reflektiert werden.                  HOOGAN den eigentlich beabsich-
                                                                                    tigten Zweck erfüllt. Was HOOGAN
     Seit dem Inkrafttreten des revi-        Sportveranstaltungen       eliminie-   jedoch bewirkt, kann man jetzt
     dierten Bundesgesetzes über Mass-       ren zu können. Damit ein solches       schon absehen: Die Stadien werden
     nahmen zur Wahrung der inneren          Vorgehen Erfolg zeitigt, müsste die    sukzessive von rohen, unbequemen,
     Sicherheit (BWIS) am 1. Januar          Gewalt von klar bestimmbaren In-       schreienden Fussballangefressenen
     2007 ist die Hooligan-Datenbank         dividuen ausgehen. Dass dem nicht      gesäubert und durch «brave» Fuss-
     (HOOGAN) in Betrieb. Darin wer-         (immer) so ist, leuchtet ein.          ballkonsumenten ersetzt. Diese
     den Personen erfasst, gegen die an-     Es ist zum Beispiel an die Situation   Tendenz wird durch eine finanzi-
     lässlich einer Sportveranstaltung       zu denken, in der eine Gruppe von      elle Regulation unterstützt: Durch
     eine der aufgeführten polizeilichen     einigermassen friedlichen Fans         den Bau neuer, multifunktionaler
     Massnahmen (Rayonverbot, Mel-           plötzlich auf eine andere aggres-      Stadien können die Eintrittspreise
     deauflage, max. 24-stündiger Poli-      sivere Fangruppe oder die Polizei      sukzessive erhöht werden, so dass
     zeigewahrsam, Ausreisebeschrän-         trifft. In derartigen Situationen      eingefleischte, aber wenig wohlha-
     kung) verfügt worden ist. Erfasst       reicht oft ein kleiner Funken, um      bende (unbequeme?) Fussballfans
     werden können auch Personen mit         Scharmützel oder gar Ausschrei-        sich den Eintritt gar nicht mehr lei-
     Stadionverbot, die die Veranstalter     tungen zu provozieren.                 sten können. Aggressive Konfron-
     als Hausherren gegen Fussballfans       Polizeiliche Festnahmen, die auf       tationen verschwinden morpholo-
     erlassen.                               solche Situationen folgen, führen      gisch aus den Stadien, werden aber
     Die Daten stehen der Polizei, den       begriffstypisch dazu, dass auch        in deren Umgebung fortgesetzt.
     Zollbehörden und den Veranstal-         Leute verhaftet und schliesslich       Somit dient HOOGAN, pointiert for-
     tern von Sportanlässen schweizweit      in HOOGAN registriert werden,          muliert, der Entfernung potentieller
     zur Verfügung. Aktuell sind derzeit     die weder gewalttätig waren, noch      Störenfriede aus den Stadien, damit
     101 Personen mit einem Rayonver-        Hooligans sind. Akzentuiert wird       die Fussballkonsumenten ihr Geld
     bot und 217 mit einem Stadionver-       diese Problematik durch eine ten-      in wohlgeordneter Atmosphäre aus-
     bot verzeichnet.                        denziöse Medienberichterstattung,      geben können. Die hohen Kosten in
                                             die für eine reisserische Schlagzei-   finanzieller und staatspolitischer
     Staatsrechtliches Stirnrunzeln          le gerne mit unscharfen Begriffen      Hinsicht werden somit durch den
     Mit dem BWIS im Allgemeinen und         operiert. Festgenommene werden         Nutzen von HOOGAN in keiner Art
     mit HOOGAN im Speziellen wird           darin erstaunlich schnell pauschal     und Weise aufgewogen. ■
     an rechtsstaatlichen Prinzipien ge-     als Hooligans abgestempelt.            Weitere Infos: www.fansicht.ch
     rüttelt, was bei zahlreichen Juristen
     ein staatsrechtliches Stirnrunzeln
     verursachte. Einerseits wird das
     Prinzip der Unschuldsvermutung
     aufgeweicht, werden Personen
     doch unter Umständen «auf blosse
     Verdachtsmomente hin» und nicht
     rechtsstaatlich adäquat erst nach ei-
     ner rechtskräftigen Verurteilung in
     die Datenbank aufgenommen. An-
     dererseits können diese Verdachts-
     momente durch Privatpersonen
     (bspw. durch den Sicherheitsdienst)
     geäussert werden, die oft in Grund-
     rechtsfragen schlecht oder gar nicht
     geschult sind.
     HOOGAN wurde geschaffen, um
     «gefährliche» Personen registrie-
     ren, von Sportveranstaltungen
     fernhalten und so die Gewalt an         Leidenschaftliche Fans oder gewalttätige Hooligans?

     BULLETIN | NUMMER 2 | Juni 2008
Meinung

Ohne Moral ist jede Wirtschaft
menschenfeindlich

Grünspecht – ein kritischer Vogel

Wenn der Grünspecht über die Landschaft fliegt, so sieht er allerhand, was                                               13
die Menschen produzieren. Viele Dinge, die das Leben erleichtern. Der
Produkte-Phantasie sind kaum Grenzen gesetzt; man kann alles produzie-
ren und verkaufen – auch Illusionen und Hirngespinste. Ein Beispiel hat die
Welt in den letzten Monaten miterlebt: Mit sogenannten «Finanzprodukten»
haben geldgierige Banker ohne Moral Milliarden verlocht.

«Schuld hat die Hypotheken-            vestment-Banker verdienen riesige
krise in den USA.» Das war die         Boni, die Gewinne der Banken ex-
Standardantwort der Banken auf         plodieren.
die riesigen Verluste - wie wenn                                                  Der Autor «Grünspecht» ist
Kredite und Hypotheken von             Private Gewinne – staatliche               ein kritischer Vogel.
selbst entstünden und wieder ver-      Verluste
schwänden. Man macht aus dem           Hinter den hoch bewerteten Fi-
eigenen Verschulden ein Phäno-         nanzprodukten stehen Liegen-               Nachfolgegesellschaft Swiss und
men - und schon braucht es keine       schaften in den USA, die niemals           bezahlte so für den Grössenwahn
weitere Erklärung mehr. Schon ist      diesem Gegenwert entsprechen.              einiger Airline-Manager. Analog
man die Verantwortung los. Ge-         Und es stehen Schuldner dahin-             der Finanzsektor: Hier operieren
nau darum lohnt sich ein genauer       ter, die bei der ersten Konjunktur-        die Schweizer Banken und Finanz-
Blick auf dieses verantwortungs-       abkühlung die Zinsen nicht mehr            institute als weltweite Player mit
lose Handeln.                          bezahlen können. Prompt platzt             einer Art «Staatsgarantie»: Der
Ausgangspunkt der Krise sind ein       die Blase, an der ein paar Banker          Finanzplatz hat für die Schweiz
paar Dinge und Haltungen, die eng      so grossartig verdient haben. Die          mittlerweile eine derart grosse Be-
mit dem neoliberalen Weltbild ver-     Gewinne sind privatisiert worden.          deutung, dass sich unser Land eine
knüpft sind. Gier, Egoismus, Kon-      Die Verluste trägt jetzt die Allge-        Pleite einer Grossbank gar nicht
sum auf Pump, Besitz, schneller        meinheit, auch in der Schweiz:             mehr leisten könnte. Entsprechend
Reichtum, Glaube ans unbegrenzte       Kleinanleger, Pensionskassen, die          haben die Nationalbanken, auch
Wachstum. Und so ist es abgelau-       AHV-Kasse müssen massive Ver-              die Schweizerische, Milliardenzu-
fen: Die US-Wirtschaft boomt. Im-      luste hinnehmen, denn sie haben            schüsse ins System eingeschossen.
mobilienfirmen und Kreditinsti-        einen schönen Teil ihres Geldes in         UBS und CS sind für die kleine
tute finanzieren praktisch jeden       derartige Anlagen, respektive in           Schweiz mittlerweile «too big to
Konsum- und Häuserwunsch (die          Aktien von Banken und Versiche-            fail». Kurz, die Allgemeinheit be-
klassische Prüfung der Bonität des     rungen investiert. Verluste auch           zahlt letztlich für die geldgierigen
Schuldners behindert das Business      beim Staat; die massiven Abschrei-         Spiele einer kleinen Gruppe von
– also weg damit). Die Kreditab-       bungen der Grossbanken führen zu           Top-Bankern.
schlüsse werden in fantasievollen      Steuerausfällen bei Bund, Kanto-           Die Fehlleistungen auf den Finanz-
Finanzprodukten versteckt, umge-       nen und Gemeinden. Und nicht zu-           märkten sind nur ein Beispiel da-
lagert, umgeschichtet und neu zu-      letzt verlieren im Rahmen von so           für, dass die neoliberale Ideologie
sammengesetzt - bis keiner mehr        genannten Kostensenkungsmass-              letztlich keine Perspektive hat.
weiss, welche Risiken hinter die-      nahmen tausende Bankangestellte            Die rücksichtslose Ausbeutung der
sen Konstrukten wirklich stecken.      ihre Arbeitsplätze.                        Natur und die globale Nahrungs-
Die Banker verkaufen diese Anla-       Viele kleine Firmen gehen Jahr für         mittel- und Hungerkrise – beide
gevehikel dem staunenden Publi-        Jahr in Konkurs. Weil sie schlecht         angetrieben durch weltweite Spe-
kum, das ob des «Geldesels» jede       wirtschaften, weil ihre Produkte           kulationen einiger Profiteure zu-
Vorsicht über Bord wirft. Aus einer    am Markt nicht mehr gefragt sind,          lasten der grossen Mehrheit der
simplen Hypothek, einer Bank-          weil ihr Management versagt, und           Menschen auf diesem Planten –
Kunden-Beziehung alter Schule,         so weiter. Eine richtige Grossplei-        sind Beweis genug für die Aussa-
sind Finanzanlagen geworden, die       te kann sich aber ein kleines Land         ge: Grenzenloses Gewinnstreben
niemand mehr durchschaut und           wie die Schweiz nicht leisten: Nach        ist moralisch verwerflich. Das 21.
für die letztlich auch niemand         dem Grounding der Swissair im              Jahrhundert braucht darum eine
mehr die Verantwortung trägt. Das      Jahre 2001 pumpte die Allgemein-           neue Ethik in der globalen Wirt-
Geschäft läuft wie geschmiert: In-     heit Milliarden Franken in die             schaft. ■

                                                                              BULLETIN | NUMMER 2 | Juni 2008
Kantonsrat

     Strassenprojekte ohne Ende

     Philipp Röllin, Kantonsrat Alternative Oberägeri, Mitglied der Tiefbaukommission
     Illustrationen Bulletin, Baudirektion Zug

14   Im Kanton Zug ist eine neue Dynamik im Tiefbau festzustellen, die an allen
     Ecken und Enden die Verkehrsflüsse neu ordnen möchte. Was bringt die
     Tangente Zug/Baar dem Berggebiet?

     Nachdem während Jahrzehnten            ständen nie gebaut werden kann.
     vor allem Planungsleichen pro-         Und auch Etappierungen werden
     duziert wurden, scheint nun in         grundsätzlich nicht mehr in Erwä-
     den nächsten Jahrzehnten mit den       gung gezogen. Die forsche Dynamik
     zahlreichen Bauprojekten eine          überfordert aber zum Teil die Stras-
     Strassenbaueuphorie auszubrechen,      senplaner selber. So wurden von
     die gemäss Befürwortern endlich        der Baudirektion alle Sitzungen der
     den Sprung ins noch mobilere 21.       kantonsrätlichen Tiefbaukommissi-
     Jahrhundert ermöglicht. Die Frage      on zur «Sekanten» Zug/Baar, die ei-
     ist nur, wie die nächste und über-     gentlich noch vor den Sommerferien
     nächste Generation den heutigen        stattgefunden hätten, überraschend
     Strassenbauboom bewerten wird.         abgesagt. Und dies, obwohl die Re-
                                            gierung die Vorlage am 26. Februar
     Grüngürtel kaputt                      2008 zu Handen des Kantonsrates
     Nach der Nordzufahrt, die sich im      bereits verabschiedet hat.
     Bau befindet, und der vom Volk                                                Die Tangente Zug/Baar trennt Zug von Baar
     mit denkbar knappem Mehr an-           «Falsche» Verkehrszahlen – keine       und zerstört ein Naherholungsgebiet.
     genommenen Umfahrung Cham-              Entlastungen
     Hünenberg wird mit der Tangente        In der Begründung für das ausser-      setzungen und Grundannahmen
     Zug-Baar bereits wieder ein neues      gewöhnliche Vorgehen verweist die      für die neuen Modellrechnungen
     Projekt aufgelegt. Dabei ist bereits   Baudirektion darauf, dass die Vorla-   offen kommuniziert werden. Und
     der Name Tangente eine Mogel-          ge unter anderem auf Verkehrsdaten     es würde uns nicht wundern, wenn
     packung. Eigentlich werden die         fusst, deren Modellrechnungen aus      plötzlich für die Stadt Zug auch
     Gemeinden Zug und Baar durch-          dem Jahre 2006 stammen. Und da         Entlastungen «errechnet» werden!
     schnitten, und das Projekt gleicht     gibt es keine echten Entlastungen,
     eher einer Sekante durch einen zu-     schon gar nicht auf den Hauptach-      Grosse Umwegfahrten
     sammenhängenden Grüngürtel.            sen von Zug. Die Entlastung der        Was lehrt uns dieses Vorgehen?
     Damit die Bergregionen zustimmen       Marktgasse in Baar wäre auch nur       Offenbar ist das Handling von Ver-
     und nicht völlig im zusätzlich ge-     ein Tropfen auf den heissen Stein,     kehrsdaten nicht gerade einfach.
     nerierten Mehrverkehr ersticken,       denn es würden immer noch täg-         Zahlen aus dem Jahre 2006 sind zwei
     forcieren die bürgerlichen Kräfte      lich 18'000 Autos zirkulieren.         Jahre später bereits überholt. Bei ei-
     die Umfahrung Unterägeri und den       Im Sinne einer rollenden Über-         ner rollenden Planung stimmt mor-
     Hirzeltunnel, die beide im Richt-      prüfung und Aktualisierung der         gen nicht mehr, was heute plausibel
     plan verankert werden. Obwohl          Verkehrszahlen mit Vertretern der      erscheint. Die Wachstumsdynamik
     sich bereits jetzt abzeichnet, dass    Stadt Zug und der Gemeinde Baar        im Bereich des Individualverkehrs
     beide Projekte innerhalb der nächs-    wird nun ein überarbeitetes und        überfordert die Verkehrsplaner. Und
     ten 20 Jahre nicht zu realisieren      aktualisiertes Verkehrsmodell zur      trotz noch so breit abgestützten Mo-
     sind, wollen die Strassenbauturbos     Anwendung kommen, welches die          dellrechnungen entwickeln sich die
     von CVP, FDP und SVP konsequent        verkehrlichen Auswirkungen der         Verkehrsströme auch in Zukunft
     die zunehmende Mobilität mit zu-       Nordzufahrt und der Tangente Zug/      immer noch so, dass ein Auto sich
     sätzlichen Strassen bewältigen.        Baar auf das übrige Kantons- und       den Weg sucht, der am wenigsten
                                            Gemeindestrassennetz      aufzeigen    Hindernisse und Stauzeiten ver-
     Alles oder nichts                      soll. Leider stimmten die Verkehrs-    spricht. Der Individualverkehr (inkl.
     Neu dabei ist, dass alle Tiefbaupro-   daten der Vorlage des Regierungs-      Schwerverkehr) zeigt sich sehr er-
     jekte nur noch in einstufigen Ver-     rates nicht mit den im Entwurf         finderisch und kreativ, wenn es ums
     fahren durchgezogen werden sollen.     vorliegenden Resultaten der Ar-        Zeitbudget geht. Zum Teil unterstüt-
     Dies soll den Frust verhindern, dass   beitsgruppe überein… Wir sind ge-      zen die neuen Navigationshilfen sol-
     nur noch geplant, aber unter Um-       spannt, ob die geänderten Voraus-      che Umwegfahrten zusätzlich.

     BULLETIN | NUMMER 2 | Juni 2008
Sie können auch lesen