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Visit Nr. 2 Sommer 2021 Magazin von Pro Senectute Kanton Zürich www.pszh.ch Wasser, unsere Lebensquelle Es bietet Erfrischung, schenkt Wohlbefinden und Genuss. Und es ist für uns alle schlicht unentbehrlich: Ohne Wasser gibt es kein Leben.
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INHALT Liebe Leserin, lieber Leser Endlich steht der Sommer vor der Tür. Wie haben wir ihn nach diesen Corona-Monaten vermisst! Wieder hinausgehen, liebe Freunde treffen, die Natur geniessen und die warmen Sommerabende. Und was gibt es Schöneres als eine Wanderung an einem Bach, ein Spaziergang am Flussufer oder ein Picknick am See? Wasser zieht uns magisch an. Es schenkt Erfrischung, Entspannung und Lebensqualität. Es belebt unseren Körper, beflügelt unsere Seele. Es ist Lebensraum für unzählige Tier- 4 und Pflanzenarten. «Wasser ist ein kostbares, Wasser ist eines der wichtigsten Lebenselixiere. Visit widmet sich diesem für die Natur und den Menschen unentbehr Element und besucht das Frauenbad in Zürich. liches Gut», mahnt die Europäische Wasser- Charta seit 1968: «Ohne Wasser gibt es kein Leben.» Das zeigt nicht zuletzt der mensch liche Körper: Er besteht bis zu 7 5 Prozent aus Wasser, wobei der Anteil mit dem Alter sinkt. Es gibt also eine Menge guter Gründe, diese Sommerausgabe von Visit dem kostbaren (und köstlichen) Lebenselixier zu widmen. Wir tun das aus verschiedenen Blickwinkeln. Wir gehen der Frage nach, warum Wasser 16 36 für uns alle so wichtig ist (ab Seite 4). Wir Die Wasserversorgung der Stadt Der Pfäffikersee ist ein wichtiges laden Sie ein zu einer Entdeckungsreise an Zürich vollbringt Unglaubliches: Schutzgebiet für Flora und Fauna. idyllische Klein- und Kleinstseen im Kanton Für rund 900 000 Menschen Um so herrlicher ist es, sich auf die Zürich (Seite 32). Und vielleicht wecken wir garantiert sie Trinkwasser in malerische Rundwanderung um Ihre Lust an Aqua Zumba (Seiten 30/31) oder ausgezeichneter Qualität. Visit den drittgrössten See des Kantons Aqua-Fitness (siehe Kursbeilage Aktiv). Denn durfte hinter die Kulissen blicken. Zürich zu begeben. inzwischen sind Kurse und Veranstaltungen mit bis zu 15 Personen sowohl drinnen als auch draussen wieder erlaubt. Die Kurse von LEBENSRAUM LEBENSLUST Pro Senectute Kanton Zürich können d eshalb 4 Lebenselixier Wasser 32 Versteckte Paradiese: Seen und wieder im Präsenzunterricht durchgeführt 12 «Wasser ist nicht unendlich»: Kleinstseen im Kanton Zürich werden – selbstverständlich nach wie vor mit Im Gespräch mit Lisa Krebs 34 Tanzen kann sich positiv Schutzkonzept. von «Blue Community» auf Menschen mit Demenz Foto Titelseite : Renate Wernli ; Seite 3: Daniel Rihs, Christian Roth, werner Grieder 16 0,2 Rappen für 1 Liter auswirken: Neues Angebot von Ich wünsche Ihnen eine erfrischende Lektüre sauberes Wasser Pro Senectute Kanton Zürich und einen erlebnisreichen Sommer in der 36 Auf Schritt und Tritt am faszinierenden Natur. Seewasser: Rundwanderung LEBENSART um den Pfäffikersee 24 Die Ganzjahresschwimmerin: 42 Rätsel Porträt von Gerda Holliger (75). 44 Marktplatz 29 Medientipps 45 Impressum 30 Sie erorbert die Herzen mit 46 Goldene Zeiten: Wellness Aqua Zumba: Ana Alvarez ist am Zürichberg Sportleiterin für Aqua Zumba von Pro Senectute Kanton BEILAGE AKTIV Zürich. Agenda mit Veranstaltungen und Kursen von Pro Senectute Kanton Zürich Véronique Tischhauser-Ducrot Vorsitzende der Geschäftsleitung Visit Sommer 2021 3
LEBENSRAUM Lebenselixier Wasser Ohne Wasser kein menschliches Leben: Dieses kostbare und gleichzeitig kostengünstige Element ist für uns alle schlichtweg unsersetzbar. Unser Stoffwechsel funktioniert nur, wenn der Körper immer wieder ausreichend mit Wasser versorgt wird. Wasser bedeutet aber auch Wohlbefinden und Genuss. Text: Markus Sutter, Rita Torcasso (Porträts) Foto: Daniel Rihs «Ohne Wasser gibt es kein Leben. Wasser ist ein steuert die Körpertemperatur und versorgt die kostbares, für die Natur und den Menschen un- Haut mit Feuchtigkeit. Es dient als Transportme- entbehrliches Gut» heisst es in der Europäischen dium von Nährstoffen, Enzymen und Hormonen. Wassercharta aus dem Jahr 1968. Alle grossen Und es erleichtert uns die Verdauung. Jede Zelle Kulturen und Religionen verehren Wasser als unseres Körpers enthält Wasser. göttliche Substanz. In der Tiefenpsychologie gilt Es ist ein ewiger Kreislauf: Mit Hilfe von Wasser Wasser als Teil des Unbewussten und der Gefühle. werden Substanzen und Giftstoffe ausgeschieden Träume vom Wasser sollen einen Blick tief in und der Körper gereinigt. Durch den Stoffwechsel unsere Seelen vermitteln. und das Verdunsten über die Haut, aber auch über Zumindest in unseren Breitengraden stellt den Atem, den Darm und die Nieren gehen bei Wasser keinen Luxus dar. Trinkwasser aus der einem erwachsenen Menschen täglich etwa 2,5 Leitung ist jederzeit in hervorragender Qualität Liter Wasser verloren. und in ausreichender Menge zu haben. Die Bevöl- Wassermangel macht sich als erstes Zeichen kerung des Kantons Zürich beispielsweise «kon- in Form von Durst bemerkbar. Und es bedeutet, sumiert» Jahr für Jahr etwa das Wasservolumen dass wir bereits ein halbes Prozent unseres des Greifensees. Rund 160 Liter beträgt der tägli- Körpergewichts in Form von Wasser verloren che Pro-Kopf-Verbrauch an Wasser in den Haus- haben. Bei einer zu geringen Flüssigkeitsauf halten der Stadt Zürich. Das Departement der nahme kann der Körper austrocknen (dehydrieren) Industriellen Betriebe publiziert auf seiner Home- und der Mineralstoffhaushalt entgleiten. page noch eine weitere interessante Zahl zu die- sem Thema: Der Wasserpreis beträgt gerade ein- Auf genügend Wasserzufuhr achten mal 0.002 Rappen pro Liter. Das kostbare Gut ist Dass der Körper im Alter nur noch aus 40 von 50 bei uns also fast zum Nulltarif zu haben (vgl. dazu Prozent Wasser besteht (bei Neugeborenen sind auch die Reportage ab Seite 16). es mehr als 70 Prozent), ist der normale Lauf der Dinge. Aber da der ältere Körper mit der Zeit seine Lebenswichtige Aufgaben Wasserspeicher-Fähigkeit verliert, sollte unbe- Kostbar im wahrsten Sinne des Wortes: Wir Men- dingt auf eine ausreichende Wasserzufuhr geachtet schen können nur wenige Tage ohne Wasser über- werden. leben. Unser Organismus würde innerhalb kür- Doch warum ist das gerade bei Seniorinnen zester Zeit zusammenbrechen. Denn Wasser und Senioren oft nicht der Fall? Antworten dazu erfüllt mehrere lebenswichtige Aufgaben. Es gibt Anna Georgi, Oberärztin an der Universitären Visit Sommer 2021 5
LEBENSRAUM Klinik für Akutgeriatrie am Heute geht man davon aus, dass 4 bis 8 dl Wasser Stadtspital Waid in Zürich. Im pro Stunde ideal sind. Zudem wird empfohlen, Alter lasse das Durstempfin- «nach Bedarf zu trinken». den nach, aber nicht nur des- Gerade auch im Krankheitsfall sollte man un- wegen werde weniger getrun- bedingt auf genügend Flüssigkeit achten: Durch- ken. Georgi: «Manche Ältere fall oder Erbrechen entziehen dem Körper Wasser, leiden unter dem sehr scham- das im Normalfall wegen des Unwohlseins nicht besetzten Thema Urininkonti- wieder umgehend aufgenommen werden kann. nenz und versuchen deshalb, Ebenso ist bei Wassertabletten (sogenannte Diu- möglichst wenig zu trinken.» retika) Vorsicht am Platz. «Wenn die Person unter Andere wiederum würden aus Fieber oder Durchfall leidet und es heiss ist, be- Sorge vor einem nächtlichen steht die Gefahr einer Dehydration», so Oberärztin Toilettengang (Sturzgefahr) Georgi. Also auch hier: Genügend zu trinken ist auf das Trinken verzichten ein Gebot der Stunde. oder seien zu wenig mobil, um Aber Achtung: Auch zu viel Wasser kann des selbstständig die Toilette auf- Guten zu viel sein. Bei Nieren- oder Herzkrank- zusuchen. heiten etwa ist Vorsicht geboten: In solchen Fällen Wie realisiert jemand über- muss die Trinkmenge eventuell sogar verringert haupt selber, dass er oder sie werden. «Wenn zu viel Wasser getrunken wird, zu wenig trinkt? Ein Indiz besteht die Gefahr, dass es zu Veränderungen im könnte weniger häufiges Was- Salzhaushalt kommt, die sich negativ auf die Hirn- Ohne körperliche Aktivität serlösen sein, so Georgi, weil die Urinmenge abnimmt, gele- leistung auswirken können», betont die Ärztin. wird ein Konsum von rund gentlich auch ein trockener Nicht nur zum Trinken da 2 Litern Wasser pro Tag für Mund oder eine dunklere Doch Wasser ist schliesslich weit mehr als nur Urinfarbe. «Konzentrations- eine Flüssigkeit, die unseren Körper am Leben Frauen und 2,5 Litern für schwäche, Kopfschmerzen, erhält. Ob eine erfrischende kalte Dusche nach Männer empfohlen. eine geringere Leistungsfähig- dem Sport im Sommer oder das heisse Bad nach keit sowie trockene Haut sind einem Winterspaziergang – Wasser bedeutet ebenso mögliche Anzeichen Lebensqualität, Erfrischung und Entspannung. Wir dafür, dass der Organismus können wieder die Ruhe in uns selbst finden. Schaden zu leiden beginnt.» Kein Wunder, dass auch der Spa-Bereich in Besonders bei älteren Men- Hotels bei vielen Menschen hoch im Kurs steht. schen könne ein Wassermangel auch zu Verwirrt- Spa steht für sanum per aquam, Gesundheit durch heit führen, im Extremfall zu einem Kreislaufver- Wasser. Das soll man schon 23 vor Christus her- sagen oder gar einem lebensbedrohenden ausgefunden haben. Damals waren es allerdings Zustand. kalte Wassergüsse, welche kranke Menschen ge- nesen liessen oder vor Krankheiten schützten. 30 ml Wasser pro Kilogramm Körpergewicht Gerade bei älteren Menschen heutzutage be- Ohne körperliche Aktivität und bei normaler Aus- sonders beliebt sind auch Kneippkuren. In vielen sentemperatur wird in den Europäischen Richtli- Kantonen der Schweiz finden sich öffentliche nien ein Konsum von rund zwei Litern Wasser pro Kneippanlagen, allein ein halbes Dutzend gibt es Tag für Frauen und 2,5 Litern pro Tag für Männer im Kanton Zürich. Hier kommt die Hydropathie, empfohlen. Dies schliesst in der festen Nahrung zu Deutsch die Wasserheilkunde, zum Tragen. gebundene Flüssigkeit mit ein. Als reine Flüssig- Diese Methodik wird zu Therapiezwecken ange- keit werden Frauen rund 1,5 Liter pro Tag und wendet, bei chronischen Beschwerden, auch zur Männer rund zwei Liter nahegelegt. Anna Georgi Abhärtung des Körpers und zur Regeneration. nimmt das Gewicht als Kriterium dazu und spricht von einem täglichen Wasserbedarf von rund Selbst ohne direkten Kontakt 30 ml pro Kilogramm Körpergewicht. Wasser kann aber auch einen erholsamen Effekt Bei sportlicher Tätigkeit darf es auch ein biss- ausüben, ohne dass man mit ihm überhaupt in chen mehr sein. Die Trinkempfehlungen haben sich Berührung kommt. Oft genügt es, das Wasser auch diesbezüglich im Laufe der letzten Jahrzehnte stark nur zu sehen – etwa die enorme Kraft des Meeres. verändert. Während vor 50 Jahren noch die Devise Der Deutsche Florian Schmid-Höhne bietet galt «Trinke nichts während des Sports», galt es um Coachings am Meer an. Er hat ein Buch über die die Jahrtausendwende gerade das Gegenteil: «Trinke psychologische Bedeutung des Meeres verfasst. so viel wie möglich». «Das Meer ist ein Ort der Selbstwahrnehmung, 6 Visit Sommer 2021
Anzeige der Reflexion, es wird als Ort der Ruhe wahrge- nommen.» Das liege auch an der beruhigenden 100 blauen Farbe. In Corona-Zeiten ist es den meisten von uns nicht vergönnt, solche Oasen der Ruhe am Meer live zu geniessen. Ein Blick auf den schönen Zürichsee kann allerdings durchaus für vergleich- bare Entspannungsmomente sorgen. RINGVORLESUNGEN Das Immunsystem: Info Körperabwehr mit Tücken Trinkmotivation fördern Koloniale Schweiz Um vor allem Seniorinnen und Senioren das Trinken zu vereinfachen, hier ein paar Tipps: Outsider Art Trinkprotokoll: Jede getrunkene Menge an Klingende Bilder – Musik und Film Getränken wird über einen bestimmten Zeitraum notiert und je nach Bedarf dann angepasst. Zwanzig Jahre Krieg gegen den Terror Trink-Rhythmus: Trinkrituale helfen, das Trinken nicht zu vergessen. Nach dem Aufste hen immer ein Glas trinken, ebenso zu jeder KURSE Mahlzeit. Das erhöht die Gewohnheit und führt zu einer grösseren Trinkmenge. Geologie und Wasser: Verteilung: Verteilen Sie die Trinkflaschen Natursteinbrunnen der Stadt Zürich an hochfrequentierten Orten wie im Wohnzimmer oder Esszimmer, damit Wasserstadt Zürich das Trinken jederzeit möglich ist. Nachfüllen: Ausgetrunkene Gläser gleich Vom Überschwemmungstal wieder auffüllen. zum Hightech-Valley Abwechslung schaffen: Nicht nur beim Essen, auch beim Trinken ist Abwechslung wichtig Tektonikarena Sardona und (Wasser, Tee, Kaffee). Greifen Sie zudem Rheinschlucht bei Wasser auf farbige Gläser zurück. Das kann die Trinkmotivation ebenfalls fördern. Ritter, Ärzte, Kaperkapitäne Und Achtung: Im Gegensatz zu Kaffee hat Alkohol eine dehydrierende Wirkung, entzieht Jeder kann brauen: Bierbrau-Seminar dem Körper also Wasser. Zu jedem Glas Alkohol ein Glas Wasser trinken. Faszinierende Welt der Moose Wasserkraft in der Stadt Zürich Volkshochschule Zürich. Mehr verstehen, mehr bewegen. www.vhszh.ch · info@vhszh.ch · 044 205 84 84 Visit Sommer 2021 7
LEBENSRAUM Nathalie Schneider ist Badmeisterin und Leiterin im Frauenbad am Zürcher Stadthausquai. 8 Visit Sommer 2021
LEBENSRAUM Die Badmeisterin Nathalie Schneider (49) Badmeisterin, Zürich Noch ist es im Frauenbad am Stadt Zum Tagesablauf gehöre dann Putzen, Wasser.» Die Zürcher Gewässer schätzt hausquai in Zürich leer und kalt. Pflegen und Überwachen der Badi, sie mehr als das Meer, das sie eher als Nathalie Schneider (Bild linke Seite) dazu komme viel Administratives und bedrohlich empfindet. «Im Fluss fühle arbeitet seit 30 J ahren hier, heute als Organisatorisches. Sie leitet ein Team ich mich zuhause, ich kann seine Zei Leiterin. «Auf die Sommersaison freue von fünf Badmeisterinnen. «Die Arbeit chen deuten.» Dennoch gebe es auch ich mich besonders, es herrscht eine verlangt eine Mischung von Aufmerk Überraschungen: Vor zwei Jahren stand ganz besondere Atmosphäre in dieser samkeit und Vertrauen, ich bin für die die Badi nach starkem Regen gute Stadtoase, wo man einfach sein kann.» Sicherheit verantwortlich», sagt sie. 30 Zentimeter unter Wasser. Badmeisterin wurde sie zufällig. Eine Rettung war in den drei Jahrzehnten Sie meldete sich nach dem KV auf eine zum Glück noch nie nötig. Ausschreibung und erhielt die Stelle. Ihre Freude am Wasser gab die Bad «Hier im Fluss fühle ich «Das Wichtigste am Beruf ist, dass meisterin an ihre beiden Buben weiter. man gut mit Menschen umgehen «Ich schwamm auch während der mich zuhause und er gibt kann.» Schwangerschaft täglich, heute ver mir Energie.» Nathalie Schneider Nathalie Schneider wuchs in Zürich auf bringen wir die Freizeit oft am und im und ging schon immer in die Seebäder. «Einen engen Bezug zum fliessenden Wasser der Limmat habe ich dann nach und nach entwickelt.» Das Schönste aber sei die Badi selber. «Ich fühle mich aufgehoben hier, vielleicht liegt es am Kastenbau, der in eine andere Welt ein lädt.» 133 Jahre alt ist der orientalisch wirkende Holzbau im Jugendstil, der in der Limmat schwimmt. Erbaut wurde er als Waschanstalt für Frauen, denn in vielen Häusern gab es damals noch keine Bäder. Ein guter Tag beginnt für Nathalie Schneider mit Schwimmen vor der Arbeit. «Ich gehe jeden Tag ins Wasser, der Fluss gibt mir Energie und ich Frauenbad am Stadthausquai geniesse die morgendliche Ruhe.» Der Fischer Kurt Frischknecht (73), Hobbyfischer, Stäfa Sechs Felchen liegen im Aussentrog Jahren fährt der Hobbyfischer hinaus auf einem Bord stehen Pokale. Bis zur des «Fischerhüsli» in Männedorf – der auf den See, b is zehn Leinen kann er Corona-Pandemie gab es hier regel heutige Fang. Für Kurt Frischknecht ist auslegen. «Draussen geniesse ich die mässig Jassrunden und der erfahrene Fischen seit der Kindheit eine grosse Natur und kann abschalten.» Er zeigt Fischer bot Kurse im Nymphenbinden Leidenschaft. Als Jüngster von zehn Fotos von prächtigen Sonnenauf an. «Und mit Schulklassen fahren wir Kindern wuchs er am See auf und blieb. gängen. Mit den gefangenen Fischen hinaus und zeigen, wie man fischt», «Wir fischten als Jugendliche mit selber fährt er ins «Fischerhüsli» nach erzählt er. Und hofft, dass es nun im gemachten Leinen.» Männedorf, putzt und filetiert sie. Frühling mit gemeinsamen Felchen Nach der Ausbildung gründete er in Das Holzhaus am See ist der Treffpunkt fischen und Jungfischerkurse wieder Stäfa ein eigenes Malergeschäft. Und der Fischer. An den Wänden hängen losgehen kann. Kurt Frischknecht kaufte sich ein F ischerboot. Seit 43 ein riesiger Hecht und eine Seeforelle, engagiert sich seit rund 40 Jahren in Visit Sommer 2021 9
LEBENSRAUM «Ich schätze die grosse der Fischerei-Vereinigung Stäfa Männe dorf Uetikon, die 160 Mitglieder zählt. Kameradschaft unter den Er half 1986 bei der Renovation des Fi Fischern». Kurt Frischknecht scherhüsli und war zehn Jahre Präsident. «Ich schätze die grosse Kameradschaft unter den Fischern», sagt er. Mit den Kollegen unterstützt er auch den Fischereiaufseher bei der Aufzucht der bedrohten Seeforellen. «Das heisst, täglich Brütlinge füttern und Becken reinigen; im Frühling setzen wir gut 10 000 Jährlinge aus.» Als Vollblutfischer liebt er Abwechslung beim Fang: «Ich war schon mehrmals mit Kollegen in Norwegen, dort fischen Wenn ich zwei Dutzend Seefische wir Lachs und andere Meerfische.» habe, räuchere ich sie.» Und natürlich Und was macht er mit den Fischen? esse er oft frische Fische. «Ich fi letiere sie und friere sie ein. www.fischer-vereinigung.ch 10 Visit Sommer 2021
Der Kneipper Rolf Hess (66), Kneipp-Gesundheitsberater und Saunaleiter, Zürich An der Wand hängen die fünf Säulen der Kneipplehre – Bewegung, Lebens ordnung, Wasser, Heilkräuter und Er nährung. «Das Wasser steht für mich im Zentrum», sagt Rolf Hess. «Es ist mein Lebenselixier und hat heilende Wirkung.» Vor 15 Jahren machte er die Ausbildung zum Kneipp-Gesundheits berater und später zum Kneipp-Hydro therapeuten. In seiner kleinen «Wollis hofer Sauna» ist Sebastian Kneipp allgegenwärtig. «Ich verstehe seine Wasserheilkunde als Vertiefung der Saunakultur, spannend finde ich das Ganzheitliche, das Körper und Psyche umfasst.» Rolf Hess kneippt jeden Tag: «Am Morgen mache ich einen Gesichts- und Oberguss, auch Trockenbürsten wende ich an. Abends wirken Untergüsse beruhigend.» Wie Güsse und Wickel richtig angewendet werden, zeigt er in Seminaren. Der begeisterte Kneipper ist überzeugt, dass vor allem die Viel seitigkeit der Lehre gesund ist. Er s elber sei praktisch nie krank und habe kaum Arbeitsabsenzen. Der gelernte Kranken pfleger im Rentenalter leitet die Sauna und arbeitet einmal wöchentlich bei der Nachtspitex. In der Freizeit engagiert er sich seit 20 Jahren als Präsident im Kneippverein Zürich. «Der Verein hat 100 Mitglieder, doch leider fehlt der Nachwuchs.» Zum diesjährigen Jubiläum «200 Jahre Sebastian Kneipp» soll nun ein viel seitiges Programm Kneippen bekannter machen. Im Juni kann man an einem offenen Tag die Zürcher Kneipp-Anlagen kennenlernen und im Angebot steht auch ein «Tag des Fusses». Hess erklärt: «Wassertreten ist die bekannteste Kneipp-Anwendung, in einigen Zürcher Pärken gibt es öffentliche Becken für alle», erklärt Hess. Weitere Höhepunk te des Jubiläums: eine Kräuterwande rung an den Katzensee und ein Kneipp-Festtag. «Das Schöne am «Das Schöne am Kneippen ist, dass man es überall Kneippen ist, dass man es mit etwas anwenden kann: Auf einer Wanderung im Bach Fantasie überall im Alltag anwenden Wassertreten, frühmorgens über eine taufrische Wiese kann. www.kneipp.ch/kneippverein-zuerich laufen – das tut Körper und Seele gut.» Rolf Hess Visit Sommer 2021 11
LEBENSRAUM Lisa Krebs arbeitet nur einige Meter neben der Aare in Bern. «Auch in der Schweiz ist Wasser nicht einfach unendlich» Die Sozialanthropologin Lisa Krebs setzt sich bei Blue Community für den bewussten Umgang mit Wasser ein. Besonders stossend sei der grosse Wasser-Fussabdruck in der Schweiz, weil über 80 Prozent unseres konsumierten Wassers «importiert» sei. Interview und Foto: Robert Bösiger 12 Visit Sommer 2021
Visit: Frau Krebs, welches Trinkwasser Etwa 82 Prozent des Wassers, das wir konsumieren, konsumieren Sie persönlich? Aus dem Hahnen stammt aus dem Ausland, teilweise aus Gegen- oder aus der Flasche? den, in denen die Leute selber Wasserprobleme Lisa Krebs: Ich trinke sehr gerne Hahnenwasser. haben. Gerade landwirtschaftliche Produkte be- Ich vertraue unserer Wasserversorgung, umso nötigen viel Wasser: Wir leben so gesehen auf mehr, als Wasser eines der am besten kontrollier- Kosten anderer. testen Lebensmittel darstellt. Wasser ist per Definition ein öffentliches Gut. Wir leben in einem «Wasserschloss», heisst es. Was bedeutet das konkret? Wir haben Wasser in ausgezeichneter Qualität. Wasser ist Leben, ein unverzichtbares Gut. Es ist Und es steht allen ausreichend zur Verfügung – durch nichts zu ersetzen. In dem Sinn müssen alle zumindest in der Schweiz. Was soll angesichts Zugang dazu haben. Und so gesehen ist Wasser ein dieser Ausgangslage eine Organisation wie Gut, das für mich unter der Kontrolle der Öffent- Blue Community? lichkeit stehen muss. Gleichzeitig aber haben wir Dazu gibt es einige Punkte, die ich erwähnen die Problematik, dass durch den Konsum der einen möchte. Erstens ist es so, dass der Mythos Was- für die anderen der Zugang erschwert wird. serschloss Schweiz bröckelt. Auch wir hatten schon Jahre mit trockenen Sommern, in denen Heisst das, dass die Wasserversorgung sich Engpässe gezeigt haben; im Gefolge des z wingend in der Obhut der öffentlichen Hand Klimawandels dürfte sich die Lage noch verschärfen sein müsste? und es dürfte zu lokalen Wasserknappheiten kom- Unbedingt. Die Öffentlichkeit muss die Kontrolle men. Ein weiteres Thema ist die Verschmutzung, über die Wasserversorgung behalten, damit ein zum Beispiel die Verunreinigung mit Pestiziden. fairer Zugang dazu gewährleistet wird. Zahlreiche Kurz: Auch in der Schweiz ist das Wasser nicht Beispiele von Wasserprivatisierungen weltweit einfach unendlich und unbegrenzt verfügbar. Zu- sind schiefgelaufen. Die Weltbank ist mitschuldig dem importieren wir sehr viel Wasser. daran, weil sie die Vergabe von Krediten mit der Bedingung verknüpft hatte, die Wasserversor- Wo liegen denn die aktuell grössten Probleme gung zu privatisieren. Dahinter lag die Erwar- und Herausforderungen? tung, die Versorgung werde damit effizienter. Wie erwähnt besteht ein Problem mit der Verun- Letztlich geht es bei den Privaten in aller Regel reinigung des Wassers, wie beispielsweise durch um Profit. Dazu werden Wasserpreise erhöht, bei die Landwirtschaft. Rückstände von Pestiziden Schadstoffkontrollen und Löhnen gespart oder und Düngern bleiben jahrzehntelang im Wasser. etwa Dienstleistungen abgebaut. Hierzulande gibt Es gelangen aber auch von Haushalten und Indus- es ein paar private Wasserversorgungsgesell- trie Rückstände von Medikamenten, Hormonen, schaften, aber diese sind stark in der Minderheit Schwermetalle oder Plastik ins Wasser. Wir haben und zudem darf kein Gewinn erwirtschaftet werden. zudem ein Problem mit zunehmendem Druck auf Schutzzonen. Gerade im Mittelland, wo die Platz- Was kann die Schweiz tun als eines der verhältnisse eng sind, nimmt dieser Druck zu. Im k leinsten Länder der Welt, damit Wasser Hinblick auf die globale Ebene müssen wir uns t atsächlich sicher, sauber, zugänglich und dessen bewusst sein, dass wir sehr viel Wasser erschwinglich bleibt? importieren. In der Entwicklungszusammenarbeit kann die Schweiz etwas von ihren Erfahrungen weiterge- Was heisst das? ben und den Gedanken weitertragen, dass eine Wir leben zwar in einem Land mit einem grossen öffentliche Kontrolle bei der Wasserversorgung Wasserreichtum. Aber: Durch die vielen Nah- möglich ist. rungsmittel und Konsumgüter, die wir importie- ren, konsumieren wir sehr viel Wasser aus dem Eines der grössten Wasserunternehmen der Ausland. Hier müssen wir eine internationale Welt ist der Nestlé-Konzern mit Sitz in Vevey, Verantwortung tragen. Gerade hier kommen die der überall in der Welt Flaschenwasser ver- Blue Communities zum Einsatz: Sie sensibilisie- kauft. Setzt sich die Schweiz genügend dafür ren und zeigen, dass wir das Wasser wertschätzen ein, dass der kostenlose Zugang zu Trinkwasser und sorgfältig mit ihm umgehen sollen. Wasser überall auf der Welt garantiert ist und bleibt? soll man nicht einfach als selbstverständlich und Es gibt viele kritische Stimmen, die besagen, garantiert ansehen. Ein grosses Aha-Erlebnis ist, dass man zu wenig gut hinschaue und dass dass wir mit unseren importierten Konsum- und Nestlé in der Schweiz nahezu unantastbar sei. Ich Lebensmitteln unglaublich viel Wasser «importieren»: persönlich finde es auch gefährlich, dass zum Visit Sommer 2021 13
LEBENSRAUM den verbesserten Zugang zu Wasser von Klein- bäuerinnen und -bauern ein. Dabei gibt es Unter- stützung von der Universität Zürich, die eine ursprünglich für die Schweiz entwickelte App zur «Etwa 82 Prozent des Wassers, das wir Messung der Verfügbarkeit von Wasser nun auch konsumieren, stammt aus dem Ausland, für den Kontext im Cerrado zur Verfügung stellt. Die KleinbäuerInnen brauchen diese Daten, um teilweise aus Gegenden, in denen die Leute mit den Behörden in Verhandlung zu treten und selber Wasserprobleme haben.» Lisa Krebs ihre Rechte einzufordern. Die Tatsache, dass Blue Community in der Schweiz, aber auch inter national stetig wächst, ist sicher ein Zeichen dafür, dass die Themen wichtig sind und die Menschen bewegen. Beispiel die Direktion für Entwicklung und Zu- Am 13. Juni kommt die Trinkwasserinitiative sammenarbeit (DEZA) eng mit Nestlé zusammen- zur Abstimmung. Wie wichtig ist diese Abstim- arbeitet. mung für Blue Community? Blue Community ist eine Initiative und die Mit- Kritische Stimmen allein reichen nicht … glieder – Städte, Universitäten, Kirchgemeinden, Blue Community ist im Moment noch zu klein. NGO und weitere zivilgesellschaftliche Organisa- Und eine Lobbyarbeit können wir nicht stemmen. tionen – sind locker miteinander verbunden. Wir Wir engagierten uns dafür vor allem im Bereich haben deshalb nicht eine grosse, starke Stimme, Sensibilisierung. Trotzdem sind wir zuversicht- mit der wir auftreten könnten. Aber wir haben lich, auch einen Beitrag leisten zu können. ein Argumentarium, das besagt, dass nicht nur die Quantität zählt, sondern auch die Qualität des Wie ist denn derzeit die Situation rund um Wassers. Es ist wichtig, dass wir das Thema der s auberes Trinkwasser auf der Welt? Wasserqualität in der Schweiz diskutieren. Wir Gerade kürzlich ist der Weltwasserbericht 2021 können nicht wie bis anhin weiterfahren mit der publiziert worden. Man spricht etwa von 2,2 Mil- Verschmutzung. liarden Menschen weltweit, die keinen dauerhaf- ten Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Und Ist es kein Nachteil, wenn Sie nicht mit einer etwa 800 Millionen Menschen haben keinen ele- Stimme auftreten können? mentaren Zugang zu Wasser, müssen mindestens Auf der einen Seite sicher. Handkehrum sehe ich eine halbe Stunde zu Fuss gehe, bis sie an Wasser es als Vorteil an, dass wir aus ganz unterschied- gelangen. Die Zahlen haben sich in den letzten lichen Ecken an das Thema rangehen und trotz- Jahren wenig verändert und es besteht die Be- dem am gleichen Strick in die gleiche Richtung fürchtung, dass positive Fortschritte wieder zu- ziehen können. Im Zentrum steht immer Wasser nichtegemacht werden könnten durch den Klima- als Menschenrecht und öffentliches Gut. Und jede wandel, durch nicht nachhaltige Nutzungen und Blue Community hat ihre eigenen Möglichkeiten. Verunreinigungen. Und gleichzeitig wächst die Eine Kirchgemeinde hat andere Möglichkeiten als Erdbevölkerung weiter. zum Beispiel eine Stadt wie Bern. Und hier gibt es spannende Brücken, wie vorhin erwähnt, zwi- Eine traurige Bilanz … oder anders gesagt: schen dem Hilfswerk HEKS und der Uni Zürich. Blue Community kämpft gegen Windmühlen … Ja, zuweilen kann einem das so vorkommen. Wenn man die Herstellung der ausserhalb der Gleichzeitig gibt es positive Schrittchen, die Mut Schweiz produzierten Produkte mit einbezieht, machen. welche im Land verbraucht werden, brauchen wir offenbar alle etwa 4000 Liter Wasser Zum Beispiel? im Tag. Was bedeutet dieser Verbrauch im Ich denke da beispielsweise an Wasserversorgun- G esamtbild des ökologischen Fussabdrucks? gen, die wieder zurück in die Hand der Öffent- Allein im Haushalt brauchen wir etwa 140 bis 160 lichkeit gebracht worden sind, oder an die vielen Liter pro Kopf. Neben diesem sichtbaren Wasser Menschen, die bewusster konsumieren. Auf der gibt es den «virtuellen» Wasserverbrauch. Ebene von Blue Community denke ich spontan an ein Projekt von HEKS (Hilfswerk der Evange Virtueller Wasserverbrauch heisst was? lischen Kirchen Schweiz), das ebenfalls eine Blue Virtuelles Wasser bezeichnet das Wasser, das im Community ist. HEKS setzt sich in Brasilien für Endprodukt nicht mehr vorhanden ist, also das 14 Visit Sommer 2021
Wasser, das während des Wachstums einer Pflanze r eduzieren – vom Kleiderkauf bis hin zu elektro- nötig war oder für die Produktion von Viehfutter. nischen Geräten. Indem wir weniger und bewusster Damit wir eine Tasse Kaffee trinken können, Fleisch konsumieren. Indem wir umweltschonende braucht es über 100 Liter Wasser, dies eben, weil Wasch- und Putzmittel verwenden. Und indem die Kaffeepflanze während mehrerer Monate wir saisonal, lokal und biologische Lebensmittel gewachsen ist – dank Wasser. Und in einem Kilo einkaufen. Und indem wir Leitungswasser trin- Rindfleisch stecken rund 15 000 Liter Wasser. ken statt Flaschenwasser. Und – ganz wichtig: Selbst ein weisses A4-Blatt entspricht etwa 10 seien wir uns bewusst, woher das Wasser kommt, Liter Wasser. Wenn wir das Wasser für unsere und nutzen wir es mit Bedacht. Nahrungsmittelproduktion und für unsere wei- teren Güter des täglichen Gebrauchs summieren, kommen wir in der Schweiz auf etwa 4200 Liter pro Tag und Kopf. Persönlich Lisa Krebs (45) ist Sozialanthropologin. Sie Weshalb setzt sich gerade die Kirche ein hat das Nachdiplom für Entwicklung und fürs Wasser? Zusammenarbeit an der ETH (MAS in Der Einsatz für Gerechtigkeit, Frieden und die Development and Cooperation) absolviert. Bewahrung der Schöpfung ist für mich ein Kern- Nach Stationen bei verschiedenen schweizeri anliegen der Kirche. Anhand des Beispiels Wasser schen NGOs, mit Schwerpunkt Landwirt können wir einen solchen Einsatz exemplarisch schaftsprojekte unter Berücksichtigung der aufzeigen. Wasserproblematik, trat sie 2014 das Teil pensum bei den reformierten Landeskirchen Was können wir, jede und jeder Einzelne, tun, Bern, Jura und Solothurn als Fachbeauftragte um unseren Wasser-Fussabdruck zu verringern? Entwicklungszusammenarbeit an. Wir können etwas tun: Indem wir Produkte mög- lichst lange nutzen und so unseren Konsum Anzeige Vergesslicher als früher? Tebofortin Bei Vergesslichkeit und Konzentrationsmangel. In Ihrer Apotheke oder Drogerie. Dies ist ein zugelassenes Arzneimittel. Lesen Sie die Packungsbeilage. Tebofortin-Finger_Anz_188x122mm_DE.indd 1 19.04.2021 14:20:11
LEBENSRAUM Blick in eine von vier Kammern des Reservoirs Lyren. 0,2 Rappen für 1 Liter sauberes Wasser Woher kommt das Wasser? Diese Frage stellt sich kaum jemand, der morgens unter der Dusche steht oder einen Tee aufsetzt. Dabei durchläuft das Wasser einen aufwendigen Prozess, bis es als frisches Trinkwasser aus dem Hahnen sprudelt. Visit begibt sich auf Spurensuche bei der Wasserversorgung Zürich. Text: Robert Bösiger Foto: Christian Roth 16 Visit Sommer 2021
Davon können Menschen in den meisten anderen bleibt das Wasser auf seinem Weg zu den Konsu- Grossstädten und in anderen Ländern dieser Erde menten ohne krank machende Bakterien. Zudem nur träumen: In Zürich kommt Wasser in heraus- kann im ganzen Netz seit 1993 darauf verzichtet ragender Qualität aus dem Hahnen. Und draussen werden, das Wasser mit Chlor anzureichern. sind es über tausend Brunnen auf Stadtgebiet, die Gut 120 000 m3 Seewasser werden im Seewas- erstklassiges Trinkwasser spenden (vgl. Beitrag serwerk Lengg täglich aufbereitet. Über das Rein- «Brunnenstadt Zürich» Seite 19). wasserpumpwerk im Werk Lengg wird das Trink- Kurz: die Zürcherinnen und Zürcher sind ver- wasser nun in die höher gelegenen Reservoire wöhnt und können sich seit vielen Jahren an sau- gepumpt, von wo es wiederum in die Haushaltun- berem und kristallklarem Wasser laben. Weil die gen und in die öffentlichen Brunnen gelangt. Stadtväter schon vor langer Zeit den Wert einer Demnächst wird neu eine Ultrafiltrationsanlage guten und sauberen Trinkwasserversorgung für im Seewasserwerk Moos eingebaut, um die das Gedeihen einer blühenden Gemeinschaft er- Sicherheit nochmals zu erhöhen. kannt und entsprechend gehandelt haben. Anno 1868 hat die Gemeindeversammlung der Stadt Zürich das Unternehmen «Wasserversorgung Stadt Zürich» aus der Taufe gehoben (vgl. Beitrag «Kleine Geschichte des Wassers» Seite 20). So möchte VISIT einen Blick hinter die Kulissen der Wasserversorgung Stadt Zürich tun. Etwas, was hie und da auch Schulklassen und andere Gruppen tun dürfen, wie wir vom Medienverant- wortlichen Hans Gonella (60) erfahren, der uns nun in die Welt des «Züriwassers» entführt. Wie aus Seewasser Trinkwasser wird Als erste Station statten wir dem Seewasserwerk Lengg einen Besuch ab. Hier gibts das erste Aha-Erlebnis: Gut 70 Prozent des Zürcher Trink- wassers kommt aus dem grössten «Reservoir» der Region, dem Zürichsee! Und hier, im Seewasser- werk Lengg, wird dieses Seewasser aufbereitet. Deshalb ist diese Anlage so was wie das Herzstück Aus der Tiefe ins Grundwasserwerk Hardhof Die Steuerzentrale der Zürcher Wasserversorgung. Nächste Station ist das Grundwasserwerk Hard- im Hardhof ist rund Durch eine Leitung mit einem Durchmesser hof, wo auch der Hauptsitz der Wasserversorgung um die Uhr besetzt von 1,6 Metern, die 585 Meter weit in den See Zürich (WVZ) zuhause ist. 1934 war es, als die – und dies sieben hinausführt, wird Seewasser angesaugt. Damit es WVZ aus dem Grundwasserfeld Wasser zu gewin- Tage die Woche. den Weg zum Seewasserwerk Lengg findet, wird nen begann. Eine Schutzzone, auf der strenge Betriebsdisponent es durch das Pumpwerk Tiefenbrunnen «nach Nutzungsbeschränkungen gelten, sichert das Martin Hache (Bild) oben» gepumpt. Bis das Wasser – maximal eine Grundwasser gegen Verschmutzung. und seine Team Viertelmillion m3 pro Tag – als Trinkwasser in die Angezapft wird der «unsichtbare» Fluss im kollegen können Stadt und die angeschlossenen Gemeinden gelan- Untergrund, der durch das Limmattal fliesst. Ge- bei Bedarf sofort gen kann, durchläuft es hier einen gut 12-stündi- speist wird dieser Strom durch Wasser aus der einen Pikettdienst gen und mehrstufigen Reinigungsprozess: Von Limmat und der Sihl sowie durch Regenwasser, aufbieten. der Vorozonung (mit Ozon werden etwa Plankton, das in unversiegelten Flächen versickert. Schon Bakterien, Viren und Sporen abgetötet) führt der im Mittelalter wurde aus dem Grundwasserstrom Weg über Schnellfilter, wo Schwebstoffe mecha- mit Sodbrunnen Wasser gewonnen. Heute gelangt nisch zurückgehalten werden. das Wasser aus vier 25 Meter tiefen Horizontalfil- Danach geht das Wasser nochmals zu einer terbrunnen mit je drei Unterwasserpumpen ins Ozonung und danach durch den Aktivkohlefilter, Pumpwerk Hardhof. Von hier aus wird es in die wo sich das Ozon zu Sauerstoff zurückbildet. Hier verschiedenen Reservoire gepumpt, von wo aus werden auch Geruchs- und Farbstoffe sowie wei- es dann wieder verteilt wird. tere organische Schadstoffe beziehungsweise Der Hardhof produziert bis zu 100 000 m3 Spurenstoffe beseitigt. Zu guter Letzt wird das Grundwasser. Erstens. Und zweitens laufen hier Wasser noch im mehrschichtigen Langsamfilter in der Steuerzentrale auch alle Fäden zusammen. ein weiteres Mal gereinigt, und zwar durch was- Die Zentrale ist rund um die Uhr besetzt. Betriebs- serreinigende Mikroorganismen. Dank diesen disponent Martin Hache und seine Teamkollegen Visit Sommer 2021 17
LEBENSRAUM sorgen dafür, dass bei einem S törungsfall im 1530 Reise zum tiefsten Punkt der Stadt Kilometer langen Leitungsnetz oder in einer An- Letzte Station unseres Blicks hinter die Kulissen lage sofort ein Pikettdienst aufgeboten wird, um der Zürcher Wasserversorgung ist das Reservoir nach dem Rechten zu sehen. Lyren, eines von gut 20 solcher Reservoire. Dass Kommt es zu einem Rohrbruch – was durch- das Reservoir Lyren unter dem Uetliberg wohl zu schnittlich zweimal täglich passiert –, wird um- den grössten Wasserspeichern des Landes zählen gehend der Wasserlauf unterbrochen. Gleichzeitig dürfte, wird uns beim Blick in die riesigen Was- macht sich ein Team daran, zu graben und die serhallen bewusst. Hier lagert es also, das aufbe- Rohre zu ersetzen. Das extrem sportliche Ziel, reitete See- und Grundwasser. Beim Stehen auf einen Rohrbruch in einem Tag zu flicken, kann in der Plattform beschleicht uns ein eigenartiges Zürich tatsächlich meistens erfüllt werden, wie Gefühl, etwas Metaphysisches, Psychedelisches. Hans Gonella bestätigt. Die Halleffekte sind imposant; sie lassen erahnen, In diesem Zusammenhang wie es vor drei Jahren hier ge- berichtet Gonella, dass der WVZ- klungen haben mag, als aus An- Mitarbeiterbestand von gut 280 lass des 150-Jahre- Jubiläums Personen aus den unterschied- eine klassische Formation hier lichsten Berufsgattungen zu- aufgespielt hat. sammengesetzt ist: «Wir haben Einmal jährlich werden die fast 40 verschiedene Berufe bei vier Lyren-Kavernen, die ge- uns: Schlosser, Maurer, Speng- samthaft 60 000 m3 Wasser fas- ler, Maler, Zeichner, Buchhalter, sen, abgelassen und mit Hoch- IT-Spezialisten, Ingenieure so- druck gereinigt, erklärt Hans wie Chemiker und Laboranten Gonella, der uns nun noch zum – und sogar einen Bildhauer, der tiefsten Punkt der Stadt führen Brunnen flickt.» möchte. Dazu besteigen wir ei- nen Lift, der uns gut 123 Meter Sicherheit durch in die Tiefe befördert. Die Fahrt kontinuierliche Kontrollen dauert etwas mehr als eine halbe Ein Blick in die Labore zeigt Minute. Für den Notfall – sollte uns, dass die WVZ tatsächlich der Lift stecken bleiben – gibt es permanent daran ist, die Was- einen Notausstieg und eine Trep- serqualität zu kontrollieren. pe mit 625 Stufen, für Leute mit Dies geschieht auf verschiedene Platzangst allerdings keine Gleicher Job, andere Methode: Que Art und Weise: Hatte es beim wirkliche Alternative. My Tran (lernende Laborantin) und Seewasserwerk Lengg noch Dem Besucher hier unten Regenbogenforellen kontrollieren eine Fisch-Testanlage – ein öffnet sich ein höhlenartiger, die Wasserqualität. Aquarium mit echten Regen hoher Raum, der von Röhren bogenforellen –, so kommen aller Grössen und Durchmesser neuerdings auch Wasserflöhe dominiert wird. Hier, sagt (sogenannte Daph n ien) als Gonella, treffen die Röhren des «Frühwarntruppe» zum Ein- Ringstollens (die grösste Trink- satz. Und in den Mikrobiologie- wasserleitung Zürichs) aufein- Laboren werden kontinuierlich Proben unter- ander, der die Seewasserwerke Moos und Lengg sucht. So lässt sich einerseits die Trinkwasser mit dem Grundwasserwerk Hardhof verbindet. qualität hochhalten und andererseits ana Die Temperaturen hier unten liegen bei 8 Grad, lysieren, welche Keime und Stoffe das Wasser da gehört leichtes Frösteln dazu. Hier, am tiefsten beinhaltet. Punkt Zürichs, 34 Meter unter dem Spiegel des Das Züriwasser hat höchste Qualität. Das ver- Zürichsees, gibts keinen Handyempfang, dafür deutlicht Hans Gonella mit einem eindrück hängt in einer Ecke ein orangefarbenes Nottelefon lichen Beispiel im Zusammenhang mit dem an der Wand. Wirkstoff Aspirin, der nebst anderen auch im Egal. Allemal spannender, als zu telefonieren, Seewasser vorkommt: «Angenommen, Sie trin- ist es für uns, das Ohr an die dicke Röhrenwand ken täglich 7000 Jahre lang je zwei Liter Wasser, zu halten und dem Wasser zu lauschen, das so wäre dies am Schluss vergleichbar mit einer hier mit 15 bar Druck durchfliesst. Wasser, das einzigen Tablette Aspirin.» Die meisten Subs- demnächst irgendwo wie selbstverständlich aus tanzen, auch Drogen, würden durch die Ozonie- einem Hahnen sprudelt. Zu einem unschlagbar rung komplett abgebaut, sagt Gonella. günstigen Preis. 18 Visit Sommer 2021
Zürich – eine Stadt der Brunnen In der Stadt Zürich tragen 1277 Brunnen zur Lebensqualität bei. Aus allen sprudelt erstklassi- ges Trinkwasser. Gut 320 dieser Brunnen (zumeist historische Altstadtbrunnen) und 80 Notwasser- brunnen werden über ein separates Netz von 150 Kilometern mit Quellwasser gespeist. Das Wasser stammt zumeist aus Quellfassungen, die seit dem 15. Jahrhundert in den Hügeln rund um Zürich erstellt wurden. Die übrigen Brunnen sind am normalen Verteil- netz der Wasserversorgung angeschlossen und werden – wie die Haushaltungen – mit einer Mischung aus 70 Prozent Seewasser, 15 Prozent Quellwasser und 15 Prozent Grundwasser beliefert. Auf dem Gebiet der Stadt Zürich braucht man nicht weit zu gehen, um auf einen der vielen Brun- Amazonen-Brunnen nen zu stossen. Damit gehört Zürich zu den brun- nenreichsten Städten der Welt. Über jeden Brun- nen gäbe es spannende Geschichten zu erzählen. VISIT stellt drei dieser Brunnen vor: Amazonenbrunnen als öffentliches Kunstwerk Am Rennweg findet sich der Amazonenbrunnen: Ums Jahr 1430 in Betrieb genommen, zählt er mit der Figur, die den Brunnen schmückt, zu den ersten der Stadt, die auch als öffentliches Kunstwerk betrachtet wurden. Barockbrunnen beim Haus zum Rechberg Das stattliche Haus zum Rechberg, heute Staats- kanzlei, wurde 1770 eingeweiht. Das Grundstück lag damals ausserhalb der mittelalterlichen Stadt- befestigung. Anna Werdmüller, Tochter des da- mals wohl reichsten Zürchers, des Mousseline- Brunnen beim Haus zum Rechberg Fabrikanten Hans Kaspar Oeri, liess das Palais «Zur Kronen» mit dem prächtigsten Garten der Zeit erbauen. Vom Hof aus führen zwei kurze ge- schwungene Treppen, die sich um einen prächti- gen Barockbrunnen ranken und jeweils von einer Skulptur flankiert werden. Seit 1899 gehört der Rechberg zur Universität Zürich. Die Rech- berg-Gesamtanlage ist im Inventar der kantonalen Denkmalschutzobjekte und im Schweizerischen Inventar der Kulturgüter von nationaler Bedeu- tung enthalten. Lindenhofbrunnen im Herzen der Stadt Den Lindenhofbrunnen finden wir im Herzen der Stadt Zürich, im Kreis 1 der linksufrigen Altstadt, in nächster Nähe zur St. Peterskirche. Der heuti- ge Brunnen wurde 1912 in Erinnerung an die tap- feren Zürcherinnen erstellt, die 1292 in Kampf- Fotos: zVg montur ein österreichisches Heer vor einer Lindenhofbrunnen Stadtbelagerung abgeschreckt haben sollen. Visit Sommer 2021 19
LEBENSRAUM Kleine Geschichte unseres Wassers Die Stadt Zürich hat schon früh erkannt, dass die Die Eingemeindung von zehn Vororten und die Verfügbarkeit von gutem Trinkwasser wichtig ist nachfolgende rasche Entwicklung der Stadt ab für die Gesunderhaltung der Bevölkerung. 1893 führten zu einer markanten Vergrösserung des Verteilnetzes und des Wasserbedarfes. Im frühen Mittelalter wurde Grundwasser aus privaten und öffentlichen Sodbrunnen bezogen. 1895 bis 1902 wurde die neue grosse Quellwas- serversorgung (aus dem oberen Sihltal und dem Im 14. Jahrhundert wurden Röhrenbrunnen mit Lorzetal) erbaut, um die Wasserknappheit zu steu- Trinkwasser: Beim Wasser aus Quellen oder durch Flusswasser ge- ern und neue Brunnen mit Quellwasser beliefern Rechberg-Brunnen speist. Dazu wurden Schöpf- und Radbrunnen zu können. steht dieser «öffent- verwendet. Zum Einsatz kam auch die «Gigampfi- liche» Trinkbecher Wasserstampfi» am See, mit der dank Verlagerung 1914 Bau des Seewasserwerk Moos. bereit. des Körpergewichts Seewasser geschöpft werden konnte. 1934 begann die Wasserversorgung Zürich Trink- wasser aus dem Grundwasserfeld Hardhof zu ge- Am 6. September 1868 stimmte die Gemeindever- winnen, 1949 erfolgte der Bau der Seeleitung zur sammlung der Stadt Zürich der Gründung des Lengg zur Unterwasseraufnahme beim Tiefen- Unternehmens «Wasserversorgung Stadt Zürich» brunnen. zu. So wurden nach und nach die Quellwasser leitungen optimiert und das Flusswasserwerk Seit 1993 wird dank guter Aufbereitung bis heute Bauschänzli erbaut. erfolgreich auf den Zusatz von Chlor im Leitungs- netz verzichtet. Wussten Sie, dass … … die Wasserversorgung Zürich (WVZ) durchschnittlich 55,2 Millionen Kubikmeter Trinkwasser pro Jahr abgibt? … 8 von 10 Litern Trinkwasser aus dem Zürichsee stammen? … das Leitungsnetz der WVZ rund 1530 Kilometer beträgt? … es im Durchschnitt pro Tag zu zwei Leitungsbrüchen kommt? … zur WVZ total 7375 Hydranten und 1277 Brunnen gehören? ... der durchschnittliche Tagesverbrauch pro Stadtbewohner im Haushalt bei rund 160 Litern liegt? … auf einen Liter Trinkwasser rund 100 Millionen harmlose Mikroben kommen? … ein Liter Seewasser etwa 300 Millionen Kei me aufweist? … die Konsumenten für 1000 Liter Züri- wasser nur durchschnittlich 2 Franken bezahlen? Eines von drei Becken zur Grundwasseranreicherung auf dem Hardhofareal. 20 Visit Sommer 2021
Anthroposophisches Alters- und Pflegeheim Sonnengarten Hombrechtikon • Grosszügige Wohnungen und Gemeinschaftsräume • Kurs- und Kulturangebot • Alters- und bedarfsgerechte Ernährung (Biologisch/Vollwert/Schonkost/täglich Vegetarisch) • Anthroposophisch erweiterte Pflege • Spezialisierter Pflegebereich für Demenzerkrankte • Siedlung mit Alterswohnungen • Grosser Park und organische Architektur In der Regel findet am ersten Freitag im Monat um 14.00 Uhr eine öffentliche Führung durch den Sonnengarten statt (Anmeldung erforderlich). Alters- und Pflegeheim Sonnengarten Etzelstrasse 6 • 8634 Hombrechtikon/ZH • T 055 254 45 00 www.sonnengarten.ch • info@sonnengarten.ch Im Alter zu Hause leben se enlo Kost ng und t u Bera spekte Pro rdern! anfo Heimelig Betten möchte, dass Sie sich zuhause fühlen. Wir beraten Sie gerne und umfassend und übernehmen die erforderlichen administrativen Aufgaben mit den Kostenträ- Sichere Handläufe für mehr gern. Heimelig Betten liefert schnell und zuverlässig, damit Sie Ihren Alltag zuhause weiterhin geniessen können. Mobilität in Haus und Garten Stürze vermeiden, die eigene Selbstständigkeit erhalten, Lebensqualität steigern und Ihr Zuhause verschönern. Wir sind Spezialisten für die Nachrüstung und bieten Vermietung & Verkauf sehr grosse Materialauswahl und schnelle Lieferung Telefon 365 Tage persönlich besetzt inkl. Montage zum günstigen Festpreis. heimelig betten AG Flexo-Handlauf Zentrale · 8546 Islikon 8280 Kreuzlingen Tel. ★ 071 672 70 80 # 052 534 41 31 oder Gratis-Telefon 0800 04 08 04 www.heimelig.ch www.flexo-handlauf.ch Visit Sommer 2021 21
PUBLIREPORTAGE Im Alter nochmals mit Fremden zusammenziehen? Altersgerechtes Wohnen ist ein Milliardengeschäft. Heute sind Angebote in allen Formen und Facetten vorhanden. Meist werden die Altersresidenzen von Privaten betrieben. Bei den «jungen Alten» ist nun gar ein Trend zur Alters-WG festzustellen. Text und Foto: rs. Selbstverwaltete Wohn- oder Hausge- des ehemaligen Sulzer-Areals. meinschaften, die genossenschaftlich Abendrot, die Sammelstiftung für Pen- oder privat organisiert sind, ja selbst sionskassen, liess sich zur Finanzierung die WG, die günstige Wohnform junger motivieren; die Genossenschaft ihrer- Studierender – unterschiedlichste seits schoss Geld ein und konnte sich so Wohnmodelle sind bei Senioren immer in der Projektentwicklung einbringen. gefragter. In ihrer Immobilienstudie 76 Wohnungen verteilen sich auf 5 stellt Raiffeisen Schweiz fest, dass un- Stockwerke mit drei gemeinschaft ter «jungen Alten», wie man die Renten- lichen Terrassen. Für Durchmischung boomer gerne nennt, die Nachfrage ist gesorgt: Die Zürcher Hochschule nach WGs steigt. Die Zürcher Age-Stif- ZHAW belegt einen Teil des Baus; meh- tung fördert Wohnangebote durch In- rere Kleinbetriebe sorgen für einen vestitionen in zukunftsfähige Projekte. Gewerbemix, selbst ein Quartierladen Um nur ein Beispiel zu nennen: In Basel wird genossenschaftlich betrieben. entsteht eine Gemeinschaft aus «älteren Expats», die ein «Leben mit internatio- Schöner Wohnen hat seinen Preis naler Ausrichtung» teilen wollen. «Älterwerden: eine grosse Chance und die Freiheit, noch einmal etwas Neues Innovative Wohnformen zu beginnen», wirbt die «Zusammen‑ 10 Jahre dauerte es seit der Gründung (h)alt» in ihrer Broschüre. Dieses neue Die Gemeinschaftsräume vermitteln ein einer Wohngenossenschaft in Wintert- Zusammensein wird in Gemeinschafts- ungezwungenes «WG-Feeling». Der Ein- hur bis zum grossen Einzug vor einem räumen wie Bibliothek, Meditations- zugstermin fiel mit dem Ausbruch von Jahr. Ihr Name ist ein Wortspiel: «Zu- raum, Sauna, Küche gelebt. Diese Frei- Corona in der Schweiz zusammen, sodass sammen(h)alt». Ihr Credo umfasst heit hat freilich ihren Preis. Je nach die Vorfreude auf die Inbetriebnahme nebst dem Wohnen in der zweiten Le- Wohnungsgrösse liegt die Nettomiete etwas getrübt wurde. benshälfte bewusst die gemeinsame zwischen 1000 und 2200 Franken. Der Aktivität. Die Gründer kannten sich Mitgliedschaftsanteil beträgt 2000 Fran- schon in jüngeren Jahren. «Voraus- ken und 500 pro Quadratmeter. Das Ge- schauend überlegten wir uns», erinnert nossenschaftskapital wird bei Austritt sich Judith Wick, «auf welche Weise wir zurückbezahlt. Zum Vergleich: In Ascona im Alter leben möchten.» Viele unter entstand jüngst auf eine katholische ihnen haben aus WG-Erfahrungen ge- Initiative die Residenza San Clemente lernt, dass man auf Dauer nicht den ge- mit fast 50 Wohneinheiten, um Einwoh- samten Lebensraum teilen mag. «Man nern im AHV-Alter bezahlbare Miet- braucht einen eigenen Raum, in den wohnungen anzubieten: 1300 Franken man sich auch mal zurückziehen kann», für 2,5 Zimmer, 1500 für 3,5 Zimmer. ist Wick heute überzeugt. Die Ziele waren Für Bewohnerin Katharina Stadelmann ambitioniert: An zentraler Lage sollte Was ist bezahlbar? schliesst sich auf dem ehemaligen Werk ein Bau für bis zu 100 Menschen entste- Seit 30 Jahren berät Simone Gatti, Prä- areal der Kreis: Hier absolvierte sie als hen. Realisiert wurde das Gebäude sidentin der Genossenschaft Zukunfts- Mädchen schon ihre Lehre. schliesslich auf 4800 Quadratmetern Wohnen, Gemeinden und Investoren in
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