CAMPUS Erinnerungskultur als Aufgabe für Offziere WISSENSCHAFT Ukraine: Der Krieg und seine Folgen ALUMNI Geschichten vom Gründen - N 09 Mai 2022
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N° 09 Mai 2022 N° 09 Mai 2022 CAMPUS Erinnerungskultur als Aufgabe für Offziere WISSENSCHAFT Ukraine: Der Krieg und seine Folgen ALUMNI Geschichten vom Gründen ISSN 2511-4417
25. Juni 2022 Termine 2022 moving Bitte beachten Sie: 12.07. – 13.07.2022 Aufgrund der Corona-Krise können einzelne Veranstaltungen evtl. kurzfristig verschoben Jahrestagung CODE oder ganz abgesagt werden. Ort: Universität der Bundeswehr München together Fachleute aus Politik, Militär,Wirtschaft und Wissen- schaft tauschen sich auf der Jahrestagung über 19.05.2022 | 09:00 – 19:00 Uhr »Datengetriebene Innovation – Impulse für eine Leadership & Innovation Talk 2022: sichere Digitalisierung« aus. Unternehmergeist, Systeme und Weitere Informationen und Anmeldung: Gestaltungsmöglichkeiten www.unibw.de/code-events Ort: Universität der Bundeswehr München, Casino Keine Organisation kann es sich heute leisten, nicht 20.07. – 23.07.2022 gemeinsam für innovativ zu sein – Grund genug, sich mit Intrapreneur- ship auseinanderzusetzen. Das Thema in all seinen 6. Konferenz des Netzwerks Facetten ist Fokus des Leadership & Innovation Talk Gender & STEM ukrainische Kinder 2022. Ort: Universität der Bundeswehr München Weitere Informationen und Anmeldung: Die diesjährige Konferenz mit dem Titel »Who comes, www.unibw-talk.com who stays, who goes and why?« bringt Forschende, Pä- Ein sportlicher Nachmittag dagoginnen und Pädagogen, politische Entscheidungs- tragende, Vertretende von Wirtschaft und Industrie für geflüchtete ukrainische 25.06.2022 | 14:00 Uhr und die Öffentlichkeit zusammen, um Einfüsse hin zu Kinder und Kinder von Uni- Akademische Feier oder weg von verschiedenen MINT-Wegen abzufragen. versitätsangehörigen. Ort: Universität der Bundeswehr München Weitere Informationen und Anmeldung: Audimax und Foyer Audimax www.unibw.de/gst2022-en 14:00 – 18:00 Uhr Feierliche Übergabe der Studienpreise an den im Sportzentrum der Masterabschluss-Jahrgang 2021 sowie Ehrung 06.10. – 07.10.2022 Gemeinde Neubiberg der Promovierten des vergangenen Jahres. RISK Jahreskolloquium Zwergerstr. 26 –28, Weitere Informationen und Anmeldung: 85579 Neubiberg Ort: Universität der Bundeswehr München, Casino https://go.unibw.de/masterfeier und https://go.unibw.de/promotionsfeier Das Jahreskolloquium 2022 widmet sich der Frage: Damit das Event Wirklichkeit werden kann, suchen Schutz oder Zwang? Wahrnehmung und Wirkung wir Studierende und Mitarbeitende, staatlicher Antworten auf globale Herausforderungen. 08.07.2022 | 09:00 – 17:00 Uhr • die Lust haben, eine sportliche Aktion durchzuführen Weitere Informationen und Anmeldung: 7. Münchener Tunnelbau Symposium https://go.unibw.de/9r • die bei der Beaufsichtigung der Kinder unterstützen möchten Ort: Universität der Bundeswehr München • die ukrainisch oder russisch sprechen und Lust haben zu Das Münchener Tunnelbausymposium bietet allen übersetzen Beteiligten im Tunnelbau – wie Bauherren, Bauunter- Save the Date sowie Kinder von Universitätsangehörigen von 6 bis 12 Jahren, nehmen, Planern, Wissenschaftlern und Beratern – Der Beförderungsappell fndet am 15.06.2022, eine Plattform, aktuelle Themen vorzustellen und zu voraussichtlich von 14:00 – 15:00 Uhr, statt. die Interesse haben, an der Veranstaltung teilzunehmen. diskutieren. Zum Tag der Bundeswehr am 25.06.2022 prä- Vielen herzlichen Dank für Ihr Wir freuen uns auf zahlreiche Rückmeldungen an Weitere Informationen und Anmeldung: sentieren sich deutschlandweit Standorte per ehrenamtliches Engagement! familienservice@unibw.de! www.tbsm.de Livestream. Auch die Universität der Bundes- wehr München ist mit einem digitalen Beitrag vertreten.
WAS WIRD? Das nächste große Ding? Hypekompetenz! Ein Kommentar von Dirk von Gehlen Dirk von Gehlen ist Journa- Der beste Experte für all das, was gerade als Metaversum gehandelt wird, list und Autor. Er arbeitet ist seit 15 Jahren tot. Roy Amara war Forscher am »Institute for the Future« als Director Think Tank am SZ-Institut und hat mehrere in Kalifornien und starb ein Jahr bevor Facebook-Gründer Mark Zucker- Bücher zur digitalen Trans- berg sein Angebot facebook.de nach Deutschland brachte. Dass Amara formation veröffentlicht – zuletzt z.B.: Meme – Muster dennoch einen wichtigen Beitrag zur Debatte um Virtuelle Realitäten (VR) digitaler Kommunikation geleistet hat, liegt an einer grundsätzlichen Beobachtung, die als »Amaras Law« bekannt geworden ist: Wir neigen dazu, kurzfristige technologische Entwicklungen zu überschätzen und langfristige Folgen zu unterschät- zen, lässt sich Amaras Betrachtung zusammenfassen – und als Antwort auf die Frage lesen: Ist das Metaversum das nächste große Ding? In der von Mark Zuckerberg im vergangenen Jahr dominierten medialen Debatte drängt sich eben dieser Eindruck auf. Doch genau in dieser kurzfristigen Überschätzung des Angebots der Firma, die extra zu Meta umbenannt wurde, liegt Amaras Beitrag zur Metaversum-Frage: Der kurzfristige Hype ist übertrieben. Die Möglichkeit, mit Avataren in VR in einen sozialen Austausch treten zu können, wird in den nächsten Monaten keine revolutionären Veränderungen nach sich ziehen – auch wenn der aktuelle Hype diesen Eindruck entstehen lassen könnte. Da- raus jedoch den Schluss zu ziehen, diese Form der Vernetzung werde völlig ohne Folgen bleiben, ist ebenso falsch. Was Amaras Law nicht nur für die Debatte um das Metaversum lehrt, ist eine Form der Hypekompetenz, die uns in die Lage versetzt, kurzfristige Trends und deren langfristige Folgen genauer zu analysieren und nicht vorschnell und einseitig zu bewerten. 1
Inhalt 36 Was wird? 1 TITEL Wie Metaverse, XR & Co. unsere Welt verändern 4 Wie die Forschung auf das Metaversum blickt 7 Der juristische Blick auf AR/VR-Anwendungen 10 Mediennutzung der Jugend 11 Gehört dem Metaverse die Zukunft? 14 CAMPUS Fremde Kulturen kennen lernen 18 Vielfalt aktiv gestalten 20 Was gefällt der #unibwm? 23 »Wenn wir nicht mehr darüber reden, tut es keiner mehr« 24 Die Leichtigkeit des Schreibens 28 Meldungen 30 WISSENSCHAFT Ukraine: Der Krieg und seine Folgen 32 Wie schädlich sind Abgase durch Flugantriebe? 36 64 Die Erde besser verstehen 38 Eindrücke von der MSC 2022 41 Kann die Ampel Krise? 44 Exzellenz hoch Fünf 48 Was ist das? 52 Meldungen 54
72 ALUMNI Geschichten vom Gründen Wie ist’s richtig? 56 63 Ex-Neubiberger im Gipfelglück 64 Glänzende Leistungen 66 Meldungen 68 24 MENSCHEN Der Wassermann 72 Neu auf dem Campus 74 Neu in der Militärseelsorge 82 Nachruf 83 Meldungen 84 Habilitationen und Promotionen 86 Impressum 90 Forschungsförderung 91 Neubiberg informiert 95 Wie war’s? 96 4
Im Jahr 2021 nutzte Mark Zuckerberg den (zugegebener- maßen nicht neuen) Begriff Metaverse – kurz bevor er seinen Konzern von Facebook, Inc. zu Meta Platforms, Inc., umbenannte. Obwohl der Begriff nun in aller Munde ist, herrscht keine Einigkeit, was darunter im Detail zu verste- hen ist. Sicher ist aber, dass XR (Extended Reality) – und hier im Besonderen AR (Augmented Reality) und VR (Vir- tual Reality) – darin eine Rolle spielen werden. Von Prof. Philipp A. Rauschnabel So ist die Vision des Metaverse, dass Monitore Bei Augmented Reality (AR) hingegen aus dem Alltag verschwinden und virtuelle können Menschen weiterhin ihre Umgebung Inhalte dort sind, wo sie benötigt werden – wahrnehmen; diese wird aber durch virtuelle entweder in der physischen Realität oder in Inhalte angereichert. Ein bekanntes Beispiel virtuellen Welten. Menschen können dort ent- ist Pokémon Go, das 2016 auf vielen Smart- weder real oder in Form von Avataren präsent phones und Tablets installiert war. Aber sein, Transaktionen tätigen und Alltagstätig- auch eine Rückfahrkamera im Auto, die Hilfs- keiten nachgehen. Wichtig ist aber auch, dass linien zur Spuranzeige anzeigt, ist eine ganz nicht jede AR- oder VR Anwendung dem Meta- simple Form von »Assisted Reality«. Seit eini- verse-Konzept zugeordnet werden kann. gen Jahren gelingt es, AR in Brillen einzu- bauen, die dann realistische Inhalte in die BEREITS ETABLIERTE Umgebung einbetten. Diese Inhalte können VR- UND AR-ANWENDUNGEN sogar so realistisch und dauerhaft in die Um- gebung integriert werden, dass sie für Nutzer Bei VR sind Nutzer von der Außenwelt als tatsächlich vorhanden wahrgenommen abgeschnitten und nehmen lediglich eine werden (»Local Presence«) – dann spricht man künstliche Umgebung wahr – typischerweise von Mixed Reality. Virtuelle Objekte können über ein Head-Mounted Display (auf dem Kopf an spezifschen Geokoordinaten verankert zu tragendes visuelles Ausgabegerät, Anm. d. und grundsätzlich auch anderen Menschen Red.), umgangssprachlich auch als VR-Brille mit entsprechenden Devices zugänglich ge- bezeichnet. Gute Geräte gibt es bereits für macht werden. Wenngleich solche smarten wenige hundert Euro. Einsteigermodelle, so Datenbrillen noch nicht massentauglich sind, genannte Cardboards, kosten nur wenig Geld deuten die aktuellen Entwicklungen, Patente und nutzen die Funktionen handelsüblicher und Ankündigungen darauf hin, dass dies in Smartphones für einfache VR-Anwendungen. absehbarer Zeit der Fall sein wird. XR dient da- An welchem Ort sich Nutzer während der bei als Oberbegriff für AR und VR und deren Nutzung wirklich befnden, ist zweitrangig. Unterformen. 5
TITEL Im Folgenden werden einige Szenarios Sowohl in AR als auch in VR können dargestellt, welche die Relevanz und das Aus- Dinge simuliert werden. Das können Meetings maß von XR im Zusammenhang mit dem in virtuellen Besprechungsräumen in VR sein, Metaverse-Konzept exemplarisch darlegen. aber auch holographische Bildschirme, Deko- artikel oder Notizzettel in AR. Solche virtuel- DIMINISHED REALITY: len Versionen echter Produkte sind um ein ELIMINIEREN VON REALEN OBJEKTEN Vielfaches günstiger und fexibler einsetzbar als die physischen Versionen. Diminished Reality (DR) bezeichnet eine Sonderform von AR, welche reale Objek- HERAUSFORDERUNGEN UND te aus der Wahrnehmung von Nutzern elimi- GEFAHREN VON XR-ANWENDUNGEN nieren kann. Über eine AR-Brille könnte bei- spielsweise ein Werbeplakat erkannt werden. XR-Anwendungen basieren in der Regel auf Daten – v.a. über deren Nutzer, bei- spielsweise dessen Präferenzen oder Interak- tionsgewohnheiten. Im Falle von AR erhält »DIE BEISPIELE VERDEUTLICHEN jedoch auch die Umgebung eine enorme Rele- DIE KOMPLEXITÄT UND HERAUS- vanz. Je besser eine AR-Anwendung die Um- gebung versteht, desto besser und realitäts- FORDERUNGEN VON XR FÜR naher können virtuelle Objekte in diese GESELLSCHAFTEN – ABER AUCH integriert werden. Neben Kameras kommen dazu auch Tiefenscanner (z.B. LIDAR) zum DIE CHANCEN« Einsatz, die schon in naher Zukunft detaillier- te 3D-Pläne der Umgebung erstellen können – inklusive anderer Personen. Hierbei besteht nicht nur die Gefahr, dass sensible Nutzer- Die DR-Funktion würde dann den Hintergrund daten gesammelt, genutzt und gespeichert dieses Banners schätzen und darüberlegen, werden, sondern auch, dass diese in die Per- sodass der Nutzer dieses Werbeplakat nicht sönlichkeitsrechte anderer Menschen eingrei- mehr sehen würde – ein AdBlocker in der Rea- fen können – bspw. über Gesichtserkennung. lität. Während für viele Menschen hier der Nutzen sicherlich erkennbar ist, ist DR auch Die dargelegten Beispiele verdeutlichen mit einigen Gefahren verbunden. So könnten die Komplexität und Herausforderungen von im Falle unbefugten Zugriffs auf ein Device XR für Gesellschaften – aber auch die Chancen, (Gerät mit dem ein Internetnutzer im Inter- beispielsweise am Jobmarkt. Für Universitä- net navigieren kann, Anm. d. Red.) bspw. auch ten besteht die Pficht, relevantes Wissen zu reale Gefahren, wie etwa ankommende Autos, XR durch interdisziplinäre Forschung zu gene- eliminiert werden, was Menschen gefährden rieren, dieses in die eigenen Lehrpläne aufzu- könnte. Ebenso könnten Menschen mit extre- nehmen sowie politischen und unternehme- men Gesinnungen bestimmte Personen- rischen Entscheidungsträgern zur Verfügung gruppen z.B. aufgrund ihrer Hautfarbe aus zu stellen. ) der Realität ausblenden. 6
Ähnlich wie die künstliche Intelligenz, deren Grundlagen die Forschung bereits in den 1980er Jahren legte, so ist auch das Metaversum kein neues Forschungsfeld. Was Zuckerberg und Co. als neuen Hype etablieren wollen, hat seinen Ursprung in einem Science-Fiction-Roman aus den 1990er Jahren. Im Jahr 2003 ging mit »Second Life« das erste Metaversum online und erreichte in den ersten 10 Jahren seiner Existenz über 35 Millionen Nutzer – lange, bevor Firmen wie Oculus und HTC erste Virtual-Reality- Headsets auf den Markt brachten. 7
TITEL Von Prof. Florian Alt Viele Ideen, wie digitale Währungen und der WORIN BESTEHEN Handel mit virtuellen Gütern, fnden sich DIE HERAUSFORDERUNGEN? bereits in »Second Life«: So verkaufte dort ein Sportartikelhersteller Schuhe aus seiner aktu- Der Großteil der Diskussion – sowohl in ellen Kollektion für Avatare und die Deutsche der Industrie als auch in der Wissenschaft – Post ermöglichte das Versenden virtueller fokussiert sich derzeit auf das Potenzial des Postkarten in die reale Welt. Metaversums. Gleichzeitig scheitern die ge- waltigen Versprechen heute aber meist noch WAS ALSO IST NEU AM METAVERSE? an Skalierbarkeit und Bandbreite, welche weit entfernt sind von den Anforderungen an ein Wurde »Second Life« noch am Compu- rudimentäres, gut nutzbares Metaversum. terbildschirm gespielt, so ermöglichen Head- Auch Interaktionstechniken jenseits visueller Mounted Displays (auf dem Kopf zu tragen- Wahrnehmung (Haptik, Geruch, Geschmack) des visuelles Ausgabegerät, Anm. d. Red.) das existieren heute kaum. Zudem stellen sich immersive Erleben, also das Eintauchen in wichtige Fragen hinsichtlich Sicherheit und gemischte reale und digitale Welten in einer Privatsphäre, insbesondere wenn es um Aufösung, welche heute beinahe der des Authentifzierung, Nutzerdaten, die Interak- menschlichen Auges entspricht. Technolo- tion zwischen Avataren und den Umgang gien wie 5G, Edge Computing und Machine mit nutzergenerierten (und somit Copyright- Learning sowie die Mensch-Computer-Inter- geschützten) digitalen Inhalten (sogenann- aktion ermöglichen die räumlich nahezu un- ten Assets) geht. beschränkte Teilnahme an sozialen Veran- staltungen, das Erstellen von 3D-Content FORSCHUNG AN DER UNIVERSITÄT durch den Benutzer und den Handel von In- DER BUNDESWEHR MÜNCHEN halten mittels NFTs (non-fungible tokens) durch eine dezentralisierte Blockchain. Geforscht wird an diversen Themen rund um das Metaversum auch an der Univer- sität der Bundeswehr München, zum Beispiel am Forschungsinstitut CODE. Rivu Radiah ist »DER GROSSTEIL DER Doktorandin an der Professur für Benutzbare DISKUSSION FOKUSSIERT SICH Sicherheit und Privatsphäre und erforscht den Einsatz virtueller Welten als Methodik für Be- DERZEIT AUF DAS POTENZIAL nutzerstudien. Das Metaversum ermöglicht es DES METAVERSUMS« hierbei mit nur einem Klick, Studienteilneh- mer auch am anderen Ende der Welt zu rekru- tieren. Hiermit lassen sich höhere Teilneh- merzahlen und eine größere Diversität der Stichprobe bei gleichzeitig niedrigeren Kosten erreichen, da die Kosten für die Anreise ent- fallen. Zudem wird der Einfuss von Versuchs- leitern auf ein Experiment minimiert. 8
Auch diese Idee ist übrigens nicht neu: Bereits in »Second Life« plante das Leibniz- Institut für Wissensmedien die Durchführung von Experimenten. Neu sind aber die Mög- lichkeiten der Datenerhebung. Durch die Inte- gration von Eyetracking in moderne Head- Mounted Displays sowie die Möglichkeit, Körperposition und Bewegung von Nutzern präzise zu erfassen, können Einsichten gewon- nen werden, welche in der realen Welt bis- lang nur durch den Einsatz teurer und inva- siver Tracking-Technologien möglich waren. Inwiefern Benutzer eines Metaverse solch ein Tracking gut fnden, auch wenn sie nicht an einer Studie teilnehmen, ist aller- dings eine offene Frage. Genau solche Daten sind es nämlich, an welchen große Internet- Dieser Screenshot der für die IEEE VR-Konferenz verwende- konzerne interessiert sind – ähnlich den ten VR-Plattform zeigt die Avatare von Yasmeen Abdrabou und Florian Mathis, die so virtuell Kontakt knüpfen konnten Daten, wie sie heute massenhaft über das Surfverhalten im Internet erhoben werden. von Angreifern. Solch ein Modell kann bei- SICHERHEITSFORSCHUNG spielsweise als Grundlage für Mechanismen IM METAVERSUM zum Schutz vor Shoulder Surfng dienen. Daher werden auch solche Fragestellun- gen, die die Sicherheit und den Datenschutz Ende März stellte Yasmeen Abdrabou betreffen, am FI CODE erforscht. Das Metaver- ihre Forschungsarbeit auf der IEEE VR-Konfe- sum bietet hier weitere neue Möglichkeiten renz vor – natürlich in VR. Etwas traurig war für Forschung, welche in der realen Welt nur sie schon, dass sie die anderen Forschenden schwer realisierbar sind. Yasmeen Abdrabou, nicht wie geplant in Christchurch, Neusee- die ebenfalls in der Gruppe von Prof. Florian land treffen konnte. Spannende neue Kon- Alt promoviert, untersuchte kürzlich das Ver- takte konnte sie dank Metaverse trotzdem halten von Personen beim Shoulder Surfng, knüpfen, unter anderem zu Florian Mathis, also dem Ausspähen von Inhalten auf Gerä- Doktorand an der Universität Glasgow, der ten anderer Benutzer. Hierbei wurde das Ver- zu Authentifzierung in Virtueller Realität halten von Teilnehmenden in einer virtuel- forscht und im Sommer das Forschungsinsti- len Wartesituation an einer Bushaltestelle tut CODE als Gastwissenschaftler besuchen analysiert. Die gewonnenen Daten ermögli- wird – dann zum Glück nicht nur virtuell. ) chen das Erstellen eines Verhaltensmodells 9
TITEL DER JURISTISCHE Prof. Stefan Koos, Pro- BLICK AUF AR/VR- fessur für Bürgerliches ANWENDUNGEN Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht, er- kennt einige Risiken in der neuen Technologie. Interview von Michael Brauns NEBEN DEN CHANCEN GIBT ES AUCH JURISTISCHE BEDENKEN BEIM EINSATZ VON AR/VR-TECHNOLOGIEN. WELCHE RISIKEN SIND FÜR SIE DIE GRÖSSTEN? Das größte Risiko sehe ich in der Kombination zwischen Datenschutzproblemen und man- gelnder territorialer Kontrolle der Plattformen und Anwendungen. Die Durchsetzung staatli- chen Rechts ist kaum effektiv möglich und zugleich steigt die Gefahr, dass das Individuum unbemerkt unter Beobachtung, unter Umständen auch durch Anbieter aus totalitären Staaten, steht. WAS KÖNNEN PRIVATPERSONEN MACHEN, UM SICH GEGEN DIESE RISIKEN ZU SCHÜTZEN? Da das staatliche Recht aufgrund der geringeren Bedeutung von Territorialität in virtuellen Räumen immer schwerer durchsetzbar sein wird, glaube ich, dass es bei Etablierung entspre- chender Technologien zu einer Verlagerung von rechtlichem Schutz und gesellschaftspolitischer Gestaltung hin zu noch stärkerer Selbstverantwortung kommen wird. Der Bürger in der digita- len Globalisierung muss sich stärker der Gefahren ubiquitärer sozialer Plattformen bewusst sein und sich entsprechend schützen. Das könnte durch eine Neukonzeption des Datenschutz- rechts, die private Daten als eigentumsartige Rechtspositionen der Bürger anerkennt, unter- stützt werden. BRAUCHT ES NATIONALE/INTERNATIONALE REGELUNGEN GEGEN DEN MISSBRAUCH VON AR/VR-TECHNOLOGIEN? Noch ist die EU-DSGVO wirksam durchsetzbar und wird auch von Plattformen außerhalb der EU weitgehend respektiert. Nachbesserungen wären zum Beispiel im Hinblick auf die tech- nische Zertifzierung von AR-Geräten sinnvoll. Allerdings wird die Bedeutung territorialer Sou- veränität weiter zurückgehen, so dass ich für wirksame internationale Regelungen mangels gemeinsamer internationaler Vorstellungen über die Fragen von Persönlichkeitsschutz und Privatsphäre keine großen Chancen sehe. ) 10
MEDIEN- NUTZUNG DER JUGEND 11
TITEL 2001 schuf der amerikanische Autor und E-Learning-Ex- perte Marc Prensky den Begriff der »digital natives«, einer Generation, die im Kontext und mit der Nutzung digitaler Medien aufwächst. Von dieser Generation nahm er an, dass sie über spezifsche, auf digitale Technologien ange- passte, kognitive Prozesse verfügt und begründete dies mit einer Analogie zum (Fremd-)Spracherwerb von dem angenommen wird, dass später erlernte Sprachen anders erworben werden als die jeweilige(n) Muttersprache(n). Er postulierte weiter, dass »digital natives« Meister der schnellen, parallelen Informationsverarbeitung und des Multi-Tasking wären. Von Prof. Bernhard Ertl Heute, 20 Jahre später, sind die »digital Grundschule zu den Lernarrangements. Dies natives« mitten unter uns – als Kinder, Neffen spiegelt sich auch in der Medienausstattung und Nichten, oder Enkel und wir nehmen – von Kindern und Jugendlichen wider, die der natürlich – eine veränderte Mediennutzung medienpädagogische Forschungsverbund wahr. Oft sehen wir, wie schon Kleinkinder Südwest seit über 20 Jahren mit den KIM- und mit dem Tablet umgehen. Computer- bzw. JIM Studien dokumentiert. So haben etwa Online-Lernprogramme wie Antolin oder die heutzutage laut der Studie aus dem Jahr 2021 Anton-App gehören inzwischen bereits in der 96 % der Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jah- ren ein eigenes Smartphone und 72 % einen eigenen Computer/Laptop – Im Jahr 2001 be- saßen nur 74 % ein Mobiltelefon und 49 % ei- »TROTZ HOHER VERFÜGBARKEIT nen Computer bzw. PC. Diese Zahlen zeigen UND HÄUFIGER NUTZUNG DER sehr deutlich, dass inzwischen annähernd alle Jugendlichen über einen Zugang zu Com- MEDIEN HABEN DIE JUGENDLICHEN puter, Smartphone und Internet verfügen NUR ZUM TEIL DIE ERFORDERLI- (2021 wurde ein Internetzugang noch nicht einmal extra erhoben) – sei es über ein eigenes CHEN KOMPETENZEN IM UMGANG Gerät oder über ein im Haushalt befndliches MIT DIESEN MEDIEN ERWORBEN« Gerät. 12
INTERNETNUTZUNG HAT EINEN HOHEN STELLENWERT Was machen nun die Jugendlichen, wenn sie in der Freizeit Medien benutzen? 97 % geben eine allgemeine Internetnutzung an, gefolgt von Musik hören (93 %), Online- Videos (90 %), Fernsehen (72 %) und digitale Spiele spielen (68 %). Refektiert man diese Tätigkeiten vor Prensky’s Thesen zu den »digi- tal natives« fällt auf, dass sie wenige Hinwei- se auf eine Generation mit stark veränderten kognitiven Prozessen geben. Darüber hinaus wird die digitale Kommunikation von den Jugendlichen oft als ambivalent erlebt. So be- richten etwa 72 % der Jugendlichen zwar da- von, mehr Zeit am Handy zu verbringen, als tenzniveaus korrespondieren sehr deutlich sie geplant hatten – was für eine Art Flow- mit der Mediennutzung aus der JIM-Studie, Erleben spricht – allerdings berichten auch die eher Indikator für eine oberfächliche 53 % darüber, es zu genießen, wenn sie Zeit Nutzung denn für eine vertiefte Auseinander- ohne Handy und Internet verbringen können. setzung ist. 44 % geben an, manchmal so viele Nachrich- ten aufs Handy bekommen, dass es sie nervt ERFORDERLICHE KOMPETENZEN und ebenfalls 44 % bekunden, dass sie Angst NUR TEILS VORHANDEN haben etwas zu verpassen, wenn sie ihr Han- dy nicht anhaben. 22 % fühlen sich von den vielen Möglichkeiten von Social Media über- Welche Schlüsse lassen sich nun daraus fordert. ziehen? Zum einen hat sich zwar der Zugang zu Computern und Internet in den letzten Diese Ambivalenz wirft die Frage nach 20 Jahren deutlich verändert – die konkreten den Kompetenzen auf, über die die Jugend im Tätigkeiten der Jugendlichen sind aber immer Umgang mit solchen Medien verfügen. Hier noch ähnlich (Musik hören, Fernsehen und gibt die ICILS Studie von 2018 interessante Ein- Videos schauen, Videospiele) – auch wenn sie sichten. So wiesen gerade einmal 23,9 % der über ein anderes Medium geschehen. Trotz untersuchten Schülerinnen und Schüler der hoher Verfügbarkeit und häufger Nutzung 8. Klasse ein Kompetenzniveau auf, das auf der Medien haben die Jugendlichen nur zum eine selbständige und refektierte Nutzung Teil die erforderlichen Kompetenzen im Um- des Internet schließen ließ. 42,9% waren eine gang mit diesen Medien erworben. Im Gegen- Stufe darunter auf einem Kompetenzniveau, satz zu Prensky’s Postulat der »digital natives« in dem eine sinnvolle Nutzung nur unter An- muss man daher eher konstatieren, dass das leitung erfolgt und immerhin ein Drittel der Gros der Jugendlichen mit den Medien nicht Schülerinnen und Schüler verfügte nur über so sehr vertraut ist, um ein Motor für ein digi- grundlegende Kompetenzen. Diese Kompe- tales Mindset in der Gesellschaft zu sein. ) 13
TITEL GEHÖRT DEM METAVERSE DIE ZUKUNFT? Mark Zuckerberg hält das Metaverse für die Zukunft des Internets, Nutzerinnen und Nutzer von Spielen wie Fort- nite oder Roblox bewegen sich bereits mit Avataren in virtuellen Welten. »Mixed Reality«-Technologien, also die Verbindung von analoger und digitaler Welt, gewinnen für Marketing und E-Commerce, aber auch in Produktion und Training an Bedeutung. Wie sieht es auf dem Cam- pus aus? Studierende des Studiengangs Management und Medien haben sich unter ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen umgehört und gefragt, wie sie zum Meta- verse stehen:Was wissen sie darüber? Würden sie es ger- ne ausprobieren? Welche Vorstellung haben sie von einer Zukunft mit virtuellen und erweiterten Realitäten? 14
»ICH ZIEHE ›DAS ECHTE‹ »MENSCHEN WERDEN DEM METAVERSE VOR« SICH IMMER IN FANTASY- Dominik Gehring Student Staats- und Sozialwissenschaften WELTEN VERKRIECHEN« »Von Metaverse habe ich bisher nur wegen den Dario Knipp Investitionen, die dort hineinfießen sollen, gehört. Student Staats- und Sozialwissenschaften Ich habe auch Bilder gesehen von dem, was Face- book da alles ermöglichen will. Persönlich stelle »Von Metaverse habe ich nur eine grobe Ahnung. Für ich mir eine Art ›Second Life‹ vor, also ein zweites, alltägliche Sachen ergibt es auch keinen Sinn. Chan- virtuelles Leben, in dem man mit einem selbstge- cen sehe ich vor allem für Ausbildungen: Anfänger stalteten Avatar mit anderen Usern kommunizie- könnten Sachen aus Sicht des geschulten Auges zu ren kann. Aber ich denke auch, die Gefahr, dass die sehen bekommen. Bei der Bundeswehr könnten Missi- Leute sozial vereinsamen, wächst. onen und Lagen simuliert werden, die sonst nur schwer bis gar nicht darzustellen sind. Zusätzliche Sollte Metaverse auf dem Markt erscheinen, Chancen sehe ich in der Spieleindustrie. Ich spiele werde ich es mir auf jeden Fall mal anschauen. Ein- selber MMOs und RPGs, also Online-Rollenspiele mit fach schon deshalb, um mitreden zu können und tausenden von Teilnehmern. Man könnte diese Wel- um zu wissen, was der aktuelle Stand ist. Was das ten auf ganz neue Weise erleben oder besser in seine Einkaufen betrifft, gehe ich immer noch lieber in Rolle schlüpfen. ein richtiges Geschäft und unterstütze den Einzel- handel. Dafür nehme ich mir auch gern die Zeit. Aus Jux würde ich das Metaverse bestimmt mal Hätte es Metaverse schon während der Pandemie ausprobieren, es wird jedoch niemals echte Livekon- gegeben, hätte ich es wahrscheinlich einfach mal zerte oder Sportevents ersetzen können. Es wird ohne- aus Langeweile ausprobiert. Nachdem sich die hin nur ein Hype sein. Aber wer dafür affn ist, kann Pandemie jetzt aber dem Ende zuneigt und gerade sich natürlich darin abkapseln. Menschen werden wieder echte Veranstaltungen möglich sind, werde sich immer in Fantasy-Welten verkriechen – ob mit ich das ›soziale Echte‹ dem Metaverse immer Büchern, Filmen oder Spielen, mit oder ohne Hilfe vorziehen.« des Metaversums.« Interview von Michel Möller Interview von Falk Muster 15
TITEL »EINKAUFEN IM »MOMENTAN VIRTUELLEN RAUM NOCH EIN HYPE« IST EINE OPTION Stefanie Schock FÜR MICH« Studentin Human Resources Management Felix Sonnberger Student Bildungswissenschaften »Ich würde nicht unbedingt sagen, ich weiß genau was das Metaverse ist, aber man hat schon davon ge- »Bevor Mark Zuckerberg die Umbenennung von hört. Ich weiß, dass Facebook das etablieren will als Facebook in Meta angekündigt hat, habe ich noch interaktives Feld, in dem man sich austauschen kann nie etwas über ein Metaversum gehört. Das Kon- und dass es auch Kontra-Stimmen gibt. Ich denke, es zept von Augmented Reality (AR) war mir zwar hat auch etwas mit AR-Brillen zu tun, mit denen man bekannt, aber nicht in diesem Zusammenhang. sich dann in der virtuellen Welt bewegen kann. Ich Vor einigen Wochen habe ich an einer AR-Studie selbst hatte damit leider noch keine Berührungspunk- teilgenommen und bin erstmals näher mit dem te bis auf eine Fahrt mit einer Achterbahn im Europa- Thema in Kontakt gekommen. Eine Schlussfolge- park, bei der man eine solche Brille bekommt und rung aus dieser Erfahrung ist für mich, dass solche die Fahrt damit viel spannender wird als ohne. Technologien insbesondere im Bereich Shopping wichtig werden könnten. Aber ich würde defnitiv mehr ausprobieren, wenn ich die Möglichkeit bekomme. Ich kann mir nur Wenn die Umsetzung stimmt, ist Einkaufen im Moment noch keine Anwendung vorstellen, die im virtuellen Raum durchaus eine Option für mich. mich persönlich betrifft, da ich keine Gamerin bin. Ich Außerdem bin ich überzeugt, dass viele Prozesse glaube, aktuell ist das Thema noch ein Hype, aber aus erleichtert werden können, weil verschiedene Per- jedem Hype kann sich was entwickeln. In Zukunft sonen gleichzeitig im virtuellen Raum zusammen- könnte es schon sein, dass man das häufger nutzt, arbeiten können. Eine Gefahr bei all diesen Vortei- das ist schwer vorherzusagen. Eine Gefahr könnte len ist, dass junge Menschen die Realität und den sein, dass Leute, die sowieso schon introvertiert sind, virtuellen Raum schnell vermischen und immer sich noch mehr zurückziehen. Es ist leichter sich in mehr Konfikte in die virtuelle Welt übertragen wer- der digitalen Welt zu bewegen, als in der echten Welt. den. Dennoch glaube ich, dass das Metaversum Vielleicht gehen manche dann gar nicht mehr aus eine Technologie ist, die wir auch zukünftig und dem Haus.« langfristig immer häufger sehen werden.« Interview von Christiane Geithner Interview von Annika Pezold 16
»DAS INTERAKTIVE FINDE ICH SPANNEND« Ben Görsch Student Human Resources Management »Wenn es um das Metaverse geht, dann muss ich sagen, dass ich selbst noch nicht so viele Berührungspunkte damit hatte. Einige Artikel habe ich darüber schon gelesen, aber selbst daran arbeiten oder spielen konnte ich bis jetzt noch nicht. Es wird gesagt, dass es das nächste›große Ding‹ sein soll und dass Face- book respektive Meta gerade daran arbeitet, es massentauglich zu machen. Menschen sollen aus der wirklichen Welt in die virtuelle Welt füchten können, um dort ihren Alltag im ›Metaverse‹ zu leben oder Computerspiele miteinander zu spielen. Gerade das Spielen hat mich am Anfang besonders gereizt, es sind einige spannende Games auf dem Markt. So wie das Spiel ›Blade and Sorcery‹, in dem man sich frei in der Spielumgebung bewegen kann. Das Interaktive daran und die vielen Bewegungen, die man selbst macht, fnde ich persönlich sehr spannend. Daraufhin wollte ich mir auch eine VR-Brille kaufen, um es mal selbst auszupro- bieren. Leider wurde mir vom Verkäufer gesagt, dass momentan sämtliche Brillen ausverkauft sind. Deswegen habe ich mich dann nicht mehr weiter mit dem Thema auseinandergesetzt. Dass es das nächste ›große Ding‹ sein soll oder dass es gar die Zukunft ist, kann ich mir nicht vorstellen. Dafür leben wir noch zu sehr in der wirklichen, der realen Welt.« ) Interview von Alexander Ngyuen 17
CAMPUS Fremde Kulturen Von Achim Vogel Der neue Studiengang wird sich aus ver- schiedenen fachlichen Perspektiven mit kennen der Analyse und Erklärung kultureller Phänomene beschäftigen. Die Erschlie- ßung von grundlegendem kulturtheore- tischen Wissen soll dabei ebenso gelehrt werden wie die Vermittlung von praxis- lernen relevanten Kenntnissen über Religion, politische Ordnungs- und Handlungskul- turen, Kulturgüterschutz in Friedens- und in Kriegszeiten sowie interkulturelle Inter- aktionen und Austauschprozesse. Ursa- chen und Auswirkungen von Flucht und Migration stehen ebenfalls im Zentrum des wissenschaftlichen Interesses. Ein wichtiger Teil des Studiums wird eine grundlegende Sprachenausbildung der Studierenden sein, im ersten Studien- jahr zunächst in Arabisch und Französisch, danach vertiefend in einer der beiden Spra- chen. Durch eine Vielzahl von Angeboten in relevanten Ländern, wie internationa- len Summer-Schools, Sprachkursen, Prak- tika und Auslandstrimestern können die Sprachkenntnisse angewandt und ausge- Im Herbst 2022 startet an der baut werden. Im Master-Studium haben Fakultät für Staats- und Sozial- die Studierenden zudem die Möglichkeit, sich auf einzelne Regionen und Themen zu wissenschaften ein neuer Stu- spezialisieren. diengang: Kulturwissenschaften. Der Studiengang Kulturwissenschaf- Seine regionalen Schwerpunkte ten ermöglicht den Erwerb wichtiger Fer- liegen auf Europa, Nordafrika tigkeiten und Kenntnisse für eine Lauf- bahn bei der Bundeswehr. Diese sind nicht und dem französischsprachigen nur bei Auslandeinsätzen, sondern auch Subsahara-Afrika. Der Studien- hinsichtlich einer immer bedeutenderen sicherheitspolitischen Zusammenarbeit gang wird als Bachelorstudium und Vernetzung wichtig. mit konsekutivem Masterstu- dium eingerichtet. 18
Ein Interview mit Prof. Robert Langer, Professur für Kulturwissenschaften mit Schwerpunkt Islam Der neue Studiengang Kulturwissenschaften wird sich mit einer der großen Religionen unserer Welt, dem Islam, beschäftigen. Welche Themenschwerpunkte sind hier von Ihrer Seite geplant? Im neuen Studiengang Kulturwissenschaften sollen grundlegende Kenntnisse über den Islam als kulturelles Phänomen vermittelt werden. Religion wird im Rahmen der Kulturwissenschaften, wie andere Domänen menschlicher Kultur auch, sowohl in ihrer kulturspezifschen Ausprägung wie auch als anthropologische Konstante be- handelt, die in allen menschlichen Kulturen nachweisbar ist. Dabei ist sowohl die his- torische Kontextualisierung wie auch die strukturelle Analyse zu leisten. Insofern beinhaltet der Studiengang eine Einführung in die Religionsgeschichte islamisch ge- prägter Kulturen und eine systematische Darstellung von Elementen und Strukturen islamischer Religiosität. Des Weiteren sollen die Wechselwirkungen zwischen ver- schiedenen Religionstraditionen, sowohl über den Islam hinaus mit anderen Religionen, wie auch innerhalb des Islam in den Blick genommen werden. In welchen Berufsfeldern können Studierende der Kulturwissen- schaften später eingesetzt werden? Gerade auch im Hinblick auf die Beschäftigung mit dem Thema Islam? Möglichkeiten bestehen im Journalismus, in Bildungs- und Beratungsinstitutio- nen sowie Behörden und natürlich in Forschung und Lehre. Speziell für islambezogen ausgebildete Akademikerinnen und Akademiker sind in den letzten Jahren einige neue Stellen in Sicherheitsbehörden und Ministerien, aber auch an zivilen Universitäten entstanden. Was macht das Studium der Kulturwissenschaften aus Ihrer Sicht so besonders? Das Studium vermittelt die Kompetenz, die Vielfalt, aber auch die konstanten Gemeinsamkeiten aller menschlicher Kulturen zu erkennen, zu beschreiben und zu analysieren. Das Besondere ist die Multidisziplinarität, die sowohl Fächer mit starkem Theorie- und Methodenbezug wie auch regionalwissenschaftliche Ansätze wie z.B. die Themen Nahostforschung, Kulturgeschichte und Afrikanistik fruchtbar mitein- ander vereint. ) Weitere Informationen zum Studiengang unter: www.unibw.de/kuwi 19
CAMPUS Vielfalt aktiv gestalten 20
Ob militärisch oder zivil, in Forschung, Verwaltung oder Lehre: Die Universität der Bundeswehr München ist durch die Vielfalt ihrer Beschäftigten und Studierenden geprägt. Mit einem Diversity-Audit setzt sie sich zum Ziel, den individuellen Hintergründen und Lebensgeschichten der Menschen gerecht zu werden und die Universität mit weiteren bedarfsgerechten Angeboten attraktiv für Stu- dium und Arbeit zu gestalten. Von Eva Olschewski Im November 2021 wurde die Universität der Workshops in den Auditierungsprozess ein- Bundeswehr München gemeinsam mit neun gebunden. Parallel zum internen Prozess weiteren Hochschulen zum Diversity-Audit fndet ein Austausch mit den anderen teil- des Stifterverbandes für die Deutsche Wissen- nehmenden Hochschulen statt. schaft e.V. zugelassen. Das partizipativ ange- legte Auditierungsverfahren erstreckt sich Die Bundeswehr gehört zu den Unter- über einen Zeitraum von ca. zwei Jahren mit zeichnern der Charta der Vielfalt für ein Abschluss des Zertifkats »Vielfalt gestalten« wertschätzendes Arbeitsumfeld, die und startet im Frühling 2022 mit einem Universität hat 2021 ein eigenes Leitbild Kickoff-Workshop. Chancengerechtigkeit und Diversität veröffentlicht: Leitwerte mit Leben füllen https://go.unibw.de/94 Von einem Diversity-Audit erhofft sich die Universität, bisherige Maßnahmen wei- terzuentwickeln und mit neuen Angeboten in einer übergreifenden Strategie mit Wir- kung in alle Universitätsbereiche zu vereinen. Der interne Auditierungsprozess wird von einer externen Auditorin, Prof. Katrin Hansen, begleitet. Von Seiten der Universität der Bun- deswehr München beteiligt sich eine Steue- rungsgruppe mit Mitgliedern aus der zivilen Gleichstellungsstelle, der Hochschulleitung und Präsidialabteilung sowie einem größe- ren Lenkungskreis am Audit. Die im Len- kungskreis repräsentierten, verschiedenen Statusgruppen der Universität werden über 21
CAMPUS 3 Fragen an Auditorin Prof. Katrin Hansen 1. Was ist Ihre Aufgabe als Auditorin der Wirtschaft im Rahmen des Diversity-Audits? und später an Die UniBw M hat ihre derzeitige Situation der Hochschule analysiert und sich konkrete Ziele gesetzt, um gemacht habe. ihren Umgang mit Vielfalt weiter zu verbessern. Dort habe ich Dabei werde ich sie als Auditorin methodisch, gemerkt, dass mit meiner Expertise als Diversity-Forscherin ein förderliches und mithilfe meiner langjährigen Erfahrung als Umfeld für die Mitglied von Hochschulleitungen und Auditorin Entwicklung von auch inhaltlich über die nächsten zwei Jahre Talenten nötig ist, das vielfältige Zugänge, Fähig- unterstützen. Wir werden uns in einer Gruppe keiten und persönliche Bedingungen berück- von wichtigen Akteuren und Akteurinnen zu- sichtigt, ermutigt und Chancen für alle Potenziale nächst mit dem Verständnis von Vielfalt ausein- öffnet. Ein solches Umfeld muss bedacht und andersetzen und den Sinn beleuchten, den Viel- aktiv, manchmal auch gegen Widerstände, ge- falt und einnachhaltiger Umgang damit für die schaffen werden. Ein Beispiel dafür ist die Talent- UniBw M mit ihrer Strategie und ihrer spezif- förderung der Westfälischen Hochschule, an der schen Kultur heute und in der Zukunft bedeuten. ich viele Jahre Vizepräsidentin war. Neben Unterschieden werden wir besonders auch und gerade Gemeinsamkeiten anschauen. 3. Worauf freuen Sie sich im Aus dieser Perspektive werden wir defnieren, Auditierungsprozess besonders? welche Ressourcen zur Zielerreichung nötig sind, Die UniBw M ist für mich eine besonders Meilensteine, Prozesse und Strukturen erarbei- interessante Universität, weil hier so viele Span- ten, die ein erfolgreiches Handeln und dessen nungen angelegt sind, die kreativ genutzt wer- Überprüfung zulassen. den können. Studierende unterschiedlichen Ge- schlechts mit akademischen Proflen und dabei 2. Welche Vielfaltsaspekte bringen engem Bezug zum Militär, entsprechender Aus- Sie aus Ihrer eigenen Vita selbst mit? bildung und Erfahrung, Universität und HAW Eine erste Antwort könnte sein, dass ich unter einem Dach, zivile und militärische Berei- eine kleine, weiße, alte, privilegierte cis-Frau che mit ganz unterschiedlichen Orientierungen, (Identifzierung mit dem biologischen, bei Geburt eine hervorragende, teilweise auch inter- bzw. zugeordneten Geschlecht, Anm. d. Red.) bin, mit transdisziplinäre Forschung, Mitarbeitende aus deutscher Staatsangehörigkeit, Beamtin und 60 Nationen, viele internationale Kooperationen wohnhaft in einer gemütlichen oberbayerischen – das ist doch Diversity pur! Ich bin gespannt, wie Kleinstadt. Hört sich eher langweilig an. Was wir das im Audit werden umsetzen können. ) aber meinen Zugang zu Diversity wirklich prägt, sind die Erfahrungen, die ich als Führungskraft in 22
WAS GEFÄLLT DER #UNIBWM? Hoher Besuch begeistert Ein hochrangiger Gast und ein spannendes Forschungsthema: Das beliebteste Instagram-Foto in den Herbst- und Wintermonaten zeigt mit 427 Likes den Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz, der sich an unserer Universität über die Pionierarbeit in der Weltraumforschung des dtec.bw- Projekt SeRANIS informierte. Fast genauso beliebt waren die winterlichen Impressionen der Bergtour der Studierendenjahrgänge Human Ressource Management 2021, die 425 Likes erhielten. Auf Platz drei reiht sich der Schnappschuss des aufblasbaren Weih- nachtsmanns ein (364 Likes), der für Weihnachtsstimmung auf dem Campus sorgte. ) Hier geht es direkt zum Instagram-Kanal der Universität: https://www.instagram.com/unibwmuc/ 23
CAMPUS »Wenn wir nicht mehr darüber reden, tut es keiner mehr« 24
Seit 2008 ist der Holocaust-Überlebende Abba Naor regel- mäßig zu Gast in Seminaren der Universität der Bundes- wehr München und beantwortet Fragen der Studierenden. Für den Historiker und Gastgeber Prof. Stephan Lindner »ein Geschenk für unsere Uni«. Von Christiane Geithner Abba Naor, geboren 1928 in Litauen, hat die sich auch regelmäßig Zeit, mit Studierenden Schrecken des Holocaust als Kind und Jugend- der Universität der Bundeswehr München licher erlebt. Nach Jahren im Ghetto und die zu diskutieren. Deportation ins KZ Stutthof bei Danzig über- stand er im KZ-Außenlager Kaufering V in Prof. Stephan Lindner, Professor für Utting am Ammersee schwerste Zwangsar- Wirtschafts-, Sozial- und Technikgeschichte beit, bevor er im Frühjahr 1945 auf den Todes- an der Fakultät für Staats- und Sozialwissen- marsch geschickt und schließlich am 2. Mai schaften, bietet im Rahmen von studium plus 1945 im oberbayerischen Waakirchen von der das Seminar mit dem Titel »Die KZ-Gedenk- US-Armee befreit wurde. Er emigrierte nach stätte Dachau: Auseinandersetzung mit der Israel, wo er noch heute lebt. Doch trotz der Geschichte des Nationalsozialismus am schmerzhaften Erinnerungen betrachtet er authentischen Ort« an. Bereits seit 14 Jahren Bayern als seine zweite Heimat. Für einige fndet es nun schon in Zusammenarbeit mit Wochen im Jahr macht er München zu sei- Abba Naor und der KZ-Gedenkstätte Dachau nem Lebensmittelpunkt und steht bayeri- statt. Dass Abba Naor in seinem hohen Alter schen Schulen für Zeitzeugengespräche über immer wieder für die Universität zur Verfü- den Holocaust zur Verfügung. Und er nimmt gung steht, ist für Prof. Lindner »ein großes Privileg« und »kann nicht hoch genug ge- schätzt werden«. Erinnerungskultur als Aufgabe für Offziere In diesen Wochenendseminaren be- schäftigen sich die Studierenden ausführlich mit dem Gedenken an die Opfer des Holocaust und der Entstehung und Pfege von KZ-Ge- denkstätten in Deutschland. Ein Besuch der Gedenkstätte Dachau mit Führung gehört genauso zum Seminarinhalt, wie eine inten- sive Auseinandersetzung mit Texten über die Gedenkstätten und Zeitzeugenberichten. Prof. Stephan Lindner und Abba Naor im Februar 2022 Diesen Teil des Seminars lebendig zu gestal- in München ten, gelingt Prof. Lindner vor allem durch die 25
Nach einer Führung über das Gelände der KZ-Gedenkstätte Dachau stellen die Studierenden Fragen an Abba Naor Teilnahme von Abba Naor. Mit seinen Semi- weise die Unmenschlichkeit, die ihm und naren möchte er eine Mischung aus wissen- allen anderen Opfern der NS-Zeit zu Teil wur- schaftlichem und empathischen Lernen er- den. Deshalb bin ich sehr froh und dankbar, möglichen. Die Studierenden sollen über das, dass ich die Gelegenheit hatte, ein Gespräch was sie im Seminar erfahren haben, gründ- mit einem der letzten, wenigen Zeitzeugen lich nachdenken. Besonders im Hinblick auf zu führen.« ihre Rolle als zukünftige Führungskräfte in der Bundeswehr erkennen Prof. Lindner und Aufrichtige Gespräche unter Erwachsenen Abba Naor die Bedeutung dieser Refektion. Naor sagt, er wolle erreichen, dass die Studie- Den Hauptunterschied zu den Schülerin- renden »die Wahrheit« mitnehmen aus solch nen und Schülern, vor denen er sonst spricht, einem Seminar. Nach einer pandemiebeding- sieht Naor natürlich im Alter und dem damit ten Pause fand im Februar 2022 wieder eines verbundenen Wissensstand. In den Schulen der Seminare in Präsenz statt. Zwar war die müsse er mit den Kindern anders umgehen, Gruppe der zugelassenen Teilnehmenden aus um sie nicht zu sehr zu belasten. Die Studie- Vorsichtsmaßnahmen noch kleiner als ge- renden seien erwachsene Männer und Frauen, wöhnlich, nur 14 statt 25 Studierende, doch die ihm Fragen »zur Sache« stellen und auf- dies führte laut Naor auch zu einer besonde- richtige Antworten erwarteten. »Die Studie- ren Atmosphäre an diesem Wochenende: renden wissen mit Sicherheit mehr als ich, »Die Gruppe war etwas Besonderes.« denn ich war auf keiner Universität, nicht ein- mal auf dem Gymnasium.« Die Offenheit mit In den Evaluationen zu den Seminaren der die Studierenden ihm begegneten und werde das Gespräch mit Abba Noar als her- die gute Vorbereitung gefallen ihm jedes Mal ausragend bewertet, sagt Prof. Lindner. Dies sehr. Lange hatte Abba Naor sein Schicksal bestätigt Janine Paulus, Psychologie-Studentin nicht einmal innerhalb seiner Familie thema- an der Universität und Teilnehmerin des Semi- tisiert. Er lebte mit seiner Frau, zwei Kindern nars: »Das Gespräch mit Herrn Naor war sehr und später fünf Enkelkindern in Israel und eindrucksvoll und bewegend und defnitiv war nur darauf bedacht, mit seiner Familie ein das Highlight des Seminars. Seine Lebensge- friedliches Leben zu führen. Doch als er etwa schichte ist kaum vorstellbar, beziehungs- 60 Jahre alt war, erreichte ihn die Anfrage 26
Abba Naor einer bayerischen Schule. Sie führte dazu, dass er nun seit über 30 Jahren Zeitzeugengesprä- Geboren am 21. März 1928 in Kaunas, Litauen, wurde che anbietet. Was ihn antreibt, ist seine Angst, Abba Naor zusammen mit seiner Familie als Dreizehn- dass die Erinnerung an den Holocaust verblas- jähriger in das dortige Ghetto deportiert. Sie lebten sen wird, sobald der letzte Holocaustüberle- auf engstem Raum mit stets zu wenig Essen und in bende verstorben ist: »Mir geht es darum, dass ständiger Angst. Sein älterer Bruder Chaim wurde von wir nicht verschwinden. Solange ich darüber der SS ermordet, weil er beim Versuch Brot zu bekom- rede, sind meine Familienmitglieder und alle men erwischt wurde. 1944 wurde die Familie getrennt anderen noch lebendig. Sie werden erst mit und in verschiedene Konzentrationslager geschickt. mir zusammen sterben. Jeder Überlebende Seine Mutter sowie sein jüngerer Bruder wurden in hat sicher seine eigenen Gründe. Es ist auch Auschwitz-Birkenau ermordet, er und sein Vater über- ein Stück Therapie für mich«, schildert Naor lebten als einzige Familienmitglieder und fanden sich seine Beweggründe. Er hoffe, die Seminare nach der Befreiung wieder. könnten auch dazu beitragen, dass die jungen Offziere lernen, in jeder Situation menschlich Abba Naor wurde für sein langjähriges Engagement zu bleiben: »Es ist das Minimum, Mensch zu bereits mit dem Bundesverdienstkreuz (2009) und bleiben, aber es ist manchmal eine schwere dem Bayerischen Verdienstorden (2018) ausgezeich- Aufgabe.« Für Naor ist die Arbeit mit den Stu- net. Er ist seit 2017 Vizepräsident des Internationalen dierenden der Universität der Bundeswehr Dachau-Komitees und Mitglied des Stiftungsrats für auch deshalb besonders wichtig, da diese jun- die Bayerischen Gedenkstätten. In der Laudatio zur ge Generation die nächsten Regierungschefs, Verleihung des Verfassungsordens des bayerischen die nächsten Außenminister, die nächsten Landtags, den er 2021 erhielt, hieß es »er personifziert Vertreter Deutschlands im Ausland stellen wie kaum ein anderer die Werte Versöhnung, Völker- wird. »Egoistisch gesehen, suche ich Freunde verständigung und Freundschaft.« für mein Land«, sagt Naor. Seine Erinnerungen hat er eindrücklich in einem Noch nie ein Seminar verpasst autobiografschen Buch verewigt: Wie wichtig Naor diese Erinnerungs- arbeit ist, lässt sich auch daran erkennen, dass er laut Prof. Lindner noch nie einen vereinbar- ten Seminartermin abgesagt habe. Nicht ein- mal, als dieser ungünstiger Weise auf den 60. Hochzeitstag mit seiner Frau fel. Sie habe ihn dann eben erst am Abend bekommen, schmunzelt der 94-Jährige über diese Anek- Abba Naor: dote. »Ich sehe es als unsere Pficht an, den »Ich sang für die SS. Stab weiterzutragen«, so Prof. Lindner, »Herr Mein Weg vom Ghetto Naor hat in seinem Leben so viel getan, seine zum israelischen ganze Generation, um die Erinnerung zu be- Geheimdienst« wahren. Jetzt ist es unsere Pficht weiterzu- Bearbeitet von Helmut machen.« ) Zeller. C. H. Beck Verlag, München 2014. 27
CAMPUS Die Leichtigkeit des Schreibens Von Bettina Herrmann Wer kennt sie nicht, die Angst vor der leeren Seite? Das Schreibkompetenzzentrum der Univer- sität der Bundeswehr München fördert das Ob es um die erste Haus- akademische Schreiben und bietet vielfältige arbeit, die Bachelorarbeit Beratungsangebote zu allen Bereichen des wissenschaftlichen Schreibens für Studierende, oder eine andere wissen- Promovierende, Lehrende und Mitarbeitende schaftliche Publikation geht, kostenlos an. Die Angebote umfassen indivi- duelles Coaching, Workshops, das Schreibcafé, der Anfang kann schwer- Schreibtage sowie speziell auf Nachfrage kon- fallen. zipierte Veranstaltungen in Präsenz oder im Online-Format. 28
Akademisches Schreiben ist anders Das Angebot des Der Begriff »akademisches Schreiben« Schreibkompetenzzentrums beschreibt die Art und Weise, wie im wissen- schaftlichen Kontext gearbeitet wird. Dabei Einzel- spielen zahlreiche Faktoren wie Sachlich- beratung keit, Objektivität, Quellenarbeit, Zitieren, For- schungsstand, Logik und einiges mehr eine Schreib- Work- große Rolle. Die dafür notwendigen Fähigkei- café shops ten werden im Verlauf eines Studiums nicht automatisch erworben, sondern müssen er- lernt und geübt werden und dabei können die Online- Schreib- Angebote des Schreibzentrums unterstützen. Leitfäden tage Seit knapp drei Jahren gibt es das Schreibkompetenzzentrum, das an das Wei- terbildungsinstitut casc angegliedert ist. Alle ✒ Lesetechniken Angebote werden von Beraterinnen und Be- ✒ Verständlich und trotzdem wissenschaftlich ratern durchgeführt, die einen akademischen argumentieren Hintergrund sowie eine Ausbildung im Be- ✒ Die erste schriftliche Ausarbeitung im Studium reich des wissenschaftlichen Schreibens ab- ✒ Einführung in LaTeX solviert haben. Auf der Website des Schreib- kompetenzzentrums der Universität können ✒ Empirische Forschungsmethoden für das jeweils aktuelle Trimester alle Ange- ✒ Prokrastination und Schreibblockaden bote für Studierende und Promovierende eingesehen werden. Aushänge in der Univer- ✒ Sicherer Umgang mit Zitaten und Paraphrasen sitätsbibliothek und vor dem Audimax infor- ✒ Kreative Schreibtechniken mieren über die Veranstaltungen. Flyer liegen ✒ Englischsprachige Angebote wie »Giving oral am Infodesk der Bibliothek sowie in den Räu- Presentations« und »Academic Writing« men der Psychologischen Beratungsstelle u.v.m. aus. Zeitnah zu jeder Veranstaltung wird eine Erinnerungs-E-Mail versendet, auf die eine Anmeldung erfolgen kann. Alle Infos zum Das Team des Schreibkompetenzzen- Schreibkompetenzzentrum: trums möchte den Teilnehmenden in allen https://go.unibw.de/95 Belangen des wissenschaftlichen Schreibens zur Seite stehen und freut sich über Anregun- gen und Feedback. Gemeinsam erarbeiten wir bei Problemen einen Lösungsansatz, denn: »Schreiben ist leicht, Kontakt: man muss nur die falschen Bettina Herrmann Tel.: +49 89 6004 2388 Wörter weglassen!« bettina.herrmann@unibw.de Mark Twain 29
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