COP26 IN GLASGOW: GEMISCHTE BILANZ - WKO
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Öko+ ENERGIESTEUER Der EU-Vor- KLIMASCHUTZ schlag im Detail. Konferenz in Glasgow. NEUE FÜHRUNG Das Fachmagazin für Ökonomie + Ökologie 4 2021 www.wko.at/oekoplus Jürgen Streitner im Interview. COP26 in Glasgow: gemischte Bilanz Fit for 55: CO2-Pkw, Infrastruktur für alternative Kraftstoffe, Flugzeugkraftstoffe, Energiesteuer.
Inhalt 22 Energieausblick zwischen Versprechen, Tat und Ziel Die Internationale Energie- 38 Kreislaufwirtschaft: eine runde Sache Klimaziele 2050 hängen auch an agentur präsentiert ihren effektiver Kreislaufwirtschaft: 3 Editorial von Jürgen Streitner World Energy Outlook. Cradle to Cradle-Standard. Investieren in den Klimaschutz 24 Zukunft, Öl und 40 Erfolgsrezepte für klimafreund 4 Mitten im Geschehen Zweckoptimismus liche Lebensmittelproduktion Der neue WKÖ-Abteilungsleiter Die OPEC sieht die Zukunft der Greenfoods-Ausbildung lässt Jürgen Streitner im Einstands Ölwirtschaft längerfristig Betriebe bei Energieeffizienz nicht interview mit ÖKO+. gesichert. allein. 10 COP26: Trotz Fortschritten 26 BDI: Ein Wirtschaftspro- 42 Erdsondenfeld als Wärme- und mehr Ambition notwendig gramm für Klima und Zukunft Kältequelle für Naturkosmetik Die Bilanz zur Klimakonferenz in Ein Programm der Deutschen Am Ringana-Campus dient ein Glasgow fällt gemischt aus. Industrie zeigt gangbare Wege Erdsondenfeld als primäre zur Klimaneutralität. Wärme- und Kältequelle. 12 Green Deal mit voller Kraft voraus 28 Steigende Energiepreise 44 Wärmespeicher: Nach Fit for 55 läuft der erfordern Schutz für die Giganten im Untergrund EU-Gesetzgebungsmotor 2022 Industrie Pilotprojekt von AEE zeigt enormes weiter auf Hochtouren. Die WKÖ fordert Entlastungs- Potenzial von Wasser als Energie- maßnahmen für energieinten- speicher. 14 CO2-freie Autos bis 2035 sive Industriebetriebe. Der EU-Vorschlag zu CO2- 46 digi-Cycle – Anreiz zum Sammeln Standards in Pkw und leichten 30 Fit für 100% grünes Gas Handy-App als Incentive zum Nutzfahrzeugen hat es in sich. Die Transformation der Sammeln von Getränke Gasversorgung zu klimaneut- verpackungen. 16 Infrastruktur für alternative ralem Wasserstoff und Kraftstoffe ist stark auszubauen anderen grünen Gasen läuft. 48 Zitate und Kurzmeldungen Ein EU-weites Netz an Tank Jürgen Roth, Vorstand der eFuel stellen und Ladestationen ist ein 32 Umweltaktion Alliance: E-Fuels wirken auch wichtiger Baustein. wird Programm kurzfristig CO2-reduzierend. Das achte EU-Umweltaktions- 18 Kerosin wird nachhaltig programm steht vor der 50 Zweites EuGH-Urteil zum Sustainable Aviation Fuels: Fertigstellung. Wiener Feldhamster Neue Verordnung für nachhaltige Das Europäische Gericht schärft Flugkraftstoffe. 34 Luft nach oben beim Schutz des Lebensraums Luftqualität: die neuen nach. 20 EU-Energiebesteuerung WHO-Guidelines, die EU-Pläne wird ökologisiert und die Stimmung in der 52 EL-MOTION 2022 – Der EU-Vorschlag hat Aus Wirtschaft. Save the date: 26.-27.1.2022 wirkungen auf österreichische Der Fachkongress zur Elektro Steuern und Abgaben. 36 Neue Förderungen für die mobilität in Wien. Klimaneutralität Die UFI verbreitert ihre Förderpalette, der KLIEN fördert Energiegemein schaften.
Allein für die Investitionen in die Erneuerbaren- produktion plus die dafür notwendige Netzinfrastruk- tur sind bis 2030 nach unseren Berechnungen mindes- tens rund 70 Milliarden Euro notwendig, um das zu schaffen. Das sollte Österreich schleunigst anpacken! Österreich muss seine Treihaugasemissionen bis Ende 2030, innerhalb der nächsten neun Jahre, fast halbieren. Um diese Herausforderung zu meistern, ist ein breiter Instrumentenmix in der Energie-, Verkehrs- und Standortpolitik nötig. Der Fokus auf eine CO2- Bepreisung ist bedeutsam aber bei weitem nicht ausreichend. Sind die nötigen Voraussetzungen und die betriebswirtschaftlichen Dekarbonisierungsmög- Editorial lichkeiten nicht vorhanden, so führen steigende CO2-Preise nur zu einer finanziellen Belastung ohne Investieren Klimaschutzwirkung. Neue Finanzierungsmechanis- men und Fördermodelle sind nötig, um den Wandel in den Klimaschutz zu bewerkstelligen. Wenn wir unsere Ziele ernst nehmen, muss die Handbremse für Investitionen gelockert werden. Mit Zeithorizont 2030 sind zwar die erforderlichen Nach neun Jahren beruflicher Erfahrung in klimafreundlichen Technologien überwiegend unterschiedlichen Ministerien, zuletzt im Klima- bekannt, allerdings meist noch nicht wirtschaftlich, schutzministerium, durfte ich am 1.10.2021 die Leitung oder noch nicht in größerem Maßstab verfügbar. der Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik Dabei ist die Politik viel schuldig geblieben. Ein übernehmen. Mit ihr eine der spannendsten Aufgaben bereits angekündigter Dekarbonisierungsfonds als unserer Zeit: Mit der Wirtschaft und für die Wirtschaft „Transformationsvehikel“ für die Wirtschaft ist die Transformation in Richtung Klimaneutralität zu genauso entscheidend wie ein Investitionsrahmen für gestalten. Österreichs Unternehmen ermöglichen die grüne Gase, eine Wasserstoffstrategie wie auch das Transformation, bieten die nötigen Produkte und Thema CO2-Abscheidung und -Nutzung. Für die arbeiten intensiv an Dekarbonisierungsstrategien. Herausforderung Klimaneutralität braucht es nun Für die Umsetzung braucht es aber politische rasches, aber überlegtes Handeln, keinen Aktionismus. Unterstützung und fein austarierte Politikinstrumente, Die österreichischen Unternehmen sind Teil der um den Weg so zu gestalten, dass die Unternehmen Lösung und bereit, eine klimaneutrale Zukunft aktiv die Chancen dieses Wandels nutzen und ihre inter zu gestalten. Für den Erfolg sind entsprechende nationale Wettbewerbsfähigkeit gleichzeitig aufrecht- politische Rahmenbedingungen unverzichtbar – auch erhalten können. hier sollte Österreich nun Vorreiter werden, damit wir Die Herausforderung ist gewaltig und wird anhand die Chancen für unsere Wirtschaft nutzen! der zusätzlich benötigten Energiemengen deutlich: In dieser Ausgabe von ÖKO+ berichten wir wie Das österreichische Ziel 100 Prozent erneuerbarer gewohnt sowohl über aktuelle politische Themen als Strom bis 2030 bedeutet, dass ein Zubau von rund auch über Zukunftstechnologien, die wir für die 27 Terawattstunden aus Wasser, Wind, Sonne und Dekarbonisierung brauchen. Ich wünsche Ihnen Biomasse notwendig ist. Neben der Stromproduktion schöne und erholsame Feiertage sowie eine spannende sind dafür aber auch massive Investitionen in die Lektüre mit der neuen Ausgabe von ÖKO+! Leitungs- und Speicherinfrastruktur nötig. Im Bereich Wasserstoff sind konkrete Zielsetzun- gen noch ausständig, der aktuell fossil verbrauchte Mag. Jürgen Streitner Wasserstoff liegt bei rund 4,5 Terawattstunden. Wenn Leiter der Abteilung für Umwelt- und wir Wasserstoff auch in neuen Bereichen in der Energiepolitik in der WKÖ Industrie oder im Verkehr einsetzen wollen, werden wir darüberhinausgehende Mengen brauchen.
ÖKO+: Wie geht es Dir als Leiter der WKÖ-Abteilung Neue Führung für Umwelt- und Energiepolitik? Bist Du schon „angekommen“? Mitten im Jürgen Streitner: Mir geht’s gut. Ich fühle mich in der Fülle der Themen und Tätigkeiten sehr wohl. Es sind zwar erst einige Wochen, aber ich fühle mich mitten im Geschehen. In den ersten Wochen ist viel passiert: Die Geschehen AWG-Novelle wurde beschlossen und ein Gesetz über eine CO2-Bepreisung in Begutachtung geschickt. Darüber hinaus wird das UVP-Gesetz intensiv disku- Interview tiert, da ein Vorschlag für eine Novelle im Klimaschutz- ministerium in Vorbereitung ist. Das Klimaschutzminis- Der neue WKÖ-Abteilungsleiter Jürgen Streitner terium hat eine Arbeitsgruppe zur Verfahrenseffizienz übernimmt das Szepter vom langjährigen eingerichtet. Ich sehe das auch als einen Erfolg der Experten Stephan Schwarzer in einer Phase, Wirtschaftskammer. 4 wie sie intensiver nicht sein kann: Corona, Klimaneutralität, Green Deal, Fit for 55, UVP und Du erlebst gerade das Thema Generationswechsel Einwegpfand inklusive. hautnah mit, wie stehst Du dazu? ÖKO+ Fachmagazin für Ökonomie + Ökologie 4|2021 Einerseits geht es natürlich darum, das Bewährte mitzunehmen und auszubauen. Die Voraussetzungen dafür sind bestens, denn mein langjähriger Vorgänger Mag. Jürgen Streitner, Jahrgang 1984, Stephan Schwarzer hat mich sehr gut und rechtzeitig gestaltet seit 1.10.2021 als frischgebackener eingebunden. Andererseits bedeutet Generationswech- Abteilungsleiter eine wichtige Schaltstelle sel natürlich auch, dass man da oder dort andere Wege in der Wirtschaftskammer Österreich feder- geht, das gehört zwangsläufig dazu, alles gleich führend mit, die Umwelt- und Energiepolitik. weiterzumachen ist nicht der Sinn der Sache. Der diplomierte Betriebswirt an der Grazer Karl-Franzens-Universität mit Auslandsauf- Deine bisherige Tätigkeit war klima- und energiefokus- enthalten in Polen, Thailand und den USA kommt ursprünglich aus dem Traineepro- siert. Jetzt umfasst Dein Spektrum die gesamte Umwelt- gramm der Industriellenvereinigung. Nach politik wie Abfall, Wasser, Luft, Chemie, Biodiversität, zwei Jahren wechselte er ins Wirtschafts Anlagenrecht und vieles mehr. Wie geht es Dir mit diesem ministerium, wo er zunächst die Task Force riesigen Strauß an neuen Themen? Klima übernahm, bevor er Leiter der Das war für mich ein wichtiger Grund, die Herausforde- Abteilung Nachhaltige Wirtschaftsentwick- rung in der WKÖ anzunehmen. Die Breite der Themen lung und Klimapolitik im Wirtschaftsministe- in dieser Abteilung ist sehr spannend. Ich komme von rium wurde. Zuletzt leitete er die Grundsatz- der Energie-Seite, und ich merke einfach, dass es abteilung Energiewende und Sektorkopplung im Klimaschutzministerium (zuvor Nach zwischen all den Themenbereichen Zusammenhänge haltigkeitsministerium). gibt, die wir im Sinne eines effizienten Transformations- pfades mitbetrachten müssen. Jetzt sehe ich beispiels- weise noch deutlicher, wie wichtig effiziente und beschleunigte Genehmigungsverfahren sind, um eine eine Dekarbonisierung in diesem kurzen, aber notweni- gen Zeitrahmen zu erreichen. Maßnahmen am Weg zur Kreislaufwirtschaft sind nicht nur eine Frage von Ressourceneffizienz, sondern bieten auch große Potenziale zur CO2-Reduktion. Die Dinge hängen alle zusammen, mir gefällt es sehr, hier einen Gesamtüber- blick zu haben. Was kannst Du vom Wirtschafts- und späteren Nach haltigkeits- bzw. Klimaschutzministerium hierher in die WKÖ mitnehmen? Ein Ministerium ist ja auch ein eigenes Biotop. Mein Verständnis, wie Verwaltungsabläufe funktionieren, wie ein Ministerium tickt, das ist etwas, was ich mitnehmen
„Ein Ministerium ist ja auch ein eigenes Biotop.“ gungsverfahren. Wir müssen darauf achten, dass wir die Interview Zielerreichung nicht durch Technologiebeschränkun- gen unnötig verzögern: Bei neuen Technologien, wie beispielsweise CO2-Abscheidung und CO2-Wiederver- wendung oder auch bei der Anwendung von Wasserstoff sollte der Markthochlauf nicht durch massive Ein- schränkungen bei der Anwendung oder Anrechnung 5 erschwert werden. Auch im Verkehrssektor lohnt es sich, technologieoffen zu sein. Wir werden alle Techno- ÖKO+ Fachmagazin für Ökonomie + Ökologie 4|2021 logien brauchen, um in dieser kurzen Zeit klimaneutral zu werden. Die Wirtschaft bietet die Lösungen. Wir müssen gemeinsam mit der Politik kontinuierlich daran arbeiten, dass wir die Lösungen auch nutzen. Nur so kann. Dazu gehören auch die Menschen dort, meine können wir die ambitionierten Ziele auch erreichen. zahlreichen Kontakte, und das Wissen über die unter- schiedlichen Kulturen verschiedener Ministerien, in denen ich aufgrund mehrerer Regierungswechsel und Jürgen Streitner zu „Fit for 55“: Umstrukturierungen war (Anm.d.Red.: 2017 kam die „Gut ist, dass die Antwort auf Energiesektion des Wirtschaftsministeriums zum Umweltministerium, später unter grüner Führung die Frage nach dem ‚Wo wollen wurde dieses zum Klimaschutzministerium inklusive wir hin?‘ außer Streit steht.“ der Agenden für Verkehr und Infrastruktur). Ich denke, das hilft mir schon sehr bei der jetzigen Arbeit. Gibt es unter den „Fit for 55“-Dossiers ETS, Effort Gibt es eine Veränderung gegenüber Deinen früheren Sharing, CBAM, RED, EED ein für Dich aus Kollegen in den Ministerien? Wirtschaftssicht besonders auffälliges? Nein. Ich gehe davon aus, dass ich auch in meiner Den größten Diskussionsbedarf sehe ich bei einem neuen Rolle weiterhin gut mit dem Klimaschutzministe- CBAM (Anm.d.Red.: Carbon Border Adjustment rium zusammenarbeite, in einigen Bereichen hoffe ich Mechanism). Das ist ein komplett neues Instrument, für den Austausch auch zu vertiefen. das es kein Vorbild gibt. Die Idee an sich ist ja eine gute, durch Abgaben für Produkte an den Außengrenzen der Wir erleben gerade eines der größten Energie- und EU zu versuchen auch andere Länder zu mehr Klima- Klimapakete der EU aller Zeiten, den European Green schutz zu motivieren. Da gibt es allerdings auch viel Deal mit seinem Kernthema „Fit for 55“. Was findest Du Unsicherheit: Wie werden andere Staaten darauf daran gut, was weniger? reagieren? Gibt es Retorsionsmaßnahmen? Wie wird Wir leben in einer sehr spannenden Zeit, in der wir eine eine WTO-Konformität sichergestellt? Bietet ein CBAM Transformation des Energie- und Wirtschaftssystems in der vorgeschlagenen Form ausreichend Schutz gegen mitgestalten können. Gut ist, dass die Antwort auf die Carbon Leakage? Letztere Frage kann klar mit Nein Frage nach dem „Wo wollen wir hin?“ außer Streit steht beantwortet werden, da ein CBAM die Nachteile im – der Fokus muss nun klar auf der Umsetzung und den Wettbewerb bei europäischen Exporten nicht ausglei- Maßnahmen liegen. Und dabei gefällt mir weniger gut, chen kann. Gerade als exportorientiertes Land müssen dass Anspruch und Wirklichkeit noch weit auseinander- wir darauf ganz besonders achten. Besser wäre es für liegen. Die nötigen Maßnahmen sind noch nicht da, Klima und Wirtschaft, einen CBAM in einem Klimaklub damit die ambitionierten Ziele erreichbar sind. Allen mit anderen Wirtschaftsräumen zu forcieren, um die voran fehlen Maßnahmen für neue Finanzierungsme- Freerider im Klimaschutz einzufangen. Europa allein? chanismen und die Beschleunigung von Genehmi- Das wird eher schwierig werden.
„Ein CBAM kann die Nachteile im Wettbewerb bei europäischen Exporten nicht ausgleichen. Besser wäre es, einen CBAM in einem Klimaklub mit anderen Wirtschafts- räumen zu forcieren, um die Free rider im Klimaschutz einzufangen. “ Interview Der Erneuerbarenausbau hat in Österreich in den letzten zehn Jahren für viel Aufwand wenig Zuwachs ergeben. 6 Wie soll sich das neue EU-Ziel, das gerade von 32 auf 40 Prozent bis 2030 erhöht wird, ausgehen? Ich glaube, in den letzten Jahren ist ein Fehler passiert: ÖKO+ Fachmagazin für Ökonomie + Ökologie 4|2021 Der Fokus war bisher fast ausschließlich auf Strom gerichtet. Ja, hier gibt es noch viel Potenzial, das wir auch nutzen müssen, um die Elektrifizierung voranzu- treiben. Allerdings kenne ich kein Szenario, bei dem der Anteil von Strom auf deutlich über 50 Prozent kommt. Daher müssen wir mit klimaneutralen Gasen und Kraftstoffen auch die jetzt fossilen Moleküle dekarboni- sieren. 90 Terawattstunden Gasverbrauch sind nicht so „Wir brauchen Wasserstoff und leicht zu ersetzen: Wir brauchen Wasserstoff und grünes Gas, gerade in jenen Bereichen, die nicht elektrifizierbar grünes Gas, gerade in sind. Beides wurde bisher vernachlässigt. jenen Bereichen, die nicht elektrifizierbar sind.“ Du warst ja selbst als Ministeriumsvertreter bei einigen UN-Klimakonferenzen dabei, etwa auch in Paris 2015. Was erwartest Du Dir von der gerade laufenden COP 26 (Interviewdatum 10.11.2021) in Glasgow? internationalen Umfeld unter diesen Umständen sind. Jetzt gilt es in Glasgow die NDCs, die Nationally Wichtig wäre es, die NDCs vergleichbarer zu machen Determined Contributions erstmals nach Paris 2015 und vor allem auch einen Plan mit Maßnahmen nachzuschärfen. Nicht nur die EU, sondern alle mitzuliefern, wie man diese Ziele auch tatsächlich Vertragsstaaten sind aufgerufen, ein Update ihrer NDCs erreichen will. Daran hapert’s leider sehr. zu bringen. Deren Vergleichbarkeit ist aber leider kaum gegeben, und weder USA noch China haben bis dato Was planst Du für den Klimabereich in Österreich? starke Ambitionen zur Nachschärfung gezeigt, wie die Ich möchte in einen aktiven Dialog mit all jenen gehen, EU das mit 55 Prozent bis 2030 gemacht hat. China hat die bereit sind, etwas umzusetzen. Wir müssen uns angekündigt, keine Kohlekraftwerke im chinesischen faktenbasiert darüber unterhalten, was die Wirtschaft Ausland zu bauen. Indien möchte bis 2070 klimaneutral als Ermöglicher der Klimaneutralität beitragen kann werden. Diese Ansagen sind für uns zwar nicht voll und was wir dafür benötigen. Dialog und Verständnis kommen zufriedenstellend, aber immerhin kommen für verschiedene Seiten und Positionen sind ganz wir derzeit laut Internationaler Energieagentur auf zentral, ebenso ein Verständnis dafür was es für 1,8 Grad Temperaturerhöhung, bleiben also unter dem Klimaneutralität braucht: Angefangen von adäquaten 2-Grad-Ziel. Skeptisch bin ich aber deswegen, weil wir und neuen Finanzierungsmechanismen, etwa Carbon sehr viel über Zielsetzungen reden, aber die konkreten Contracts for Difference, wie sie in Deutschland gerade Maßnahmen ausbleiben. Das „Paris Agreement“ ist entwickelt werden und bei denen klimafreundliche darüber hinaus zu unverbindlich, und es gibt keine Technologien eine Chance bekommen gegenüber Sanktionen. Das wird auch so bleiben. Wir müssen in herkömmlichen Technologien wettbewerbsfähig zu Europa also weiterhin kritisch bewerten, wie exponiert werden. Wir müssen über internationale Energiekoope- die Wirtschaft und die Industrie Österreichs im rationen reden, auch in Zukunft werden wir einen
gewissen Anteil an Energie importieren müssen. Das Chancen sehe ich in der energetischen Sanierung: alles können wir nur gemeinsam im Dialog schaffen. Am Haustechnik, Digitalisierung, Energieeffizienz – also Ende des Tages sind es schließlich die ganz konkreten beim Management der Energieströme. Bei der Mobilität Projekte, die wirklich etwas beitragen. Dafür muss die darf man sich auf keinen Fall auf die reine Lithiumbat- Politik rasch Rahmenbedingungen entwickeln, damit terie, also die E-Mobilität beschränken. Die jetzt fossil Projekte entstehen, die uns helfen, rasch und verträglich betriebenen Verbrennungsmotoren in der Bestandsflot- zu sinnvollen Veränderungen zu kommen. te müssen wir auch dekarbonisieren, sprich E-Fuels und ähnliches einsetzen. Auch beim Schwerverkehr und bei den Schiffen werden wir andere Antriebsformen „Ich möchte in einen aktiven Dialog brauchen. Bei Wasserstofftankstellen sieht es in Interview Österreich noch schlecht aus, besser ist es bei den mit all jenen gehen, die bereit sind, Ladesäulen. Aber auch hier müssen wir konsequent etwas umzusetzen. Wir müssen uns Hemmnisse abbauen um die erforderte Infrastruktur in faktenbasiert darüber unterhalten, kurzer Zeit errichten können. was die Wirtschaft als Ermöglicher 7 Auch das Energieeffizienzgesetz (EEffG) kommt der Klimaneutralität beitragen kann unweigerlich als Novelle auf die Wirtschaft zu. und was wir dafür benötigen.“ Wo siehst Du die Knackpunkte? ÖKO+ Fachmagazin für Ökonomie + Ökologie 4|2021 Der größte Knackpunkt ist die Aufteilung zwischen strategischen Maßnahmen und einer Lieferantenver- Apropos Konflikt und österreichische Klimapolitik: pflichtung. Die jetztige Bundesregierung hat beschlos- Klimaschutzgesetz und Erneuerbare-Wärme-Gesetz sen, ein Lieferantenverpflichtungssystem auch weiter- inklusive Gasheizungsverbot bis 2035, wo stehen wir hin beizubehalten. Das ist zu respektieren, allerdings da gerade aus Deiner Sicht? liegen die großen Energeieffizienzpotenziale bei Wir drehen uns im Kreis, weil der faktenorientierte strategischen Maßnahmen. Denken wir an den öffentli- Zugang noch stark fehlt. Raus aus Gas in der Raumwär- chen Verkehr, an die Schieneninfrastruktur für Güterbe- me kann man postulieren, aber man muss sich insge- förderung etc. Das sind Maßnahmen, die nicht über die samt die Konsequenzen überlegen. 18 Prozent des Lieferantenverpflichtung erreicht werden. Das muss Gasverbrauchs gehen in die Raumwärme, der Rest wird über staatliche Maßnahmen, Infrastrukturausbau, von Gewerbe und Industrie verbraucht. Wenn man die Digitalisierung etc. passieren. Haushalte mit 900.000 Zählpunkten vom Gasnetz nimmt, erhöhen sich die Netztarife massiv. Das erschwert es übrigens auch, das grüne Gas in die Netze Jürgen Streitner zum EEffG: zu bekommen. Es braucht also hier dringend ein „Die jetztige Bundesregierung hat Gesamtkonzept, der Fokus auf Raumwärme ist zu kurz gedacht. beschlossen, ein Lieferantenver- pflichtungssystem auch weiterhin beizubehalten. Das ist zu respektie- Jürgen Streitner zum Gasheizungsverbot: ren, allerdings sind die großen „Raus aus Gas in der Raumwärme Energeieffizienzpotenziale ganz kann man postulieren, aber man sicher außerhalb des Lieferanten muss sich insgesamt die verpflichtungssystems.“ Konsequenzen überlegen.“ Die Energiepreise machen gerade heftige Bocksprünge Verkehr und Gebäude sind die Sorgenkinder der nach oben. Das beunruhigt die Menschen in Bezug heimischen Treibhausgasbilanz. Wie beurteilst Du auf Heizen und Mobilität. Wie siehst Du Österreichs die Maßnahmen der österreichischen Bundesregierung, Wirtschaft für diese Situation gerüstet? also die E-Mobilitätsförderung bzw. thermische Beim Anstieg der Energiepreise spielen die verschie- Sanierung und den Heizungstausch? Sind die richtigen densten Faktoren mit. Mitdenken müssen wir, dass die Schwerpunkte gesetzt oder fehlt etwas? Investitionen in fossile Energien zurückgehen und dies Bei der thermischen Sanierung haben wir die Förderun- in den nächsten Jahren zu verstärkter Preisvolatilität gen immer stark unterstützt, das Dotierungsvolumen ist führen wird. Aufgrund zurückgehender Investitionen mittlerweile auf einem guten Niveau. Noch mehr kann der Markt kann auch nicht mehr so flexibel
reagieren. Einerseits sind das ja richtige Signale, Wirtschaft einbinden, weil die Betroffenheit sehr breit andererseits hat es Auswirkungen auf die Wettbewerbs- ist. Ob das nun der Würstlstand oder die Gastronomie fähigkeit von Unternehmen, mit denen wir vor ein paar ist, das Kino oder der Fleischer oder der große Super- Jahren nicht gerechnet haben. Die Verfügbarkeit von markt: Überall wird es Einwegpfand-Flaschen oder erneuerbaren Energieträgern zu leistbaren Preisen muss -Dosen geben. Dafür müssen wir uns ein sinnvolles eine hohe Priorität haben. Kurzfristig sollte Unterneh- System mit Rückgabestellen überlegen. men die Möglichkeit gegeben werden, durch netzdienli- ches Verhalten Energiekosten zu sparen und dabei gleichzeitig einen Beitrag zur Energiewende zu leisten. Jürgen Streitner zum Einwegpfand: Man wird sich auch anschauen müssen, welche „Es wird nicht jeder Würstlstand Interview beihilfenrechtlichen Mittel zur Verfügung stehen, um in einer Hochpreisphase die Unternehmen zu unterstüt- Rückgabestellen einrichten können.“ zen. In erster Linie fällt mir die Strompreiskompensati- on ein, also ein Ersatz für die CO2-Kosten der Stromer- zeugung, die die Industrie zusätzlich tragen muss und Apropos Rohstoffe und Kreisläufe: Worauf sollte sich die 8 das sogenannte „indirekte Carbon Leakage“ verursa- österreichische Wirtschaft mit der neuen EU-Chemikali- chen. Diese Kompensation gibt es bereits in 15 EU- enstrategie vorbereiten? Ländern. In Österreich jedoch nicht. Ich hoffe, das wird Angefangen von der chemikalienrechtlichen Seite von ÖKO+ Fachmagazin für Ökonomie + Ökologie 4|2021 sich in Zukunft ändern. Auch die Energiesteuerrückver- Tattoofarben bis hin zur EU-Chemikalienstrategie mit gütung ist ein wichtiges Thema. Diese ist essenziell und den Kernelementen REACH und CLP bin ich von den sie zur Debatte zu stellen, ist nicht hilfreich für den starken Auswirkungen auf die unternehmerische Praxis Standort. – als bisher chemikalienpolitikferner Mensch – doch ein wenig überrascht. Bei den Desinfektionsmitteln Wie siehst du das Energieinstitut der Wirtschaft? während Covid ist das Thema auch sehr stark öffentlich Was planst Du für die Zukunft? geworden. Hauptanliegen muss es sein, die vielen KMU, Generell können wir an wissenschaftlicher Breite in die von dem Regelwerk betroffen sind, nicht zu überlas- Österreich durchaus zulegen. Das von der WKÖ ten und trotzdem den sicheren Umgang mit Chemikali- gegründete Energieinstitut der Wirtschaft (EIW) leistet en zu gewährleisten. dazu einen wertvollen Beitrag und macht eine gute Arbeit. Ich möchte einen Schwerpunkt setzen, diese Welchen Stellenwert räumst Du dem Thema Verfahrens- Arbeit noch besser unter die Leute zu bringen und so beschleunigung auf Deiner Agenda ein? dem Institut das Renommee zu geben, das es auch Verfahrensbeschleunigung hat einen sehr hohen verdient. Themen und Aufgaben gibt es genug, es gilt Stellenwert, inbesondere im Hinblick auf unsere das Institut stärker aufzustellen. Klimaziele. Ohne Genehmigungen können Unterneh- men die erforderlichen Investitionen nicht tätigen. Es Seit beinahe zwei Jahrzehnten bietet die WKÖ den geht nicht darum die Qualität zu schmälern, sondern Ausbildungslehrgang zum Europäischen Energiemanager bei hoher Qualität zu schnelleren Ergebnissen zu (EUREM) an. Was ist das Geheimnis dieses Erfolgs? kommen. Mit den derzeitigen Verfahrensdauern können Ich war beim Start des heurigen Lehrgangs dabei. wir die Klima- und Energiewende sicher nicht stemmen. Auffällig ist, dass die Teilnehmer vor allem aufgrund Hier läuft uns die Zeit davon. von Empfehlungen der Alumnis zu uns stoßen. Das zeugt davon, dass der EUREM einen sehr guten Ruf hat. Die Vortragenden haben ein hohes Niveau und das Jürgen Streitner zur UVP: Energieeffizienzthema ist für Unternehmen ein „Es geht nicht darum die Qualität zu wichtiges. Es ist ein Thema, bei dem die Unternehmen bereit sind zu investieren, weil es auch Kosten spart. schmälern, sondern bei hoher Qualität zu schnelleren Ergebnissen Zum Thema Abfallwirtschaft: Nach einigem Hin und Her zu kommen.“ wird es nun doch ein Einwegpfand im AWG geben. Worauf ist bei der Ausgestaltung Deiner Meinung nach zu achten? Die AWG-Novelle beinhaltet eine Mehrwegquote und Der Schutz der Biodiversität gilt neben der Bekämpfung zusätzlich ein Einwegpfand ab 2025. Das ist ein Faktum. des Klimawandels als die Herausforderung des 21. Im nächsten Schritt müssen wir gemeinsam mit der Jahrhunderts. Beide Ziele stehen oft im Widerspruch Politik ein System entwickeln, das eine praktikable zueinander, stehen sich im Weg. Wie kann man diesen Umsetzung ermöglicht. Die Politik muss die gesamte Knoten lösen?
Interview 9 ÖKO+ Fachmagazin für Ökonomie + Ökologie 4|2021 Letztlich geht es um eine Vereinbarkeit von ökonomi- scher Nutzung und Schutz der Biodiversität, deren Notwendigkeit niemand hinterfragt. Das Verhältnis zum Klimawandel ist gar nicht so leicht zu durchleuchten, weil Klimawandel ein globales Phänomen ist, Biodiver- sität hingegen tendenziell ein regionales. Grundsätzlich sollten Listen von geschützten Arten auch änderbar sein. Wenn eine Art nicht mehr schützenswert ist, soll sie auch gestrichen werden können. Und natürlich haben wir im Genehmigungsalltag das Problem, dass ein Windrad nicht gebaut werden darf, weil es eine bestimmte Vogelart gefährden soll. Damit müssen wir arbeiten und einen Ausgleich finden. Klimaneutralität in Österreich 2040, wie stehst Du dazu? Das Ziel ist äußerst ambitioniert. Damit wir auch nur eine Chance haben dies zu erreichen, müssen wir uns in Österreich zunächst strukturell besser aufstellen. Die Zusammenarbeit zwischen den Ministerien, zwischen Bund und Ländern muss gestärkt werden, und es braucht eine gemeinsame Strategie wie und mit welchen Maßnahmen wir die Transformation wirtschaftlich verträglich umsetzen können. Was Du immer schon sagen wolltest? Ich hatte einen angenehmen Start in meine neue Herausforderung in der WKÖ. Das tolle Team der Abteilung hat mich sehr freundlich aufgenommen und ich schätze die hohe Expertise. Das Vertrauen der WKÖ-Leitung unterstützt mich dabei, unsere Anliegen aufzuzeigen und auch umzusetzen. Sehr spannend finde ich Kontakte mit unseren Mitgliedern, um zu verstehen, was die Bedürfnisse der Unternehmen Mag. Axel Steinsberg MSc (WKÖ) in der Praxis wirklich sind. Letztlich wollen wir einen axel.steinsberg@wko.at attraktiven Wirtschaftsstandort mitgestalten und gleichzeitig den Umwelt- und Klimaschutz vorantreiben.
Coverstory 10 ÖKO+ Fachmagazin für Ökonomie + Ökologie 4|2021 N Klimakonferenz ach knapp zwei Jahren Pause wurden von 31. Oktober bis 12. November 2021 (offizielles Ende war nach Verlängerung der 13. November) wieder COP26: Trotz intensive Klimaschutzverhandlungen auf globaler Ebene geführt. Im schottischen Glasgow wurden bei der 26. Fortschritten mehr Klimakonferenz (COP26) durchaus wichtige Schritte in Richtung Erreichung der Ziele des Pariser Klimaschutz- Ambition notwendig abkommens gesetzt. Verlängerung der Konferenz war notwendig Nachdem am Freitagnachmittag zahlreiche Länder Die Bilanz zur COP26 in Glasgow fällt gemischt noch immer unterschiedliche Ansichten zu einer Reihe aus: Regeln für CO2-Markt festgelegt, Zusagen wichtiger Themen zum Ausdruck brachten, ging die großer Staaten gemacht. Aber: Ausstieg aus COP in die Verlängerung. Die Verhandlungen gingen bis Kohleverstromung nicht gelungen, und Europa Samstag intensiv weiter. Das endgültige Glasgow-Paket bleibt als globaler Vorreiter allein. wurde schließlich auf der Abschlussplenarsitzung am Samstagabend nach weiteren informellen Gesprächen final angenommen. Einer der größten Knackpunkte war die Formulierung des Ausstiegs aus der Kohleverstro- mung. In letzter Minute wurde ein verwässerter Formulierungsvorschlag Indiens akzeptiert, der große Kritik hervorrief. Ein Phase-out wurde zu einem Phase-down der Kohleverbrennung. Nichtsdestotrotz konnte dadurch eine wichtige globale Einigung (knapp 200 Länder) erzielt werden. „Wir können nun glaubhaft sagen, dass wir die 1,5 Grad am Leben erhalten haben. Aber der Puls ist schwach. Er wird nur weiterschlagen, wenn wir unsere Versprechen einhalten und unsere Verpflichtun- gen in rasches Handeln umsetzen“, sagte Alok Sharma
40 Staaten), bekannten sich 30 Staaten und unter anderem 6 Automobilhersteller zu einem Ende des Verbrennungsmotors 2035 für Pkw bzw. 2040 für Lkw. Auch Österreich unterstützte dieses Aus des Verbren- nungsmotors. Die Zusage widerspricht aus Sicht der Wirtschaft der angestrebten und auch notwendigen Technologieoffenheit und schränkt gleichzeitig Flexibilitäten zur Zieleerreichung ein. Alternative Treibstoffe wie E-Fuels oder Biokraftstoffe sollten nicht Coverstory ausgeschlossen werden. Sie werden für die Herkules aufgabe der Transformation sicherlich benötigt. Dies bestätigen auch zahlreiche Experten. Zugeständnisse wichtiger Wirtschaftsräume müssen auch halten Zu den erfreulichen Ergebnissen der Konferenz zählt 11 eindeutig, dass neben der EU auch andere wichtige Wirtschaftsräume Zugeständisse in Richtung Klimaschutz ÖKO+ Fachmagazin für Ökonomie + Ökologie 4|2021 machten. Denn klar ist, dass man dem Klimawandel nur gemeinsam begegnen kann. Die USA und China haben am Rande der Klimakonferenz eine gemeinsame Deklaration für mehr Klimaschutz veröffentlicht. Indien bekannte sich zur Klimaneutralität bis 2070. Diese Ankündigungen sind jedoch nicht verbindlich und werden an den konkreten (Präsident der COP26 und Minister of State im Cabinet Umsetzungsmaßnahmen zu messen sein. Office von Boris Johnson) auf der Abschlussplenarsit- Europa als Vorreiter zung zusammenfassend. Es gibt leider noch immer zahlreiche Staaten, die Wichtige Fortschritte wurden erzielt Klimaschutz nicht ernst genug nehmen. Diesen müssen Nach jahrelangen Verhandlungen wurden in Glasgow aber wir Europäer zeigen, wie Klimaschutz als Innovations- auch die Regeln für internationale Kohlenstoffmärkte motor wirken und die Wettbewerbsfähigkeit davon (Artikel 6 des Pariser Abkommens) und Regeln für profitieren kann. Dann werden sie sicher dem Vorbild Berichtspflichten (Transparenzrahmen) der Vertragspart- Europas folgen. Bis dahin bleibt Europa mit seinen nerstaaten angenommen. Auch hier wurden erhebliche verbindlichen und mit Sanktionen verbundenen Kompromisse eingegangen und zuvor gezogene „rote Zielsetzungen weiterhin globaler Vorreiter. Linien“ von einzelnen Ländern überschritten. Bei den Regeln für internationale Kohlenstoffmärkte ging es u.a. Infos: COP26 (Link) in Glasgow um die Übertragung von Emissionsgutschriften des Kyoto-Protokolls in den neuen Pariser Mechanismus, der vor allem von der EU kritisch gesehen wurde. Bei den Transparenzregeln konnten nach langem Ringen wichtige Fortschritte erzielt werden (einheitliche Tabellen und Formate zur Emissionsberichterstattung und Emissions- messung). Zahlreiche Themen wie beispielsweise Fragen zur Klimafinanzierung blieben aber offen. Diese werden im Zentrum der nächsten COP27 in Ägypten stehen. Pledges: Versprechen, die nicht immer unumstritten sind Im Laufe der Konferenz haben zahlreiche Nationen auch verschiedenste Versprechen – so genannte Pledges – getätigt, die einen wesentliche Beitrag zur angestreb- Mag. André Buchegger (WKÖ) ten globalen Klimaneutralität leisten können. Neben der andre.buchegger@wko.at Reduktion von Methanemissionen, dem Stopp der Entwaldung (jeweils mehr als 100 Staaten) und dem Ausstieg aus der Verbrennung von Kohle (über
Jahr vorgelegten Vorschläge aus dem Paket „Fit for 55“ weiterhin große Bedeutung haben werden. Andererseits plant die Kommission weitere Initiativen. Beispielswei- se will sie einen Rechtsrahmen für die Zertifizierung der CO2-Abscheidung vorschlagen. Weitere Schritte hin zur emissionsfreien Mobilität sind ebenso geplant, bei- spielsweise durch eine Überprüfung der CO2-Emissions- normen für schwere Nutzfahrzeuge. Auch plant sie den Null-Schadstoff-Aktionsplan zur Verbesserung der Wasser- und Luftqualität voranzubringen, neue Vorschriften für den nachhaltigen Einsatz von Pestizi- den festzulegen oder die Kreislaufwirtschaft insgesamt voranzubringen. Dazu kommt ein Gesetzgebungsvor- schlag, in dem das Recht, Produkte reparieren zu lassen, anstatt sie zu ersetzen, gestärkt werden soll. 12 EK-Arbeitsprogramm Neben dem bereits vorgeschlagenen Klima-Sozialfonds wird die Kommission auch weitere Mittel mobilisieren Green Deal ÖKO+ Fachmagazin für Ökonomie + Ökologie 4|2021 und so die externen Finanzierungen für biologische Vielfalt verdoppeln. Grüne Anleihen werden ebenfalls mit voller Kraft eine immer wichtigere Rolle spielen – ein nachhaltiges Finanzwesen soll den Mittelpunkt der Aufbaumaßnah- voraus men der EU darstellen. Ebenso wird auf die jüngsten Energiepreissteigerungen Bezug genommen, mit der Schlussfolgerung, dass die EU ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen reduzieren muss. Nach dem Fit for 55-Paket im Juli läuft der EU- Gesetzgebungsmotor weiter auf Hochtouren: Im Mittelpunkt der Maßnahmen der EU-Kommission Klima-Dossiers, Green Finance, Kreislaufwirt- steht somit weiterhin die Klimaneutralität 2050 bzw. die schaft, Biodiversität, Wald und Waldprodukte, Umsetzung des neuen Klimaziels 2030. Diese Zielset- nachhaltige Produkte, Chemie, Pestizide, Wasser zung entspricht den Verpflichtungen des Pariser und Luft. Klimaabkommens – das europäische Fit for 55-Paket zeigt den Weg der Umsetzung in Europa. Insgesamt muss mit dem European Green Deal der Klimaschutz- zweck erfüllt und gleichzeitig ein für die Wirtschaft praktikabler und verträglicher Weg gegangen werden. Dabei spielen insbesondere der Wirtschaftsstandort D ie Europäische Kommission hat diesen Herbst wie Europa und der Erhalt internationaler Wettbewerbsfä- üblich ihr Arbeitsprogramm für das nächste Jahr, higkeit eine große Rolle. 2022 präsentiert. Darin sind die nächsten Schritte Beibehaltung festgelegter Grundsätze in Richtung eines grüneren, gerechteren, digital besser aufgestellten und resilienteren Europas – insbesondere Der von Ursula von der Leyen eingeführte „One-in-one- für die hoffentlich baldige Zeit nach Corona dargelegt. out“-Grundsatz in der Gesetzgebung wird weitergeführt: Konkret enthält das neue Kommissions-Arbeitspro- Dadurch soll sichergestellt werden, dass bei der Einfüh- gramm 42 neue politische Initiativen zu allen sechs rung unvermeidlicher neuer Belastungen diejenigen übergreifenden Zielen, darunter dem European Green verringert werden, die durch bestehende Rechtsvor- Deal (EGD). Hinzu kommen wie immer Vorschläge zur schriften im selben Politikbereich verursacht werden. Vereinfachung von Vorschriften (REFIT bzw. F4F Die Kosten für die Einhaltung der EU-Rechtsvorschriften „Fit for Future“), eine Übersicht der prioritär anhängigen sollen insgesamt transparenter quantifiziert und Maßnahmen sowie geplante Rücknahmen. systematisch in Folgenabschätzungen dargelegt werden, und Verwaltungskosten ausgeglichen werden. Eine Praktikabler European Green Deal und vielfältige Vorhaben bessere Rechtsetzung soll Nachhaltigkeit und den Die Kommission wird weiter daran arbeiten, Europa bis digitalen Wandel weiter fördern, indem der Fokus auf die 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent der Welt zu Grundsätze „Vermeidung erheblicher Beeinträchtigun- machen. Das bedeutet einerseits, dass die bereits dieses gen“ und „standardmäßig digital“ gelegt wird.
WKÖ-Überblick zum European Green Deal und seinen Dossiers Null Schadstoff Ziel Biodiversität Energie Klimaschutz Mobilität Kreislaufwirtschaft Nachh. Finanzierung Zero-Pollution Aktionsplan Biodiversitäts-Strategie Strategien für EU-Klimagesetz Strategie Smart and Kreislaufwirtschafts- Taxonomie-VO NEU NEU Sektorintegration sowie Sustainable Mobility aktionsplan NEU Wasserstoff Klimazielplan 2030 NEU Climate Delegated Act EU-Luftqualitäts-RL RL über strafrechtlichen Batterie-VO NEU KUNDGEMACHT ÜBERARBEITUNG Schutz der Umwelt NEU Strategie EU-Emissionshandelssystem 55 Ausweitung des 55 Renovierungswelle und (ETS-RL) Emissionshandelssystems Nachhaltige Environmental Delegated Nachhaltigkeits-Strategie Bodenstrategie NEU „Europäisches Bauhaus“ ÜBERARBEITUNG auf Transporte auf dem Produktinitiative NEU Act Chemikalien NEU Wasser, in der Luft, ENTWURF auf der Straße und EU Waldstrategie für 2030 EU-Energie-Infrastruktur- CO2-Grenzausgleichs- 55 Digitaler Produktpass für Gebäude Offenlegungs- REACH und CLP NEU Verordnung (TEN-E-V) Mechanismus (CBAM) NEU NEU Verpflichtungen ÜBERARBEITUNG ÜBERARBEITUNG NEU Coverstory CO2-Grenzwerte für PKW 55 „Right to repair“ Sechs Maßnahmenpakete Industrie-Emissions- Energieeffizienz-RL 55 Verordnung über 55 und leichte Nutzfahrzeuge Nachhaltigkeitsinfos von zum nachhaltigen Richtlinie ÜBERARBEITUNG Landnutzung und - Verordnung Produkten Finanzwesen ÜBERARBEITUNG Forstwirtschaft Legislativvorschlag ÜBERARBEITUNG Erneuerbaren-Energien-RL 55 (LULUCF-VO) NEU ÜBERARBEITUNG ÜBERARBEITUNG Richtlinie für den Aufbau 55 der Infrastruktur für Empowering the Consumer Energiebesteuerungs-RL 55 Lastenteilungs-Verordnung 55 for Green transition NEU alternative Kraftstoffe Gerechter Übergang ÜBERARBEITUNG ÜBERARBEITUNG ÜBERARBEITUNG Rechtsakt Strategien Green Claims 55 Klima-Sozial-Fonds Gebäude-Energieeffizienz- Aufbau Infrastruktur 55 Legislativvorschlag NEU (Social Climate Fund) 55 Teil des EU Fit for 55 Pakets, veröffentlicht im Juli 2021 RL alternativer Kraftstoffe VO Teil der Nachhaltigen Produktinitiative ÜBERARBEITUNG EU-Textilstrategie ReFuelEU Aviation – 55 NEU Just Transition Fund STATUS Entwurf innerhalb der kommenden 6 Monate angekündigt Gasmarktbinnenmarkt- Vorschriften (VO,RL, Dekarbonisierungspaket) Web-Link: WKÖ EU-Stenogramm Details zu den Rechtsakten sustainable aviation fuels NEU Abfallverbringung- Verordnung 13 ÜBERARBEITUNG Vorschlag Kommission veröffentlicht FuelEU Maritime – green 55 ÜBERARBEITUNG European maritime space Ratsposition veröffentlicht Methanemissionen NEU Legislativvorschlag Verpackungs-Richtlinie Parlamentsposition veröffentlicht (Überwachung/Meldung/ ÜBERARBEITUNG Ausarbeitung Post Euro ÖKO+ Fachmagazin für Ökonomie + Ökologie 4|2021 Prüfung) Trilog läuft 6/VI-Standards / Euro 7 ÜBERARBEITUNG Altfahrzeuge-Richtlinie Ökodesign-RL ÜBERPRÜFUNG/ Rechtsakt abgeschlossen bzw. Strategie veröffentlicht ÜBERARBEITUNG KONSULTATION Infos: Arbeits programm der Konkrete Bausteine für 2022 Kommission 2022 – Politisches Ziel: European Green Deal Link. Null-Schadstoff-Ziel Überarbeitung der Verordnung (EG) Nr.1272/2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (legislativ, einschließlich Folgenabschätzung, Artikel 114 AEUV, 2.Quartal 2022) Integrierte Wasserbewirtschaftung –überarbeitete Listen von Oberflächen- und Grundwasser- schadstoffen (legislativ, einschließlich Folgenabschätzung, Artikel 192 AEUV, 3. Quartal 2021) Überarbeitung der Richtlinie über EU-Luftqualitätsvorschriften (legislativ, einschließlich Folgenabschätzung‚ Artikel 192 AEUV, 3. Quartal 2022) Paket zu Klimaschutzmaßnahmen Überprüfung der EU-Vorschriften über fluorierte Treibhausgase (legislativ, einschließlich Folgenabschätzung, Artikel 192 Absatz 1 AEUV, 2. Quartal 2022) Überprüfung der CO2-Emissionsnormen für schwere Nutzfahrzeuge (legislativ, einschließlich Folgenabschätzung, Artikel 192 Absatz 1 AEUV, 4. Quartal 2022) Zertifizierungssystem für den CO2-Abbau (legislativ, einschließlich Folgenabschätzung‚ Artikel 192 Absatz 1 AEUV, 4.Quartal 2022) Kreislaufwirtschaft Initiative für das Recht auf Reparatur (legislativ, einschließlich Folgenabschätzung, 3. Quartal 2022) Kunststoffpaket Politischer Rahmen für biobasierte, biologisch abbaubare und kompostierbare Kunststoffe (nicht legislativ, 2. Quartal 2022) Beschränkung von Mikroplastik (nicht legislativ, 4. Quartal 2022) Maßnahmen zur Verringerung der Freisetzung von Mikroplastik in die Umwelt (legislativ, einschließlich Folgenabschätzung, Artikel 114 AEUV, 4. Quartal 2022) Farm to Fork Nachhaltiger Einsatz von Pestiziden -Überarbeitung der EU-Vorschriften (legislativ, einschließlich Folgenabschätzung‚ Artikel 192 Absatz 1 AEUV, 1. Quartal 2022) Politisches Ziel: Ein Stärkeres Europa in der Welt Internationales Engagement im Energiebereich Mag. Barbara Lehmann MA Neue Strategie für das Handeln im internationalen Energiebereich (nicht legislativ, 1. Quartal 2022) (EUREP WKÖ Brüssel) barbara.lehmann@eu.austria.be
Fit for 55-Dossier CO2-freie Autos bis 2035 Coverstory Die EU-Kommission hat neue CO2-Standards für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge vorgeschlagen – Steht der Verbrenner vor dem Aus? 14 ÖKO+ Fachmagazin für Ökonomie + Ökologie 4|2021 Mobilitäts-Dossiers von Fit for 55 Ende des Verbrennungsmotors Im Rahmen des European Green Deal soll die Energie- Das bedeutet also ein de-facto-Ende konventioneller und Klimagesetzgebung 2030 der EU umfassend Verbrennungsmotoren mit 2035, da ab diesem Zeitpunkt überarbeitet werden. Das EU-Klimagesetz bildet den alle neu zugelassenen Autos emissionsfrei sein müssen. politischen und rechtlichen Rahmen, um das übergeord- Dieser Punkt war in den Verhandlungen zur Vorlage des nete Ziel Klimaneutralität 2050 der EU bzw. der CO2- Vorschlages bis zuletzt noch sehr umstritten. Schluss- Reduktion von mindestens 55 Prozent bis 2030 zu endlich wurde aber in der Verordnung klargestellt, dass erreichen und den Weg dorthin vorzugeben. Im Maßnah- auch Biotreibstoffe oder E-Fuels keine Option für die menpaket „Fit for 55“ der EU-Kommission wurden auch Erreichung der Flottenziele darstellen. Eine entsprechen- für den Mobilititässektor zahlreiche Dossiers vorgelegt. de Option wurde zwar geprüft, fand aber am Ende keine Gemeinsam mit der Ausweitung des Emissionshandels Berücksichtigung im Rechtsakt. (EU-ETS) auf den Transportbereich sowie der überarbei- teten Verordnung über die Infrastruktur für alternative Das bedeutet, Hersteller können zwar ab 2035 noch Kraftstoffe sollen vor allem die strengeren CO2-Emissi- Verbrennungsmotoren produzieren, sie müssen aber onsnormen für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge den dann mit empfindlichen finanziellen Konsequenzen Übergang zur emissionsfreien Mobilität beschleunigen. (Ausgleich für Überschreitungsmenge) rechnen, da sie ihre Flottenziele nicht erreichen. Entgegen eigener CO2-Pkw-VO hat’s in sich Darstellungen rückt die Europäische Kommission hier Der Vorschlag der Europäischen Kommission zur von der Technologieoffenheit ab und zeichnet einen rein Überarbeitung der Verordnung betreffend CO2-Standards batterieelektrischen Weg der europäischen Mobilität vor. für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge hat es durchaus in WKÖ für Technologieoffenheit sich. Er enthält eine der größten Überraschungen aus dem „Fit for 55“-Paket – die Reduktion der durchschnitt- Aus Sicht der WKÖ wäre es sinnvoller, der Wirtschaft die lichen Emissionen von neuen Pkw ab 2030 um 55 Prozent Auswahl der Technologien zur Dekarbonisierung zu und ab 2035 um 100 Prozent gegenüber dem Stand von überlassen. Millionen Fahrzeuge werden rund um den 2021. Für leichte Nutzfahrzeuge sind es ab 2030 minus 50 Erdball noch länger eingesetzt, für sie würden nicht und ab 2035 minus 100 Prozent. fossile Energieträger rasch Abhilfe schaffen.
Review 2028 final festzulegen. Dies würde Flexibilitäten Infrastruktur spielt Schlüsselrolle für unvorhergesehene künftige Entwicklungen, wie Eine besondere Rolle bei der „Verkehrswende“ spielt ganz beispielsweise für den oben bereits angesprochenen klar die Infrastruktur und deren Ausbau. Dem Aspekt des unzureichenden flächendeckenden Ausbau der Lade raschen Infrastrukturausbaus sollte bei der Überarbei- infrastruktur ermöglichen. tung der Verordnung besondere Beachtung geschenkt Balance für Mobilität und Klima werden – nicht nur in der AFIR – Alternative Fuel Infrastructure Regulation (vgl. Beitrag Seite 16). Denn Wir treten dafür ein, dass bedarfsgerechte Mobilität unter ohne ausreichende Infrastruktur können weder die Berücksichtigung von Klimaschutz, Ressourceneffizienz Coverstory E-Mobilität noch alternative Kraftstoffe bzw. E-Fuels den und Versorgungssicherheit auch zukünftig sichergestellt notwendigen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten. wird. Es braucht eine wirtschaftlich erfolgreiche Mobilitätswende, um die ambitionierten Klimaziele zu Zielwert für 2035 zu überdenken erreichen, die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts zu Aus unserer Sicht wäre es daher sinnvoll, den Zielwert für sichern und die Versorgungssicherheit der Bevölkerung 2035 zu überdenken und erst im Rahmen der geplanten mit Gütern und Dienstleistungen zu erhalten. 15 Mag. André Buchegger (WKÖ) andre.buchegger@wko.at
ungefähr zu 1 Million Ladepunkten im Jahr 2025, 3,5 Fit for 55-Dossier Millionen im Jahr 2030 und über 11,4 Millionen im Jahr 2040 führen könnten. Infrastruktur Ladeleistung und Abstandsvorgabe: Die Zielvorgabe, dass pro batterieelektrischem Pkw bzw. pro leichtem für alternative Nutzfahrzeug 1 Kilowatt (kW) und pro Plug-in-Hybrid 0,66 kW Ladeleistung vorhanden sein muss, wird in Kraftstoffe stark Österreich bereits erfüllt, die Abstandsvorgabe auf dem Coverstory TEN-T-Netz jedoch noch nicht. Laut ASFINAG ist auszubauen aktuell eine durchschnittliche Entfernung von 80 Kilometern zwischen den Ladestationen gegeben, bis Ende dieses Jahres soll diese auf 65 km reduziert werden. Die für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge Die überarbeitete Verordnung über Infrastruktur geforderte Ladeleistung von 150 kW an mindestens 16 für alternative Kraftstoffe soll ein verlässliches einer Ladestelle pro Ladestation bzw. Ladepool (ist zu und EU-weites Netz an Tank- und Ladestationen einem großen Teil gegeben. Die Vorgabe von 350 kW für für emissionsfreie Fahrzeuge sicherstellen. Ein schwere Nutzfahrzeuge nur teilweise. ÖKO+ Fachmagazin für Ökonomie + Ökologie 4|2021 weiteres Element für 55 Prozent CO2-Reduktion bis 2030. Auswirkungen auf Stromnetz fehlen: Auffallend ist, dass kaum auf die Auswirkungen auf das Stromnetz einge- gangen wird. Nach einer groben Abschätzung der D ie EU-Mitgliedstaaten müssen im Rahmen des Zielvorgaben für das TEN-T-Kern- und -Gesamtnetz ist Pakets „Fit for 55“ den Ausbau der Lade- und zu erwarten, dass in Österreich rund 30 Ladepools mit Tankkapazitäten für alternative Kraftstoffe bis zu 600 kW für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge und vorantreiben. Alle 60 Kilometer soll es auf dem hochran- 3,5 MW für schwere Nutzfahrzeuge notwendig sein gigen Straßennetz Ladestationen für elektrische Fahrzeu- werden, zusätzlich vermutlich noch 5-10 Ladepools ge und alle 150 Kilometer Möglichkeiten zur Betankung in städtischen Knoten. Lediglich in den Erwägungs- mit Wasserstoff geben. Auch Flugzeuge auf Flughäfen gründen wird auf die Notwendigkeit der Netzstabilität (vgl. folgenden Beitrag auf Seite 18 zu Flugzeugkraft hingewiesen, die mit Smart Charging erreicht werden stoffen) und Schiffe in großen Häfen müssen Zugang zu soll, also mit dem Laden der Fahrzeuge bei geringem sauberem Strom haben. allgemeinem Strombedarf und niedrigen Energie preisen. Dies ist beim Laden daheim sicher die richtige Infrastruktur für alternative Kraftstoffe Vorgangsweise. Bei öffentlichem Laden ist es nicht Richtlinie wird zur Verordnung – AFID wird zur AFIR: vorstellbar, dass ein Kunde warten muss, bis das Netz Die EU-Kommission schlägt mit der novellierten „verfügbar“ ist. Gesetzgebung zur Infrastruktur für alternative Kraft- WKÖ zur Kraftstoffinfrastruktur-Verordnung stoffe (Englisch: Alternative Fuel Infrastructure Regulation, kurz „AFIR“) konkrete Ausbaupläne für Flexibilität bei Zielen und für Fahrzeugmenge Ladesäulen sowie für Wasserstoff- und LNG-Tankstellen passende Infrastruktur: Schon im Rahmen der vor. Die bestehende Richtlinie (AFID, D steht für EU-Konsultation hat sich die WKÖ klar gegen Directive) wird in eine Verordnung (AFIR) umgewan- verpflichtende Ziele ausgesprochen. Aus unserer delt, wodurch sie direkt in den Mitgliedstaat anzu Sicht sollte auf finanzielle Anreize und den Abbau wenden ist. Unter den alternativen Kraftstoffen wird der bürokratischer Hindernisse gesetzt werden. Die Schwerpunkt auf Strom und Wasserstoff gelegt – auch Errichtung der Infrastruktur muss mit der Anzahl für Nutzfahrzeuge. Jeder Mitgliedstaat muss hierfür der im Markt befindlichen Fahrzeuge korrelieren und eine bestimmte Netzabdeckung bei der Lade- sollte nicht davon losgelöst betrachtet werden. beziehungsweise Tankinfrastruktur erreichen. irtschaftliche Mobilität für alle Sektoren sicher W stellen: Bedarfsgerechte Mobilität muss unter E-Fahrzeuge – Mindestleistungsabgabe statt Mindestla- Berücksichtigung von Klimaschutz, Ressourceneffi- depunkte: Interessanterweise erwähnt der AFIR-Text zienz und Versorgungssicherheit auch zukünftig keine feste Mindestanzahl von Ladestellen, sondern nur sichergestellt werden. Es braucht eine wirtschaftlich Ziele für die Mindestleistungsabgabe. Das dazu erfolgreiche Mobilitätswende unter Einbindung aller veröffentlichte Transport-Factsheet der EU-Kommission Technologien, um die ambitionierten Klimaziele zu deutet darauf hin, dass die Bestimmungen in der EU erreichen, die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts zu
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