12/21 Schwerpunkt: Innovative Holzverwendung - zueriwald
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Inhalt ZÜRCHER WALD 2/2021 2 Innovative 4 Es braucht weitere Investitionen und Produktinnovati- Holzverwendung onen Michael Gautschi im Interview Neue 8 Ein kleiner Einblick in die komplexen Holzflüsse Produkte sind 10 Neue Sägetechnologie mit hoher Leistung Ronald & Daniel gefragt Tschopp 12 Was bringt den Schweizer Holzbau vorwärts? 4 im Interview Sandra Burlet 14 Die beste Option zur hochwertigen Verwendung von Schweizer Buchenholz Eric Müller und Stefan Vögtli im Interview 17 Innovative Holzenergie Andreas Keel 20 Neue Wertschöpfungskette in der Forst- und Holzwirt- schaft Ingo Mayer Mehr Win- 23 Herstellung von Pflanzenkohle Harald Fichtl terstrom aus 25 Schweizer Holz in Form Ruedi Weilenmann Wärme-Kraft- 26 Der Buchenholzbau Forstwerkhof Albisgüetli Willy Spörri kopplungsan- 28 Holzschnitzel statt Splitt Ruedi Weilenmann lagen 29 Tische aus dem eigenen Wald Güst Erni 30 Eine wehrhafte Oberfläche Ruedi Weilenmann 17 31 Innovative Holzverwendung im Forstrevier Rüti-Wald- Dürnten Noah Zollinger Waldschutz 34 Waldschutzsituation 2020 Urs Kamm Nutzungsstatistik 39 Der Borkenkäfer prägt die Holznutzung Markus Zimmer- mann und Nathalie Barengo Extraktions- Saison 42 Schneebruchschäden anlagen hochskalieren Waldlabor 43 Ernte der Hauschicht auf der Mittelwald-Versuchsfläche 20 Holzmarkt 46 Holzmarkt-Information Marco Gubser 49 Rückblick auf die Wertholzsubmission 2021 VZF 51 Traktanden der GV 2021 WaldZürich 51 Pflanzenkohle Abteilung Wald 55 Festsetzung der statischen Waldgrenzen im Kanton Zürich von höchster Qualität Forstkreise 56 Nachruf Ueli Bühlmann 23 Kurzmitteilungen 57 Agenda/Vorschau 59 Titelbild (l) Lagerplatz der Wertholzsubission 2021 in Regensdorf; Foto: ZürichHolz AG, Davis Ritter (r) Teil einer Pilotanlage zur Erzeugung von Holzextrakten; Foto: Berner Fachhochschule Biel
ZÜRCHER WALD 2/2021 Editorial Editorial 3 Holz ist momentan in der Schweiz sehr genmässig, sondern vor allem auch angesagt. Von Holzbrillen und Holzuhren wertmässig. Das heisst es werden immer über Holzvelos bis zu T-Shirts aus Bu- mehr höherwertige Hölzer/Holzsorti- chenholz und wiederverwendbaren Holz- mente eingeführt. Das sind jedoch nicht strohhalmen gelten Holzprodukte in allen etwa fertige Möbel oder Tropenholz. Das Variationen als trendig. Auch im unverän- grösste Wachstum ist beim Nadel- und dert florierenden Bausektor gewinnt das Laub-Stammholz zu verzeichnen. Davon Holz weitere Marktanteile. Fagus Suisse kommen 60- 90% aus Deutschland. Da konnte im letzten Jahr ihr Werk eröffnen fragt man sich an was liegt es: Ist es der und mit der Produktion von Laubholz- Preis, die Qualität oder die Lieferkondi- trägern und Balken beginnen. Im Kanton tionen? Zürich will der Regierungsrat und der Kantonsrat im neuen Energiegesetz den Die Holzindustrie ist auf innovative Ersatz von Heizungen und Boiler nur Projekte angewiesen, sei es im Bausektor, noch mit Einsatz erneuerbaren Energien im Energiesektor und in weiteren Indus- erlauben, hier wird die Holzenergie wohl triesektoren. Einige interessante Beispiele auch profitieren. werden in dieser Ausgabe vorgestellt. Wir müssen in der ganzen Holzkette Schweiz Doch spüren die Waldeigentümer als bereit und flexibel sein, um den Trend zu Holzproduzenten etwas von diesem innovativen Holzverwendungen nicht zu Trend? Die Nachfrage nach Holz ist verschlafen. Nur so können wir alle, bis leider mässig, der Preis oft noch mässiger. runter zum Waldeigentümer auch davon Das Käferholz muss meist fast verschenkt profitieren. werden. Die Nachfrage nach Qualitäts- Laubholz ist sehr heterogen. Res Guggisberg Kreisforstmeister Forstkreis 2 Das Jahrbuch Wald und Holz des BAFU weist seit 2011 Jahr für Jahr höhere Einfuhrüberschüsse aus, nicht nur men- Impressum Zürcher Wald 2/21 (April 2021) Redaktor 53. Jahrgang, erscheint jeden zweiten Monat Urs Rutishauser (ur), Forsting. ETH, IWA Stellvertretung: Felix Keller, Forsting. ETH, IWA Herausgeber / Verbandsorgan Herausgeber ist der Verband Zürcher Forstpersonal Gestaltung und Satz VZF; die Zeitschrift ist zugleich Verbandsorgan von IWA – Wald und Landschaft AG WaldZürich Verband der Waldeigentümer Adressänderungen und Abonnemente Trägerschaft an die Redaktionsadresse oder VERBAND ZÜRCHER VZF und WaldZürich sowie Abteilung Wald des Amtes www.zueriwald.ch FORSTPERSONAL für Landschaft und Natur, Baudirektion Kanton Zürich Inserate Redaktionskommission Fabio Gass, Hegnauerstrasse 10, 8604 Volketswil Fabio Gass, Präsident, Förster, Vertreter VZF Tel. 044 910 23 43, fabio.gass@volketswil.ch Markus Schertenleib, Vertreter WaldZürich Papier Hanspeter Isler, Forstwartvorarbeiter, Vertreter VZF Refutura FSC und Recycling Nathalie Barengo, Forsting., Vertreterin Abt. Wald Ruedi Weilenmann, Förster, Vertreter VZF Auflage Urs Rutishauser, Forsting., Redaktor Auflage 1‘300 Redaktionsadresse Druck IWA – Wald und Landschaft AG Mattenbach AG, 8411 Winterthur Hintergasse 19, Postfach 159, 8353 Elgg Online Tel. 052 364 02 22 E-Mail: redaktion@zueriwald.ch www.zueriwald.ch/zeitschrift
Innovative Holzverwendung ZÜRCHER WALD 2/2021 4 Es braucht weitere Investitionen und Produktinnovationen Im Rückblick erfahren wir, wie stark die Inlandproduktion der Holzindustrie im vergan- genen Jahrzehnt zurückging. Und wie kann dieser Trend gebrochen werden? Ein Interview mit Michael Gautschi, Direktor des Verbandes Schweizer Holzindustrie. (ur) Wie entwickelten sich die Verarbei- Bei den aktuellen Preisen ist die Holzernte tungskapazitäten der Schweizer Holz- jedoch längerfristig in Frage gestellt, positive industrie für Schnittwaren und Platten Marktsignale sind dringend nötig. in den vergangenen Jahren? Die Schliessung der Pavatex in 2019 hatte Vor 2011 betrug der langjährige Durch- einen dramatischen Einbruch der Indus- schnitt bei der Schweizer Schnittholzpro- trie- und Restholz-Verwertung zur Folge. duktion um die 1,5 Mio. m3 pro Jahr (total Als einziger Schweizer Plattenproduzent Nadel- und Laubholz), wobei es immer verbleibt die Swiss Krono in Menznau. Für grössere Schwankungen gab. Danach ging die Säger sind die Entwicklungen im Be- die Menge deutlich zurück. Seit 2012 be- reich der Restholzverwertung alarmierend. Michael Gaut- trägt die Schnittholzproduktion zwischen Letztes Jahr mussten einige Sägewerke ihre schi, Direktor 1,1 und 1,2 Mio m3. Der Rückgang hat Produktion zweitweise drosseln, weil die Holzindustrie verschiedene Gründe: Betriebsaufgaben Restholzlager überfüllt waren. Immerhin Schweiz (Domat/Ems 2010), Frankenstärke, bei wird immer mehr Sägerestholz zu Pellets einigen Holzarten auch Rohstoffmangel. verarbeitet. Dass der Einschnitt in den letzten Jahren stabil geblieben ist, haben wir einer ausge- Welche Rolle spielen Top-Rundholz- Bei den aktu- sprochen guten Baukonjunktur und einem qualitäten für die Schweizer Säger? ellen Preisen ausreichenden Rohstoffangebot zu verdan- Top-Qualitäten beim Stammholz sind nach ist die Holz- ken. Seit 2014 generiert die Holzindustrie wie vor gesucht, zum Beispiel für Fenster- ernte länger- fristig in Frage zudem Erlöse aus dem CO2-Senkenprojekt. kanteln, Fassadenlamellen oder Möbel. gestellt ... Diese schaffen Anreize, die Inlandproduk- Viele Bauteile, die früher aus hochwertigem tion auf einem hohen Niveau zu halten. Vollholz gefertigt waren, werden jedoch in 1000 m 3 bzw. in 1000 t Nadelschnittholz [m3] Spanplatten [ m3 ] Holzschliff [t] 1800 Laubschnittholz [m 3 ] Faserplatten [ m 3 ] Zellulose [t] 1600 1400 1200 1000 800 600 400 200 0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Quellen: BFS, Eidg. Holzverarbeitungserhebung; BAFU, Abteilung Wald Abbildung 1: Produktion von Schnittholz, Platten, Holzschliff und Zellulose 2005–2019. Quellen: BFS, Eidg. Holzverarbeitungserhebung; BAFU, Abteilung Wald Grafik 11.2: Produktion von Schnittholz, Platten, Holzschliff und Zellulose 2005–2019
ZÜRCHER WALD 2/2021 Innovative Holzverwendung 5 heute verleimt. Durch die Verleimung fallen einzelne Holzfehler nicht mehr so sehr ins Gewicht. Dadurch können Rundhölzer, die nicht top sind, trotzdem hochwertig verwer- tet werden. Ein gutes Beispiel ist Brettsperr- holz (BSP), das weltweit auf dem Vormarsch ist und auch in der Schweiz produziert wird. Da können in den Mittellagen problemlos auch C- und D-Qualitäten eingesetzt wer- den. Gebaut werden damit ganze Siedlungen und Hochhäuser! Ein Investitionsschub ist für die Schwei- Abbildung 2: Brettsperrholz (BSP) ist weltweit auf dem Vor- zer Leimholzherstellung festzustellen. marsch. In den Mittellagen können problemlos auch C- und – Welche Auswirkungen hat das auf die D-Qualitäten eingesetzt werden. Waldholznachfrage? Grundsätzlich sind Investitionen in die Die wohl wichtigste Voraussetzung für Leimholzproduktion positiv für den Wald, betriebliche Investitionen sind zuverlässige weil die Nachfrage nach rohen Lamellen Rohstoff-Lieferungen sowie dauerhaft steigt. Die zunehmende Verleimung ent- starke Absatzmärkte. Bezüglich Absatz ma- spricht den Bedürfnissen des Holzbaus nach che ich mir insgesamt wenig Sorgen, beim mehr Vorfertigung und standardisierten Rohstoff dagegen gibt es Fragezeichen. Wir Bauprodukten. Die Preise der Leimholz- stellen zwar einen hohen Holzanfall, aber lamellen sind aber in Folge der Importe einen stetigen Rückgang an sägefähigen Die zu- zurzeit sehr tief und können teilweise nicht Qualitäten fest. Damit stellt sich schon die nehmende Verleimung mehr kostendeckend produziert werden. Frage, inwiefern Mehrmengen tatsächlich entspricht den Die Leimholztechnologie ist auf Nadelholz in die Sägewerke fliessen könnten. Die Bedürfnissen kleiner Durchmesser ausgerichtet. Aus dem Holzindustrie ist sicher grundsätzlich bereit, des Holzbaus Schweizer Wald kommt jedoch immer mehr einen Teil der Mehrmengen aufzunehmen. nach mehr Vor- fertigung und Starkholz und Laubholz. Die Verleimung Um weitere Kapazitäten aufzubauen, wä- standardisier- von Starkholz ist möglich, birgt aber ge- ren je nach Betrieb neue Schichtmodelle in ten Baupro- wisse technische Probleme und vermindert Kombination mit Investitionen denkbar. dukten. die Ausbeute. Auch Laubholz kann zu Ein gewisser Engpass zeichnet sich beim hochfesten Bauteilen verleimt werden, siehe Fachpersonal ab. Auch aus diesem Grund Fagus Suisse. Aber wir sprechen hier von Ni- startet HIS diesen Frühling eine neue Berufs- schenprodukten. Die Leimholztechnologie werbekampagne. Investitionen in weitere kann daher nur einen Teil der Probleme im Sägelinien sind eine Option, sofern das Wald lösen. Es braucht Absatzmöglichkeiten nötige Kapital vorhanden ist. Oft schei- für alle anfallenden Sortimente. tern Ausbauprojekte jedoch am fehlenden Bauland oder an den Bauvorschriften. Und Aus dem Schweizer Wald kann und wenn mehr eingeschnitten wird, braucht soll mehr Holz geerntet werden, weil es Absatzmöglichkeiten für die zusätzliche damit der Wald gepflegt und klima- Seitenware und das Restholz. Da stockt es fit gemacht und die Waldleistungen momentan an den Märkten. Für nicht sä- sichergestellt werden. Wohin würden gefähige Qualitäten sowie für Sägerestholz diese Mehrnutzungen fliessen? Wäre könnten daher auch gänzlich neue Verwer- die Holzindustrie Schweiz gerüstet für tungsformen ein Thema werden, Stichwort Mehrnutzungen? Bioproduktewerke (siehe Schlussfrage).
Innovative Holzverwendung ZÜRCHER WALD 2/2021 6 m3 Die Steigerung der Schnittholzproduk- 180'000 tion wäre rein technisch möglich. Dann 165'000 163'000 müssten aber zusätzliche Absatzkanäle in 160'000 142'000 der Schweiz für alle anfallenden Sortimente 140'000 geschaffen werden, damit die Mehrmengen 118'000 120'000 nicht nur in den Export gehen. 100'000 Auch der Rückstand in der Weiterverarbei- tung des Schnittholzes ist bekannt, und ver- 80'000 schiedene Produzenten engagieren sich trotz 60'000 widrigen Marktbedingungen enorm, um die 40'000 Kapazitäten weiter zu erhöhen. So wurden in der Holzindustrie in den letzten Jahren 20'000 zahlreiche Ersatz- und Erweiterungsinvesti- 0 tionen getätigt. Mehrere Projekte befinden 2016 2017 2018 2019 2020 sich noch in der Planung. Zwischen 2016 Abbildung 3: Verarbeitungsmengen der Mitglieder der Fach- und 2019 haben allein die Mitglieder der gruppe Leimholz von Holzindustrie Schweiz. Quelle: HIS Fachgruppe Leimholz (HIS) ihre Produktion um 38% auf 165‘000 m3 gesteigert (siehe Abbildung 3). HIS berät seine Mitglieder Die Schweiz hat einen Schnittwaren- bei der Planung entsprechender Vorhaben Netto-Import (etwa 25%) – bedauern und bekommt für diesen Zweck auch Un- das die Schweizer Säger? Wie kann terstützung vom Aktionsplan Holz BAFU. der Anteil an Schweizer Schnittholzwa- ren erhöht werden? Nachhaltige Bauten aus Schweizer Das ist richtig, die Schweizer Sägewerke Holz – davon schwärmen alle Vertre- decken rund 75% des Inlandbedarfs an ter der Wald und Holzwirtschaft und rohem und bearbeitetem Schnittholz. Dabei investieren in die Entwicklung und in gibt es grosse Unterschiede zwischen den Kampagnen. Wie beurteilt HIS den Holzarten. Bei Fichte/Tanne ist der Anteil bisherigen Erfolg? Schweizer Holz am höchsten, bei der Eiche Nachhaltige Bauten aus Schweizer Holz jedoch unter 30%. Schweizer Schnittwaren gibt es schon lange. Denken wir an alte Mangels werden auch exportiert, doch wir haben ein Holzhäuser, die zum x-ten Mal umgebaut Nachfrage im Aussenhandelsdefizit. Im Jahr 2019 wurden und renoviert worden sind. Leider gingen Inland müssen beispielsweise rund 346‘000 m3 Schnittholz mit einem Wa- die Prinzipien der Nachhaltigkeit und knapp 45% renwert von 172 Mio CHF importiert und Kreislaufwirtschaft mit dem Aufkommen des Schweizer 223‘000 m3 mit einem Warenwert von 53 des Betonzeitalters fast vergessen. Mit Buchenschnitt- Mio CHF exportiert. Qualitativ hochwer- der zunehmenden Globalisierung werden holzes expor- tige Ware wird also importiert und tiefprei- immer mehr Billig-Baustoffe aus frag- tiert werden. sige Ware exportiert. Sehr eindrücklich ist würdigen Quellen kreuz und quer um die dies beim Laubholz zu sehen, wo die durch- Welt geschickt. Doch zum Glück gibt es schnittlichen Importpreise bei 1‘290 CHF/ Gegentrends: Greta Thunberg und andere m3 und die Exportpreise bei 450 CHF/m3 fordern einen bewussteren Umgang mit liegen. Das lässt Rückschlüsse auf die An- den Ressourcen. Solche Strömungen haben sprüche der Schweizer Kunden, aber auch schliesslich auch zum neuen CO2- und zum auf die Marktfähigkeit unseres Rohstoffs Beschaffungsgesetz geführt. Nachhaltigkeit zu. Mangels Nachfrage im Inland müssen und Regionalität liegen also wieder voll im beispielsweise knapp 45% des Schweizer Trend. Wir haben als Wald- und Holzbran- Buchenschnittholzes exportiert werden. che darauf reagiert, indem wir das Label
ZÜRCHER WALD 2/2021 Innovative Holzverwendung 7 Schweizer Holz geschaffen haben. Aus Sicht der Holzindustrie reagieren die Konsu- Robert Schaub jun., Winterthur/LIGNUM menten sehr positiv auf das Label, die Nach- frage nach Schweizer Holz steigt. Nach wie vor wird viel mit importierter Ware gebaut. Lässt sich der Anteil Schweizer Holz noch steigern? Bei gewissen Produkten bestimmt. Doch wir müssen auch realistisch sein. Wir werden nie den ganzen Holzverbrauch mit Schweizer Holz abdecken können. Das Ziel muss sein, die vorhandenen (endlichen) Ressourcen möglichst zweckmässig und effizient einzusetzen. Abbildung 4: Hier wurde Schweizer Holz verbaut: Minergie- Wohnsiedlung «Auf Bollen» in Andelfingen. 2‘400 m3 Holz Was sind für HIS die Hoffnungsträger wurden in drei Etappen in 71 Wohneinheiten in Mehr-, Doppel- bzw. die Aufgaben für mehr Marktzu- und Reiheneinfamilienhäusern verbaut. Für die Überbauung gang im Holzbau? wurde praktisch ausschliesslich Holz aus Wäldern der Region Der Holzbau ist auch unter Druck und Weinland/Winterthur verwendet (2006-2015). fordert von der Holzindustrie im Prinzip die ganze Palette der gängigen Baumateri- alien zu konkurrenzfähigen Preisen und mit heute grosse Bioraffinierien, die z.B. Zellu- möglichst kurzen Lieferfristen. Insofern sind losefasern für die Papier- und Textilindustrie Es braucht die Grundanforderungen für mehr Markt- herstellen. Nebenher fallen Spezialchemi- weitere Inve- stitionen und zugang klar. Wir sind als Branche gefordert, kalien für die Pharma-, Kosmetik- und Le- Produktinno- die Lieferfähigkeit weiter zu erhöhen und bensmittelindustrie an. Die Entwicklungen vationen, um die Vorteile der kurzen Wege konsequenter auf diesem Gebiet werden auch von un- die Mengen zu zu nutzen. Es braucht weitere Investitionen seren Unternehmern mit Interesse verfolgt. steigern und standortgebun- und Produktinnovationen, um die Mengen Doch grosse Werke mit entsprechenden dene Mehrko- zu steigern und standortgebundene Mehr- Platzansprüchen und Emissionen haben es sten auszuglei- kosten auszugleichen. Daneben würden bekanntlich schwer in der Schweiz. Für die chen. wir uns vom Holzbau, von den Schreinern Schliessung von Borregaard Attisholz gibt und vom Handel etwas mehr Bereitschaft es Gründe. Realistischer dürfte der Aufbau wünschen, Schweizer Produkte aktiv zu mehrerer, dezentraler Einheiten in bestehen- bewerben. Viele Endkonsumenten sind den Verarbeitungsbetrieben sein, wo schon nämlich bereit, für einheimische Produkte heute Restholz anfällt. Solche «Bioprodukte- einen etwas höheren Preis zu zahlen, wenn Module» haben nach meiner Einschätzung «Bioprodukte- sie wissen, was dahinter steckt. auch das Potenzial, eines Tages bestehende Module» haben das Potenzial, Verwertungskanäle zu konkurrenzieren. eines Tages Ist die holzbasierte Bioraffinerie bei Dass dabei neue Investoren mitmischen, bestehende den HIS-Mitgliedern bereits ein Thema z.B. aus der Pharmaindustrie, ist durchaus Verwertungska- oder entwickelt sich hier ein unabhän- denkbar. näle zu konkur- renzieren. giger paralleler Markt? Entsteht wohl Letztes Jahr wurde über den Bau einer Pilot- irgendwann eine Konkurrenzsituation anlage berichtet, bei der es um die Extrakti- um den geeigneten Rohstoff? on forstlicher Biomasse und Reststoffe aus Die Möglichkeit, Holz chemisch aufzu- Sägewerksprozessen im Pilotmassstab geht. trennen und die anfallenden Wertstoffe zu Die Anlage wird von der Berner Fachhoch- nutzen, ist grundsätzlich interessant für die schule zusammen mit der Schilliger Holz Holzindustrie. Im Ausland gibt es schon AG betrieben (siehe S. 20).
Innovative Holzverwendung ZÜRCHER WALD 2/2021 8 Die Holzbilanz in der Schweiz – ein kleiner Einblick in die komplexen Holzflüsse Von der Urproduktion und der Ernte im den Ein- und Ausfuhren abgebildet. Die In- Wald bis zum fertiggestellten Produkt landsproduktion liegt 2019 bei 9,4 Mio. m3 durchläuft der Rohstoff Holz verschiedene und ist gegenüber dem Vorjahr um 8,9% Be- und Verarbeitungsstufen sowie Handels- gesunken. Die mengenmässige Aussen- kanäle. Auf allen Be- und Verarbeitungsstu- handelsbilanz 2019 weist einen Import- Rund 50.3% fen werden auch Halb- und Fertigfabrikate überschuss in der Höhe des Vorjahresni- des Aufkom- aus Holz importiert und exportiert. Ebenso veaus von 0,9 Mio. m3 auf. Die Einfuhren mens stammen finden auf den verschiedenen Stufen Recy- von Holz und holzbasierten Produkten direkt aus dem Wald. cling-Prozesse für den weiteren stofflichen verzeichnen 5,6 Mio. m3 und gehen gegen- Einsatz von Holz statt. Diese Stoffflüsse über dem Vorjahr um 4,4% zurück. Auch lassen sich mit einem Materialflussmodell die Ausfuhren von Holz und holzbasierten abbilden (vgl. Abbildung), das auf Berech- Produkten sinken im gleichen Zeitraum nungen des Rohstoffaufkommens und der um 5,9% auf 4,6 Mio. m3. Der errechnete Rohstoffverwendung basiert. Inlandverbrauch von auf Holz basierten Ressourcen liegt 2019 bei 10,3 Mio. m3 und Aufkommen von holzbasierten Roh- ist somit 7,9% tiefer als im Vorjahr. Das stoffen ist der tiefste Wert der letzten sechs Jahre. In der Rohholzbilanz wird das in der Die Betrachtung des Zeitverlaufs zeigt, dass Schweiz verfügbare Aufkommen von na- der Ressourcenverbrauch somit seit 2010 turbelassenem Rohholz mit den Kategorien kontinuierlich über der holzverarbeitenden Waldholz, Flurholz und Restholz aus der Inlandproduktion liegt. Verarbeitung sowie das Aufkommen von Der errechnete weiteren holzbasierten Rohstoffen wie Holzendverbrauch Inlandver- Altholz und Altpapier errechnet. Rund Der Holzendverbrauch wird nach den brauch von auf 50.3% des Aufkommens stammen direkt Verwendungszwecken in drei Haupt- Holz basierten Ressourcen aus dem Wald. Restholz, Altholz, Altpa- einsatzgebiete gegliedert. Der gesamte liegt 2019 bei pier und Flurholz ergeben zusammen die Holzverbrauch ist um 7,9% auf 10,3 10,3 Mio. m3. restlichen 49,7%. Die Inlandproduktion Mio m3 gesunken. Im letzten Jahr wurden von Rohstoffen sinkt nach einer Erhöhung mit 43,9% des gesamthaft verbrauch- im Vorjahr wieder um 8,9%. Ähnlich ten Holzes in etwa gleich viel stofflich verhält sich der Export von holzbasierten verwertet wie im Vorjahr mit 43,2%. Rohstoffen, welcher nach einer deutlichen Hierzu gehören der Einsatz für Produkte Erhöhung im Vorjahr wieder um 10,5% aus Massivholz und Holzwerkstoffen mit sinkt. Auch der Import von holzbasierten 2.5 Mio m3 und für Papier- und Karton- Rohstoffen nimmt erneut ab um 2,9%. produktion mit 2,0 Mio m 3. Auch der Das im Inland verfügbare Aufkommen Anteil der energetischen Verwertung bleibt nimmt dadurch um 7,8% ab auf eine Menge mit 53,4% auf dem Vorjahresniveau. von 8,22 Mio. m3. Vom Holzverbrauch fliessen weitere 2,8% in andere Verwendungen (z.B. Landwirt- Holzbilanz mit Inlandsproduktion schaft, Gartenbau) oder sind auf Ernte- und und Aussenhandel Verarbeitungsverluste zurückzuführen. In der Holzbilanz werden die Inlands- Quelle: BAFU, produktion von Holz und holzbasierten Jahrbuch Wald und Holz 2020 Produkten und deren Aussenhandel mit
ZÜRCHER WALD 2/2021 Innovative Holzverwendung 9 Holzernte (Gesamte Holzmasse) Importe 5505 Exporte Recycling Energie Rundholz 2 184 2 425 519 Andere Rinde 126 377 Rinde 101 Endverbrauch Verwendung, Verluste 29 85 106 517 24 124 Energieholz Stammholz Industrieholz 2 379 1 913 419 Halbfabrikate 392 311 71 458 86 Restholz 421 351 Flurholz 310 Holzkohle 23 547 228 1 033 13 50 380 518 174 0 226 188 38 1 Schnittwaren, Span- und Holzschliff, Energieholz Furniere, Sperrholz Faserplatten Zellulose 3 751 1 458 422 357 Endprodukte 1 880 1 321 214 1 047 Altpapier 244 301 7 55 Restholz/ 19 2 131 1 534 251 Faserstoffe Altholz 1 613 614 Altpapier 497 Stammholz 101 Produke aus Massivholz Andere Verwendung, Papier und Gesamt- End- Energieholz und Holzwerkstoffen Verluste Karton verbrauch verbrauch 5 498 2 523 285 1 993 10 299 53 % 25 % 3% 19 % 100 % Holzflüsse in der Schweiz im Jahr 2019, Mengenangaben in 1000 m3 feste Holzmasse Quelle: BAFU, Jahrbuch Wald und Holz 2020
ZÜRCHER WALD 2/2021 10 Neue Sägetechnologie mit hoher Leistung Die Logmaster HPS ist die modernste Bandsäge von USNR und hat eine Präzisionssägekapazität von bis zu 180 Metern pro Minute. Im künftigen Werk werden acht Stück in zwei Gruppen von je vier Sägen angeordnet. von Ronald und Daniel Tschopp, Tschopp Holzindustrie AG, Buttisholz LU Schon lange möchte die Firma Tschopp halb bestehen keinerlei freie Kapazitäten zusätzlich zu den Schalungsplatten und für zusätzliche Produkte. Läuft alles nach Holzpellets weitere Holzwerkstoffe pro- Zeitplan wird duzieren. Immer wieder wurde man von Diese Situation wird sich nun ändern. Nach im Frühjahr Vertriebspartnern, Kunden und Akteuren einer mehrjährigen und sorgfältigen Pla- 2023 das modernste der Holzbranche darauf angesprochen Pro- nungsphase beginnt jetzt die Realisierung Sägewerk der dukte für den Holzbau aus Schweizer Holz des neuen Sägewerks mit einem Gesamtin- Schweiz seinen herzustellen. Leider war dies bis jetzt nicht vestition Volumen von CHF 75 Millionen. Betrieb aufneh- men. möglich, weil das bestehende Sägewerk seit Jahren im Dreischichtbetrieb produzieren Neues Werk auf grüner Wiese muss, um das Schalungsplattenwerk mit Anfang Mai starten die Bauarbeiten auf genügend Schnittholz zu versorgen. Des- der 20`000 m2 grossen, extra für das Werk reservierten Fläche. Läuft alles nach Zeit- plan wird im Frühjahr 2023 das modernste Sägewerk der Schweiz seinen Betrieb auf- nehmen und das mittlerweile 21 Jahre alte, überlastete Sägewerk ersetzten. Investition in die Zukunft Das Anforderungsprofil für das neue Säge- werk ist sehr umfangreich. Ganz nach dem Tschopp Holzindustrie AG Motto, das eine tun und das andere nicht lassen, muss genügend Leistung installiert werden, um den Bedarf des bestehenden Schalungsplattenwerks für drei Schichten «locker» abzudecken und gleichzeitig wird ausreichend Reserve für neue Produkte be- Die Produktion von Schalungsplatten ist bisher das Kern- nötigt. Als zu erfüllende Leistung wurden geschäft. Bei einer künftigen Einschnittkapazität von bis zu 300`000m3 Rundholz pro Jahr definiert 300‘000m3 pro Jahr werden auch neue Produkte eine wichtige welche der Rundholzplatz im Einschichtbe- Rolle spielen. trieb und die Sägelinie samt Sortierwerk und
ZÜRCHER WALD 2/2021 Innovative Holzverwendung 11 Stapelanlagen in maximal Zweischichten bewältigen muss. Da Tschopp aussergewöhnlich viele Schnit- te bereits im Sägewerk macht ist eine dünne Schnittfüge bei hoher Leistung und Mass- Tschopp Holzindustrie AG genauigkeit entscheidend. Zudem will man das Rundholz unsortiert verarbeiten und «online» flexible Schnittbilder erzeugen können. Nach umfangreichen Abklärungen und Ein- schnitt Versuchen mit «typischen Schwei- zerholz» bei Sägewerken in Deutschland, Schweden und Estland, entschied sich die Die Tschopp Holzindustrie AG baut an ihrem bisherigen Stand- Geschäfts- und Sägewerksleitung für Hoch- ort eine 120 Meter lange und 50 Meter breite Halle. leistungsbandsägen von der Firma USNR AB aus Schweden. erklärte Ziel den Holzbaufirmen Produkte Das Herz der Sägelinie besteht aus acht in Schweizerholz anzubieten die bisher gar Bandsägen vom Typ Logmaster HPS, in nicht oder nicht industriell in der Schweiz zwei Gruppen von je vier Sägen angeord- hergestellt werden und deshalb aus dem net. Die Logmaster HPS ist die modernste Ausland importiert werden müssen, wie Bandsäge von USNR und hat eine Präzisi- zum Beispiel Dreischicht- Naturholzplatten. onssägekapazität von bis zu 180 Metern pro Minute. Die Sägeblätter erreichen Weitere Informationen finden Sie auf Geschwindigkeiten von 100 Meter/Sekun- www.tschopp.swiss de wodurch dünne Schnittfügen bzw. eine hohe Ausbeute erzielt wird. Tschopp Holzindustrie AG aus Buttisholz LU Nach den Bandsägen gelangt die Schnittwa- re über zwei Besäumer zu den Sortier- und Die Firma ist spezialisiert auf die Herstellung von Schalungs- Stapelanlagen und verlässt als Schnittholz- platten für die Baubranche und verarbeitet pro Jahr 115`000 m3 paket die 120 Meter lange und 50 Meter Rundholz. Aus dem anfallenden Restholz wird seit 2005 breite Halle. Holzpellets für die Energiebranche produziert. Tschopp ist in beiden Bereichen Marktführer in der Schweiz. Der Mehr Schweizerholz für den Holzbau Familienbetrieb wir in dritter Generation von den Brüdern Mit dieser Investition setzt die Tschopp Ronald und Daniel Tschopp geleitet. Holzindustrie AG ein wichtiges Zeichen für die inländische Holzbranche, um langfristig mehr Holzwerkstoffe aus Schweizerholz für den Markt bereitzustellen. Auch im neuen Sägewerk wird die Holzart Fichte / Tanne verarbeitet welches aus dem Schweizerwald den Weg zu Tschopp finden wird. Hier setzt man auf die langjährige und professionelle Partnerschaft mit den bewährten Rohholzlieferanten. Ideen für neue Produkte, die zu Tschopp passen, sind bereits vorhanden und werden nach der erfolgreichen Inbetriebnahme des neuen Sägewerks umgesetzt. Hierbei ist das
Innovative Holzverwendung ZÜRCHER WALD 2/2021 12 Was bringt den Schweizer Holzbau vorwärts? Der Holzanteil im Schweizer Bauwesen nahm in den letzten Jahren deutlich zu. Wie können wir eine Fortführung dieses Trends unterstützen und dafür sorgen, dass dabei noch mehr Schweizer Holz Verwendung findet? Sandra Burlet, Direktorin der Lignum, im Interview. (ur) Frau Burlet, was bringt den Schweizer Was waren die wichtigsten Erfolgsfak- Holzbau vorwärts? toren für den wachsenden Holzbau- Eine ganze Reihe von Rahmenbedingungen markt in den vergangenen Jahren? schaffen neue Möglichkeiten für Holz. Seit Der Hauptfaktor war zweifellos die Er- dem 1. Januar 2021 ist die neue Gesetzge- möglichung des grossvolumigen mehrge- bung über das öffentliche Beschaffungswe- schossigen Bauens mit Holz. Die neuen sen in Kraft. Diese erlaubt die Abkehr vom Brandschutzvorschriften im Jahr 2015 reinen Preis- hin zum Qualitätswettbewerb. brachten die vollständige Öffnung des Insbesondere zählen künftig auch Innovati- mehrgeschossigen Bauens mit Holz. Holz on, Nachhaltigkeit und Lebenszykluskosten kann nun in allen Gebäudekategorien und für den Zuschlag. Das wird dem Holz, nicht Nutzungen angewendet werden, nachdem Sandra Burlet, zuletzt auch unserem Schweizer Holz, noch 2005 eine erste Öffnung bis sechs Geschosse Direktorin mehr Türen öffnen als bisher; wir wissen, erfolgt war. Holz hat sich damit aufgrund Lignum dass die guten Argumente für Holz bei der der guten Erfahrungen in den zehn Jahren öffentlichen Hand bereits Gehör finden. seit dem ersten Öffnungsschritt als Baustoff Das zeigt ein Blick auf das Baugeschehen ohne Sonderregelung normalisiert. Dieser der letzten Jahre. Erfolg beruhte auf einem branchenweiten Positive Wirkung entfaltet aber auch das Forschungs- und Entwicklungsverbund mit 2017 in Kraft getretene neue Waldgesetz, mit Unterstützung des Bundes unter Führung dem sich der Bund zur Förderung nachhaltig der Lignum. produzierten Holzes und zu dessen Nutzung Ebenso wesentlich ist für das mehrgeschos- in eigenen Bauten verpflichtet. Das hat auch sige Bauen natürlich auch die proaktive in Kanton und Gemeinde Vorbildwirkung. Behandlung der Schallschutzproblematik. Dann stehen aber vor allem auch von der Die Lignum bearbeitet zur Entwicklung des Die Lignum un- Energie- und Klimapolitik her alle Signale baulichen Schallschutzes nach der erfolg- terstützt die To- auf Grün für Holz. Holz eignet sich in aus- reichen Grundlagenarbeit im Brandschutz talrevision des CO2-Gesetzes, gezeichneter Weise zur Erstellung energieef- gemeinsam mit der Berner Fachhochschule die im Juni zur fizienter und klimaschonender Bauten. Holz Architektur, Holz und Bau seit längerem Abstimmung bindet Kohlenstoff aus atmosphärischem ein Verbundprojekt im grossen Massstab. kommt. CO2 und substituiert Energiefresser und Mittlerweile liegen vor allem für Decken Treibhausgasschleudern. Eine ambitionierte vom Schall her effiziente und zugleich wirt- Klimapolitik eröffnet Chancen für eine schaftliche Lösungen vor. Man kann sagen, nachhaltige und treibhausgasarme Wirt- dass die Anforderungen an den Schallschutz schaft. Deshalb unterstützt die Lignum die im Holzbau heute mit verhältnismässig Totalrevision des CO2-Gesetzes, die im Juni einfachen Massnahmen eingehalten werden zur Abstimmung kommt. Wald und Holz können. Dafür gibt es jetzt erprobte, schall- tragen bereits heute wesentlich dazu bei, technisch robuste Konstruktionen. die Klimaziele der Schweiz zu erreichen. Die Ein Prognosetool wird die Planungssicher- Wald- und Holzwirtschaft ist motiviert und heit für Planer, Ingenieure, Architekten fähig, noch sehr viel mehr für das Klima zu sowie Ver- und Bearbeiter von Holz noch leisten als bisher. erhöhen.
ZÜRCHER WALD 2/2021 Innovative Holzverwendung 13 Welchen Beitrag leisten Innovationen? Hilfestellung für Holzbranche im Beschaffungswesen Innovationen sind enorm wichtig und bringen die Branche voran. Materialinnova- 2021 ist das revidierte Bundesgesetz über das öffentliche tionen wie etwa Brettsperrholz erschliessen Beschaffungswesen (BöB) in Kraft getreten. Der Qualitäts- ganz neue Märkte. Die Entwicklung von wettbewerb wird mit Kriterien wie Nachhaltigkeit, Lebens- Laub-Furnierschichtholz bzw. Laubleim- zykluskosten, Innovation, Plausibilität des Angebotes oder holzprodukten für die konstruktive An- Verlässlichkeit des Preises deutlich gestärkt. Neu geht der wendung, wie es in der Schweiz geschieht, Zuschlag an das ‹vorteilhafteste› statt an das ‹wirtschaftlich wird dazu beitragen, Stahl und Beton in günstigste› Angebot. Informationen und Hilfsmittel für Tragwerken zu ersetzen. Die Valorisierung die Holzbranche dazu finden Sie auf der Lignum-Website: unserer Buchen, aber auch anderer Laub- www.lignum.ch > Leistungen > Beratungen > Öffentliches holzarten, ist auch interessant für den Wald. Beschaffungswesen Auch die Digitalisierung ist ein Treiber der Innovation. Der Holzbau ist da an der Spit- Wo liegen Ihre Schwerpunkte im Mar- ze dabei. Die konsequente Implementierung keting für Schweizer Holz? von BIM auf Basis der 3D-Erfahrungen in Marketing Schweizer Holz fördert die ge- der Holzbauplanung öffnet neue Perspek- samte stoffliche Wertschöpfungskette der tiven. BIM als Planungsmethode, mit der Schweizer Wald- und Holzwirtschaft. Das ein Gebäude im Zusammenspiel aller Bau- Bewusstsein für die Herkunft, Herstellung Materialin- beteiligten zuerst und vor dessen Erstellung und Servicequalität von Schweizer Holz novationen wie etwa digital modelliert wird, wird in der Schweiz steigt bei Konsumenten, der Baubranche Brettsperrholz gerade von professionellen Bauherren im- und der Wald- und Holzwirtschaft konti- erschliessen mer öfter angewendet. nuierlich. Die Schweizer Bevölkerung ist ganz neue fasziniert von Schweizer Holz, das unsere Märkte. Wie könnten sich Lignum und die Lebenswelt und Wohnkultur aktiv prägt. Schweizer Holzbranche weiterentwi- Als bevorzugter Roh-, Bau- und Werk- ckeln? stoff leistet Schweizer Holz zudem einen Für Lignum ist und bleibt sicherlich ganz wertvollen und nachhaltigen Beitrag zur zentral, dass sie sich der technischen The- Volkswirtschaft. Marketing Schweizer men im Bauwesen weiterhin annimmt und Holz bündelt die Kräfte und fördert den hier auch in Zukunft «die Nase im Wind» Dialog der Wald- und Holzwirtschaft, um hat. Ausserdem geht es um gezielte Ent- langfristig den Umsatz von Schweizer Holz wicklung der Kommunikation: Wichtige bei allen Gliedern der Wertschöpfungskette Zielgruppen wie die Investoren gilt es zu steigern. angesichts der heutigen Möglichkeiten im Hauptziel von Marketing Schweizer Holz Holzbau verstärkt anzusprechen. ist das positive Image von Schweizer Holz Daneben bleibt als verbandliche Aufgabe und deren regionalen Wertschöpfungskette Wichtige das Zusammenbringen und -halten der zu transportieren und die Bevölkerung, Zielgruppen wie die gesamten Holzkette wichtig. Das Potenzi- Planende und die Holzbranche selber dafür Investoren gilt al beim Bauen und dabei auch das Bauen zu begeistern. es verstärkt mit Schweizer Holz ist längst nicht aus- Die Zusammenarbeit mit unseren Mitglie- anzusprechen. geschöpft. Hierauf ist unser gemeinsamer dern ist enorm wichtig und wird zukünftig Fokus zu richten. Insgesamt ist anzumer- noch gestärkt. Ein anderer zentraler Kanal ken, dass der Schlüssel zum Erfolg für eine sind die sogenannten Multiplikatoren und Be- Branche immer auch in der Bündelung der einflusser. Auch die engere Zusammenarbeit Kräfte liegt. Das ist eine Leistung, welche mit Architekturschaffenden und Ingenieure die Lignum als Dachorganisation bieten geniessen eine hohe Priorität in der Strategie kann und muss. von Marketing Schweizer Holz.
Innovative Holzverwendung ZÜRCHER WALD 2/2021 14 Die beste Option zur hochwertigen Verwendung von Schweizer Buchenholz Fagus Suisse bietet die Chance, dass vermehrt Laubholz aus dem Schweizer Wald in der Schweiz zu einem Hochleistungswerkstoff verarbeitet wird. Wo steht das Unternehmen aktuell und was braucht es zum Erfolg? Ein Interview mit Eric Müller, Geschäftsführer, Unternehmensleiter, verantwortlich für den technischen Betrieb und den Holzeinkauf, und Stefan Vögtli, Marketing und Verkauf, verantwortlich für den Verkauf Projektinitiator/ Projektleiter in der Aufbauphase. (ur) Fagus Suisse ist etwas gelungen, was Ingenieurholzbau im grossvolumigen Holz- man lange ausgeschlossen hat – die bau, z.B für öffentliche oder industrielle Herstellung hochfester Bauteile für Gebäude, ist bemerkenswert. Die Dynamik statisch anspruchsvolle Anwendungen im mehr- und vielgeschossigen Bau steigert aus Schweizer Buche. Welche Haupt- die Nachfrage nach hochfestem Bauholz. Es probleme mussten gelöst werden? werden auch ganz neue Ansätze entwickelt Eric Müller (EM): Auf der technischen und ausprobiert, so sind beispielsweise Seite mussten Konzepte erarbeitet werden, Hochhäuser aus Holz die neue Normalität. Eric Müller, die es erlauben, mit den naturgegebenen Ein weiterer Treiber ist das Bestreben der Geschäfts- Herausforderungen des Buchenholzes um- Investoren und die Notwendigkeit, in der führer Fagus zugehen und eine wirtschaftlich machbare Baubranche in den nächsten Jahren den Suisse SA Lösung zu finden, um damit Bauteile zu Energieaufwand und damit den CO2 Aus- produzieren. stoss drastisch zu senken. Deshalb geht man Stefan Vögtli (SV): In der Startphase des davon aus, dass der Anteil des Holzbaus am Projektes mussten wir erst einmal Holz- Gesamtmarkt noch massiv zulegen wird. bauer und Ingenieure davon überzeugen, Mit den Laubholzprodukten können die dass Buche für den konstruktiven Bau Massivbaustoffe Stahl und Beton ersetzt geeignet ist. Dazu hatten wir Hunderte von werden. Kontakten zu verschiedenen Akteuren und Wichtige Branchenkenner und auch wir einflussreichen Personen in Architektur, von Fagus Suisse sehen deshalb innerhalb Engineering und Holzbau. der nächsten 10 Jahre für Laubholz ein Stefan Vögtli, Ausserdem mussten diese Marktrecherchen Potential im Bereich von 2 bis 4% des Marketing und und die technische Abklärungen sowie die Gesamtmarktes, was eine Menge von rund Verkauf, Fagus Forschungsarbeiten finanziert werden. 12‘000-24’000 m3 ausmacht. Suisse SA Dank der Risikobereitschaft einiger Firmen und Waldbesitzer-Organisationen und der Bleibt es ausschliesslich bei «Nischen- Unterstützung durch Bund und Kantone ist produkten» für hohe statische Ansprü- dies gelungen. che oder wird es dereinst auch günsti- geres Schweizer Massenware-Buchen- Welches Marktpotenzial haben diese holz geben – z.B. für Sicht-Tragwerk Produkte? vollständig aus Buchenholz? SV: Der Gesamtmarkt für konstruktives SV: Es war nie das Ziel der Fagus und Holz in der Schweiz umfasst über 600’000 m3 ihrer Initianten, konstruktives Buchenholz pro Jahr und wächst stark. Bis vor Kurzem zur günstigen Massenware zu machen. bestand dieses Volumen praktisch aus- Wir wollen den Beteiligten in der gesam- schliesslich aus Nadelholz. ten Wertschöpfungskette, inklusive den Die technologische Entwicklung im Bereich Waldbesitzern, faire Konditionen anbieten.
ZÜRCHER WALD 2/2021 Innovative Holzverwendung 15 Insofern wird der Platz von Buchen- oder allgemeiner Laubholz dort sein, wo die hohe Festigkeit für die Kunden / die Bauherr- schaft einen Mehrwert generiert und/oder wo die Architekten*innen hohe ästhetische Ansprüche haben. Trotzdem, oder besser gerade aus den oben genannten Gründen, sind grosse Gebäude in Planung und auch schon in Realisation, © Bolthauser Architekten bei denen die Primär-Tragstrukur komplett aus Buchenholz ausgeführt wird (Campus Fribourg, Hochhaus Zwhatt, diverse Schul- häuser und Hallenbauten, vgl. Abb. 1 bis 3). Welche Buchenholzqualitäten werden verarbeitet? EM: Es wird vor allem B- und B/C-Qualität Abbildung 1: Visualisierung einer Wohnung im Hochhaus benötigt, wobei die Farbfehler wie Rot- Zwhatt in Regensdorf bei Zürich. Aufgrund des geringeren oder Spritzkern toleriert sind und für die Gesamtgewichtes der Holzkonstruktion im Vergleich mit der konstruktive Produkte von Fagus problem- Massivbauweise in Stahlbeton kann auf die Pfählung des Un- los verarbeitet werden können. tergrundes verzichtet werden, was Zeit und Kosten spart. Der Bezug des Holzhochhauses ist für 2024 geplant. Wie läuft die Zulieferung von Halbfa- brikaten ab? SV: Zu Beginn waren es viele Einzelge- Wir sehen in EM: Wir beziehen getrocknetes Schnittholz spräche mit den wichtigsten Akteuren. den nächsten 10 Jahren für in Form von «Doppellatten» von Schweizer Bereits früh im Projekt (noch lange vor Laubholz ein Sägereien. In der Vergangenheit haben viele dem eigentlichen Produktionsstart) wurden Potential von Schweizer Laubholz Sägereien eine grosse Auftritte an der Swissbau (Schwergewicht ca. 2 - 4% Vielfalt an Holzarten und Produkten, mehr- Architekten, Bauherren) und an Holzbau- des Gesamt- marktes für heitlich in kleineren Mengen hergestellt. Die messen (Schwergewicht Holzbaufirmen) konstruktives Sägereien müssen sich deshalb zuerst an durchgeführt. In dieser Phase wurden auch Holz. die neue Situation gewöhnen, dass durch Fagus ein getrocknetes und zugeschnittenes Fagus Suisse SA Produkt aus Buche in grossen Mengen nach- gefragt wird. Bezüglich Rundholzeinschnitt Fagus Suisse SA ist eines der führenden Schweizer Woodtech- und Lagerung sind dafür noch ausreichend Unternehmen im stark wachsenden Holzbaumarkt und tech- Kapazitäten vorhanden. Jedoch bestehen nologisch führend in der Laubholzverarbeitung. Gegründet erhebliche Kapazitätsengpässe bei der 2014 als nationales Generationenprojekt von mehr als 130 technischen Trocknung und dem Zuschnitt. privaten und institutionellen Investoren ist Fagus eines der Deshalb klärt die Fagus ab, ob sie selber in wenigen Schweizer Rohstoff- und Woodtech-Unternehmen, die Trocknung und den Zuschnitt investie- das privaten und institutionellen Anlegern offensteht (Valor ren soll respektive muss. CH0376503491). Um sich für die Zukunft zu rüsten führt Fagus Suisse SA Vorerst muss das Produkt bei der im Frühling 2021 eine Kapitalerhöhung durch. Die Zeich- Kundschaft bekannt und begehrt nungsfrist läuft bis am 26. Mai 2021. Als interessierter und gemacht werden. – Welche Aktivitäten qualifizierter Anleger können Sie die Zeichnungsunterlagen laufen dazu und was sind die Heraus- und alle weiteren Informationen bei Fagus Suisse anfordern: forderungen? info@fagussuisse.ch oder Tel. +41 32 474 45 35.
Innovative Holzverwendung ZÜRCHER WALD 2/2021 16 an bei den Fachmedien im Bereich Holzbau und Architektur auf grosses Interesse. Auch für die Publikumsmedien ist Fagus interessant, da es viele Anknüpfungspunkte zu aktuellen «Megatrends» (CO2-Speicher, Nachhaltigkeit, lokale Wertschöpfung, Waldumbau) gibt. Seit die Anlage in Betrieb ist, hat sich das Interesse noch verstärkt, so hat das Schweizer Fernsehen bereits zwei Beiträge zu Fagus gebracht (Schweiz aktuell vom 19.2.2020 «Das schönste Holz» und Fagus Suisse SA 10vor10 «Aus billigem Brennholz wird ein wertvoller Baustoff», www.srf.ch) . Die Medienarbeit wurde seit Mitte 2020 noch verstärkt durch einen spezialisierten neuen Abbildung 2: Neubau des Schulhauses Dotzigen (BE); insge- Mitarbeiter in Teilzeit. samt wurden 50 m3 Buche verbaut. Wie kann die Waldbranche den Laub- © Behnisch Architekten; Visualisierung moka-studio holzbau mitunterstützen? EM/SV: Zahlreiche öffentliche und private Waldbesitzer sowie Branchen-Organisa- tionen (z.B. Holzverwerter) unterstützen Fagus bereits als Aktionäre. Die aktuell laufende Kapitalerhöhung bietet die Chan- ce, dieses Engagement noch zu verstärken und breiter abzustützen. Wer als Bauherr auftritt, sei es bei eigenen Bauvorhaben oder auf Baurechtsparzellen, sollte mit Holz bauen und von den Unternehmen Schweizer Holz respektive Laubholzpro- Abbildung 3: Visualisierung des Campus Fribourg (Konstruk- dukte von Fagus Suisse verlangen. Zudem tion vollständig aus Buche) können die oft in der Politik gut vernetzten Waldeigentümer die öffentlichen Bauträger dahingehend beeinflussen, dass vermehrt die spezialisierten Holzbauplaner und die mit Schweizer Holz respektive mit Laubholz grossen Holzbaufirmen persönlich besucht. gebaut wird. Sie als Waldbesitzer können Mit dem Produktionsbeginn im Jahr 2020 die Bauherrschaft/die Architekten mit Fagus wurde der Aussendienst verstärkt. Prioritär Suisse zusammen bringen! werden in den ersten zwei Jahren Holzbau- firmen und holz-affine Architektur- und Sie als Waldbe- Ingenieurbüros besucht. Aktuell sind zwei sitzer können Personen in der Schweiz unterwegs. Corona die Bauherr- hat die persönlichen Kontakte zwar etwas schaft/die Architekten mit gebremst, dennoch wurden bisher schon Fagus Suisse mehrere hundert Besuche gemacht und zusammen ebenso viele Handmuster verteilt. bringen! Kontakt: Ein sehr wichtiger Punkt ist die Medienar- Stefan Vögtli, stefan.voegtli@fagussuisse.ch beit. Das «Projekt Fagus» stiess von Beginn Eric Müller, eric.mueller@fagussuisse.ch
ZÜRCHER WALD 2/2021 Innovative Holzverwendung 17 Innovative Holzenergie Die Holzenergie verfügt über das Potenzial, die Erfahrung, die Technologie, das Know-how und die Qualitätssicherungssysteme, um einen namhaften Beitrag an die Umgestaltung un- seres Energieversorgungssystems zu leisten. von Andreas Keel, Geschäftsführer Holzenergie Schweiz Entwicklung und Stand der Holze- Feuerungskategorie Jahr Anzahl Holzver- Anlagen brauch [m3] nergienutzung Vom kleinen Zimmerofen bis zum gros- Stückholzfeuerungen 1990 689‘184 2‘416‘031 2019 508’841 1‘199’669 sen Holzkraftwerk – 2019 standen in der Schnitzelfeuerungen 1990 3‘259 423‘402 Schweiz insgesamt fast 540‘000 Holzfeue- 2019 11’267 1‘681’735 rungen in Betrieb, welche 5.25 Mio. m3 Holz Pelletfeuerungen 1990 0 0 nutzen und dadurch den CO2-Ausstoss um 2019 29’096 540’874 mehr als 3 Mio. Tonne reduzierten. Gegen- Altholzfeuerungen, Wärme- 1990 22 175‘006 über 1990 entspricht das einer Zunahme der Kraft-Kopplungsanlagen 2019 93 1‘391’850 genutzten Energieholmenge von über 60% Kehrichtverbrennungsan- 1990 26 235‘505 (vgl. Tabelle 1). lagen 2019 30 439’023 Die Entwicklung der letzten 40 Jahre zeigt Total 1990 692‘491 3’249‘944 2019 549’327 5’253’151 einen deutlichen Trend hin zum automa- tischen Heizen. Die Nutzung von Stückholz Tabelle 1: Entwicklung der Holzenergienutzung 1990 bis 2019 in handbeschickten Feuerungen ist seit 1990 um mehr als die Hälfte zurückge- Stromerzeugung gangen. Dieser Rückgang wurde jedoch Energiepolitisches Umfeld durch die Schnitzel- und Pelletfeuerungen Rund 95% des zurzeit in der Schweiz ge- sowie die grossen Altholzfeuerungen und nutzten Energieholzes wird in Wärme, 5% Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen mehr als in hochwertige Elektrizität umgewandelt. Für kompensiert. Eine Zuordnung der genutzten die Holzenergie wird auch in Zukunft der Energieholzmenge auf die verschiedenen Wärmemarkt von zentraler Bedeutung sein. Feuerungskategorien und Holzsortimente Angesichts der erfreulichen technologischen geht aus Tabelle 2 hervor. Entwicklung der letzten Jahre sowie des Andreas Keel, Das theoretisch nutzbare Energieholzpo- energiepolitischen Umfelds wird aber auch Geschäftsfüh- tenzial entspricht langfristig letztlich dem die kombinierte Erzeugung von Wärme und rer Holzener- jährlichen Holzzuwachs im Schweizer Strom aus Holz («Wärme-Kraft-Kopplung») gie Schweiz Wald vom 10 Mio. m3. Das ökologisch und an Bedeutung gewinnen. In der Schweiz lag ökonomisch sinnvoll nutzbare Energieholz- der Anteil des selbst produzierten Atom- potenzial liegt zwischen 7 und 8 Mio. m3 stroms an der gesamten Stromproduktion pro Jahr und wird heute also bereits zu zwei in den letzten Jahren stets zwischen 35 und Dritteln ausgeschöpft. 40%. Am 21. Mai 2017 sagten über 58% der Sortiment Waldholz Landschaftsholz Restholz Altholz Total [m3] [m3] [m3] [m3] [m3] Stückholz 987’570 102’601 89’474 20’024 1‘199’669 Pellets 26’822 0 514’052 0 540’874 Holzschnitzel 1‘436’672 172’844 691’293 1‘211’799 3’512’608 Total 2‘451’064 275’445 1‘294’819 1‘231’823 5‘253’151 Tabelle 2: Zuordnung des genutzten Energieholzes auf Feuerungskategorien und Holzsortimente
Innovative Holzverwendung ZÜRCHER WALD 2/2021 18 Anlage Technologie Elektrische Thermische Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimm- Leistung Leistung bürger Ja zur Energiestrategie 2050. Diese [kW] [kW] sieht eine Reduktion der Nutzung fossiler Aubrugg ZH Dampfturbine 6’000 28’000 Energien, eine vermehrte Nutzung erneuer- Aarberg BE Dampfturbine 11’300 33’000 barer Energien sowie ein Bewilligungsverbot Basel I BS Dampfturbine 4’000 1’000 für den Bau neuer Atomkraftwerke vor. Basel II BS Dampfturbine 7’300 28’000 Gemäss Energiepolitik des Bundes sollen Domat-Ems GR Dampfturbine 16’000 81’500 diese zukünftig wegfallenden Energiequellen Otelfingen ZH Dampfturbine 2’500 10’500 in erster Linie durch den Ausbau von Pho- Weiningen ZH Dampfturbine 2’500 7’000 tovoltaik und Wärmepumpen kompensiert Bern BE Dampfturbine 8’000 26’000 werden. Gleichzeitig verlangt die Klimapo- Sisseln AG Dampfturbine 6‘000 36‘000 litik eine möglichst schnelle Elektrifizierung Dierikon LU Dampfturbine 500 3‘250 unserer Mobilität. Dass diese Ausgangslage Balterswil TG ORC-Turbine 610 2’965 auf jeden Fall eine enorme Herausforderung darstellt, zeigt eine kürzlich von der Empa Bière VD ORC-Turbine 335 2’350 Dübendorf erarbeitete Studie («Impacts of Buttisholz LU ORC-Turbine 1‘300 10’500 an increased Substitution of Fossil Energy Crissier VD ORC-Turbine 500 2’740 Carriers with Electricity-Based Technologies Gossau SG ORC-Turbine 500 4’200 on the Swiss Electricity System», 2019). Die Ilanz GR ORC-Turbine 350 2’200 Studie untersuchte ein Szenario, wonach Nesslau SG ORC-Turbine 500 4’200 20% aller Fahrzeuge elektrisch betrieben Porrentruy JU ORC-Turbine 1’300 10’000 und 75% aller Heizungen Wärmepumpen Ruyères VD ORC-Turbine 6’000 3’800 sind, und kam zum Schluss, dass dafür Schwyz SZ ORC-Turbine 1’500 9’900 eine zusätzliche elektrische Leistung von Speicher AR ORC-Turbine 600 4’500 5.9 GW beziehungsweise eine zusätzliche Wittenbach SG ORC-Turbine 600 4’500 elektrische Energie von 13.7 TWh pro Jahr Dättwil AG ORC-Turbine 620 3’600 erforderlich sind. Zum Vergleich: Das AKW Puidoux VD Vergaser/ORC-Turb. 770+120 4‘500 Gösgen hat eine elektrische Leistung von Charmey FR Vergaser/ORC-Turb. 770+120 4‘500 rund 1 GW. Da Heizungen vor allem im Düdingen FR Heissgasturbine 100 1‘200 Winter betrieben werden, wenn die Erträge Escholzmatt LU Vergaser 125+125 240+240 der Photovoltaikanlagen klein sind, können Ettiswil LU Vergaser 30 66 Holz-Wärme-Kraftkopplungsanlagen hier Stans NW Vergaser 1’380 5’700 einen wertvollen Beitrag zur Lösung des Schleitheim SH Vergaser 18 55 «Winterstromproblems» leisten. Rheinfelden AG Vergaser 165 260 Technologische Entwicklung Barberêche FR Vergaser 27 70 Dass die Technologie der Stromerzeugung Tagelswangen ZH Vergaser 18 55 aus Holz in den letzten Jahren grosse Fort- Rheinklingen TG Vergaser 18 55 schritte gemacht hat, zeigt die Anzahl der Buch a. I. ZH Vergaser 200 326 heute in der Schweiz in Betrieb stehenden Gasel BE Vergaser 125+125 240+240 Anlagen (vgl. Tabelle 3). Zeglingen BL Vergaser 125 240 Die wichtigsten verwendeten Technologien Buttisholz LU Vergaser 400 650 sind Dampfturbine und ORC-Turbine für Worb BE Stirling-Motor 0.6 9 grössere Anlagen sowie Holzvergaser für den kleineren Leistungsbereich. Keine Technolo- Tabelle 3: Übersicht über die in der Schweiz in Betrieb stehen- gie ist in der Lage, ausschliesslich Strom zu den Holz-Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen (ohne Anspruch erzeugen, sondern es fällt immer auch zum auf Vollständigkeit). überwiegenden Teil Wärme an, welche es
ZÜRCHER WALD 2/2021 Innovative Holzverwendung 19 ebenfalls zu nutzen gilt. Vor allem kleinere ewig CO2, sondern sie sterben eines Tages ab, und mit naturbelassenem Waldholz betrie- verrotten und setzten dann CO2 frei. Holz bene Anlagen weisen hohe Betriebskosten auf zu ernten, zu verbauen und energetisch zu Vor allem und sind deshalb im aktuellen Umfeld sehr nutzen bedeutet einerseits «Outsourcing» kleinere und mit naturbela- tiefer Strompreise ohne finanzielle Beiträge von CO2-Speicherung aus dem Wald und ssenem Wald- nicht wirtschaftlich. Deshalb wurden im zeitliche Verlängerung der Speicherdauer, holz betrie- National- und Ständerat letztes Jahr zwei andererseits ermöglicht es auch die Substi- bene Anlagen Motionen («Biomasseanlagen in der Schweiz tution fossiler Energien – sei es unmittelbar sind im Umfeld sehr tiefer nicht gefährden, sondern erhalten und aus- in Form von qualitativ minderwertigen Strompreise bauen») von Ständerat Daniel Fässler (Die Waldholz-Sortimenten, sei es am Ende der ohne finanzielle Mitte AI) und Nationalrat Jürg Grossen (GLP Lebensdauer des verbauten Holzes als Alt- Beiträge nicht BE) eingereicht, welche verlangen, dass diese holz. Verbleibt das Holz ungenutzt im Wald, wirtschaftlich. Beiträge auch in Zukunft sichergestellt sind. ist keine Substitution möglich, und es wird eine zukünftige CO2-Quelle geschaffen. Die Herausforderungen Kommunikation dieser einfachen Zusam- Luftreinhaltung menhänge ist eine weitere Herausforderung. Im gleichen Takt, wie die genutzte Energie- holzmenge seit 1990 angestiegen ist, macht Chancen sich auch die Holzenergiebranche laufend Allen Herausforderungen zum Trotz: Für die fit für die Ausschöpfung des letzten Drittels Holzenergie standen die Zeichen noch selten des verfügbaren Energieholzpotenzials. Im derart günstig wie heute. Dies vor allem aus Fokus stehen dabei Aspekte der Luftreinhal- folgenden Gründen: tung. Kleine Holzfeuerungen müssen die An- • Der politische und private Wille, unsere forderungen der Luftreinhalte-Verordnung Energieversorgung möglichst rasch auf LRV schon heute erfüllen und werden seit eine erneuerbare, nachhaltige und CO2- 2018 auch regelmässig kontrolliert bzw. neutrale Grundlage umzustellen, war noch gemessen. Bei Anlagen über 70 kW mit Parti- nie so ausgeprägt wie heute. kelabscheidern («Elektrofilter») schreibt die • Die Holzenergie verfügt über das Poten- neue LRV den Nachweis vor, dass der Par- zial, die Erfahrung, die Technologie, das tikelabscheider mindestens während 90% Know-how und die Qualitätssicherungs- der Kessellaufzeit ebenfalls in Betrieb steht. systeme (Qualitätssiegel, QM Holzheiz- Das neue CO2- Zudem werden minimale Speichergrössen werke), um einen namhaften Beitrag an Gesetz erhöht die wirtschaft- vorgegeben. Diese Hürden sind sehr hoch die Umgestaltung unseres Energieversor- liche Konkur- angesetzt und stellen eine Herausforderung gungssystems zu leisten. renzfähigkeit dar, welche die Branche jedoch mit ihrer • Die Fördermassnahmen für Holzenergie- der Holzener- ganzen Innovationskraft angenommen hat. anlagen waren noch nie derart vielfältig gie enorm. wie heute. «Ausstieg» aus der Holzenergie • Das neue CO2-Gesetz ermöglicht eine Mit unschöner Regelmässigkeit wird die Erhöhung der heutigen CO2-Abgabe auf energetische Nutzung von Holz in Frage Heizöl um nochmals fast 3 Rappen pro gestellt. Jüngstes Beispiel ist ein von 500 kWh. Das erhöht die wirtschaftliche Kon- Wissenschaftlern veröffentlichter offener kurrenzfähigkeit der Holzenergie enorm. Brief mit der Forderung, auf die Verbrennung Voraussetzung ist, dass es am kommenden von Holz zu verzichten. Bäume sind CO2- 13. Juni 2021 vom Stimmvolk angenom- Speicher, und Bäume zu fällen sei demnach men wird! schlecht für den Klimaschutz! So die «Logik» Kontakt: hinter dieser Forderung, welche jedoch zu Andreas Keel, keel@holzenergie.ch kurz greift. Bäume leben und speichern nicht weitere Informationen: www.holzenergie.ch
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