Ökologische Dämmung - GIH Bundesverband
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Offizielles Fachmagazin des Energie- beraterverbands Das Fachmagazin unabhängiger Energieberater 06 18 ZKZ 18323 ISSN 2192-3388 9. Jahrgang Ökologische Dämmung Raus aus der Nische Warum es ohne Dämmen nun mal Zukunftsfähigkeit von Kälteanlagen Klimafreundliche Wärme und Strom nicht klappt (S. 8) (S. 12) aus Holzpellets (S. 34) Energie KOMPAKT – 06/2018
Neu! B ü c h e r Expertenwissen Ausbau und Fassade Schäden vermeiden, Schäden beheben Mit Beiträgen von Klaus Arbeiter Expertenwissen Klaus-Gunnar Bauch Achim Bauer Jürgen Gänßmantel Gerd Geburtig Manfred Haisch Ausbau und Fassade Helmut Kollmann Kerrin Lessel Harry Luik Thomas Schmid Rainer Spirgatis Sylvia Stürmer Schäden vermeiden, Schäden beheben 191 Seiten, zahlreiche Abbildungen, Format 17 x 24 cm, 39,– € Immer wieder sind Stuckateure mit Schäden und teuren Fehler konfrontiert. Das neue Buch von ausbau+fassade soll helfen dies zu vermeiden. Zwölf Experten beschäftigen sich in den insgesamt 14 Beiträgen intensiv mit einem Thema. Als Praktiker, Sachverständiger oder Fachautor verschaffen sie sich regelmäßig ein Bild vor Ort. Auch wenn es dabei oft genug um Schäden geht, ist die Zielsetzung, Fehler zu vermeiden und zu beheben. Somit ist der Buchtitel „Expertenwissen Ausbau und Fassade“ ein Versprechen: den Leser selbst zum Experten zu machen. Mit Beiträgen von Klaus Arbeiter, Klaus-Gunnar Bauch, Achim Bauer, Jürgen Gänßmantel, Gerd Geburtig, 39,– € Praxis kompakt 7 Manfred Haisch, Helmut Kollmann, Kerrin Lessel, Harry Luik, Thomas Schmid, Rainer Spirgatis, Sylvia Stürmer, herausgegeben von Paul Dolt. Fassadenbeschichtung • Grundlagen • Beschichtungssysteme • Schäden vermeiden Horst Rusam Dr. Christian Brandes Oliver Berg Martin Gies Bernhard Linck Alfred Lohmann 45,– € 39,– € 29,– € Praxis kompakt 6 Fassadenbeschichtung Handbuch Innendämmung Grundlagen, Beschichtungssysteme, Gebäudeenergieberatung in der Praxis Schäden vermeiden Praxisleitfaden Gebäudeenergieberater/in (HWK) Energetische Sanierung von innen Renate Wolansky Die fachgerechte Auswahl, welche Beschichtung auf den verschiedenen Unter- Herausgegeben vom BWHT Dr. Gerd Geburtig und Jürgen Gänßmantel gründen angewendet werden kann, ist nicht immer einfach. Dafür ist dieses Neben der Wissensvermittlung zielt das Handbuch darauf ab, die Beratungs- Eine Dämmung von innen ist meist anspruchsvoller als eine Dämmung von Fachbuch ein wertvoller Ratgeber. Es zeigt die Grundlagen der Fassaden- qualität im Bauwesen zu sichern und zu fördern. Fachspezifische Informationen außen. Fachwissen verringert das Risiko und erhöht die Sicherheit. Es geht beschichtung auf und geht vertiefend auf verschiedene Fassadentypen ein, werden themenübergreifend betrachtet und orientieren sich am unmittelbaren konkret auf die Baustellenpraxis ein und gibt Hilfestellung für die richtige wie die mineralische Fassade, die Fachwerk- und Holzschindelfassade, die Beratungsbedarf. Ausführung. Wärmedämm-Verbundsysteme sowie die Holz- und Metallfassade. l e n ! Bestellung unter b e s t e l C. Maurer Fachmedien GmbH & Co. KG Jetzt Standort Amtzell: Schomburger Str. 11 Tel.: 075 20/9 58-24, Telefax 075 20/9 58-99 E-Mail: Buchshop@maurer-fachmedien.de www.ausbauundfassade.de/shop
3 Stillstand bedeutet Rückschritt Wer in unserer schnelllebigen Zeit stehen Verstärken müssen wir unser Engagement, Diese schreitet jedoch nicht so schnell, wie bleibt, läuft Gefahr, den Anschluss zu ver- um neue/jüngere Energieberater für den nötig, voran. Die Sanierungsrate von etwa lieren. Gerade in der Energieberatung ist GIH zu gewinnen. Auch ein höherer Frau- einem Prozent pro Jahr müsste mindestens diese Erkenntnis essentiell, nach meinem enanteil stände unserem Verband gut zu verdoppelt werden. Mit einem Maßnah- Empfinden jedoch noch nicht bei allen an- Gesicht. Hierzu arbeitet der GIH Bundes- menbündel möchte die Bundesregierung gekommen. verband zusammen mit der Hochschule dafür sorgen, dass in dieser Legislatur- Das Baugewerbe boomt. Strom aus erneu- für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen- periode 1,5 Millionen neue Wohnungen erbaren Energien soll im Jahr 2025 zirka 45 Geislingen (HfWU) an Konzepten, dass uns entstehen. Angesichts der Auslastung im Prozent unseres Bedarfs decken. Die Berei- dies in der Zukunft besser gelingt. Baugewerbe frage ich mich, wer die beste- che Wärme- und Kälteerzeugung in Haus- Substanziell ist der GIH Bundesverband henden Gebäude sanieren und die neuen halten und Unternehmen und der Verkehr mit der Gründung des wissenschaftlichen Wohnungen bauen kann. Auf Handwerker wachsen zusammen. Energieberatung Beirats einen großen Schritt weitergekom- warten wir schon heute lange. wird immer spannender, durch die Sektor- men. Der Austausch mit führenden Wis- Nicht vergessen möchte ich an dieser kopplung werden die Anforderungen an senschaftlern und Entscheidungsträgern Stelle Danke zu sagen. Den Fördermitglie- uns zunehmend komplexer. über aktuelle und zukünftige Entwicklun- dern für die Treue und die für beide Seiten Wir als Energieberater müssen uns weiter- gen zum Thema Energieberatung wird fruchtbaren Impulse. Durch ihr Engage- entwickeln, der GIH Bundesverband muss uns helfen, den Verband inhaltlich für die ment können wir unser gemeinsames fortschreiten. Zukunft auszurichten. Anliegen wirkungsvoll und professionell Zeitgeist und Beschäftigungslage fordern Unsere Themen, die wir in der konstitu- vorantreiben. auf allen Ebenen ihren Tribut. Die Nachfrage ierenden Sitzung des wissenschaftlichen Danke an dieser Stelle der Politik, Ministe- nach Weiterbildungen verhält sich antizyk- Beirats vorstellten, deckten sich mit den rien, Verbänden und Organisationen für lisch zur allgemeinen Beschäftigungslage. Erwartungen der externen Teilnehmer. Wir die offene, zielorientierte Zusammenar- Diesen Umstand spüren vor allem Landes- waren so interessant, dass vom Beirat uni- beit. verbände, die auf Einnahmen aus Weiterbil- sono der Wunsch geäußert wurde, dieses Besonderer Dank gilt den Familien und dungsveranstaltungen budgetiert hatten. Treffen öfter, als von uns geplant, einzube- Partnern der vielen ehrenamtlich im Ver- Das Richtige tun, statt Dinge richtig tun, rufen. band tätigen Mitglieder. Ihr Verständnis ist verliert man in Zeiten der Vollbeschäfti- Enttäuscht bin ich von der GroKo. Während die Basis unseres Erfolgs. gung schnell aus den Augen. im Koalitionsvertrag steht „Wir wollen die Folgendes Zitat von Albert Einstein prägt Immer weniger Menschen sind bereit eh- energetische Gebäudesanierung steuer- mein Handeln nach wie vor. renamtliche Aufgaben zu übernehmen, lich fördern. Dabei werden wir für die An- „Mehr als die Vergangenheit interessiert während der durchschnittliche Arbeits- tragsteller ein Wahlrecht zwischen einer mich die Zukunft, denn in der gedenke ich umfang für jeden ehrenamtlich Engagier- Zuschussförderung und einer Reduzie- zu leben“ – in diesem Sinne Gesundheit, ten signifikant ansteigt. rung des zu versteuernden Einkommens Erfolg, Glück für das neue Jahr wünscht Diese Entwicklung macht sich auch in vorsehen“, ist im Haushaltsentwurf 2019 allen unserer Verbandsarbeit immer stärker be- dieser Punkt nicht berücksichtigt. Dabei merkbar. Angedachte Kooperationen und wäre die Steigerung der Energieeffizienz das nutzen von Skaleneffekten sind ein im Gebäudesektor ein wichtiger Schlüssel Jürgen Leppig Schritt in die richtige Richtung. zur Erreichung der Klimaschutzziele. Vorsitzender des GIH Bundesverband Energie KOMPAKT – 06/2018
INHALT 3 EDITORIAL Warum es ohne Dämmen nun mal nicht klappt 8 6 POLITIK 6 Aktiv neue Geschäftsfelder erschließen 8 Warum es ohne Dämmen nun mal nicht klappt 10 ENBAUSA.DE 10 Bestandssanierung bringt mehr als härtere Neubau-EnEV 12 NEWS 12 Zukunftsfähigkeit von Kälteanlagen 13 Größter Hemmschuh ist die Interoperabilität 14 Professioneller sommerlicher Wärmeschutz 15 Neubau ohne Netzanschluss 16 SCHWERPUNKT: 10 ÖKOLOGISCHE DÄMMUNG Bestandssanierung bringt mehr 16 Trend zur ökologischen Dämmung als härtere Neubau-EnEV 20 Schöpfungsnahe Klostersanierung 26 Ökologisches Vorzeigeprojekt setzt auf Naturkalk 28 Behaglichkeit und deutliche Einsparungen an Heizenergie 31 Natürliche Dämmung 32 PRAXIS 32 Das beste Licht bleibt das Tageslich 34 So wird KWK zu 100 Prozent erneuerbar 38 Aus Scheune mach Schwimmhalle 40 Wärmepumpe und Photovoltaik ergänzen sich optimal 43 Neuheiten zu Wärmebrücken, Lüftung und Schallschutz 12 Zukunftsfähigkeit von Kälteanlagen
06|18 VERBÄNDE 44 Alternative Zugangswege geplant 44 Energieberatung für Denkmal Workshop zum Thema Vereinsarbeit 46 46 16 Trend zur ökologischen Dämmung Erfolgreiche Teilnahme an der Denkmalmesse 47 Neues Fördermitglied: Siga 47 Veranstaltungs-Übersicht 48 VORSCHAU & IMPRESSUM 50 ZUM TITEL: 38 Aus Scheune mach Schwimmbad Raus aus der Nische Ökologische Dämmung Auch wenn das gesunde und nachhaltige Bau- en noch immer ein Nischendasein führt, liegt die ökologische Betrachtung von Baustoffen im Trend. Denn wer will schon in vier Wänden leben, die krank machen? Das hat sich auch die Archi- tektin und Investorin Marion Essing gefragt und eine passende Antwort gefunden. Direkt an der Ostsee, schmiegen sich 41 mit Reet gedeckte Häuser an die Dünen. Das Feriendorf Geltinger Birk ist in die Natur eingebettet. Das Urlaubsdo- mizil bringt auf beeindruckende Weise touristi- sche Interessen und ökologische Verantwortung in Einklang - in jeder Hinsicht. Mehr zum Thema Dämmung ab der Seite 16 und Details zum öko- logischen Bauen an der Ostsee ab Seite 26. 44 Alternative Zugangswege geplant
6 Politik Energieberatung der Zukunft Aktiv neue Geschäftsfelder erschließen Spätestens seit Inkrafttreten der Richtlinie zur Förderung der Energieberatung von November 2017 stellt sich die Frage nach der strategischen Ausrichtung der Energieberatung. Welche Hemmnisse für die Beratung müssen durch politische Arbeit beseitigt und welche Geschäftsfelder sollten er- schlossen werden? Eine Querauslese der verschiedenen Marktanalysen und der GIH-Mitgliederum- frage durch die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) zeigt: Es wird Zeit, die Komfortzone zu verlassen und aktiv neue Geschäftsfelder zu erschließen. Marktüberblick uneinheitliche Anbieterstruktur entgegen. in Fachdatenbanken zu beschränken. 194 Im europäischen Vergleich ist der deut- Das betrifft zum einen die zugrunde lie- Unternehmen nannten Kundenempfeh- sche Markt für Energiedienstleistungen genden Qualifikationen. Größte Gruppen lungen, gefolgt von Empfehlungen bau- weiterhin ein Vorreiter. Marktdaten wer- in der Mitgliederstruktur des GIH sind mit begleitender Architekten oder Handwer- den regelmäßig über die KfW und die 35 Prozent Architekten, 22 Prozent Hand- ker (97 Rückmeldungen). Klares Motiv, Bundesstelle Energieeffizienz im Auftrag werker und 17 Prozent Ingenieure. Zum Energieberatungen nachzufragen sind die der Bundesregierung erhoben. Sie zeigen: anderen betrifft die Heterogenität die Förderprogramme von KfW und BAFA, die Das Marktvolumen von 9 Milliarden Euro Abhängigkeit von der Energieberatung in ihrer bisherigen Ausgestaltung einen (2017) ist im Vergleich zu Vorjahreszahlen als Einkommensquelle. 29 Prozent der Nachfragesog nach Energieberatungen relativ stabil. Da waren es 2016 zirka 7,9 von der HfWU befragten GIH-Mitglieder erzeugen. Allerdings zeigt die Rückmel- bis 9,1 Milliarden Euro. Der Teilmarkt Ener- (472 vollständige Rückläufe; siehe Energie dung der GIH-Experten, dass auch hier gieberatung umfasst je nach Abgrenzung Kompakt 2/2018) verdienen ihr Einkom- zahlreiche Hemmnisse wirken. etwa 12.500 bis 13.000 Unternehmen, die men ausschließlich aus der Beratung, wei- rund 10 Prozent des Gesamtumsatzes, also tere knapp 30 Prozent zu 20 bis 80 Prozent Hindernisse gegen mehr rund 900 Millionen Euro erwirtschaften. und die restlichen Unternehmen zu weni- Energieberatung Nach letzten Zahlen aus dem Jahr 2015, ger als 20 Prozent. finden jährlich rund 350.000 Beratungen Der nicht unbeträchtliche Teil der Ver- In der HfWU-Umfrage wurden die GIH- statt, was die Bedeutung der Energiebera- bandsmitglieder, die nur einen Teil ihres Mitglieder gebeten, die Bedeutung ei- tung als Schnittstelle zwischen Politik und Einkommens aus der Beratung erzielen, ner Reihe von Hindernissen zu bewerten Verbraucher eindrucksvoll belegt. kann eine Erklärung dafür sein, dass die (6-Punkte-Skala von sehr bedeutsam GIH-Mitglieder vergleichsweise zurück- bis überhaupt nicht wichtig). Wie in Ab- Beratungsstruktur haltend mit einer aktiven Vermarktung bildung 1 ersichtlich, zeigt sich, dass an ihrer Dienstleistungen sind: So geben in erster Stelle die komplexe, beziehungs- Der hohen Bedeutung der Energiebera- der GIH-Umfrage aus dem Jahr 2016 rund weise umständliche Beantragung, bezie- tung für die Energiewende steht eine sehr 300 Unternehmen an, sich auf die Listung hungsweise administrative Umsetzung von Förderprogrammen, ein wesentliches Hindernis ist. Das erschwert die Beratung und damit auch mehr und kompetentere Gebäudesanierungen. Auch die Notwen- digkeit, vor der Aufnahme der Bautätigkeit die Förderzusage abzuwarten, wird klar als Hemmnis identifiziert. An dritter Stelle steht die technische Komplexität durch verschiedene Kombinationen von Förder- mittel- beziehungsweise Kreditgebern, die zu einer Verunsicherung der Kunden führt. Interessanterweise stehen diese Punkte noch vor dem Sanierungshemmnis der fehlenden Finanzmittel. Diese Rückmel- dung zeigt klar, dass in der politischen Positionierung des GIH trotz der sich ab- Energie KOMPAKT – 06/2018
Politik 7 zeichnenden Erhöhung der technischen Ansprüche an Gebäudesanierung auf eine Vereinfachung beziehungsweise bessere Verständlichkeit der Fördermaßnahmen hinzuwirken ist. Einschätzung der künftigen Marktentwicklung Die künftige Marktentwicklung wird aus Sicht der GIH-Energieberater im Wesentli- chen durch zwei Themen geprägt: Die Ar- beiten von Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) und Bundesstelle für Energieeffizi- enz (BfEE) zur Definition eines Berufsbildes Energieberatung beziehungsweise von Beratungskomponenten sowie die Aus- weitung des Unabhängigkeitskriteriums der Förderrichtlinie 2017. Eine klare Standardisierung von Aus- bildung und Beratungskomponenten findet weitgehend Zuspruch. So sehen insgesamt 72 Prozent der Befragten eine aktuellen Tätigkeiten liegen (Abbildung wird ein Lotse, der in einer Art Rundum standardisierte Prüfung als wichtig für 2). Dies sind an erster Stelle innovative sorglos-Garantie die Kunden durch tech- die Qualitätssicherung und das Vertrauen Heizsysteme, gefolgt von Niedrigenergie- nisch, rechtlich und wirtschaftlich unbe- der Kunden an. 36 Prozent der Befragten häusern und altersgerechneter Sanierung kanntes Terrain begleitet. Klar ist aller- könnte sich eine Definition eines einheit- beziehungsweise die energetische Opti- dings auch, dass diese Funktion erfordert, lichen Qualitätsprofils vorstellen, 21 Pro- mierung von Bürogebäuden. in neuen Kooperation zu denken, um im zent die Erstellung einer Honorarordnung Komplexere Angebot, die eine Kooperati- Verbund mit Dritten eine umfassendere für einzelne Beratungskomponenten. Die on mit Dritten erfordern beziehungsweise Palette an Energiedienstleistungen anbie- Abfrage nach der Effektivität des indivi- kapitalintensiv sind (Contracting, Klima- ten zu können. duellen Sanierungsfahrplans zeigt ein anpassung, E-Mobilität) werden demge- unentschlossenes Bild der GIH-Mitglieder: genüber sehr zurückhaltend beurteilt. Professor Dr. Marc Ringel 52 Prozent der 343 Antworten sehen den Gleichwohl zeigt die Befragung, dass die Fahrplan als geeignetes Instrument zur Mehrheit der Mitglieder Kooperations- Komplexitätsreduzierung, 48 Prozent sind möglichkeiten untereinander beziehungs- Die vollständige Analyse erscheint dem- nicht dieser Auffassung. weise mit anderen Energiedienstleistern nächst im englischsprachigen Original Die Neuausrichtung der Förderrichtlinie durchaus positiv gegenübersteht und unter: Ringel, Marc (2018): Energy Advice wird – erwartungsgemäß – weitgehend hierin eine Möglichkeit sieht, sich in dem in Germany: a market actors‘ perpsective. negativ bewertet. 51 Prozent der Befrag- stärkeren Wettbewerb zu behaupten. International Journal of Energy Manage- ten erwarten eine verschärfte Konkurrenz; ment. 67 Prozent eine sehr bedeutsame bezie- Resümee hungsweise bedeutsame Beeinträchti- gung der gegenwärtigen Preisstrukturen. Die Auslese der verschiedenen Marktstu- Insgesamt 70 Prozent erwarten als Folge dien zeigt, dass auf dem Markt für Energie- Autor der breiteren Auslegung des Unabhän- beratung künftig mit einem verschärften gigkeitskriteriums eine klare Verschlechte- Wettbewerb zu rechnen ist, gleichzeitig rung der Beratungsqualität. aber weiterhin ein hohes Auftragspoten- zial in Form nicht erfolgter Sanierungen Anpassungsstrategien an eine besteht. Um dieses Potenzial zu erschlie- stärkere Marktdynamik ßen, sind von politischer Seite die oben erwähnten Barrieren abzuräumen, die ins- Vor dem Hintergrund eines schärferen gesamt als „Unannehmlichkeiten-Faktor“ Wettbewerbs stellt sich zwangsläufig („hassle factor“, beziehungsweise ökono- Dr. Marc Ringel, ist als Professor die Frage nach Anpassungsstrategien: In misch formuliert: Transaktionskosten) be- für Energiewirtschaft im Studi- welchen Geschäftsfeldern sehen die GIH- zeichnet werden können. engang Energie- und Ressour- Mitglieder künftig ein gutes Entwicklungs- Mit zunehmend technischer Komplexität cenmanagement an der Hoch- potenzial? Hier zeigt sich, dass die Befrag- der Sanierung gewinnt die Übernahme schule für Wirtschaft und Umwelt ten eine deutliche Präferenz für Angebote von Verantwortung zur Bewältigung die- (HfWU) seit 2013 tätig. haben, die vergleichsweise nahe an den ser Komplexität einen Eigenwert: Gesucht Energie KOMPAKT – 06/2018
8 Politik Wärmewende Warum es ohne Dämmen nun mal nicht klappt Die neue Agora-Effizienzstudie für den Gebäudewärmesektor1 – auf der einen Seite wird Ener- gieeffizienz als tragende Säule der Energiewende bejubelt, auf der anderen fällt sie in wichtigen energiepolitischen Debatten – wie der aktuellen Kohlediskussion – immer wieder hinten runter. Die Bundesregierung hat sich nach langem Zögern nun doch entschlossen, eine Gebäude-Kommis- sion einzurichten. Mit der angekündigten Energieeffizienzstrategie hat sie jetzt die Chance, Maß- nahmen für Gebäude zu benennen, um auf Zielkurs einzuschwenken. Denn mit einem „Weiter-so“ werden wir das Klimaschutzziel im Gebäudebereich für 2030 weit verfehlen. Hier loszulegen ist nicht nur aus Klima- Euro bedeutet bei einer Sanierungsrate der Wärmewende ist eine Verdopplung. schutzgründen dringend geboten: Wenn von 1 Prozent ein Zuschuss von 15.000 Die Alternative, ein flächendeckender Ein- Deutschland seine Klimaschutzziele für Euro pro saniertem Gebäude – zusätzlich satz von synthetischen Brennstoffen, die den sogenannten Nicht-ETS-Sektor, in den zur bisherigen KfW-Förderung.2 aus erneuerbarem Strom erzeugt werden auch die Gebäude fallen, auch nach 2020 Mit unserer neuen Studie „Wert der Ef- (Power-to-Gas/ Power-to-Liquid) als Ersatz weiterhin verfehlt, wird der Finanzminis- fizienz im Gebäudesektor in Zeiten der für fossiles Erdgas und Heizöl ist kurzfris- ter Jahr für Jahr sehr viel Geld – voraus- Sektorenkopplung“ setzen wir hierfür tig kaum darstellbar und würde die deut- sichtlich Milliardenbeträge – ausgeben dringend benötigte Impulse. Sie zeigt: Der schen Haushalte bis zu 8,2 Milliarden Euro müssen, um Emissionsminderungen in kostengünstigste und einzig realistische im Jahr mehr kosten als der Effizienz-Pfad. anderen EU-Ländern zu kaufen. Die Al- Weg zu einem klimafreundlichen Wär- In der Studie wurden fünf verschiedene ternative lautet: zuhause investieren! Mit me- und Heizsystem führt über größere Szenarien betrachtet: Das „Effizienz2“- etwa 30 Milliarden Euro bis 2030, also 2,7 Effizienzanstrengungen im Gebäudebe- Szenario, das die äußerst ambitionierte, al- Milliarden Euro pro Jahr könnte man bei- reich und hier vor allem die Dämmung lerdings nicht mit Maßnahmen unterlegte spielsweise die KfW-Förderung mehr als bestehender Gebäude. Derzeit wird jähr- Effizienzstrategie des Bundeswirtschafts- verdoppeln, ebenso wie die hierdurch be- lich etwa eines von hundert Bestandsge- ministeriums (BMWi) aus dem Jahr 2015 wirkten CO2-Einsparungen. 2,7 Milliarden bäuden gedämmt, nötig für das Gelingen abbildet, drei „Effizienz-plus-X“-Szenarien, Abb. 1: Unterschiedliche Strategien zur Zielerreichung in den Abb. 2: Rahmendaten der Szenarien (ifeu 2018) Szenarien; schematische Darstellung der Endenergieverbräuche im Gebäudebereich (ifeu 2018) 1 ifeu, Fraunhofer IEE und Consentec (2018): Wert der Effizienz im Gebäudesektor in Zeiten der Sektorenkopplung. Studie im Auftrag von Agora Energiewende 2 Eigene Abschätzung Ifeu (2018), auf Basis von Agora Energiewende und Agora Verkehrswende (2018): Die Kosten von unterlassenem Klimaschutz für den Bundeshaushalt; Annah- me: bei Ausgaben in Höhe von bis zu 60 Milliarden Euro bis 2030, um Emissionsrechte in anderen EU-Staaten zu beschaffen, entfallen etwa die Hälfte (30 Milliarden Euro) auf den Gebäudebereich, da etwa die Hälfte vom Nicht-ETS-Sektor Gebäude ausmachen. Energie KOMPAKT – 06/2018
Politik 9 in denen ein realistisch-ambitioniertes im Gebäudebereich, ohne zuvor den Ener- Effizienzpotenziale durch Gebäudedäm- Energieeffizienzniveau mit mehr Erneu- gieverbrauch des Gebäudebestands nen- mung heben. Da Planung und Beratung erbaren Energien, mehr Wärmepumpen nenswert gesenkt zu haben, ist eine kost- bei der Stärkung des Vertrauens in die beziehungsweise mehr synthetischen spielige, klimapolitische Sackgasse, die Dämmung zentral sind, sollte auch in den Brennstoffen kombiniert wird, und ein nicht nur abhängig macht von dauerhaft Förderrichtlinien der Beratungsprogram- „Niedrig-Effizienz“-Szenario, das die Kli- hohen Importen, sondern auch das Hei- me vertieft darauf eingegangen werden. maschutzdefizite mit sehr hohen Anteilen zen für jeden Einzelnen verteuert. Damit die Wärmewende gelingen kann, synthetischen Brennstoffen kompensiert. In der energetischen Sanierung bestehen- braucht es zügig eine Roadmap Gebäu- Für jedes der Szenarien haben die Forsche- der Gebäude liegt einer der wichtigsten deeffizienz 2030. Ohne eine rasche und rinnen und Forscher im Auftrag von Agora Schlüssel. Ohne hinreichende Dämmung umfassende steuerliche Förderung der Energiewende die gesamtwirtschaftlichen ist kein sinnvoller Einsatz von Wärmepum- energetischen Gebäudesanierung, kom- Kosten ermittelt und sie mit dem BMWi- pen, erneuerbarer Wärme oder Niedrig- biniert mit Ordnungsrecht und klaren An- Szenario verglichen. Hierbei zeigte sich, temperatur-Wärmenetzen möglich. Sie ist reizen für Hauseigentümer („Fördern und dass die ersten vier Szenarien alle sehr der Türöffner für die Weiterentwicklung Fordern“) wird die Wärmewende nicht ähnliche Kosten aufweisen, während das der Gebäudetechnik. Höhere Dämmstan- gelingen. Szenario Niedrig-Effizienz-mit-viel-syn- dards von Gebäuden gehen zudem fast thetischen-Brennstoffen deutlich höhere immer auch mit der Steigerung des Wohn- volkswirtschaftliche Kosten aufweist. und Gebäudewertes einher. Insofern ver- Neben den Kosten ist vor allem ihre Re- ringern effiziente Gebäude den Aufwand alisierbarkeit ein zentrales Kriterium für an Energieerzeugung und -verteilung, die Bewertung der Szenarien. Die not- bewahren erneuerbaren Potenziale für wendigen Markthochläufe aller Gebäude- neuralgische Anwendungen und schaffen Klimaschutztechnologien sowie die damit Spielraum, um zukünftig noch flexibel auf verbundenen Anforderungen an Energie- mögliche Pfadänderungen reagieren zu berater, Handwerker und Hersteller sind in können. Schließlich wissen wir alle nicht, allen Szenarien hoch bis extrem hoch. Nur, ob die vorausgesetzten Entwicklungen wenn bei allen Optionen – Dämmstoffen, auch tatsächlich eintreten werden. Wärmepumpen, erneuerbaren Wärmeer- Trotz des hohen Gewichts, das die Ener- zeugern und synthetischen Brennstoffen gieeffizienz der Gebäude als Vorausset- – eine Vervielfachung der Installationszah- zung für die Zielerreichung hat, passiert len stattfindet, sind die Wärmewendeziele bei der energetischen Gebäudesanierung 2030 und 2050 erreichbar. Das heißt, die leider viel zu wenig. Die Bundesregierung Zeit des „Entweder-oder“ beim Einsatz hat diese Zurückhaltung noch dadurch verschiedener Wärmetechnologien ist an- verschärft, dass sie seit Jahren die steuerli- gesichts der Versäumnisse der Vergangen- che Förderung verspricht, diese aber nicht heit vorbei. Der alleinige, flächendecken- umsetzt. Das führt zu Attentismus. Die Po- de Einsatz von synthetischen Brennstoffen litik sollte daher mit höchster Priorität die Die Studie „Wert der Effizienz im Gebäu- desektor in Zeiten der Sektorenkopplung” wurde gemeinsam vom Institut für Ener- gie- und Umweltforschung Heidelberg, Abb. 3: Benefits von dem Fraunhofer-Institut für Energiewirt- Effizienz im Gebäude- schaft und Energiesystemtechnik und der bereich (ifeu 2018) Consentec GmbH erarbeitet. Sie hat einen Umfang von 148 Seiten und steht unter https://www.agora-energiewende.de/ veroeffentlichungen/wert-der-effizienz- im-gebaeudesektor-in-zeiten-der-sekto- renkopplung/ zum kostenlosen Download zur Verfügung. Die Annahmen und detail- lierten Modellierungsergebnisse werden in der Studie umfangreich dargestellt. Alexandra Langenheld/ Agora Energiewende, alexandra.langenheld@ agora-energiewende.de Energie KOMPAKT – 06/2018
10 EnBauSa.de Christian Stolte, Bereichsleiter energieeffiziente Gebäude der Deutschen Energieagentur Bestandssanierung bringt mehr als härtere Neubau-EnEV Foto: © Gudrun de Maddalena Die Gebäudesanierung stagniert, eine Verschärfung der energetischen Standards für Neubauten ist in die Kritik geraten. Christian Stolte, Bereichsleiter energieeffiziente Gebäude der Deutschen Energieagentur (Dena), hat berechnet, dass eine Verschiebung der EnEV-Verschärfung im Neu- bau für die Klimawende kaum Relevanz hat. Steuerliche Abschreibung für Eigenheimbesitzer, eine Energieberatungsoffensive oder flächendeckende Kommunikation zum Sanierungsfahrplan nennt er im Interview mit EnBauSa.de als mögliche Maßnahmen, um bei Sanierung einen Schritt nach vorne zu machen. Der Wohnraumgipfel habe sich zu sehr auf den Neubau konzentriert. Halten Sie eine weitere Verschärfung Erstellt man bei einer Beibehaltung gien darauf zu verwenden, wie man im der EnEV-Standards im Neubau im des derzeitigen Niveaus nicht künftig Bestand etwas bewegt. Man kann damit Moment für sinnvoll? Neubauten auf einem zu schlechten leben, dass man über einige wenige Jah- Das ist eine spannende Frage. In man- Standard, wenn man Klimaneutralität re beim jetzigen Niveau der Verordnung chen Fällen rechnet es sich, in anderen will? bleibt und über eine intensive Förderstra- nicht. Immerhin werden 50 Prozent aller Ich habe mal versucht das zu überschla- tegie den Anteil noch über 50 Prozent Neubauten mit einem hohen Effizienz- gen. Ich gehe dabei von einem Prozent ausweitet. standard gegenwärtig über die KfW ge- Neubaurate aus, 50 Prozent werden oh- fördert. Wenn man die EnEV verschärft, nehin schon auf einen besseren Standard Wo sehen Sie Optionen im Bestand? werden gleichzeitig die Hürden für eine gefördert und einer Verschiebung der Da ist ja wenig in Bewegung... Förderung höher. Deswegen bin ich hin- Verschärfung um drei Jahre. 15 Kilowatt- Das stimmt, wir kommen nicht so richtig und hergerissen. Ich halte eine Beibe- stunden pro Quadratmeter und Jahr ist voran. Im Bestand hinken wir bei der Ge- haltung derzeit für gut, weil das für den die Differenz, die man mit einer Verschär- bäudehülle und bei der Anlagentechnik Moment etwas Ruhe in die Diskussion fung einsparen würde. Damit haben wir stark hinterher. Da hat man ganz andere bringt. Außerdem ist die Relevanz einer einen Wirkmechanismus von 0,2 Prozent Größenordnungen die man einsparen etwas verschobenen Verschärfung über- unseres gesamten Energieverbrauchs im kann als im Neubau. schaubar. Auf keinen Fall darf man aber Gebäudebereich, das ist in etwa die Grö- Standards zurückschrauben. ßenordnung. Da ist es besser, die Ener- Energie KOMPAKT – 06/2018
EnBauSa.de 11 Werden die Themen Sanierung und Haben Sie wirklich noch Hoffnung, Effizienz im Moment verdrängt durch dass das kommt? 6 die Debatte um Sektorkopplung? Natürlich habe ich Hoffnung, und wir ver- Die GEEA-Gebäudestudie und die Dena- suchen auch weiter Impulse zu setzen. Leitstudie haben gezeigt, dass es nicht Ich weiß, dass es im politischen Raum da- https://www.enbausa.de/ finanzierung/aktuelles/ ein einzelnes Segment gibt, das uns im für glühende Verfechter gibt. artikel/bestandssanierung- Gebäudebereich rettet. Wir brauchen ein bringt-mehr-als-haertere- Zusammenspiel aus einer verbesserten Hat denn der Wohnraumgipfel Impulse neubau-enev-6128.html Gebäudehülle, einer guten effizienten gebracht, dort hat die Effizienz ja keine Anlagentechnik mit erneuerbaren Ener- große Rolle gespielt? gien. Wir müssen aber auch schauen, wie Der Wohnraumgipfel war ein sehr neu- Sie muss bald kommen. Im Moment wird wir die Energieträger besser machen, bauorientierter Gipfel. Der Gebäudebe- sie immer mal wieder angerissen als The- zum Beispiel durch Power-to-X. Wir brau- stand war nicht im Fokus. Die Dena konn- ma, aber wann und in welcher Form sie chen diese Dreifachstrategie. Ich sehe te an dem Gipfel teilnehmen und hat kommt, weiß noch niemand. Es ist aber Chancen und Notwendigkeiten, dass im auch Themen wie Bestandssanierung, die auch niemand geholfen mit einer Kom- Bereich der Sektorkopplung etwas pas- steuerliche Absetzbarkeit und Lösungen mission, die irgendwann 2019 tagt und siert, aber wir dürfen über so eine Dis- in Quartieren angesprochen. Wir müssen dann 2020 oder 2021 einen Bericht vor- kussion die anderen Herausforderungen aufpassen, dass wir uns nicht ausschließ- legt. Das ist zu langsam. nicht aus den Augen verlieren. Das ist die lich auf den Neubau konzentrieren. Krux im Gebäudebereich: Wir müssen im Aber dass diese Kernthemen nicht Prinzip immer die Augen in alle Richtun- Müsste es nicht eigentlich einen adressiert werden, hängt doch damit gen offenhalten und das Thema an vielen Sanierungsgipfel geben? zusammen, dass es im Moment im Bun- verschiedenen Stellen voranbringen. Das wäre sicher eine super Idee. Ein Gip- desinnenministerium keinen Fokus gibt fel der sich damit beschäftigt, wie wir den auf das Thema Bauen im Bestand gibt... Reichen im Moment die vorhandenen Gebäudebestand auf die Spur kriegen, Das Thema Bestandssanierung in der Maßnahmen aus, um die Sanierung dass die Klimaziele erreicht werden. Energiewende ist in der kompletten ge- stärker in den Fokus zu rücken? sellschaftlichen Debatte leider in den Nein, da passiert zu wenig, die Maßnahmen Diskutiert wird in diesem Zusammen- Hintergrund gerückt. Wir müssen errei- reichen nicht. Ein Thema ist die steuerliche hang über eine Gebäudekommission chen, dass das wieder mehr in den Fokus Absetzbarkeit. Das ist schlimm, wenn man auf Bundesebene. Ist das eine Idee, die rückt und wir wieder mehr Druck auf den das über Jahre diskutiert und es kommt Sie für sinnvoll halten? Kessel bekommen. Dann wird es wieder nichts. Es ist wichtig, dass es eingeführt wird, Das kommt auf den Auftrag und das Er- leichter, Maßnahmen zu verabschieden. wie es ja auch im Koalitionsvertrag steht. gebnis an. Ich kann mir vorstellen, dass Das ist ein Instrument, das auf das Segment man eine Gebäudekommission so struk- der privaten Eigentümer abzielt und eine turieren kann, dass sie eine Wirkung ent- Die ungekürzte Fassung des Interviews sehr starke Wirkung entfalten kann. faltet. Dazu gehört aber vor allem Tempo. kann man auf EnBauSa.de nachlesen. Was steckt hinter Vertrauen ist ein kostbares Gut am Bau. Wie es entsteht? Projektsicherheit mit Sto? Durch echte Teamarbeit. „Wir waren von der Idee des Archi- Bauleiter wie Dieter tekten begeistert, durch flä- chenbündige Reliefs mit Licht Kellermann, für den und Schatten an der Fassade zu spielen“, sagt Bauleiter Teamarbeit mit der Dieter Kellermann von der WGH-Herren- hausen eG. „Aber die Umsetzung war für Planung beginnt. uns neu.“ An Musterflächen entwickelte Sto Detaillösungen und schulte die Fach- handwerker. Mehr Projekteinblick gibt’s auf: www.zukunft-fassade.de/stories Bewusst bauen.
12 Neuer DGNB Report Zukunftsfähigkeit von Kälteanlagen Unter dem Titel Kostenfalle Kältemittel – Was Bauherren und Planer wissen sollten, hat die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB), einen neuen Report veröffentlicht. Die Publikation weist auf die Auswirkungen der seit 2015 gültigen neuen Fassung der F-Gas-Verordnung hin und zeigt Alternativen zur Verwendung von teilfluorierten Kältemitteln (HFKW) auf. Der Bedarf an Klimakälte wird in den kom- Um dem entgegenzuwirken, wurde be- menden Jahrzehnten global in großem reits 2015 in einer verschärften Form die Umfang ansteigen. Neben dem Klima- sogenannte F-Gas-Verordnung erlassen. wandel und der Erderwärmung spielen Diese sieht vor, dass bis zum Jahr 2030 hier viele weitere Faktoren eine Rolle. Dazu die Menge der CO2-Äquivalente von zählen die fortschreitende Digitalisierung HFKW schrittweise um rund 80 Prozent und die damit verbundene Notwendigkeit beschränkt wird. Schon in diesem Jahr einer Kühlung der Computertechnik und standen am Markt nur noch 63 Prozent Serverräume. Ein anderer Faktor ist die der Ausgangsmenge zur Verfügung. Der veränderte Bauweise mit zunehmend ver- Effekt: Eine Verteuerung, die in Zukunft glasten Gebäuden auch in heißen Regio- weiter zunehmen wird, und die Notwen- nen, aber auch die sich verändernden An- digkeit für die Nutzer, ihre Anlagen noch forderungen der Nutzer. Problematisch ist vor dem Ende der eigentlichen Lebens- Schritt über Möglichkeiten für eine passive dies nicht nur aus Sicht der damit verbun- dauer austauschen zu müssen, wenn diese Kühlung in Gebäuden intensiv Gedanken denen Steigerung des Energieverbrauchs nicht mehr gewartet werden können oder zu machen. Hierbei geht es um Maßnah- und der CO2-Emissionen. Im Großteil der die Betriebsmittel zur Nachfüllung nicht men wie Verschattung, eine angemessene heute bestehenden Kälteanlagen werden mehr verfügbar sind. Wärmedämmung, angemessene Fenster- noch klimaschädliche Kältemittel verwen- flächen oder die Reduzierung interner Las- det. Lösungsansätze: passive Kühlung und ten von Elektrogeräten und Beleuchtung. natürliche Kältemittel „Die Kälte- und Klimabranche steht vor Der DGNB- Beim Thema Kältemittel ist man an einem einem Umbruch“, sagt Dr. Anna Braune Report kann Wendepunkt angekommen: Entweder (Foto), Abteilungsleiterin Forschung und kostenfrei werden von der Industrie neue, heute Entwicklung bei der DGNB. „Weiterhin auf von der noch nicht verfügbare Alternativlösungen klimaschädliche Kältemittel zu setzen, ist Internetseite entwickelt, oder natürliche Kältemittel wie keine Option. Es braucht umweltfreund- herunter- CO2, Propan oder Wasser kommen wieder liche und zukunftssichere Methoden, geladen vermehrt zum Einsatz. Die DGNB geht in Gebäude thermisch komfortabel zu be- werden. ihrer Veröffentlichung auf die spezifischen treiben.“ Anregungen, wie dies aussehen Fotos: DGNB Vor- und Nachteile der verschiedenen kann, zeigt der DGNB Report Kostenfalle natürlichen Kältemittel ein und benennt Kältemittel, der kostenfrei heruntergela- zudem eine Reihe von neuen Lösungen. den werden kann. Insbesondere regt die Publikation Bau- herren und Planer dazu an, sich im ersten www.dgnb.de/reports Energie KOMPAKT – 06/2018
News 13 Smart Home-Anwendungen Größter Hemmschuh ist die Interoperabilität Auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) im September in Berlin diskutierte die Wirtschaftsiniti- ative Smart Living unter der provokanten Überschrift „Smart Living braucht doch kein Mensch“ über das Marktpotenzial von Smart-Home-Anwendungen. Mit dem Ergebnis, dass die größte Hemm- schwelle für den Transfer von Innovationen in den Smart-Home-Markt die fehlende Interoperabilität der einzelnen Geräte sei. Moderator Alexander Dauensteiner von Quelle: Anja Rottke/VDE der Vaillant Group wies zu Beginn der Diskussionsrunde, an der auch Vertreter aus der Wohnungswirtschaft, dem Elekt- rohandwerk und der Prüf- und Standardi- sierungsbranche teilnahmen, auf den seit 20 Jahren bestehenden Markt für Smart- Home-Produkte hin. Obwohl sich dieser vor allem in den letzten Jahren stark ent- wickelt habe, sei das Potenzial bei weitem noch nicht ausgeschöpft. „Einige Mieter und Wohnungsbaugesellschaften gehen in Deutschland voran, dahinter klafft eine große Lücke“, illustrierte Dr. Claus Wede- meier vom Bundesverband deutscher fehlende Interoperabilität der einzelnen Dechert, Geschäftsführer des Zentralver- Wohnungs- und Immobilienunterneh- Geräte aus. Sie beklagten die Defizite bei bands der Deutschen Elektro- und Infor- men (GdW) diesen Sachverhalt. der Standardisierung. „Der Transfer von mationstechnischen Handwerke (ZVEH): Innovationen in den Smart-Home-Markt „Endkunden können unter www.elektro- Sicherheitstechnologien kann nur gelingen, wenn die bestehen- handwerk.de auf eine Datenbank mit über werden kaum genutzt den Hemmnisse beseitigt werden“, stellte 600 qualifizierten Smart-Home-/Smart- Dr. Reiner Wichert von der AHS Assisted Building-Betrieben zurückgreifen.“ Seit die Nach wie vor ausbaufähig sei vor allem Home Solutions GmbH klar. Der Fokus Nachfrage nach smarten Anwendungen die Nutzung sicherheitsrelevanter Tech- müsse daher künftig stärker auf der Er- erheblich zugenommen habe, würden die nologien. Nicht einmal jeder zwanzigste weiterbarkeit von Lösungen, dem Schutz Ausbildungsberufe im E-Handwerk von Haushalt setzte zum Schutz gegen unge- der Privatsphäre und der Prüfung von Pro- jungen Menschen als immer attraktiver betene Besucher etwa auf vernetzte Tür- duktversprechungen liegen – nur so kön- wahrgenommen. Smarte, intelligente Ge- und Fenstersensoren. Smarte Fernseher ne das Vertrauen der Käufer gewonnen bäudetechnik sei ein hochinteressantes hingegen finden sich in 32 Prozent der werden. Wichert zufolge gelte es, alle Play- Berufsfeld, in dem die Aus- und Weiterbil- Haushalte, intelligente Haushaltsgeräte er der Branche an einen Tisch zu bringen: dungsangebote ständig an die neuesten werden von 13 Prozent und Sprachassis- „Die Gründung der Wirtschaftsinitiative Technologien angepasst werden. tenten von acht Prozent genutzt. Smart Living ist schon einmal ein richtiger Schritt in diese Richtung“. Zehn-Jahres-Ausblick Trotz Zufriedenheit kaum Investitionen geplant Das Handwerk spielt eine In ihrem Zehn-Jahres-Ausblick kamen die entscheidende Rolle Experten zu einer positiven Einschätzung Auch wenn die Nutzer von Smart-Home- des Marktverlaufs für Smart-Home-An- Geräten und -Lösungen laut Bitkom-Stu- Eine entscheidende Rolle für den Erfolg wendungen: Im Jahr 2028 seien Sprachas- dien überaus zufrieden mit ihren Anschaf- bei der Einführung neuer Produkte und sistenzsysteme in den Haushalten gang fungen sind, planen in den kommenden Lösungen spiele Dauensteiner zufolge und gäbe und Smart-Home-Lösungen sechs Monaten lediglich 23 Prozent den das Handwerk. Die zweiflerische Frage, würden dann im Neubau zur Grundaus- Kauf eines weiteren Smart-Home-Pro- ob es denn überhaupt ausreichend Un- stattung gehören. dukts. Als größte Hemmschwelle machten ternehmen gebe, die ein Smart Home job die Teilnehmer der Diskussionsrunde die installieren können, entkräftete Bernd Energie KOMPAKT – 06/2018
14 News Thermische Simulation Professioneller sommerlicher Wärmeschutz Der Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes gemäß EnEV Anlage 1 Ziffer 3 kann in der Ener- gieberatersoftware EVEBI in drei Stufen erfolgen: Ganz einfach durch Berechnung des Sonnenein- tragskennwertes für einen ausgewählten Raum, umfassend über die Bestimmung des kritischen Raumes durch die Berechnung aller Sonneneintragskennwerte bis hin zur umfassenden dynami- schen thermischen Simulation der Räume beziehungsweise des gesamten Gebäudes. Der Nachweis des sommerlichen Wärme- EVEBI an. Berechnet werden die Übertem- Die Simulation erfolgt raumweise. In ei- schutzes gemäß EnEV Anlage 1 Ziffer 3 peraturstunden (Anzahl der Stunden und nem Diagramm werden die Ergebnisse kann in der Energieberatersoftware EVEBI Kelvin über der maximal erlaubten Raum- grafisch dargestellt. Ein ausführlicher Er- in drei Stufen erfolgen: Ganz einfach durch temperatur) sowie deren Überschrei- gebnisbericht zeigt die Gebäude- und Berechnung des Sonneneintragskennwer- tungshäufigkeit in Stunden mit überhöh- Raumdaten, die Randbedingungen und tes für einen ausgewählten Raum, umfas- ten Raumtemperaturen. Die Berechnung natürlich die Simulationsergebnisse an- send über die Bestimmung des kritischen erfolgt gemäß DIN 4108-2 in Anlehnung schaulich. Raumes durch die Berechnung aller Son- an die DIN EN ISO 13791. Wie in EVEBI üblich, beruht die Berech- neneintragskennwerte bis hin zur umfas- Zur Berechnung herangezogen werden nung auf den bereits eingegebenen Pro- senden dynamischen thermischen Simu- die Räume mit ihren Begrenzungsflächen jektdaten, sodass keine Mehreingaben lation der Räume beziehungsweise des (Fenster- und Wandkonstruktionen), die notwendig sind. Die vorgeschriebenen gesamten Gebäudes. Nutzungsverhältnisse (Lüftung sowie in- Randbedingungen werden automatisch Envisys bietet damit ein weiteres Modul nere Wärmegewinne wie Personen, Be- gesetzt. EVEBI – Sommerlicher Wärmeschutz Si- leuchtung, Arbeitsgeräte etc.) sowie das mulation für die Energieberatersoftware Außenklima (Temperaturen, Strahlung). www.envisys.de EVEBI – Sommer- licher Wär- meschutz - Simulation Energie KOMPAKT – 06/2018
15 Ein Neubau in der Schweizer Gemeinde Vechigen verzichtet auf einen Anschluss an das öffentliche Stromnetz und versorgt sich selbst mit Solarthermie, Photovoltaik und Stromspeicher. Foto: POWERBALL-Systems AG 100 Prozent energieautark Neubau ohne Netzanschluss Einfamilienhaus in der Schweiz verzichtet auf Anschluss an öffentliches Stromnetz – 100 Prozent energieautark mit Stromspeicher, Photovoltaik und Solarthermie. Rund 10 Kilometer östlich der Schweizer thermie, Photovoltaik und Stromspeicher. und Leistung benötigen, kann so schnell Stadt Bern liegt die Gemeinde Vechigen. Entscheidend für den Erfolg der absoluten und unkompliziert nachgerüstet werden. Am Ortsrand steht dort in hügeliger Land- Autarkie sind die passenden Speicher für Im Netz-autarken Einfamilienhaus werden schaft ein neu gebautes Einfamilienhaus Wärme und Strom, die auch in sonnenar- zum Start drei Powerball Stromspeicher mit bei dem Fachleuten auf den ersten Blick men Monaten für genug Energie sorgen. einer Gesamtkapazität von 40 Kilowattstun- wohl die Ganzdachanlage aus Photovoltaik Stromspeicher und Energiemanagement den brutto und einer Abgabeleistung von und Solarthermie Modulen auffallen dürf- liefert das Schweizer Unternehmen Power- 16 Kilowatt installiert. Die Speicher werden te. Das Interessanteste an diesem Neubau ball-Systems. Deren Stromspeicher passen im Off-Grid Modus mit der Powerball Insel- ist aber das, was nicht sichtbar ist. Das Haus sich in Kapazität und Leistung präzise an funktion arbeiten und das komplette elek- verzichtet auf den heute selbstverständli- die individuellen Bedürfnisse einer Anwen- trische Energiemanagement im Gebäude chen Anschluss an das öffentliche Strom- dung an. Außerdem können sie jederzeit übernehmen. netz. Es ist 100 Prozent autark und versorgt erweitert werden, auch nach Jahren. Soll- seine Bewohner ausschließlich mit Solar- ten die Betreiber in Zukunft mehr Kapazität Organische Photovoltaik Mehr Energie durch Kanalisierung Bei der Energieerzeugung mit Solarzel- Transport ungerichtet. Einem Forscher- geleitet werden. „Für Energieanwen- len kommt den sogenannten Exzitonen team des Karlsruher Instituts für Tech- dungen ist das Potenzial eines gerich- eine wichtige Funktion zu. Sie entstehen nologie (KIT) ist es nun gelungen, den teten Exzitonentransports enorm“, sagt als teilchenartige Komplexe aus Elektro- Exzitonenfluss in bestimmte Richtun- Christof Wöll vom Institut für Funktio- nen und Elektronenfehlstellen, sobald gen zu lenken. Die „Kanalisierung“ der nelle Grenzflächen des KIT. „Wenn es Photonen in den Halbleiter eindringen. Exzitonen gelang den Wissenschaftle- uns gelingt, organische Solarzellen nach Diese Quasiteilchen transportieren dann rinnen und Wissenschaftlern mit einem diesem Prinzip zu fertigen, könnte die die Energie des absorbierten Lichts, bis speziellen Gerüstmaterial, in das die Energieausbeute im Vergleich zu kon- sie in der Nähe der elektrischen Kontak- Forscher dünnste, genau ausgerichtete ventionellen Zellen erheblich gesteigert te in positive und negative Ladungen Schichten von Anthracen, einem organi- werden.“ Zukünftig wollen die Forscher aufgespalten werden, die dann einen schen Halbleiter, eingebracht haben. Mit daran arbeiten, die Effizienz des Exzito- Stromfluss in Gang setzen. In norma- diesem neuartigen Material können die nentransports und die Diffusionslänge len Halbleitermaterialien erfolgt dieser Exzitonen effizienter zu den Elektroden zu erhöhen. mhe Energie KOMPAKT – 06/2018
16 Aufdach-Wärmedämmung eines Einfamilienhauses mit Holzfaserdämmplatten. Foto: Florian Gerlach/Wikipedia Raus aus der Nische Trend zur ökologischen Dämmung Auch wenn das gesunde und nachhaltige Bauen noch immer ein Nischendasein führt, liegt die öko- logische Betrachtung von Baustoffen im Trend. Denn wer will schon in vier Wänden leben, die krank machen? Das Planen und Bauen ist heute sehr integraler Bestandteil der Planung, da- sogar vom Markt genommen werden. komplex geworden. Wer zusätzlich auf mit eine hohe Qualität des schadstoffar- Eine ganzheitliche ökologische Baustoff- gesunde und nachhaltige Baustoffe set- men Bauens gewährleistet werden kann. wahl ist auch deshalb so schwierig, weil zen will, steht erst recht vor großen He- Eine Schwierigkeit liegt auch darin, dass sie nach unterschiedlichen ökologischen rausforderungen. Vielen Planern, Archi- der Bauproduktmarkt einem permanen- Kriterien sowohl auf lokaler als auch auf tekten und Energieberatern fehlt noch ten Wandel unterliegt. Architekten und globaler Ebene erfolgen muss. Wirkzu- immer ein tieferes Verständnis über Planern fällt es schwer, den Überblick zu sammenhänge sind komplex und ohne Umwelt- und Gesundheitsaspekte beim behalten. Das gilt vor allem für die che- ausreichendes Produkt- und Prozesswis- nachhaltigen, gesunden Bauen. Dies gilt mischen Baustoffgruppen. Neue wissen- sen schwer abzuschätzen. sowohl für Baustoffe als auch für den Ver- schaftliche Erkenntnisse über die Aus- arbeitungsprozess. wirkungen bestimmter Stoffe und somit Keine einheitliche Definition Transparente Produktinformationen kön- deren Verwendung in Bauproduktrezep- nen zwar hilfreich sein, doch fehlt häufig turen führen immer wieder dazu, dass Was ist eigentlich nachhaltig? Für Dämm- das nötige prozessbezogene Wissen als bewährte Baustoffe neu klassifiziert oder stoffe zum Beispiel existiert keine ein- heitliche Definition. Es gibt auch kein allgemein geltendes Prüfzeichen, das alternative Dämmmaterialien ausweist. Eine rudimentäre Orientierung darüber, welche Dämmstoffe vergleichsweise um- weltschonend sind, bietet das bekannte Umweltsiegel Blauer Engel. Grundsätz- lich können ökologische Dämmstoffe • aus nachwachsenden Rohstoffen herge- stellt werden (zum Beispiel Hanf ). • aus Recycling-Material bestehen (zum Kalciumsilikatplatten Beispiel Altpapier) werden verputzt. • natürlichen mineralischen Ursprungs Foto: Sto sein (zum Beispiel Blähton) Energie KOMPAKT – 06/2018
Schwerpunkt Ökologische Dämmung 17 Gesundheitsgefährdende Baustoffe Asbest besteht aus faserförmigen Silikat-Mineralen, die häufig in Baumaterialien verwendet wurden. Ihre krebserzeugende Wirkung in der Lunge aufgrund ihrer Faserlänge und Biobeständigkeit war lange bekannt. Seit 1993 verboten Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT) wurde als Insektizid eingesetzt, ist giftig beim Verschlucken, steht im Verdacht, Krebs zu erzeugen und ist langfristig für Was- serorganismen sehr giftig. In der BRD wurde der Einsatz von DDT 1974 verboten, in der DDR im Baubereich bis 1989 eingesetzt. Lindan wurde als Insektizid in Holzschutzmitteln eingesetzt, bis es Mitte der 1980er Jahre für diese Anwendung verboten wurde. Es ist giftig beim Verschlucken, gesundheitsgefährdend beim Einatmen und bei Hautkontakt. Es wirkt vor allem schädigend auf Nerven und Leber. Mineralwollfaser vor 2000, auch „alte Mineralwolle“ gemäß TRGS 521 genannt. Die Stäube können nach dem Einatmen langfristig in der Lunge verbleiben und Krebs hervorrufen. Seit Juni 2000 gilt in Deutschland für alte Mineralwolle ein Her- Seegraskugeln lassen sich ohne chemische stellungs- und Verwendungsverbot. Zusätze als Dämmwerkstoff nutzen. Foto: Fraunhofer ICT Pentachlorphenol (PCP) verhindert den Pilzbefall von organischem Material wie Holz. Es ist giftig beim Verschlucken und bei Hautkontakt, zudem lebensgefährlich Kriterien für nachhaltige Dämmstoffe sind: beim Einatmen. Es steht im Verdacht, Krebs zu erzeugen und ist langfristig sehr • Umweltschonender An- bzw. Abbau giftig für Wasserorganismen. Bis zu seinem Verbot 1989 war es das am häufigsten • Überwiegend nachwachsende Rohstoffe eingesetzte Holzschutzmittel. • Geringer Energiebedarf bei der Her- Polychlorierte Biphenyle (PCB) wurden zum Brandschutz eingesetzt. Sie können stellung den Hormonhaushalt und damit die Fortpflanzungsfähigkeit stören. PCB stehen • Kurze Transportwege zudem im Verdacht, Krebs zu erzeugen. In Deutschland wurden sie bis etwa 1973 • Vermeidung von Sondermüll hergestellt. • Wiederverwertbarkeit der Dämmstoffe Treibmittel auf Basis von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) wirken schäd- • Gesundes Raumklima lich auf die Ozonschicht und besitzen ein erhebliches Treibhauspotenzial. Seit 1990 • Schadstofffreiheit ist ihre Anwendung in Dämmstoffen verboten. Neue PUR-/PIR- oder XPS-Dämm- • Schadstofffreie Verarbeitung stoffe enthalten daher keine FCKW mehr. • Überdurchschnittlicher sommerlicher Hitzeschutz Stoffgruppen, die noch immer Verwendung finden und teilweise mit Grenzwerten • Feuchtigkeitsregulierung belegt sind, werden in den Wecobis-Bauproduktgruppen oder in der Rubrik Son- • Gute Dämmleistung derthemen dargestellt. Weitere wichtige Bauprodukte für gesun- des und nachhaltiges Bauen sind Farben, Putze, Massiv-, Lehm- und Trockenbau- stoffe, Bodenbeläge, Dachdeckung und Fassadenbeläge. Noch immer ein Nischenmarkt Dass das ökologische Bauen noch immer ein Nischendasein fristet, zeigt sich er- neut gut am deutschen Dämmstoffmarkt. Er wird nach wie vor durch Mineralwolle und Polystyrol dominiert. Mineralwolle hält, bezogen auf die Produktionsmen- ge an Dämmstoffvolumen, einen Markt- anteil von gut der Hälfte. Dahinter liegt die Polystyroldämmung (inklusive XPS) mit mehr als einem Drittel Marktanteil. Nachwachsende Dämmstoffe sind laut Baustoffinformationssystem Wecobis mit etwa 5 Prozent vertreten. Anders verhält es sich bei Wärmedämm- verbundsystemen (WDVS): In diesem Energie KOMPAKT – 06/2018
ÖKOLOGISCHE DÄMMSTOFFE Einen ökologischen Dämmstoff zu finden, der zum Bauvorhaben passt, ist heute deut- sen zusätzlich über eine lange Zeit eine möglichst gleichbleibend hohe Dämmleistung lich einfacher als noch vor einigen Jahren. Heute sind ökologische Dämmstoffe im Han- erbringen, um in ihrer gesamten Ökobilanzierung besser abzuschneiden als nicht na- del, die eine ähnliche Wärmedämmwirkung wie Styropor haben. Aus bauökologischer türliche Dämmstoffe. Bei der Beurteilung der ökologischen Qualität eines Dämmstoffs Sicht sind Dämmstoffe von besonderer Bedeutung, denn Rohstoffgewinnung, Herstel- spielt auch sein Umwelteinfluss auf die Bewohner über den gesamten Lebenszyklus lung und Transport können die Umwelt im Vergleich zu anderen Baustoffen erheblich eine wichtige Rolle. Bei sehr langer Verwendungszeit können auch kleinste Schad- belasten. Das geschieht in der Regel durch einen höheren Verbrauch von Rohstoffen und stoffmengen, die über einen langen Zeitraum abgegeben werden, schädigend wirken. Energie sowie Luft- und Wasserverschmutzungen. Bei ökologischen, also im weitesten Außerdem sollten ökologische Dämmstoffe aus gesamtökologischer Betrachtung mehr Sinne natürlichen, Dämmstoffen sollen die Eingriffe in die Natur und die Auswirkungen Energie einsparen als zu ihrer Herstellung bzw. für ihre Wiederverwertung eingesetzt auf die Gesundheit für die Gebäudenutzer so gering wie möglich sein. Dämmstoffe müs- werden muss. ÜBERSICHT DER WICHTIGSTEN ÖKOLOGISCHEN DÄMMSTOFFE Dämmstoff Rohdichte Baustoffklasse Wärmeleitzahl Dampfdiffusions- Vor- und Nachteile in kg/m³ in W/(m·K) widerstand Blähton 300 - 700 A1 0,100 - 0,160 2-8 쏹+ unverrottbar, schädlingsresistent, recyclebar, feuchteunempfindlich und (Schüttung) frostbeständig, nicht brennbar, guter sommerlicher Hitzeschutz, sehr form- beständig 쏹– hoher Energieaufwand bei der Herstellung, relativ schlechte Wärmedämmung Flachs 20 - 40 B2 0,040 1-2 쏹+ gute Wärmedämmung, schimmel- und schädlingsresistent, sehr gute Feuchte- (Matten) regulierungsfähigkeit, geringer Energieaufwand bei der Herstellung 쏹– bewohnbar durch Nagetiere, relativ schlechter sommerlicher Hitzeschutz Hanf 20 - 40 B2 0,040 - 0,045 1-2 쏹+ gute Wärmedämmung, schimmel- und schädlingsresistent, sehr gute Feuchte- (Matten) regulierungsfähigkeit, geringer Energieaufwand bei der Herstellung, guter Schallschutz 쏹– bewohnbar durch Nagetiere, erschwert recycle- und kompostierbar bei synthetischem Faseranteil Holzfaser (Platten) 170 - 230 B1, B2 0,040 - 0,060 5 - 10 쏹+ gute Wärmedämmung, schimmel- und schädlingsresistent, sehr gute Feuchte- Holzfaser 30 - 60 B2 0,040 - 0,060 1-2 regulierungsfähigkeit, geringer Energieaufwand bei der Herstellung, guter (Einblasdämmung) Schallschutz 쏹– bewohnbar durch Nagetiere, erschwert recycle- und kompostierbar bei synthetischem Faseranteil Jute 34 - 40 B2 0,038 1-2 쏹+ sehr gute Wärmedämmung, sehr guter sommerlicher Hitzeschutz, schädlings- (Rollen) resistent, sehr gute Feuchteregulierungsfähigkeit, gute Schalldämmung, Rohstoffe sind Abfallprodukte 쏹– bewohnbar durch Nagetiere Kork (Platten) 100 - 220 B2 0,040 - 0,045 5 - 10 쏹+ gute Wärmedämmung bei Platten, gute Feuchteregulierungsfähigkeit, unver- Kork (Schüttung) 65 - 150 B2 0,055 2-8 rottbar, schimmel- und schädlingsresistent, ideal für feuchtekritische Bereiche, druckfest 쏹– imprägnierter Kork nicht kompostierbar, kein heimischer Rohstoff (lange Transportwege), nur begrenzt verfügbar, relativ starker Eigengeruch Schafwolle 20 - 25 B2 0,035 - 0,045 1-5 쏹+ sehr gute bis gute Wärmedämmung, schimmelresistent, sehr gute Feuchte- (Matten) regulierungsfähigkeit, Schadstoffaufnahme aus Raumluft 쏹– relativ schlechter sommerlicher Hitzeschutz, lange Transportwege, viel Reinigungsmittel bei Aufbereitung nötig, ohne Zusätze schädlingsanfällig, Pestizidrückstände möglich Seegras 85 - 130 B2 0,040 - 0,049 1-2 쏹+ gute Wärmedämmung, guter sommerlicher Hitzeschutz, unverrottbar, schim- (Schüttung) mel- und schädlingsresistent, sehr gute Feuchteregulierungsfähigkeit, Rohstoffe sind Abfallprodukte, geringer Energieaufwand bei der Herstellung, ohne chemi- sche Zusätze brandhemmend 쏹– lange Transportwege Kalciumsilikat 200 - 800 A1, A2 0,053 - 0,07 5 - 20 쏹+ einfache Verarbeitung, keine Dampfsperre oder -bremse (Platten) nötig, Anti-Schimmelwirkung, Entsorgungsfreundlich, Energieeinsparung durch „warme Wand“-Effekt, schnelles Aufheizen im Winter, günstig bei nur zeitweise genutzten Räumen 쏹– niedrige Wärmespeicherkapazität, vergleichsweise hohe Wärmeleitfähigkeit, eingeschränkte Wandoberflächengestaltung Perlit (Schüttung) 40 - 90 A1, B2 0,04 - 0,07 3 쏹+ Wiederverwendbar, deponiefähig, gesundheitlich unbedenklich, nicht brenn- Perlit (Platten) 40 - 90 A1, B2 0,04 - 0,07 3 bar, wasserabweisend, ungezieferbeständig, unverrottbar, Imprägniert kann es Feuchtigkeit aufnehmen und abgeben 쏹– teilweise hydrophobiert oder bituminiert, begrenzte Verfügbarkeit, lange Transportwege Stroh (Strohballen) 90 - 125 B2 0,052 - 0,072 2 쏹+ mittlere Wärmedämmung, schädlingsresistent, gute Feuchteregulierungs- fähigkeit, ohne chemische Zusätze bearbeitet, sehr geringer Energieaufwand bei der Herstellung, biologische und thermische Entsorgung möglich, regional in großen Mengen verfügbar (kurze Transportwege) 쏹– wenig flexibel, große Wandstärke, während Bauphase Feuergefahr durch unverdichtete Strohreste Zellulose (Platten) 60 - 80 B2 0,040 1-2 쏹+ gute Wärmedämmung, guter sommerlicher Hitzeschutz, schimmel- und Zellulose 40 - 60 B2 0,040 - 0,045 1-2 schädlingsresistent, sehr gute Feuchteregulierungsfähigkeit, Rohstoffe sind (Einblasdämmung) Abfallprodukte, Rohstoff in großen Mengen vorhanden, sehr geringer Energie- bedarf bei der Herstellung 쏹– hohe Feinstaubbelastung bei Verarbeitung, nicht kompostierbar, anfällig für Fäulnis
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