Correio luso-hanseático - Caminhar em Portugal - No - Portugiesisch-Hanseatische Gesellschaft
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Titelseite Das Foto zeigt eine Wandergruppe auf dem Weg zum Cabo Sardão, westlichster Punkt an der Atlantikküste des Alente- jos. Der in Betrieb befindliche Leuchtturm ist in der Ferne schon sichtbar. Die Wandergruppe, bestehend aus 3 Kin- dern bzw. Jugendlichen und 5 Erwachsenen, war auf dem Weg von Almograve nach Zambujeira do Mar. Innerhalb von 4 Tagen wanderten sie zusammen ca. 90 km immer auf dem Fischerweg der Rota Vicentina. In dieser Ausgabe be- richtet Claus Bunk in einem Artikel über diese Wanderung, die er zusammen mit seiner Familie erlebte.
INHALT N° 67 – CAMINHAR EM PORTUGAL 04 Editorial 4 05 Zettelkasten 5 kurz notiert, Verschiedenes 10 Schwerpunktthema: Wandern in Portugal „Wandern in Portugal“ in den Ausgaben der Portugal-Post 10 Ayers Rock, Algarve. Eine Gipfelwanderung, bei der man von hoch oben tief ins Innere der Algarve schaut 12 Wandern auf der Rota Vicentina 16 Wanderungen in der Serra de Montemuro 20 Ein Land, das einem Beine macht. Radfahren, Laufen und Wandern in Portugal 23 Algarve: Wandern jenseits der Touristenpfade 26 Markierte Wanderwege im Hinterland des Algarve 30 Wandern in der Serra da Estrela 34 Auf Pilgerwegen in Portugal 36 Wandern zu historischen Orten in Mittelportugal 39 Wanderarbeiter im Alentejo 40 Vermarktung von Naturreserven verstößt gegen europäische Richtlinien zum Naturschutz 43 44 Verschiedenes: 100 Jahre Amália Rodrigues Wer war Amália Rodrigues? 45 Ein Foto sollte es sein 47 Amália Rodrigues in Hamburg. Wir wandern im Hamburger Westen auf der Via Amaliana 50 Die portugiesische Jazzsängerin Rita Maria im Interview 55 58 Rubriken Essa nossa ditosa língua: Mais vale…Portugiesische Sprichwörter als Entscheidungshilfe in schweren Zeiten 58 Kennste den schon? | E esta? 60 Spaß mit Sprichwörtern 61 Fado: Amália 62 Beilage dieser Ausgabe Protokoll der Mitgliederversammlung vom 11.2.2020 PORTUGAL-POST NR. 67 | 3
EDITORIAL Liebe Leserinnen und Leser der Portugal-Post, Die Zeiten für die Herausgabe dieser Zeitung sind schwie- drücke. Unser Mitglied und Naturkenner, Rudolf Malk- rig, und so kann ich berichten, dass der Chefredakteur mus, hat sich in die Serra de Montemuro begeben und uns der Portugal-Post in Portugal nach einem Urlaub im hie- einen mitreißenden Bericht geliefert. Zum Abschluss die- sigen Ausnahmezustand festsitzt. Diese Ausgabe wurde ses Kapitels stellt uns Algeth Weerts, unser Mitglied der im alentejanischen Exil zusammengestellt. Der Titel wur- ChaveLusófona aus Bremen, noch die vielen Pilgerpfade de noch vor der Corona-Krise festgelegt, und ich bin sehr in Portugal vor, die sie teilweise selbst bewandert hat. beeindruckt, dass trotz der widrigen Umstände viele Bei- träge zusammengekommen sind. Wandern in Portugal ist In diesem Jahr wäre die Diva des Fados, Amália Rodrigues, kein neues Thema in der Portugal-Post, und so beginnt 100 Jahr alt geworden. Deshalb bringen wir in dieser Aus- diese Ausgabe mit einem kurzen Überblick, wann und gabe einen Rückblick auf ihr Leben als Künstlerin sowie auf was wir in den letzten 24 Jahren darüber berichtet haben. die bisherigen PHG-Aktivitäten in Zusammenhang mit Amália. Wir drucken erneut den Bericht über ein unver- Die Zeiten haben sich geändert. Konnte man früher die gessliches Erlebnis unseres Mitglieds Helge Dankwarth, Portugiesen noch als wanderfaules Volk bezeichnen (Pe- der, zusammen mit seiner Ehefrau, Amália kurz vor ihrem ter Koj schrieb damals noch den Artikel mit dem Titel Tod zu Hause besuchte. Peter Koj hat eine Portugal-las- „Das Wandern ist der Portugiesen (Un)Lust“), so hat sich tige Route durch Altona entworfen – die Via Amaliana eine begeisterte Wanderszene entwickelt, es gibt viele mar- die natürlich im Amália-Rodrigues-Weg endet. In diesem kierte Wege auch im Hinterland, eine ständig wachsende Zusammenhang verdient auch der Fado "Amália", der be- Dokumentation ist darüber gedruckt und im Internet zu reits in der Ausgabe 48 vorgestellt wurde, seinen Ehren- finden. Auch das Wandern mit dem Mountainbike erfreut platz. Außerdem hat unser Mitglied Angelina Ribeiro ein sich immer größerer Beliebtheit. Peter Koj schreibt in ei- Interview mit der portugiesischen Jazzsängerin Rita Maria nem sehr persönlichen Wander-Rückblick über die Jahre gemacht, die u.a. ihr Verhältnis zum Fado darstellt. nach der Nelkenrevolution, als er als Lehrer an der Deut- schen Schule in Lissabon arbeitete. Drei Beiträge befassen Wie in jedem Heft dürfen Peter Kojs Serien nicht fehlen. sich mit dem Wandern im Algarve. Henrietta Bilawer stellt In „Essa nossa ditosa língua“ stellt er Sprichwörter vor, die den „Ayers Rock“ des Algarve vor, während Ingmar Reg- in der aktuellen Corona-Krise helfen könnten. Auf einen ner markierte Wege im Hinterland bevorzugt, beschreibt Veranstaltungskalender haben wir allerdings verzichtet, Eberhard Gaede, er ist selbst Wanderführer aus dem Hin- da es praktisch keine festen Zusagen für PHG- und an- terland, lieber Wege abseits der touristischen Routen. Ich dere Veranstaltungen in der nächsten Zeit geben kann. selbst habe Mitglieder meiner Familie im letzten Herbst Hier möchten wir auf unsere PHGWebsite info.phg-hh. überredet, einen Teil der Rota Vicentina im Alentejo zu de sowie den regelmäßig erscheinenden Veranstaltungs- bewandern. Unterwegs trafen wir auf Hunderte von Wan- kalender verweisen, die nach Ende des Ausnahmezu- derarbeitern, die dort unter Plastik und unmenschlichen stands über die Veranstaltungen informieren werden. Bedingungen in der Landwirtschaft arbeiten. Obwohl das Wandern für diese Menschen keine angenehme Beschäf- Mit freundlichen Grüßen, tigung ist, sondern einzig dem Lebensunterhalt dient, habe ich über dieses Problem einen Bericht zusammen- gestellt. Außerdem bin ich erstmals im Hochgebirge der Serra da Estrela sowie im Gebiet der historischen Dörfer Claus Bunk Mittelportugals gewandert und berichte über meine Ein- Redakteur Portugal-Post 44 ||
Anmerkung der Redaktion: Aus arbeitstechnischen Gründen werden die Artikel des Zettelkasten zukünftig nur dann in portugiesischer Sprache pub- liziert, wenn sie von Muttersprachlern verfasst wurden. Diese werden dann entsprechend ins Deutsche übersetzt. Die folgenden Information wurden in Zusammenarbeit zwischen Peter Koj und Claus Bunk zusammengetragen und verfasst. 01 Der Zettelkasten in dieser Ausgabe fällt entsprechend der aktuellen Lage den Sommer hinein laufen wird, da der Fortgang der Corona-Krise nicht vor- Zettelkasten kurz aus. Noch vor einigen Wochen gab es viele Themen und Veranstal- ausgesehen werden kann. Dies gilt für unsere jährliche Sardinhada, die für den tungen, die es anzukündigen galt. Da 28.6. geplant war, ebenso wie für unsere waren drei Veranstaltungen im Rahmen geplante Hundertjahrfeier zum Geburts- der diesjährigen Europawoche (Wein- tag von Amália Rodrigues am 11.7.2020 probe, Wandervortrag Rota Vicentina im Amália-Rodrigues-Weg. Auch die und Führung durch die portugiesisch- beiden Buchvorstellungen, die bis zum sprachige Abteilung der Zentralbi- Sommer geplant waren, müssen weiter bliothek), die allesamt wegen des zu auf eine Bestätigung warten. Alle diese erwartenden Versammlungsverbots Termine können heute nur unter Vor- des Hamburger Senats zur Corona- behalt genannt werden. Die Aktualisie- Krise abgesagt werden mussten und rungen müssen in diesen Fällen über die evtl. zu einem späteren Zeitpunkt nach- Webseite der PHG und den wöchentli- geholt werden. Unklar ist bis heute, wie chen Veranstaltungskalender bzw. durch es mit unseren Veranstaltungen bis in einen PHG E-Mail-Rundbrief erfolgen. 02 Am 3. Februar war es mal wieder soweit: Erika und Peter Koj hatten zum 32. Le- setzten Vorgängerromanen sprengt die Autorin hier das Prinzip des klassischen Rückblick: seabend in die Susettestraße eingeladen. Schon vor der Gründung unserer Gesell- Kriminalromans. Dabei werden nicht nur spezifisch brasilianische Themen Leseabend in der schaft hatte es neun Treffen im Rahmen der Deutsch-Portugiesischen Gesell- aufgegriffen, die durch den politischen Wechsel (Bolsonaro!) noch an Aktuali- Susettestraße schaft gegeben. Entsprechend treffen tät gewonnen haben (Macht der Evan- sich alljährlich die PHG-Mitglieder, die gelikalen, Drogenhandel, Schulwesen), an der Literatur portugiesisch-sprachi- sondern auch andere negative Aspekte ger Provenienz interessiert sind, soweit moderner Zivilisation, insbesondere die sie in deutscher Übersetzung vorliegt. Lärmbelästigung und wozu der Mensch Und auch dieses Mal konnte die Über- durch den von ihm ausgelösten Stress in setzerin, in diesem Fall unser Mitglied der Lage ist. Da im Moment noch kei- Barbara Mesquita, dabei sein. Bereits ne diskussionswürdige Neuerscheinung 2003 hatte sie uns ihre erste Überset- in Sicht ist, wurde für den Leseabend zung eines Romans von Patrícia Melo 2021 die köstliche Krimi-Satire Jaime vorgestellt (Der Matador). Nun war es Bunda, Geheimagent des angolanischen einer der letzten Romane der brasiliani- Schriftstellers Pepetela vorgeschlagen, schen Erfolgsautorin (Der Nachbar, un- die bereits 2006 in der Übersetzung von ser Buch des Monats Februar 2019), der Barbara Mesquita erschienen ist. Aber eine lebhafte Diskussion in der Teilneh- vielleicht beschert uns die Leipziger merrunde auslöste. Mehr noch als in den Buchmesse 2021 mit Portugal als Gast- ebenfalls von Barbara Mesquita über- land noch eine attraktive Alternative. PORTUGAL-POST NR. 67 | 5
ZETTELKASTEN Foto: Leseabend, Holger Prien 03 Wie in jedem Jahr fand die Mitglieder- versammlung der PHG statt, dieses war sicherlich das Fado-Konzert mit Ana Sofia Marques im BiB Altona, wo im Rückblick: Mal am 11.2.20 in den neuen Räumen der Kunstklinik Eppendorf (ehemals Herbst auch das Bossanova-Konzert mit Altonova stattfand. Unsere traditionelle PHG Mitglieder- Kulturhaus Eppendorf). Die bei stür- mischem Wetter erschienenen 28 Mit- Weihnachtsronda mit dem obligatori- schen Nikolausauftritt war ein weiterer versammlung 2020 glieder plus die erteilten Vollmachten Höhepunkt des abgelaufenen Jahres. nicht anwesender Mitglieder ergaben Verschiedene Aktivitäten anderer Ver- die satzungsmäßige Beschlussfähigkeit. anstalter wurden ebenfalls unterstützt Der amtierende Vorstand und die Mit- (z.B. Bilan, Fanhais und eine Buchbe- glieder seines Beirats trugen, nach Auf- sprechung bei AGDAZ in Steilshoop). gabengebieten aufgeteilt, die Rechen- schaftsberichte vor. Außerdem wurden Thomas Kemmann, unser Finanzvor- die neuen aufstellbaren PHG-Roll-Up stand, legte den Jahresabschluss 2019 Banner vorgestellt, die in Zukunft un- vor, der leider mit roten Zahlen endete. sere Veranstaltungen begleiten sollen. Dieses negative Ergebnis wurde haupt- sächlich durch zwei Musikkonzerte Die anwesenden Mitglieder wur- und eine damit verbundene GEMA den darüber informiert, dass unsere Rechnung verursacht. Der Vorstand WEB-Seite mittlerweile über 500 Be- beschloss auf dieser Grundlage, dass es sucher täglich anzieht. Im abgelaufe- 2020 keine PHG-Musikveranstaltung nen Jahr 2019 wurden zwei Ausgaben geben wird, um weitere negative Ergeb- der Portugal-Post sowie zwei Ausgaben nisse zu vermeiden. Auch wurde festge- der vereinsinternen Info-Post heraus- stellt, dass die Raummieten in der neuen gegeben. Der Veranstaltungskalender Kunstklinik um einiges teurer geworden wurde wöchentlich publiziert. Es fanden sind. Im Anschluss an die Vorstellung mehrere Buchvorstellungen und Les- des Jahresabschlusses erhielt unser Kas- ungen statt, sowie die Veranstaltungen senprüfer Wolfgang Mackens das Wort. zur Europawoche im Mai. Höhepunkt Er stellte heraus, dass die Finanzen des 6|
Vereins mit der Hilfe von IT-Systemen ten den gesamten Vorstand in Hinblick von Thomas Kemmann sehr profes- auf die geleistete Arbeit im Jahr 2019. sionell verwaltet werden. Er fand keine In einem Meinungsbild befand die ab- Fehler in der Buchhaltung für das Jahr solute Mehrheit der Versammlung, 2019 und beantragte die Annahme des dass eine moderate Erhöhung der Bei- Jahresabschlusses. träge 2021 akzeptabel wäre. Auch die Zusendung der Info-Post auf elektro- Außerdem machte er einige Vorschlä- nischem Weg sah die Mehrheit der ge, wie man Kosten sparen könnte. Zu Versammlung als einen gangbaren den Bereichen für mögliche Kostenein- Weg für zukünftige Einsparungen an. sparungen zählen Portokosten, Druck- kosten, Saalmieten und die traditionelle Nach einer Pause wurde dann noch über Bewirtung bei der Mitgliederversamm- die neuen Projekte für das laufende Jahr lung. Auch die Möglichkeit der Werbung gesprochen. Gerd Jückstock stellte die von Sponsoren für den Verein oder für entsprechende Planung dafür vor (siehe einzelne Aktivitäten wäre hier sinnvoll. Kasten). Gerd Jückstock berichtete in diesem Zu- sammenhang über eine Initiative, Gel- Die Mitgliederversammlung endete mit der aus der Staatskasse (Bußgelder) für dem Tagesordnungspunkt Verschie- einzelne Veranstaltungen zu beantragen. denes, wo nochmals ausdrücklich die Auch eine mögliche Beitragserhöhung Bemühungen des nicht anwesenden könnte auf der Mitgliederversamm- Mitglieds H.J. Odrowski angesprochen lung 2021 beschlossen werden, wenn wurden. Er hatte für das Fado-Konzert alle anderen Einsparungspotenziale im Mai 2019 500 Euro Sponsorengelder ausgeschöpft wurden. Die anwesen- bei Freunden und von sich selbst ge- den Mitglieder akzeptierten den vor- sammelt und auch die jährliche Weih- gelegten Jahresabschluss und entlaste- nachtsfeier entsprechend unterstützt. » Beteiligung bei Veranstaltungen » Feier zu Ehren des 100. Geburts- » "Sebastião - eine portugiesische Ge- an der Europawoche 2020 (Weinver- tages der Fado-Sängerin Amália Ro- schichte" von Georg Franzky Cabral kostung und ein Wandervortrag Rota drigues am 11.7.2020 (Anmerkung der bisher geplant am 3. Juni 2020 in der Vicentina sowie eine Führung durch die Redaktion: Diese Veranstaltung kann HASPA Filiale Winterhuder Marktplatz portugiesisch-sprachige Abteilung der zurzeit noch nicht bestätigt werden, 21d, 22299 Hamburg Zentralbibliothek (Anmerkung der Re- dies wird durch PHG-E-Mail-Rund- daktion: Alle Veranstaltungen wurden brief und im Internet zu gegebener » "Portugal Total" von Annegret mittlerweile leider wegen der Corona- Zeit erfolgen). Heinhold bisher geplant am 9. Juli Krise abgesagt). 2020 in den Räumen der HASPA, Fi- liale Mühlenkamp 34, 22303 Hamburg » Geplante Buchvorstellungen stan- » Sardinhada am 28.6. in der Grund- den zum Zeitpunkt der Mitgliederver- schule Rudolf-Roß (Anmerkung der sammlung noch nicht fest. Inzwischen Redaktion: Diese Veranstaltung kann wurden zwei Termine vorgestellt, kön- zurzeit noch nicht bestätigt werden, nen aber aus gleichen Gründen wie dies wird durch PHG E-Mail-Rund- schon oben genannt noch nicht bestä- brief und im Internet zu gegebener tigt werden. Die geplanten Buchvor- Zeit erfolgen). stellungen sind: PORTUGAL-POST NR. 67 | 7
ZETTELKASTEN Foto: PHG-Mitgliederversammlung 2020, Claus Bunk 04 Die PHG-Mitgliederversammlung vom Februar dieses Jahres hat sich dafür nicht im Internet publiziert, aber bis- her an alle Mitglieder in Papierform Geplante ausgesprochen, die Ausgaben des Ver- eins zu überprüfen, um eine unnötige per Post verschickt. Der Vorstand möchte die Kosten dafür reduzieren, Einsparungen Beitragserhöhung zu vermeiden. We- sentliche Kosten werden aktuell durch was einem Einsparungspotenzial von fast 1000 Euro jährlich entspricht. die Herausgabe unserer Publikationen Portugal-Post und Info-Post erzeugt, die Wir möchten ab Juli 2020 die Ausga- jeweils versetzt im 6-Monatsabstand er- ben der Info-Post an alle Mitglieder als scheinen, sowie durch den Versand von PDF-Dokument per E-Mail verschi- Einladungen zur jährlichen Mitglieder- cken, um mit dieser Maßnahme dem versammlung oder anderen Vereins- Verein eine ordentliche Kostenerspar- mitteilungen. Die Portugal-Post ist die nis (Porto und Druck) zu ermöglichen. öffentliche Publikation unseres Vereins, Wir haben diesen Vorschlag auch auf die meistens zu einem zentralen The- der letzten Mitgliederversammlung ma erscheint. Sie wird im Internet auf vorgetragen, und die anwesenden Mit- unserer WEB-Seite gezeigt und kann glieder haben ihn mehrheitlich für gut dort auch als PDF heruntergeladen befunden. Wir bitten alle diejenigen werden. Jedes Mitglied bzw. Paar erhält Mitglieder, die weiterhin die papier-ge- diese Zeitung als gedruckte Ausgabe bundene Info-Post wünschen, um eine per Post. Daran soll sich nichts ändern. kurze Mitteilung an die PHG-E-Mail- Adresse info@phg-hh.de oder per Die Info-Post ist eine vereinsinter- Brief. Die wenigen Mitglieder ohne ne Nachrichtenpublikation, die nicht E-Mail erhalten die Info-Post weiter- den Umfang der Portugal-Post hat hin automatisch per Post. Wir dan- und meistens aus einem Zettelkas- ken Euch für Euer Verständnis für ten (Rückblick und Ausblick) sowie diese geplante Maßnahme zur Redu- einem Einzelthema besteht. Sie wird zierung der Kosten für den Verein. 8|
05 Bei seinem letzten Besuch aus Por- to brachte uns unser Mitglied Wolf- Museum für Völkerkunde veranstalte- ten Konzert auf. In Portugal ist – um ein 40 Years, ram Minnemann, Bruder von Maralde Meyer-Minnemann, seine neuste CD weiteres Label zu zitieren – „der Mann, der den Blues nach Portugal brachte“ die neue CD der mit. Wolfram lebt seit fast 50 Jahren in der cidade invicta. Für die Portuen- auch nach 40 Jahren noch gut ausge- bucht. Auf der Jubiläums-CD wird die Minnemann ser ist er „o alemão do Porto“ und für Band verstärkt durch Jorge Filipe Santos Blues Band die PHG „our man in Oporto“. Diesen Titel verdankt er Peter Koj, der ihn in und seine an Santana erinnernde Orgel, sowie durch Bino Ribeiro, der mit seiner unserem Porto-Heft (Portugal-Post 14) genialen Mundharmonika noch einen vorstellt (hier erfährt man mehr über deftigen Schuss Blue Grass zu dem so- die luso-hanseatischen Wurzeln der wieso schon explosiven Gemisch von Minnemanns). Seiner schon als Schü- der wunderbar jazzigen Gitarre von An- ler in Hamburg gefrönten Leidenschaft tónio Mão de Ferro beisteuert. Wolframs für fetzige Musik (er war Organist vom Boogie inspiriertes Klavierspiel und und Sänger der Torfrock-Formation vor allem seine kehlige Stimme haben in Thrice Mice) konnte er in Porto freien den letzten 40 Jahren nichts an Vitalität Lauf lassen. Zusammen mit Musikern eingebüßt. Die Musik der 9 Stücke auf wie Rui Veloso und Manuzé Carvalho der CD stammt von Wolfram, ebenso gründete er vor 40 Jahren die Minne- die Texte, diese leider nur auf Englisch. mann Blues Band. Gleich die erste LP Minnemann & Amigos war ein gro- Man hätte sich gerne den einen oder an- ßer Erfolg, vor allem der Song João deren portugiesisch-sprachigen Blues Manguela, der die Charts stürmte. gewünscht wie auf den früheren Alben, Cover: Minnemann Blues Band, 40 Years z.B. Bluindo (1980). Aber vielleicht gibt In seiner Heimatstadt trat er mit seiner es den ja auf der CD zum 50. Jubiläum Band 2011 auf einem von der PHG im der Minnemann Blues Band. 06 Entgegen vieler Erwartungen zeigt sich Portugal sehr konsequent in der Aus- davon ca. 200 Ärzte. Das ist wirklich tragisch und löste bei den übrig geblie- Noch ein Wort rufung des nationalen Notstandes und der damit verbundenen Maßnahmen benen Kräften große Panik aus. Unser Respekt sollte den Menschen entgegen zum Ablauf der (wie der Anweisung, im Haus zu blei- ben), und auch die Bevölkerung verhält gebracht werden, die keinen Moment gezögert haben, an ihren Arbeitsplatz Corona-Pandemie sich weitgehend diszipliniert. Leider ist zurück zu gehen und die Behandlung in Portugal der Gesundheitsbereich dieses Landes bei Weitem nicht so gut ausgerüstet wie der Infizierten fortzusetzen. Mehr noch, es wurden Hotelzimmer vom Staat an- die entsprechenden Stellen und Kran- gemietet, damit dieses Personal zu Hau- kenhäuser in Deutschland. Dies führ- se nicht auch noch die Familienange- te bereits in den ersten Wochen dazu, hörigen und Kinder infiziert. Welch ein dass sich Personal von Krankhäusern Beispiel von Selbstlosigkeit, Konsequenz und Altersheimen infizierte. Am 23.3. und Solidarität. Es wird noch ein langer waren 10% der infizierten Personen in Weg sein bis zur Überwindung dieser Portugal 200 Mitarbeiter des Gesund- Krise, und hoffentlich schaffen es Wis- heitssystems. Darunter befanden sich senschaft und Industrie relativ schnell, 86 Ärzte, von denen noch im März 19 Mittel gegen diese Epidemie auf den gestorben sind. Schon eine Woche spä- Markt zu bringen, um auch in Portu- ter, am 30.3., waren 850 Mitarbeiter gal dem medizinischen Personal den des Gesundheitssystems betroffen und permanenten Druck etwas zu nehmen. PORTUGAL-POST NR. 67 | 9
SCHWERPUNKTTHEMA | CAMINHAR EM PORTUGAL Portugal-Post 9 & 11 Teil 2 & 3 der Artikelreihe. Außerdem der Bericht von Claus von Oertzen „Wandern an Portugals Südwestspitze." Portugal-Post 7 Portugal-Post 31 Die Artikelreihe „A doença da serra. Das Gerês-Thema wird Durch die Bergwelt von der portugiesischen Studentin Sara Machado wie- Portugals." 2000 der aufgegriffen - „Ein ruhiger Sonntagmorgen im Gerês. Ent- spannen im Gebirge", gefolgt von Monica Reukauffs Zelttour durch Portugals 1999 Norden. Das Thema 2005 „Wandern in Portugal“ in den Ausgaben der Portugal-Post 67 & Weitere Portugal-Post Am intensivsten Portugal abgewan- dert hat von allen unseren Mitglie- dern wohl Rudolf Malkmus, nicht zuletzt aus wissenschaftlichem Inte- Claus Bunk resse. Er hat seine Eindrücke für uns immer wieder zu Papier gebracht und ist auch in dieser Ausgabe mit einem D as Wandern ist eine Form des sanften Tourismus und Berichte darüber haben immer wieder in den Ausgaben interessanten Wanderbericht in der Serra de Montemuro vertreten. der Portugal-Post ihr Forum gefunden. Bereits in den ers- ten Rundbriefen, Vorläufer der seit 1998 erscheinenden Portugal-Post , gab es Wanderberichte von Dr. Peter Koj über den Gerês (Der Gerês – gestern und heute). Das Thema „Wandern im Gerês“ hat Peter Koj nicht so schnell losgelassen. So finden sich in der Portugal-Post 1 im Jahr 1998 gleich zwei 2020 weitere Berichte über den Gerês von ihm. Alle diese Artikel können wie auch alle folgenden im Archiv der Portugal-Post (info.phg-hh.de) nachgelesen werden. Hier ein kleiner Über- blick über die Artikel in den Ausgaben der Portugal-Post. 10 |
Portugal-Post 19 Der Artikel „Rettet die Costa Vicentina", in dem Peter Koj seine Erlebnisse und Erfahrun- gen verarbeitet, die er auf einer Wanderung im Spätsommer 1998 entlang Portugals West- küste von Setúbal (Troia) bis Sagres gemacht hat. Portugal-Post 48 Die Ausgabe hatte exklusiv das Thema „Portugal a Pé“. Hier schrieben wir über die neuen Wanderwege der 2002 damals frisch hergestellten Portugal-Post 39 & 42 Via Algarviana sowie über das Die wohl längste Wanderung, Eselwandern in der Atlantik- von der wir berichteten, hat die küste bei Aljezur. junge Deutsch-Dänin, Katharina Høgsberg, unternommen. Sie ist ganz alleine den „Jakobsweg: von Lissabon bis Santiago de Compostela" gewandert. 2010 2007 2014 Portugal-Post 56 2015 Auch in dieser Ausgabe, mit dem Titel „Portugal desconhecido“, zeigten wir viele unbekannte Seiten Portugals die es zu ent- decken gilt. Portugal-Post 58 Die gesamte Ausgabe war dem Fahrradfahren in Por- tugal gewidmet, da unser info.phg-hh.de Chefredakteur 2015 mit Nicht zuletzt gibt es unsere dem Rad von Hamburg ins Webseite, wo wir seit vielen Alentejo geradelt ist. Jahren in der Rubrik REISEN eine Vielzahl von Links zeigen, die sich mit dem Wandern, dem Kanufahren oder Radfahren in Portugal Spaß mit Sprichwörtern Lösungen: beschäftigen. 1D 2J 3B 4G 5C 6F 7A 8H 9E 10H PORTUGAL-POST NR. 67 | 11
SCHWERPUNKT THEMA | CAMINHAR EM PORTUGAL Ayers Rock, Algarve Eine Gipfelwanderung, bei der man von hoch oben tief ins Innere der Algarve schaut Henrietta Bilawer V or gut 780 Jahren, als die Mauren im Kampf gegen D. Paio Peres Correia und seine Ritter vom Orden Santiago das Ende ihrer Herrschaft über die Algarve nicht mehr abwenden konn- ten, flohen sie an Orte, die zumindest ihr Überleben sicher- ten. Ein gigantischer Fels in der Zentral-Algarve war eine solche Zuflucht: Der Berg Rocha da Pena. Steile Berghänge boten Schutz nach Süden und das übersichtliche, ansteigende Gelände der Nordseite war gut zu verteidigen. In vorrömischer Zeit hatten hier bereits Kelt-Iberer gesiedelt und an der West- seite auf einer Länge von gut 800 Metern zwei steile, jeweils etwa zehn Meter hohe Schutzwälle aus Steinen aufgeschichtet, die sich die Mauren zunutze machten. Auch tief in den Berg hineinführende Höhlen, in der Erdgeschichte vom Wasser in den Felsen gehöhlt, dienten als Verstecke. Heute wird eine der Kavernen Algar dos Mouros genannt – die Maurenhöhle. In der halbwegs hinter Sträuchern versteckten Grotte hausen jetzt Fledermäuse in einer der größten Chiroptera-Kolo- nien Europas, unter ihnen Exemplare bedrohter Arten, die in diesem Biotop hervorragende Lebensbedingungen finden. ▷ Fotos: Impressionen von der Wanderung zum Berg „Rocha da Pena", Henrietta Bilawer 12 |
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SCHWERPUNKT THEMA | CAMINHAR EM PORTUGAL Rocha da Pena entspricht etwa dem geografischen Mittelpunkt beachtlichen Steilhängen und das Auskundschaften der der Algarve; der Berg liegt mitten im Barrocal, dem hügeligen Grotten unter Begleitung professioneller Höhlenkund- Hinterland. Er ist der größte zusammenhängende Kalkstein- ler – all das hat sich inzwischen vom Geheimtipp regionaler felsen im Süden Portugals und praktisch isoliert in einer an- Outdoor-Liebhaber zu touristisch relevanten und entspre- sonsten reinen Karbonschieferzone. Und ähnlich wie im Falle chend beworbenen Veranstaltungen entwickelt. Umweltver- des australischen Wahrzeichens Uluru/Ayers Rock ranken sich bände möchten dies begrenzen; immerhin ist der Monolith auch um diesen gigantischen Monolithen zahlreiche Legen- und sein Umland ein Natur und Landschaftsschutzgebiet. den, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts von Ethnografen auf- gezeichnet wurden. Mit dem Auto führt die Anfahrt aus öst- An diesem Nachmittag ist es aber so friedlich hier, dass mir der licher Richtung gut ausgeschildert von Loulé und später Salir; Spruch von Fuchs und Hase in den Sinn kommt, die sich ‘Gute von Westen über São Bartolomeu de Messines und Alte. Schon Nacht’ sagen. Tatsächlich leben an der Rocha da Pena Reineke lange vor Erreichen des Ziels sieht man das Felsmassiv in sei- und Meister Lampe, dessen Familie ich hier zahlreich hoppeln ner majestätischen Größe. Nach den letzten Metern endet die sehe, aber auch Ginsterkatzen, Wildschweine, Igel, Ichneu- Fahrt vor einem Schlagbaum an der kleinen Bar das Grutas mons und andere Säugetiere. 37º 15' 01.15'' N 8º 05' 52.53'' W dem Ausgangspunkt der Wanderung auf und über das Hoch- plateau, die insgesamt nicht allzu schwierig ist und über einen mit gelb-roten Symbolen gekennzeichneten, 6,4 km langen Wanderweg führt. Der Anfang ist allerdings recht steil, hat aber nichts mit Extremsport zu tun. Wer es langsam ange- hen möchte, findet an jeder Wegbiegung eine gute Ausrede zum Stehenbleiben, etwa um den Duft der Wildblumen und Kräuter am Wegesrand zu genießen, um die Schmetterlinge tanzen. Viele Falter haben so außergewöhnliche Flügelfor- men und Farben, dass man glauben möchte, die fantasievolle Zeichnung eines Künstlers sei zum Leben erwacht. Johannis- brot- und Olivenbäume, Eichen und Wacholder wachsen hier. Die Steigung wird bald sanfter. Oben, auf dem Dach des Barro- cal angekommen, werden die Orte im südlichen Umland und bis zur Küste sichtbar. In Richtung Norden ist der Blick frei auf die scheinbar endlose, unberührte Naturlandschaft der Serra do Caldeirão mit ihren sanften grünen Hügeln. Im Tal am Osthang sieht man Wassertanks und Ruinen von Windmühlen und man erahnt, wie hier seit Jahrhunderten Landwirtschaft betrieben wird. Das Panorama lässt das geschäftige Treiben in den Tou- ristenorten schnell vergessen, doch innerhalb weniger Jahre hat der Ausflugsverkehr nun auch dieses Hochplateau entdeckt. Die Gemeinde hat den Gästen einen Picknickplatz eingerichtet. Orientierungsläufe, Geocaching, Reiten, Mountainbiking, Drachensegeln, Gleitschirmfliegen, Jagd, Klettern und Ab- seilen auf mehr als einem halben hundert Routen an den Fotos: Höchster Punkt auf dem Berg „Rocha da Pena"; Blütenzauber und Iberische Mauerechse, Henrietta Bilawer 14 |
Rundwanderweg Länge: ca. 6,4 km Dauer: 2,5 -4 Std. (je nach Tempo und Lust) Infos: Flyer in der Bar das Grutas Iberische Mauereidechsen ruhen auf den sonnengewärmten Folgt man dem Rundwanderweg nach Westen, wird bald der Steinen und huschen bei der leisesten Störung blitzschnell obere der beiden historischen Steinwälle sichtbar. Von Sü- zwischen dieselben. Hoch oben kreisen gelegentlich Bussar- den nach Norden über die Steine zu kraxeln erscheint ver- de oder ein Habichtsadler (Bonelli-Adler). Dieser bestands- lockend, denn man ahnt: Die Aussicht ist einzigartig. Je- gefährdete Raubvogel nistet hier ebenso wie Eichelhäher, doch bläst der Wind auf der steinernen Freifläche manchmal Reiher, Bienenfresser, Kuckuck, Nachtigall oder Rotdrossel stark, und nur wer wirklich gut zu Fuß ist (entsprechend fe- – insgesamt haben Ornithologen rund 120 Arten gezählt. stes Schuhwerk wird vorausgesetzt), sollte sich auf den Weg machen, denn für den Rückweg gibt es keine Abkürzung. Während des gesamten Spaziergangs wechseln sich karge Stein- Kürzer und nur durch Gestrüpp führt ein Pfad zum geodä- wüsten mit dichter Vegetation ab. Im Tal sorgen Mimosen und tischen Festpunkt auf 479 Metern Höhe. Ab hier führt der Mandelbäume für leuchtende gelbe und weiße Flecken inmit- Weg ins Tal. Ein rundes Dutzend Häuser am Fuße des Ber- ten des Grüns. Die Mandelblüte hat im ungewöhnlich warmen ges bilden Penina, ein traditionelles Serra-Dorf. Die Zivili- und sonnigen Februar dieses Jahres besonders früh begonnen sation zeigt sich von der sanften Seite: Hunde und Katzen und geht nun zu Ende, während hier oben auf dem Hochplateau dösen mitten auf dem Weg und lassen sich von den Passan- die Natur kraftvoll und bunt erwacht. Allerlei Kraut und Blüten ten nicht aus der Ruhe bringen. Ebenso wenig die Bewohner und Zweige bahnen sich einen Weg durch die trockene, erodier- beim Streichen des Gartentors oder beim Wäschewaschen. te Erde. Eigentlich sind es die heißen, trockenen Sommer, die den Charakter der Vegetation prägen und die Dominanz im- Plötzlich duftet es nach Essen, und nach der Wanderung auf mergrüner Bäume und kleinblättriger Sträucher und Pflanzen dem Berg wird man sich an die Bar das Grutas erinnern. erklären, die mit wenig Wasser auskommen. Dennoch sind etwa Dort gibt es heiße und kalte Getränke und im Garten steht 400 Pflanzenarten (darunterknapp 30 endemische Arten) an der ein großer Grill. Was dort brutzelt, ist jetzt wohl verdient. Rocha da Pena erfasst, die die Landschaft mit großer Farbenviel- falt schmücken. Narzissen und Zistrosen gibt es hier und wilde Wer später bei der Rückfahrt das Gebirgsmassiv Rocha da Pena Orchideen, die auf den kalkhaltigen Böden schon früh im Jahr noch einmal aus der Ferne betrachtet, wird sich an den Blick prächtig gedeihen. Nebenan reckt die Scilla ihre blau leuchten- auf die Region von oben erinnern, an einen Ausflug in eine den, pyramidenförmigen Blütenbüschel in die Höhe, unweit wird andere Algarve-Welt. sich bald die endemische Iberische Wildpfingstrose entfalten. PORTUGAL-POST NR. 67 | 15
SCHWERPUNKT THEMA | CAMINHAR EM PORTUGAL Wandern auf der Rota Vicentina Claus Bunk A uf einer Familienfeier kamen meine zwei Brüder und ich auf die Idee, im Oktober 2019 eine Wanderung (3 Kin- der und 5 Erwachsene) auf dem Fischerweg der Rota Vicentina an der alentejanischen Atlantikküste zu unter- nehmen. Eine gewisse Vorarbeit war nötig, um die Quar- tiere für die 8 Wanderer zu reservieren. Der Plan war eine Strecke von Porto Covo bei Sines bis an die Grenze des Alentejo zum Algarve bei Odeceixe in 5 Tagen zurückzu- legen. Die Tagesetappen sollten nicht länger als 20 km sein. Der Wanderweg der Rota Vicentina ist eine markierte Wan- „Caminhos Históricos“ über alte historische Wanderwege führen derroute von der Altantikküste des Alentejo bei Sines bis (grüne Markierungen) und nicht weniger reizvoll sind. in den Algarve nach Lagos, vorbei am Cabo São Vicente. Wenn man eine längere Wanderung mit Übernachtung plant, Parallel zur Rota Vicentina, die auf alten „Caminhos de Pe- dann lohnt es sich, hier eine Kombination von Wegen vorzuneh- scadores“ (Fischerwegen) entlang der Atlantikküste führt men. Den Gesamtweg kann man je nach Geschwindigkeit, In- (blaue Markierungen), gibt es im Hinterland auch noch teresse und Kondition in 14 bis 20 Tagen durchwandern. Einige eine Reihe von parallelen Wegen, die unter dem Titel Teile eignen sich auch für den Track mit einem Mountainbike. Fotos: Unsere Wandergruppe beim Start in Porto Covo; Beschwerliches Wandern in der Wanderdüne von Almograve, Claus Bunk 16 |
1. Etappe − Porto Covo nach Vila Nova de Milfontes Länge: 20 km | Zeit: 8 h | Schwierigkeit: schwer Am 12.10.2019 war es dann soweit. Früh am Morgen brachen eine heftige Wasserfront. So hatte sich bei uns keiner die- wir in Porto Covo auf, um bis nach Vila Nova de Milfontes, das se Wanderung vorgestellt. Trotz guter Regenkleidung waren an der Mündung des Flusses Mira liegt, zu wandern. Der Weg alle nach einer Stunde durchnässt, und wir sehnten uns nach hatte eine Gesamtlänge von ca. 20 km und war somit als Tages- dem Zielort, der aber noch mindesten 3 Stunden entfernt lag. etappe gut machbar. Besonders reizvoll war die Passage ca. 5 km hinter Porto Covo vorbei an der Ilha do Pessegueiro, einer un- Als der Regen nachließ, waren alle erleichtert, und da es re- bewohnten Felsinsel 500 Meter vor der Küste. Das Wetter war lativ warm war, trockneten unsere Sachen schnell wieder, vorzüglich, obwohl für diesen Tag auch Regen angesagt war. und wir konnten die Wanderung fortsetzen. Nach dem lang- gezogenen Strand von Praia de Malhão folgte ein Weg ent- Einige Kilometer später kam vom Meer her eine Wolken- lang der Klippen,und es gab viele schroffe Felsenformatio- front auf uns zu, die den erwarteten Regen ankündigte, und nen zu sehen. Nach der Ankunft im Porto das Barcas (einem schon Minuten später standen wir mitten drin in einem kleinen Hafen mit Restaurant ca. 3 km vor Vila Nova de Dauerregen, der nun für die nächste Stunde auf uns nieder- Milfontes) war allen klar, dass wir diese Etappe der RotaVi- prasseln sollte. Da es keinerlei Möglichkeit gab, sich hier am centina heil überstanden hatten. Darüber hinaus hatten wir Strand vor dem Regen zu schützen, waren wir gezwungen, eine schöne Unterkunft, die unsere Mühe schnell vergessen durch den Regen weiterzugehen. Von einem Moment auf ließ. Der Ort V.N. de Milfontes liegt malerisch an der Mün- den anderen waren die Schönheiten der Natur (Dünen, Flo- dung des Rio Mira. Man kann hier vorzüglich Fisch essen ra, Meer und Strand) nicht mehr zu sehen, sondern nur noch und im Sommer ist es ein Ausgangspunkt für Badeurlauber. 2. Etappe − Vila Nova de Milfontes nach Almograva Länge: 15 km | Zeit: 5 h | Schwierigkeit: mittel Am nächsten Tag mussten wir zuerst den Rio Mira überwinden. Strand. Das Wetter hatte sich stabilisiert bei blauem Himmel. Auf der gegenüberliegenden Seite des Ortes lädt die breite Düne Danach ging es hinauf auf die Steilküste und später über ei- von Furnas mit Sandstrand zum Baden in der Flussmündung nige Wege im Hinterland. Auf halber Strecke nach Almo- ein. Entweder findet man einen Fährdienst, mit dem man den grave erreichten wir die größte Wanderdüne Portugals, die Fluss überquert und so einige Kilometer dieser Etappe abkürzt, leider nur sehr beschwerlich zu durchwandern ist. Im tie- oder man wandert über die Autobrücke, die den Rio Mira über- fen Sand wird so mancher Wanderer schnell beinmüde, und quert, und kommt so auch an den Strand von Furnas. Für uns gab man ist glücklich, wenn man Almograve erreicht. Der Weg es keine Wahl, denn im Oktober gibt es keine Fähre mehr über ging teilweise durch dicht bewachsene Buschwälder. Für die den Rio Mira, und so blieb uns nur der Fußweg über die Brücke. Kinder war diese Etappe recht abenteuerlich. In Almogra- Nach einer Stunde standen wir dann auf der anderen Seite am ve gibt es eine gute Jugendherberge, in der wir unterkamen. ▷ PORTUGAL-POST NR. 67 | 17
SCHWERPUNKT THEMA | CAMINHAR EM PORTUGAL 3. Etappe − Almograva nach Zambujeira do Mar Länge: 22 km | Zeit: 7 h | Schwierigkeit: mittel Am nächsten Tag ging die Tour weiter in Richtung Cabo Sardão Vor dem Fischerdorf Entrada das Barcas wird die Steil- und Zambujeira do Mar. Nach dem Start in Almograve kamen küste kurz durch einen kleinen Sandstrand unterbrochen, wir über eine Fahrstraße zurück an die Küste. Hier liegen sowie durch eine Anlegestelle für Fischerboote. Danach weitere Ausläufer der bereits erwähnten Wanderdüne, und es folgen Gewächshäuser und Gemüseanbau eines land- gibt einen breiten Sandstrand, der im Sommer besonders von wirtschaftlichen Betriebs, die sich praktisch auf den letz- Portugiesen für den Badeurlaub genutzt wird. Weiter ging es ten 5 km bis Zambujeira an der Küste entlangziehen. teilweise durch das Hinterland vorbei an landwirtschaftlich ge- Der Zielort Zambujeira do Mar ist ein touristisches Zen- nutztem Gebiet und immer wieder über die Klippen mit herrli- trum in wunderbarer Lage hoch über dem Meer. Un- chen Ausblicken auf Felsen und Meer. Schnell kamen wir voran ser nächstes Quartier war erreicht und lag im Ortskern. und erreichten den westlichsten Punkt dieser Wanderung, den Leuchtturm von Cabo Sardão. Hier sind die Klippen über 50 Im Ort trifft ein kleiner Fluss auf die Küste, und zwischen Meter hoch, und es gibt gigantische Ausblicke auf die Felsküste gigantischen Felsformationen gibt es einen relativ kleinen und den Atlantik. Meine Sorge, dass die drei mit uns wandern- Badestrand an seiner Mündung. Von diesem Badestrand den Kinder bzw. Jugendlichen irgendwann schlapp machen führen Treppen hinauf in den Ort Zambujeira. Dort kann würden, war völlig unbegründet. Sie waren diejenigen, die im- man vorzüglich Fisch essen, und es mangelt auch nicht mer voran stürmten, um die Gegend zu erkunden. Vielmehr an Unterkünften. Ganz in der Nähe auf einem Acker fin- waren es die Erwachsenen, bei denen sich Ausfallerscheinun- det im August das jährliche „Sudoeste MEO Rock Festival“ gen, z.B. Schmerzen an den Kniegelenken, bemerkbar machten. statt, das seit vielen Jahren über 50.000 junge Leute anzieht. Fotos: Azenha do Mar mit Blick auf die Felsen und den Atlantik; Zambujeira do Mar, Claus Bunk 18 |
4. Etappe − Zambujeira do Mar nach Odeceixe Länge: 18 km | Zeit: 7 h | Schwierigkeit: schwer Diese Etappe führte praktisch immer auf den hohen Felsen Steine dem Wanderer den freien Zugang zum Meer. Ca. 5 km der Küste entlang. Nur manchmal wurden diese durch ein von Brejão an der Küste gibt es den malerisch gelegenen Fi- kleines Flusstal unterbrochen. Die Felsen und ihre Höhe sind scherort Azenha do Mar, der hier über dem Atlantik thront. Die hier gigantisch und ein von Bergen umgebener Badestrand, Boote liegen unten am Wasser in einer kleinen Bucht, und die Praia do Carvalhal, nahe der Ortschaft Brejão lädt den Wan- Aussicht vom Ort auf das Meer ist phänomenal. Wenn man Zeit derer dazu ein, ein erfrischendes Bad im Atlantik zu nehmen. hat, sollte man hier auf einen Sonnenuntergang warten oder Das Hinterland besteht hier oft aus Plastikgewächshäusern, aber zumindest im Fischrestaurant eine Mahlzeit einnehmen. in denen Himbeeren, Brombeeren und andere Kleinfrüch- te für den europäischen Markt gezüchtet werden. Die an- Bis Odeceixe geht es nun praktisch nur noch auf der Steil- geheuerten Saison-Arbeitskräfte kommen oft aus Indien, küste entlang. Es gibt keine Strände mehr, zu denen man Nepal oder anderen südostasiatischen Ländern. Es kommt absteigen könnte. Der nächste Strand ist dann direkt am schon mal vor, dass dem Wanderer eine Gruppe von 50 ver- Rio Seixe gelegen mit großer Düne und insbesondere bei mummten Nepalesen begegnet. Vermummt, weil es auf den Ebbe einer großen freien Sandfläche. Folgt man dem Fluß verbindenden Sandstraßen furchtbar staubt (siehe auch den ca. 4 km ins Hinterland, gelangt man zum Ziel dieser Wan- Artikel über Wanderarbeiter im Alentejo in dieser Ausgabe). deretappe, in den Ort Odeceixe. Der Fluss markiert hier die Grenze zwischen dem Alentejo und dem Algarve. Odeceixe Bei Brejão hatte übrigens die Fado-Sängerin Amália Rodrigues ist als Dorf sehenswert, und es gibt hier etliche Übernach- ihr Feriendomizil. Dort gibt es einen kleinen Strand, der noch tungsmöglichkeiten. Wir haben uns auf dem Campingplatz heute ihren Namen trägt. Von nun an wird die Küste noch un- São Miguel in zwei Holzhäuschen eingemietet. Für uns war wegsamer bzw. steiler, und der Weg verläuft immer auf den hier nach fast 90 km die Wanderung beendet. Das nächste höchsten Punkten entlang. Es gibt auch kleine Buchten und Mal wollen wir die Strecke bis ans Cabo São Vicente wan- verborgene Strände, jedoch versperren oft viele Felsen und dern, und die Kinder sind dann natürlich auch wieder dabei. Foto: Mündung des Rio Seixe bei Odeceixe, Booking.com PORTUGAL-POST NR. 67 | 19
SCHWERPUNKT THEMA | CAMINHAR EM PORTUGAL Wanderungen in der Serra de Montemuro Rudolf Malkmus I n den vergangenen 40 Jahren habe ich im Zusammen- hang mit der Kartierung der Amphibien und Reptilien Por- ist jener massige Gebirgsstock, den der Geograph Amo- rim Girão (1895-1960) in einer 1940 erschienenen Abhand- tugals sämtliche knapp 100 Serras des Landes durchwandert. lung „a mais desconhecida Serra de Portugal“ bezeichnet. Wer von Porto aus den Rio Douro aufwärts reist, der be- Als ich diese Serra 1977 erstmals durchwanderte, schlum- gegnet nach ca. 80 km im Distrikt Viseu einer eindrucks- merten noch viele der abgelegenen, von bösen Hirtenhunden vollen Gebirgsszenerie: fast 1400 m hoch erhebt sich lin- bewachten Bergdörfer im Dornröschenschlaf. Noch nähten kerhand die Serra do Marão und ihr gegenüber – zwischen besorgte Mütter cabeças de víboras (getrocknete Otternköp- Cinfâes und Lamego – die Serra de Montemuro. Letztere fe) in die Arbeitskleidung ihrer Söhne, damit die magischen Fotos: Blühende Hochebene und anmutende Felsaufbauten in der Serra de Montemuro, Rudolf Malkmus 20 |
Kräfte der Amulette sie vor Hexen und anderem Unheil naltos) durch ein Meer weiß, violett und gelb blühender schützte. Noch klapperten die alten Wassermühlen; noch trug Ginsterfluren und Zwergstrauchheiden; über laubfrosch- der Bergwind das ächzende Gestöhne der Eselschreie und grün leuchtende, vom rosa Blütenflor der Orchideen und das von Spöttern als süßer Gesang der „Lusitanischen Nach- Grasnelken durchwirkte Wässerwiesen (prados de lima). tigall“ verhöhnte ohrenbetäubende Gequietsche der Ochsen- Vorbei an Quellbächen, in denen Vipernattern auf Beute karren mit ihren Vollscheibenrädern über die Heiden; und lauern und an deren Ufern man bis 40 cm lange, prächtige zur Erntezeit schlugen die Dreschflegel auf den eiras (Tennen) Wassereidechsen bewundern kann: irisierend smaragdgrün den Takt zur immerwährenden Kakophonie des meckern- ihr Schuppenkleid, azurblauer Kopf, dottergelber Bauch. den, blökenden, jaulenden und krähenden Dorforchesters. Auf diesen einst intensiv genutzten Allmendeflächen (baldios) Wer mit dieser Erinnerung von einst das Gebirge heute durch- weiden heute nur noch vereinzelt Schaf-und Ziegenherden wandert, wird mit tiefgreifenden Veränderungen konfrontiert: oder kleine Gruppen der Arouceser Rinder mit ihren ele- Die Gebirgskämme zieren aktuell über 200 monströse Wind- gant geschwungenen Hörnern. Bis weit ins 20. Jahrhun- räder, verbunden mit über 5 m breiten Schotterpisten (parques dert hinein spielte die Montemuro eine herausragende Rolle eólicos). Alle Dörfer sind an ein gut ausgebautes Straßennetz für die Transhumanz (Wanderschäferei): aus dem Tiefland angebunden; die agrarräumliche Gliederung – kleinparzel- trieben die Hirten alljährlich riesige Herden auf die mon- lierte, ummauerte Besitzeinheiten – leiden unter erheblichen tanen Sommerweiden des Planaltos. Oder ich wander- Zerfallserscheinungen; das „Dorforchester“ ist verstummt; die te durch die lichtgrünen Wälder der Pyrenäeneiche von meisten einstigen Bauern und Hirten arbeiten als Lohnarbeiter Gralheira aus hinab zu einem architektonischen Kleinod des (Tages-oder Wochenpendler) im Portuenser Wirtschaftsraum. Mittelalters, der Panchorra-Brücke über den Rio Cabrum. Diese Binnenwanderung der Bevölkerung aus dem struktur- ▷ schwachen Hinterland in die erwerbssicheren Industrie-und Handelszentren der Küstenregion sind seit Jahrzehnten ein ge- samtportugiesisches Phänomen (und Problem); inzwischen drängt sich ca. 80% der Bevölkerung im küstennahen Raum. Wer auf den alten, oft gepflasterten Hirtenpfaden und den zahlreichen ausgeschilderten Rundwegen (percursos pede- stres) innerhalb der 38 760 ha umfassenden, 1997 als FFH-Ge- biet ausgewiesenen Schutzzone der Montemuro wandert und hierfür die Zeit zwischen Anfang Mai und Mitte Juni wählt, wird aber mancherorts noch auf den Zauber einer Jahrhunderte alten Kulturlandschaft, eingebettet in eine wil- de, an Pflanzen-und Tierarten reichen Bergnatur treffen. Nachts ist man am besten aufgehoben in einem der alten Bauernhäuser des umtriebigen Senhor Osvaldo in Aldeia de Codeçal oder in den Casas de Montanha in Gralheira, dem zentral gelegenen Ort der Serra. Oft wanderte ich von dort, begleitet vom Ruf des Kuckucks, Wiedehopfs und Pi- rols über die mit zyklopischen, urweltlich anmutenden Felsaufbauten (lapas, penhas) übersäten Hochebenen (pla- PORTUGAL-POST NR. 67 | 21
SCHWERPUNKT THEMA | CAMINHAR EM PORTUGAL Oder ins Tal des Rio Bestança: durch einen alten Wald- Bewegung! Beruhigende Worte sollen den Aggressionstrieb bestand aus mächtigen, efeuumrankten, mit Bartflechten besänftigen; mein Gebrabbel meinte aber nur eines: tu mir behangenen Eichen, Eschen, Kastanien und Bergahornen nichts, ich tu dir auch nichts. Übermannte ihn schließlich das stürzen die kristallklaren Wasser des Flusses über Kaska- Mitleid (mit ihrer feinen Nase erschnuppern Hunde angeblich den zu Tal und ergießen sich nach 14 km bei Cinfães in den den Angstschweiß), oder trieb ihn die Sehnsucht nach einem Douro. Hier leben noch Fischotter und Desman, Goldstrei- artgerechten Partner. Nach drei Minuten Ewigkeit jedenfalls fensalamander und Marmormolch, sowie eine der letzten schluckte ihn wieder die Nacht, aus der er gekommen war. Restpopulationen des Wolfes südlich des Douro. Bereits seit 1993 hält die „Associação para a defesa do Vale do Bestan- Dass mein in den Augen eines Portugiesen unstrittig et- ça“ ihre schützende Hand über dieses ökologische Kleinod. was absonderliches Interesse an Kröten, Salamandern und Schlangen der Bevölkerung nicht verborgen blieb, erfuhr Unvergesslich bleibt mir eine nächtliche Stirnlampenexkursion ich, als ich mich nach mehrwöchigem Aufenthalt anschickte, ins Heidemoor (turfeira) des oberen Balsemão-Tales: mit Ein- mein Domizil in Codeçal zu verlassen. Ein an einen Granit- bruch der Dämmerung setzte dort der ohrenbetäubende Cho- felsen gelehntes, die Morgensonne genießendes altes Müt- ral hunderter Laub-und Wasserfrösche ein, in dem die zarten terchen erhob sich plötzlich und schrie in der Stimmlage, Glöckchentöne der Geburtshelferkröten ebenso untergingen mit der Hirtinnen störrische Ziegen zur Raison bringen: wie der Käuzchenruf und das Schnurren der Nachtschwalbe „Senhor, senhor! Um grande sardão – aqui, aqui!“ Ich eil- aus dem nahen Kiefernwäldchen. Plötzlich hatte ich allerdings te hinzu und folgte der zielgebenden Richtung ihres ausge- das Gefühl, dass hinterrücks ein compadre den Orchester- streckten Stockes. Am Fuß einer Mauer räkelte sich, Wärme genuss mit mir teilte. Ich wandte mich langsam nach rechts: tankend, eine prächtige moosgrüne Perleidechse. Ein leuch- im Lichtkegel der Stirnlampe starrten mich in Brusthöhe die tendes Augenpaar strahlte aus dem endlos gefältelten Antlitz glasig reflektierenden Augen eines riesigen hechelnden Hirten- der Alten, angetan von meiner Begeisterung über ihre Ent- hundes an. Er hob die Lefzen: ein Reißzahn war abgebrochen, deckung und mein herzliches „obrigado“. Am Abend des glei- doch auch der Überzählige war einer zu viel. Nur keine falsche chen Tages landete ich wieder in der grauen Mainmetropole. Fotos: An den Ufern der Quellbäche trifft man auf prächtige Wassereidechsen, Rudolf Malkmus 22 |
Ein Land, das einem Beine macht Radfahren, Laufen und Wandern in Portugal Peter Koj E igentlich ist das Wasser mein Element. Aufgewach- sen an der Elbmündung (Cuxhaven), unterrichtete ich im Hamburger Schuldienst neben meinen Sprachen das Fach Schwimmen und war zudem als Obmann des Eppendor- fer Holthusenbades im Schwimmausschuss der Hamburger Schulbehörde tätig. Da kam der Ruf an die Deutsche Schule Lissabon (1976-1983) gerade recht. Auch war unser neu- er Wohnsitz in Estoril, nur wenige Hundert Meter von der Praia do Tamariz entfernt, so etwas wie ein Gottesgeschenk (gemeint ist natürlich der Gott Neptun!). Und in der Tat war das ganzjährige Schwimmen im Atlantik, insbesondere das Unter-den-Wellen-Wegtauchen (mergulhar) an dem ca. 10 km westlich gelegenen Guincho-Strand eine wunderbare Sache. Doch trotz dieses tollen maritimen Angebots konnte Por- tugal meinen Bewegungsdrang auf sehr viel nachhaltigere Weise auf dem Landwege bedienen und hat mir Wasserrat- te im wahrsten Sinne des Wortes Beine gemacht. Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, muss es vor allem die Schönheit und Unberührtheitder Landschaft so kurz nach der Nelken- revolution gewesen sein, die mich von meinem Schreibtisch weglockte. Das Fahrrad, in der niederdeutschen Tiefebene das ideale Fortbewegungsmittel, um mit Land und Leuten in näheren Kontakt zu kommen, erwies sich in meinem Fall als wenig tauglich. Mein schwerer Drahtesel mit seinen 5 Gängen war einfach nicht geländegängig genug im bergigen Portugal. Auch fehlte die für einen ungefährdeten Fahrrad- verkehr nötige Infrastruktur (über die seitdem eingetretenen Verbesserungen berichtete die Portugal-Post 58 ausführlich). ▷ Foto: A fisga (die Zwille), Domingos Dias Martins PORTUGAL-POST NR. 67 | 23
SCHWERPUNKT THEMA | CAMINHAR EM PORTUGAL Da hieß es die Laufschuhe anziehen. Und dafür war Ende Das Wandern war Ende der 70er Jahre in Portugal kaum ver- der 70er Jahre Portugal das ideale Pflaster. Autoverkehr und breitet. Immer wieder wurde ich mitleidig belächelt, wenn Tourismus waren noch sehr unterentwickelt. Es gab die ersten ich in den nordportugiesischen Gebirgsdörfern mit meinem großen Volksläufe und mit Rosa Mota, Carlos Lopes (beide Rucksack auftauchte: „Haben Sie denn kein Auto?“ (O senhor Olympiasieger im Marathon) und Fernando Mamede (Welt- não tem carro?). Und noch 1998, als ich zu einer einwöchigen rekordler über 10.000m) große Vorbilder. Durch unser Es- Wanderung von Setúbal nach Sagres aufbrach, entsetzte sich toriler Domizil boten sich damals ideale Trainingsstrecken D. Manuela von der Pensão Londres in Lissabon: „Ai Jesus! É Richtung Guincho und Sintra, zum Teil querbeet (corta-ma- uma promessa?“ („Ach, du Lieber Gott! Ist das ein Gelübde?“ to). Und so war ich gleich beim 1. Volks-Halbmarathon von = Anspielung auf die alljährlichen Fußmärsche nach Fátima, Nazaré dabei (1978) und auch beim 1. Volksmarathon (1982 nach wie vor Portugals größte Wanderbewegung). Dagegen auf der Betonpiste des Autodroms von Estoril!). Denkwür- berichtete der junge Angestellte einer farmácia in Sines, die dig auch die kürzeren Volksläufe, an denen ich teilnahm: der ich am dritten Tag aufsuchte (ich war die 80 km bis dahin bar- Stadtlauf in Benfica des Círculo de Leitores (Bertelsmann), der fuß direkt am Wasser entlang gewandert, was den Füßen nicht an der Christus-Statue gestartete Lauf Ponte a Pé („Brücke so gut bekommen ist), er sei mit Freunden nicht nur die Stre- zu Fuß“, Wortspiel mit pontapé = Anstoß beim Fußballspiel), cke Tróia – Sagres, sondern gleich weiter in östlicher Rich- dem stimmungsvollen Nachtlauf von Nazaré (Corrida das Fo- tung bis zur spanischen Grenze (Sant’António) gewandert. gueiras) und immer wieder auf meiner Hausstrecke die Cor- rida entre Serra e Mar. Die in Portugal geweckte Lauffreude Diese Gruppe hatte also die damals offiziell noch nicht existente trug nach unserer Rückkehr Früchte. So lief ich beim 2. Han- Rota Vicentina schon mit der Via Algarviana, verbunden, die se-Marathon 1987 mit 2:53 Stunden eine glatte halbe Stunde damals noch in den Anfängen war (mehr dazu in Claus Bunks schneller als bei der offiziellen portugiesischen Meisterschaft Artikel Via Algarviana – Eine Wanderinitiative im Algarve ent- in Faro, an der ich kurz vor unserer Rückkehr teilnahm. wickelt sich, in: Portugal-Post 48). Letztere habe ich in ihrem westlichen Teil (zwischen Sagres und Lagos) mehrfach mit Doch wenn ich es recht bedenke, war es die langsamste der Freunden abgewandert (dazu der Bericht von Claus von Oert- drei Gangarten, nämlich das Wandern, die mich Portugal und zen und Helena Rocha von Oertzen in der Portugal-Post 11). seinen Bewohnern am nächsten gebracht hat. Auch hier kam ich völlig unvorbelastet nach Portugal. Dieses Mal waren es vor So landschaftlich reizvoll ich auch beide Wanderwege fand, allem die süddeutschen Kollegen an der Deutschen Schule, die vor allem den auf der Hochkante entlang führenden trilho mir Beine gemacht haben, allen voran unser Mitglied Rudolf dos pescadores („Pfad der Fischer“) zwischen Porto Covo und Malkmus. Als Herpetologe zog er allerdings alleine durch die Sagres mit seinen atemberaubenden Ausblicken auf den At- Lande, um die Reptilien und Amphibien Portugals zu kartie- lantik (insbesondere bei Sonnenuntergang), so galt meine ren (nachzulesen im Band 621 der Neuen Brehm-Bücherei ganze Liebe und Aufmerksamkeit doch dem Gerês, mit vollem und noch schöner in dem reich bebilderten Band Amphibians Namen Parque Nacional da Peneda-Gerês. Zu meiner Lissabon- and Reptiles of Portugal, Madeira and the Azores-Archipelago, ner Zeit war dieser in der nordwestlichen Ecke Portugals ge- erschienen 2004 im A.R.G. Gantner Verlag). Dafür erwander- legene Naturpark touristisch unbeleckt und galt unter uns Kol- ten wir bei Ausbruch der Sommerferien 1979 zusammen mit legen als Geheimtipp. Die Ursprünglichkeit der Landschaft mit zwei weiteren Kollegen den Hohen Atlas (Marokko) mit seiner ihren mächtigen Granitblöcken, Wasserfällen und Eichenwäl- höchsten Erhebung, dem Tubkal (4165 m). Einer Gruppe von dern, die teilweise noch kommunitär geführte Landwirtschaft 6 jungen Portugiesen, die es uns im nächsten Jahr gleich taten, mit den im Wechsel betreuten Herden (vezeiras) (vor allem in brachte es immerhin einen Artikel in Portugals größter Tages- Pitões das Júnias), die Barroso-Rinder mit ihren riesigen Hör- zeitung Diário de Notícias ein unter dem reißerischen Titel nern und die sich in Freiheit bewegenden Herden von garra- Portugueses vencem o Atlas („Portugiesen besiegen den Atlas“). nos (halbwilde Pferde), die espigueiros, die Kornspeicher aus 24 |
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