WOHNENPLUS - Wohnungswirtschaft-heute

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WOHNENPLUS - Wohnungswirtschaft-heute
WOHNENPLUS
P.b.b. GZ 02Z032231 M, Wohnen Plus, Singerstraße 8/10, 1010 Wien

                                                                     FA C H M A G A Z I N F Ü R D I E Z U K U N F T D E S W O H N E N S                              1|2018

                                                                                                                                Start ins neue
                                                                   STANDPUNKT                                                     Wohnleben
                                                                   Kluge Rezepte für das Wachstum
                                                                   MEIN WOHNEN PLUS                                                         Auf in die Multigrafie
                                                                   Diese Wohnung ist eine römische Eins                             Wohnen in Wahlgemeinschaft
                                                                   WOHNSYMPOSIUM                                                                Neustart im Alter
                                                                   Wohnpolitik der neuen Bundesregierung                                Die Zeit keilt alle Kunden
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WOHNENPLUS
      FACHMAGAZIN FÜR DIE
      ZUKUNFT DES WOHNENS
      1|2018

4       STANDPUNKT
      2 Josef Ostermayer und Michael Pech:
        Kluge Rezepte für das Wachstum
        WOHNSYMPOSIUM
      4 Ein großes Harren auf konkrete Schritte
        PLUSPUNKTE
      8 Kurzmeldungen aus der Wohnbau-Szenerie in Österreich
         MEIN WOHNEN PLUS
      10 Diese Wohnung ist eine römische Eins
         THEMA
      11 Start ins neue Wohnleben | Auf in die Multigrafie!

11
      16 Das Umfeld als Optionsraum wird immer wichtiger:
         Interview mit Christiane Feuerstein
      17 Reportage: Wohnen in der Wahlgemeinschaft
      20 Neustart im Alter
      22 Gemeinsam flügge werden
      24 Die Zeit keilt alle Kunden
         PRO UND CONTRA
      27 Themen, die die Geister scheiden | Michael Gehbauer versus
         Gerlinde Gutheil-Knopp-Kirchwald
         PROFIL
      28 Prototyp für sozialen Wohnbau
         INTERNATIONAL
      30 Regensburg: Leistbar mit Modulbau

28       WOHNEN PLUS TRENDS
      32 Planen | Bauen | Wohnen | Innovationen
         PROFIL
      36 Der direkte Draht zum Mieter
         RÜCKBLICK
      38 Form folgt Paragraf
         AUSBLICK
      39 Ökosozial und nachhaltig
         AVISO
      40 Themen und Termine zu drei Veranstaltungen
         Medienpartner von Wohnen Plus | Impressum

30        Coverfoto: „Zusammen:Leben – Gemeinsam:Erleben“ von Bauträger ÖVW, ein Wohnbau
          für Menschen aller Altersgruppen entsteht in der Traviatagasse in Wien-Inzersdorf.
          Visualisierung: alleswirdgut architektur/Stanislav Simonischek

                                                                                          WOHNENPLUS . 1|2018   1
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STANDPUNKT

                   Kluge Rezepte für das
                        Wachstum
    Wien wächst. Die erhöhten
    Grundstückspreise und die
    steigenden Baukosten
    erschweren zunehmend die
    Errichtung leistbarer
    Wohnungen. Lösungen und
    neue Ansätze diskutiert das
    kürzlich neu gewählte
    Führungsduo des Wiener
    Landesverbandes der Gemein-
    nützigen, Josef Ostermayer
    (Obmann) und Michael Pech
    (Obmann-Stellvertreter).

    GISELA GARY

                                                                                                                                               Foto: Pflügl
M
                it einem Bestand von mehr        demographische Entwicklung. 45 Prozent        Michael Pech, Vorstand ÖSW,
                als 900.000 eigenen Wohnun-      der Haushalte in Wien sind Singlehaushal-     Aufsichtsratsvorsitzender GBV-Verband
                gen, jährlich rund 15.000 neu-   te. Wenn sich ein Paar trennt, ziehen bei-
                en Wohnungen und 30.000          de aus der Wohnung aus und suchen zwei        reichend Licht, Luft und Sonne sind eine
    Wohneinheiten, die zur Wiedervermie-         kleine Wohnungen – es braucht temporä-        der zentralen Grundbedürfnisse beim
    tung kommen, leisten die Gemeinnüt-          re Alternativen wie bspw. unser R4R-Kon-      Wohnen – natürlich neben der Leistbar-
    zigen einen beachtlichen Beitrag zur         zept. Die Arbeitsmarktstruktur hat sich       keit. Die Stadt wächst stark, dafür braucht
    Wohnversorgung. Doch nun wird es eng,        aber ebenso massiv verändert und ver-         es ein gutes soziales Gefüge. Unser Vor-
    die Mittel fehlen, um den Wohnbedarf de-     stärkt die Mobilität. Es gibt eine Vielzahl   teil in Wien ist, dass die Stadt für zwei
    cken zu können – Baukosten und Grund-        an gut ausgebildeten jungen Leuten, die       Millionen Menschen gebaut wurde – wir
    stückspreise schränken die Willenskraft      in prekären Arbeitssituationen sind, das      haben also die Möglichkeiten der Stadt-
    der gemeinnützigen Bauträger massiv ein.     wirkt sich auf den Wohnungsmarkt aus,         erweiterung.“
                                                 auch auf die Größe der Wohnungen. Es
    Wie werden wir in Zukunft wohnen?            geht aber nicht nur um die Frage der An-      Welche Rahmenbedingungen wünschen
    Josef Ostermayer: „Ich denke, es gibt vor    zahl der Quadratmeter, sondern um die         Sie sich von der Politik, um weiterhin leist-
    allem einen Wunsch der Bevölkerung, der      räumliche und funktionelle Qualität der       baren Wohnraum zur Verfügung stellen
    zugleich unsere Kernaufgabe ist: Leistba-    Wohnung. Bedingt durch die immer klei-        zu können?
    ren Wohnraum zu schaffen. Qualitätsvolle     ner werdenden Wohnungen, setzt auch           Ostermayer: „Grundsätzlich wird dem ge-
    und ökologisch verträgliche Wohnungen,       ein gesellschaftspolitischer Aspekt ein,      meinnützigen Wohnbau in Wien ein hoher
    im Neubau wie auch im Bestand.“              nämlich das frühere Hinausdrängen der         Stellenwert eingeräumt, sodass es auch
                                                 Kinder aus dem Familienverband.“              gute Rahmenbedingungen gibt. Zuletzt ist
    Gesellschaftliche und demografische Ver-     Ostermayer: „Ziel ist, die Qualitäten im      aber der Anteil der Gemeinnützigen an
    änderungen zwingen zum Umdenken im           Wohnbau zu halten. Das hat natürlich          der Neubauleistung zurückgegangen. Zur
    Wohnbau – welche Anpassungen sind die        auch mit Raum und Fläche zu tun. Ich          Ankurbelung unserer Bautätigkeit haben
    dringlichsten?                               halte nichts von Entwicklungen wie z.B.       wir selbstverständlich einige Vorschlä-
    Michael Pech: „Die Bevölkerungsentwick-      in London, wo die Unterkünfte kleiner         ge: etwa Maßnahmen zur Dämpfung der
    lung forciert die Nachfrage, aber auch die   als die meisten Hotelzimmer sind. Aus-        Baukosten, ein großes Thema sind auch

2    WOHNENPLUS . 1|2018
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STANDPUNKT

die steigenden Grundstückspreise. Hier        mung oder nicht – dann baue ich halt          die uns zu Eigentum bzw. zur Miete zwin-
steuert die Stadt Wien mit der geförder-      auch den Kreisverkehr.“                       gen, wir wollen die unternehmerische
ten Grundstückspreisobergrenze von 300        Ostermayer: „Alle Kosten, die wir zu-         Freiheit, das selbst zu entscheiden.“
Euro/m2 gut dagegen. Das ist eine wich-       sätzlich übernehmen müssen, sind uner-        Ostermayer: „Das kommt natürlich auf
tige Voraussetzung für leistbaren gemein-     freulich. Andererseits, wenn ich vor der      die Finanzierung an. Am Land wird stär-
nützigen Wohnbau. Einkommensbezoge-           Alternative stehe, dass eine Stadt stark      ker Wohnungseigentum nachgefragt –
ne Mieten, wie vorgeschlagen, halte ich       wächst, gekoppelt mit den Ausläufern der      Wien ist dagegen eine Stadt der Mieter.
für nachteilig, weil sie leistungsfeindlich   Finanzkrise – ob eine Fläche umgewid-         Gerade die gemeinnützige Mietwohnung
sind und die soziale Durchmischung im         met wird, aber es fehlt das Geld, den Kin-    bietet hier mit der Preisbindung und den
gemeinnützigen Wohnbau gefährden.“            dergarten etc. mitzufinanzieren – bleibt      unbefristeten Mietverträgen eine sehr hohe
Pech: „Die soziale Durchmischung ist
auch für mich ein ganz wichtiger Punkt,
um den wir europaweit beneidet werden.
Bei uns ist der soziale Status nicht durch
die Lage der Wohnung geprägt, und das
ist ein hohes Gut. Wir sind froh, dass die
Bundesregierung, aber auch die Stadt
Wien zum gemeinnützigen Wohnbau
stehen, aber klar, bei der Grundpreisent-
wicklung brauchen wir dringend besse-
re Rahmenbedingungen. Dem sozialen
geförderten Wohnbau muss durch Bau-
landmobilisierung, spezielle Widmungen
und städtebauliche Vereinbarungen zum
Durchbruch verholfen werden.“

Leerstandsabgabe – Ihre Argumente dafür
und dagegen?
Ostermayer: „Wir haben das Thema
schon einmal in den 1980er Jahren dis-
kutiert. Schon damals ist man an verfas-

                                                                                                                                                    Foto: Clemens Fabry
sungsrechtliche Grenzen gestoßen. Der
Großteil des Leerstandes sind Wohnun-
gen, in denen die Mieter temporär an ei-
nem anderen Ort wohnen. Hierbei stellt
sich die Frage nach den Kontrollmöglich-      uns nichts Anderes übrig. Es gibt Berei-      Josef Ostermayer, Generaldirektor Sozialbau,
keiten der öffentlichen Hand und inwie-       che, wo die Stadt zusätzliche Qualitäten      Obmann der GBV-Landesgruppe Wien
weit der Aufwand in vernünftiger Relation     für den jeweiligen Wohnbau vorsieht. Im
zum Ergebnis steht. Bei der Sozialbau ha-     Zuge eines größeren Projektes werden          Sicherheit, die dem Eigentum ähnlich ist.
ben wir aktuell 85.000 Wohnungssuchen-        wir etwa einen öffentlichen Park errichten    Keine der beiden Wohnformen sollte zwin-
de vorgemerkt. Daran erkennt man, dass        und erhalten. Diese Zusatzleistung wertet     gend sein. Für mich stellt das keine ideolo-
die Wohnungsnachfrage deutlich höher          auch das gesamte Umfeld auf. Zu hinter-       gische Frage dar, sondern sollte nach dem
als das Angebot ist. Daher glaube ich auch    fragen ist demgegenüber der Beitrag für       Bedarf entschieden werden.“
nicht, dass der Leerstand ein vorrangiges     die Errichtung von Schulen. Warum sol-
wohnungspolitisches Problem darstellt.“       len das unsere Bewohner mitbezahlen?          Ihre Wünsche zur Wohnrechtsreform?
                                              Insofern freue ich mich über die Initiative   Ostermayer: „Eine Stärkung – Stichwort
Gemeinnützigen Bauträgern werden im-          des Wohnbaustadtrates, dass er diese Ent-     Eigenmittel, Pensionskassen – der Ge-
mer mehr Aufgaben und Leistungen ab-          wicklung limitieren will.“                    meinnützigkeit. Es gab auch die Idee,
verlangt – vom Kreisverkehr bis zum Kin-                                                    die Wohnungsgemeinnützigkeit in der
dergarten. Ihre Meinung dazu?                 „Eigentum ist langfristig die günstigste      Verfassung zu verankern oder Themen
Pech: „Ich finde es unfair, dass Aufgaben     Wohnform“ – steht im Regierungspro-           wie städtebauliche Verträge verfassungs-
der Allgemeinheit wie Infrastrukturleis-      gramm. Welche Varianten sind für Sie          rechtlich zu verankern – das wäre für alle
tungen auf uns abgewälzt werden. Wir als      vorstellbar?                                  Bundesländer gut. Grundstücksreserven
Gemeinnützige müssen die Kosten an die        Pech: „Über den Lebenszyklus gerechnet,       des Bundes für den geförderten Wohn-
Mieter weiterverrechnen. Klar, teilweise      stimmt das sicher! Eigentum vermeidet Al-     bau zur Verfügung zu stellen, wäre eben-
sind die Leistungen einerseits argumen-       tersarmut – das ist Fakt. Und Faktum ist      so wichtig.“
tierbar. Aber andererseits widersprechen      auch, dass die Menschen in ihren eigenen      Pech: „Ergänzend dazu wäre eine Struk-
sie unseren Grundsätzen und dem bisher        vier Wänden alt werden wollen. Das ÖSW        turbereinigung für die Erleichterung von
geltenden ‚Gesellschaftsvertrag‘ zwischen     hat immer schon Eigentum gebaut, aber         Fusionen und Grundstückstransaktionen
den Generationen. Allerdings: Wenn ich        auch Miete auf Kaufoption. Ich finde, es      für die Gemeinnützigen großartig, die wir
als Bauträger vor der Entscheidung stehe,     muss eine gesunde Mischung geben. Wir         zeitlich begrenzt, auf zwei bis drei Jahre
bekomme ich eine entsprechende Wid-           wollen keine zwangsweisen Regelungen,         abwickeln könnten.“

                                                                                                                              WOHNENPLUS . 1|2018        3
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5Ja0
                                                                                    hre

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                              Ein großes Harren
                             auf konkrete Schritte
    Ob die Wohnpolitik                                                                                                              von leistbarem Bauland
                                                                                                                                    für Wohnbau werden
    der neuen Bundesregierung                                                                                                       wohl auch das Bundes-
    eher in Richtung Flickwerk oder                                                                                                 kanzleramt involvieren.
                                                                                                                                        Soweit ein knapper
    Neustart tendiere, wollte das                                                                                                   Sukkus aus insgesamt
    60. Symposium zur Zukunft des                                                                                                   mehr als 43 Unter-
                                                                                                                                    punkten auf den Sei-
    Wohnens eruieren. Skepsis                                                                                                       ten 47 bis 49 des Re-
    und Hoffnung durchmischten                                                                                                      gierungsprogramms,
    die Aussagen, deutlich                                                                                                          die im Rahmen des
                                                                                                                                    Wohnsymposiums den
    zum Ausdruck kamen jedoch                                                                                                       Experten und Interes-
    Prioritäten für erste dringliche                                                                                                sensvertretern nur ge-
                                                                                                                                    nerelle Einschätzungen
    Schritte.                                                                                                                       abverlangen konnten.
                                                                                                                                    Die Erwartungshaltun-
    ERNST KOCH                                                                                                                      gen in die Wohnbauzu-
                                                                                                                                    kunft zeigten sich dabei
                                                                                                                                Fotos: Robert Newald
                                                                                                                                    einigermaßen      durch-
                                                                                                                                    mischt, wie schon die
                                                                                                                             1      Antworten auf die Start-
                                                                                                                                    frage „Flickwerk oder

                                                                  E
                                                                         in eigenes Kapitel „Wohnbau“ sucht      Neustart“ illustrierten. WKÖ-Vizepräsi-
                                                                         man im Inhaltsverzeichnis zum Re-       dentin und Gastgeberin in der „Sky-Loun-
                                                                         gierungsprogramm 2017-2022 zu-          ge“ Ulrike Rabmer-Koller erblickte „ech-
                                                                         nächst vergeblich, findet es dann       ten Reformwilllen nach vielen Jahren
                                                                  aber im Teilbereich „Justiz“ auf drei Seiten   des Stillstandes“, die langjährige Wohn-
                                                                  unter dem Generaltitel „Modernisierung         bauexpertin der Grünen Gabriela Moser
                                                                  des Wohnrechts“. Diese inhaltliche Zu-         „einen Neustart noch in Nebelschwaden
                                                                  ordnung entspricht langjähriger Gepflo-        verhüllt“; „wenn wir schon wissen, wie
                                                                  genheit. Sie führt zu einer kompakten          es geht – warum machen wir es denn
                                                                  Darstellung des Gesamtkomplexes Woh-           nicht“, fragte sich etwa SPÖ-Sozialspre-
                                                                  nen, dessen Vielfalt in der realen Umset-      cher Josef Muchitsch, auch Sprecher der
    1 / Reformwille und „Ende des Stillstands“: WKÖ-Gastgeberin   zung auf etliche Ressort-Kompetenzen           Initiative Bau und Umwelt.
    Ulrike Rabmer-Koller                                          gesplittet wird. Für die Sparte Mietrecht           „Sehr viel Vernünftiges“ fand GBV-
    2 / Stimmungsbild: Abstimmungstafel zum Thema                 liegt die Zuständigkeit tatsächlich bei der    Obmann Karl Wurm in der Regierungs-
    bei Veranstaltungsbeginn                                      Justiz (neu exakt: Ministerium für Ver-        vorlage, an erster Stelle das klare Be-
    3 / „Noch Nebelschwaden“: Gabriela Moser, ehemals             fassung, Reformen, Deregulierung und           kenntnis zur Gemeinnützigkeit, vor allem
    grüne Wohnbausprecherin                                       Justiz), Angelegenheiten des WGG und           an der Unantastbarkeit der bestehenden
    4 /„Hoffnung, das was passiert“: Karl Wurm, GBV-Obmann        des Wohnrechts bleiben im nunmehri-            Kapitalvermögen. Für Fortschritte in der
    5 / Verbindende Elemente: Johannes Stabentheiner,             gen „Ministerium für Digitalisierung und       Grundstücksbereitstellung, die im Pro-
    Mietrechts-Insider im Justitzressort                          Wirtschaftsstandort“ angesiedelt, bei steu-    gramm wieder aufgenommen wurden,
    6 / Mittige Erwartungen: Andreas Sommer, Experte für          erlichen Erneuerungen werden Querver-          hege er die „Hoffnung, dass wirklich was
    Wohnrecht und Gemeinnützigkeit                                bindungen zum Finanzressort gezogen, in        passiert“, betreffend eine Bereinigung
    7 / Auf Modellsuche: Alfred Riedl, Präsident Gemeindebund     Fragen der Wohnbauförderung überdies           des Normenwesens folgte der Vorschlag:
    8 / Anregende Divergenzen: Stefan Gara (Neos) und             zu den Landesregierungen; dringlich ein-       „Machen wir tabula rasa. Alles abschaf-
    Josef Muchitsch (SPÖ) mit Moderator Eric Frey                 geforderte Maßnahmen zur Mobilisierung         fen und dann schauen, was wir wirklich

4    WOHNENPLUS . 1|2018
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brauchen.“ Eher konträr die Sichtweise
zur Forcierung von frei finanziertem Woh-
nungseigentum und zur Überprüfung
der Eigentumsverhältnisse von Mietern
zwecks „sozialer Treffsicherheit“ – vieles
werde „so nicht funktionieren“, ist Wurm
überzeugt und meint zu einer Novellie-
rung des Mietrechts generell: „Ich bin
skeptisch, dass da bald was kommt.“

Durchaus Diverses
Als Intimkenner der Materie Mietrecht
interpretierte Abteilungsleiter Johannes                                            3                                               4
Stabentheiner die ministeriellen Pers-
pektiven als „durchaus Diverses“. An-
gesetzt, wenn auch offenbar noch nicht
terminisert sind (einmal mehr) ein Miet-
rechts-Konvent, dem aber auch eine par-
lamentarische Enquete vorgeschoben
werden soll. Tendenziell stehe ein „Par-
digmenwechsel“ insofern im Raum, als
ein „fairer Interessensausgleich“ zustande
kommen soll, ein „ausgewogenes Verhält-
nis von gleichwertigen, mündigen Ver-
tragspartnern.“ In petto stehen aber auch
kurzfristige Neuerungen, etwa die Dauer
und die Höhe von Mietverträgen betref-
fend. Die Bundesregierung scheine so
im Mietrecht die beiden Elemente Neu-                                               5                                               6
start und Flickwerk verbinden zu wollen,
schließt Stabentheiner und schätzt das        verdienten ein „deutliches allgemeines       Moser – schon gar nicht, seitdem Wohn-
                                              Bekenntnis zur Gemeinnützigkeit“, An-        bauförderungsgelder zu Budgetmitteln
                                              sätze für eine Strukturbereinigung des       geworden sind. Auf den prekär hohen
                                              GBV-Sektors oder auch angestrebte In-        Versiegelungsanteil in Österreich verwies
                                              vestionsanreize im Wohnbau etwa durch        Christian Aulinger, Präsident der Architek-
                                              die Einbeziehung von Pensionskassen.         tenkammer. Kommunale und föderale
                                              Offene Fragen sieht Sommer noch in           Praktiker beziehen in dieser Frage jedoch
                                              Themen wie Mietzins-Anpassungen oder         wesentliche Unterschiede zwischen Stadt-
                                              der transparenten Gestaltung von Eigen-      und Landregionen ein und das Regie-
                                              tums-Optionen (Stichwort Miet-Kauf). Ein     rungsprogramm zeigt eine massive Präfe-
                                              Detail-Plus sei die stärkere Förderung für   renz zur Bildung von Eigentum.
                                              den nachträglichen Einbau von Photovol-
                                              taik-Anlagen.                                Akute Knackpunkte
                                                   Ein großes Harren des Fachpublikums          Beim Thema „soziale Treffsicherheit“
                                              auf konkrete, zeitnahe Lösungen lässt sich   stellt das Regierungsprogramm einen seit
                                              grosso modo mit WohnenPlus-Lesern seit       Jahrzehnten divergenten, emotional dis-
                                              vielen Jahren bekannten Themenkreisen        kutierten Bereich wieder in den Vorder-
                                       2      zusammenfassen:                              grund. Vorrangig, so heißt es, solle sozialer
                                                 Das dauerkritisierte Geflecht aus Bau-    Wohnbau „denjenigen zur Verfügung ge-
Vorgehen in Anlehnung an Gabriela Mo-         ordnungen, Normen, Standardisierungen        stellt werden, die ihn wirklich brauchen“
ser so ein: „Bin ein bisschen skeptisch,      für den Wohnbau könnte nur durch einen       und für die praktische Abhandlung wer-
sehr gespannt, gleichwohl unverdros-          Kraftakt beseitigt werden – sprich Verein-   den „regelmäßige Mietzinsanpassungen
sen.“ In einer Variante urteilte der Leiter   heitlichung durch alle Bundesländer. Ein-    für Besserverdiener im kommunalen und
der Mieterhilfe Wien, Christian Bartok:       gebracht werden aber auch Kompetenz-         gemeinnützigen Wohnbau“ einverlangt.
„Ich bin skeptisch, wenn ich vor einem        zuteilungen einerseits für den Bund,         Dieses schon vielfach gestellte Ansinnen
Neustart mit Flickwerk beginne.“              andererseits für die Kommunen. Wie also      stößt auf ebenso regelmäßige Abwehr sei-
    Seinen Punkt in die Mitte zwischen        weiter?                                      tens der Branchen-Verantwortlichen. Die
den beiden Polen gesetzt hat Andreas              Eigenheim versus Verdichtung: Eben-      Tradition der „sozialen Durchmischung“
Sommer, langjähriger Abteilungsleiter für     falls ein Dauerbrenner in der Debatte zwi-   wird hier eingebracht, die Unberechen-
Wohnrecht und Wohnungspolitik im nun-         schen weit unterschiedlichen Lagern. Ei-     barkeit sich ändernder Lebensverhältnis-
mehrigen Ministerium für Digitalisierung      gentum solle nicht mit Steuergeldern fi-     se, der Faktor Datenschutz. Wie 600.000
und Wirtschaftsstandort. Hervorhebung         nanziert werden, moniert etwa Gabriela       Haushalte allein im gemeinnützigen Be-

                                                                                                                   WOHNENPLUS . 1|2018     5
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                                                                                                                                                8

                                                          Aussagen zur Modernisierung des
                                                         Wohnrechts im Regierungsprogramm
                                                  7          „Langfristig ist Eigentum die ange-    baren Wohnbau bei Umwidmungen
                                                         strebte und günstigste Form des Woh-       von Grundstücken der Öffentlichen
    reich überprüfbar sein sollen, fragt sich            nens. Wir müssen alles unternehmen,        Hand in Bauland“
    gbv-Obmann Karl Wurm, der auch die                   dass wieder mehr Wohnraum im Ei-               „Schaffung eines neuen Miet-
    Vermutung hegt, man wolle „Mehrverdie-               gentum erworben werden kann, denn          rechts: Im Rahmen eines `Mietrechts-
    ner in den privaten Bereich hinüberzie-              Eigentum ermöglicht ein selbstbe-          Konvents´ sollen Wohnrechtsexper-
    hen“. Es gehe nicht an, „Mieter zu bestra-           stimmtes, abgesichertes Leben“             ten Vorschläge zu einer grundle-
    fen, die sich etwas aufgebaut haben“, ließ               „Im Sinne der Nachhaltigkeit sollen    genden Reform des Mietrechts er-
    Wiens Wohnbaustadtrat Michael Ludwig                 Sanierungen und der Erhaltung von          arbeiten. Auftakt dazu bildet eine
    wissen. Der Vorschlag des Landtagsab-                bestehenden Gebäuden der Vorrang           parlamentarische Enquete. Ziel ist
    geordneten Stefan Gara (Neos), doch so               gegeben werden und bei Neubauten           ein verständliches, anwenderfreund-
    zu verfahren wie bei der Einhebung der               flächenoptimierte Bauweisen bevor-         liches, gerechtes und transparentes
    Kirchensteuer, wurde von den Symposi-                zugt werden“                               Mietrecht, das ausgewogen die be-
    umsteilnehmern eher kaum als Lösung                      „Die Anforderungen in den Bauord-      rechtigten Interessen von Mietern
    aufgefasst.                                          nungen an den sozialen und geförder-       und Vermietern als mündige Ver-
        Dringlichkeitsstufe 1 hat Mobilisierung          ten Wohnbau sollen mit dem Ziel über-      tragspartner widerspiegelt“
    von Bauland. An diesem Komplex, der                  arbeitet werden, dass Wohnraum                 „Abschaffung des `Mietadels´durch
    auch Begriffe wie Vorratsflächen oder                besser leistbar wird. Eine Vereinheitli-   zeitgemäße Ausgestaltung der Ein-
    Vertragsraumordnung einbezieht und un-               chung aller bautechnischen Standards       trittsrechte (§§ 12 und 14 des MRG)
    mittelbar mit dem Geflecht „Grundkos-                ist anzustreben“                               „Anreize für Neubau, Sanierungs-
    ten = leistbarer Wohnbau“ gekoppelt ist,                 „Vorrangig soll sozialer Wohnbau       maßnahmen, Investitionen in die
    geht kaum eine Stellungnahme vorbei, sie             denjenigen zur Verfügung gestellt wer-     Ausstattungsqualität von Wohnraum
    dominierte auch die Dringlichkeits-Vor-              den, die ihn wirklich brauchen. Wir be-    sowie die Wiedervermietung leerste-
    schläge der tradionellen runden Sympo-               kennen uns klar zum Prinzip der Woh-       hender Wohnungen werden mit dazu
    siums-Tische. Ein erstes Bodenbeschaf-               nungsgemeinnützigkeit und sprechen         beitragen, das Angebot an Wohraum
    fungsgesetz stammt bekanntlich aus den               uns gegen Spekulation mit dem Ver-         zu erhöhen, womit Wohnen langfris-
    1970-er Jahren, es wurden verfassungs-               mögen gemeinnütziger Bauvereinigun-        tig leistbar bleibt“
    rechtliche Gutachten erstellt, Modelle wie           gen aus“                                       „Baukosten senken: Schaffung
    in Südtirol ins Spiel gebracht, es blieb                 „Mehr Gerechtigkeit im sozialen        bundesweit einheitlicher Regelungen
    jedoch bei Zuordnungs-Unsicherheiten:                Wohnbau sicherstellen: regelmäßige         zu technischen Vorschriften sowie ge-
    Die Raumordnung als Bundeskompetenz?                 Mietzinsanpassungen für Besserverdie-      nerelle Rücknahme von ineffizienten
    Klare Länderzuständigkeit bei der Bau-               ner im kommunalen und gemeinnützi-         Standards und Normen in Zusam-
    landbeschaffung? Der Präsident des Ge-               gen Wohnbau“                               menarbeit mit den Ländern“
    meindebundes Alfred Riedl – Befürworter                  „Prüfung der Möglichkeit der Mobili-      Mietkauf als sozial orientierter Start
    eines „aktiven Flächenmanagements“ –                 sierung zusätzlicher Finanzierungsmö-      ins Eigentum: Mietkauf ist ein wesent-
    verwies auf eine pragmatische Vorgangs-              glichkeiten für den Wohnbau: Expli-        licher Bestandteil der Wohnraumver-
    weise: „Wir überlegen, welche Modelle es             zite Ergänzung des Pensionskassen-         sorgung. Die Transparenz gegenüber
    in welchen Ländern gibt und suchen nach              und des Mitarbeitervorsorgegesetzes,       dem Wohnungsnutzer soll erhöht und
    dem geeignetsten“.                                   damit diese Institutionen in den Wohn-     die Rahmenbedingungen für die Be-
                                                         bau investieren können“                    gründung des Anspruchs auf Eigen-
    Hinweis: Die politische Debatte zwischen Stefan          „Bauland mobilisieren: Schaffung       tumsoption dem aktuellen Marktum-
    Gara und Josef Muchitsch enthält die Standard-Bei-
    lage Wohnen in diesem Heft – Aviso zum 61. Wohn-     von Vorbehaltsflächen für den förder-      feld angepasst werden“
    symposium auf Seite 40.

6    WOHNENPLUS . 1|2018
WOHNENPLUS - Wohnungswirtschaft-heute
WOHNSYMPOSIUM

Ermunterungen zum Neustart
Welche erste Priorität der neuen Bundes-
regierung in der Wohnpolitik zu empfeh-
len sei, haben die traditionellen runden
Tische in der WKÖ-Skylounge beraten.
Es wurden klare Präferenzen präsentiert,
offenbar auch ohne komplette Einigung

                                                                                                            Fotos: Robert Newald
an den Tischen: Gleich mehrfach traten
zwei Sprecher im Duo an das Podium –
in dieser Form eine Premiere.

                     Tisch 7 | 13 Punkte            Tisch 5 | 9 Punkte             Tisch 11 | 8 Punkte
                     Platz 1, Siegerslogan:         Platz 2, Slogan:               Platz 3, Slogan:
                     Konsequente Bauland-           1 Mrd. mehr für                Starten statt warten
                     Mobilisierung für              Wohnbauförderung
                     leistbares Wohnen              plus Zweckbindung

                     Präsentation:                  Präsentation:                  Präsentation:
                     Ronald Schlesinger,            Christian Bartok,              Franziska Trebut,
                     Wohnservice Wien               Mieterhilfe Wien               ÖGUT

                     Tisch 9 | 8 Punkte             Tisch 2 | 6 Punkte             Tisch 1 | 5 Punkte
                     Platz 3, Slogan:               Slogan:                        Slogan:
                     Leistbares Wohnen              Raumordnung                    Klare Kompetenz
                     mit Visionen                   soll Bundeskompetenz           der Länder bei
                                                    werden                         Baulandbeschaffung

                     Präsentation:
                     Christoph Treberspurg,         Präsentation:                  Präsentation:
                     Architekt mit Ernst Gruber,    Robert Habarda,                Josef Schmidinger,
                     wohnbund:consult               Strabag                        Erste Bank

                     Tisch 8 | 1 Punkt              Tisch 10 | 4 Punkte            Tisch 12 | 6 Punkte
                     Slogan:                        Slogan:                        Slogan:
                     Bedingungen für                Liegenschaften nicht           Grundsatzgesetz für
                     Neubau verbessern,             länger liegen lassen           bundeseinheitliche
                     soziale Durchmischung                                         technische Bauordnung
                     fördern
                                                    Präsentation:                  Präsentation:
                                                    Evelyn S. Ernst-Kirchmayr,     Anton Holzapfel, ÖVI
                     Präsentation:                  DIe ERNST                      mit Florian Huemer,
                     Roswitha Harner, neunerhaus    mit Hermann Weiss,             Min. f. Digit. und
                     mit Anton Hechtl, Raiffeisen   Wienerberger                   Wirtschaftsstandort

                     Tisch 6 | 5 Punkte             Tisch 3 | 7 Punkte             Tisch 4 | 2 Punkte
                     Slogan:                        Slogan:                        Slogan:
                     Zusammenrücken                 Multistrategie für             Vollziehbares
                     (Chancen nützen)               leistbares Wohnen              Wohnrecht in allen
                                                                                   Bereichen
                     Präsentation:
                     Adelheid Wimmer,
                     Wohnen Plus Akademie           Präsentation:                  Präsentation:
                     mit Michael Kolpek,            Gabriela Moser,                Jörg Wippel
                     neunerhaus                     Wohnbauexpertin                Forum Wohn-Bau-Politik

                                                                                   WOHNENPLUS . 1|2018                     7
WOHNENPLUS - Wohnungswirtschaft-heute
PLUSPUNKTE

          PLUS                ROBERT
                              KOCH

          PUNKTE

                                                                                                                                                                     Foto: IBA Wien/L. Schedl
                                                                         fläche zum Quartier „Am Seebogen“ ein.        dem Motto „Helfen statt feiern“ unterstütz-
                                                                         Dort sollen an die 900 Wohnungen plus         te die Frieden eine Anlaufstelle für Kinder
                                                                         Gemeindebau, Bildungscampus, Gewer-           und Jugendliche in Krisensituationen mit
                                                                         behof, Multifunktionshaus und ein „Cam-       einer Jubiläumsspende in der Höhe sonst
                                                                         pus der Religionen“ zur Umsetzung ge-         üblicher Festkosten.
                                                                         langen. Neubauten mit insgesamt 4.000
                                                                         Wohnungen sind in zwei anderen Ent-
                                                                         wicklungsgebieten geplant.                    Seestadt ist Zehn
                                                                             Für die Weiterentwicklung der Stadt       2007 startete auf dem ehemaligen Flug-
                                                                         wird die Per-Albin-Hannsson-Siedlung          feld Aspern die Entwicklung eines neu-
                                                                         mit rund 14.000 Bewohnern einer um-           en Stadtteiles von Wien. „Vor zehn Jahren
                                                                         fassenden Modernisierung unterzogen.          waren ein paar Striche, eine Skizze,“ er-
                                                                         In einer Befragung wurden Aspekte von         innert sich Johannes Tovatt. Der schwe-
                                                                         Wohnen bis Mobilität unter die Lupe ge-       dische Architekt erstellte den Masterplan,
                                                   Foto: Klaus Pichler

                                                                         nommen. Über die Entstehung vor 70 Jah-       der seither als Grundlage aller weiteren
                                                                         ren informiert einer Dauerausstellung im      Planungen dient. Bei einer „Geburtstags-
                                                                         Olof-Palme-Hof, die Bewohner sollen sich      feier“ wurde im „Club Seestadt“ eine von
                                                                         mit Beiträgen und Fotos beteiligen. Bei       WohnenPlus-Redakteur Wojciech Czaja
    Wohnbau mit „viel Herz“                                              einem Symposium im AzW zum „Selbst-           moderierte Zwischenbilanz gezogen.
    Elisabeth Weihsmann lacht vom Cover                                  bau“ wurde auch ein Modell-Projekt vor-            Seit der Startphase begleiten das Pro-
    einer „Würdigung“. Zu ihrem 80. Ge-                                  gestellt, das „gemeinsam siedeln, selbst      jekt die Fragen „Wie viel kann man sich
    burtstag im Dezember 2017 verteilte die                              bauen, interaktiv wohnen“ zum Ziel hat        trauen? Wo machen Partner noch mit?“,
    Wohnbauvereinigung für Privatangestell-                              und Strategien der genossenschaftlichen       erklärte Gerhard Schuster, CEO der wien
    te – als deren Geschäftsführerin sie vie-                            Siedlerbewegung neu interpretieren soll.      3420 AG. „Wie weit kann man gehen, um
    le Jahre wirkte – eine schmale Broschü-                                                                            auch das Ungewöhnliche, das Innovative
    re mit großem Inhalt: „Mit viel Herz und                                                                           umzusetzen, ohne dass man verschreckt“.
    Verstand für den sozialen Wohnungsbau“                               Helfen statt feiern                           Mut zum Risiko wird den Weg zum gut
    betitelte Elmar Schübl seine Biographie,                             „Wir bauen leistbare Qualität für die Mit-    funktionierenden Stadtteil auch weiterhin
    die zehn Weggefährten mit persönlichen                               telschicht“ erklären die Frieden-Vorstände    begleiten, lautete das Resumee.
    Eindrücken untermauern. Rudolf Edlinger                              Peter Sommer und Christoph Scharinger
    schreibt zu „Format“, Lore Hostasch über                             in einer Broschüre zum Jubiläum der
    die „Visionärin“, das „ganz Besondere“                               Baugenossenschaft, die im November
    charakterisiert Hans Sallmutter, und Ingrid                          1947 gegründet wurde. Das beachtliche
    Reischl nennt sie ihr „Vorbild“. Es folgen                           Resultat: Mehr als 18.000 Wohnungen in
    respektvolle Worte von Josef Ostermayer,                             Wien, Niederösterreich und Tirol, pro Jahr
    Karl Wurm und Ewald Kirschner, die Mi-                               kommen 200 bis 250 neue Wohnungen
    chael Gehbauer mit dem Satz abrundet:                                hinzu. Besonders stolz ist man in der Ge-
    „Viele ihrer oft unorthodoxen Ideen durf-                            nossenschaft auf rund 20.000 Mitglieder,
    te ich weiterentwickeln und umsetzen.“                               „die uns oft schon in zweiter und dritter
                                                                         Generation die Treue halten“, wie Auf-
                                                                         sichtsrat-Vorsitzender Vinzenz Pippich
    IBA startet Projekte                                                 betont. Insgesamt 106 Mitarbeiter stark ist
    Nach einer Reihe interessanter Veranstal-                            das Frieden-Team, das am Hauptstandort
    tungen samt Klärung der Programmatik für                             in Wien-Hietzing sowie zwei Büros in
    die „IBA Wien – Neues soziales Wohnen“                               Tirol „gemeinsam an der Arbeit ist“.
                                                                                                                                                                        Foto: Robert Newald

    starten 2018 erste Projekte. In der Seestadt                              Für die soziale Ausrichtung steht das
    Aspern leiten zwei Bauträger-Wettbewer-                              „Haus der Generationen“, ein Modellpro-
    be die Entwicklung nördlich der Wasser-                              jekt mit Stadt Schwaz und Caritas. Unter

8    WOHNENPLUS . 1|2018
PLUSPUNKTE

                                                                        seine Basissanierung. Zu den Kosten
                                                                        der Adaptierung steuern Stadt und Land
                                                                        Salzburg jeweils 273.000 Euro bei. Die
                                                                        gesamte Planungsleistung sowie Neben-
                                                                        kosten werden durch die Initiative Ar-
                                                                        chitektur ehrenamtlich eingebracht. Nun
                                                                        soll eine Bausteinaktion die noch erfor-
                                                                        derlichen Mittel aufbringen. – Genaueres

                                              Foto: Bruno Klomfar/EBG
                                                                        unter www.initiativearchitektur.at/archi-
                                                                        tekturhaus-salzburg

                                                                        AzW zum Jubiläum
Viertel der Wende                                                       Die großen Jubiläen des heurigen Jah-
Sonnwendviertel heißt das neue Stadt-                                   res spiegelt das Programm 2018 des
quartier südlich des neuen Hauptbahn-                                   Architekturzentrum Wien. An den Wan-
hofes in Wien. 2019 soll dort die Bautätig-                             del der Wiener Sozialpolitik im Sog der
keit abgeschlossen werden, stehen dann                                  1968er-Bewegung und deren promi-
5.000 neue Wohnungen zur Verfügung. In                                  nente Architektur-Manifestation erinnert
einer Broschüre hat der wohnfonds wien                                  die Ausstellung „Stadt des Kindes: Vom
die unter seiner Federführung entstande-                                Scheitern einer Utopie“. Aus dem Nach-
nen Projekte aus drei Bauträger-Wettbe-                                 lass von Roland Rainer werden erstmals
werben zusammengefasst. Diese zeich-                                    Materialien seiner Tätigkeit während der
net gewissermaßen die Entwicklung im                                    NS-Zeit ab 1938 und die Auswirkungen
geförderten Wohnbau des letzten Jahr-                                   auf die Stadtplanung nach 1945 zur Dis-

                                                                                                                                                                              Rendering BEHF Tower
zehnts ab, die Resultate stehen eng ne-                                 kussion gestellt, unter dem Titel „Roland
beneinander – WohnenPlus hat schon                                      Rainer (Un)Umstritten“.
mehrfach berichtet.                                                          Dies und weitere Schwerpunkte für
    Das innovative Projekt „Wohn-Zim-                                   2018 präsentierten AzW-Präsident Han-
mer“ von win4wien mit drei durch Brü-                                   nes Swoboda und Direktorin Angelika                       Turmbau zu Erdberg
cken verbundenen Bauteilen startete im                                  Fitz. Die monumentale Ausstellung „SOS                    Kick-off meldeten BEHF Architects im
ersten Wettbewerb. Ebenso das „so.vie.so                                Brutalismus. Rettet die Betonmonster!“                    Frühjahr für ihren Turm (siehe Rend-
– Sonnwendviertel solidarisch“ der BWS,                                 wird Anfang Mai vom Deutschen Archi-                      ering) am Erdberger Mais. Vier Jahre
mit dem Wiener Wohnbau-Preis 2015 aus-                                  tekturmuseum übernommen und mit                           nach dem Architekten-Wettbewerb für
gezeichnet. Gesiba, Sozialbau und ÖSW                                   Beispielen aus Österreich erweitert. Sie                  das Großprojekt „MGC Plaza“ – bei dem
haben Bauteile mit „Sozialer Nachhaltig-                                zeigt expressive Bauten aus rohem Sicht-                  auch StudioVlayStreeruwitz und Rüdiger
keit“ platziert. Wiens erste Smart-Wohn-                                beton, die ab den 1950er-Jahren entstan-                  Lainer+Partner mit zwei weiteren Turm-
bauten von Heimbau und EGW gingen                                       den sind, lange Zeit als Bausünden ver-                   projekten siegreich waren –, startet also
aus Wettbewerb II hervor, es folgten Pro-                               unglimpft und dem Verfall preisgegeben                    die Umsetzung. Dafür sorgt ein Konsorti-
jekte zum „generationen:wohnen“ und                                     wurden, neuerdings aber „einen wahren                     um aus Buwog und drei gemeinnützigen
schließlich drei geförderte Baugruppen.                                 Hype“ erleben. Die programmatische                        Bauträgern, nämlich ÖSW, Neues Leben
„Innovationen prägen so gut wie alle ge-                                Frage „Was kann Architektur?“ beschäftigt                 und WBV-GPA. Die beiden Geschäftsfüh-
förderten Wohnbauten im neuen Stadt-                                    das AzW speziell 2018, weil es vor 25 Jah-                rer Johann Gruber und Michael Gehbau-
viertel,“ schreibt Wohnbau-Stadtrat Mi-                                 ren gegründet wurde.                                      er präsentierten ihr kooperatives Projekt
chael Ludwig im Vorwort – man könnte                                                                                              „Wohnen im Hochhaus“ Anfang März
es auch als Viertel der Wende zur sozi-                                                                                           beim Architektur-Festival „Turn on“ im
alen Nachhaltigkeit bezeichnen. – www.                                                                                            Wiener RadioKulturhaus des ORF.
wohnfonds.wien.at                                                                                                                      Erst im September 2017 hat der Wie-
                                                                                                                                  ner Gemeinderat die städtebaulichen
                                                                                                                                  Verträge und damit die Flächenwidmung
Bausteine für ArchiHaus                                                                                                           für das Areal im dritten Bezirk beschlos-
Eine eigene Adresse für die Vermittlung                                                                                           sen. An der Modecenterstraße entsteht
von Baukultur wünschen sich die Salz-                                                                                             ein Sockelbauwerk mit Nahversorgung
burger seit langem, nun entsteht auch in                                                                                          und Gastronomie. Drei 100 bis 125 Meter
der Festspielstadt ein „Architekturhaus“.                                                                                         hohe Türme sollen etwa 900 Wohnungen
Auf dem Areal der ehemaligen Rieden-                                                                                              enthalten, deren Bewohner einen pracht-
burg-Kaserne wird ein rund 300 Quad-                                                                                              vollen Ausblick auf und über die gesamte
ratmeter großes Backsteingebäude adap-                                                                                            Stadt genießen werden. Rund die Hälfte
tiert. Die gemeinnützige GSWB sowie die                                                                                           der freifinanzierten Wohnungen wird ge-
Strauss und Partner Development GmbH                                                                                              mäß Wiener Wohnbauinitiative über 15
                                                                                                                     Foto: eSel

sorgen als Eigentümer des Objektes für                                                                                            Jahre zu leistbaren Mieten vergeben.

                                                                                                                                                        WOHNENPLUS . 1|2018           9
MEIN WOHNEN PLUS

     Diese Woh-
     nung ist eine
     römische Eins
     Rudolf Schuch wohnt am
     Friedrich-Engels-Platz in Wien-
     Brigittenau, und zwar in
     einem Ende 2016 bezogenen
     Wohnhaus der Wohnbauverei-
     nigung für Privatangestellte. Am
     meisten schätzt er die Barriere-
     freiheit und den Ausblick auf

                                                                                                                                                  Foto: Czaja
     die Donau und die regelmäßig
     vorbeifahrenden Schiffe.                            Das Haus an der Ecke Marchfeld-           nachdem ich die wunderschöne Hoch-
                                                    straße und Adalbert-Stifter-Straße wurde       glanzoberfläche nicht beschädigen will,
     WOJCIECH CZAJA                                 vom Wiener Architekten Leopold Dungl           habe ich die Folie vorerst noch gelassen.“
                                                    geplant und umfasst 66 Wohneinheiten.          Bequem und komfortabel muss die Woh-
                                                    Zwölf davon wurden barrierefrei errich-        nung sein, das ist das Allerwichtigste. „Al-
                                                    tet – mit breiten Türen, mit riesengroßen      exa, Licht an! Alexa, Licht aus! In so einer

     K
              ommen Sie herein! Wenn wir            Badezimmern, mit Lichtschaltern und            Lebenssituation wie ich bin, ist so eine
              Glück haben, dann fährt in der        Steckdosen in vom Rollstuhl aus gut er-        elektronische Alexa sehr hilfreich.“ Tut mir
              nächsten Stunde vielleicht noch       reichbarer Höhe. „Dank Physiotherapie          leid, sagt Alexa prompt darauf, den Befehl
              ein Schiff vorbei, und dann werden    kann ich mittlerweile gottseidank schon        „Sehr hilfreich“ kenne ich nicht.
     Sie sehen, warum das die schönste Woh-         ein paar Meter auf Krücken gehen“, sagt             Die Zusammenarbeit mit der Wohn-
     nung meines Lebens ist.“                       der ehemalige Postbote, der vor mehr als       bauvereinigung funktioniere gut, sagt

                                                       ”
           Rudolf Schuch wohnt schon seit sei-                                                     Schuch, und auch die paar Kinderkrank-
     nem dritten Lebensjahr in der Brigittenau.                                                    heiten, die das Haus am Anfang hatte, so
                                                              Der soziale Wohnbau

                                                                                    „
     Aufgewachsen, sagt er, ist er Tür an Tür                                                      wie etwa den zu Beginn oft beschädigten
     mit dem heutigen Bezirksvorsteher Han-                     in diesem Land                     Türöffnungsmechanismus, habe die Haus-
     nes Derfler. „Es ist ein schöner Bezirk.                                                      verwaltung schnell behoben. „Die sind
     Für mich ist es das gemütlichste Eck von                  ist ein Geschenk.                   echt für ihre Bewohner da. Das merkt
     Wien.“ Dass er heute just im Brücken-                     Rudolf Schuch, Bewohner             man bei jedem Anruf. Wissen Sie, diese
     kopfgebäude am Friedrich-Engels-Platz                                                         Wohnung verkörpert einen neuen Lebens-
     wohnt, fünfter Stock mit direktem Blick        20 Jahren einen tragischen, folgeschwe-        abschnitt für mich. Das ist eine römische
     auf die Donau, auf die Donauinsel, auf die     ren Arbeitsunfall hatte. „Mein Rollstuhl       Eins.“ Es sind die gebrechlichen und hilfs-
     vielen vorbeifahrenden Schiffe, ist kein Zu-   steht in der Garage und ist zum Aufladen       bedürftigen Menschen, die kinderreichen
     fall. „Aus meiner vorigen Wohnung habe         wie ein Elektroauto an eine Steckdose an-      und einkommensschwachen Familien, die
     ich beobachten können, wie das alte Haus,      geschlossen. Die Grundrisse im ganzen          unglücklichen Schicksalsschläge wie der
     das hier einst stand, abgerissen wurde und     Haus sind gut geschnitten, und so ist der      seinige, für die der geförderte Wohnbau in
     wie sich die Baustelle Tag für Tag verän-      Weg zum Rollstuhl nicht wirklich weit.“        Österreich unverzichtbar sei, sagt Schuch.
     dert hat“, erzählt der 53-Jährige. „Mir hat        Die Wohnung hat 58 Quadratmeter            „Der soziale Wohnbau in diesem Land
     der Rohbau richtig gut gefallen. Und nach-     und einen rund sieben Quadratmeter gro-        ist ein Geschenk. Ich hoffe, dass sich die
     dem meine damalige Wohnsituation auf 37        ßen Balkon. Die Wohnküche ist schlicht         jetzige Regierung und auch all die kom-
     Quadratmetern, wohlgemerkt mit einem           eingerichtet, an der Wand hängt eine vene-     menden Regierungen dessen bewusst sein
     elektrischen Rollstuhl in der Wohnung, ei-     zianische Maske, die Fronten in der selbst     werden.“ Nein, ein Schiff ist in der letzten
     gentlich untragbar war, habe ich mir ge-       geplanten Küche sind zum Teil noch mit         Stunde nicht vorbeigefahren, keine unga-
     dacht: Worauf wartest du noch? Also habe       hellblauer Schutzfolie beklebt. „Das ist Ab-   rische, rumänische, bulgarische Flagge am
     ich die WBV-GPA kontaktiert und mich           sicht“, sagt Schuch. „Mit Krücken geht es      Heck. „Das macht nichts. Es wird schon
     um eine barrierefreie Wohnung beworben.        sich nicht ganz so leicht, vor allem nicht     bald wieder eines kommen. Ich werde in
     Jetzt bin ich da.“                             mit diesen Schmerzen, die ich habe. Und        dieser Wohnung noch viele Schiffe sehen.“

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                                                                           Visualisierung: alleswirdgut architektur/Stanislav Simonischek
Neue Wohnung, neue Chancen, neuer Lebensabschnitt.
Die Idee des Neuanfangs ist eng mit dem Wohnen verbunden.

Start ins neue
Wohnleben
Beides verändert sich kontinuierlich: War die Startwohnung
früher als einmaliger Anschub in ein festzementiertes
Erwachsenenleben gedacht, haben sich Lebensabschnitte und
Lebensentwürfe vervielfacht. Startwohnungen betreffen Alt
und Jung, Singles, Alleinerzieher und sozial Benachteiligte.
Dieser soziale und demografische Wandel stellt neue Heraus-
forderungen an Bauträger und Fördergeber. Wir zeigen einen
Überblick über die neuen Modelle des Anfangs in Zeiten der
„Multigrafie“. Achtung, fertig, Start!

                                                               WOHNENPLUS . 1|2018                                                          11
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                                             tBO-.
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                                             tBO-.
                                             tBO-.

                     Auf der (Bau-)Stelle alles im Blick.
                     Mit der Produktionssoftware bo.om liefert B&O die vollständige
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THEMA

                           Auf in die Multigrafie !

     Ob mit 18 oder 80: der Start in
     einen neuen Lebensabschnitt
     kann jederzeit passieren. Mit
     dem Wandel der Biografien
     ändern sich auch die Konzepte
     für Startwohnungen
     kontinuierlich.

     MAIK NOVOTNY

                                                                                                                                                                  Foto: gswb
                                                                                                                                                           1

                                                                    E
                                                                             s ist ein einmaliges Gesetz, das hier   damals wird er aber wohl nie wieder
                                                                             präsentiert wird“, verkündete Frau      werden. Schon 1987 wurde das Start-
                                                                             Staatsekretär (sic!) Beatrix Eypel-     wohnungsgesetz von der Bundes- auf
                                                                             tauer stolz, „nämlich das Startwoh-     die Landesebene übertragen, seitdem hat
                                                                    nungsgesetz.“ Beworben und erklärt wur-          sich die Förderung von Startwohnungen
                                                                    de dieses einmalige Gesetz, das am 1. Juli       ebenso labyrinthisch aufgefächert wie
                                                                    1982 in Kraft trat, nach dem staatssekre-        die Lebensrealitäten. Heute haben Bun-
                                                                    tarischen Grußwort mit verständlichen            desländer wie Nieder- und Oberöster-
                                                                    Worten in einer bunten Faltbroschüre,            reich Förderschienen für Junges Wohnen
                                                                    illustriert mit heiter-humorvollen Karika-       mit strikten Altersobergrenzen von 35
                                                                    turen. „Der Weg zur Startwohnung“ (so            Jahren, während Kärnten jungen Bezie-
                                                                    der Titel) sollte hier geebnet werden. Wer       hern von Wohnbeihilfe zwischen 18 und
                                                                    durfte 1982 diesen Weg einschlagen? Mie-         25 mit einem Sonderzuschlag den Umzug
                                                                    ter unter 30, verheiratet, alleinerziehend,      in die ersten eigenen vier Wände erleich-
                                                                    oder unverheiratet mit Kind. Die Einkom-         tert und in Wien das „junge Wohnen“ vor
                                                                    mensgrenze für Verheiratete lag damals           allem als projektspezifisches Angebot für
                                                                    bei 16.220 Schilling im Monat. Als Star-         Junge und Junggebliebene gesehen wird.
                                                                    terwohnungen galten solche in Altbau-            Denn „Start“ bedeutet heute immer öfter
     1 / Lebenswelt Wohnen in Aigen, Salzburg, bietet Menschen      ten bis 1945 und einer Nutzfläche von 30         „Neustart“.
     jeden Alters und in allen Lebenslagen ein neues Zuhause.       bis 90 Quadratmetern. „Wohnen in der
     2 / Für ältere Menschen, aber ganz und gar kein Altenheim –    Stadt ist ja wieder in“, wie Frau Eypel-         Dynamische Biografien
     das Konzept der OSG zielt auf viel gemeinsame Aktivitäten ab   tauer in rührend bemühtem Jugendslang            Die ersten Initiativen waren vor allem
     und forciert die Kommunikation.                                anmerkte, und dieses Gesetz solle dazu           von der Motivation getragen, jungen Leu-
     3 / Das innovative „Haus der Selbstverwirklichung“             beitragen, das es auch für junge Leute er-       ten den Start in Beruf und Familie zu
     für die „Generation XYZ“ mit 59 Wohnungen, errichtet           schwinglich werde.                               erleichtern, als einmaliger, väterlich-gü-
     die Schwarzatal in Neu-Leopoldau.                                   Der Weg zur Startwohnung wurde              tiger Schubs in eine Lebens- und Wohn-
     4 / Variationen der „Pluszone“ zur individuellen Entfaltung.   in den darauffolgenden 36 Jahren immer           situation, die sich idealerweise bis zum
     5 / Jung, Single oder eben Neustart: Die pfiffigen Wohnungen   wieder neu gepflastert und beschritten.          Lebensende nicht mehr verändern wür-
     der Buwog unterstützen „Wohnungs-Anfänger“.                    So einfach wie im bunten Faltblatt von           de. Heute ist das Leben zur Abfolge von

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                                                                                                                                        Foto: OSG
                                                                                                                                 2

Lebensabschnitten und Lebensentwürfen       starts beruflich und privat gewissermaßen      Wohnungen pro Jahr für junge Menschen
geworden. „Traditionelle Biografien mit     als Versagen konnotiert. Heute gilt es als     bereitstellen – und zwar aus ihrem Altbe-
Fixanstellung, Partnerfindung, Heirat und   normal und sogar als zeitgeistig und mo-       stand, wie Wolfgang Schön, Geschäftsfüh-
Familiengründung und Hausbau oder           dern!“                                         rer der WAG, erläutert: „Beispielsweise
Starterwohnung kommen in der Postado-            Das Wohnen in der Stadt ist auch          Wohnungen, die in der Kriegszeit errich-
leszenz-Phase zwischen 20 und 30 Jah-       heute, um es mit den Worten von 1982           tet wurden und keine Lifte, keine Tiefga-
re immer seltener vor“, erklärt Raimund     zu sagen, „wieder in“. Städte bieten seit      ragen und daher geringe Betriebskosten

  ”
                                            jeher ein breites Spektrum an Möglich-         aufweisen, und passende Grundrisse ha-
                                            keiten der Lebensgestaltung und des            ben.“ Die Kriterien für die Vergabe ent-
        Man spricht heute von               Neuanfangs ohne Stigmatisierung. Den-          sprechen denen des „Jungen Wohnens“:
     einer ´Multigrafie´ mit vielen         noch beschränken sich die Angebote zur         Eine Altersgrenze bis 35 Jahre zum Ende

                               „
                                            Starthilfe heute keineswegs nur auf Wien.      des Mietvertrags, eine Obergrenze für die
            Umbrüchen und                   Auch wachsende „kleine Großstädte“ wie         Wohnungsgrößen und eine Mietdauer
                                            St. Pölten und Baden werden zunehmend          von maximal acht Jahren. Es handle sich
          sozialen Neustarts.               attraktiv für junge Bewohner, Gemeinden        bei dieser Nutzung des Bestandes jedoch
             Raimund Gutmann                wie Freistadt in Oberösterreich versuchen      keineswegs um ein „Restlverwerten“. Die
                                            mit entsprechendem Wohnungsangebot,            WAG greift auf Altbestände zurück, deren
Gutmann, Leiter von wohnbund:consult        die jungen Leute im Ort zu halten und die      Finanzierung ausgelaufen ist und die suk-
und seit vielen Jahren prozessbegleitend    Älteren vor Vereinsamung zu bewahren.          zessive frei werden. Die Startwohnungen
im Wohnbau tätig. „Wir befinden uns in                                                     befinden sich zum Großteil in Linz, weite-
einer Zeit dynamischer Biografien – und     Verjüngter Altbestand                          re in Steyr und in den Bezirken Braunau
damit auch Wohnbiografien –, die durch      In Oberösterreich richtet sich die Initiati-   und Schärding.
die gesellschaftlichen und soziodemogra-    ve „Junges Wohnen“ seit 2014 an 18- bis            Auch für spätere Lebensabschnitte
fischen Veränderungen ausgelöst werden.     35-jährige, rund 240 Wohnungen werden          wird in den Bundesländern Starthilfe ge-
Man spricht heute von einer ´Multigra-      pro Jahr von gemeinnützigen Bauträgern         geben. Betreubares Wohnen im Alter ist
fie´ mit vielen Umbrüchen und sozialen      speziell in diesem Segment errichtet. Ein      ein etabliertes Modell, das in immer neu-
Neustarts. Damit verändert sich auch die    besonderes Angebot hat seit 2017 die WAG       en Variationen an die jeweiligen Bedürf-
Einstellung: früher waren viele Umzüge,     in petto: Unter dem Motto „Erstes Woh-         nisse angepasst wird. In Salzburg wurden
Trennungen, Alleinerziehen, und Neu-        nen“ wird sie über fünf Jahre jeweils zehn     im April 2017 die 173 Wohneinheiten des

                                                                                                                 WOHNENPLUS . 1|2018       13
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                                                                                                                                         3

     ambitionierten Projekts „Lebenswert Ai-        Wohngemeinschaften für je zwölf Perso-        ein verminderter Eigenmittelanteil und
     gen“ fertiggestellt. Für dessen Entwick-       nen, die von professionellem Personal         vergünstigte Einrichtungspakete ermög-
     lung taten sich die gswb, die „Lebenswelt      betreut werden, auch in der Nacht. Zu-        lichten leistbares Wohnen; hinzu kom-
     Wohnen“ (ein Team aus dem Bauträger            sätzliche betreute Wohnungen ergänzen         men betreute Wohngemeinschaften. „Die
     Myslik und dem Diakoniewerk) und der           das Angebot. „Wir von der OSG sind im         Anzahl der Single-Haushalte wird mit-
     Bauträger Viktoria-Haus zusammen, um           Bereich des Wohnens im Alter sehr aktiv.      telfristig laut Bevölkerungsprognosen in
     ihre Kompetenzen in ein breitgefächertes       Dieses Wohnmodell hier in Oberwart ist        Wien weiter steigen und Projekten wie

                                                                                                    ”
     Angebot umzumünzen: Klassisches Woh-           aber aufgrund des ganz besonderen Kon-
     nen mit Eigentum und Mietkauf, geförder-       zeptes in der Vorbereitung und auch in
     tes Betreutes Wohnen, altersgemischtes         der baulichen Abwicklung eine heraus-                 Die Anzahl der Single-
     Wohnen, eine christliche Wohngemein-           fordernde Aufgabe für uns gewesen“, so
     schaft sowie Stützpunktwohnen für Men-         OSG-Obmann Alfred Kollar.                           Haushalte wird mittelfristig
     schen mit Behinderung. Maßgebliches                                                            weiter steigen, diesen Bedürfnissen
     Kriterium für das inhaltliche Konzept des      Smart und mehr
                                                                                                    angepasste Grundriss- und Kosten-

                                                                                                                                     „
     Diakoniewerks war in allen Fällen die          In Wien hat man den Bedarf an Startwoh-
     Förderung der Selbständigkeit, mit ent-
     sprechender „Sicherheit im Hintergrund“
                                                    nungen für Jung und Alt durch genaue
                                                    demografische Analysen längst lokalisiert.
                                                                                                     planung kommt daher eine umso
     für die, die sie benötigen.                    Angesichts des oft schmalen Budgets bei              wichtigere Bedeutung zu.
                                                    jüngeren Erstmietern oder auch Alleiner-
     Altersdurchschnitt steigt                      ziehenden wird ein Großteil des Angebots                   Daniel Riedl, Buwog
     Im Burgenland, in dessen schrumpfenden         fürs „Junge Wohnen“ vom Smart-Woh-
     Randgemeinden der Altersdurchschnitt           nungsprogramm gedeckt. Doch die Woh-          diesen mit den Bedürfnissen angepasster
     der Bevölkerung im Steigen begriffen ist,      nungsgröße ist nicht das einzige Kriterium,   Grundriss- und Kostenplanung kommt
     ist das betreubare Wohnen eine fixe Grö-       auch halböffentliche Begegnungsmög-           daher eine umso wichtigere Bedeutung
     ße: Bei der Oberwarter Siedlungsgenos-         lichkeiten und Bonusfunktionen werden         zu“, zeigt sich Daniel Riedl, Geschäftsfüh-
     senschaft (OSG) beschäftigt man sich seit      geschätzt – wer einen neuen Lebensab-         rer Buwog, überzeugt.
     über 15 Jahren mit dem Thema „Wohnen           schnitt an einem neuen Ort beginnt, ist            In anderen Stadtentwicklungsgebie-
     im Alter“. Die größte derartige Wohnan-        schließlich per se kontaktfreudig.            ten sind ganzheitlichere Konzepte ange-
     lage befindet sich in Oberwart, 74 Woh-            Ein Beispiel für „junges Wohnen“ er-      sagt. Auf einem ehemaligen Bahngelände
     nungen werden hier in enger Kooperati-         richtete die Buwog Ende 2013 am Nord-         in Floridsdorf zum Beispiel entsteht zur-
     on mit der Stadtgemeinde Oberwart als          bahnhof-Areal. Hauptzielgruppe waren          zeit unter dem bukolischen Namen „Flo-
     Träger und der Evangelischen Diakonie          junge Menschen, die ihre erste eigene         rasdorf am Anger“ ein regelrechtes Gene-
     als Betreiber geführt. In der gleichen Part-   Wohnung beziehen, Paare mit niedri-           rationendorf in der Stadt. Hier entwickeln
     nerschaft, aber mit neuartigem Programm,       gen Einkommen sowie Alleinerziehen-           die Bauträger Siedlungsunion und Neues
     realisierte man in Oberwart die „Senioren-     de. Dementsprechend ist ein Großteil          Leben insgesamt 298 Wohnungen. Als Be-
     wohngemeinschaft PLUS“, die im Oktober         der 190 geförderten Mietwohnungen als         sonderheit ist hier die Wohnform „Single
     2017 eröffnet wurde. Sie beinhaltet zwei       Kleinst- oder Atelierwohnung ausgeführt,      Wohnen in Gemeinschaft“ im Angebot,

14    WOHNENPLUS . 1|2018
THEMA

   The house – zone for self-development

                                                                                                                                                       Schema: feld72
                                                                                                                                                4

die sich an allein Lebende jeden Alters                                                                  Quadratmeter große Räume, die zum zen-
richtet. Die Zimmer in den vier WG sind                                                                  tralen Stiegenhaus hin verglast sind und
wahlweise mit Bad ausgestattet, andere                                                                   als Potentialfläche zur individuellen Ent-
teilen sich ein Bad, für alle gibt es in der                                                             faltung dienen. „Ein Vorraum kann und
vorgelagerten Zone einen Gemeinschafts-                                                                  soll mehr sein als ein Stauraum“, erklärt
raum mit Küche.                                                                                          Benjamin Heinrich, Projektentwickler bei
     Ein weiteres stadterweiterndes Dorf ist                                                             der Schwarzatal. „Wir wollen daraus einen
an der Traviatagasse in Inzersdorf in Bau.                                                               Mehrwert generieren, eine Kommunikati-
Unter der Überschrift „Zusammen:Leben                                                                    on zwischen Innen und Außen. Wie die
– Gemeinsam:Erleben“ errichtet das ÖVW                                                                   Kommunikation ein Stiegenhaus beleben
hier 199 Wohnungen, die sich in vier Ge-                                                                 kann, haben wir bei unseren Baugrup-
bäuden um einen begrünten zentralen                                                                      penprojekten wie LiSA und dem Wohn-
Dorfanger gruppieren, zu dem sich auch                                                                   projekt Wien festgestellt. Diese Qualitäten
die Gemeinschaftsräume hin orientieren.                                                                  wollen wir in den ´normalen´ geförderten
Fast so etwas wie eine kleine Stadt für die                                                              Wohnbau übertragen.“ Wie diese Pluszo-
Jugend entsteht demnächst am Nordrand                                                                    nen genutzt werden, sei den Bewohnern
Wiens. Auf dem 13,5 Hektar großen Ent-                                                                   freigestellt. „Das können Ateliers, Home
                                                                                           Foto: BUWOG

wicklungsgebiet Neu-Leopoldau werden                                                                     Offices, Räume für Lernhilfe oder gemein-
1.000 von insgesamt 1.400 Wohnungen
                                                                                    5                    sames Kochen sein.“ Eine Altersbeschrän-
von der Stadt Wien unter dem Motto „Jun-                                                                 kung gibt es hier nicht, betont Heinrich.
ges Wohnen“ gefördert. Ein Drittel von         füllen, die Bedürfnisse von Kindern, Ju-                  „Jung verstehen wir eher vom Mindset.
diesen werden Smart-Wohnungen sein.            gendlichen und Erwachsenen gleicherma-                    Das hat mit dem Alter nichts zu tun.“ In
Neun gemeinnützige Bauträger teilen sich       ßen abbilden.“ Nicht nur die Leistbarkeit                 Zeiten, da Biografien zu Multigrafien wer-
die elf Baufelder auf, von den anvisierten     ist hier also das Kriterium, sondern auch                 den, eine ideale Starthilfe.
120,8 Millionen Euro Gesamtbaukosten           die berufliche Entwicklung: Räume für
kommen 41,6 Millionen aus Wohnbauför-          Ein-Personen-Unternehmen und ein Lehr-
dermitteln. Mit begleitenden Prozessen         lingsheim werden in Neu-Leopoldau Platz                     Single bis Senior
wie Mobilitätsmanagement und Stadt-            finden. Eine Wohnbörse wird den Umzug
teilmanagement soll Neu-Leopoldau als          innerhalb des Gebietes erleichtern, wenn                    Wohnen verändert sich – Single-
Modellprojekt dienen und wird von der          die Wohnung zum Lebensentwurf nicht                         haushalte nehmen zu, zugleich
IBA Wien (Internationale Bauausstellung)       mehr passt.                                                 auch die Zahl der Menschen in der
begleitet.                                          Besonders intensiv und innovativ hat                   Lebenshälfte, die einen Neuanfang
                                               man sich mit dem Jung-Sein und des-                         planen. Bauträger haben den Trend
Haus der Selbstverwirklichung                  sen Bedürfnissen auf dem Baufeld H1                         erkannt und begegnen diesem mit
„Junges Wohnen beschreibt in Wahrheit          beschäftigt, das von der Schwarzatal mit                    vor allem gemischten Wohnkonzep-
mehrere recht verschiedene Gruppen von         dem Architekturbüro feld72 in Koopera-                      ten – Projekte, in denen vom Single
Menschen in verschiedenen Lebenspha-           tion mit dem Soziologen Jens Dangschat                      bis zum Senior, Alleinerziehende,
sen, die der Reihe nach durchlaufen wer-       entwickelt wird. Ein „Haus der Selbstver-                   Jugendliche, junge und ältere Men-
den“, so die IBA in ihrem umfassenden          wirklichung“ für die „Generation XYZ“                       schen, zu einer Gemeinschaft zu-
Projektleitfaden. „Generell müssen Woh-        mit zirka 59 Wohnungen wird hier bis                        sammenwachsen. Mononutzungen
nungen, Wohnhäuser und Wohnumge-               2020 entstehen. Der Clou hierbei: Den                       wird durch diesen Trend eine klare
bungen, die das Kriterium der sozialen         Wohnungen ist eine sogenannte „Pluszo-                      Absage erteilt.
Nachhaltigkeit für ´Junges Wohnen´ er-         ne“ vorgelagert, das heißt, sieben bis 13

                                                                                                                                WOHNENPLUS . 1|2018         15
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