WOHNENPLUS - Wohnungswirtschaft-heute
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
WOHNENPLUS P.b.b. GZ 02Z032231 M, Wohnen Plus, Singerstraße 8/10, 1010 Wien FA C H M A G A Z I N F Ü R D I E Z U K U N F T D E S W O H N E N S 1|2018 Start ins neue STANDPUNKT Wohnleben Kluge Rezepte für das Wachstum MEIN WOHNEN PLUS Auf in die Multigrafie Diese Wohnung ist eine römische Eins Wohnen in Wahlgemeinschaft WOHNSYMPOSIUM Neustart im Alter Wohnpolitik der neuen Bundesregierung Die Zeit keilt alle Kunden
WOHNENPLUS FACHMAGAZIN FÜR DIE ZUKUNFT DES WOHNENS 1|2018 4 STANDPUNKT 2 Josef Ostermayer und Michael Pech: Kluge Rezepte für das Wachstum WOHNSYMPOSIUM 4 Ein großes Harren auf konkrete Schritte PLUSPUNKTE 8 Kurzmeldungen aus der Wohnbau-Szenerie in Österreich MEIN WOHNEN PLUS 10 Diese Wohnung ist eine römische Eins THEMA 11 Start ins neue Wohnleben | Auf in die Multigrafie! 11 16 Das Umfeld als Optionsraum wird immer wichtiger: Interview mit Christiane Feuerstein 17 Reportage: Wohnen in der Wahlgemeinschaft 20 Neustart im Alter 22 Gemeinsam flügge werden 24 Die Zeit keilt alle Kunden PRO UND CONTRA 27 Themen, die die Geister scheiden | Michael Gehbauer versus Gerlinde Gutheil-Knopp-Kirchwald PROFIL 28 Prototyp für sozialen Wohnbau INTERNATIONAL 30 Regensburg: Leistbar mit Modulbau 28 WOHNEN PLUS TRENDS 32 Planen | Bauen | Wohnen | Innovationen PROFIL 36 Der direkte Draht zum Mieter RÜCKBLICK 38 Form folgt Paragraf AUSBLICK 39 Ökosozial und nachhaltig AVISO 40 Themen und Termine zu drei Veranstaltungen Medienpartner von Wohnen Plus | Impressum 30 Coverfoto: „Zusammen:Leben – Gemeinsam:Erleben“ von Bauträger ÖVW, ein Wohnbau für Menschen aller Altersgruppen entsteht in der Traviatagasse in Wien-Inzersdorf. Visualisierung: alleswirdgut architektur/Stanislav Simonischek WOHNENPLUS . 1|2018 1
STANDPUNKT Kluge Rezepte für das Wachstum Wien wächst. Die erhöhten Grundstückspreise und die steigenden Baukosten erschweren zunehmend die Errichtung leistbarer Wohnungen. Lösungen und neue Ansätze diskutiert das kürzlich neu gewählte Führungsduo des Wiener Landesverbandes der Gemein- nützigen, Josef Ostermayer (Obmann) und Michael Pech (Obmann-Stellvertreter). GISELA GARY Foto: Pflügl M it einem Bestand von mehr demographische Entwicklung. 45 Prozent Michael Pech, Vorstand ÖSW, als 900.000 eigenen Wohnun- der Haushalte in Wien sind Singlehaushal- Aufsichtsratsvorsitzender GBV-Verband gen, jährlich rund 15.000 neu- te. Wenn sich ein Paar trennt, ziehen bei- en Wohnungen und 30.000 de aus der Wohnung aus und suchen zwei reichend Licht, Luft und Sonne sind eine Wohneinheiten, die zur Wiedervermie- kleine Wohnungen – es braucht temporä- der zentralen Grundbedürfnisse beim tung kommen, leisten die Gemeinnüt- re Alternativen wie bspw. unser R4R-Kon- Wohnen – natürlich neben der Leistbar- zigen einen beachtlichen Beitrag zur zept. Die Arbeitsmarktstruktur hat sich keit. Die Stadt wächst stark, dafür braucht Wohnversorgung. Doch nun wird es eng, aber ebenso massiv verändert und ver- es ein gutes soziales Gefüge. Unser Vor- die Mittel fehlen, um den Wohnbedarf de- stärkt die Mobilität. Es gibt eine Vielzahl teil in Wien ist, dass die Stadt für zwei cken zu können – Baukosten und Grund- an gut ausgebildeten jungen Leuten, die Millionen Menschen gebaut wurde – wir stückspreise schränken die Willenskraft in prekären Arbeitssituationen sind, das haben also die Möglichkeiten der Stadt- der gemeinnützigen Bauträger massiv ein. wirkt sich auf den Wohnungsmarkt aus, erweiterung.“ auch auf die Größe der Wohnungen. Es Wie werden wir in Zukunft wohnen? geht aber nicht nur um die Frage der An- Welche Rahmenbedingungen wünschen Josef Ostermayer: „Ich denke, es gibt vor zahl der Quadratmeter, sondern um die Sie sich von der Politik, um weiterhin leist- allem einen Wunsch der Bevölkerung, der räumliche und funktionelle Qualität der baren Wohnraum zur Verfügung stellen zugleich unsere Kernaufgabe ist: Leistba- Wohnung. Bedingt durch die immer klei- zu können? ren Wohnraum zu schaffen. Qualitätsvolle ner werdenden Wohnungen, setzt auch Ostermayer: „Grundsätzlich wird dem ge- und ökologisch verträgliche Wohnungen, ein gesellschaftspolitischer Aspekt ein, meinnützigen Wohnbau in Wien ein hoher im Neubau wie auch im Bestand.“ nämlich das frühere Hinausdrängen der Stellenwert eingeräumt, sodass es auch Kinder aus dem Familienverband.“ gute Rahmenbedingungen gibt. Zuletzt ist Gesellschaftliche und demografische Ver- Ostermayer: „Ziel ist, die Qualitäten im aber der Anteil der Gemeinnützigen an änderungen zwingen zum Umdenken im Wohnbau zu halten. Das hat natürlich der Neubauleistung zurückgegangen. Zur Wohnbau – welche Anpassungen sind die auch mit Raum und Fläche zu tun. Ich Ankurbelung unserer Bautätigkeit haben dringlichsten? halte nichts von Entwicklungen wie z.B. wir selbstverständlich einige Vorschlä- Michael Pech: „Die Bevölkerungsentwick- in London, wo die Unterkünfte kleiner ge: etwa Maßnahmen zur Dämpfung der lung forciert die Nachfrage, aber auch die als die meisten Hotelzimmer sind. Aus- Baukosten, ein großes Thema sind auch 2 WOHNENPLUS . 1|2018
STANDPUNKT die steigenden Grundstückspreise. Hier mung oder nicht – dann baue ich halt die uns zu Eigentum bzw. zur Miete zwin- steuert die Stadt Wien mit der geförder- auch den Kreisverkehr.“ gen, wir wollen die unternehmerische ten Grundstückspreisobergrenze von 300 Ostermayer: „Alle Kosten, die wir zu- Freiheit, das selbst zu entscheiden.“ Euro/m2 gut dagegen. Das ist eine wich- sätzlich übernehmen müssen, sind uner- Ostermayer: „Das kommt natürlich auf tige Voraussetzung für leistbaren gemein- freulich. Andererseits, wenn ich vor der die Finanzierung an. Am Land wird stär- nützigen Wohnbau. Einkommensbezoge- Alternative stehe, dass eine Stadt stark ker Wohnungseigentum nachgefragt – ne Mieten, wie vorgeschlagen, halte ich wächst, gekoppelt mit den Ausläufern der Wien ist dagegen eine Stadt der Mieter. für nachteilig, weil sie leistungsfeindlich Finanzkrise – ob eine Fläche umgewid- Gerade die gemeinnützige Mietwohnung sind und die soziale Durchmischung im met wird, aber es fehlt das Geld, den Kin- bietet hier mit der Preisbindung und den gemeinnützigen Wohnbau gefährden.“ dergarten etc. mitzufinanzieren – bleibt unbefristeten Mietverträgen eine sehr hohe Pech: „Die soziale Durchmischung ist auch für mich ein ganz wichtiger Punkt, um den wir europaweit beneidet werden. Bei uns ist der soziale Status nicht durch die Lage der Wohnung geprägt, und das ist ein hohes Gut. Wir sind froh, dass die Bundesregierung, aber auch die Stadt Wien zum gemeinnützigen Wohnbau stehen, aber klar, bei der Grundpreisent- wicklung brauchen wir dringend besse- re Rahmenbedingungen. Dem sozialen geförderten Wohnbau muss durch Bau- landmobilisierung, spezielle Widmungen und städtebauliche Vereinbarungen zum Durchbruch verholfen werden.“ Leerstandsabgabe – Ihre Argumente dafür und dagegen? Ostermayer: „Wir haben das Thema schon einmal in den 1980er Jahren dis- kutiert. Schon damals ist man an verfas- Foto: Clemens Fabry sungsrechtliche Grenzen gestoßen. Der Großteil des Leerstandes sind Wohnun- gen, in denen die Mieter temporär an ei- nem anderen Ort wohnen. Hierbei stellt sich die Frage nach den Kontrollmöglich- uns nichts Anderes übrig. Es gibt Berei- Josef Ostermayer, Generaldirektor Sozialbau, keiten der öffentlichen Hand und inwie- che, wo die Stadt zusätzliche Qualitäten Obmann der GBV-Landesgruppe Wien weit der Aufwand in vernünftiger Relation für den jeweiligen Wohnbau vorsieht. Im zum Ergebnis steht. Bei der Sozialbau ha- Zuge eines größeren Projektes werden Sicherheit, die dem Eigentum ähnlich ist. ben wir aktuell 85.000 Wohnungssuchen- wir etwa einen öffentlichen Park errichten Keine der beiden Wohnformen sollte zwin- de vorgemerkt. Daran erkennt man, dass und erhalten. Diese Zusatzleistung wertet gend sein. Für mich stellt das keine ideolo- die Wohnungsnachfrage deutlich höher auch das gesamte Umfeld auf. Zu hinter- gische Frage dar, sondern sollte nach dem als das Angebot ist. Daher glaube ich auch fragen ist demgegenüber der Beitrag für Bedarf entschieden werden.“ nicht, dass der Leerstand ein vorrangiges die Errichtung von Schulen. Warum sol- wohnungspolitisches Problem darstellt.“ len das unsere Bewohner mitbezahlen? Ihre Wünsche zur Wohnrechtsreform? Insofern freue ich mich über die Initiative Ostermayer: „Eine Stärkung – Stichwort Gemeinnützigen Bauträgern werden im- des Wohnbaustadtrates, dass er diese Ent- Eigenmittel, Pensionskassen – der Ge- mer mehr Aufgaben und Leistungen ab- wicklung limitieren will.“ meinnützigkeit. Es gab auch die Idee, verlangt – vom Kreisverkehr bis zum Kin- die Wohnungsgemeinnützigkeit in der dergarten. Ihre Meinung dazu? „Eigentum ist langfristig die günstigste Verfassung zu verankern oder Themen Pech: „Ich finde es unfair, dass Aufgaben Wohnform“ – steht im Regierungspro- wie städtebauliche Verträge verfassungs- der Allgemeinheit wie Infrastrukturleis- gramm. Welche Varianten sind für Sie rechtlich zu verankern – das wäre für alle tungen auf uns abgewälzt werden. Wir als vorstellbar? Bundesländer gut. Grundstücksreserven Gemeinnützige müssen die Kosten an die Pech: „Über den Lebenszyklus gerechnet, des Bundes für den geförderten Wohn- Mieter weiterverrechnen. Klar, teilweise stimmt das sicher! Eigentum vermeidet Al- bau zur Verfügung zu stellen, wäre eben- sind die Leistungen einerseits argumen- tersarmut – das ist Fakt. Und Faktum ist so wichtig.“ tierbar. Aber andererseits widersprechen auch, dass die Menschen in ihren eigenen Pech: „Ergänzend dazu wäre eine Struk- sie unseren Grundsätzen und dem bisher vier Wänden alt werden wollen. Das ÖSW turbereinigung für die Erleichterung von geltenden ‚Gesellschaftsvertrag‘ zwischen hat immer schon Eigentum gebaut, aber Fusionen und Grundstückstransaktionen den Generationen. Allerdings: Wenn ich auch Miete auf Kaufoption. Ich finde, es für die Gemeinnützigen großartig, die wir als Bauträger vor der Entscheidung stehe, muss eine gesunde Mischung geben. Wir zeitlich begrenzt, auf zwei bis drei Jahre bekomme ich eine entsprechende Wid- wollen keine zwangsweisen Regelungen, abwickeln könnten.“ WOHNENPLUS . 1|2018 3
5Ja0 hre Nachhaltige Wärme für Ihre Liegenschaft | ISO 9001:2008 NR. 12266/0 ISO 14001:2004 NR. 01792/0 Vertrauen Sie auf 50 Jahre Wärmeversorgung! BS OHSAS 18001:2007 ISO 50001:2011 NR. 01239/0 NR. 00028/0 AUVA-SGM:2010 NR. 00005/0 Vom Einfamilienhaus über Wohnbaugenossenschaften bis hin zu Industriekunden – die umfassenden und energieeffizienten T: 05 0280 2800 /KelagEnergie Contracting-Lösungen der KELAG Wärme GmbH stellen office@kelagwaerme.at österreichweit umweltfreundliche Wärmeversorgung sicher – und das seit genau 50 Jahren! www.kelagwaerme.at KELAG Wärme GmbH – Zentrale Dort, wo Sie Wohnraum für Menschen schaffen, wollen wir für St. Magdalener Straße 81, 9506 Villach angenehme und nachhaltige Wärme sorgen. In ganz Österreich. Wien | Salzburg | Linz | Innsbruck | Graz | Villach
WOHNSYMPOSIUM Ein großes Harren auf konkrete Schritte Ob die Wohnpolitik von leistbarem Bauland für Wohnbau werden der neuen Bundesregierung wohl auch das Bundes- eher in Richtung Flickwerk oder kanzleramt involvieren. Soweit ein knapper Neustart tendiere, wollte das Sukkus aus insgesamt 60. Symposium zur Zukunft des mehr als 43 Unter- punkten auf den Sei- Wohnens eruieren. Skepsis ten 47 bis 49 des Re- und Hoffnung durchmischten gierungsprogramms, die Aussagen, deutlich die im Rahmen des Wohnsymposiums den zum Ausdruck kamen jedoch Experten und Interes- Prioritäten für erste dringliche sensvertretern nur ge- nerelle Einschätzungen Schritte. abverlangen konnten. Die Erwartungshaltun- ERNST KOCH gen in die Wohnbauzu- kunft zeigten sich dabei Fotos: Robert Newald einigermaßen durch- mischt, wie schon die 1 Antworten auf die Start- frage „Flickwerk oder E in eigenes Kapitel „Wohnbau“ sucht Neustart“ illustrierten. WKÖ-Vizepräsi- man im Inhaltsverzeichnis zum Re- dentin und Gastgeberin in der „Sky-Loun- gierungsprogramm 2017-2022 zu- ge“ Ulrike Rabmer-Koller erblickte „ech- nächst vergeblich, findet es dann ten Reformwilllen nach vielen Jahren aber im Teilbereich „Justiz“ auf drei Seiten des Stillstandes“, die langjährige Wohn- unter dem Generaltitel „Modernisierung bauexpertin der Grünen Gabriela Moser des Wohnrechts“. Diese inhaltliche Zu- „einen Neustart noch in Nebelschwaden ordnung entspricht langjähriger Gepflo- verhüllt“; „wenn wir schon wissen, wie genheit. Sie führt zu einer kompakten es geht – warum machen wir es denn Darstellung des Gesamtkomplexes Woh- nicht“, fragte sich etwa SPÖ-Sozialspre- nen, dessen Vielfalt in der realen Umset- cher Josef Muchitsch, auch Sprecher der 1 / Reformwille und „Ende des Stillstands“: WKÖ-Gastgeberin zung auf etliche Ressort-Kompetenzen Initiative Bau und Umwelt. Ulrike Rabmer-Koller gesplittet wird. Für die Sparte Mietrecht „Sehr viel Vernünftiges“ fand GBV- 2 / Stimmungsbild: Abstimmungstafel zum Thema liegt die Zuständigkeit tatsächlich bei der Obmann Karl Wurm in der Regierungs- bei Veranstaltungsbeginn Justiz (neu exakt: Ministerium für Ver- vorlage, an erster Stelle das klare Be- 3 / „Noch Nebelschwaden“: Gabriela Moser, ehemals fassung, Reformen, Deregulierung und kenntnis zur Gemeinnützigkeit, vor allem grüne Wohnbausprecherin Justiz), Angelegenheiten des WGG und an der Unantastbarkeit der bestehenden 4 /„Hoffnung, das was passiert“: Karl Wurm, GBV-Obmann des Wohnrechts bleiben im nunmehri- Kapitalvermögen. Für Fortschritte in der 5 / Verbindende Elemente: Johannes Stabentheiner, gen „Ministerium für Digitalisierung und Grundstücksbereitstellung, die im Pro- Mietrechts-Insider im Justitzressort Wirtschaftsstandort“ angesiedelt, bei steu- gramm wieder aufgenommen wurden, 6 / Mittige Erwartungen: Andreas Sommer, Experte für erlichen Erneuerungen werden Querver- hege er die „Hoffnung, dass wirklich was Wohnrecht und Gemeinnützigkeit bindungen zum Finanzressort gezogen, in passiert“, betreffend eine Bereinigung 7 / Auf Modellsuche: Alfred Riedl, Präsident Gemeindebund Fragen der Wohnbauförderung überdies des Normenwesens folgte der Vorschlag: 8 / Anregende Divergenzen: Stefan Gara (Neos) und zu den Landesregierungen; dringlich ein- „Machen wir tabula rasa. Alles abschaf- Josef Muchitsch (SPÖ) mit Moderator Eric Frey geforderte Maßnahmen zur Mobilisierung fen und dann schauen, was wir wirklich 4 WOHNENPLUS . 1|2018
WOHNSYMPOSIUM brauchen.“ Eher konträr die Sichtweise zur Forcierung von frei finanziertem Woh- nungseigentum und zur Überprüfung der Eigentumsverhältnisse von Mietern zwecks „sozialer Treffsicherheit“ – vieles werde „so nicht funktionieren“, ist Wurm überzeugt und meint zu einer Novellie- rung des Mietrechts generell: „Ich bin skeptisch, dass da bald was kommt.“ Durchaus Diverses Als Intimkenner der Materie Mietrecht interpretierte Abteilungsleiter Johannes 3 4 Stabentheiner die ministeriellen Pers- pektiven als „durchaus Diverses“. An- gesetzt, wenn auch offenbar noch nicht terminisert sind (einmal mehr) ein Miet- rechts-Konvent, dem aber auch eine par- lamentarische Enquete vorgeschoben werden soll. Tendenziell stehe ein „Par- digmenwechsel“ insofern im Raum, als ein „fairer Interessensausgleich“ zustande kommen soll, ein „ausgewogenes Verhält- nis von gleichwertigen, mündigen Ver- tragspartnern.“ In petto stehen aber auch kurzfristige Neuerungen, etwa die Dauer und die Höhe von Mietverträgen betref- fend. Die Bundesregierung scheine so im Mietrecht die beiden Elemente Neu- 5 6 start und Flickwerk verbinden zu wollen, schließt Stabentheiner und schätzt das verdienten ein „deutliches allgemeines Moser – schon gar nicht, seitdem Wohn- Bekenntnis zur Gemeinnützigkeit“, An- bauförderungsgelder zu Budgetmitteln sätze für eine Strukturbereinigung des geworden sind. Auf den prekär hohen GBV-Sektors oder auch angestrebte In- Versiegelungsanteil in Österreich verwies vestionsanreize im Wohnbau etwa durch Christian Aulinger, Präsident der Architek- die Einbeziehung von Pensionskassen. tenkammer. Kommunale und föderale Offene Fragen sieht Sommer noch in Praktiker beziehen in dieser Frage jedoch Themen wie Mietzins-Anpassungen oder wesentliche Unterschiede zwischen Stadt- der transparenten Gestaltung von Eigen- und Landregionen ein und das Regie- tums-Optionen (Stichwort Miet-Kauf). Ein rungsprogramm zeigt eine massive Präfe- Detail-Plus sei die stärkere Förderung für renz zur Bildung von Eigentum. den nachträglichen Einbau von Photovol- taik-Anlagen. Akute Knackpunkte Ein großes Harren des Fachpublikums Beim Thema „soziale Treffsicherheit“ auf konkrete, zeitnahe Lösungen lässt sich stellt das Regierungsprogramm einen seit grosso modo mit WohnenPlus-Lesern seit Jahrzehnten divergenten, emotional dis- vielen Jahren bekannten Themenkreisen kutierten Bereich wieder in den Vorder- 2 zusammenfassen: grund. Vorrangig, so heißt es, solle sozialer Das dauerkritisierte Geflecht aus Bau- Wohnbau „denjenigen zur Verfügung ge- Vorgehen in Anlehnung an Gabriela Mo- ordnungen, Normen, Standardisierungen stellt werden, die ihn wirklich brauchen“ ser so ein: „Bin ein bisschen skeptisch, für den Wohnbau könnte nur durch einen und für die praktische Abhandlung wer- sehr gespannt, gleichwohl unverdros- Kraftakt beseitigt werden – sprich Verein- den „regelmäßige Mietzinsanpassungen sen.“ In einer Variante urteilte der Leiter heitlichung durch alle Bundesländer. Ein- für Besserverdiener im kommunalen und der Mieterhilfe Wien, Christian Bartok: gebracht werden aber auch Kompetenz- gemeinnützigen Wohnbau“ einverlangt. „Ich bin skeptisch, wenn ich vor einem zuteilungen einerseits für den Bund, Dieses schon vielfach gestellte Ansinnen Neustart mit Flickwerk beginne.“ andererseits für die Kommunen. Wie also stößt auf ebenso regelmäßige Abwehr sei- Seinen Punkt in die Mitte zwischen weiter? tens der Branchen-Verantwortlichen. Die den beiden Polen gesetzt hat Andreas Eigenheim versus Verdichtung: Eben- Tradition der „sozialen Durchmischung“ Sommer, langjähriger Abteilungsleiter für falls ein Dauerbrenner in der Debatte zwi- wird hier eingebracht, die Unberechen- Wohnrecht und Wohnungspolitik im nun- schen weit unterschiedlichen Lagern. Ei- barkeit sich ändernder Lebensverhältnis- mehrigen Ministerium für Digitalisierung gentum solle nicht mit Steuergeldern fi- se, der Faktor Datenschutz. Wie 600.000 und Wirtschaftsstandort. Hervorhebung nanziert werden, moniert etwa Gabriela Haushalte allein im gemeinnützigen Be- WOHNENPLUS . 1|2018 5
WOHNSYMPOSIUM 8 Aussagen zur Modernisierung des Wohnrechts im Regierungsprogramm 7 „Langfristig ist Eigentum die ange- baren Wohnbau bei Umwidmungen strebte und günstigste Form des Woh- von Grundstücken der Öffentlichen reich überprüfbar sein sollen, fragt sich nens. Wir müssen alles unternehmen, Hand in Bauland“ gbv-Obmann Karl Wurm, der auch die dass wieder mehr Wohnraum im Ei- „Schaffung eines neuen Miet- Vermutung hegt, man wolle „Mehrverdie- gentum erworben werden kann, denn rechts: Im Rahmen eines `Mietrechts- ner in den privaten Bereich hinüberzie- Eigentum ermöglicht ein selbstbe- Konvents´ sollen Wohnrechtsexper- hen“. Es gehe nicht an, „Mieter zu bestra- stimmtes, abgesichertes Leben“ ten Vorschläge zu einer grundle- fen, die sich etwas aufgebaut haben“, ließ „Im Sinne der Nachhaltigkeit sollen genden Reform des Mietrechts er- Wiens Wohnbaustadtrat Michael Ludwig Sanierungen und der Erhaltung von arbeiten. Auftakt dazu bildet eine wissen. Der Vorschlag des Landtagsab- bestehenden Gebäuden der Vorrang parlamentarische Enquete. Ziel ist geordneten Stefan Gara (Neos), doch so gegeben werden und bei Neubauten ein verständliches, anwenderfreund- zu verfahren wie bei der Einhebung der flächenoptimierte Bauweisen bevor- liches, gerechtes und transparentes Kirchensteuer, wurde von den Symposi- zugt werden“ Mietrecht, das ausgewogen die be- umsteilnehmern eher kaum als Lösung „Die Anforderungen in den Bauord- rechtigten Interessen von Mietern aufgefasst. nungen an den sozialen und geförder- und Vermietern als mündige Ver- Dringlichkeitsstufe 1 hat Mobilisierung ten Wohnbau sollen mit dem Ziel über- tragspartner widerspiegelt“ von Bauland. An diesem Komplex, der arbeitet werden, dass Wohnraum „Abschaffung des `Mietadels´durch auch Begriffe wie Vorratsflächen oder besser leistbar wird. Eine Vereinheitli- zeitgemäße Ausgestaltung der Ein- Vertragsraumordnung einbezieht und un- chung aller bautechnischen Standards trittsrechte (§§ 12 und 14 des MRG) mittelbar mit dem Geflecht „Grundkos- ist anzustreben“ „Anreize für Neubau, Sanierungs- ten = leistbarer Wohnbau“ gekoppelt ist, „Vorrangig soll sozialer Wohnbau maßnahmen, Investitionen in die geht kaum eine Stellungnahme vorbei, sie denjenigen zur Verfügung gestellt wer- Ausstattungsqualität von Wohnraum dominierte auch die Dringlichkeits-Vor- den, die ihn wirklich brauchen. Wir be- sowie die Wiedervermietung leerste- schläge der tradionellen runden Sympo- kennen uns klar zum Prinzip der Woh- hender Wohnungen werden mit dazu siums-Tische. Ein erstes Bodenbeschaf- nungsgemeinnützigkeit und sprechen beitragen, das Angebot an Wohraum fungsgesetz stammt bekanntlich aus den uns gegen Spekulation mit dem Ver- zu erhöhen, womit Wohnen langfris- 1970-er Jahren, es wurden verfassungs- mögen gemeinnütziger Bauvereinigun- tig leistbar bleibt“ rechtliche Gutachten erstellt, Modelle wie gen aus“ „Baukosten senken: Schaffung in Südtirol ins Spiel gebracht, es blieb „Mehr Gerechtigkeit im sozialen bundesweit einheitlicher Regelungen jedoch bei Zuordnungs-Unsicherheiten: Wohnbau sicherstellen: regelmäßige zu technischen Vorschriften sowie ge- Die Raumordnung als Bundeskompetenz? Mietzinsanpassungen für Besserverdie- nerelle Rücknahme von ineffizienten Klare Länderzuständigkeit bei der Bau- ner im kommunalen und gemeinnützi- Standards und Normen in Zusam- landbeschaffung? Der Präsident des Ge- gen Wohnbau“ menarbeit mit den Ländern“ meindebundes Alfred Riedl – Befürworter „Prüfung der Möglichkeit der Mobili- Mietkauf als sozial orientierter Start eines „aktiven Flächenmanagements“ – sierung zusätzlicher Finanzierungsmö- ins Eigentum: Mietkauf ist ein wesent- verwies auf eine pragmatische Vorgangs- glichkeiten für den Wohnbau: Expli- licher Bestandteil der Wohnraumver- weise: „Wir überlegen, welche Modelle es zite Ergänzung des Pensionskassen- sorgung. Die Transparenz gegenüber in welchen Ländern gibt und suchen nach und des Mitarbeitervorsorgegesetzes, dem Wohnungsnutzer soll erhöht und dem geeignetsten“. damit diese Institutionen in den Wohn- die Rahmenbedingungen für die Be- bau investieren können“ gründung des Anspruchs auf Eigen- Hinweis: Die politische Debatte zwischen Stefan „Bauland mobilisieren: Schaffung tumsoption dem aktuellen Marktum- Gara und Josef Muchitsch enthält die Standard-Bei- lage Wohnen in diesem Heft – Aviso zum 61. Wohn- von Vorbehaltsflächen für den förder- feld angepasst werden“ symposium auf Seite 40. 6 WOHNENPLUS . 1|2018
WOHNSYMPOSIUM Ermunterungen zum Neustart Welche erste Priorität der neuen Bundes- regierung in der Wohnpolitik zu empfeh- len sei, haben die traditionellen runden Tische in der WKÖ-Skylounge beraten. Es wurden klare Präferenzen präsentiert, offenbar auch ohne komplette Einigung Fotos: Robert Newald an den Tischen: Gleich mehrfach traten zwei Sprecher im Duo an das Podium – in dieser Form eine Premiere. Tisch 7 | 13 Punkte Tisch 5 | 9 Punkte Tisch 11 | 8 Punkte Platz 1, Siegerslogan: Platz 2, Slogan: Platz 3, Slogan: Konsequente Bauland- 1 Mrd. mehr für Starten statt warten Mobilisierung für Wohnbauförderung leistbares Wohnen plus Zweckbindung Präsentation: Präsentation: Präsentation: Ronald Schlesinger, Christian Bartok, Franziska Trebut, Wohnservice Wien Mieterhilfe Wien ÖGUT Tisch 9 | 8 Punkte Tisch 2 | 6 Punkte Tisch 1 | 5 Punkte Platz 3, Slogan: Slogan: Slogan: Leistbares Wohnen Raumordnung Klare Kompetenz mit Visionen soll Bundeskompetenz der Länder bei werden Baulandbeschaffung Präsentation: Christoph Treberspurg, Präsentation: Präsentation: Architekt mit Ernst Gruber, Robert Habarda, Josef Schmidinger, wohnbund:consult Strabag Erste Bank Tisch 8 | 1 Punkt Tisch 10 | 4 Punkte Tisch 12 | 6 Punkte Slogan: Slogan: Slogan: Bedingungen für Liegenschaften nicht Grundsatzgesetz für Neubau verbessern, länger liegen lassen bundeseinheitliche soziale Durchmischung technische Bauordnung fördern Präsentation: Präsentation: Evelyn S. Ernst-Kirchmayr, Anton Holzapfel, ÖVI Präsentation: DIe ERNST mit Florian Huemer, Roswitha Harner, neunerhaus mit Hermann Weiss, Min. f. Digit. und mit Anton Hechtl, Raiffeisen Wienerberger Wirtschaftsstandort Tisch 6 | 5 Punkte Tisch 3 | 7 Punkte Tisch 4 | 2 Punkte Slogan: Slogan: Slogan: Zusammenrücken Multistrategie für Vollziehbares (Chancen nützen) leistbares Wohnen Wohnrecht in allen Bereichen Präsentation: Adelheid Wimmer, Wohnen Plus Akademie Präsentation: Präsentation: mit Michael Kolpek, Gabriela Moser, Jörg Wippel neunerhaus Wohnbauexpertin Forum Wohn-Bau-Politik WOHNENPLUS . 1|2018 7
PLUSPUNKTE PLUS ROBERT KOCH PUNKTE Foto: IBA Wien/L. Schedl fläche zum Quartier „Am Seebogen“ ein. dem Motto „Helfen statt feiern“ unterstütz- Dort sollen an die 900 Wohnungen plus te die Frieden eine Anlaufstelle für Kinder Gemeindebau, Bildungscampus, Gewer- und Jugendliche in Krisensituationen mit behof, Multifunktionshaus und ein „Cam- einer Jubiläumsspende in der Höhe sonst pus der Religionen“ zur Umsetzung ge- üblicher Festkosten. langen. Neubauten mit insgesamt 4.000 Wohnungen sind in zwei anderen Ent- wicklungsgebieten geplant. Seestadt ist Zehn Für die Weiterentwicklung der Stadt 2007 startete auf dem ehemaligen Flug- wird die Per-Albin-Hannsson-Siedlung feld Aspern die Entwicklung eines neu- mit rund 14.000 Bewohnern einer um- en Stadtteiles von Wien. „Vor zehn Jahren fassenden Modernisierung unterzogen. waren ein paar Striche, eine Skizze,“ er- In einer Befragung wurden Aspekte von innert sich Johannes Tovatt. Der schwe- Wohnen bis Mobilität unter die Lupe ge- dische Architekt erstellte den Masterplan, Foto: Klaus Pichler nommen. Über die Entstehung vor 70 Jah- der seither als Grundlage aller weiteren ren informiert einer Dauerausstellung im Planungen dient. Bei einer „Geburtstags- Olof-Palme-Hof, die Bewohner sollen sich feier“ wurde im „Club Seestadt“ eine von mit Beiträgen und Fotos beteiligen. Bei WohnenPlus-Redakteur Wojciech Czaja Wohnbau mit „viel Herz“ einem Symposium im AzW zum „Selbst- moderierte Zwischenbilanz gezogen. Elisabeth Weihsmann lacht vom Cover bau“ wurde auch ein Modell-Projekt vor- Seit der Startphase begleiten das Pro- einer „Würdigung“. Zu ihrem 80. Ge- gestellt, das „gemeinsam siedeln, selbst jekt die Fragen „Wie viel kann man sich burtstag im Dezember 2017 verteilte die bauen, interaktiv wohnen“ zum Ziel hat trauen? Wo machen Partner noch mit?“, Wohnbauvereinigung für Privatangestell- und Strategien der genossenschaftlichen erklärte Gerhard Schuster, CEO der wien te – als deren Geschäftsführerin sie vie- Siedlerbewegung neu interpretieren soll. 3420 AG. „Wie weit kann man gehen, um le Jahre wirkte – eine schmale Broschü- auch das Ungewöhnliche, das Innovative re mit großem Inhalt: „Mit viel Herz und umzusetzen, ohne dass man verschreckt“. Verstand für den sozialen Wohnungsbau“ Helfen statt feiern Mut zum Risiko wird den Weg zum gut betitelte Elmar Schübl seine Biographie, „Wir bauen leistbare Qualität für die Mit- funktionierenden Stadtteil auch weiterhin die zehn Weggefährten mit persönlichen telschicht“ erklären die Frieden-Vorstände begleiten, lautete das Resumee. Eindrücken untermauern. Rudolf Edlinger Peter Sommer und Christoph Scharinger schreibt zu „Format“, Lore Hostasch über in einer Broschüre zum Jubiläum der die „Visionärin“, das „ganz Besondere“ Baugenossenschaft, die im November charakterisiert Hans Sallmutter, und Ingrid 1947 gegründet wurde. Das beachtliche Reischl nennt sie ihr „Vorbild“. Es folgen Resultat: Mehr als 18.000 Wohnungen in respektvolle Worte von Josef Ostermayer, Wien, Niederösterreich und Tirol, pro Jahr Karl Wurm und Ewald Kirschner, die Mi- kommen 200 bis 250 neue Wohnungen chael Gehbauer mit dem Satz abrundet: hinzu. Besonders stolz ist man in der Ge- „Viele ihrer oft unorthodoxen Ideen durf- nossenschaft auf rund 20.000 Mitglieder, te ich weiterentwickeln und umsetzen.“ „die uns oft schon in zweiter und dritter Generation die Treue halten“, wie Auf- sichtsrat-Vorsitzender Vinzenz Pippich IBA startet Projekte betont. Insgesamt 106 Mitarbeiter stark ist Nach einer Reihe interessanter Veranstal- das Frieden-Team, das am Hauptstandort tungen samt Klärung der Programmatik für in Wien-Hietzing sowie zwei Büros in die „IBA Wien – Neues soziales Wohnen“ Tirol „gemeinsam an der Arbeit ist“. Foto: Robert Newald starten 2018 erste Projekte. In der Seestadt Für die soziale Ausrichtung steht das Aspern leiten zwei Bauträger-Wettbewer- „Haus der Generationen“, ein Modellpro- be die Entwicklung nördlich der Wasser- jekt mit Stadt Schwaz und Caritas. Unter 8 WOHNENPLUS . 1|2018
PLUSPUNKTE seine Basissanierung. Zu den Kosten der Adaptierung steuern Stadt und Land Salzburg jeweils 273.000 Euro bei. Die gesamte Planungsleistung sowie Neben- kosten werden durch die Initiative Ar- chitektur ehrenamtlich eingebracht. Nun soll eine Bausteinaktion die noch erfor- derlichen Mittel aufbringen. – Genaueres Foto: Bruno Klomfar/EBG unter www.initiativearchitektur.at/archi- tekturhaus-salzburg AzW zum Jubiläum Viertel der Wende Die großen Jubiläen des heurigen Jah- Sonnwendviertel heißt das neue Stadt- res spiegelt das Programm 2018 des quartier südlich des neuen Hauptbahn- Architekturzentrum Wien. An den Wan- hofes in Wien. 2019 soll dort die Bautätig- del der Wiener Sozialpolitik im Sog der keit abgeschlossen werden, stehen dann 1968er-Bewegung und deren promi- 5.000 neue Wohnungen zur Verfügung. In nente Architektur-Manifestation erinnert einer Broschüre hat der wohnfonds wien die Ausstellung „Stadt des Kindes: Vom die unter seiner Federführung entstande- Scheitern einer Utopie“. Aus dem Nach- nen Projekte aus drei Bauträger-Wettbe- lass von Roland Rainer werden erstmals werben zusammengefasst. Diese zeich- Materialien seiner Tätigkeit während der net gewissermaßen die Entwicklung im NS-Zeit ab 1938 und die Auswirkungen geförderten Wohnbau des letzten Jahr- auf die Stadtplanung nach 1945 zur Dis- Rendering BEHF Tower zehnts ab, die Resultate stehen eng ne- kussion gestellt, unter dem Titel „Roland beneinander – WohnenPlus hat schon Rainer (Un)Umstritten“. mehrfach berichtet. Dies und weitere Schwerpunkte für Das innovative Projekt „Wohn-Zim- 2018 präsentierten AzW-Präsident Han- mer“ von win4wien mit drei durch Brü- nes Swoboda und Direktorin Angelika Turmbau zu Erdberg cken verbundenen Bauteilen startete im Fitz. Die monumentale Ausstellung „SOS Kick-off meldeten BEHF Architects im ersten Wettbewerb. Ebenso das „so.vie.so Brutalismus. Rettet die Betonmonster!“ Frühjahr für ihren Turm (siehe Rend- – Sonnwendviertel solidarisch“ der BWS, wird Anfang Mai vom Deutschen Archi- ering) am Erdberger Mais. Vier Jahre mit dem Wiener Wohnbau-Preis 2015 aus- tekturmuseum übernommen und mit nach dem Architekten-Wettbewerb für gezeichnet. Gesiba, Sozialbau und ÖSW Beispielen aus Österreich erweitert. Sie das Großprojekt „MGC Plaza“ – bei dem haben Bauteile mit „Sozialer Nachhaltig- zeigt expressive Bauten aus rohem Sicht- auch StudioVlayStreeruwitz und Rüdiger keit“ platziert. Wiens erste Smart-Wohn- beton, die ab den 1950er-Jahren entstan- Lainer+Partner mit zwei weiteren Turm- bauten von Heimbau und EGW gingen den sind, lange Zeit als Bausünden ver- projekten siegreich waren –, startet also aus Wettbewerb II hervor, es folgten Pro- unglimpft und dem Verfall preisgegeben die Umsetzung. Dafür sorgt ein Konsorti- jekte zum „generationen:wohnen“ und wurden, neuerdings aber „einen wahren um aus Buwog und drei gemeinnützigen schließlich drei geförderte Baugruppen. Hype“ erleben. Die programmatische Bauträgern, nämlich ÖSW, Neues Leben „Innovationen prägen so gut wie alle ge- Frage „Was kann Architektur?“ beschäftigt und WBV-GPA. Die beiden Geschäftsfüh- förderten Wohnbauten im neuen Stadt- das AzW speziell 2018, weil es vor 25 Jah- rer Johann Gruber und Michael Gehbau- viertel,“ schreibt Wohnbau-Stadtrat Mi- ren gegründet wurde. er präsentierten ihr kooperatives Projekt chael Ludwig im Vorwort – man könnte „Wohnen im Hochhaus“ Anfang März es auch als Viertel der Wende zur sozi- beim Architektur-Festival „Turn on“ im alen Nachhaltigkeit bezeichnen. – www. Wiener RadioKulturhaus des ORF. wohnfonds.wien.at Erst im September 2017 hat der Wie- ner Gemeinderat die städtebaulichen Verträge und damit die Flächenwidmung Bausteine für ArchiHaus für das Areal im dritten Bezirk beschlos- Eine eigene Adresse für die Vermittlung sen. An der Modecenterstraße entsteht von Baukultur wünschen sich die Salz- ein Sockelbauwerk mit Nahversorgung burger seit langem, nun entsteht auch in und Gastronomie. Drei 100 bis 125 Meter der Festspielstadt ein „Architekturhaus“. hohe Türme sollen etwa 900 Wohnungen Auf dem Areal der ehemaligen Rieden- enthalten, deren Bewohner einen pracht- burg-Kaserne wird ein rund 300 Quad- vollen Ausblick auf und über die gesamte ratmeter großes Backsteingebäude adap- Stadt genießen werden. Rund die Hälfte tiert. Die gemeinnützige GSWB sowie die der freifinanzierten Wohnungen wird ge- Strauss und Partner Development GmbH mäß Wiener Wohnbauinitiative über 15 Foto: eSel sorgen als Eigentümer des Objektes für Jahre zu leistbaren Mieten vergeben. WOHNENPLUS . 1|2018 9
MEIN WOHNEN PLUS Diese Woh- nung ist eine römische Eins Rudolf Schuch wohnt am Friedrich-Engels-Platz in Wien- Brigittenau, und zwar in einem Ende 2016 bezogenen Wohnhaus der Wohnbauverei- nigung für Privatangestellte. Am meisten schätzt er die Barriere- freiheit und den Ausblick auf Foto: Czaja die Donau und die regelmäßig vorbeifahrenden Schiffe. Das Haus an der Ecke Marchfeld- nachdem ich die wunderschöne Hoch- straße und Adalbert-Stifter-Straße wurde glanzoberfläche nicht beschädigen will, WOJCIECH CZAJA vom Wiener Architekten Leopold Dungl habe ich die Folie vorerst noch gelassen.“ geplant und umfasst 66 Wohneinheiten. Bequem und komfortabel muss die Woh- Zwölf davon wurden barrierefrei errich- nung sein, das ist das Allerwichtigste. „Al- tet – mit breiten Türen, mit riesengroßen exa, Licht an! Alexa, Licht aus! In so einer K ommen Sie herein! Wenn wir Badezimmern, mit Lichtschaltern und Lebenssituation wie ich bin, ist so eine Glück haben, dann fährt in der Steckdosen in vom Rollstuhl aus gut er- elektronische Alexa sehr hilfreich.“ Tut mir nächsten Stunde vielleicht noch reichbarer Höhe. „Dank Physiotherapie leid, sagt Alexa prompt darauf, den Befehl ein Schiff vorbei, und dann werden kann ich mittlerweile gottseidank schon „Sehr hilfreich“ kenne ich nicht. Sie sehen, warum das die schönste Woh- ein paar Meter auf Krücken gehen“, sagt Die Zusammenarbeit mit der Wohn- nung meines Lebens ist.“ der ehemalige Postbote, der vor mehr als bauvereinigung funktioniere gut, sagt ” Rudolf Schuch wohnt schon seit sei- Schuch, und auch die paar Kinderkrank- nem dritten Lebensjahr in der Brigittenau. heiten, die das Haus am Anfang hatte, so Der soziale Wohnbau „ Aufgewachsen, sagt er, ist er Tür an Tür wie etwa den zu Beginn oft beschädigten mit dem heutigen Bezirksvorsteher Han- in diesem Land Türöffnungsmechanismus, habe die Haus- nes Derfler. „Es ist ein schöner Bezirk. verwaltung schnell behoben. „Die sind Für mich ist es das gemütlichste Eck von ist ein Geschenk. echt für ihre Bewohner da. Das merkt Wien.“ Dass er heute just im Brücken- Rudolf Schuch, Bewohner man bei jedem Anruf. Wissen Sie, diese kopfgebäude am Friedrich-Engels-Platz Wohnung verkörpert einen neuen Lebens- wohnt, fünfter Stock mit direktem Blick 20 Jahren einen tragischen, folgeschwe- abschnitt für mich. Das ist eine römische auf die Donau, auf die Donauinsel, auf die ren Arbeitsunfall hatte. „Mein Rollstuhl Eins.“ Es sind die gebrechlichen und hilfs- vielen vorbeifahrenden Schiffe, ist kein Zu- steht in der Garage und ist zum Aufladen bedürftigen Menschen, die kinderreichen fall. „Aus meiner vorigen Wohnung habe wie ein Elektroauto an eine Steckdose an- und einkommensschwachen Familien, die ich beobachten können, wie das alte Haus, geschlossen. Die Grundrisse im ganzen unglücklichen Schicksalsschläge wie der das hier einst stand, abgerissen wurde und Haus sind gut geschnitten, und so ist der seinige, für die der geförderte Wohnbau in wie sich die Baustelle Tag für Tag verän- Weg zum Rollstuhl nicht wirklich weit.“ Österreich unverzichtbar sei, sagt Schuch. dert hat“, erzählt der 53-Jährige. „Mir hat Die Wohnung hat 58 Quadratmeter „Der soziale Wohnbau in diesem Land der Rohbau richtig gut gefallen. Und nach- und einen rund sieben Quadratmeter gro- ist ein Geschenk. Ich hoffe, dass sich die dem meine damalige Wohnsituation auf 37 ßen Balkon. Die Wohnküche ist schlicht jetzige Regierung und auch all die kom- Quadratmetern, wohlgemerkt mit einem eingerichtet, an der Wand hängt eine vene- menden Regierungen dessen bewusst sein elektrischen Rollstuhl in der Wohnung, ei- zianische Maske, die Fronten in der selbst werden.“ Nein, ein Schiff ist in der letzten gentlich untragbar war, habe ich mir ge- geplanten Küche sind zum Teil noch mit Stunde nicht vorbeigefahren, keine unga- dacht: Worauf wartest du noch? Also habe hellblauer Schutzfolie beklebt. „Das ist Ab- rische, rumänische, bulgarische Flagge am ich die WBV-GPA kontaktiert und mich sicht“, sagt Schuch. „Mit Krücken geht es Heck. „Das macht nichts. Es wird schon um eine barrierefreie Wohnung beworben. sich nicht ganz so leicht, vor allem nicht bald wieder eines kommen. Ich werde in Jetzt bin ich da.“ mit diesen Schmerzen, die ich habe. Und dieser Wohnung noch viele Schiffe sehen.“ 10 WOHNENPLUS . 1|2018
THEMA Visualisierung: alleswirdgut architektur/Stanislav Simonischek Neue Wohnung, neue Chancen, neuer Lebensabschnitt. Die Idee des Neuanfangs ist eng mit dem Wohnen verbunden. Start ins neue Wohnleben Beides verändert sich kontinuierlich: War die Startwohnung früher als einmaliger Anschub in ein festzementiertes Erwachsenenleben gedacht, haben sich Lebensabschnitte und Lebensentwürfe vervielfacht. Startwohnungen betreffen Alt und Jung, Singles, Alleinerzieher und sozial Benachteiligte. Dieser soziale und demografische Wandel stellt neue Heraus- forderungen an Bauträger und Fördergeber. Wir zeigen einen Überblick über die neuen Modelle des Anfangs in Zeiten der „Multigrafie“. Achtung, fertig, Start! WOHNENPLUS . 1|2018 11
DECKBLATT DECKBLATT ÜBERSICHT ÜBERSICHT DECKBLATT ÜBERSICHT DECKBLATT ÜBERSICHT tBO-. tBO-. tBO-. tBO-. Auf der (Bau-)Stelle alles im Blick. Mit der Produktionssoftware bo.om liefert B&O die vollständige digitale Abbildung der Wohnungsmodernisierung. B&O vereint mit bo.om erstmalig seine bei über 250.000 modernisierten Wohnungen bewiesene Baukompetenz und die Digital-Expertise der App magicplan, mit welcher schon mehr als zehn Millionen Grundrisse erstellt wurden. Sie möchten mehr über bo.om erfahren? Mit unserem Newsletter bleiben Sie auf dem Laufenden: www.bo-gruppe.at/boom
THEMA Auf in die Multigrafie ! Ob mit 18 oder 80: der Start in einen neuen Lebensabschnitt kann jederzeit passieren. Mit dem Wandel der Biografien ändern sich auch die Konzepte für Startwohnungen kontinuierlich. MAIK NOVOTNY Foto: gswb 1 E s ist ein einmaliges Gesetz, das hier damals wird er aber wohl nie wieder präsentiert wird“, verkündete Frau werden. Schon 1987 wurde das Start- Staatsekretär (sic!) Beatrix Eypel- wohnungsgesetz von der Bundes- auf tauer stolz, „nämlich das Startwoh- die Landesebene übertragen, seitdem hat nungsgesetz.“ Beworben und erklärt wur- sich die Förderung von Startwohnungen de dieses einmalige Gesetz, das am 1. Juli ebenso labyrinthisch aufgefächert wie 1982 in Kraft trat, nach dem staatssekre- die Lebensrealitäten. Heute haben Bun- tarischen Grußwort mit verständlichen desländer wie Nieder- und Oberöster- Worten in einer bunten Faltbroschüre, reich Förderschienen für Junges Wohnen illustriert mit heiter-humorvollen Karika- mit strikten Altersobergrenzen von 35 turen. „Der Weg zur Startwohnung“ (so Jahren, während Kärnten jungen Bezie- der Titel) sollte hier geebnet werden. Wer hern von Wohnbeihilfe zwischen 18 und durfte 1982 diesen Weg einschlagen? Mie- 25 mit einem Sonderzuschlag den Umzug ter unter 30, verheiratet, alleinerziehend, in die ersten eigenen vier Wände erleich- oder unverheiratet mit Kind. Die Einkom- tert und in Wien das „junge Wohnen“ vor mensgrenze für Verheiratete lag damals allem als projektspezifisches Angebot für bei 16.220 Schilling im Monat. Als Star- Junge und Junggebliebene gesehen wird. terwohnungen galten solche in Altbau- Denn „Start“ bedeutet heute immer öfter 1 / Lebenswelt Wohnen in Aigen, Salzburg, bietet Menschen ten bis 1945 und einer Nutzfläche von 30 „Neustart“. jeden Alters und in allen Lebenslagen ein neues Zuhause. bis 90 Quadratmetern. „Wohnen in der 2 / Für ältere Menschen, aber ganz und gar kein Altenheim – Stadt ist ja wieder in“, wie Frau Eypel- Dynamische Biografien das Konzept der OSG zielt auf viel gemeinsame Aktivitäten ab tauer in rührend bemühtem Jugendslang Die ersten Initiativen waren vor allem und forciert die Kommunikation. anmerkte, und dieses Gesetz solle dazu von der Motivation getragen, jungen Leu- 3 / Das innovative „Haus der Selbstverwirklichung“ beitragen, das es auch für junge Leute er- ten den Start in Beruf und Familie zu für die „Generation XYZ“ mit 59 Wohnungen, errichtet schwinglich werde. erleichtern, als einmaliger, väterlich-gü- die Schwarzatal in Neu-Leopoldau. Der Weg zur Startwohnung wurde tiger Schubs in eine Lebens- und Wohn- 4 / Variationen der „Pluszone“ zur individuellen Entfaltung. in den darauffolgenden 36 Jahren immer situation, die sich idealerweise bis zum 5 / Jung, Single oder eben Neustart: Die pfiffigen Wohnungen wieder neu gepflastert und beschritten. Lebensende nicht mehr verändern wür- der Buwog unterstützen „Wohnungs-Anfänger“. So einfach wie im bunten Faltblatt von de. Heute ist das Leben zur Abfolge von 12 WOHNENPLUS . 1|2018
THEMA Foto: OSG 2 Lebensabschnitten und Lebensentwürfen starts beruflich und privat gewissermaßen Wohnungen pro Jahr für junge Menschen geworden. „Traditionelle Biografien mit als Versagen konnotiert. Heute gilt es als bereitstellen – und zwar aus ihrem Altbe- Fixanstellung, Partnerfindung, Heirat und normal und sogar als zeitgeistig und mo- stand, wie Wolfgang Schön, Geschäftsfüh- Familiengründung und Hausbau oder dern!“ rer der WAG, erläutert: „Beispielsweise Starterwohnung kommen in der Postado- Das Wohnen in der Stadt ist auch Wohnungen, die in der Kriegszeit errich- leszenz-Phase zwischen 20 und 30 Jah- heute, um es mit den Worten von 1982 tet wurden und keine Lifte, keine Tiefga- re immer seltener vor“, erklärt Raimund zu sagen, „wieder in“. Städte bieten seit ragen und daher geringe Betriebskosten ” jeher ein breites Spektrum an Möglich- aufweisen, und passende Grundrisse ha- keiten der Lebensgestaltung und des ben.“ Die Kriterien für die Vergabe ent- Man spricht heute von Neuanfangs ohne Stigmatisierung. Den- sprechen denen des „Jungen Wohnens“: einer ´Multigrafie´ mit vielen noch beschränken sich die Angebote zur Eine Altersgrenze bis 35 Jahre zum Ende „ Starthilfe heute keineswegs nur auf Wien. des Mietvertrags, eine Obergrenze für die Umbrüchen und Auch wachsende „kleine Großstädte“ wie Wohnungsgrößen und eine Mietdauer St. Pölten und Baden werden zunehmend von maximal acht Jahren. Es handle sich sozialen Neustarts. attraktiv für junge Bewohner, Gemeinden bei dieser Nutzung des Bestandes jedoch Raimund Gutmann wie Freistadt in Oberösterreich versuchen keineswegs um ein „Restlverwerten“. Die mit entsprechendem Wohnungsangebot, WAG greift auf Altbestände zurück, deren Gutmann, Leiter von wohnbund:consult die jungen Leute im Ort zu halten und die Finanzierung ausgelaufen ist und die suk- und seit vielen Jahren prozessbegleitend Älteren vor Vereinsamung zu bewahren. zessive frei werden. Die Startwohnungen im Wohnbau tätig. „Wir befinden uns in befinden sich zum Großteil in Linz, weite- einer Zeit dynamischer Biografien – und Verjüngter Altbestand re in Steyr und in den Bezirken Braunau damit auch Wohnbiografien –, die durch In Oberösterreich richtet sich die Initiati- und Schärding. die gesellschaftlichen und soziodemogra- ve „Junges Wohnen“ seit 2014 an 18- bis Auch für spätere Lebensabschnitte fischen Veränderungen ausgelöst werden. 35-jährige, rund 240 Wohnungen werden wird in den Bundesländern Starthilfe ge- Man spricht heute von einer ´Multigra- pro Jahr von gemeinnützigen Bauträgern geben. Betreubares Wohnen im Alter ist fie´ mit vielen Umbrüchen und sozialen speziell in diesem Segment errichtet. Ein ein etabliertes Modell, das in immer neu- Neustarts. Damit verändert sich auch die besonderes Angebot hat seit 2017 die WAG en Variationen an die jeweiligen Bedürf- Einstellung: früher waren viele Umzüge, in petto: Unter dem Motto „Erstes Woh- nisse angepasst wird. In Salzburg wurden Trennungen, Alleinerziehen, und Neu- nen“ wird sie über fünf Jahre jeweils zehn im April 2017 die 173 Wohneinheiten des WOHNENPLUS . 1|2018 13
THEMA Visualisierung/Schema: feld72 3 ambitionierten Projekts „Lebenswert Ai- Wohngemeinschaften für je zwölf Perso- ein verminderter Eigenmittelanteil und gen“ fertiggestellt. Für dessen Entwick- nen, die von professionellem Personal vergünstigte Einrichtungspakete ermög- lung taten sich die gswb, die „Lebenswelt betreut werden, auch in der Nacht. Zu- lichten leistbares Wohnen; hinzu kom- Wohnen“ (ein Team aus dem Bauträger sätzliche betreute Wohnungen ergänzen men betreute Wohngemeinschaften. „Die Myslik und dem Diakoniewerk) und der das Angebot. „Wir von der OSG sind im Anzahl der Single-Haushalte wird mit- Bauträger Viktoria-Haus zusammen, um Bereich des Wohnens im Alter sehr aktiv. telfristig laut Bevölkerungsprognosen in ihre Kompetenzen in ein breitgefächertes Dieses Wohnmodell hier in Oberwart ist Wien weiter steigen und Projekten wie ” Angebot umzumünzen: Klassisches Woh- aber aufgrund des ganz besonderen Kon- nen mit Eigentum und Mietkauf, geförder- zeptes in der Vorbereitung und auch in tes Betreutes Wohnen, altersgemischtes der baulichen Abwicklung eine heraus- Die Anzahl der Single- Wohnen, eine christliche Wohngemein- fordernde Aufgabe für uns gewesen“, so schaft sowie Stützpunktwohnen für Men- OSG-Obmann Alfred Kollar. Haushalte wird mittelfristig schen mit Behinderung. Maßgebliches weiter steigen, diesen Bedürfnissen Kriterium für das inhaltliche Konzept des Smart und mehr angepasste Grundriss- und Kosten- „ Diakoniewerks war in allen Fällen die In Wien hat man den Bedarf an Startwoh- Förderung der Selbständigkeit, mit ent- sprechender „Sicherheit im Hintergrund“ nungen für Jung und Alt durch genaue demografische Analysen längst lokalisiert. planung kommt daher eine umso für die, die sie benötigen. Angesichts des oft schmalen Budgets bei wichtigere Bedeutung zu. jüngeren Erstmietern oder auch Alleiner- Altersdurchschnitt steigt ziehenden wird ein Großteil des Angebots Daniel Riedl, Buwog Im Burgenland, in dessen schrumpfenden fürs „Junge Wohnen“ vom Smart-Woh- Randgemeinden der Altersdurchschnitt nungsprogramm gedeckt. Doch die Woh- diesen mit den Bedürfnissen angepasster der Bevölkerung im Steigen begriffen ist, nungsgröße ist nicht das einzige Kriterium, Grundriss- und Kostenplanung kommt ist das betreubare Wohnen eine fixe Grö- auch halböffentliche Begegnungsmög- daher eine umso wichtigere Bedeutung ße: Bei der Oberwarter Siedlungsgenos- lichkeiten und Bonusfunktionen werden zu“, zeigt sich Daniel Riedl, Geschäftsfüh- senschaft (OSG) beschäftigt man sich seit geschätzt – wer einen neuen Lebensab- rer Buwog, überzeugt. über 15 Jahren mit dem Thema „Wohnen schnitt an einem neuen Ort beginnt, ist In anderen Stadtentwicklungsgebie- im Alter“. Die größte derartige Wohnan- schließlich per se kontaktfreudig. ten sind ganzheitlichere Konzepte ange- lage befindet sich in Oberwart, 74 Woh- Ein Beispiel für „junges Wohnen“ er- sagt. Auf einem ehemaligen Bahngelände nungen werden hier in enger Kooperati- richtete die Buwog Ende 2013 am Nord- in Floridsdorf zum Beispiel entsteht zur- on mit der Stadtgemeinde Oberwart als bahnhof-Areal. Hauptzielgruppe waren zeit unter dem bukolischen Namen „Flo- Träger und der Evangelischen Diakonie junge Menschen, die ihre erste eigene rasdorf am Anger“ ein regelrechtes Gene- als Betreiber geführt. In der gleichen Part- Wohnung beziehen, Paare mit niedri- rationendorf in der Stadt. Hier entwickeln nerschaft, aber mit neuartigem Programm, gen Einkommen sowie Alleinerziehen- die Bauträger Siedlungsunion und Neues realisierte man in Oberwart die „Senioren- de. Dementsprechend ist ein Großteil Leben insgesamt 298 Wohnungen. Als Be- wohngemeinschaft PLUS“, die im Oktober der 190 geförderten Mietwohnungen als sonderheit ist hier die Wohnform „Single 2017 eröffnet wurde. Sie beinhaltet zwei Kleinst- oder Atelierwohnung ausgeführt, Wohnen in Gemeinschaft“ im Angebot, 14 WOHNENPLUS . 1|2018
THEMA The house – zone for self-development Schema: feld72 4 die sich an allein Lebende jeden Alters Quadratmeter große Räume, die zum zen- richtet. Die Zimmer in den vier WG sind tralen Stiegenhaus hin verglast sind und wahlweise mit Bad ausgestattet, andere als Potentialfläche zur individuellen Ent- teilen sich ein Bad, für alle gibt es in der faltung dienen. „Ein Vorraum kann und vorgelagerten Zone einen Gemeinschafts- soll mehr sein als ein Stauraum“, erklärt raum mit Küche. Benjamin Heinrich, Projektentwickler bei Ein weiteres stadterweiterndes Dorf ist der Schwarzatal. „Wir wollen daraus einen an der Traviatagasse in Inzersdorf in Bau. Mehrwert generieren, eine Kommunikati- Unter der Überschrift „Zusammen:Leben on zwischen Innen und Außen. Wie die – Gemeinsam:Erleben“ errichtet das ÖVW Kommunikation ein Stiegenhaus beleben hier 199 Wohnungen, die sich in vier Ge- kann, haben wir bei unseren Baugrup- bäuden um einen begrünten zentralen penprojekten wie LiSA und dem Wohn- Dorfanger gruppieren, zu dem sich auch projekt Wien festgestellt. Diese Qualitäten die Gemeinschaftsräume hin orientieren. wollen wir in den ´normalen´ geförderten Fast so etwas wie eine kleine Stadt für die Wohnbau übertragen.“ Wie diese Pluszo- Jugend entsteht demnächst am Nordrand nen genutzt werden, sei den Bewohnern Wiens. Auf dem 13,5 Hektar großen Ent- freigestellt. „Das können Ateliers, Home Foto: BUWOG wicklungsgebiet Neu-Leopoldau werden Offices, Räume für Lernhilfe oder gemein- 1.000 von insgesamt 1.400 Wohnungen 5 sames Kochen sein.“ Eine Altersbeschrän- von der Stadt Wien unter dem Motto „Jun- kung gibt es hier nicht, betont Heinrich. ges Wohnen“ gefördert. Ein Drittel von füllen, die Bedürfnisse von Kindern, Ju- „Jung verstehen wir eher vom Mindset. diesen werden Smart-Wohnungen sein. gendlichen und Erwachsenen gleicherma- Das hat mit dem Alter nichts zu tun.“ In Neun gemeinnützige Bauträger teilen sich ßen abbilden.“ Nicht nur die Leistbarkeit Zeiten, da Biografien zu Multigrafien wer- die elf Baufelder auf, von den anvisierten ist hier also das Kriterium, sondern auch den, eine ideale Starthilfe. 120,8 Millionen Euro Gesamtbaukosten die berufliche Entwicklung: Räume für kommen 41,6 Millionen aus Wohnbauför- Ein-Personen-Unternehmen und ein Lehr- dermitteln. Mit begleitenden Prozessen lingsheim werden in Neu-Leopoldau Platz Single bis Senior wie Mobilitätsmanagement und Stadt- finden. Eine Wohnbörse wird den Umzug teilmanagement soll Neu-Leopoldau als innerhalb des Gebietes erleichtern, wenn Wohnen verändert sich – Single- Modellprojekt dienen und wird von der die Wohnung zum Lebensentwurf nicht haushalte nehmen zu, zugleich IBA Wien (Internationale Bauausstellung) mehr passt. auch die Zahl der Menschen in der begleitet. Besonders intensiv und innovativ hat Lebenshälfte, die einen Neuanfang man sich mit dem Jung-Sein und des- planen. Bauträger haben den Trend Haus der Selbstverwirklichung sen Bedürfnissen auf dem Baufeld H1 erkannt und begegnen diesem mit „Junges Wohnen beschreibt in Wahrheit beschäftigt, das von der Schwarzatal mit vor allem gemischten Wohnkonzep- mehrere recht verschiedene Gruppen von dem Architekturbüro feld72 in Koopera- ten – Projekte, in denen vom Single Menschen in verschiedenen Lebenspha- tion mit dem Soziologen Jens Dangschat bis zum Senior, Alleinerziehende, sen, die der Reihe nach durchlaufen wer- entwickelt wird. Ein „Haus der Selbstver- Jugendliche, junge und ältere Men- den“, so die IBA in ihrem umfassenden wirklichung“ für die „Generation XYZ“ schen, zu einer Gemeinschaft zu- Projektleitfaden. „Generell müssen Woh- mit zirka 59 Wohnungen wird hier bis sammenwachsen. Mononutzungen nungen, Wohnhäuser und Wohnumge- 2020 entstehen. Der Clou hierbei: Den wird durch diesen Trend eine klare bungen, die das Kriterium der sozialen Wohnungen ist eine sogenannte „Pluszo- Absage erteilt. Nachhaltigkeit für ´Junges Wohnen´ er- ne“ vorgelagert, das heißt, sieben bis 13 WOHNENPLUS . 1|2018 15
Sie können auch lesen