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Das Magazin des Der Finanzdienstleister DBV 1/2010 Endlich gehobener Schatz: Rebecca ist einer von vieren Betriebsrat leicht gemacht Mit 60 Jahren gern im Betrieb
DBV Inhaltsverzeichnis THEMEN SEITE Unsere Tarifkommissionen E Titelthema Ein Jahrgang fürs Geschichtsbuch 2-5 PRIVATES BANKGEWERBE GAMBINO Giulio – Verhandlungsführer E Interview Viele kleine Schritte 6-7 BECKMANN Helmut BEESE Ute E Service Kluge Fragen BETZEN Sigrid FEIKES Ulla und bestechende Antworten 8-9 HEGEWALD Ingrid HEINRICH Norbert E Aus dem Verband Gegen Mobbing: LADENTHIN Manja MACHON Udo Einbinden statt Ausgrenzen 10-11 PFAUNTSCH Eva RODENHAUSER Joachim E Mitmachen Das Alter aus dem Abseits holen 12-13 RUCK Karin THOELE Jörg ULM Christoph E Aufgefallen Die Versicherung WOLFF Karsten in der Versicherung 14-15 VOLKS- UND RAIFFEISENBANKEN BUFF Heinz – Verhandlungsführer E Aktuell Mit neuem Schwung ALBRECHT Thomas BENTERBUSCH Heinz Norbert in die Verhandlungen 15 BETZEN Sigrid BURSKI Friedhelm E Organisation 16 HINKE Norbert WITTIGER Helmut VERSICHERUNGSGEWERBE MAURACHER Martin – Verhandlungsführer BEESE Ute Infokasten: FREITAGmittag BETZEN Sigrid HÜTTE Friedrich W. KÖHLER Markus Kompakt auf einen Blick die wichtigsten Informationen zu einer MATTHES Kurt Walter RUCK Karin Branche, wöchentlich aktuell: FREITAGmittag erreicht die SEIFER Sonja Entscheider in Banken - und nach mehreren Kooperationen mit führenden Hochschulen auch diejenigen, die es werden wollen. Die Agentur FLEISCHER ´S gibt den Newsletter seit rund drei Herausgeber: DBV – Gewerkschaft der Finanzdienstleister Jahren heraus. Mittlerweile erreicht er mehr als 2.000 Leser in Oststraße 10, 40211 Düsseldorf Tel.: 02 11/36 94 558, Fax: 02 11/36 96 79 über 100 Banken und Sparkassen. FREITAGmittag im Test - E-Mail: info@dbv-gewerkschaft.de Internet: http://www.dbv-gewerkschaft.de kostenfrei und unverbindlich, das Probeabo läuft Redaktion und verantwortlich für den Inhalt: Oliver Popp, Frankfurt automatisch aus. Einfach hier bestellen: Ständige Mitarbeiter: www.freitagmittag.de Wir Sigrid Betzen, Martin Mauracher ist Fotos: Oliver Popp, stärker Agentur Fotolia (www.fotolia.de) Agentur Photocase (www.photocase.de) als ich! Postanschrift: Der Finanzdienstleister Oststraße 10, 40211 Düsseldorf Satz, Gestaltung und Druck: Druckerei Rechtsverlag Hötzel, RFS & Partner GmbH Oststraße 119, 40210 Düsseldorf Tel.: 0211/8 6718 33, Fax: 0211/8 6718 41 Papier: Gedruckt auf chlor- und säurefreiem umweltfreundlichem Papier Postverlagsort: Düsseldorf Bezugspreis: Einzelheft EURO 1,25 Jahresbezug EURO 2,50 jeweils zuzüglich Zustellgebühr, für Verbandsmitglieder ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten. Erscheinungsweise: 2 mal jährlich Mit Namen gezeichnete oder signierte Beiträge stellen die Ansicht des Verfassers nicht unbe- dingt die des Herausgebers oder der Redaktion dar. Für unverlangt eingesandte Beiträge wird keine Haftung übernommen. Kürzungen und redaktionelle Änderungen behalten wir uns vor. Die Rücksendung von Manuskripten erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt.
Grußwort DBV Überall regt sich Bildung und Streben... Vom Eise befreit sind Strom und Bäche durch des Frühlings holden, belebenden Blick; im Tale grünet Hoffnungsglück. Der alte Winter, in seiner Schwäche, zog sich in raue Berge zurück. … Liebe Leserinnen und Leser, der „Osterspaziergang“ von Goethe inspiriert mich gerade in dieser Jahreszeit immer wieder – er lädt ein zum Auf- bruch aus dem verbrauchten Gestern in ein ersprießliches Heute. Ein paar Zeilen weiter weckt die Sonne neue Farbe, Bildung und Streben der Menschen. Auch in diesem Heft wollen wir aufbrechen – und berichten über vielfältig auf- Karin Ruck keimende Bildung in Banken und Versicherungen. Bildung steht nicht nur fürs Lernen an sich, sondern auch Kapital. Die Generation „50 plus“ ist den- fürs neu Anfangen. Die vier jungen Bankkaufleute unseres noch bei manch’ Vorstand am Bildrand – Titelbeitrags ab Seite 2 strahlen diese Begeisterung aus, angeblich zu langsam und unflexibel, um endlich loslegen zu dürfen. Sie alle haben den Abschluss die kurzfristigen Leistungsziele zu errei- mit „Eins“ gemacht und in ihrer Volksbank damit Maßstäbe chen. Wir setzen dem auf den Seiten 12 gesetzt. Ihr Erfolg gründet nicht zuerst auf Schulbuch- und 13 ein anderes Bild entgegen: das des wissen, sondern aus dem zusammen Wachsen in der Experten, der auch den jüngeren Kollegen Gruppe – Bildung als Türöffner für ein selbstbewusstes Wissen und Haltung geben kann. Ein star- Leben, nicht nur im Beruf. Wir drücken ihnen die Daumen! kes Rückgrat lässt sich nicht verbiegen – ein stabiles soziales Netzwerk ist die Grundlage Wer sich bildet, erkennt Chancen, kann Kräfte sammeln für Wertschätzung und Zusammenhalt im und sich (wieder) fit machen. Viele Betriebsräte sind nun Betrieb. Wer umsichtig ist und sich bilden ins Amt gewählt – herzlichen Glückwunsch! Für die einen will, leistet dafür einen guten Beitrag. ist es Neuland, für andere die Fortsetzung eines vieljähri- gen Engagements für die Kollegen im Betrieb. Wir berich- Bildungsfähig zu sein ist keine Frage des ten auf den Seiten 6 und 7 über die Bildung eines neuen Lebensalters, sondern des Wunsches und Betriebsrates und die besonderen Herausforderungen in des Mutes. Wünsche sind die Vorboten der „Stunde Null“ und geben nicht nur ihnen den Rat von der Fähigkeiten, die in uns liegen. Und erfahrenen Kollegen auf den Seiten 8 und 9. Rat zu Fragen Mut? „Was immer du tun kannst oder wie – wie mache ich mir ein umfassendes Bild von mei- erträumst zu können, beginne es. Kühnheit nem Betrieb? wer kann mir auf welche Weise im besitzt Genie, Macht und magische Kraft“, Betriebsratsalltag helfen? Wir stellen eines unserer DBV- wünscht uns Goethe einen gelungenen Seminare vor (Seiten 10 und 11) – in einem Themenfeld, Aufbruch. das in vielen Betrieben gern ausgeblendet wird und das dennoch täglich für viele Missbildungen sorgt. Bildung ist die lebenslange Veränderung von uns allen, die Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Vervollkommnung unserer Fertigkeiten. Bildung zu haben Sommer – lassen Sie sich inspirieren! heißt Erfahrung zu haben, und darum sind gerade die lang- jährigen Mitarbeiter in jeder Bank ein unverzichtbares Herzlichst Ihre Karin Ruck 1
DBV Titelthema von drei auf zweieinhalb Jahre – deswegen Ein Jahrgang sind sie auch schon zu Jahresanfang fertig und fürs Geschichtsbuch nicht erst im Sommer. „Wir konnten es schon nicht glauben, als wir im Dezember alle mit Eins aus der schriftlichen Prüfung kamen. Und Wie Bank und Auszubildende da haben wir uns dann schon Druck gemacht, eine besondere Partnerschaft eingehen es auch mündlich zu packen. Ich war als letzte dran und hörte am Ende „Eins“ – kneif mich“, ist Rebecca noch heute begeistert, genau wie ihre drei Kollegen. Dieses Quartett hat Grund zum Strahlen. Den großen Erfolg ahnte niemand aus dem Marcel Weidensee, Maximilian Kettler, Tim Quartett, als sie am 1. August 2007 zur Bank Kappelhoff und Rebecca Zachrau sind seit eini- kamen. „Ich hab mir einen guten Anzug wie gen Wochen frisch gebackene Bankkaufleute heute angezogen und bin zur Filiale – mal der Volksbank Waltrop, gleich nördlich von schauen, wer da noch kommt“, gibt sich Tim Dortmund. Zur Belohnung fuhren sie mit ihrer unkompliziert. Die Vier kannten sich nicht, sie IHK-Berufsschulklasse nach Frankfurt, durften fanden aber schnell heraus – wir wohnen ja die Börse erkunden und natürlich kräftig gleich in den Nachbarorten und ticken auch anstoßen. Alle Vier bekamen einen unbefriste- ähnlich! Dort, wo sich Ruhrgebiet, Westfalen ten Arbeitsplatz. Doch mehr als das – die jun- und Münsterland treffen und wo die gen Banker werden auch einen festen Platz in Volksbank in Oer-Erkenschwick, Henrichen- der großen Chronik ihrer Volksbank haben, die burg, Datteln, Waltrop, Brambauer und Lünen im vorigen Jahr ihr 125-jähriges Bestehen feier- seit Anbeginn ein Heimspiel hat. Denn hier te. „Auf die vier Azubis sind wir sehr stolz. gibt es nicht den schönen Schein mancher Wenn sie so weitermachen, steht ihnen einer deutschen Vorzeigeregion, wo sich Touristen Karriere im Hause nichts mehr im Wege“, und Vermögende sammeln und Bankgeschäfte bekundet Bank-Vorstandschef Ernst Henzl. wie von allein laufen. Stattdessen haben viele Landwirte traditionell ihr Konto bei der Das Lob kommt nicht von ungefähr. Alle vier Volksbank, ebenso die Handwerker aus den Jung-Banker haben nämlich den Abschluss vielen kleinen Gewerbebetrieben. Ihnen ist mit „Eins“ geschafft, und damit der gesamte Vertrauen wichtig, und deshalb fühlen sie sich Auszubildenden-Jahrgang der Volksbank Wal- mit den grundsoliden Anlagen und dem per- trop. Obendrein auf eigenen Wunsch verkürzt sönlichen Berater in der Nähe gut aufgehoben bei der Genossenschaftsbank. Auch Rebecca: „Früher hab ich hier immer meine Spardose hergebracht. Außerdem hat meine Tante in der Volksbank Waltrop gearbei- tet“, nennt sie einen anderen Türöffner. Anfang August wurden die Vier wie die neuen Azubis in anderen Banken begrüßt – in Waltrop mit einem großen Frühstück und einem Will- kommensordner. Die Kollegen am jeweiligen Ausbildungsplatz lernten die jungen Azubis schnell kennen – für die Volksbank arbeiten auf einem recht großen Gebiet 138 Mitarbeiter und 33 Teilzeitkräfte. „Wir wollen unseren Der richtige Dreh: Rebecca, Marcel, Tim und Maximilian... Auszubildenden eine Heimat geben. Deshalb 2
Titelthema DBV gehören sie vom ersten Tag an voll dazu“, unterstreicht Mentor Ernst Henzl. Dazu gehört das intensive Zuhören und Erklären vonseiten der erfahrenen Banker im Büro, nicht nur zwischen Tür und Angel. Die Vier hatten außerdem wie die anderen ange- henden Bankkaufleute mit den Azubi- Beauftragten Annette Kaczmarek und Katharina Wottschel verlässliche Betreuer, wann immer es nötig ist. Außerdem hatten sie auch den Mut, mit Fragen und Problemen direkt zum Vorstand zu gehen – der das schätzte und ...auch in der Kundenberatung sind sie längst Fachkräfte. schnell half. Die intensive Betreuung und offe- ne Türen sind aber vor allem Hilfe zur Selbsthilfe. Die Azubis sollen sich selbst die schon fest eine Stelle im Geschäftsbereich Struktur der Bank erschließen – wer macht was Oer-Erkenschwick im Blick hat. wie mit welchen Mitteln. Vorstand Henzl: „Wir trauen ihnen was zu, und das heißt auch Pro Lehrjahr hatten die vier Azubis drei Kundenkontakt ab dem ersten Tag.“ Der Monate Berufsschule im Kuniberg-Berufskolleg Sprung ins kalte Wasser und die damit verbun- Recklinghausen und tauschten sich dort mit denen weichen Knie ist auch den „Einsern“ den Auszubildenden anderer Banken aus. noch gegenwärtig. „Es war schon immer wie- „Natürlich haben wir alle denselben, strengen der neu, nie konnte ich mich zurücklehnen. Lehrplan mit denselben Grund-Inhalten. Aber Wie intensiv werden die Kunden nachfragen, man bekommt mit – nicht überall gibt es so und mache ich da zumindest immer einen viele spezielle Projekte für uns Azubis wie in kompetenten Eindruck, auch wenn das letzte Waltrop“, bekundet Marcel. Zum Beispiel Wissen fehlt“, erinnert sich Maximilian. Schnell schrieben sie bald ein Konzept, wie Senioren lernte er die Kundenansprache – ohne für das Internetbanking fit gemacht werden Aufdringlichkeit, sondern mit Aufgeschlossen- können, waren beim großen Börsenspiel dabei heit und immer einer Prise Humor. „Das war und hielten ihrerseits fest, was die Volksbank total anders als Schule, man lernt viel direkter für die Auszubildenden des folgenden Lehr- und schneller“, meint Tim. jahres noch besser machen kann. Im vergange- nen Juni führten sie ein Rollenspiel auf, was der Damit war die Ausbildung in Waltrop ein Genossenschafts-Gedanke in der Bank für sie großer Gewinn an Persönlichkeit. Alle Vier sind bedeutet – in historischen Kostümen der Zeit heute 22, aber um einiges abgeklärter und ent- von Hermann Schulze-Delitzsch, der um scheidungsfreudiger als viele Altersgenossen. 1850/60 das System der gemeinschaftlichen Fachlich sind sie längst auch sattelfest und Eigentümerschaft und Haftung sowie Selbst- haben alle 15 Geschäftsstellen und weitere verwaltung in den Banken einführte. „Wir interne Abteilungen der Bank durchlaufen. haben uns extra Kostüme aus der damaligen Rechnungswesen, Organisation, Kunden- Zeit vom Theater Hamm ausgeliehen“, berich- service, monatlich ging’s in eine neue Rolle. tet Tim vom Großereignis. „Früher fand ich immer die n-tv-Börse im Fernsehen sehr spannend. In unserer Ausbil- Die Aufführung war Teil der großen Ver- dung hab ich gemerkt, dass das echte Leben treterversammlung, zu der jedes Jahr 300 viel aufregender sein kann – da willst du selbst Vertreter der inzwischen 33.785 Mitglieder was erreichen“, sagt Maximilian, der nun der Volksbank Waltrop zusammenkommen. erst einmal zum Zivildienst geht, später aber „Wir laden dazu auch unsere jüngsten Azubis 3
DBV Titelthema alle vier aber auch deutlich mehr einbringen als das Azubi-Mindestmaß. Zum Beispiel den Willen, schon während der Lehre zum Bankkaufmann ergänzende interne Schulungen zu belegen. Max, Marcel und Rebecca besuchen seit dem Ende der Ausbildung das BankColleg in Dortmund, Tim ist zur Zeit bei der Bundeswehr, möchte danach aber auch berufsbegleitend studieren. „Klar müssen wir uns da schon in der Freizeit etwas einschränken“, bekennt Marcel, der auch eine Pfadfindergruppe leitet. Die Zusatzausbildung im BankColleg ist zum Beispiel Voraussetzung, um später Privat- kundenberater werden zu können. Und auch nach Abschluss wissen alle vier um die Vergänglichkeit des Wissens. „Schon heute ist einiges an Lehrinhalten von Beginn unseres Jahrgangs 2007 veraltet. Wir werden ständig weiterlernen müssen“, meint Tim. Solche Sätze klingen aus dem Mund von Bildungspolitikern nach gestanzter Phrase. Doch die jungen Azubis aus der Volksbank Waltrop können aus der Praxis belegen, was sie meinen und was ihnen die Mühe des Lernens bringt. Keine schnelle Selbstbestäti- gung, sondern schon bald mehr Sicherheit und Offenheit im Job. Zum Beispiel Marcel, nun in Miteinander gewachsen: Azubi-Beauftragte Katharina Wottschel, der Electronic-Banking-Abteilung in der Zen- die vier Durchstarter und Bankvorstand Ernst Henzl trale Waltrop: „Die Software beim Online- Banking sorgt wegen der Komplexität der Systeme immer mal wieder für Probleme. ein, weil wir wollen, dass sie live dabei sind Manches Mal kann man den Rechner der und früh sehen sollen, wie bei uns die Firmenkunden per Fernwartung wieder auf die Entscheidungen zustande kommen und wo richtigen Zahlen bringen, manchmal muss man die Chancen liegen“, erklärt Bankchef Ernst aber auch zu ihnen hinfahren. Ohne unsere Henzl. Stolz soll ankommen bei den Auszu- regelmäßigen Schulungen hätten wir bald kei- bildenden. Henzl: „Wir brauchen hier nicht nen Durchblick mehr.“ junge, brave Formular-Ausfüller wie vielleicht ganz früher. Sondern Banker mit Übersicht Tim arbeitet in der Marktunterstützung Fir- und dem Willen, Leistungsträger werden zu menkunden in Oer-Erkenschwick und betreut wollen.“ Dafür gibt es den besonderen dort eine große Anzahl an Kreditnehmern. Förderpool der Bank, in dem selbstredend „Das reicht vom Landwirt bis zum Freiberufler auch Tim, Maximilian, Rebecca und Marcel – ein großer Unterschied, was das Auswerten unterstützt werden sollen. Das beinhaltete von Bilanzen angeht. Außerdem sehen wir etwa Gesprächstraining und Kleingruppen- unsere Kunden im Back Office nur auf dem unterricht innerhalb der Bank. Dafür mussten Papier. Unsere Weiterbildungen in der Bank 4
Titelthema DBV vermitteln uns zum Beispiel die Fertigkeit, sich gesucht haben. Die Frage ist, wie glaubwürdig von innen und außen zusätzliche Informa- das nun ist“, bilanziert Ernst Henzl. Die regional tionen zu holen.“ Lernen also anhand des und konservativ wirtschaftenden 1200 Volks- Beispiels, das sich einprägt und das Lehrbuch- banken in Deutschland seien sich in den ver- wissen bestätigt und ergänzt. Nachfragen bei gangenen zwei Jahren treu geblieben und gut erfahrenen Kollegen bringt den Azubis die durch die Verwerfungen an den Finanzmärk- letzte Sicherheit und schafft auch einen guten ten gekommen – was aber in der deutschen Draht für später. Öffentlichkeit kaum registriert werde. Das merkt die Volksbank Waltrop stark bei den Erfolg hatten die Vier in der Azubi-Zeit vor Bewerberzahlen. „Früher haben wir Wäsche- allem auch wegen der Gruppenarbeit unter- körbe voll guter Bewerbungen bekommen, einander. „Auch bei schwierigen Themen hat heute sind es viel weniger Schulabgänger und mindestens einer von uns den Stoff verstanden auch weniger passende, die zu uns kommen und konnte es den anderen erklären“, ver- wollen“, so Henzl. sichert Marcel. So war es auch nach zwei Jahren Lehre, kurz vor den entscheidenden Deshalb stellt sich die Bank inzwischen selbst Prüfungen. „Vor dem Abschluss jetzt im Winter in den oberen Klassen der Schulen vor und war ich dann doch aufgeregter als vor dem wirbt mit einer Karriere im Geldinstitut, im Abitur“, sagt Maximilian. Eine Zwei ist mit Rahmen des Projektes „Azubis werben Fleiß und harter Arbeit für alle Bank-Azubis Azubis“. Stellen werden angesichts des Durch- zu schaffen – zu einer Eins muss auch Talent schnittsalters von 40 Jahren immer wieder frei. kommen und ein bisschen Glück, in der Nach sechs neuen Azubis 2009 und sieben in passenden Gruppe und Bank zu sein. In einem diesem Jahr plant die Volksbank Waltrop, 2011 2-Wochen-Kurs haben alle vier noch einmal acht neue Auszubildende aufzunehmen. Sie ihr Wissen konzentriert und waren eben zum sind die Garanten für beinahe verlässlich gute entscheidenden Zeitpunkt topfit. Zahlen – die Bilanzsumme stieg in den vorigen Jahren um je 20 Millionen Euro auf zuletzt 669 Heute haben alle aus dem Quartett ihre Millionen Euro (2009). Die Kundenforderungen Wunsch-Stelle gefunden. „Nun kümmern auch kletterten 2009 auf 380 Millionen Euro und die wir uns um die jüngeren Azubis. Bei uns ist ja Einlagen auf 506 Millionen Euro. Ernst Henzl: alles noch ganz frisch und einfach zu erklären“, „Wir wollen unser Geschäft ausbauen auf eine freut sich Rebecca. Sie sind wie selbstverständ- professionelle und faire Art und Weise.“ lich Teil der Bank, die sich als Familie begreift Maximilian, Rebecca, Tim und Marcel haben und dort auch die Kunden mit einbezieht. „Ich die besten Argumente, dazu viel beizutragen. nenne es Beziehungs-Banking. Wir gratulieren unseren treuen Kunden zum Geburtstag und geben konkreten Rat. Das heißt aber auch, dass wir dem einen oder anderen Jugend- lichen auch mal einen Kreditwunsch verweh- ren, wenn er sich damit in zu große Schulden stürzt. Denn schließlich sehe ich auch hier Verantwortung“, betont Vorstand Ernst Henzl. In seinen Augen hat die Bankenbranche ihr Vertrauen durch immer größere Gier verspielt und versuche nun verspätet, aus der Image- und Finanzkrise zu lernen. „Jetzt entdecken auch die Institute die kleinen Kunden wieder, die früher ihr Heil im internationalen Geschäft Auch die Arbeit im Back Office ist abwechslungsreich. 5
DBV Interview Das ist keine Utopie. Wichtig ist etwa, dass ich einen Viele konstanten Arbeitsplatz habe und mir nicht jeden Morgen einen freien Rechner suchen muss. Oder kleine Schritte dass ich neben dem Job ein Privatleben organisieren kann, das nicht nur vom guten Teamwillen abhängig ist. Die Deutsche Bank übertrug seit 1998 viele Kunden- Muss man denn Sorge haben, dass das in Essen Dienstleistungen an die tariflose Private and Business nicht möglich sein wird? Clients Services GmbH (PBC) der Deutschen Bank. Bis dato arbeiten die meisten Mitarbeiter in den beiden Korbinian Walgenbach: Zweifel sind angebracht, Standorten Ratingen und Bonn, kleinere Bereiche in denn die Geschäftsführung hat bei vielen wichtigen Mannheim, Hamburg und Berlin. In wenigen Monaten Umstrukturierungen kaum Präsenz bei den Kollegen sollen die Bonner und Ratinger in einem neuen gezeigt, sondern einige für die Belegschaft kritische Standort in Essen zusammengeführt sein, die anderen Entscheidungen auf die Gruppenleiterebene abge- PBCler an ihren Arbeitorten anders eingesetzt werden. schoben, die es dann erklären sollten… Das bedeutet in der Summe den Abbau von früher 1100 auf am Ende 700 PBC-Stellen in Essen – sozial- Andrea Beyer: …außerdem bekamen etliche Mitar- verträglich, aber doch deutlich spürbar für alle beiter das Gefühl festzuhängen, weil weder das Mitarbeiter. Gehalt noch der fachliche Aufstieg so recht voran- kommen. Die Rationalisierung bietet aber auch die Chance, den an den Standorten auseinander laufenden Klingt nach einer großen Motivationsbremse. Was Arbeitsbedingungen endlich einen einheitlichen haben Sie selbst für Job-Erfahrungen in Bonn Standard zu geben. Derzeit verhandelt eine fachkundi- gemacht? ge und engagierte Gruppe von Mitarbeitern aus der PBC einen solch grundlegenden Haus-Tarifvertrag an Korbinian Walgenbach: Ich habe 2004 bis 2007 dort der Seite des DBV. Bei der Betriebsratswahl am 19. und gearbeitet, als Quereinsteiger. Ja, es hat mir Spaß 20. Mai hat die Gruppe in der Liste „Gemeinsam neue gemacht, weil ich eine Affinität für Zahlen und Wege gehen“ 8 von 13 Sitzen gewonnen. Es herrscht Prozesse habe. Ich kam in einer stürmischen Zeit, es Aufbruchstimmung, nun endlich selbst für mehr und war viel Auftrags-Rückstand aufzuholen. Und trotz- einheitliche Rechte im Betrieb arbeiten zu können. dem haben wir die Nerven behalten, auch weil in Denn es gibt viel zu tun. Listenführer sind Volker Bonn alle recht jung waren und keine Berührungs- Schock und Klaus Mertin, die im Standort Ratingen ängste hatten. arbeiten. Im Standort Bonn herrschen ganz andere Bedingungen, wie Andrea Beyer und Korbinian Andrea Beyer: Nach mehreren Stationen in Ratingen Walgenbach während ihrer Zeit dort erfahren haben. und Düsseldorf bin ich seit kurzem Leiterin eines Teams, von dem der Großteil in Bonn sitzt – mein Büro ist aber in Ratingen. Drei Tage pro Woche bin Warum wollen Sie sich als Gruppe im Betriebsrat ich in Bonn, was zwei Stunden Autobahn kostet. Oft engagieren? Der Gestaltungs-Spielraum scheint gibt es außerdem noch Meetings in Ratingen. In der erst einmal nicht groß zu sein… Summe kann ich deshalb nicht so intensiv für meine Bonner Kollegen da sein, wie ich das eigentlich Andrea Beyer: Es wird nicht leicht, aber ich habe möchte. Hoffnung auf viele kleine Schritte, die in Essen kon- kret helfen. Zum Beispiel die Einführung eines Bonn und Ratingen sind doch zwei Standorte des Jobtickets und reservierte Parkplätze, angesichts der gleichen Unternehmens? dann weiteren Pendelwege. Besonders für die Frauen in der Spätschicht, die sonst nach 22 Uhr durch dun- Andrea Beyer: Aber nicht mit gleichen Rechten. kle Straßen laufen müssten. Außerdem – wenn nicht Bonn ist schon seit 1998 eine GmbH und deshalb jetzt, wann dann? Ich möchte meine und unsere schon länger abgekoppelt von der Tarifentwick- Zukunft im Betrieb mitgestalten und nicht länger lung, die es in Ratingen noch gab. Das heißt konkret zuschauen. ein geringeres Gehalt, keine Jubiläumszahlungen, 60 Euro weniger Antrittsgeld für Samstag und der Korbinian Walgenbach: Wir möchten als Betriebsrat Rosenmontag als normaler Arbeitstag. Das sind zu erreichen, dass alle wieder gern zur Arbeit gehen. viele Einschnitte. 6
Interview DBV Erfolgsteam: Klaus Mertin, Korbinian Walgenbach, Andrea Beyer und Volker Schock (v.l.n.r.) Die Geschäftsleitung hat ja jetzt den Bonner Korbinian Walgenbach: …ich bin schon unter neuen Mitarbeitern für Essen Umzugskostenbeihilfe und Bedingungen eingestiegen. Richtige Deutschbanker Fahrkarten als zusätzlichen Bonus angeboten… können wir wohl nicht mehr werden. Aber wir wollen uns mehr Respekt bei der Geschäftsführung Andrea Beyer: …das kann den Mehraufwand der erarbeiten. Strecke von weit über 100 Kilometer nicht aus- gleichen, unter 2000 Euro brutto Einstiegsgehalt im Wie soll das in der Praxis gelingen? Schnitt und wenig Bewegung nach oben. Obendrein verlängert sich die Arbeitszeit unzumutbar auf Kosten Korbinian Walgenbach: Wir setzen darauf, dass die der Freizeit. Geschäftsführung den Betriebsrat als Partner und Vermittler will. Und wir möchten uns ja für die Wie reagieren die Bonner darauf? Zukunft des Betriebes einsetzen. Dann liegt es doch nahe, zugleich für bessere Arbeitsbedingungen der Andrea Beyer: Einige Kollegen ziehen nach Essen, Kollegen einzutreten, denn nur so bleiben sie auf notgedrungen. Genauso viele suchen sich aber in Dauer motiviert und leistungsfähig. Die Leute Bonn eine neue Stelle außerhalb der Bank, hier werden von uns als Betriebsrat zu Recht viel einfor- haben wir schon Mitarbeiter verloren, Allein aus dern, denn wir fangen fast bei Null an. Da ist klar, meinem Team vier Kolleginnen und Kollegen zum dass wir auch einiges nach Feierabend zu tun haben. 30. April 2010. Deutschbanker zu sein hatte doch einen gewissen Wir wünschen Ihnen beim Neuanfang in Betrieb Stolz – da geht man nicht so schnell? und Betriebsrat viel Erfolg! Andrea Beyer: Bis zur Einführung der GmbH auf jeden Fall, aber heute – da fehlt uns diese Identität oder der so erhoffte „Spirit“… 7
DBV Service Die erste Zeit war vom Neugestalten des BR-Büros Kluge Fragen geprägt, das vertrauliches Arbeiten ermöglicht – dort arbeiten mit Ralf Wassmer und Heidrun Bermüller und bestechende zwei weitere „Mitarbeiter-Anwälte“. Doch das Büro muss auch im Takt des Unternehmens laufen, wenn Antworten es funktionieren soll. „Wir haben unser Büro analog dem Betrieb organisiert, z.B. mit dem gleichen Gruppenterminkalender, ebenso haben alle BR- Kollegen laufend Zugriff auf die aktuell vom Arbeit- geber vorliegenden Informationen und Sitzungs- Tagesordnungen, die schnell auf die Vorhaben des Arbeitgeber reagieren“, gibt Wolfgang Ermann Sägen, Bohren, Hämmern – die Fassade der Deut- Beispiele. Der Regionsleiter der Deutschen Bank in schen Bank-Niederlassung in Nürnberg bekommt Nürnberg entscheidet sehr strategisch – also hat sich gerade eine Schönheitskur. Doch im Inneren des die BR-Gruppe erlernt, mit eigenen Konzepten, mit großen Komplexes an der Karolinenstraße herrscht gutem Paragrafen-Wissen und einem genauen Stim- Ruhe, und das nicht nur akustisch. Mit einfachen mungs-Spiegel der Belegschaft auf Augenhöhe mit Mitteln hat dort der Betriebsrat binnen einiger Jahre der Geschäftsführung mit zu beraten und manchmal ein gemütliches Casino für alle Mitarbeiter eingerich- auch voraus zu sein. tet, dass von den Kollegen für Essen, Unterhaltung, Raucherpause, aber auch Feiern gern genutzt wird. Die gute Kenntnis der Lage im Betrieb stammt aus Aber auch das Miteinander an den Arbeitsplätzen – unzähligen Vier-Augen-Gespräche, mit denen der zwischen Mitarbeitergruppen und zwischen ihnen oft reisende BR-Vorsitzende binnen anderthalb und den Teamleitern – wirkt stimmig, und bei den Jahren nach Amtsübernahme beinahe alle Kollegen unvermeidlichen Problemen gibt es eingespielte der Region von Würzburg bis Passau persönlich ken- Wege, Konflikte zu erkennen und zu lösen. Die nenlernte. „Da hält man nichts schriftlich fest, aber Filialen der weit gespannten Vertriebsregion Bayern- im Kopf – ist der- oder diejenige sportlicher Single Nord sind regelmäßig und gut angebunden. oder bodenständiger Familienmensch. So weiß ich um viele persönliche Wünsche, die ich sonst nie Doch fiel diese vergleichsweise gute Lage dem erfahren hätte. Und die Kollegen bauen Vertrauen zu Betrieb nicht in den Schoß, sondern es ist das uns auf.“ Immerhin arbeiten in der Region Nürnberg Ergebnis einer Entwicklung, die die Arbeitnehmer- an 12 Standorten 25 Teams mit 430 Mitarbeitern, Vertreter vorangetrieben haben. Seit Mitte 2006 inklusive Auszubildende. steht Wolfgang Ermann an der Spitze des Betriebs- rates der Deutschen Bank AG Region Bayern-Nord. Wichtig ist in seinen Augen vor allem das Gespräch „Ich bin zwar seit 25 Jahren Vertriebler und insofern mit allen Mitarbeitern, nicht nur mit denen, die gera- viel im Kontakt mit Menschen, aber diese zusätzli- de in Schwierigkeiten sind. „Sonst denken die che Rolle als Betriebsrat der Kollegen ist damit gar Kollegen und auch der Arbeitgeber: Das ist doch eh’ nicht zu vergleichen“, erinnert sich der 42-jährige, nur der Problem-Magnet. Und dann verliert man die groß gewachsene Franke an seine ersten Schritte auf Übersicht für das Umfeld, in dem ja die Lösung gefun- neuem Gebiet. den werden muss, und es entwickeln sich womöglich Hemmschwellen.“ Ein Betriebsrat muss die richtige Drauflos-Poltern ist dabei nicht seine Sache, sondern Mischung aus Nähe und Distanz finden. Wenn sich mit Zuhören und klugen Fragen unaufdringlich prä- Kollegen etwa sehr schnell mit persönlichen Details sent sein und dann mit bestechenden Argumenten wegen eines „problematischen“ Mitarbeiters in ihrer überzeugen. Zunächst als Nachrücker kam er im Jahr Gruppe an den Betriebsrat wenden, muss dieser dar- 2000 in den Betriebsrat der damaligen Deutschen auf achten, mit seinem Handeln keinem Mobbing Bank 24 und arbeitete sich dann als Schriftführer ein. Vorschub zu leisten. „Das ist ein ungeliebtes Amt, aber so beschäftigt man sich sehr genau mit dem Innenleben des Mitarbeiterrechte werden meist in Form eines Betriebes und dem Werdegang der einzelnen Netzes von Betriebsvereinbarungen fixiert. „Doch Kollegen.“ Daher konnte er recht kompetent über- dieser Rahmen muss atmungsfähig bleiben – viele nehmen, als die langjährige Betriebsratschefin im Vereinbarungen passen nur ein paar Jahre lang und Sommer 2006 ging und er kurz darauf vom müssen dann neuen Bedingungen angepasst wer- Gremium als Vorsitzender 2006 des 11-köpfigen den“, betont Wolfgang Ermann. Zum Beispiel wird Betriebsrats gewählt wurde. bundesweit das Elterngeld für nur noch 12 Monate 8
Service DBV Aber der Betriebsrat muss einen schnellen Draht zu den Fachleuten vermitteln können. „Konkrete Hilfe leisten wir Betriebsräte neben dem Büro oft in der Mittagspause und auf den Fluren. Drei oder vier Stunden pro Woche in der Summe muss auch der nicht freigestellte Betriebs- rat einplanen. Am Anfang einer Le- gislaturperiode ist es sinnvoll, wenn sich der Betriebsrat einmal wöchent- lich zur Sitzung trifft, um sich Ziele für die neue Amtszeit zu setzen. Später reicht häufig auch einmal im Monat.“ Für Neueinsteiger in den Betriebsrat und Nachrücker gaben Ralf Wassmer und Wolfgang Ermann gerade einen Start-Workshop, um einen Einblick in die Grundlagen der BR-Arbeit zu geben, die Erwartun- gen der Ersatzmitglieder zu erfragen, neue Themen zu finden bzw. be- Konstruktiv: kannte Problemfelder zukünftig an- Ralf Wassmer, Heidrun Bermüller und Wolfgang Ermann (v.l.) auf Themensuche. ders zu gewichten. Für neue Mitarbeiter gibt’s eine Will- kommens-Mail und eine Einladung gezahlt – dann kehren die jungen Mütter wieder an den Arbeitsplatz zu einem Kennenlern-Gespräch. „Da zurück. Diese Welle trifft in den Jahren 2011 und 2012 zusammen sind alle Fragen willkommen, denn mit Müttern, die früher verstärkt 3 oder 3,5 Jahre Auszeit beantragt es sollen sich in unserem Betrieb alle hatten. Deshalb erwarten die Deutschbanker in der Region Bayern- verstanden und wohl fühlen. Es ist Nord die Rückkehr von 24 Müttern aus der Elternzeit an den wichtig, den neuen Mitarbeitern von Arbeitplatz, viermal soviele wie bisher gewohnt. Dies stellt eine Beginn an ein funktionierendes Netz- selten große Herausforderung dar für die rückkehrenden Mit- werk im neuen Unternehmen anzu- arbeiterinnen, aber auch für die aufnehmenden Teams, weiß nicht bieten, damit sie schnell im Kolle- nur Wolfgang Ermann. genkreis ankommen können.“ Sei- nes Erachtens nach ist das die Basis, Schon länger zeichnet sich auch eine andere Entwicklung ab – in damit die relativ hohe Fluktuation im Nürnberg sind schon 22 Prozent der Mitarbeiter in der Deutschen Betrieb sinkt, hofft Wolfgang Er- Bank PBC Teilzeitkräfte, bis Ende 2012 werden es 30 Prozent. mann. Binnen sieben Jahren wech- Diese hohe Quote ist Ergebnis der geringen Arbeitslosigkeit in seln alle arbeitsmarktfähigen Mitar- Nürnberg in Verbindung mit recht geringen Lebenshaltungskosten, beiter in der Region Bayern-Nord weshalb in der Familie ein Vollverdiener und ein Halbverdiener einmal durch. Wir versuchen den gut machbar sind und ausreichen. „Wir bauen derzeit an Strukturen wechselwilligen Kollegen gezielt zu und Lösungen, welche die Integration der neuen Teilzeit- helfen, um einen attraktiven Arbeits- Mitarbeiterinnen sicherstellen“, so der BR-Vorsitzende. In solchen platz bevorzugt im eigenen Hause zu Fragen weiß er den Rat des DBV zu schätzen. erhalten, auf dem sie sich auch länger wohl fühlen“, benennt er das „Nürn- Statt fixen Regelungen ist es wichtig, dass der BR bestehende berger“ Projekt der nächsten Jahre. Hilfsangebote publik macht. Nicht nur in Nürnberg können Kollegen Ihm und seinen Kollegen ist die auf den Familienservice, das Gesundheitsprogramm Check Up 40+ Lösung allemal zuzutrauen – denn im der Bank und eine gute externe Krisenberatung zurückgreifen. Grunde haben sie erst vor vier Jahren Ohnehin kann der Betriebsrat nicht alle Probleme lösen – beim indi- angefangen. viduellen Arbeitsvertrag ist meist der Rechtsanwalt der bessere Ansprechpartner. Auch Drogenberatung und psychologische Hilfe Infokasten A können selten innerhalb eines Betriebes organisiert werden. 9
DBV Aus dem Verband Infokasten: K Der ideale Betriebsrat sollte ... K 1. langjähriger Mitarbeiter des Betriebes sein K 2. aus der Mitte der Belegschaft stammen — kein „Außenseiter“ K 3. als unabhängiger Problemlöser und nicht als Beteiligter gesehen werden K 4. den Mitarbeiter als Kunden sehen K 5. die eigene BR-Karriere in Phasen gliedern: erst Zuhörer, später Problemlöser, nach Jahren strategischer Karriere-Coach für die Mitarbeiter sein K 6. Kontakt zu allen Mitarbeitern suchen, bevor sie Probleme haben K 7. ein Idealbild des Betriebes und einen festen Standpunkt haben, aber auch K 8. ohne Selbstzweck vermitteln können K 9. Zielstrebigkeit und Hartnäckigkeit zeigen, aber auch K 10. Gelassenheit für Entscheidungsprozesse entwickeln K 11. Kritik und Lob an der richtigen Stelle zum passenden Zeitpunkt anbringen K 12. sich in der Betriebsversammlung verkaufen können K 13. das vorleben, was er anderen verspricht bzw. von anderen erwartet K 14. seine Arbeit an Betriebsabläufen ausrichten und nicht konträr zu ihnen K 15. sein Netzwerk in alle Richtungen erweitern und pflegen K 16. die eigenen Grenzen zu anderen, speziellen Helfern kennen K 17. in der Region verwurzelt sein und sich dort auch informieren K 18. in der Summe schließlich als verlässliche Größe im Betrieb wahrgenommen werden Gabriele Fritsch steht seit 2008 an der Spitze des seit Gegen Mobbing: 1998 bestehenden Betriebsrates mit neun Mitgliedern – mit starken 88 Prozent Wahlbeteiligung zuletzt im März haben sie und ihre Kollegen viel Vertrauen der Einbinden Belegschaft im Rücken für die Verhandlungen mit dem Arbeitgeber. Von der DBV-Seminarreihe im Haus erhofft statt ausgrenzen sie sich praktische Hilfe. „Mit einer solchen Schulung wollen wir noch besser lernen zu erkennen, wo wir was bewegen können. Das geht so richtig nur mit einem Blick über den Tellerrand unserer BR-Arbeit hinaus, in In den Banken wachsen mit Krise und Restrukturierung einer anderen Atmosphäre“, erklärt Gabriele Fritsch. für viele Mitarbeiter die Schwierigkeiten, ihren Job rund- um gut machen zu können. Dann sind zunächst einmal Fast alle Teilnehmer waren bereits bei den ersten bei- die Betriebsräte gefragt, Probleme zu erkennen und den, grundlegenden Seminar-Teilen in den vergangenen Lösungen zu erarbeiten. Doch in einigen Fällen über- 2 Jahren dabei. Nun, im dritten Teil „Beratung in Krisen- steigt das ihre Möglichkeiten – deshalb bietet der fällen“, steht „Mobbing“ auf der Tagesordnung. Viele in Deutsche Bankangestellten-Verband allen Betriebsräten der Gruppe haben Ideen, was das ist: Unsachliches Seminare an, damit sie in ihrem Betrieb wirkungsvoller Verhalten von Kollegen gegenüber einem Mitarbeiter, die Rechte von Mitarbeitern vertreten können. Unsere um ihn aus der Gruppe auszugrenzen, Anschwärzen Referenten Karin Ruck und Sigrid Betzen sind mit der beim Chef, Vorenthalten von Informationen, Ausschluss Arbeitsrecht-Reihe „Kollegen erfolgreich beraten“ in vie- bei Betriebsfesten sind einige der Antworten. Doch in len Häusern regelmäßige und gern gesehene Gäste. der Volksbank Chemnitz selbst habe man bisher noch keine schlimmeren Fälle erleben und klären müssen, So auch in der Volksbank Chemnitz eG, die 2003 mit verweisen die Banker auf eine noch vergleichbar günsti- der Volks- und Raiffeisenbank Werdau-Zwickau mit nun- ge Lage vor Ort, die sich durch wachsenden Druck aber mehr 250 Mitarbeitern in Westsachsen fusionierte. auch bald ändern könne. 10
Aus dem Verband DBV Anhand eines Schaubildes klärt Karin Ruck den genauen Tatbestand Mobbing – es ist eine „konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz, bei der die angegriffe- ne Person unterlegen ist und von einem oder mehreren Kollegen systematisch, oft und während längerer Zeit mit dem Ziel des Ausstoßes aus dem Arbeitsverhältnis direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskri- minierung empfindet“. Kürzer lässt es sich kaum fassen, erklärt die DBV-Trainerin, denn es müssen all diese Faktoren überprüft werden und zusammenkommen, damit von Mobbing die Rede sein kann. Deshalb, so ihr Rat, sollten Betriebsräte in der Beratung genau hinhören, was noch Streit / Missverständnis unter Kollegen oder aber tatsächlich Mobbing ist. Welche Folgen hat Mobbing? In kleinen Gruppen erar- Mit Augenmerk: Die Chemnitzer Volksbanker beiten sich die Chemnitzer Banker die Antworten selbst. Leidenschaftlich wird diskutiert, schnell füllen sich die Zettel in der Cafeteria. Ohnehin ist das Seminar kein Frontalvortrag, sondern Zuhören, Nachfragen, Auspro- bieren, sich in Pausen austauschen, Wiederholen im Eine solche Hilfe auf dem Rechtsweg ist der Kern der Wechsel. In der Runde mit elf Teilnehmern kommt jeder Unterstützung, die ein Betriebsrat für Mobbingopfer zu Wort. „Die Seminarpraxis ist gut, weil es hier nicht geben sollte – wenn der Fall nicht mehr anders zu lösen wie sonst oft nur ein stupides Abarbeiten ist, sondern ist. „Oftmals kann man auch gegen den Arbeitgeber ohne Druck über was Neues nachdenken, verschiedene selbst vorgehen, wenn er vom Mobbing weiß und nichts Meinungen vergleichen, einen gemeinsamen Stand- dagegen tut“, betont die DBV-Fachanwaltin. Dafür ist punkt bilden“, urteilt etwa Hendrik Pacyna. Er und seine aber ein Mobbing-Tagebuch unabdingbar. In diesen über Gruppe begründen nachher genau, wie Mobbing die mindestens sechs Wochen lückenlos geführten Proto- Arbeitsleistung des betroffenen Teams senkt und den kollen muss der Betroffene festhalten, wann er wo von Egoismus steigert. Für den Betrieb entstehen hohe wem auf welche Art genau gemobbt wurde, unterlegt Ausfallkosten durch Krankheit, im schlimmsten Fall lei- möglichst von Zeugen und ärztlichen Behandlungs- det das Image der Firma. Die Gesellschaft muss damit scheinen. „Sonst haben Sie in einem Rechtsstreit keine rechnen, dass in Folge von Mobbing sich auch Konflikte Chance“, gibt Sigrid Betzen mit auf dem Weg. im Privaten verschärfen und dass die Kosten für die Sozialsysteme steigen. DBV-Fachfrau Sigrid Betzen Schnell machen die beiden Referentinnen klar, dass dies ergänzt, dass allein die mobbingbedingte Frühverren- nur der akute Teil der Mobbing-Beratung des Betriebs- tung in Deutschland jährlich 1,5 bis 3 Milliarden Euro rates ist. Im Vorfeld sollten Mitarbeiter und Betrieb vor Kosten verursacht. Mobbingfolgen aufgeklärt werden, und der BR sollte sich fachlich fit machen. Möglichst auch vorher sollte Vor allem aber soll das Seminar praktikable Wege zei- eine konkrete Anti-Mobbing-Betriebsvereinbarung ge- gen, wie das systematische Ausgrenzen zu lösen ist. Wie schlossen werden – Muster gibt es viele, kann Karin reagiert ein Mobbingopfer zunächst? Den Teilnehmern Ruck auf viele Quellen in der Literatur und im Internet fällt einiges ein: Einigeln, Wut, Gegenmobbing, aber verweisen. Nach einem Mobbingfall muss ein besseres auch ein stärkendes Gespräch mit anderen Kollegen und Betriebsklima (wieder) hergestellt werden – eine blei- Hilfe holen bei Dritten. „Sich durchschlagen hilft nicht bende Aufgabe. auf Dauer. Besser ist, sich Unterstützung zu holen in der Familie und unter Kollegen“, so Karin Ruck. Entschei- In der anschließenden Feedback-Runde konnten alle dend ist aber, Gegenwehr zu organisieren. Das ist Teilnehmer einen konkreten Rat benennen, den sie mit- zunächst Stressabbau für das Opfer und eine genaue nehmen. Etwa Ines Wirth, Leiterin der Zweigstelle in Analyse seiner Lage. Schließlich kommen juristische Flöha und BR-Nachrückerin: „Ich denke, ich bin sensi- Mittel ins Spiel. Im Strafrecht geht das bis zur Körper- bler für Mobbing-Probleme und würde sie mit meinen verletzung, im Arbeitsrecht bis zur Kündigung des Kollegen nun lieber früher als später besprechen.“ Oder Mobbers, im Zivilrecht ist es meist Schadenersatz für Marek Leichsnering: „Mobbing hat ja mit Ausgrenzen zu ärztliche Therapien. Rechtsexpertin Sigrid Betzen will tun. Ich glaube, es bringt viel, wenn wir bei uns im den Seminarteilnehmern die Angst vor dem Blick ins Betrieb den Info-Fluss zwischen allen Ebenen noch Gesetzbuch nehmen: „Viele Fragen lassen sich nach mehr verbessern, das ist ein realistisches Ziel.“ Und BR- Stichwörtern leicht einkreisen, der Paragraph erläutert Vorsitzende Gabriele Fritsch war sich sicher, dass sich dann recht genau, was für einen bestimmten Tatbestand noch einige Themen für DBV-Folgeseminare finden wer- erfüllt sein muss.“ den – für praxisnahe Hilfe auf Augenhöhe. 11
DBV Mitmachen Das Alter aus dem Abseits holen Die Deutschen werden immer älter – Männer heute im Durchschnitt 74 Jahre, Frauen 81 Jahre. Zugleich wollen die meisten Arbeitgeber auch im Bankenbereich ihre Mitar- beiterInnen ab 55 Jahre über verschiedene Altersmodelle in den Ruhestand schicken, weil sie angeblich nicht mehr so lei- stungsfähig und beweglich wie Jüngere sind. Und dies erfahren dann auch die meisten älteren MitarbeiterInnen in Form von mangelnder Wertschätzung für ihre langjährige Berufserfahrung und ihre speziellen Lebensanforderungen. Sie flüchten in die Rente weit vor dem gesetzlichen Eintrittsalters von 65 Jahren (für die Jüngeren schon heute steigend auf 67 Jahre), weil sie sich im Betrieb als nur noch geduldet und nicht mehr aner- kannt fühlen und zugleich – nach dem Ausscheiden aus dem offiziellen Arbeitsleben - oftmals in ihrem sozialen Umfeld eine für sie adäquate Betätigung finden. Ehrgeizig: Norbert Hinke in der apoBank. Das daraus folgende Problem ist bekannt: Die umlagefinan- zierte Rente, in der seit mehr als 100 Jahren die Arbeit- nehmerInnen Beiträge für ihre spätere Rente anlegen, ist für einen Rentenbezug von höchstens fünf Jahren ausgelegt, um Überzeugungsarbeit bei Politikern und Fach- sich selbst zu tragen. De facto wird die Rente aber nun 20 leuten in Gesundheits- und Arbeitsmarkt- Jahre und länger gezahlt. Die Rentenkasse ist deswegen schon gremien in Berlin und den Ländern leisten. seit mehr als einem Jahrzehnt desolat und wird nur mit den Beiträgen der nächsten Generation notdürftig aufgefüllt. Doch Glücklicherweise gibt es schon heute auch es werden immer weniger Menschen geboren – so fehlen Arbeitgeber und Interessenvertreter, die das inzwischen pro Jahrgang 300.000 Heranwachsende, um das „Alter“ sehr bewusst im Fokus haben und wis- Rentensystem tragfähig zu halten. Hier tickt eine Zeitbombe. sen, dass es mehr ist als reines Gutmen- Umso wichtiger ist es, die Wirtschaftskraft der bewährten schentum. „Die Bank braucht erfahrene MitarbeiterInnen in den Betrieben solange wie möglich zu MitarbeiterInnen, die in einem immer hekti- erhalten. scher werdenden Marktsegment besonnen und nachhaltig Erträge erwirtschaften und die Doch viele Vorgesetzte warten auf Entscheidungen des ihr Unternehmen und deren Kultur loyal Gesetzgebers, statt selbst aktiv zu werden. Oder sie versuchen repräsentieren“, meint Norbert Hinke, der seit gar, die Entwicklung einfach zu verdrängen. Dabei wird das 28 Jahren in der Deutschen Apotheker- und Altersband der „Leistungsträger“ auch von unten immer Ärztebank – kurz apoBank – arbeitet und für schmaler, denn wegen der Finanzkrise sehen viele Aus- seine KollegInnen als Arbeitnehmervertreter zubildende die Banken nicht mehr als solide Branche mit im Aufsichtsrat tätig ist. Zukunft – gerade die Besten bewerben sich in den Geldinstituten nicht mehr im gewohnten Umfang. Ein simples Als langjähriger Interessenvertreter kennt er „Weiter so“ wird der DBV darum nicht akzeptieren. Wir wer- die besonderen Anliegen der Mitarbei- den dem Thema „Alter“ in den kommenden Jahren die not- terInnen über 50 Jahre, aber auch das anfäng- wendige Bedeutung zukommen lassen und u. a. in den liche Zögern der Geschäftsführung, das Tarifverhandlungen auf angemessene Lösungen drängen, zum Thema „Arbeiten im Alter“ energisch anzuge- Beispiel: partiell kürzere Arbeitszeiten und altersgerechte hen. Darum hat der engagierte 53-Jährige das Arbeitsplätze. Führungskräfte müssen den Mut und das Ziel Projekt „Demografischer Wandel“ seit 2003 haben, viel flexiblere Arbeitsmodelle durchzusetzen, die immer wieder auf allen Ebenen der Bank ins Arbeit, Familie und Gesundheit vereinbar machen (Stichwort: Gedächtnis gerufen und die Dringlichkeit mit Work-Life-Balance). Wir werden aber auch Vermittlungs- und Lösungsansätzen im kleinen und großen Kreis 12
Mitmachen DBV erklärt. Er sammelt auch weiterhin Ideen aus der älteren Angestellten Kraft und Vitalität zu geben, bis 67 Belegschaft und anderen Banken. „Wir wollen keine in der Firma zu bleiben, und zwar hoch motiviert und Antworten vorgeben, sondern die Menschen sensibel gesund. Ein mögliches Stufenmodell ist in Fünf-Jahres- machen – nach dem Motto: Denk doch mal nach, was Gruppen gegliedert. Beginnend ab 50+ Jahren käme du wie im Alter machen willst“, erklärt Norbert Hinke. dann beispielsweise ein Tag Urlaub hinzu, ab 55+ Jetzt gehe es darum, einen auf einzelne Karrierewege noch zusätzlich ein monatlicher Gesundheitskurs und auf betriebliche Belange abgestimmten Gestal- (Massage oder autogenes Training). Über 60+ würden tungsrahmen zeitnah zu schaffen, in dem sich alle dann zusätzlich auch Anwendungen für Atemwege Beschäftigten wiederfinden. und den Bewegungsapparat (Rückenschule) hinzu- kommen. „Dies ist erst einmal ein Gedankenanstoß. Das Szenario, das er zeichnet, wenn sich nichts ändert, Ein voraus denkender Arbeitgeber signalisiert damit soll nicht bedrohen, sondern nennt Fakten und seinen älteren MitarbeiterInnen: ‚Hier ist noch Platz für Auswirkungen. Schon in zwei oder drei Jahren werden dich’, und damit sichert er sich die Experten vor dem sich die Banken besonders um die wenigen nachge- Hintergrund einer schnell wachsenden Konkurrenz um wachsenen Spezialisten streiten – wer bekommt dann die erfahrenen Köpfe.“ noch Fachkräfte auf dem freien Markt? Dann muss auch die apoBank verstärkt auf ihr Stammpersonal Die über 50-Jährigen können der Bank einen ungeahn- zurückgreifen, ohne die betreffenden, meist älteren ten Ertrag bringen – zum Beispiel riskante Anlage- MitarbeiterInnen auf das Arbeiten weit über die heute modelle klarer erkennen und so Verluste vermeiden. üblichen 55 oder 60 Jahre hinaus vorbereitet zu Darüber hinaus bringen sie für die Kunden statt haben. „Wer ist unter diesen Bedingungen noch moti- Wortgeklingel mehr Offenheit und Ehrlichkeit in die viert, weiter zu arbeiten? Und dann werden viele Beratung. „Vergleiche zeigen, dass auch junge Kunden innerlich kündigen, krank werden und früher in eine bei größeren Anlagen lieber zu älteren Beratern Rente mit noch höheren Abschlägen gehen.“ Das bis- gehen, weil sie mehr Sorgfalt und Souveränität aus- her gute, mühsam aufgebaute Miteinander in der Bank strahlen“, so apoBank-Aufsichtsrat Norbert Hinke. Das wäre Vergangenheit und im Tagesgeschäft wären stei- Rennen nach immer höheren Vertriebszielen ist gende Reibungsverluste vorprogrammiert. ohnehin oft eine fehlgeleitete Energieverschwendung und mit viel Korrekturarbeit verbunden. Die Ü50- Das positive Gegenbild erfordert Anstrengung und Crew entscheidet dagegen ruhiger, besonnener und Mut, schnell umzudenken und sich der Realität zu nach genauer Überlegung realistischer. stellen. Bis heute trauen sich nur wenige Politiker eine sachgerechte, aber deutliche Argumentation in der Natürlich nur, wenn die Älteren dazu die Möglichkeit Öffentlichkeit zu. Alle Seiten werden aber von einem haben. „Hier gilt es, mit guten und überzeugenden altersgerechten Umbau profitieren. Norbert Hinke Argumenten das Thema „Alter“ voranzutreiben und beschreibt eine zukunftsfähige Bank als Mehrgene- auf eine breite Basis zu stellen. Schließlich überneh- rationenhaus. „Altersförderung fängt in der Jugend an. men wir alle damit die Verantwortung für die Zukunft Damit die Neueinsteiger fit werden für den Bankalltag, in unserem Unternehmen“, sagt der ehrgeizige Arbeit- brauchen sie neben dem Fachwissen auch einen nehmervertreter. Er sieht ein Zeitfenster von maximal verlässlichen Mentor. Diese Rolle können ältere 3 Jahren für das Umlenken nicht nur in der apoBank. KollegInnen übernehmen, die nicht als drängende „Ich bin aber zuversichtlich. Je mehr Menschen sich Konkurrenz, sondern als temporäre Begleiter unter- mit dem Thema beschäftigen, desto schneller können wegs sind.“ Sie erklären komplexe Prozesse in einfa- wir handeln“, bekräftigt er. chen Schritten – zum Beispiel als Halbtags-Schnellkurs, ohne dass die Bank einen externen Trainer einkaufen muss. Das erspart einen hohen Sachaufwand. Und umgekehrt können die älteren von den jüngeren KollegInnen in der Praxis den Umgang mit der neue- sten IT erlernen – wenn die Bank dafür Freiräume schafft. „Ganz klar – die Geschäftsführung muss auch von der Sinnhaftigkeit dieses Themas überzeugt sein und mitziehen“, betont Norbert Hinke. Gegenseitige Wertschätzung müsse auch ihren Ausdruck in regelmäßigen Sport-, Ernährungs- und Gesundheitsprogrammen im Betrieb, die Alt und Jung zu Gute kommen, finden. Diese Programme können mit flexiblen Betriebsvereinbarungen je nach Alter und persönlichen Erfordernissen ausgebaut werden, um 13
DBV Aufgefallen quirlige Versicherungskauffrau will bei der täglichen Die Versicherung Arbeit von Krise nichts wissen. Sie weiß schwierige Situationen mit Menschenkenntnis und bayrischer in der Versicherung Hartnäckigkeit zu meistern. „Ich bin eigentlich ganz nett, aber die Vorgesetzten wissen schon, dass ich mich durchaus bemerkbar machen kann“, bekräftigt Eva Kastorff. Die Arbeit als BR hat sich in den vergangenen Jahren Das Bild ist seit über 100 Jahren das Gleiche: sehr gewandelt. Gern erinnert sie sich an jede einzel- Versicherungen als Fels in der Brandung, als ewig ver- ne verhinderte Kündigung, aber vor allem an die lässliche Garanten für Schutz und Sicherheit ihrer Betriebsvereinbarung Gleitzeit von 1995. „Selbst aus Kunden. Und es gibt auch noch den klassischen Ver- heutiger Sicht ist das eine richtig moderne Verein- sicherungsvertreter im Außendienst – seriös und dis- barung – keine Kernzeit mehr, bis zu 26 Tage Gleitzeit kret vermittelt er Absicherungen gegen fast alle Risiken im Monat, und beinahe nicht kündbar. Unter diesen des Lebens. Standard kann der Arbeitgeber heute nicht mehr zurück“, so Eva Kastorff. Darüber hinaus war im HDI Seit mehr als zehn Jahren verändert sich aber die die Wiedereingliederung von Müttern nach der Struktur der dahinter stehenden Konzerne unablässig Elternzeit kein Problem – weil das Betriebsratsgremium und im immer stärkeren Maße. Der Talanx-Konzern von Anbeginn auf kindgerechte Arbeitszeiten drängte. kaufte 2007 den Gerling-Konzern, aus der Marke HDI (Werbemotto „Hilft dir immer“) wurde HDI-Gerling. Heute werden die Entscheidungen über Veränderun- Das ist nicht nur Teil einer wohldurchdachten Strate- gen und Umstrukturierungen im großen Stil aber gie, sondern auch Reaktion auf weniger Neukunden, zunehmend auf höherer Ebene getroffen – im HDI- was zum Kostensparen und zum Zusammenlegen von Gerling-Gesamtbetriebsrat und beim Talanx-Konzern Geschäft zwingt. „Wir sind schon zwei Jahre früher als die Banken in schweres Fahrwasser gekommen“, erklärt Eva Kastorff, die seit 29 Jahren, also seit 1981 für den HDI in München arbeitet, nun aber unter zwei anderen Dachgesellschaften. Sie sieht auch in der Zukunft erst einmal wenig Grund zum Durchatmen. Auf der vorigen Betriebsrätekonfe- renz registrierte DBV-Versicherungsfachfrau Ute Beese mit dem Projekt „Fokus“ die Ankündigung eines Konzernumbaus, bei dem weder die Standorte noch der Verbleib der einzelnen Gesellschaften im Arbeitgeberverband geklärt sind. Damit steht auch in Frage, ob die betreffenden Mitarbeiter weiter im Tarif bleiben oder nicht. Außerdem sollen Service- Mitarbeiter („Retail Deutschland“) und Kollegen aus der IT-Datenverarbeitung („Projekt Apollo“) in zwei kon- zerneigene Gesellschaften ausgelagert werden – für voraussichtlich weit mehr als 100 Mitarbeiter bedeutet das den Verlust der angestammten Tarifrechte, wenn die Pläne der Geschäftsführung 1:1 umgesetzt werden. Sorge gibt es auch bei der Altersvorsorge – in den Talanx-Konzernbereichen existieren unterschiedliche betriebliche Modelle, ohne die Aussicht auf eine gemeinsame Regelung. Besonders Wechsler zwischen den Bereichen müssen dann mit Nachteilen rechnen. Doch Eva Kastorff will da mit anderen Kollegen noch entschlossen verhandeln – seit 16 Jahren ist sie Betriebsrätin im HDI München. Als BR-Vorsitzende war sie anfangs für 200, später nach der Fusion für 400 Kollegen die Versicherung in der Versicherung. Die Verlässliche Größe: Eva Kastorff 14
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