Dezember Digitale Braukunst - hi!tech

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Dezember Digitale Braukunst - hi!tech
Digitale               Intelligente      Mensch
                          Braukunst             Verkehrssysteme    & Roboter

                      Die Vernetzung                Sichere        Skifahren
                          der Welt                 Diagnose          light

                                                 Dezember

                     Technologieblog               Ausgabe        Verkaufspreis
                        hitech.at                   03 |16            € 3,50

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hi!tech

                                                            Editorial

                                                            Liebe Leserin, lieber Leser,
                                                            die Digitalisierung ist ein bestimmender      ist und welche konkreten Werkzeuge
                                                            Faktor in vielen Bereichen unseres Le-        Siemens seinen Kunden am Weg zum
                                                            bens. Für die Industrie ist sie Hebel für     digitalen Unternehmen bieten kann. In
                                                            mehr Effizienz, Schnelligkeit und höhere      den Digitalisierungs-Referenzgeschichten
                                                            Individualität. Gleichzeitig birgt sie auch   wird ein Bogen von der Immobilienwirt-
                                                            die Chance für die Entwicklung neuer          schaft über das Braugewerbe bis hin zum
                                                            Dienstleistungen und innovativer Ge-          Verkehrsmanagement gespannt.
                                                            schäftsmodelle. Kürzere Markteinfüh-              Diese Kundenprojekte illustrieren
                                                            rungszeiten und immer individuellere          auch sehr gut den Geist des neuen Sie-
             Coverillustration:
             Christina Lehner, primart
                                                            Kundenbedürfnisse, die flexibel bedient       mens-Claims „Ingenuity for life“, der zum
                                                            werden wollen, erfordern ganzheitliche,       200. Geburtstag des Unternehmensgrün-
                                                            digitalisierte Prozesse. Die Digitalisie-     ders Werner von Siemens einen neuen
                                                            rung erlaubt es, alle Wertschöpfungsstu-      Markenauftritt begleitet. „Ingenuity for
                                                            fen zu verschmelzen. Überall, wo sich         life“ beschreibt in drei Worten, dass im
                                                            Sensoren integrieren lassen, ist es auch      Zeitalter der Digitalisierung technologi-
                                                            möglich, das Service zu verbessern.           sches Know-how, Erfindungsreichtum
                                                               Ob Lösungen für die Fertigungs- und        und Innovation stärker gefragt sind denn
                                                            Prozessindustrie, ob Technologien für         je. „Ingenuity“ steht für Innovation und

             Impressum                                      die Erzeugung und Verteilung von Ener-
                                                            gie, ob für Gebäudeautomatisierung oder
                                                                                                          Ingenieurskunst – in der partnerschaftli-
                                                                                                          chen Zusammenarbeit mit Kunden. „For
             hi!tech – Das Innovationsmagazin von Siemens   für optimierten Individual- und öffentli-     life“ bezieht sich auf die Rolle, die wir in
             Österreich
             Herausgeber und Medieninhaber Siemens AG       chen Verkehr: Unser Ziel ist es, unseren      der Gesellschaft einnehmen wollen, näm-
             Öster­reich, Siemensstraße 90, 1210 Wien       Kunden in einer zunehmend digitalisier-       lich langfristig Wert schaffen – für unsere
             Mit der Herausgabe beauftragt                  ten und automatisierten Welt einen ent-       Kunden, Mitarbeiter und die Gesellschaft
             Mag. Katharina Swoboda, MBA
             Chefredaktion Mag. Christian Lettner, MA       scheidenden Mehrwert bieten zu können.        als Ganzes. So wie wir das in Österreich
             Redaktion Mag. Wilma Mert, MSc., Günther          In der aktuellen hi!tech-Ausgabe dreht     bereits seit 137 Jahren tun.
             Schweitzer, Ruth Unger, Bakk.                  sich alles um den digitalen Wandel. Es
             Grafische Gestaltung alaki-design
             Fotoredaktion Sieglinde Hofstätter             werden darin Fragen aufgeworfen wie, ob          Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen
             Litho R12 Druck Offset 5020, Siezenheim        sich Österreich dieser Entwicklung entzie-    beim Lesen
             Lektorat LanguageLink                          hen kann, wann mit einer ersten komplet-                         Ing. Wolfgang Hesoun
             Mitglied im Verband für integrierte
             Kommunikation                                  ten Umsetzung von Industrie 4.0 in einer                           Vorstandsvorsitzender
             Kontakt hitech.at@siemens.com                  realen Produktionsumgebung zu rechnen                             Siemens AG Österreich

                                                                                                                                        hi!tech 03|16   3

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Dezember Digitale Braukunst - hi!tech
Inhalt                                           3|16

         06 Coverstory
       Digitalisierung. Der digitale Wandel in der Industrie ist unaufhaltbar. Unternehmen profitie-
       ren durch höhere Produktivität, Flexibilität sowie kürzere Markteinführungszeiten.
       Interview. Siemens-Österreich-Generaldirektor Wolfgang Hesoun und Siemens-Divisions-
       leiter Digital Factory Kurt Hofstädter über Industrie 4.0 und das Siemens-Portfolio „Digitales
       Unternehmen“.
                                                                                                               25

       hi!biz                                                                                                   hi!future
       intro                                           16     Mehr Produktivität durch                              intro                                    30
       Wasservariationen                                      Simulation                                28          Elektrizität für die Welt
       Industrielle Kraftwerkslösungen                        Der Batteriehersteller Banner stellt durch die        Sparsamer Speicher
       Der ICE 4 ist hier                                     Überprüfung von Plänen zur Anlagen­                   Stadtbahnen für die USA
                                                              restrukturierung anhand eines digitalen
       Die digitale Stufe der                                                                                       Entscheidungsfreiheit
                                                              Abbildes der Produktion Investitionsent-
       Braukunst                                      18                                                            für Roboter                              32
                                                              scheidungen auf eine solide Grundlage.
       Österreichs größte Privatbrauerei vertraut                                                                   In einem Labor lernen Fertigungsroboter,
       auf ein maßgeschneidertes Automatisie-                                                                       Aufgaben mit Maschinenintelligenz
       rungssystem.                                            hitech.at                                            eigenständig zu erfüllen.
                                                               Besuchen Sie unseren neu
       Schneller, besser,                                      gestalteten Technologie-Blog.                        Weltrekordmotor hebt ab                  36
       günstiger                                         22                                                         Meilenstein auf dem Weg zur Elektrifizie-
       Building Information Modeling ist eine                                                                       rung der Luftfahrt: Ein Flugzeug mit Elektro-
       digitale Arbeitsmethode, die die Bau-                                                                        motor hat den Jungfernflug gemeistert.
       industrie revolutioniert.
                                                                                                                    Innovationen Generation Z                39
       Verkehrsmanagement                             25                                                            Siemens geht neue Wege bei Innovationen:
       Die zunehmende Komplexität der Mobilitäts-                                                                   Mit der Gründung von next47 sollen disrup-
       systeme ist vorprogrammiert. Intelligente                                                                    tive Ideen stärker gefördert und neue
       Strategien verhindern, dass sie dadurch                                                                      Technologien vorangetrieben werden.
       zwangsläufig auch komplizierter werden.

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015890T2_0405_1603hitech_inhalt_CE3.indd 4                                                                                                                     17.11.16 08:21
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     62

         40                                                                 59

                                                        hi!life
         Die Vernetzung der Welt                   40   intro                                   50    Das neue Miteinander                       59
         Gewinner-Artikel des Siemens-CEE-Press-        Siemens-CEE-Press-Award 2016                  Mensch und Maschine arbeiten immer enger
         Award 2016 über Smart Cities.                  Oscar für Energieeffizienz                    zusammen. Autonome Systeme werden zu
                                                        Professionell in die Zukunft                  einem Teil der Belegschaft. Von diesem Um-
         Wenn Spinnen drucken                      44
                                                                                                      bruch können Firmen und Mitarbeiter glei-
         Der nächste Schritt beim 3-D-Drucken           Sichere Diagnose                        52
                                                                                                      chermaßen profitieren.
         könnten krabbelnde Spinnenroboter mit          An der Medizinischen Universität Innsbruck
         Druckerdüsen sein.                             setzt man bei der Abklärung von Brustkrebs-   Die neue Leichtigkeit                      62
                                                        verdachtsfällen auf das Verfahren der         Ski und Skischuhe werden immer leichter.
         Erster öffentlicher eHighway 47
                                                        Elastographie.
         Weltpremiere für Lkws mit Stromabnehmern                                                     hi!toys                                    66
         auf einer öffentlichen Straße.                 Energiespar-Zentrum                      56   Smarter Knopf im Ohr. Analyse mit
                                                        Die neue Siemens-Konzernzentrale in           Schwung. Tragbarer Speicher. Ganz schön
         Auf gute Zusammenarbeit,
                                                        München ist ein Musterbeispiel für Ener-      heiß. Zocken wie früher.
         Kollege Roboter!                          48
                                                        gieeffizienz. Und noch mehr: Sie ist eines
         Mit dem Einsatz autonomer Technologien                                                       hi!books                                   67
                                                        der modernsten und nachhaltigsten Büro-
         rückt auch die Beziehung zwischen Mensch                                                     Das Erwachen der Maschinen. Brauchen Ro-
                                                        gebäude der Welt.
         und Maschine immer mehr in den Fokus.                                                        boter Moral? Von der Masse zum Individu-
         Roboterpsychologin Martina Mara hat sich                                                     um. Digital versus sozial. 200 Jahre Werner
         dazu Gedanken gemacht.                                                                       von Siemens.

                                                                                                                                   hi!tech 03|16  5

015890T2_0405_1603hitech_inhalt_CE3.indd 5                                                                                                    16.11.16 10:42
Dezember Digitale Braukunst - hi!tech
Die Zukunft hat
                                        gestern begonnen
                                        Der digitale Wandel in der Industrie ist unaufhaltbar.
                                        Unternehmen profitieren durch höhere Produktivität, Flexibilität
                                        sowie kürzere Markteinführungszeiten. Für ihre Kunden bedeutet
                                        das: individuellere und hochwertigere Produkte.

                                       6 hi!tech 03|16              Das Magazin - siemens.com/magazin   Siemens   Christina Lehner

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Dezember Digitale Braukunst - hi!tech
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Dezember Digitale Braukunst - hi!tech
Zukunft gestalten: Siemens-
                                                                                                                          Ingenieure entwickeln mit
                                                                                                                          modernsten Technologien
                                                                                                                         Lösungen für unsere Art zu
                                                                                                                             leben und zu arbeiten.

       F
                ünfzehn, zwanzig Jahre sind eine               geblieben. Die Digitalisierung eröffnet     schiebungen, von technologischen Ent-
                vergleichsweise kurze Zeit. Da-                Branchenfremden Zugänge zu Märkten,         wicklungen, gesellschaftlichen Trends
                mals, etwa zur Jahrtausendwen-                 die früher faktisch abgeschottet waren.     und von umweltpolitischen Notwendig-
                de, war die Welt der Wirtschaft                Wie aus dem Nichts entstehen völlig         keiten ist wichtiger denn je.
       noch einfach und verständlich. Die Märk-                neue Geschäftsmodelle und Wettbewer-
       te waren klar abgesteckt, die maßgebli-                 ber. „Der Markteintritt für Start-ups ist   Marktgrenzen verschwimmen
       chen Player bekannt, ihre Geschäftsmo-                  heute viel leichter. Dank neuer Techno-     Weltweit liefern Unternehmen ein-
       delle vergleichbar. Vereinfacht gesagt                  logien wie Cloud Computing benötigen        drucksvolle Beispiele für diese Flexibili-
       haben Handelsunternehmen gehandelt,                     sie viel weniger Startkapital“, sagt etwa   tät: Apple und Google forschen an auto-
       Autobauer Autos gebaut und Maschinen-                   Michael Rasch, Partner und Digital          nom fahrenden Autos. Der Online-
       bauer Maschinen. Online-Versandhänd-                    Transformation Leader bei der Unter-        Pionier Elon Musk baut Tesla-Elektroau-
       ler haben Waren im Internet vertrieben,                 nehmensberatung PwC. Die Wirtschaft         tos, entwickelt Lade-Infrastrukturen und
       Energieversorger Strom, Gas und Wärme                   befindet sich mitten im größten und         produziert Raketen. Und Amazon-Grün-
       produziert und geliefert, Versicherungs-                schnellsten Transformationsprozess ih-      der Jeff Bezos will Weltraumtouristen in
       gesellschaften Versicherungen verkauft.                 rer Geschichte. Nichts hat mehr Bestand.    suborbitale Umlaufbahnen schicken. Das
          Heute ist von dieser Klarheit wenig                  Das schnelle Antizipieren von Marktver-     Eindringen in fremde Märkte geht nicht

          Wie wird sich Industrie 4.0 auf Ihre
          Wettbewerbsfähigkeit auswirken?

          Quelle: McKinsey & Company

       8 hi!tech 03|16                                  Das Magazin - siemens.com/magazin   Siemens

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Dezember Digitale Braukunst - hi!tech
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            nur von Online-Unternehmen aus. Der
                                                         180.000                   -fach hat sich
                                                          die Geschwindigkeit der Datenübertragung
            Automobilzulieferer Bosch etwa hat ein
            System zur Internetanbindung von
                                                          seit den 80er Jahren erhöht
            Autos auf den Markt gebracht. Singa-
            pore Post hat mit dem chinesischen          sition schärfster Konkurrenten, zudem in         Die Digitalisierung erhöht Produktivi-
            Online-Händler Alibaba ein Joint Ven-       dieser Größenordnung: Noch vor weni-          tät und Flexibilität, verkürzt Marktein-
            ture für den E-Commerce in Asien ge-        gen Jahren wäre das völlig undenkbar ge-      führungszeiten und eröffnet attraktive
            gründet. BMW und Mercedes definieren        wesen. Die ehemalige Nokia-Tochter sam-       Ertragsmodelle. „5.000 vernetzte Autos
            Mobilität mit ihren Carsharing-Services     melt und verwertet Milliarden von Daten       können mehr Umsatz generieren als
            neu. Und Siemens steigt mit dem Ange-       für Karten und standortbezogene Dienst-       50.000 nicht vernetzte“, sagt etwa
            bot „MindSphere – Siemens Cloud for         leistungen. Der Deal ist ein wichtiger        KPMG-Experte Pawelke. „Es wird nicht
            Industry“ in den Markt der cloudbasier-     Schachzug zur Abwehr potenzieller Wett-       mehr das Produkt Auto allein sein, son-
            ten Industrielösungen ein.                  bewerber wie Google, Apple und Co. „Wer       dern die intelligent vernetzte Dienstleis-
               Selbst vor der Kooperation mit Wettbe-   in der Lage ist, auch in einem hochdigita-    tung.“ Auch im Maschinen- und Anla-
            werbern wird nicht mehr zurückge-           lisierten Zeitalter die Kundenschnittstelle   genbau, in der Energiebranche oder in
            schreckt. So haben Audi, BMW und Mer-       zu besetzen, wird weiter Wachstum gene-       der Luft- und Raumfahrttechnik gilt:
            cedes im vergangenen Jahr den Online-       rieren können“, sagt Moritz Pawelke, Ex-      Überall, wo sich Sensoren integrieren
            Kartendienst Here für eine Milliarden-      perte für Digitalisierung bei der Wirt-       lassen, ist es auch möglich, den Service
            summe gekauft. Eine gemeinsame Akqui-       schaftsprüfungsgesellschaft KPMG.             zu verbessern und daran zu verdienen.

                                                                                                      Wertschöpfungsstufen verschmelzen
                                                                                                      Durch Digitalisierung wird es auch mög-
               Erwartungen von Unternehmen                                                            lich, alle Wertschöpfungsstufen zu ver-

               an die Digitalisierung                                                                 schmelzen. Erste Ansätze dazu gab es be-
                                                                                                      reits in den 1980er Jahren in Form des
                                                                                                      Computer Integrated Manufacturing
                                                                                                      (CIM). Doch das geplante Zusammen-
                                                                                                      wachsen von Computer-Aided Design
                                                                                                      (CAD) und Computer-Aided Manufactu-
                                                                                                      ring (CAM) hat sich damals nicht recht
                                                                                                      durchgesetzt. „Die Technologie war noch
                                                                                                      nicht weit genug entwickelt“, sagt Uwe
                                                                                                      Grundmann, Europa-Chef des US-Markt-
                                                                                                      forschungsunternehmens ARC Advisory
                                                                                                      Group mit Sitz in Düsseldorf. „Über die
                                                                                                      Telefonleitungen konnten nur etwa 56 Ki-
                                                                                                      lobit pro Sekunde übertragen werden –
                                                                                                      das war viel zu wenig.“ Heute sind Ge-
                                                                                                      schwindigkeiten von bis zu zehn Gigabit
                                                                                                      pro Sekunde möglich – rund 180.000 Mal
                                                                                                      soviel. Zudem gebe es viel leistungsfähi-
                                                                                                      gere Verfahren zur Erfassung, Übertra-
                                                                                                      gung, Speicherung und Auswertung gro-
                                                                                                      ßer Datenmengen. Die Technologiesprün-
                                                                                                      ge betreffen sowohl das Volumen der Da-
                                                                                                      ten (Big Data) als auch deren Auswertung
               Quelle: McKinsey & Company
                                                                                                      und praktische Verwendung (Smart Data).

                                                                                                                                 hi!tech 03|16   9

015890T2_0612_1603hitech_coverstory_NEU_OK_CE3.indd 9                                                                                       16.11.16 11:55
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       50      Prozent
       des Geschäfts von
                                                                   Vorausschauende Organisationen
                                                                schaffen jetzt die Voraussetzungen, um
                                                                auf die fundamentalen Veränderungen
                                                                                                               Tausende Siemens-Ingenieure be-
                                                                                                            schäftigen sich täglich mit der Frage,
                                                                                                            wie Hard- und Software schneller zu-
       Siemens wurden in                                        flexibel reagieren zu können oder diese     sammenwachsen können, sei es in den
       den vergangenen                                          mitzubestimmen. „Nur so können sie im       Bereichen intelligente Fabriken, neue
                                                                digitalen Zeitalter überleben“, sagt PwC-   Formen der Mobilität, innovative Ge-
       zehn Jahren                                              Experte Rasch. Zu diesen Grundvoraus-       bäudetechnik oder wie sich Automati-
       ausgetauscht                                             setzungen zählen Know-how, Innovati-        sierungstechnologien und die Erzeu-
                                                                onskraft, Kreativität, Veränderungs-        gung und Verteilung von Energie in de-
                                                                bereitschaft und gesellschaftliche Akzep-   zentralen Netzen weiter optimieren und
                                                                tanz. Ferner müssen Unternehmen ver-        zukunftsfähig organisieren lassen. Da-
                                                                stärkt Partnerschaften und Kooperatio-      bei helfen Cloudtechnologien oder Da-
                                                                nen eingehen.                               tenanalytik, aber auch die Zusammen-
                                                                                                            arbeit mit Lieferanten, Kunden,
                                                                Innovationsstärke und Branchenwissen        wissenschaftlichen Einrichtungen und
                                                                Ob Lösungen für die Fertigungs- und         mit Start-ups. Zusätzlich besitzt
                                                                Prozessindustrie, ob Technologien für       Siemens einen unermesslichen Vorteil
                                                                die Erzeugung und Verteilung von Ener-      gegenüber neuen Marktteilnehmern
                                                                gie, ob für Gebäudeautomatisierung oder     aus der rein digitalen Welt: Branchen-
                                                                für optimierten Individual- und öffentli-   kompetenz. Siemens versteht die Pro-
                                                                chen Verkehr: Wenn es darum geht, in ei-    zesse der Kunden – und kann zudem
                                                                ner zunehmend digitalisierten und auto-     das gesamte Spektrum benötigter Tech-
        Volkswirtschaftliches                                   matisierten Welt zu bestehen, ist Siemens
                                                                dank führender Technologiepositionen
                                                                                                            nologien aus einer Hand anbieten.
                                                                                                               Doch nicht nur der technologische
        Potenzial durch digi-                                   mit einer Erfahrung von knapp 170 Jah-      Fortschritt treibt die Entwicklung des Di-
        tale Kollaborationen                                    ren sowie fundiertem Know-how in der
                                                                Elektrifizierung und Automatisierung
                                                                                                            gital Enterprise voran. „Maßgeblich sind
                                                                                                            die Kunden. Sie möchten auf dem Weg
        Mit besseren digitalen Kooperationsstrate-              bestens aufgestellt. Erfahrung ist das      zum Digital Enterprise unterstützt wer-
        gien ließe sich ein gewaltiges Wachstum                 eine, Innovationsstärke das andere. Auch    den und fragen nach entsprechenden Lö-
        erzielen. Allein in Deutschland betrüge es
                                                                in diesem Punkt stellt Siemens seit Jahr-   sungen und Produkten“, sagt Peter We-
        bis zu 3,4 Prozent des BIPs.
                                                                zehnten seine Vorreiterrolle unter Be-      ckesser, Chief Operating Officer der
        Zusätzliches Wachstumspotenzial                         weis. Zum Beispiel zählte die Boston Con-   Siemens Business Unit Product Lifecycle
        (BIP in Mrd. $)                                         sulting Group die Siemens AG im Jahr        Management der Digital Factory Divisi-
                                                                2015 zu den 30 innovativsten Unterneh-      on. Kein Wunder: „Kurze Markteinfüh-
          Deutschland            107                            men der Welt. Hinzu kommen große Ko-        rungszeit – time to market – wird immer
                                                                operationsstärke und viel Unternehmer-      wichtiger“, so Weckesser. Und dies erfor-
                   USA                              433
                                                                geist der Mitarbeiter. In den vergangenen   dere ganzheitliche, digitalisierte Prozes-
                 China                 216                      zehn Jahren hat sich Siemens massiv ge-     se. Zudem müssten immer individuelle-
                 Indien     52                                  wandelt: Seitdem wurden rund 50 Pro-        re Kundenbedürfnisse flexibel bedient
                                                                zent des Geschäfts ausgetauscht. Mit        werden können. „Ziel ist die Losgröße 1.
              Brasilien     52
                                                                rund 17.500 Software-Ingenieuren zählt      Bei Nike etwa können sich die Käufer be-
               Kanada       43                                  Siemens rechnerisch zu den größten          reits ihren Namen ab Fabrik auf die
              Russland     31                                   Softwareunternehmen der Welt. Zusätzli-     Sportschuhe sticken lassen“, sagt Weck-
                                                                che FuE-Mittel sollen außerdem vor allem    esser. Und schließlich geht es auch dar-
                                                                in Automatisierung, Digitalisierung und     um, die Produktivität zu steigern, Ar-
        Quelle: Accenture, Digital Collaboration Index
                                                                dezentrale Energiesysteme fließen.          beitskräfte und Maschinen effizienter

       10 hi!tech 03|16                                  Das Magazin - siemens.com/magazin   Siemens

015890T2_0612_1603hitech_coverstory_NEU_OK_CE3.indd 10                                                                                                   16.11.16 09:38
Im Datencenter befindet sich
                                                                                                                      die wertvollste Ressource
                                                                                                                   eines Unternehmens: Daten.

            einzusetzen sowie den Verbrauch von
            Energie und Rohstoffen zu minimieren.
                                                         Ingenuity for life
            Neue Möglichkeiten des 3D-Drucks             Zum 200. Geburtstag des Unternehmensgründers Werner von Siemens
            Einen wesentlichen Beitrag zur Individu-     hat Siemens seine Positionierung mit einem neuen Markenauftritt
            alisierung und Flexibilisierung der Pro-     geschärft. Zentrales Element ist der Claim „Ingenuity for life“.
            duktion werden die neuen Möglichkei-
            ten des 3D-Drucks leisten. Auf Grund-        „Ingenuity“ steht für Innovation,           genau das: Der Erfindergeist und das
            lage von CAD-Dateien entstehen hier aus      Ingenieurskunst und Genius. Für             fundierte Branchen-Know-how der
            Metall, Kunststoff oder Keramik Bautei-      Siemens bedeutet es auch Gemeinschaft:      Siemens-Ingenieure sichern die Wettbe-
            le, die sich bisher gar nicht oder nur mit   vereint zu sein im Handeln und in der       werbsfähigkeit und damit Arbeitsplätze
            sehr hohem Aufwand herstellen ließen.        partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit      und Wohlstand. Sie erhöhen die Zuver-
                                                         Kunden. „For life“ bezieht sich auf die     lässigkeit und Sicherheit von Anlagen
            Dieses Verfahren wird sich dort durchset-
                                                         Rolle in der Gesellschaft: verwirklichen,   und Infrastrukturen, steigern die Effizi-
            zen, wo für Produkte in geringer Stück-
                                                         worauf es ankommt. Stets geht es            enz von Gebäuden, Energiesystemen
            zahl ein niedriges Gewicht bei hoher         darum, langfristig Wert zu schaffen – für   und ganzen Städten.
            Festigkeit erforderlich ist und wo schnell   Kunden, Mitarbeiter und die Gesellschaft       Und sie reduzieren den Ressourcen-
            geliefert werden muss, weil sich die Kon-    als Ganzes.                                 verbrauch sowie umweltschädliche Emis-
            struktion häufig ändert – etwa in der           Die smarten und innovativen              sionen – um nur einige Beispiele zu
            Luft- und Raumfahrt oder in der Auto-        Siemens-Produkte und -Lösungen leisten      nennen.
            mobilindustrie.

                                                                                                                                hi!tech 03|16   11

015890T2_0612_1603hitech_coverstory_NEU_OK_CE3.indd 11                                                                                          16.11.16 09:38
Cover                                                                                                                       Nachhaltiger
                                                                                                                               Energie gehört die
                                                                                                                                Zukunft. Digitale
                                                                                                                                    Technologien
                                                                                                                              gewährleisten eine
                                                                                                                                     zuverlässige
         Daten erzeugen                                                                                                       Energieversorgung.

         und nutzen
             Im Rahmen seiner Digitalisierungs-
         strategie entwickelt Siemens das Inter-
         net der Dinge (IoT) fort und hat Ende
         vergangenen Jahres das Web of Sys-
         tems vorgestellt. Dieses verbindet die
         reale Welt der Hardware besser mit der
         virtuellen Welt der Daten. Es lässt digi-
         talisierte Systeme miteinander kommu-
         nizieren und autonom agieren. Die
         Maschinen können aus generierten
         Daten selbst lokal Schlussfolgerungen
         ziehen, vertrauliche Informationen wer-
         den nicht in die Cloud ausgelagert.
             Um die Daten sinnvoller nutzen zu
         können, setzt Siemens auf Sinalytics.
         Dabei handelt es sich um eine neue
         Plattform für industrielle Datenanalytik,
         die verschiedene Technologien vereint.
         Damit lassen sich die riesigen Daten-
         mengen, die zunehmend vor allem Sen-
         soren ermitteln, aggregieren, sicher
         übertragen und analysieren. Aktuell
         sind weltweit rund 300.000 Geräte mit
         Sinalytics verbunden.

          Für den Porsche 919 werden bei-                   durchgängige Prozesse – von der Ent-         Übergeordnetes Merkmal ist, dass in al-
       spielsweise zukünftig Teile des Lenksys-             wicklung über die Produktion bis zu den      len Phasen sämtliche relevanten Daten
       tems von einem Zulieferer per 3D-Druck               Services. Ferner benötigt das Digital        erfasst, übermittelt und ausgewertet
       hergestellt und anschließend noch in                 Enterprise eine effiziente Kommunikati-      werden. Dies gilt auch für die Beziehun-
       der gleichen Maschine weiterverarbeitet.             onsinfrastruktur, die Menschen und Ma-       gen zwischen den jeweiligen Phasen
       Von der Idee bis zur Fertigung solcher               schinen miteinander verknüpft und den        selbst. Von Beginn an, schon bei der Pro-
       Teile vergingen früher mehrere Wochen.               vernetzten Austausch von Daten ermög-        duktentwicklung, müssen Innovationen
       Heute können schon wenige Stunden                    licht. Außerdem sind zuverlässige            digital designt, getestet und modifiziert
       ausreichen. Und Airbus fertigt im 3D-                Sicherheitslösungen erforderlich, die in     werden. Lange bevor das erste physische
       Druck Halteelemente aus Titan für sein               einer Online-Welt den Schutz von Be-         Produkt entsteht, erzeugen die Entwick-
       Modell A350. Früher wurden diese Teile               triebs- und Produktgeheimnissen ge-          ler einen digitalen Zwilling. Damit lässt
       aufwendig aus Aluminium gefräst und                  währleisten. Das vierte Kernelement be-      sich in virtuellen Tests feststellen, ob
       waren 30 Prozent schwerer.                           steht aus digitalen Services, die den        und wie das Produkt funktioniert. Im
          Das Industrieunternehmen der Zu-                  Kundendienst erheblich verbessern und        Idealfall müssen die Konstrukteure spä-
       kunft wird ein Digital Enterprise sein. Da-          neue Geschäftsmodelle ermöglichen.           ter am realen Endprodukt nichts mehr
       bei geht es darum, die Kernprozesse über                                                          ändern. „Ziel ist, dass bereits der erste
       den gesamten Produktentwicklungs- und                Ineinandergreifendes System                  gebaute Prototyp verkauft werden
       Produktionsprozess nahtlos zu digitalisie-           Der Betrieb eines Digital Enterprise lässt   kann“, sagt Weckesser. Die Digitalisie-
       ren, mit Softwaretools zu unterstützen               sich in fünf Phasen gliedern: Pro-           rung umfasst auch sämtliche Services
       und Wertschöpfungsprozesse zu verket-                duktentwicklung, Produktionsplanung,         für den Kunden. Sie unterstützen ihn
       ten. Das gilt für diskrete Industrie und die         Produktionsengineering, Produktions-         dabei, die ausgelieferten Produkte maxi-
       Prozessindustrie gleichermaßen, denn In-             ausführung und Services. Doch anders         mal produktiv einzusetzen, die Betriebs-
       dustrie 4.0 betrifft alle Branchen.                  als früher werden diese heute als ganz-      kosten zu reduzieren und insgesamt den
          Der Weg zum Digital Enterprise um-                heitliches, in alle Richtungen ineinan-      größtmöglichen Nutzen aus ihnen zu
       fasst vier Kernelemente, die logisch auf-            dergreifendes System betrachtet und          ziehen. Damit verbunden sind häufig
       einander aufbauen: Das sind zum einen                nicht mehr als eine Kette chronologisch      neue Geschäftsmodelle und Kundenbe-
       industrielle Softwarelösungen für                    aufeinander aufbauender Prozesse.            ziehungen.                            •
       12 hi!tech 03|16                              Das Magazin - siemens.com/magazin   Siemens

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Cover

             „Nicht dabei sein
             heißt 100 Prozent
             verlorene Jobs“
             Siemens-Österreich-Generaldirektor Wolfgang Hesoun und der Leiter der
             Siemens-Division Digital Factory Kurt Hofstädter über den Stand der Umsetzung
             von Industrie 4.0, Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und das Siemens-Portfolio
             „Digitales Unternehmen“ mit konkreter Unterstützung für Unternehmen.

             Industrie 4.0 ist in aller Munde und der     -prognosen produziert, sondern            rie 4.0 ist nicht nur ein Hebel für mehr
             Begriff wird vielfältig verwendet. Was ist   bedarfssynchron auf Anfrage. Das heißt,   Effizienz, sondern auch eine Chance,
             Ihr Verständnis davon?                       es wird produziert, was auch verkauft     neue Dienstleistungen und innovative
             Hesoun: Industrie 4.0 ist nichts weniger     werden kann. Ziel ist, dass ein immer     Geschäftsmodelle zu entwickeln.
             als die Digitalisierung der Industriepro-    höherer Individualisierungsgrad in der
             duktion – und das über die gesamte           Fertigung mit einem optimalen Einsatz     Was ist der Stand der Umsetzung von
             Wertschöpfungskette. Das erlaubt,            der Betriebsmittel und Rohstoffe          Industrie 4.0 in Österreich?
             individuelle Kundenanforderungen             einhergeht. Kleinserien und sogar         Hesoun: Im Europa-Vergleich haben die
             rascher zu erfüllen. Es wird weniger auf     Einzelanfertigungen können somit          Unternehmen in Österreich die Nase
             Basis von Markterwartungen oder              kostengünstig erzeugt werden. Indust-     schon recht weit vorne. Es gibt hierzu-

                                                                                                                      Industrie 4.0 bietet die
                                                                                                                      große Chance, neue
                                                                                                                      Wissens-Arbeitsplätze
                                                                                                                      zu schaffen.

                 Christian Lettner      Siemens                                                                                hi!tech 03|16   13

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„Digital Enterprise“, sprich ein umfassen-
                                                                                                 des Portfolio, das wir unseren Kunden
                                                                                                 bieten, um sich fit für Industrie 4.0 zu
                                                                                                 machen. Hinter unserem Verständnis
                                                                                                 eines digitalen Unternehmens steht die
                                                                                                 Idee eines ganzheitlichen, intelligenten
                                                                                                 Datenmodells, ohne das Unternehmen
                                                                                                 nicht in der Lage sind, die gesamte
                                                                                                 Wertschöpfungskette in smarten,
                                                                                                 lernenden Zyklen zu optimieren.

                                                                                                 Welche konkreten Werkzeuge bieten
                                                                                                 Sie Unternehmen an?
                                                                                                 Hofstädter: In den vergangenen 15
                                                                                                 Jahren hat Siemens sein Software-Port-
                                                                                                 folio unter dem Begriff Digital Enterpri-
                                                                                                 se Software Suite kontinuierlich erwei-
                                                                                                 tert. Darin befindet sich ein umfassen-
                                                                                                 des Angebot an durchgängigen Soft-
                                                                                                 warelösungen, in dessen Zentrum sich
                                                                                                 Teamcenter als Kollaborationsplattform
       „Hinter unserem Verständnis eines digitalen                                               befindet. Teamcenter wird zukünftig in
       Unternehmens steht die Idee eines ganzheit-                                               zunehmendem Maße Product Lifecycle
       lichen, intelligenten Datenmodells.“                                                      Management, Manufacturing Execution
                                                                                                 System bzw. Manufacturing Operations
                              Siemens-Österreich-Generaldirektor Wolfgang Hesoun                 Management und Totally Integrated
                                                                                                 Automation nahtlos verbinden.
       lande fast kein Unternehmen mehr, das        Gerade um diese Hürden zu überwinden             Mit Closed Loop Manufacturing bieten
       sich nicht zumindest gedanklich mit          und Betrieben die Möglichkeit zu geben,      wir unseren Kunden ein konsistentes
       dem Thema beschäftigt.                       die neuen Produktionstechnologien zu         Datenmodell, das die einzelnen Arbeits-
       Hofstädter: Die Umsetzung erfolgt meist      erproben, wurde die erste österreichi-       schritte der technologischen Wertschöp-
       in definierten Anwendungsbeispielen          sche Pilotfabrik Industrie 4.0 gegründet.    fungskette miteinander verbindet und
       und auf Projektebene. Dieser Weg ist in      Das war ein wichtiger erster Schritt, drei   einen bidirektionalen Datenfluss zwi-
       vielen Fällen auch am praktikabelsten,       weitere Pilotfabriken sind momentan in       schen Entwicklung und Fertigung erlaubt.
       quasi bottom-up einzelne Prozessschrit-      der Pipeline.                                Das heißt, die Daten aus der Produktion
       te zu digitalisieren, um sie dann am         Hofstädter: Auch die Plattform Industrie     und dem Service fließen in das Design
       Ende zu einem intelligenten Datenmo-         4.0 Österreich leistet wichtige Arbeit,      neuer Produkte und das Engineering der
       dell zu vereinen. Ganz wichtig dabei ist,    um das Thema mit der praktischen Um-         Produktionsprozesse ein.
       dass man frühzeitig an Schnittstellen        setzung in Betrieben abzugleichen. In            Durch Integrated Mechatronics
       denkt, ohne die eine spätere Integration     mehreren Arbeitsgruppen werden etwa          Engineering for Automation ist es zudem
       nicht gelingen kann.                         Themen wie Normungsfragen oder ar-           möglich, bei der Entwicklung einer
       Hesoun: Digitalisierung betrifft übrigens    beitsrechtliche Herausforderungen vor-       Maschine oder Anlage die Bauteile als
       nicht nur die großen Unternehmen. Von        angetrieben.                                 komplette Einheiten zu nutzen. Da auch
       diesem Wandel sollen und müssen auch                                                      die Automatisierung mit dem TIA-Portal
       kleinere Betriebe profitieren können.        Wie bringen Sie Industrie 4.0 Ihren          eingebunden ist, können Anlagen simu-
       Für Klein- und Mittelunternehmen ist es      Kunden näher?                                liert und virtuell in Betrieb genommen
       aber schwierig, die erforderlichen gro-      Hesoun: Der Zugang von Siemens ist           werden. Dieser Ansatz ebnet den Weg für
       ßen Anfangsinvestitionen zu stemmen.         gekennzeichnet durch das sogenannte          die Automatisierung des Engineerings.

       14 hi!tech 03|16                                Christian Lettner   Siemens

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Cover

                Und schließlich unsere spezielle          Wien eine Pilotanlage entwickelt, um Bio-
             Cloud-Lösung für die Industrie: Mind­        prozesse im Pharmabereich und in der
             Sphere. Diese Plattform ist als offenes      Lebensmittelindustrie zu optimieren. Die
             Ökosystem konzipiert und ermöglicht es,      Digitalisierung ist auch hier ein zentraler
             die Leistungsfähigkeit von Anlagen           Produktivitätshebel, der die Wettbewerbs-
             durch das Erfassen und die Analyse           fähigkeit von Unternehmen steigert.
             großer Mengen von Produktionsdaten zu
             verbessern. MindSphere ist die Grundla-      Kann man sich der Digitalisierung
             ge für Anwendungen und datenbasierte         eigentlich verweigern?
             Services von Siemens und Drittanbie-         Hesoun: Es gibt nicht die Variante mittun
             tern, etwa in den Bereichen vorausschau-     oder nicht. Wir müssen die Digitalisie-
             ende Wartung, Energiedaten-Manage-           rung als Chance begreifen und diese
             ment oder Ressourcenoptimierung.             zielgerichtet gestalten. Es ist die Chance,
             Maschinenbauer können damit beispiels-       einen Innovationsvorsprung zu behal-
             weise weltweit verteilte Maschinenflotten    ten und den Industriestandort Öster-
             für Servicezwecke überwachen, deren          reich und Europa auszubauen. Wer an
             Stillstandzeiten reduzieren und damit        der Digitalisierung der Produktion nicht
             neue Geschäftsmodelle anbieten.              teilnimmt, schließt sein Unternehmen
                                                          aus dem Markt aus. Nicht dabei sein
             Wann rechnen Sie in Österreich mit einer     heißt 100 Prozent verlorene Jobs. Der
             ersten kompletten Umsetzung von              Weg, den wir jetzt bei der Digitalisie-
             Industrie 4.0 in einer realen Produktions-   rung einschlagen, wird maßgeblichen
                                                                                                        „Die ersten
             umgebung? In einem Interview im Jahr         Einfluss darauf haben, wie sich der ös-       kompletten
             2014 haben Sie von etwa 20 Jahren            terreichische Wirtschafts- und Industrie-
                                                                                                        Umsetzungen
             gesprochen. Bleibt es bei diesem Zeit-       standort künftig präsentiert.
             horizont oder wird sich die Entwicklung                                                    werden wir bereits
             beschleunigen?                               Apropos Arbeitsplätze, wie wird sich die      in wenigen Jahren
             Hofstädter: Ich denke, dass sich aus         Digitalisierung darauf auswirken?
             heutiger Sicht die Entwicklung deutlich      Hesoun: In der Vergangenheit wurden
                                                                                                        sehen.“
                                                                                                                            Kurt Hofstädter,
             beschleunigen wird. Die ersten komplet-      hochwertige industrielle Arbeitsplätze
                                                                                                             Leiter Division Digital Factory,
             ten Umsetzungen werden wir bereits in        aus unterschiedlichen Gründen etwa
                                                                                                                 Vorstandsvorsitzender der
             wenigen Jahren sehen.                        nach Asien oder in die USA verlagert. Mit
                                                                                                         Plattform Industrie 4.0 Österreich
                                                          Industrie 4.0 haben wir erstmalig wieder
             Hat Siemens Österreich innerhalb des         die gewaltige Möglichkeit, wissensinten-
             weltweiten Konzerns spezielle Kompe-         sive industrielle Produktion in Europa zu
             tenzen im Industrie-4.0-Umfeld?              halten, zu stärken und hochqualitative
             Hesoun: Ja, wir sind konzernweit das         Wissens-Arbeitsplätze zu schaffen, die
             Kompetenzzentrum für komplexe Auto-          primär von Know-how abhängig sind.
             matisierungslösungen in der Automobil-       Ich erwarte keinen großen Einschnitt bei
             industrie. Dank der digitalisierten Pro-     den Arbeitsplätzen. Auch in der Fabrik
             zesse können unsere Ingenieure von           der Zukunft braucht es Menschen, die die
             Linz aus weltweit Roboterstraßen pro-        Prozesse steuern. Es wird aber Änderun-
             grammieren und in Betrieb setzen. Frü-       gen geben, was die Anforderungen an
             her konnte die Software-Programmie-          die Mitarbeiter und Aufgabenbereiche
             rung erst starten, wenn das Design           betrifft. Hier wird es in Teilbereichen
             komplett fertig war. Das stellt einen        Umqualifikationen brauchen. Wichtig
             enormen Zeit- und Effizienzgewinn dar.       bleibt, die gesteigerte Produktivität im
                Für die Prozessindustrie haben wir in     Markt unterzubringen.                   •
                                                                                                                               hi!tech 03|16    15

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Wasservariationen
          Nicht zu viel und sauber soll es sein und zur Energieerzeugung taugt es auch

          B
                 ei Hochwasser zeigt das nasse           Die Verschmutzung des Wassers stellt         Ebenfalls zur Reinigung, aber vor al-
                 Element seine gefährliche Seite.     eine weitere Herausforderung dar. Be-        lem zur Energieerzeugung dient das
                 Auch Hallein nahe Salzburg hat       sonders für Anlagen, die einmal für eine     Trinkwasserkraftwerk in Zell am See. Die
          das schon öfter erleiden müssen. Um         bestimmte Menge an Abwässern ausge-          beiden Salzburger Gemeinden Bruck an
          künftig Schäden vorzubeugen, hat die        legt waren und durch das Bevölkerungs-       der Großglocknerstraße und Zell am See
          Stadt ein umfangreiches Konzept zum         wachstum immer größere Volumina zu           nutzen die zehn Kilometer entfernte
          Hochwasserschutz ausgearbeitet. Dazu        verarbeiten haben. So wie bei der Abwas-     Wölfernquelle als sauberen Energieliefe-
          wurden an den beiden Salzachufern acht      serreinigungsanlage Hofsteig in Vorarl-      ranten. Mittels ganzheitlichen Automati-
          Pumpwerke errichtet, durch die bei          berg, die bereits drei Erweiterungen hin-    sierungskonzepts von Siemens wurde
          Hochwasser in die Salzach entwässert        ter sich hat. Siemens betreut diese          die Quelle zusätzlich zum Kraftwerk. Das
          werden kann. Diese Pumpwerke sind mit       Anlage nun schon seit gut 20 Jahren und      Wasser, das aus der Quelle fließt, führt
          dem Leitstand in der Zentrale des Rein-     auch bei der letzten Modernisierung war      viel Sand mit. Eine energieneutrale Mik-
          halteverbandes vernetzt. Bei der elekt-     der Technologiekonzern federführend tä-      rosiebanlage filtert alle Feststoffe, die
          ro-, mess-, steuer- und regelungstechni-    tig. Herzstück ist das Leitsystem SIMATIC    größer als 18 Tausendstel Millimeter
          schen Ausstattung der Pumpwerke sowie       WinCC OA. In der Abwasseranlage wer-         sind. Zudem wird das Wasser mit Ultra-
          des Leitstandes entschied man sich für      den knapp 5.000 Datenpunkte gebündelt,       violettstrahlung desinfiziert. Danach
          Lösungen von Siemens. Jedes der Pump-       über 300 Aggregate können bedient und        strömt es durch eine Turbine, die einen
          werke ist mit einer Simatic-S7-300-Steu-    beobachtet sowie über 500 Messungen          Generator antreibt. Damit werden im
          erung automatisiert, die mit der zentra-    ausgewertet werden. Siemens realisierte      Jahr 360.000 Kilowattstunden Strom er-
          len Steuerung im Leitstand                  im Zuge der Erweiterung auch die Elekt-      zeugt, was den Jahresbedarf von rund
          kommuniziert.                               roinstallation.                              100 Haushalten abdeckt.

       Industrielle Kraftwerkslösungen
       A    m Markt für Gas- und Dampfturbinen
            (GuD)-Kraftwerke in der Industrie,
       bei Kommunen, aber auch bei klassi-
                                                     gasturbinen zwischen 20MW und 60MW.
                                                     Diese Einheit von Siemens Österreich wi-
                                                     ckelt u.a. auch das Projekt zur Erweiterung
       schen Kraftwerksbetreibern, zeichnet          von drei bestehenden Wärmekraftwerken
       sich ein kontinuierlicher Trend in Richtung   des staatlichen bolivianischen Energie-
       dezentraler Energieversorgung mittels         versorgers Ende Andina SAM ab, inklusive
       kleiner, maßgeschneiderter Einheiten ab.      Projektmanagement und Engineering.
       Die weltweite Kompetenz für industrielle      Auch zwei Kraftwerksprojekte in Israel
       Kraftwerkslösungen von Siemens ist in         werden von Siemens Österreich abgewi-
       Wien gebündelt. Das Leistungsspektrum         ckelt. Siemens hat dort erstmals einen        Gabriel entstehen im Norden Israels. Alon
       des Weltkompetenzzentrums umfasst En-         Auftrag für die schlüsselfertige Errich-      Tavor wird eine Molkerei mit Strom und
       gineering, Lieferung, Montage und Inbe-       tung von zwei industriellen GuD-Kraft-        Prozessdampf versorgen, Ramat Gabriel
       triebsetzung von schlüsselfertigen GuD-       werken erhalten. Die beiden erdgasbefeu-      eine Faserfabrik. Auftraggeber ist hier der
       Kraftwerken auf der Basis von Industrie-      erten Anlagen Alon Tavor und Ramat            israelische Stromversorger RD Energy.   •
       16 hi!tech 03|16                                 Siemens     Siemens

015890T2_1617_1603hitech_intro_biz_1_CE3.indd 16                                                                                                 17.11.16 08:21
in t ro    hi!biz

             Um Schäden vorzubeugen, hat die
             Stadt Hallein ein umfangreiches
             Konzept zum Hochwasserschutz
             ausgearbeitet.

             Der ICE 4 ist hier
             D   er ICE 4, der neue Fernverkehrszug
                 der Deutschen Bahn, hat die Zulas-
                                                       unter realen Bedingungen auf Herz und
                                                       Nieren getestet, bevor sie voraussichtlich
                                                                                                    2.800
                                                                                                    Meter hoch über dem
             sung für Deutschland bekommen und be-     mit dem Fahrplanwechsel im Dezember
             findet sich nun in der 14 Monate umfas-   2017 den Regelbetrieb aufnehmen. Zwei
                                                                                                    Meer verläuft eine
             senden Einführungsphase. Mit an Board     Züge werden hierfür auf der Strecke          Metrolinie in Ecuador
             des neuen ICE von Siemens sind die im     München–Hamburg eingesetzt. Der
             Kompetenzzentrum in Graz entwickelten     12-teilige ICE 4 erreicht eine Höchstge-

                                                                                                    104,9
             und produzierten Fahrwerke. In der        schwindigkeit von 250 km/h und hat eine
             Einführungsphase werden die Fahrzeuge     Gesamtlänge von 346 Metern. Er bietet
                                                       insgesamt 830 Sitzplätze. Sein geringes                          dB
                                                       Gewicht und sein optimiertes aerodyna-
                                                                                                    Schalldruck hat eine
                                                       misches Design reduzieren den Energie-
                                                       verbrauch pro Sitzplatz gegenüber dem        neue 3,15-MW-Siemens-
                                                       ICE 1 um 22 Prozent.                    •    Schwachwindturbine

                                                                                                                 hi!tech 03|16   17

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Die digitale Stufe
       der Braukunst
       Um rund 20 verschiedene
       Biersorten effizient, kosten-
       günstig und mit gleichblei-
       bend hoher Geschmacks-
       qualität brauen zu können,
       vertraut die größte Privat-
       brauerei Österreichs auf
       ein maßgeschneidertes
       Automatisierungssystem.

       1
                  492, im selben Jahr, als Chris-
                  toph Kolumbus eine neue Welt
                  entdeckte, wurde die Stieglbrau-
                  erei zu Salzburg gegründet. Das
       „Haus Bey der Stiegen“ entwickelte sich in
       den kommenden knapp 525 Jahren zu
       Österreichs größter und führender Privat-
       brauerei, bei der Tradition großgeschrie-
       ben wird. Als einzige Brauerei Österreichs
       setzt Stiegl auf ein ganz spezielles Trans-
       portmittel: die Stiegl-Pferdekutsche. Noch
       heute werden damit Gastronomiebetriebe
       in den Salzburger Stadtteilen Maxglan,
       Riedenburg und Wals-Siezenheim belie-
       fert. Bei den Zutaten setzt der Familienbe-
       trieb auf Top-Qualität: So werden die
       Stiegl-Biere mit Untersberger Wasser ge-
       braut, die Gerste bezieht die Privatbraue-
       rei aus dem Weinviertel. Dort pflegt man
       langjährige persönliche Kontakte zu EGZ-
       Gerstenbauern (Erzeugergemeinschaft
       Zistersdorf), bei denen direkt eingekauft
       wird. Außerdem baut Stiegl auf seinem
       Gut Wildshut sogar Urgetreide an, das
       auch selbst vermälzt wird.

       Digitalisierung auch im Braugeschäft
       Unternehmen der Brauindustrie stehen
       heute einer Vielzahl an Herausforderun-
       gen gegenüber. Die Menge an verschiede-
       nen Sorten nimmt immer mehr zu,
       gleichzeitig steigt im Konkurrenzkampf

       18 hi!tech 03|16                              Jürgen Garneyr   Stiegl

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                                                 Noch heute beliefert
                                               das traditionsbewusste
                                                Familienunternehmen
                                                     Gastrobetriebe in
                                                  Teilen Salzburgs mit
                                                    der Pferdekutsche.

                                                        hi!tech 03|16   19

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       20                        verschiedene Biersorten produziert die Privatbrauerei Stiegl

       Kern des Systems ist eine Rezeptsteuerung: Damit haben die Braumeister die Möglichkeit,
       sämtliche Rezepte individuell zusammenzustellen und flexibel anzupassen.

       der Kostendruck. Der Weg, die Bierher-       Um die unterschiedlichen Biersorten effi-    chen wie Sudhaus, Gär-, Lager- und Spe-
       stellung flexibler und wirtschaftlicher zu   zienter, kostengünstiger und mit gleich-     zialitätenkeller optimal gesteuert und
       gestalten, führt über eine durchgängige      bleibend hoher Geschmacksqualität zu         visualisiert werden. Kern des Systems ist
       Digitalisierung der Brauanlage – und         brauen, setzt die Brauerei auf ein neues     eine einfache und effektive Rezeptsteue-
       zwar entlang der gesamten Wertschöp-         maßgeschneidertes Automatisierungs-          rung. Diese gibt dem Braumeister die
       fungskette: Vom Warenein- und ausgang        system von Siemens. Basierend auf der        Möglichkeit, sämtliche Rezepte individu-
       über die Produktion bis zur unternehme-      Siemens-SIMATIC S7-Technologie und           ell zusammenzustellen und flexibel an-
       rischen Ressourcenplanung. Denn wenn         der Software WinCC wurde das Sudhaus         zupassen. Die Qualität kann damit noch
       alle Prozesse optimal ineinandergreifen      der Stieglbrauerei zu Salzburg durchge-      genauer gesteuert und die typischen Ge-
       und alle Anlagenteile zuverlässig mitein-    hend digitalisiert.                          schmacksnoten der Biere können da-
       ander kommunizieren, steigt die Flexibi-        Die Inbetriebnahme erfolgte im Mai        durch hervorgehoben werden.
       lität und die Kosten werden gesenkt.         2015 – rund drei Monate vor dem geplan-          Dennoch bleibt Bierbrauen in Öster-
           Nicht nur bei der Wahl der Zutaten       ten Termin. Die Umstellung erfolgte inner-   reichs größter Privatbrauerei Handar-
       kommt für die Privatbrauerei Stiegl aus-     halb eines Wochenendes und seither ver-      beit, allerdings durch modernste Tech-
       schließlich Topqualität in Frage. Auch die   läuft der Betrieb ohne Unterbrechungen.      nik unterstützt. „Das hilft uns zum
       technische Umsetzung des Brauprozesses       Dieser nahtlose Übergang war für Stiegl      Beispiel natürliche Rohstoffschwankun-
       muss den hohen Ansprüchen des Salz-          von enormer Bedeutung, da das Sudhaus        gen auszugleichen und eine konstant
       burger Unternehmens genügen. Daher           pro Jahr lediglich zwei Wochen für War-      hohe Qualität zu erzielen“, erläutert
       pflegt Stiegl eine langjährige Partner-      tungen und Überholungen stillsteht. Zu       Stiegl-Chefbraumeister Christian Pöp-
       schaft mit Siemens. Was mit einfachsten      den technischen Herausforderungen            perl, der die Umstellung auf das neue
       Siemens-Komponenten wie Elektromoto-         zählte neben dem engen Zeitfenster wäh-      Automatisierungssystem verantwortete,
       ren begann, wurde ab den 1970er Jahren       rend der Umstellung unter anderem,           die Vorteile des digitalisierten Brauhau-
       mit komplexeren Steuerungen zur Auto-        auch die Prozesse des alten Systems zu       ses. Durch die technologische Weiterent-
       matisierung der Produktionsprozesse          erfassen und umzuprogrammieren.              wicklung merken die Braumeister aller-
       fortgeführt. Auch bei der Umstellung des                                                  dings, dass sie plötzlich wieder Zeit
       Sudhauses auf eine neue, maßgeschnei-        Bierbrauen bleibt Handarbeit                 haben, sich mit dem zu beschäftigen,
       derte Automatisierungslösung setzte          Durch die Digitalisierung können sämtli-     was eigentlich ihre Leidenschaft ist: dem
       Stiegl auf die Kompetenz von Siemens.        che Prozesse in den verschiedenen Berei-     Austüfteln neuer Rezepte. 

       20 hi!tech 03|16                                Jürgen Garneyr   Stiegl, Jürgen Garneyr

015890T2_1821_1603hitech_stiegl1_CE3.indd 20                                                                                                 16.11.16 09:38
„Das System
                 ist genau
                 auf unsere
                 Bedürfnisse
                 zugeschnitten“
             Stiegl-Chefbraumeister
             Christian Pöpperl

             Das neue Automatisierungssystem von
             Siemens ist in dieser Konstellation
             einmalig, sozusagen ein Maßanzug für
             Stiegl. Seit mehr als einem Jahr läuft das
             System nun schon ohne Probleme. Wie
             sieht Ihre Bilanz bis jetzt aus?
             Die Rezepte laufen nun schneller ab, das
             spart uns wertvolle Einsatzzeiten des
             Personals. Der Wasserverbrauch konnte
             durch die Optimierung der Reinigungen
             reduziert werden. Und durch den
             rascheren Reinigungsvorgang verrin-          und handelt und die räumliche Nähe            schreiben und verändern. Die Stabilität
             gert sich die Menge der eingesetzten         von Siemens zu Stiegl eine wesentliche        des Systems garantiert uns die notwen-
             Reinigungsmittel.                            Voraussetzung für rasche unvorhergese-        dige hohe Verfügbarkeit. Alle Prozesse
                                                          hene Einsätze ist. Die Flexibilität in Ver-   sind transparent und nachvollziehbar
             Wie kam es bei der Suche nach einem          bindung mit kurzen Wegen sichert uns          und der Support sitzt direkt in Salzburg
             neuen Automatisierungssystems zur            sehr schnelle Einsatzzeiten, wenn es ein-     – für mich als Braumeister ist das alles
             Zusammenarbeit mit Siemens?                  mal notwendig ist.                            ein Quantensprung.
             Siemens Salzburg ist bereits ein langjäh-
             riger und geschätzter Partner und wir        Was macht das neue System für Sie so          Rezeptsteuerung, Visualisierungssoft-
             waren schon bisher von der Kompetenz         besonders?                                    ware, elektronische Dokumentation – wie
             und Leistungsfähigkeit überzeugt. Das        Das System ist genau auf unsere               sehr ähnelt der Beruf des Braumeisters in
             Vertrauen zu den handelnden Personen
                                                          Bedürfnisse zugeschnitten und erfüllt         der heutigen Zeit noch den Anforderun-
             war ausschlaggebend für die Partner-
                                                          alle unsere Erwartungen. Die zentrale         gen vergangener Tage?
             wahl in diesem komplexen Projekt.
                                                          Steuerung befindet sich an einem Platz        Trotz fortschreitender Technik bleibt
             Wie wichtig ist für Sie die räumliche Nähe   und ist schnell und einfach zu bedienen.      Bierbrauen ein Handwerk, das mit viel
             zum Siemens-Standort in Salzburg?            Der zuständige Braumeister kann sehr          Erfahrung und Gespür ausgeübt werden
             Absolut wichtig, da Stiegl regional denkt    flexibel und einfach Rezepte neu              muss.                                     •
                                                                                                                                  hi!tech 03|16   21

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Schneller,
       besser, günstiger
       Building Information Modeling ist eine digitale Arbeitsmethode,
       die jetzt schon die Bauindustrie revolutioniert – und im nächsten Schritt
       auf Städte und Stadtplanung angewandt werden soll.

       D
                  ie Städte der Welt haben ein       schalten. Im Idealfall werden alle Aspek-   gramm-Manager in der Abteilung BIM
                  Problem. In den meisten Fäl-       te eines Gebäudes, einschließlich des       Technologies bei Siemens beschäftigt
                  len sind sie zu alt, zu beengt,    Energie-, Abfall- und Brandschutzma-        sich bereits seit vielen Jahren mit den
                  zu laut, zu behäbig, und sie       nagements, künftig vollständig virtuell     Fragen der Energieeffizienz beim Bauen,
       gehen zu verschwenderisch mit ihren           am Computer geplant, bevor die Konst-       mit intelligenten Gebäuden und mit
       Ressourcen um. Da ihre Infrastrukturen        ruktion beginnt. Die so aufbereiteten Da-   BIM. „Wir brauchen BIM, damit wir mit
       häufig unzureichend sind und sie damit        ten lassen sich außerdem dafür nutzen,      den kommenden Herausforderungen in
       ihre wirtschaftliche Wettbewerbsfähig-        den Betrieb und die Wartung zu planen       der Stadt Schritt halten können.“ In der
       keit nicht fördern können, sind Städte        und zu managen – und zwar über den          Zukunft wird immer mehr Altbestand in
       für die Zukunft schlecht gerüstet. Im         gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes.       den Stadtzentren abgerissen oder mo-
       Jahr 2050, so die Prognose der Vereinten         Die Methodik wird bereits seit langem    dernisiert werden. Die Baustellen sind
       Nationen, werden 66 Prozent der Welt-         bei der Konstruktion von Schiffen und in    laut und dreckig, sie verursachen alle
       bevölkerung in Städten und urbanen            der Automobilindustrie angewandt.           möglichen logistischen Probleme für die
       Ballungsräumen leben. Die Stadt muss          Aber dank der revolutionären Entwick-       Stadt und kosten somit viel Geld. Umge-
       sich also rüsten; Bauindustrie, Stadtpla-     lung in der IT- und Digital-Technik fin-    kehrt kann man daher mit der Optimie-
       ner und Architekten müssen umdenken,          det sie seit zehn Jahren auch in der Bau-   rung der Bauzeit hohe Summen einspa-
       wenn sie mit dieser rasanten Entwick-         industrie Anwendung. Weltweit finden        ren. Für Hass ist der nächste logische
       lung Schritt halten und die Städte für        Konferenzen zu BIM und zur Stadt der        Schritt, auch die Stadt gesamtheitlich zu
       die Zukunft wappnen wollen.                   Zukunft statt. Softwareentwickler und       verstehen, wie auch die städtische Infra-
                                                     Generalunternehmer haben den BIM-           struktur und die Stadtplanung. Und das
       Virtuelle Bauplanung                          Markt längst für sich entdeckt. Länder      lasse sich nur mit BIM bewerkstelligen.
       Die Lösung für diese Herausforderungen        wie die USA, die Niederlande, Norwegen,        Es gibt in Europa sehr viel alte Bau-
       existiert bereits. Sie heißt BIM. Diese Ab-   Großbritannien oder Deutschland und         substanz und unerforschten Untergrund;
       kürzung steht für „Building Information       auch die EU selbst treiben BIM politisch    hierzu liegen kaum Daten vor – ganz im
       Modeling“. Damit bezeichnet man eine          voran und wollen die Methodik in den        Gegensatz zu der Vielfalt an Informatio-
       digitale, computergestützte Methodik,         nächsten Jahren als Standard einführen      nen über die Lage von Rohren, Kabelka-
       die mit dreidimensionalen Modellen eine       – beim Bau von Gebäuden oder Projek-        nälen oder Abwassersystemen. Hass gibt
       virtuelle Planungsphase vor Beginn des        ten wie Tunneln oder Verkehrsprojekten,     zu bedenken, dass man nicht alle Daten
       eigentlichen Bauprojektes ermöglicht.         die mit öffentlichen Geldern finanziert     im Nachhinein erfassen könne. „Der
       BIM soll das Bauen schneller, sicherer,       werden.                                     Idealfall wäre ein Modell, in dem man all
       kostengünstiger, umweltverträglicher             „Im Moment sind wir international        die relevanten Daten abrufen kann. Aber
       und vor allem besser machen. BIM soll         soweit, dass wir beginnen, die Planung      heute stehen die Städte vor der Frage, wie
       helfen, Fehlerquellen bereits während         von Gebäuden gesamtheitlich zu verste-      viel Geld sie investieren wollen, um aus
       der Planung zu identifizieren und auszu-      hen“, sagt Wolfgang Hass. Der Pro-          den vorhandenen 2D-Plänen aussage-

       22 hi!tech 03|16                                 Ingo Petz    Implenia AG

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            kräftige 3D-Pläne zu machen.“ Und Hass
            ist überzeugt: „Bei dieser Frage wird man
            erst mal Kompromisse machen müssen,
            um einen akzeptablen Effekt mit BIM er-
            zielen zu können.“
                Singapur zum Beispiel ist eine Stadt,
            für die BIM eine überlebenswichtige Rol-
            le spielt, weil sie nur über einen be-
            grenzten geographischen Raum für die
            künftige Stadtentwicklung verfügt und

                                                         66
            damit sehr effizient planen muss. Bau-
            herren und Auftragnehmer in dem
            Stadtstaat sind deswegen heute schon
            gefordert, bestimmte Daten zu einem
            Gebäude an einen Stadtserver zu liefern.                Prozent
            Auch für Google und Disney interessant
                                                         der Weltbevölkerung
            Dass die Rolle von BIM bei der Stadtpla-     werden 2050 in
            nung der Zukunft immer weitere Kreise
                                                         Städten leben
            ziehen wird, sieht man auch daran, dass
            sich Datensammel-Giganten wie Google
            damit beschäftigen. Flux, ein Spin-Off des
            Innovationszentrums Google X, hat eine
            Software entwickelt, mit der Architekten
            und Bauplaner über 3D-Modelle bautech-
            nische Daten austauschen können. Diese
            Stadtmodelle können auch als Marketing-
            Plattform genutzt werden, indem die Soft-
            ware dem User beispielsweise die passen-
            den Solaranlagen von bestimmten Her-
            stellern empfiehlt – ein Milliarden-Markt.
            Auch Weltkonzerne wie Disney forschen
            zusammen mit renommierten Universitä-
            ten an der Entwicklung von BIM.
               Martin E. Fischer, Professor für Bau-
            ingenieurwesen und Umwelttechnik an
            der Stanford-Universität in Kalifornien,
            betont: „Schließlich könnte Disney mit
            einer effizienteren Planung des komple-
            xen Energie- oder Wassermanagements

                                                                               hi!tech 03|16   23

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                                                   in seinen Themenparks viel Geld einspa-          Und dennoch: BIM treibt bereits auch
                                                   ren.“ Fischer, ein gebürtiger Schweizer,      die digitale Städteplanung voran. Auf
                                                   gilt weltweit als einer der wichtigsten Ex-   lange Sicht bedeutet die Entwicklung
                                                   perten für die BIM-Forschung. Die Er-         von BIM als Werkzeug der Stadtplanung
                                                   gebnisse seiner Arbeit hatten Einfluss        für Bauunternehmen, die schlüsselferti-
                                                   auf Bauprojekte in Asien, in den USA          ge Großprojekte umsetzen, eine enorme
                                                   und in Europa. „Wir brauchen zunächst         Arbeits- und Kostenerleichterung. Alar
                                                   eine gemeinsame Informationsbasis,            Jost ist der Chefentwickler für BIM bei
                                                   d.h. einen unmittelbaren Datenaus-            Implenia, dem führenden Bau- und Bau-
                                                   tausch zwischen den Gebäudeverwaltun-         dienstleistungsunternehmen der
                                                   gen und städtischen Behörden. Und auf         Schweiz. Er glaubt: „Unsere Auftragge-
                                                   der anderen Seite ist ein Austausch un-       ber werden künftig noch umfassendere
                                                   ter den Stadtbehörden selbst erforder-        und komplexere Anforderungen an uns
                                                   lich.“ Den Faktor „Vertrauen“, meint Fi-      stellen. Man wird nicht nur die Art von
                                                   scher, dürfe man bei der Entwicklung          BIM-Modell fordern, mit der man ein Ge-
                                                   von BIM nicht unterschätzen. „Viele Be-       bäude klassisch planen kann, sondern
                                                   hörden, die bestimmte infrastrukturelle       ein Modell, in dem auch alle relevanten
                                                   Systeme in der Stadt überwachen, arbei-       städtebaulichen und infrastrukturellen
                                                   ten unabhängig voneinander und haben          Aspekte erfasst werden können – vom
                                                   sehr häufig noch nie zusammen an ei-          Investitionsmodell bis zum Betriebsmo-
                                                   nem Tisch gesessen.“ BIM gelinge nur,         dell.“ Die Entwicklung, davon ist Jost
                                                   indem man sich austauscht und mitein-         überzeugt, werde noch schneller voran-
       BIM, also Gebäudedaten-                     ander kooperiert. Diese Denkweise hät-        schreiten, als man sich das im Moment
       modellierung, vernetzt                      ten alle Beteiligten zu verinnerlichen. In    ausmalen könne. Und er glaubt, dass
       alle beteiligten Parteien
                                                   dieser Hinsicht, so Fischer, stecke BIM       diese Entwicklung vor allem von Unter-
       digital miteinander, um
       gemeinsam an einem                          noch in der Kinderschuhen.                    nehmen und privaten Bauherren ange-
       Bauprojekt zu arbeiten.                                                                   trieben werden wird, die sich von BIM
                                                                                                 eine größere Kosteneffizienz und Wirt-
                                                                                                 schaftlichkeit im Betrieb versprechen.
                                                                                                    Noch sei es nicht gängige Praxis, er-
                                                                                                 klärt Jost, dass man bei der Planung ei-
                                                                                                 nes Bauprojektes bestimmte Aspekte der
                                                                                                 stadträumlichen und infrastrukturellen
                                                                                                 Umgebung simuliere. „Aber wir als Un-
                                                                                                 ternehmen machen dies bei bestimmten
                                                                                                 Vorhaben heute schon, um von den Er-
                                                                                                 gebnissen lernen zu können. Zudem
                                                                                                 sind wir der Meinung, dass diese kom-
                                                                                                 plexe digitale Verzahnung zum Standard
                                                                                                 werden wird.“ Die neue Zeitrechnung
                                                                                                 für Städte und Stadtplaner, sie hat also
                                                                                                 längst begonnen.                         •
                                                                                                 Ingo Petz schreibt als Journalist für renom-
                                                                                                 mierte deutschsprachige Zeitungen und Pub-
                                                                                                 likationen, darunter die Frankfurter
                                                                                                 Allgemeine Zeitung und Der Standard. Er hat
                                                                                                 zudem zahlreiche Bücher veröffentlicht.

       24 hi!tech 03|16                               Ingo Petz    Siemens

015890T2_2227_1603hitech_bim_verkehr_CE3.indd 24                                                                                                16.11.16 09:38
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