Dezember Digitale Braukunst - hi!tech
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Digitale Intelligente Mensch Braukunst Verkehrssysteme & Roboter Die Vernetzung Sichere Skifahren der Welt Diagnose light Dezember Technologieblog Ausgabe Verkaufspreis hitech.at 03 |16 € 3,50 015890T2_0100_1603hitech_cover_COE_SF2.indd 1 16.11.16 09:16
01001001 01101110 01100100 01110101 01110011 01110100 01110010 01101001 01100101 00100000 00110100 00101110 00110000* *Ihre IT-Abteilung wird verstehen, was wir meinen. WIR VERSTEHEN INDUSTRIEISCH. Und präsentieren Ihr Unternehmen in der Sprache Ihrer Zielgruppe. In Print, online, auf Events und in Ihrem Kundenmagazin. www.industriemagazin-verlag.at AZ_HiTechMag_210x280_RZ.indd 1 09.11.16 16:59 015890T2_0200_1603hitech_U2_COE.indd 2 10.11.16 15:22
hi!tech Editorial Liebe Leserin, lieber Leser, die Digitalisierung ist ein bestimmender ist und welche konkreten Werkzeuge Faktor in vielen Bereichen unseres Le- Siemens seinen Kunden am Weg zum bens. Für die Industrie ist sie Hebel für digitalen Unternehmen bieten kann. In mehr Effizienz, Schnelligkeit und höhere den Digitalisierungs-Referenzgeschichten Individualität. Gleichzeitig birgt sie auch wird ein Bogen von der Immobilienwirt- die Chance für die Entwicklung neuer schaft über das Braugewerbe bis hin zum Dienstleistungen und innovativer Ge- Verkehrsmanagement gespannt. schäftsmodelle. Kürzere Markteinfüh- Diese Kundenprojekte illustrieren rungszeiten und immer individuellere auch sehr gut den Geist des neuen Sie- Coverillustration: Christina Lehner, primart Kundenbedürfnisse, die flexibel bedient mens-Claims „Ingenuity for life“, der zum werden wollen, erfordern ganzheitliche, 200. Geburtstag des Unternehmensgrün- digitalisierte Prozesse. Die Digitalisie- ders Werner von Siemens einen neuen rung erlaubt es, alle Wertschöpfungsstu- Markenauftritt begleitet. „Ingenuity for fen zu verschmelzen. Überall, wo sich life“ beschreibt in drei Worten, dass im Sensoren integrieren lassen, ist es auch Zeitalter der Digitalisierung technologi- möglich, das Service zu verbessern. sches Know-how, Erfindungsreichtum Ob Lösungen für die Fertigungs- und und Innovation stärker gefragt sind denn Prozessindustrie, ob Technologien für je. „Ingenuity“ steht für Innovation und Impressum die Erzeugung und Verteilung von Ener- gie, ob für Gebäudeautomatisierung oder Ingenieurskunst – in der partnerschaftli- chen Zusammenarbeit mit Kunden. „For hi!tech – Das Innovationsmagazin von Siemens für optimierten Individual- und öffentli- life“ bezieht sich auf die Rolle, die wir in Österreich Herausgeber und Medieninhaber Siemens AG chen Verkehr: Unser Ziel ist es, unseren der Gesellschaft einnehmen wollen, näm- Österreich, Siemensstraße 90, 1210 Wien Kunden in einer zunehmend digitalisier- lich langfristig Wert schaffen – für unsere Mit der Herausgabe beauftragt ten und automatisierten Welt einen ent- Kunden, Mitarbeiter und die Gesellschaft Mag. Katharina Swoboda, MBA Chefredaktion Mag. Christian Lettner, MA scheidenden Mehrwert bieten zu können. als Ganzes. So wie wir das in Österreich Redaktion Mag. Wilma Mert, MSc., Günther In der aktuellen hi!tech-Ausgabe dreht bereits seit 137 Jahren tun. Schweitzer, Ruth Unger, Bakk. sich alles um den digitalen Wandel. Es Grafische Gestaltung alaki-design Fotoredaktion Sieglinde Hofstätter werden darin Fragen aufgeworfen wie, ob Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen Litho R12 Druck Offset 5020, Siezenheim sich Österreich dieser Entwicklung entzie- beim Lesen Lektorat LanguageLink hen kann, wann mit einer ersten komplet- Ing. Wolfgang Hesoun Mitglied im Verband für integrierte Kommunikation ten Umsetzung von Industrie 4.0 in einer Vorstandsvorsitzender Kontakt hitech.at@siemens.com realen Produktionsumgebung zu rechnen Siemens AG Österreich hi!tech 03|16 3 015890T2_0300_1603hitech_editorial_CE3.indd 3 16.11.16 10:02
Inhalt 3|16 06 Coverstory Digitalisierung. Der digitale Wandel in der Industrie ist unaufhaltbar. Unternehmen profitie- ren durch höhere Produktivität, Flexibilität sowie kürzere Markteinführungszeiten. Interview. Siemens-Österreich-Generaldirektor Wolfgang Hesoun und Siemens-Divisions- leiter Digital Factory Kurt Hofstädter über Industrie 4.0 und das Siemens-Portfolio „Digitales Unternehmen“. 25 hi!biz hi!future intro 16 Mehr Produktivität durch intro 30 Wasservariationen Simulation 28 Elektrizität für die Welt Industrielle Kraftwerkslösungen Der Batteriehersteller Banner stellt durch die Sparsamer Speicher Der ICE 4 ist hier Überprüfung von Plänen zur Anlagen Stadtbahnen für die USA restrukturierung anhand eines digitalen Die digitale Stufe der Entscheidungsfreiheit Abbildes der Produktion Investitionsent- Braukunst 18 für Roboter 32 scheidungen auf eine solide Grundlage. Österreichs größte Privatbrauerei vertraut In einem Labor lernen Fertigungsroboter, auf ein maßgeschneidertes Automatisie- Aufgaben mit Maschinenintelligenz rungssystem. hitech.at eigenständig zu erfüllen. Besuchen Sie unseren neu Schneller, besser, gestalteten Technologie-Blog. Weltrekordmotor hebt ab 36 günstiger 22 Meilenstein auf dem Weg zur Elektrifizie- Building Information Modeling ist eine rung der Luftfahrt: Ein Flugzeug mit Elektro- digitale Arbeitsmethode, die die Bau- motor hat den Jungfernflug gemeistert. industrie revolutioniert. Innovationen Generation Z 39 Verkehrsmanagement 25 Siemens geht neue Wege bei Innovationen: Die zunehmende Komplexität der Mobilitäts- Mit der Gründung von next47 sollen disrup- systeme ist vorprogrammiert. Intelligente tive Ideen stärker gefördert und neue Strategien verhindern, dass sie dadurch Technologien vorangetrieben werden. zwangsläufig auch komplizierter werden. 4 hi!tech 03|16 015890T2_0405_1603hitech_inhalt_CE3.indd 4 17.11.16 08:21
hi!tech 62 40 59 hi!life Die Vernetzung der Welt 40 intro 50 Das neue Miteinander 59 Gewinner-Artikel des Siemens-CEE-Press- Siemens-CEE-Press-Award 2016 Mensch und Maschine arbeiten immer enger Award 2016 über Smart Cities. Oscar für Energieeffizienz zusammen. Autonome Systeme werden zu Professionell in die Zukunft einem Teil der Belegschaft. Von diesem Um- Wenn Spinnen drucken 44 bruch können Firmen und Mitarbeiter glei- Der nächste Schritt beim 3-D-Drucken Sichere Diagnose 52 chermaßen profitieren. könnten krabbelnde Spinnenroboter mit An der Medizinischen Universität Innsbruck Druckerdüsen sein. setzt man bei der Abklärung von Brustkrebs- Die neue Leichtigkeit 62 verdachtsfällen auf das Verfahren der Ski und Skischuhe werden immer leichter. Erster öffentlicher eHighway 47 Elastographie. Weltpremiere für Lkws mit Stromabnehmern hi!toys 66 auf einer öffentlichen Straße. Energiespar-Zentrum 56 Smarter Knopf im Ohr. Analyse mit Die neue Siemens-Konzernzentrale in Schwung. Tragbarer Speicher. Ganz schön Auf gute Zusammenarbeit, München ist ein Musterbeispiel für Ener- heiß. Zocken wie früher. Kollege Roboter! 48 gieeffizienz. Und noch mehr: Sie ist eines Mit dem Einsatz autonomer Technologien hi!books 67 der modernsten und nachhaltigsten Büro- rückt auch die Beziehung zwischen Mensch Das Erwachen der Maschinen. Brauchen Ro- gebäude der Welt. und Maschine immer mehr in den Fokus. boter Moral? Von der Masse zum Individu- Roboterpsychologin Martina Mara hat sich um. Digital versus sozial. 200 Jahre Werner dazu Gedanken gemacht. von Siemens. hi!tech 03|16 5 015890T2_0405_1603hitech_inhalt_CE3.indd 5 16.11.16 10:42
Die Zukunft hat gestern begonnen Der digitale Wandel in der Industrie ist unaufhaltbar. Unternehmen profitieren durch höhere Produktivität, Flexibilität sowie kürzere Markteinführungszeiten. Für ihre Kunden bedeutet das: individuellere und hochwertigere Produkte. 6 hi!tech 03|16 Das Magazin - siemens.com/magazin Siemens Christina Lehner 015890T2_0612_1603hitech_coverstory_NEU_OK_CE3.indd 6 16.11.16 09:38
Zukunft gestalten: Siemens- Ingenieure entwickeln mit modernsten Technologien Lösungen für unsere Art zu leben und zu arbeiten. F ünfzehn, zwanzig Jahre sind eine geblieben. Die Digitalisierung eröffnet schiebungen, von technologischen Ent- vergleichsweise kurze Zeit. Da- Branchenfremden Zugänge zu Märkten, wicklungen, gesellschaftlichen Trends mals, etwa zur Jahrtausendwen- die früher faktisch abgeschottet waren. und von umweltpolitischen Notwendig- de, war die Welt der Wirtschaft Wie aus dem Nichts entstehen völlig keiten ist wichtiger denn je. noch einfach und verständlich. Die Märk- neue Geschäftsmodelle und Wettbewer- te waren klar abgesteckt, die maßgebli- ber. „Der Markteintritt für Start-ups ist Marktgrenzen verschwimmen chen Player bekannt, ihre Geschäftsmo- heute viel leichter. Dank neuer Techno- Weltweit liefern Unternehmen ein- delle vergleichbar. Vereinfacht gesagt logien wie Cloud Computing benötigen drucksvolle Beispiele für diese Flexibili- haben Handelsunternehmen gehandelt, sie viel weniger Startkapital“, sagt etwa tät: Apple und Google forschen an auto- Autobauer Autos gebaut und Maschinen- Michael Rasch, Partner und Digital nom fahrenden Autos. Der Online- bauer Maschinen. Online-Versandhänd- Transformation Leader bei der Unter- Pionier Elon Musk baut Tesla-Elektroau- ler haben Waren im Internet vertrieben, nehmensberatung PwC. Die Wirtschaft tos, entwickelt Lade-Infrastrukturen und Energieversorger Strom, Gas und Wärme befindet sich mitten im größten und produziert Raketen. Und Amazon-Grün- produziert und geliefert, Versicherungs- schnellsten Transformationsprozess ih- der Jeff Bezos will Weltraumtouristen in gesellschaften Versicherungen verkauft. rer Geschichte. Nichts hat mehr Bestand. suborbitale Umlaufbahnen schicken. Das Heute ist von dieser Klarheit wenig Das schnelle Antizipieren von Marktver- Eindringen in fremde Märkte geht nicht Wie wird sich Industrie 4.0 auf Ihre Wettbewerbsfähigkeit auswirken? Quelle: McKinsey & Company 8 hi!tech 03|16 Das Magazin - siemens.com/magazin Siemens 015890T2_0612_1603hitech_coverstory_NEU_OK_CE3.indd 8 16.11.16 09:38
Cover nur von Online-Unternehmen aus. Der 180.000 -fach hat sich die Geschwindigkeit der Datenübertragung Automobilzulieferer Bosch etwa hat ein System zur Internetanbindung von seit den 80er Jahren erhöht Autos auf den Markt gebracht. Singa- pore Post hat mit dem chinesischen sition schärfster Konkurrenten, zudem in Die Digitalisierung erhöht Produktivi- Online-Händler Alibaba ein Joint Ven- dieser Größenordnung: Noch vor weni- tät und Flexibilität, verkürzt Marktein- ture für den E-Commerce in Asien ge- gen Jahren wäre das völlig undenkbar ge- führungszeiten und eröffnet attraktive gründet. BMW und Mercedes definieren wesen. Die ehemalige Nokia-Tochter sam- Ertragsmodelle. „5.000 vernetzte Autos Mobilität mit ihren Carsharing-Services melt und verwertet Milliarden von Daten können mehr Umsatz generieren als neu. Und Siemens steigt mit dem Ange- für Karten und standortbezogene Dienst- 50.000 nicht vernetzte“, sagt etwa bot „MindSphere – Siemens Cloud for leistungen. Der Deal ist ein wichtiger KPMG-Experte Pawelke. „Es wird nicht Industry“ in den Markt der cloudbasier- Schachzug zur Abwehr potenzieller Wett- mehr das Produkt Auto allein sein, son- ten Industrielösungen ein. bewerber wie Google, Apple und Co. „Wer dern die intelligent vernetzte Dienstleis- Selbst vor der Kooperation mit Wettbe- in der Lage ist, auch in einem hochdigita- tung.“ Auch im Maschinen- und Anla- werbern wird nicht mehr zurückge- lisierten Zeitalter die Kundenschnittstelle genbau, in der Energiebranche oder in schreckt. So haben Audi, BMW und Mer- zu besetzen, wird weiter Wachstum gene- der Luft- und Raumfahrttechnik gilt: cedes im vergangenen Jahr den Online- rieren können“, sagt Moritz Pawelke, Ex- Überall, wo sich Sensoren integrieren Kartendienst Here für eine Milliarden- perte für Digitalisierung bei der Wirt- lassen, ist es auch möglich, den Service summe gekauft. Eine gemeinsame Akqui- schaftsprüfungsgesellschaft KPMG. zu verbessern und daran zu verdienen. Wertschöpfungsstufen verschmelzen Durch Digitalisierung wird es auch mög- Erwartungen von Unternehmen lich, alle Wertschöpfungsstufen zu ver- an die Digitalisierung schmelzen. Erste Ansätze dazu gab es be- reits in den 1980er Jahren in Form des Computer Integrated Manufacturing (CIM). Doch das geplante Zusammen- wachsen von Computer-Aided Design (CAD) und Computer-Aided Manufactu- ring (CAM) hat sich damals nicht recht durchgesetzt. „Die Technologie war noch nicht weit genug entwickelt“, sagt Uwe Grundmann, Europa-Chef des US-Markt- forschungsunternehmens ARC Advisory Group mit Sitz in Düsseldorf. „Über die Telefonleitungen konnten nur etwa 56 Ki- lobit pro Sekunde übertragen werden – das war viel zu wenig.“ Heute sind Ge- schwindigkeiten von bis zu zehn Gigabit pro Sekunde möglich – rund 180.000 Mal soviel. Zudem gebe es viel leistungsfähi- gere Verfahren zur Erfassung, Übertra- gung, Speicherung und Auswertung gro- ßer Datenmengen. Die Technologiesprün- ge betreffen sowohl das Volumen der Da- ten (Big Data) als auch deren Auswertung Quelle: McKinsey & Company und praktische Verwendung (Smart Data). hi!tech 03|16 9 015890T2_0612_1603hitech_coverstory_NEU_OK_CE3.indd 9 16.11.16 11:55
Cover 50 Prozent des Geschäfts von Vorausschauende Organisationen schaffen jetzt die Voraussetzungen, um auf die fundamentalen Veränderungen Tausende Siemens-Ingenieure be- schäftigen sich täglich mit der Frage, wie Hard- und Software schneller zu- Siemens wurden in flexibel reagieren zu können oder diese sammenwachsen können, sei es in den den vergangenen mitzubestimmen. „Nur so können sie im Bereichen intelligente Fabriken, neue digitalen Zeitalter überleben“, sagt PwC- Formen der Mobilität, innovative Ge- zehn Jahren Experte Rasch. Zu diesen Grundvoraus- bäudetechnik oder wie sich Automati- ausgetauscht setzungen zählen Know-how, Innovati- sierungstechnologien und die Erzeu- onskraft, Kreativität, Veränderungs- gung und Verteilung von Energie in de- bereitschaft und gesellschaftliche Akzep- zentralen Netzen weiter optimieren und tanz. Ferner müssen Unternehmen ver- zukunftsfähig organisieren lassen. Da- stärkt Partnerschaften und Kooperatio- bei helfen Cloudtechnologien oder Da- nen eingehen. tenanalytik, aber auch die Zusammen- arbeit mit Lieferanten, Kunden, Innovationsstärke und Branchenwissen wissenschaftlichen Einrichtungen und Ob Lösungen für die Fertigungs- und mit Start-ups. Zusätzlich besitzt Prozessindustrie, ob Technologien für Siemens einen unermesslichen Vorteil die Erzeugung und Verteilung von Ener- gegenüber neuen Marktteilnehmern gie, ob für Gebäudeautomatisierung oder aus der rein digitalen Welt: Branchen- für optimierten Individual- und öffentli- kompetenz. Siemens versteht die Pro- chen Verkehr: Wenn es darum geht, in ei- zesse der Kunden – und kann zudem ner zunehmend digitalisierten und auto- das gesamte Spektrum benötigter Tech- Volkswirtschaftliches matisierten Welt zu bestehen, ist Siemens dank führender Technologiepositionen nologien aus einer Hand anbieten. Doch nicht nur der technologische Potenzial durch digi- mit einer Erfahrung von knapp 170 Jah- Fortschritt treibt die Entwicklung des Di- tale Kollaborationen ren sowie fundiertem Know-how in der Elektrifizierung und Automatisierung gital Enterprise voran. „Maßgeblich sind die Kunden. Sie möchten auf dem Weg Mit besseren digitalen Kooperationsstrate- bestens aufgestellt. Erfahrung ist das zum Digital Enterprise unterstützt wer- gien ließe sich ein gewaltiges Wachstum eine, Innovationsstärke das andere. Auch den und fragen nach entsprechenden Lö- erzielen. Allein in Deutschland betrüge es in diesem Punkt stellt Siemens seit Jahr- sungen und Produkten“, sagt Peter We- bis zu 3,4 Prozent des BIPs. zehnten seine Vorreiterrolle unter Be- ckesser, Chief Operating Officer der Zusätzliches Wachstumspotenzial weis. Zum Beispiel zählte die Boston Con- Siemens Business Unit Product Lifecycle (BIP in Mrd. $) sulting Group die Siemens AG im Jahr Management der Digital Factory Divisi- 2015 zu den 30 innovativsten Unterneh- on. Kein Wunder: „Kurze Markteinfüh- Deutschland 107 men der Welt. Hinzu kommen große Ko- rungszeit – time to market – wird immer operationsstärke und viel Unternehmer- wichtiger“, so Weckesser. Und dies erfor- USA 433 geist der Mitarbeiter. In den vergangenen dere ganzheitliche, digitalisierte Prozes- China 216 zehn Jahren hat sich Siemens massiv ge- se. Zudem müssten immer individuelle- Indien 52 wandelt: Seitdem wurden rund 50 Pro- re Kundenbedürfnisse flexibel bedient zent des Geschäfts ausgetauscht. Mit werden können. „Ziel ist die Losgröße 1. Brasilien 52 rund 17.500 Software-Ingenieuren zählt Bei Nike etwa können sich die Käufer be- Kanada 43 Siemens rechnerisch zu den größten reits ihren Namen ab Fabrik auf die Russland 31 Softwareunternehmen der Welt. Zusätzli- Sportschuhe sticken lassen“, sagt Weck- che FuE-Mittel sollen außerdem vor allem esser. Und schließlich geht es auch dar- in Automatisierung, Digitalisierung und um, die Produktivität zu steigern, Ar- Quelle: Accenture, Digital Collaboration Index dezentrale Energiesysteme fließen. beitskräfte und Maschinen effizienter 10 hi!tech 03|16 Das Magazin - siemens.com/magazin Siemens 015890T2_0612_1603hitech_coverstory_NEU_OK_CE3.indd 10 16.11.16 09:38
Im Datencenter befindet sich die wertvollste Ressource eines Unternehmens: Daten. einzusetzen sowie den Verbrauch von Energie und Rohstoffen zu minimieren. Ingenuity for life Neue Möglichkeiten des 3D-Drucks Zum 200. Geburtstag des Unternehmensgründers Werner von Siemens Einen wesentlichen Beitrag zur Individu- hat Siemens seine Positionierung mit einem neuen Markenauftritt alisierung und Flexibilisierung der Pro- geschärft. Zentrales Element ist der Claim „Ingenuity for life“. duktion werden die neuen Möglichkei- ten des 3D-Drucks leisten. Auf Grund- „Ingenuity“ steht für Innovation, genau das: Der Erfindergeist und das lage von CAD-Dateien entstehen hier aus Ingenieurskunst und Genius. Für fundierte Branchen-Know-how der Metall, Kunststoff oder Keramik Bautei- Siemens bedeutet es auch Gemeinschaft: Siemens-Ingenieure sichern die Wettbe- le, die sich bisher gar nicht oder nur mit vereint zu sein im Handeln und in der werbsfähigkeit und damit Arbeitsplätze sehr hohem Aufwand herstellen ließen. partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit und Wohlstand. Sie erhöhen die Zuver- Kunden. „For life“ bezieht sich auf die lässigkeit und Sicherheit von Anlagen Dieses Verfahren wird sich dort durchset- Rolle in der Gesellschaft: verwirklichen, und Infrastrukturen, steigern die Effizi- zen, wo für Produkte in geringer Stück- worauf es ankommt. Stets geht es enz von Gebäuden, Energiesystemen zahl ein niedriges Gewicht bei hoher darum, langfristig Wert zu schaffen – für und ganzen Städten. Festigkeit erforderlich ist und wo schnell Kunden, Mitarbeiter und die Gesellschaft Und sie reduzieren den Ressourcen- geliefert werden muss, weil sich die Kon- als Ganzes. verbrauch sowie umweltschädliche Emis- struktion häufig ändert – etwa in der Die smarten und innovativen sionen – um nur einige Beispiele zu Luft- und Raumfahrt oder in der Auto- Siemens-Produkte und -Lösungen leisten nennen. mobilindustrie. hi!tech 03|16 11 015890T2_0612_1603hitech_coverstory_NEU_OK_CE3.indd 11 16.11.16 09:38
Cover Nachhaltiger Energie gehört die Zukunft. Digitale Technologien gewährleisten eine zuverlässige Daten erzeugen Energieversorgung. und nutzen Im Rahmen seiner Digitalisierungs- strategie entwickelt Siemens das Inter- net der Dinge (IoT) fort und hat Ende vergangenen Jahres das Web of Sys- tems vorgestellt. Dieses verbindet die reale Welt der Hardware besser mit der virtuellen Welt der Daten. Es lässt digi- talisierte Systeme miteinander kommu- nizieren und autonom agieren. Die Maschinen können aus generierten Daten selbst lokal Schlussfolgerungen ziehen, vertrauliche Informationen wer- den nicht in die Cloud ausgelagert. Um die Daten sinnvoller nutzen zu können, setzt Siemens auf Sinalytics. Dabei handelt es sich um eine neue Plattform für industrielle Datenanalytik, die verschiedene Technologien vereint. Damit lassen sich die riesigen Daten- mengen, die zunehmend vor allem Sen- soren ermitteln, aggregieren, sicher übertragen und analysieren. Aktuell sind weltweit rund 300.000 Geräte mit Sinalytics verbunden. Für den Porsche 919 werden bei- durchgängige Prozesse – von der Ent- Übergeordnetes Merkmal ist, dass in al- spielsweise zukünftig Teile des Lenksys- wicklung über die Produktion bis zu den len Phasen sämtliche relevanten Daten tems von einem Zulieferer per 3D-Druck Services. Ferner benötigt das Digital erfasst, übermittelt und ausgewertet hergestellt und anschließend noch in Enterprise eine effiziente Kommunikati- werden. Dies gilt auch für die Beziehun- der gleichen Maschine weiterverarbeitet. onsinfrastruktur, die Menschen und Ma- gen zwischen den jeweiligen Phasen Von der Idee bis zur Fertigung solcher schinen miteinander verknüpft und den selbst. Von Beginn an, schon bei der Pro- Teile vergingen früher mehrere Wochen. vernetzten Austausch von Daten ermög- duktentwicklung, müssen Innovationen Heute können schon wenige Stunden licht. Außerdem sind zuverlässige digital designt, getestet und modifiziert ausreichen. Und Airbus fertigt im 3D- Sicherheitslösungen erforderlich, die in werden. Lange bevor das erste physische Druck Halteelemente aus Titan für sein einer Online-Welt den Schutz von Be- Produkt entsteht, erzeugen die Entwick- Modell A350. Früher wurden diese Teile triebs- und Produktgeheimnissen ge- ler einen digitalen Zwilling. Damit lässt aufwendig aus Aluminium gefräst und währleisten. Das vierte Kernelement be- sich in virtuellen Tests feststellen, ob waren 30 Prozent schwerer. steht aus digitalen Services, die den und wie das Produkt funktioniert. Im Das Industrieunternehmen der Zu- Kundendienst erheblich verbessern und Idealfall müssen die Konstrukteure spä- kunft wird ein Digital Enterprise sein. Da- neue Geschäftsmodelle ermöglichen. ter am realen Endprodukt nichts mehr bei geht es darum, die Kernprozesse über ändern. „Ziel ist, dass bereits der erste den gesamten Produktentwicklungs- und Ineinandergreifendes System gebaute Prototyp verkauft werden Produktionsprozess nahtlos zu digitalisie- Der Betrieb eines Digital Enterprise lässt kann“, sagt Weckesser. Die Digitalisie- ren, mit Softwaretools zu unterstützen sich in fünf Phasen gliedern: Pro- rung umfasst auch sämtliche Services und Wertschöpfungsprozesse zu verket- duktentwicklung, Produktionsplanung, für den Kunden. Sie unterstützen ihn ten. Das gilt für diskrete Industrie und die Produktionsengineering, Produktions- dabei, die ausgelieferten Produkte maxi- Prozessindustrie gleichermaßen, denn In- ausführung und Services. Doch anders mal produktiv einzusetzen, die Betriebs- dustrie 4.0 betrifft alle Branchen. als früher werden diese heute als ganz- kosten zu reduzieren und insgesamt den Der Weg zum Digital Enterprise um- heitliches, in alle Richtungen ineinan- größtmöglichen Nutzen aus ihnen zu fasst vier Kernelemente, die logisch auf- dergreifendes System betrachtet und ziehen. Damit verbunden sind häufig einander aufbauen: Das sind zum einen nicht mehr als eine Kette chronologisch neue Geschäftsmodelle und Kundenbe- industrielle Softwarelösungen für aufeinander aufbauender Prozesse. ziehungen. • 12 hi!tech 03|16 Das Magazin - siemens.com/magazin Siemens 015890T2_0612_1603hitech_coverstory_NEU_OK_CE3.indd 12 16.11.16 09:38
Cover „Nicht dabei sein heißt 100 Prozent verlorene Jobs“ Siemens-Österreich-Generaldirektor Wolfgang Hesoun und der Leiter der Siemens-Division Digital Factory Kurt Hofstädter über den Stand der Umsetzung von Industrie 4.0, Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und das Siemens-Portfolio „Digitales Unternehmen“ mit konkreter Unterstützung für Unternehmen. Industrie 4.0 ist in aller Munde und der -prognosen produziert, sondern rie 4.0 ist nicht nur ein Hebel für mehr Begriff wird vielfältig verwendet. Was ist bedarfssynchron auf Anfrage. Das heißt, Effizienz, sondern auch eine Chance, Ihr Verständnis davon? es wird produziert, was auch verkauft neue Dienstleistungen und innovative Hesoun: Industrie 4.0 ist nichts weniger werden kann. Ziel ist, dass ein immer Geschäftsmodelle zu entwickeln. als die Digitalisierung der Industriepro- höherer Individualisierungsgrad in der duktion – und das über die gesamte Fertigung mit einem optimalen Einsatz Was ist der Stand der Umsetzung von Wertschöpfungskette. Das erlaubt, der Betriebsmittel und Rohstoffe Industrie 4.0 in Österreich? individuelle Kundenanforderungen einhergeht. Kleinserien und sogar Hesoun: Im Europa-Vergleich haben die rascher zu erfüllen. Es wird weniger auf Einzelanfertigungen können somit Unternehmen in Österreich die Nase Basis von Markterwartungen oder kostengünstig erzeugt werden. Indust- schon recht weit vorne. Es gibt hierzu- Industrie 4.0 bietet die große Chance, neue Wissens-Arbeitsplätze zu schaffen. Christian Lettner Siemens hi!tech 03|16 13 015890T2_1315_1603hitech_industrie4.0_CE3.indd 13 16.11.16 09:38
„Digital Enterprise“, sprich ein umfassen- des Portfolio, das wir unseren Kunden bieten, um sich fit für Industrie 4.0 zu machen. Hinter unserem Verständnis eines digitalen Unternehmens steht die Idee eines ganzheitlichen, intelligenten Datenmodells, ohne das Unternehmen nicht in der Lage sind, die gesamte Wertschöpfungskette in smarten, lernenden Zyklen zu optimieren. Welche konkreten Werkzeuge bieten Sie Unternehmen an? Hofstädter: In den vergangenen 15 Jahren hat Siemens sein Software-Port- folio unter dem Begriff Digital Enterpri- se Software Suite kontinuierlich erwei- tert. Darin befindet sich ein umfassen- des Angebot an durchgängigen Soft- warelösungen, in dessen Zentrum sich Teamcenter als Kollaborationsplattform „Hinter unserem Verständnis eines digitalen befindet. Teamcenter wird zukünftig in Unternehmens steht die Idee eines ganzheit- zunehmendem Maße Product Lifecycle lichen, intelligenten Datenmodells.“ Management, Manufacturing Execution System bzw. Manufacturing Operations Siemens-Österreich-Generaldirektor Wolfgang Hesoun Management und Totally Integrated Automation nahtlos verbinden. lande fast kein Unternehmen mehr, das Gerade um diese Hürden zu überwinden Mit Closed Loop Manufacturing bieten sich nicht zumindest gedanklich mit und Betrieben die Möglichkeit zu geben, wir unseren Kunden ein konsistentes dem Thema beschäftigt. die neuen Produktionstechnologien zu Datenmodell, das die einzelnen Arbeits- Hofstädter: Die Umsetzung erfolgt meist erproben, wurde die erste österreichi- schritte der technologischen Wertschöp- in definierten Anwendungsbeispielen sche Pilotfabrik Industrie 4.0 gegründet. fungskette miteinander verbindet und und auf Projektebene. Dieser Weg ist in Das war ein wichtiger erster Schritt, drei einen bidirektionalen Datenfluss zwi- vielen Fällen auch am praktikabelsten, weitere Pilotfabriken sind momentan in schen Entwicklung und Fertigung erlaubt. quasi bottom-up einzelne Prozessschrit- der Pipeline. Das heißt, die Daten aus der Produktion te zu digitalisieren, um sie dann am Hofstädter: Auch die Plattform Industrie und dem Service fließen in das Design Ende zu einem intelligenten Datenmo- 4.0 Österreich leistet wichtige Arbeit, neuer Produkte und das Engineering der dell zu vereinen. Ganz wichtig dabei ist, um das Thema mit der praktischen Um- Produktionsprozesse ein. dass man frühzeitig an Schnittstellen setzung in Betrieben abzugleichen. In Durch Integrated Mechatronics denkt, ohne die eine spätere Integration mehreren Arbeitsgruppen werden etwa Engineering for Automation ist es zudem nicht gelingen kann. Themen wie Normungsfragen oder ar- möglich, bei der Entwicklung einer Hesoun: Digitalisierung betrifft übrigens beitsrechtliche Herausforderungen vor- Maschine oder Anlage die Bauteile als nicht nur die großen Unternehmen. Von angetrieben. komplette Einheiten zu nutzen. Da auch diesem Wandel sollen und müssen auch die Automatisierung mit dem TIA-Portal kleinere Betriebe profitieren können. Wie bringen Sie Industrie 4.0 Ihren eingebunden ist, können Anlagen simu- Für Klein- und Mittelunternehmen ist es Kunden näher? liert und virtuell in Betrieb genommen aber schwierig, die erforderlichen gro- Hesoun: Der Zugang von Siemens ist werden. Dieser Ansatz ebnet den Weg für ßen Anfangsinvestitionen zu stemmen. gekennzeichnet durch das sogenannte die Automatisierung des Engineerings. 14 hi!tech 03|16 Christian Lettner Siemens 015890T2_1315_1603hitech_industrie4.0_CE3.indd 14 16.11.16 09:38
Cover Und schließlich unsere spezielle Wien eine Pilotanlage entwickelt, um Bio- Cloud-Lösung für die Industrie: Mind prozesse im Pharmabereich und in der Sphere. Diese Plattform ist als offenes Lebensmittelindustrie zu optimieren. Die Ökosystem konzipiert und ermöglicht es, Digitalisierung ist auch hier ein zentraler die Leistungsfähigkeit von Anlagen Produktivitätshebel, der die Wettbewerbs- durch das Erfassen und die Analyse fähigkeit von Unternehmen steigert. großer Mengen von Produktionsdaten zu verbessern. MindSphere ist die Grundla- Kann man sich der Digitalisierung ge für Anwendungen und datenbasierte eigentlich verweigern? Services von Siemens und Drittanbie- Hesoun: Es gibt nicht die Variante mittun tern, etwa in den Bereichen vorausschau- oder nicht. Wir müssen die Digitalisie- ende Wartung, Energiedaten-Manage- rung als Chance begreifen und diese ment oder Ressourcenoptimierung. zielgerichtet gestalten. Es ist die Chance, Maschinenbauer können damit beispiels- einen Innovationsvorsprung zu behal- weise weltweit verteilte Maschinenflotten ten und den Industriestandort Öster- für Servicezwecke überwachen, deren reich und Europa auszubauen. Wer an Stillstandzeiten reduzieren und damit der Digitalisierung der Produktion nicht neue Geschäftsmodelle anbieten. teilnimmt, schließt sein Unternehmen aus dem Markt aus. Nicht dabei sein Wann rechnen Sie in Österreich mit einer heißt 100 Prozent verlorene Jobs. Der ersten kompletten Umsetzung von Weg, den wir jetzt bei der Digitalisie- Industrie 4.0 in einer realen Produktions- rung einschlagen, wird maßgeblichen „Die ersten umgebung? In einem Interview im Jahr Einfluss darauf haben, wie sich der ös- kompletten 2014 haben Sie von etwa 20 Jahren terreichische Wirtschafts- und Industrie- Umsetzungen gesprochen. Bleibt es bei diesem Zeit- standort künftig präsentiert. horizont oder wird sich die Entwicklung werden wir bereits beschleunigen? Apropos Arbeitsplätze, wie wird sich die in wenigen Jahren Hofstädter: Ich denke, dass sich aus Digitalisierung darauf auswirken? heutiger Sicht die Entwicklung deutlich Hesoun: In der Vergangenheit wurden sehen.“ Kurt Hofstädter, beschleunigen wird. Die ersten komplet- hochwertige industrielle Arbeitsplätze Leiter Division Digital Factory, ten Umsetzungen werden wir bereits in aus unterschiedlichen Gründen etwa Vorstandsvorsitzender der wenigen Jahren sehen. nach Asien oder in die USA verlagert. Mit Plattform Industrie 4.0 Österreich Industrie 4.0 haben wir erstmalig wieder Hat Siemens Österreich innerhalb des die gewaltige Möglichkeit, wissensinten- weltweiten Konzerns spezielle Kompe- sive industrielle Produktion in Europa zu tenzen im Industrie-4.0-Umfeld? halten, zu stärken und hochqualitative Hesoun: Ja, wir sind konzernweit das Wissens-Arbeitsplätze zu schaffen, die Kompetenzzentrum für komplexe Auto- primär von Know-how abhängig sind. matisierungslösungen in der Automobil- Ich erwarte keinen großen Einschnitt bei industrie. Dank der digitalisierten Pro- den Arbeitsplätzen. Auch in der Fabrik zesse können unsere Ingenieure von der Zukunft braucht es Menschen, die die Linz aus weltweit Roboterstraßen pro- Prozesse steuern. Es wird aber Änderun- grammieren und in Betrieb setzen. Frü- gen geben, was die Anforderungen an her konnte die Software-Programmie- die Mitarbeiter und Aufgabenbereiche rung erst starten, wenn das Design betrifft. Hier wird es in Teilbereichen komplett fertig war. Das stellt einen Umqualifikationen brauchen. Wichtig enormen Zeit- und Effizienzgewinn dar. bleibt, die gesteigerte Produktivität im Für die Prozessindustrie haben wir in Markt unterzubringen. • hi!tech 03|16 15 015890T2_1315_1603hitech_industrie4.0_CE3.indd 15 16.11.16 09:38
Wasservariationen Nicht zu viel und sauber soll es sein und zur Energieerzeugung taugt es auch B ei Hochwasser zeigt das nasse Die Verschmutzung des Wassers stellt Ebenfalls zur Reinigung, aber vor al- Element seine gefährliche Seite. eine weitere Herausforderung dar. Be- lem zur Energieerzeugung dient das Auch Hallein nahe Salzburg hat sonders für Anlagen, die einmal für eine Trinkwasserkraftwerk in Zell am See. Die das schon öfter erleiden müssen. Um bestimmte Menge an Abwässern ausge- beiden Salzburger Gemeinden Bruck an künftig Schäden vorzubeugen, hat die legt waren und durch das Bevölkerungs- der Großglocknerstraße und Zell am See Stadt ein umfangreiches Konzept zum wachstum immer größere Volumina zu nutzen die zehn Kilometer entfernte Hochwasserschutz ausgearbeitet. Dazu verarbeiten haben. So wie bei der Abwas- Wölfernquelle als sauberen Energieliefe- wurden an den beiden Salzachufern acht serreinigungsanlage Hofsteig in Vorarl- ranten. Mittels ganzheitlichen Automati- Pumpwerke errichtet, durch die bei berg, die bereits drei Erweiterungen hin- sierungskonzepts von Siemens wurde Hochwasser in die Salzach entwässert ter sich hat. Siemens betreut diese die Quelle zusätzlich zum Kraftwerk. Das werden kann. Diese Pumpwerke sind mit Anlage nun schon seit gut 20 Jahren und Wasser, das aus der Quelle fließt, führt dem Leitstand in der Zentrale des Rein- auch bei der letzten Modernisierung war viel Sand mit. Eine energieneutrale Mik- halteverbandes vernetzt. Bei der elekt- der Technologiekonzern federführend tä- rosiebanlage filtert alle Feststoffe, die ro-, mess-, steuer- und regelungstechni- tig. Herzstück ist das Leitsystem SIMATIC größer als 18 Tausendstel Millimeter schen Ausstattung der Pumpwerke sowie WinCC OA. In der Abwasseranlage wer- sind. Zudem wird das Wasser mit Ultra- des Leitstandes entschied man sich für den knapp 5.000 Datenpunkte gebündelt, violettstrahlung desinfiziert. Danach Lösungen von Siemens. Jedes der Pump- über 300 Aggregate können bedient und strömt es durch eine Turbine, die einen werke ist mit einer Simatic-S7-300-Steu- beobachtet sowie über 500 Messungen Generator antreibt. Damit werden im erung automatisiert, die mit der zentra- ausgewertet werden. Siemens realisierte Jahr 360.000 Kilowattstunden Strom er- len Steuerung im Leitstand im Zuge der Erweiterung auch die Elekt- zeugt, was den Jahresbedarf von rund kommuniziert. roinstallation. 100 Haushalten abdeckt. Industrielle Kraftwerkslösungen A m Markt für Gas- und Dampfturbinen (GuD)-Kraftwerke in der Industrie, bei Kommunen, aber auch bei klassi- gasturbinen zwischen 20MW und 60MW. Diese Einheit von Siemens Österreich wi- ckelt u.a. auch das Projekt zur Erweiterung schen Kraftwerksbetreibern, zeichnet von drei bestehenden Wärmekraftwerken sich ein kontinuierlicher Trend in Richtung des staatlichen bolivianischen Energie- dezentraler Energieversorgung mittels versorgers Ende Andina SAM ab, inklusive kleiner, maßgeschneiderter Einheiten ab. Projektmanagement und Engineering. Die weltweite Kompetenz für industrielle Auch zwei Kraftwerksprojekte in Israel Kraftwerkslösungen von Siemens ist in werden von Siemens Österreich abgewi- Wien gebündelt. Das Leistungsspektrum ckelt. Siemens hat dort erstmals einen Gabriel entstehen im Norden Israels. Alon des Weltkompetenzzentrums umfasst En- Auftrag für die schlüsselfertige Errich- Tavor wird eine Molkerei mit Strom und gineering, Lieferung, Montage und Inbe- tung von zwei industriellen GuD-Kraft- Prozessdampf versorgen, Ramat Gabriel triebsetzung von schlüsselfertigen GuD- werken erhalten. Die beiden erdgasbefeu- eine Faserfabrik. Auftraggeber ist hier der Kraftwerken auf der Basis von Industrie- erten Anlagen Alon Tavor und Ramat israelische Stromversorger RD Energy. • 16 hi!tech 03|16 Siemens Siemens 015890T2_1617_1603hitech_intro_biz_1_CE3.indd 16 17.11.16 08:21
in t ro hi!biz Um Schäden vorzubeugen, hat die Stadt Hallein ein umfangreiches Konzept zum Hochwasserschutz ausgearbeitet. Der ICE 4 ist hier D er ICE 4, der neue Fernverkehrszug der Deutschen Bahn, hat die Zulas- unter realen Bedingungen auf Herz und Nieren getestet, bevor sie voraussichtlich 2.800 Meter hoch über dem sung für Deutschland bekommen und be- mit dem Fahrplanwechsel im Dezember findet sich nun in der 14 Monate umfas- 2017 den Regelbetrieb aufnehmen. Zwei Meer verläuft eine senden Einführungsphase. Mit an Board Züge werden hierfür auf der Strecke Metrolinie in Ecuador des neuen ICE von Siemens sind die im München–Hamburg eingesetzt. Der Kompetenzzentrum in Graz entwickelten 12-teilige ICE 4 erreicht eine Höchstge- 104,9 und produzierten Fahrwerke. In der schwindigkeit von 250 km/h und hat eine Einführungsphase werden die Fahrzeuge Gesamtlänge von 346 Metern. Er bietet insgesamt 830 Sitzplätze. Sein geringes dB Gewicht und sein optimiertes aerodyna- Schalldruck hat eine misches Design reduzieren den Energie- verbrauch pro Sitzplatz gegenüber dem neue 3,15-MW-Siemens- ICE 1 um 22 Prozent. • Schwachwindturbine hi!tech 03|16 17 015890T2_1617_1603hitech_intro_biz_1_CE3.indd 17 16.11.16 09:36
Die digitale Stufe der Braukunst Um rund 20 verschiedene Biersorten effizient, kosten- günstig und mit gleichblei- bend hoher Geschmacks- qualität brauen zu können, vertraut die größte Privat- brauerei Österreichs auf ein maßgeschneidertes Automatisierungssystem. 1 492, im selben Jahr, als Chris- toph Kolumbus eine neue Welt entdeckte, wurde die Stieglbrau- erei zu Salzburg gegründet. Das „Haus Bey der Stiegen“ entwickelte sich in den kommenden knapp 525 Jahren zu Österreichs größter und führender Privat- brauerei, bei der Tradition großgeschrie- ben wird. Als einzige Brauerei Österreichs setzt Stiegl auf ein ganz spezielles Trans- portmittel: die Stiegl-Pferdekutsche. Noch heute werden damit Gastronomiebetriebe in den Salzburger Stadtteilen Maxglan, Riedenburg und Wals-Siezenheim belie- fert. Bei den Zutaten setzt der Familienbe- trieb auf Top-Qualität: So werden die Stiegl-Biere mit Untersberger Wasser ge- braut, die Gerste bezieht die Privatbraue- rei aus dem Weinviertel. Dort pflegt man langjährige persönliche Kontakte zu EGZ- Gerstenbauern (Erzeugergemeinschaft Zistersdorf), bei denen direkt eingekauft wird. Außerdem baut Stiegl auf seinem Gut Wildshut sogar Urgetreide an, das auch selbst vermälzt wird. Digitalisierung auch im Braugeschäft Unternehmen der Brauindustrie stehen heute einer Vielzahl an Herausforderun- gen gegenüber. Die Menge an verschiede- nen Sorten nimmt immer mehr zu, gleichzeitig steigt im Konkurrenzkampf 18 hi!tech 03|16 Jürgen Garneyr Stiegl 015890T2_1821_1603hitech_stiegl1_CE3.indd 18 16.11.16 09:38
hi!biz Noch heute beliefert das traditionsbewusste Familienunternehmen Gastrobetriebe in Teilen Salzburgs mit der Pferdekutsche. hi!tech 03|16 19 015890T2_1821_1603hitech_stiegl1_CE3.indd 19 16.11.16 09:38
hi!biz 20 verschiedene Biersorten produziert die Privatbrauerei Stiegl Kern des Systems ist eine Rezeptsteuerung: Damit haben die Braumeister die Möglichkeit, sämtliche Rezepte individuell zusammenzustellen und flexibel anzupassen. der Kostendruck. Der Weg, die Bierher- Um die unterschiedlichen Biersorten effi- chen wie Sudhaus, Gär-, Lager- und Spe- stellung flexibler und wirtschaftlicher zu zienter, kostengünstiger und mit gleich- zialitätenkeller optimal gesteuert und gestalten, führt über eine durchgängige bleibend hoher Geschmacksqualität zu visualisiert werden. Kern des Systems ist Digitalisierung der Brauanlage – und brauen, setzt die Brauerei auf ein neues eine einfache und effektive Rezeptsteue- zwar entlang der gesamten Wertschöp- maßgeschneidertes Automatisierungs- rung. Diese gibt dem Braumeister die fungskette: Vom Warenein- und ausgang system von Siemens. Basierend auf der Möglichkeit, sämtliche Rezepte individu- über die Produktion bis zur unternehme- Siemens-SIMATIC S7-Technologie und ell zusammenzustellen und flexibel an- rischen Ressourcenplanung. Denn wenn der Software WinCC wurde das Sudhaus zupassen. Die Qualität kann damit noch alle Prozesse optimal ineinandergreifen der Stieglbrauerei zu Salzburg durchge- genauer gesteuert und die typischen Ge- und alle Anlagenteile zuverlässig mitein- hend digitalisiert. schmacksnoten der Biere können da- ander kommunizieren, steigt die Flexibi- Die Inbetriebnahme erfolgte im Mai durch hervorgehoben werden. lität und die Kosten werden gesenkt. 2015 – rund drei Monate vor dem geplan- Dennoch bleibt Bierbrauen in Öster- Nicht nur bei der Wahl der Zutaten ten Termin. Die Umstellung erfolgte inner- reichs größter Privatbrauerei Handar- kommt für die Privatbrauerei Stiegl aus- halb eines Wochenendes und seither ver- beit, allerdings durch modernste Tech- schließlich Topqualität in Frage. Auch die läuft der Betrieb ohne Unterbrechungen. nik unterstützt. „Das hilft uns zum technische Umsetzung des Brauprozesses Dieser nahtlose Übergang war für Stiegl Beispiel natürliche Rohstoffschwankun- muss den hohen Ansprüchen des Salz- von enormer Bedeutung, da das Sudhaus gen auszugleichen und eine konstant burger Unternehmens genügen. Daher pro Jahr lediglich zwei Wochen für War- hohe Qualität zu erzielen“, erläutert pflegt Stiegl eine langjährige Partner- tungen und Überholungen stillsteht. Zu Stiegl-Chefbraumeister Christian Pöp- schaft mit Siemens. Was mit einfachsten den technischen Herausforderungen perl, der die Umstellung auf das neue Siemens-Komponenten wie Elektromoto- zählte neben dem engen Zeitfenster wäh- Automatisierungssystem verantwortete, ren begann, wurde ab den 1970er Jahren rend der Umstellung unter anderem, die Vorteile des digitalisierten Brauhau- mit komplexeren Steuerungen zur Auto- auch die Prozesse des alten Systems zu ses. Durch die technologische Weiterent- matisierung der Produktionsprozesse erfassen und umzuprogrammieren. wicklung merken die Braumeister aller- fortgeführt. Auch bei der Umstellung des dings, dass sie plötzlich wieder Zeit Sudhauses auf eine neue, maßgeschnei- Bierbrauen bleibt Handarbeit haben, sich mit dem zu beschäftigen, derte Automatisierungslösung setzte Durch die Digitalisierung können sämtli- was eigentlich ihre Leidenschaft ist: dem Stiegl auf die Kompetenz von Siemens. che Prozesse in den verschiedenen Berei- Austüfteln neuer Rezepte. 20 hi!tech 03|16 Jürgen Garneyr Stiegl, Jürgen Garneyr 015890T2_1821_1603hitech_stiegl1_CE3.indd 20 16.11.16 09:38
„Das System ist genau auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten“ Stiegl-Chefbraumeister Christian Pöpperl Das neue Automatisierungssystem von Siemens ist in dieser Konstellation einmalig, sozusagen ein Maßanzug für Stiegl. Seit mehr als einem Jahr läuft das System nun schon ohne Probleme. Wie sieht Ihre Bilanz bis jetzt aus? Die Rezepte laufen nun schneller ab, das spart uns wertvolle Einsatzzeiten des Personals. Der Wasserverbrauch konnte durch die Optimierung der Reinigungen reduziert werden. Und durch den rascheren Reinigungsvorgang verrin- und handelt und die räumliche Nähe schreiben und verändern. Die Stabilität gert sich die Menge der eingesetzten von Siemens zu Stiegl eine wesentliche des Systems garantiert uns die notwen- Reinigungsmittel. Voraussetzung für rasche unvorhergese- dige hohe Verfügbarkeit. Alle Prozesse hene Einsätze ist. Die Flexibilität in Ver- sind transparent und nachvollziehbar Wie kam es bei der Suche nach einem bindung mit kurzen Wegen sichert uns und der Support sitzt direkt in Salzburg neuen Automatisierungssystems zur sehr schnelle Einsatzzeiten, wenn es ein- – für mich als Braumeister ist das alles Zusammenarbeit mit Siemens? mal notwendig ist. ein Quantensprung. Siemens Salzburg ist bereits ein langjäh- riger und geschätzter Partner und wir Was macht das neue System für Sie so Rezeptsteuerung, Visualisierungssoft- waren schon bisher von der Kompetenz besonders? ware, elektronische Dokumentation – wie und Leistungsfähigkeit überzeugt. Das Das System ist genau auf unsere sehr ähnelt der Beruf des Braumeisters in Vertrauen zu den handelnden Personen Bedürfnisse zugeschnitten und erfüllt der heutigen Zeit noch den Anforderun- war ausschlaggebend für die Partner- alle unsere Erwartungen. Die zentrale gen vergangener Tage? wahl in diesem komplexen Projekt. Steuerung befindet sich an einem Platz Trotz fortschreitender Technik bleibt Wie wichtig ist für Sie die räumliche Nähe und ist schnell und einfach zu bedienen. Bierbrauen ein Handwerk, das mit viel zum Siemens-Standort in Salzburg? Der zuständige Braumeister kann sehr Erfahrung und Gespür ausgeübt werden Absolut wichtig, da Stiegl regional denkt flexibel und einfach Rezepte neu muss. • hi!tech 03|16 21 015890T2_1821_1603hitech_stiegl1_CE3.indd 21 16.11.16 09:38
Schneller, besser, günstiger Building Information Modeling ist eine digitale Arbeitsmethode, die jetzt schon die Bauindustrie revolutioniert – und im nächsten Schritt auf Städte und Stadtplanung angewandt werden soll. D ie Städte der Welt haben ein schalten. Im Idealfall werden alle Aspek- gramm-Manager in der Abteilung BIM Problem. In den meisten Fäl- te eines Gebäudes, einschließlich des Technologies bei Siemens beschäftigt len sind sie zu alt, zu beengt, Energie-, Abfall- und Brandschutzma- sich bereits seit vielen Jahren mit den zu laut, zu behäbig, und sie nagements, künftig vollständig virtuell Fragen der Energieeffizienz beim Bauen, gehen zu verschwenderisch mit ihren am Computer geplant, bevor die Konst- mit intelligenten Gebäuden und mit Ressourcen um. Da ihre Infrastrukturen ruktion beginnt. Die so aufbereiteten Da- BIM. „Wir brauchen BIM, damit wir mit häufig unzureichend sind und sie damit ten lassen sich außerdem dafür nutzen, den kommenden Herausforderungen in ihre wirtschaftliche Wettbewerbsfähig- den Betrieb und die Wartung zu planen der Stadt Schritt halten können.“ In der keit nicht fördern können, sind Städte und zu managen – und zwar über den Zukunft wird immer mehr Altbestand in für die Zukunft schlecht gerüstet. Im gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes. den Stadtzentren abgerissen oder mo- Jahr 2050, so die Prognose der Vereinten Die Methodik wird bereits seit langem dernisiert werden. Die Baustellen sind Nationen, werden 66 Prozent der Welt- bei der Konstruktion von Schiffen und in laut und dreckig, sie verursachen alle bevölkerung in Städten und urbanen der Automobilindustrie angewandt. möglichen logistischen Probleme für die Ballungsräumen leben. Die Stadt muss Aber dank der revolutionären Entwick- Stadt und kosten somit viel Geld. Umge- sich also rüsten; Bauindustrie, Stadtpla- lung in der IT- und Digital-Technik fin- kehrt kann man daher mit der Optimie- ner und Architekten müssen umdenken, det sie seit zehn Jahren auch in der Bau- rung der Bauzeit hohe Summen einspa- wenn sie mit dieser rasanten Entwick- industrie Anwendung. Weltweit finden ren. Für Hass ist der nächste logische lung Schritt halten und die Städte für Konferenzen zu BIM und zur Stadt der Schritt, auch die Stadt gesamtheitlich zu die Zukunft wappnen wollen. Zukunft statt. Softwareentwickler und verstehen, wie auch die städtische Infra- Generalunternehmer haben den BIM- struktur und die Stadtplanung. Und das Virtuelle Bauplanung Markt längst für sich entdeckt. Länder lasse sich nur mit BIM bewerkstelligen. Die Lösung für diese Herausforderungen wie die USA, die Niederlande, Norwegen, Es gibt in Europa sehr viel alte Bau- existiert bereits. Sie heißt BIM. Diese Ab- Großbritannien oder Deutschland und substanz und unerforschten Untergrund; kürzung steht für „Building Information auch die EU selbst treiben BIM politisch hierzu liegen kaum Daten vor – ganz im Modeling“. Damit bezeichnet man eine voran und wollen die Methodik in den Gegensatz zu der Vielfalt an Informatio- digitale, computergestützte Methodik, nächsten Jahren als Standard einführen nen über die Lage von Rohren, Kabelka- die mit dreidimensionalen Modellen eine – beim Bau von Gebäuden oder Projek- nälen oder Abwassersystemen. Hass gibt virtuelle Planungsphase vor Beginn des ten wie Tunneln oder Verkehrsprojekten, zu bedenken, dass man nicht alle Daten eigentlichen Bauprojektes ermöglicht. die mit öffentlichen Geldern finanziert im Nachhinein erfassen könne. „Der BIM soll das Bauen schneller, sicherer, werden. Idealfall wäre ein Modell, in dem man all kostengünstiger, umweltverträglicher „Im Moment sind wir international die relevanten Daten abrufen kann. Aber und vor allem besser machen. BIM soll soweit, dass wir beginnen, die Planung heute stehen die Städte vor der Frage, wie helfen, Fehlerquellen bereits während von Gebäuden gesamtheitlich zu verste- viel Geld sie investieren wollen, um aus der Planung zu identifizieren und auszu- hen“, sagt Wolfgang Hass. Der Pro- den vorhandenen 2D-Plänen aussage- 22 hi!tech 03|16 Ingo Petz Implenia AG 015890T2_2227_1603hitech_bim_verkehr_CE3.indd 22 16.11.16 09:38
hi!biz kräftige 3D-Pläne zu machen.“ Und Hass ist überzeugt: „Bei dieser Frage wird man erst mal Kompromisse machen müssen, um einen akzeptablen Effekt mit BIM er- zielen zu können.“ Singapur zum Beispiel ist eine Stadt, für die BIM eine überlebenswichtige Rol- le spielt, weil sie nur über einen be- grenzten geographischen Raum für die künftige Stadtentwicklung verfügt und 66 damit sehr effizient planen muss. Bau- herren und Auftragnehmer in dem Stadtstaat sind deswegen heute schon gefordert, bestimmte Daten zu einem Gebäude an einen Stadtserver zu liefern. Prozent Auch für Google und Disney interessant der Weltbevölkerung Dass die Rolle von BIM bei der Stadtpla- werden 2050 in nung der Zukunft immer weitere Kreise Städten leben ziehen wird, sieht man auch daran, dass sich Datensammel-Giganten wie Google damit beschäftigen. Flux, ein Spin-Off des Innovationszentrums Google X, hat eine Software entwickelt, mit der Architekten und Bauplaner über 3D-Modelle bautech- nische Daten austauschen können. Diese Stadtmodelle können auch als Marketing- Plattform genutzt werden, indem die Soft- ware dem User beispielsweise die passen- den Solaranlagen von bestimmten Her- stellern empfiehlt – ein Milliarden-Markt. Auch Weltkonzerne wie Disney forschen zusammen mit renommierten Universitä- ten an der Entwicklung von BIM. Martin E. Fischer, Professor für Bau- ingenieurwesen und Umwelttechnik an der Stanford-Universität in Kalifornien, betont: „Schließlich könnte Disney mit einer effizienteren Planung des komple- xen Energie- oder Wassermanagements hi!tech 03|16 23 015890T2_2227_1603hitech_bim_verkehr_CE3.indd 23 16.11.16 09:38
hi!biz in seinen Themenparks viel Geld einspa- Und dennoch: BIM treibt bereits auch ren.“ Fischer, ein gebürtiger Schweizer, die digitale Städteplanung voran. Auf gilt weltweit als einer der wichtigsten Ex- lange Sicht bedeutet die Entwicklung perten für die BIM-Forschung. Die Er- von BIM als Werkzeug der Stadtplanung gebnisse seiner Arbeit hatten Einfluss für Bauunternehmen, die schlüsselferti- auf Bauprojekte in Asien, in den USA ge Großprojekte umsetzen, eine enorme und in Europa. „Wir brauchen zunächst Arbeits- und Kostenerleichterung. Alar eine gemeinsame Informationsbasis, Jost ist der Chefentwickler für BIM bei d.h. einen unmittelbaren Datenaus- Implenia, dem führenden Bau- und Bau- tausch zwischen den Gebäudeverwaltun- dienstleistungsunternehmen der gen und städtischen Behörden. Und auf Schweiz. Er glaubt: „Unsere Auftragge- der anderen Seite ist ein Austausch un- ber werden künftig noch umfassendere ter den Stadtbehörden selbst erforder- und komplexere Anforderungen an uns lich.“ Den Faktor „Vertrauen“, meint Fi- stellen. Man wird nicht nur die Art von scher, dürfe man bei der Entwicklung BIM-Modell fordern, mit der man ein Ge- von BIM nicht unterschätzen. „Viele Be- bäude klassisch planen kann, sondern hörden, die bestimmte infrastrukturelle ein Modell, in dem auch alle relevanten Systeme in der Stadt überwachen, arbei- städtebaulichen und infrastrukturellen ten unabhängig voneinander und haben Aspekte erfasst werden können – vom sehr häufig noch nie zusammen an ei- Investitionsmodell bis zum Betriebsmo- nem Tisch gesessen.“ BIM gelinge nur, dell.“ Die Entwicklung, davon ist Jost indem man sich austauscht und mitein- überzeugt, werde noch schneller voran- BIM, also Gebäudedaten- ander kooperiert. Diese Denkweise hät- schreiten, als man sich das im Moment modellierung, vernetzt ten alle Beteiligten zu verinnerlichen. In ausmalen könne. Und er glaubt, dass alle beteiligten Parteien dieser Hinsicht, so Fischer, stecke BIM diese Entwicklung vor allem von Unter- digital miteinander, um gemeinsam an einem noch in der Kinderschuhen. nehmen und privaten Bauherren ange- Bauprojekt zu arbeiten. trieben werden wird, die sich von BIM eine größere Kosteneffizienz und Wirt- schaftlichkeit im Betrieb versprechen. Noch sei es nicht gängige Praxis, er- klärt Jost, dass man bei der Planung ei- nes Bauprojektes bestimmte Aspekte der stadträumlichen und infrastrukturellen Umgebung simuliere. „Aber wir als Un- ternehmen machen dies bei bestimmten Vorhaben heute schon, um von den Er- gebnissen lernen zu können. Zudem sind wir der Meinung, dass diese kom- plexe digitale Verzahnung zum Standard werden wird.“ Die neue Zeitrechnung für Städte und Stadtplaner, sie hat also längst begonnen. • Ingo Petz schreibt als Journalist für renom- mierte deutschsprachige Zeitungen und Pub- likationen, darunter die Frankfurter Allgemeine Zeitung und Der Standard. Er hat zudem zahlreiche Bücher veröffentlicht. 24 hi!tech 03|16 Ingo Petz Siemens 015890T2_2227_1603hitech_bim_verkehr_CE3.indd 24 16.11.16 09:38
Sie können auch lesen