MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT - IHK Halle-Dessau

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MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT - IHK Halle-Dessau
MITTELDEUTSCHE
WIRTSCHAFT
Das Magazin der IHK Halle-Dessau ⁄⁄ Oktober 2019
                                                                        Titelthema
                                                                        Schlichten statt richten:
                                                                        Möglichkeiten der außer-
IHK-VOLLVERSAMMLUNG:      RÜCKKEHRER-TAGE:      „HEIMAT SHOPPEN“:       gerichtlichen Streitbeilegung
Kritik am                 Passende Fachkräfte   Impulse für lebendige
Strukturstärkungsgesetz   finden                Innenstädte

                                                                                        www.halle.ihk.de
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MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 ⁄⁄ Auf ein Wort
                                                                                                                                                           1

Auf ein Wort
Ein Einwanderungsland für Fachkräfte werden!

Verstecken wir uns nicht hinter dem          Aber das wird nur ein Teil des Lösungs-
Begriff „demografischer Wandel“. Sa-         pakets sein können.
gen wir es klar und deutlich: Unser Land
schrumpft – spürbar. Die Wirtschaft be-
kommt nicht genug Personal, und dabei        Unsere Gesellschaft
mangelt es nicht „nur“ am Nachwuchs.         muss sich entscheiden:
Arbeits- und Fachkräfte fehlen genau-                                                      Prof. Dr. Steffen Keitel          Prof. Dr. Thomas Brockmeier
so wie neue Unternehmer – das heißt:         Werben wir aktiv um qualifizierte Zu-                Präsident                     Hauptgeschäftsführer
Gründer und Nachfolger (m/w/d) – und         wanderer aus dem Ausland oder nicht?
irgendwann auch die Kunden für Han-          Das Votum der organisierten Unterneh-      ausländische Arbeitskräfte zu uns kom-
del und Dienstleistung.                      merschaft jedenfalls ist eindeutig:        men dürfen. Aber dass sie das auch tat-
                                             Schon vor rund einem Jahr haben sich       sächlich wollen, dabei hilft kein Gesetz.
Die Daten belegen, dass der Schwund          die 14 ostdeutschen Industrie- und         Das müssen eben auch wir wollen –
gravierend zu nennen ist: 1990 hatte         Handelskammern in die politische Dis-      und daran müssen wir arbeiten.
Sachsen-Anhalt noch knapp drei Mil-          kussion um ein Fachkräfteeinwande-
lionen Einwohner. Heute zählen die Sta-      rungsgesetz eingeschaltet und eigene
tistiker fast ein Viertel weniger. In den    Eckpunkte und Maßnahmen für ein sol-       Wir haben
letzten Jahren konnten wir einen leich-      ches Gesetz vorgelegt.                     Nachholbedarf.
ten Überschuss in der Zuzugsstatistik
feiern. Das ist schön. Aber diese neuen      Man darf es in aller Bescheidenheit sa-    Beim Anteil internationaler Arbeitskräf-
Bürger gleichen den negativen Saldo          gen: Die ostdeutschen IHKn waren in        te liegt Sachsen-Anhalt bisher im Bun-
aus Geburten und Sterbefällen nicht          dieser Frage Meinungsführer. Unsere        desländervergleich auf dem letzten
aus, bei weitem nicht. Unser Kammer-         Forderung war ebenso einstimmig wie        Platz. 2017 hatten nur gut drei Prozent
bezirk im Landessüden etwa wird laut         unmissverständlich: „Ein Zuwande-          der hiesigen Arbeitskräfte ausländische
Prognose bis 2030 noch einmal knapp          rungsgesetz für Fachkräfte und zu-         Wurzeln – in Baden-Württemberg wa-
zehn Prozent der Bevölkerung verlieren       künftige Auszubildende nach wirt-          ren es 15 Prozent. Auch bei der Export-
und dann nur noch wenig über der Eine-       schaftsorientierten Kriterien muss ohne    quote oder anderen internationalen
Million-Marke liegen.                        weitere Verzögerungen erstellt und zü-     Kennziffern haben wir noch viel Luft
                                             gig eingeführt werden.“                    nach oben.

Ein Solidaritätszuschlag                     Bundestag und Bundesrat haben ein sol-     Dass wir modern denken und weltoffen
für den Aufbau West                          ches Gesetz im vergangenen Sommer          handeln, sollten wir nicht nur betonen,
                                             beschlossen. Am 1. März 2020 wird es in    sondern täglich belegen. Es ist richtig,
Uns fehlen mittlerweile nicht nur all        Kraft treten. 14 weitere konkrete Forde-   zweifellos vorhandene Ängste, Unzu-
jene, die nach dem Zusammenbruch der         rungen enthielt unser Eckpunktepapier,     friedenheit und Unmut in Teilen unserer
DDR-Wirtschaft Anfang der 1990er             die Hälfte davon wurde ganz oder zu-       Bevölkerung gesellschaftlich zu disku-
Jahre in den Westen gegangen sind,           mindest in Ansätzen erfüllt. Am wich-      tieren. Aber pauschalisiert und politisch
sondern auch deren Nachkommen. Die-          tigsten: Die sogenannte Vorrangrege-       instrumentalisiert gehören sie nicht!
se „Kinder der Wende“ sind demogra-          lung für deutsche oder EU-Arbeitnehmer     Wer hier zündelt, der schadet unserem
fisch gesehen unser einseitiger Solida-      wurde abgeschafft, auch die Zuteilung      Bild in der Welt.
ritätszuschlag für den Aufbau West, und      nach sogenannten Mangelberufen ist
zwar mit bevölkerungsdynamischem             endlich entfallen. Und: Qualifizierte      Und dagegen werden wir uns entschie-
Zinseszinseffekt.                            dürfen nun auch zur Jobsuche für ein       den wenden – zum Nutzen von Wirt-
                                             halbes Jahr ins Land, müssen also nicht    schaft und Gesellschaft, im Interesse
Wenn wir unsere über dreißig Jahre           bereits einen Arbeitsplatz nachweisen.     des Landes insgesamt.
lang neu aufgerichtete Wirtschafts-          Außerdem lichtet das Gesetz das Di-
struktur bewahren wollen, dann müssen        ckicht der beteiligten Behörden. Wir ha-
wir den Negativtrend drehen. Und zwar        ben damit ein Stück ganz konkreten Bü-
möglichst bald. Es ist sicher richtig, da-   rokratieabbau vorangebracht.
bei intensiv auch um Rückkehrer oder
Pendler zu werben, wir berichten im          Die rechtlichen Voraussetzungen dafür      Prof. Dr. Steffen Keitel             Prof. Dr. Thomas Brockmeier
vorliegenden Heft ausführlich darüber.       sind also gegeben, dass qualifizierte      Präsident                            Hauptgeschäftsführer
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT - IHK Halle-Dessau
Die Themen ⁄⁄ MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019
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                           Die Themen
                    1      Editorial                           35     Praxiswissen                         50     Service
                    3      Engagiert im Ehrenamt                      35 ⁄⁄ STANDORTPOLITIK                       50 ⁄⁄ UNTERNEHMENSBÖRSE
                   14      Branchenreport                             36 ⁄⁄ STARTHILFE- UND                       50 ⁄⁄ GEWERBEFLÄCHENBÖRSE
                           14 ⁄⁄ HANDEL                               UNTERNEHMENS-                               50 ⁄⁄ GESCHÄFTSANGEBOTE
                           18 ⁄⁄ TOURISMUS UND                        FÖRDERUNG                                   AUSLÄNDISCHER UNTERNEHMEN
                           GASTGEWERBE                                40 ⁄⁄ AUS- UND                       52     Bekanntmachungen
                   23      Regionalreport                             WEITERBILDUNG                               52 ⁄⁄ BESCHLÜSSE DER
                           23 ⁄⁄ AUS DER REGION                       42 ⁄⁄ INNOVATION UND                        IHK-VOLLVERSAMMLUNG
                                                                      UMWELT                               56     Vorschau
                                                                      46 ⁄⁄ INTERNATIONAL                         56 ⁄⁄ TERMINKALENDER
                                                                      48 ⁄⁄ RECHT UND FAIR PLAY                   56 ⁄⁄ IMPRESSUM
                                                               49     Namen & Nachrichten                         56 ⁄⁄ BILDNACHWEIS

                           03 ⁄⁄ IHK-Vollver-                         06 ⁄⁄ Titelthema                            22 ⁄⁄ Rückkehrer-Tage:
                           sammlung: Kritik am                        Außergerichtliche                           Passende Fachkräfte
                           Strukturstärkungsgesetz                    Streitbeilegung                             finden
                           Die Unternehmerschaft im Süden Sach-       Unternehmer kennen das: Der Kunde           Dieses Jahr finden am 27. Dezember na-
                           sen-Anhalts fordert, das „Strukturstär-    zahlt nicht, der Auftraggeber macht ei-     hezu in der gesamten Region sogenann-
                           kungsgesetz“ des Bundes für den Kohle-     nen Qualitätsmängel geltend, die Liefe-     te Rückkehrer-Tage statt. Diese richten
                           ausstieg im laufenden Gesetzgebungs-       rung kommt zu spät und eine Klärung ist     sich an Menschen, die in den letzten
                           verfahren nachzubessern. Dies machte       nicht in Sicht. Schon findet man sich vor   Jahrzehnten – meist auf der Suche nach
                           der Präsident der IHK, Prof. Dr. Steffen   Gericht wieder!? Letzteres zumindest        Arbeit – gependelt bzw. weggezogen
                           Keitel, auf der Herbstsitzung der IHK-     muss nicht zwingend die Folge sein –        sind und nun zurückkommen möchten.
                           Vollversammlung deutlich: „Der vorlie-     auch wenn sich ein Rechtsstreit nicht       Aber auch Zuzügler oder Menschen, die
                           gende Entwurf reicht nicht aus: Es feh-    immer vermeiden lässt. Welche anderen       eine neue Stelle suchen, sind angespro-
                           len praktisch alle Fördermöglichkeiten     Konfliktlösungen es gibt und wie diese      chen. Lokal ansässige Unternehmen ha-
                           für Unternehmen, die die Kohlekommis-      konkret aussehen, darüber informiert        ben die Möglichkeit, diesem Personen-
                           sion Ende Januar empfohlen hatte!“         das aktuelle Titelthema.                    kreis ihre Jobangebote vorzustellen.
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT - IHK Halle-Dessau
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 ⁄⁄ Engagiert im Ehrenamt
                                                                                                                                                         3

Engagiert im Ehrenamt
Vollversammlung der IHK Halle-Dessau: Es steht viel auf dem Spiel!

Die Finanzen der IHK waren eines der       „Die Infrastruktur ist im Gesetzentwurf
zentralen Themen, mit denen sich die       nur ein Förderbereich unter vielen. Ar-
Vollversammlung in ihrer Herbstsitzung     beits- und Ausbildungsplätze könnten
intensiv befasst hat – die Mitglieder      zum Beispiel gegen andere Kriterien
verabschiedeten den Jahresabschluss        ausgespielt werden“, kritisierte der
2018. Ein weiterer wichtiger Punkt auf     IHK-Präsident. Er beklagte außerdem,
der Agenda: der Braunkohleausstieg         dass in der aktuellen Gesetzesvorlage
und seine Folgen für die Region.           Regelungen zu einem Revierbonus bei
                                           Investitionszuschüssen ebenso fehlten
IHK-Präsident Prof. Dr. Steffen Keitel     wie Steuererleichterungen und besse-
machte deutlich, dass die wirtschaftli-    re Abschreibungsbedingungen für Un-
chen Folgeschäden in den vier deut-        ternehmen.
schen Braunkohlerevieren politisch ab-
gefedert werden müssten. Der nunmehr                                                                                                Kontakt
                                           Wirtschaftsstrukturen                                                                    IHK Halle-Dessau
vorgelegte Gesetzentwurf des Bundes
zur Strukturstärkung sei jedoch unzu-      stärken und weiter-                                                                      Leiterin Büro Präsident
                                                                                                                                    und Hauptgeschäftsführer
reichend. „Es fehlen praktisch alle För-   entwickeln                                                                               Cordula Henke
dermöglichkeiten für Unternehmen, die                                                                                               Tel. 0345 2126-245
die Kohlekommission Ende Januar emp-       Und schließlich bliebe die zentrale Fra-   Der IHK-Präsident kündigte an, dass           chenke@halle.ihk.de
fohlen hatte!“, mahnte der Präsident.      ge weiter unbeantwortet, wie Versor-       sich die IHK in diesen Strukturwandel-
                                           gungssicherheit und internationale         prozess im Interesse ihrer Mitgliedsun-
Die Vollversammlung forderte einhellig,    Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen       ternehmen konstruktiv-kritisch ein-
das Strukturstärkungsgesetz im laufen-     erhalten werden sollen. „Wir werden        bringen werde. Oberstes Ziel sei, die
den Gesetzgebungsverfahren entspre-        den Kohleausstieg in unserer Region nur    wegfallenden qualitativ hochwertigen
chend nachzubessern. Sie befürchtet        bewältigen, indem wir etablierte und       Arbeitsplätze durch Erweiterungen be-
zudem, dass die zugesagten Fördermit-      erfolgreiche Wirtschaftsstrukturen stär-   stehender und die Ansiedlung neuer
tel von immerhin 40 Milliarden Euro        ken und weiterentwickeln“, betonte         Unternehmen adäquat zu ersetzen so-
nicht zielgerichtet eingesetzt würden      Prof. Keitel. „Dafür brauchen wir eher     wie eine stabile und bezahlbare Ener-
und deshalb wirkungslos versickern         bessere Rahmenbedingungen als teure        gieversorgung für die regionale Wirt-
könnten.                                   Einzelprojekte.“                           schaft zu sichern.

IHK-Finanzen: Solide, wirtschaftlich und sparsam
                                           „Die IHK hat planvoll, wirtschaftlich und sparsam gearbeitet, es gibt keinen Anlass
                                           zu Beanstandungen“, präsentierte der ehrenamtliche IHK-Rechnungsprüfer, Sascha
                                           Gläßer, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Halle (Saale), das Ergebnis der Rech-
                                           nungsprüfung.

                                           Die IHK-Vollversammlung stellte den Jahresabschluss 2018 fest und nahm den Be-
                                           richt der ehrenamtlichen Rechnungsprüfer zustimmend zur Kenntnis.

                                           Die Eckdaten des Zahlenwerks lauten:
                                           • Erträgen von insgesamt rund 15,3 Millionen Euro standen Gesamtaufwendungen
                                             in Höhe von rund 13,9 Millionen Euro entgegen.
                                           • Darüber hinaus unterhält die IHK Rücklagen für besondere Aufgaben, etwa um ihre
                                             Leistungen zu digitalisieren oder Gebäude zu modernisieren und instand zu hal-
                                             ten. Nach verschiedenen Zuführungen und Entnahmen saldierte sich der Über-
                                             schuss im Jahresabschluss 2018 auf insgesamt 212.000 Euro.
                                           • Der Überschuss wird vorgetragen und in den Wirtschaftsplänen 2019 und 2020
                                             verwendet.
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT - IHK Halle-Dessau
Engagiert im Ehrenamt ⁄⁄ MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019
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                                                                                     Reiner Storch, stellvertretender Vorsitzender des IHK-Ausschusses für Industrie,
                                                                                     Agrar- und Baugewerbe und Geschäftsführender Gesellschafter der AEM Dessau
                                                                                     GmbH, machte deutlich, dass die geplante Agentur für Cybersicherheit im Raum
                                                                                     Halle/Leipzig ein großer Imagegewinn für die Region sei. Darüber hinaus biete sie
                                                                                     die Chance, Mitteldeutschland selbst zu einem Kristallisationskern für digitale
                                                                                     Sicherheitstechnologie auszubauen – mit entsprechendem Nutzen für alle Unter-
                                                                                     nehmen. Ziel müsse es zudem sein, dass die Hochschulen durch strategisch kluge
                                                                                     Entscheidungen im Land ihr Angebot im Bereich IT ausbauen könnten und so die
                                                                                     begehrten Fachkräfte in der Region verfügbar seien.
                                                                                     Reiner Storch berichtete darüber hinaus, dass ein Gespräch mit Christian Hirte,
                                                                                     Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Ener-
                                                                                     gie und zugleich Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Bundesländer und
                                                                                     den Mittelstand, genutzt worden sei, um auf die Herausforderungen des bevorste-
                                                                                     henden Kohleausstiegs hinzuweisen (Die „Mitteldeutsche Wirtschaft“ berichtete in
                                                                                     der September-Ausgabe).

                                                                                     Dienstreisen ohne A1-Bescheinigung könnten teuer werden, betonte der Vorsitzende
                                                                                     des IHK-Arbeitskreises Außenwirtschaft und Geschäftsführer der FEAG Sangerhausen
                                                                                     GmbH, Heiko Koschmieder. Diese Bescheinigung sei nur ein Beispiel dafür, was
                                                                                     Unternehmen beachten müssten, wenn sie ihre Mitarbeiter zu Wartungs- und
                                                                                     Montageeinsätzen, Baustellen oder Messen ins europäische Ausland schickten
                                                                                     (siehe S. 44). Die zunehmenden bürokratischen Belastungen gefährdeten den
                                                                                     Außenhandel, so Koschmieder. Die IHK werde daher Probleme und Lösungsvorschläge
                                                                                     in einem Positionspapier aufzeigen. Damit könne man die Politik auffordern, sich in
                                                                                     Brüssel für weniger Bürokratie bei Entsendungen stark zu machen.

Die Vollversammlung hatte bei ihrer Herbstsitzung verschiedene Beschlüsse zu fassen. Einhellig forderten die Mitglieder zudem, das Strukturstärkungsgesetz im
laufenden Gesetzgebungsverfahren entsprechend nachzubessern.
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT - IHK Halle-Dessau
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 ⁄⁄ Engagiert im Ehrenamt
                                                                                                                                                           5

Meinungsforscher Güllner mahnt: Die „Vergessene Mitte“ zurückgewinnen!
                                                                                        SPD schon vor Jahrzehnten begonnen
                                                                                        habe, berichtete Güllner. Die Forsa-Um-
                                                                                        fragen belegten zudem: Die Parteien
                                                                                        der Großen Koalition verlören nicht
                                                                                        etwa an den Rändern des Wählerspek-
                                                                                        trums an Vertrauen, sondern in der Mit-
                                                                                        te der Gesellschaft.

                                                                                        Befragte Nichtwähler kritisierten, dass
                                                                                        die politischen Parteien eine unver-
                                                                                        ständliche Sprache benutzten, zu viel
                                                                                        stritten, kein Ohr mehr für die Sorgen
                                                                                        der Menschen hätten und sich vor allem
                                                                                        an der Meinung von Minderheiten ori-
                                                                                        entierten. Die Folge dieser „Diktatur der
                                                                                        Minoritäten“, so Güllner, sei aber nicht,
                                                                                        dass sich die unverstandenen Bürger
                                                                                        radikalisierten. Stattdessen verabschie-
Interessenvertretung im politischen         nach der Europawahl hochgeredet“, er-       deten sie sich aus der politischen Wil-
Umfeld setzt voraus, die Stimmung in        klärte Güllner.                             lensbildung – und dies sei die eigentli-
der bundesdeutschen Bevölkerung ver-                                                    che Gefahr. In Sachsen-Anhalt etwa
lässlich einzuschätzen. Aus diesem          Aktuelle Verschiebungen im Parteien-        müsste fast die Hälfte der Bevölkerung
Grund hatte die IHK den renommierten        gefüge würden aus seiner Sicht vor al-      zurückgewonnen werden, zeigte der
Meinungsforscher Prof. Manfred Güllner      lem deshalb falsch bewertet, weil bei       Forsa-Chef auf: knapp 47 Prozent.
vom Berliner Forsa-Institut für einen       der Interpretation von Wahlergebnis-
Vortrag in die Vollversammlung einge-       sen die wachsende Zahl der Nichtwäh-        Der Meinungsforscher forderte deshalb,
laden. Er berichtete den Unterneh-          ler außer Acht gelassen werde. Diese        in der politischen Kommunikation wie-
mensvertretern, wie sich die politische     Kritik zielt auf die gängige Praxis ab,     der stärker auf diese „Vergessene Mitte“
Landschaft in Deutschland gegenwärtig       Wahlergebnisse auf die Zahl der abge-       zu setzen. Auf lange Sicht sei dieses
verschiebe.                                 gebenen Stimmen zu prozentuieren.           Rezept richtig, betonte er und zitierte
                                                                                        den dänischen Philosophen Søren Kier-
Allerdings gehe der Trend laut Güllner in   Die umfassende Analyse zeige, dass der      kegaard (1813-1855): „Wer den Zeit-
eine andere Richtung, als führende Po-      Abstieg der Volksparteien CDU/CSU und       geist heiratet, wird schnell Witwer!“
litiker und die Leitmedien derzeit nahe-
legten. Der Meinungsforscher warf je-
doch einzelnen Medien vor, Wahl- und
Umfrageergebnisse in ebenso unzutref-
fender wie einseitiger Weise zu inter-
pretieren. Die öffentliche Meinung wer-
de über eine „Hysterie-Schraube“ im
Sinne eines „grünen Zeitgeists“ beein-
flusst, beklagte der Forsa-Chef.

Das Thema Klimaschutz etwa sei nach
der Europawahl im Mai 2019 fälschli-
cherweise als Hauptmotiv der Wähler
gekennzeichnet worden, die Parteien
der großen Koalition abzustrafen. Tat-
sächlich hätten in einer Umfrage nach
der Wahl gerade 17 Prozent der Be-
fragten diese Einschätzung gestützt.
„Das Thema Klimaschutz wurde erst           Quelle: Prof. Manfred Güllner, Forsa GmbH
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT - IHK Halle-Dessau
Das Titelthema ⁄⁄ MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019
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                            Das Titelthema
                            Streitigkeiten pragmatisch lösen: Es muss nicht immer das staatliche
                            Gericht sein

                            Unternehmer kennen das: Der Kunde
                            zahlt nicht, der Auftraggeber macht ei-
                            nen Qualitätsmängel geltend, die Lie-
                            ferung kommt zu spät und es ist ein-
                            fach unmöglich, miteinander eine Klä-
                            rung herbeizuführen. Schon findet man
                            sich vor Gericht wieder!? Letzteres zu-
            Kontakt
                            mindest muss nicht zwingend die Fol-
                            ge sein – auch wenn sich ein Rechts-
                            streit nicht immer vermeiden lässt. Für
                            maßgeschneiderte Konfliktlösungen
                            gibt es jedoch interessante Alternati-
                            ven, die im konkreten Fall häufig besser
                            geeignet sind als eine Gerichtsver-
                            handlung und unternehmerischen In-
                            teressen eher entsprechen.
       IHK Halle-Dessau
          Geschäftsfeld
                            Instrumente der                            Schiedsverfahren (vor einem Schieds-        sonderer Weise, die Interessen der je-
    Recht und Fair Play
                                                                       gericht), die Schlichtung und die Me-       weiligen Parteien zu berücksichtigen,
    Christiane Loertzer
  Tel. 0345 2126-305
                            außergerichtlichen                         diation inzwischen allgemein bekannt        sind praxisnah und pragmatisch. Auch
cloertzer@halle.ihk.de      Streitbeilegung                            sind. Ihnen allen gemein ist, dass sie in   ein Schiedsgutachten kann sachge-
                                                                       erster Linie darauf ausgelegt sind, dass    recht und zielgerichtet zur Lösung füh-
                            In der sogenannten außergerichtlichen      sich die Parteien einigen und nicht da-     ren. Wie im Falle eines eventuellen
                            Streitbeilegung gibt es verschiedene In-   rauf, dass ein Dritter allein den Streit    Streites vorzugehen ist, haben die Par-
                            strumente, von denen vor allem das         entscheidet. Sie ermöglichen so in be-      teien durch eine entsprechende Verein-
                                                                                                                   barung – möglichst schon im Zusam-
                                                                                                                   menhang mit dem abzuschließenden
                                                                                                                   Vertrag – selbst in der Hand

                               Außergerichtliche Streitbeilegung: Das bietet die IHK konkret
                               • Schiedsgericht: Seit 1998 ist bei der IHK ein Schiedsgericht eingerichtet,        Geschäftsbeziehungen
                                 welches Gewerbetreibende mit einer entsprechenden Schiedsabrede anru-             nicht gefährden
                                 fen können.
                               • Mediation: Seit 2014 gibt es im Internet die Plattform Mediatoren-                Warum sollten Unternehmer die oben
                                 suche.info, auf der sich Mediatoren nach Sachgebieten listen lassen und           genannten Instrumente in Betracht zie-
                                 Streitparteien einen für sie geeigneten Mediator finden können.                   hen? Ihnen ist meist nicht nur daran
                               • Einigungsstelle: Die IHK unterhält dieses ehrenamtlich arbeitende Gre-            gelegen, einen Streitfall an sich juris-
                                 mium mit dem Ziel, wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten gütlich beizu-            tisch zu klären, sondern auch daran,
                                 legen.                                                                            ihre Geschäftsbeziehungen dadurch
                               • Schiedsgutachten: Die IHK benennt auf Wunsch einen geeigneten Schieds-            nicht nachhaltig zu beeinträchtigen.
                                 gutachter, der als unabhängiger und unparteilicher Sachverständiger den           Außergerichtliche Wege der Streitbei-
                                 strittigen Sachverhalt (Tatsachen) für beide Vertragspartner verbindlich          legung bieten dafür in der Regel die
                                 klärt.                                                                            bessere Basis als eine Auseinanderset-
                                                                                                                   zung und Verurteilung vor einem staat-
                                                                                                                   lichen Gericht.
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Das Titelthema ⁄⁄ MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019
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                            Drei Instrumente der außergerichtlichen Streitbeilegung im Detail:
                            Schiedsgericht – Mediation – Schlichtung

                               Schiedsgericht

                            Schiedsgerichte sind eine sinnvolle Al-       fen. Der Verfahrensablauf wird flexibel       Voraussetzungen
                            ternative zu staatlichen Gerichten.           gestaltet und trägt zusammen mit der          Ein Schiedsgericht kann stets nur tätig
                            Schiedsgerichtsverfahren sind zwar mit        Sachkunde der Schiedsperson dazu bei,         werden, wenn die Parteien dies aus-
                            staatlichen Gerichtsverfahren im juris-       das Verfahren rasch und damit auch            drücklich schriftlich vereinbart haben
                            tischen Verfahrensablauf vergleichbar         kostengünstig zu beenden.                     und damit eindeutig den ordentlichen
                            und enden auch mit einem verbindli-           Kommt kein Konsens zustande, trifft das       Gerichtsweg ausschließen. Der Ab-
                            chen Spruch des Schiedsrichters. Aber         Schiedsgericht ein verbindliches, streiti-    schluss einer Schiedsgerichtsvereinba-
            Kontakt
                            sie kommen mit ihren speziellen Vorzü-        ges Urteil. Dieses ist unanfechtbar, sofern   rung – die sogenannte Schiedsabrede –
                            gen kaufmännischer Mentalität und un-         nicht schwerwiegende Verfahrensfehler         sollte deshalb bereits zusammen mit
                            ternehmerischen Interessen entgegen.          vorliegen. Ein für den Geschäftsbetrieb       dem eigentlichen Vertragsabschluss er-
                                                                          oft lähmender Gang durch die Instanzen        folgen. Die Parteien können dies zwar
                            Verfahrensziel                                ist so von vornherein ausgeschlossen.         auch später noch nachholen, was bei ei-
                            Hauptsächliches Ziel des Verfahrens ist       Dabei haben Urteile eines Schiedsge-          nem einmal eingetretenen Streitfall
                            es, einen Streit gütlich beizulegen und       richtes die gleiche Wirkung wie die der       aber oft schwierig ist.
                            damit eine Basis für die weitere Zu-          staatlichen Gerichte, sind also zum Bei-
                            sammenarbeit der Parteien zu schaf-           spiel ebenso vollstreckbar.
       IHK Halle-Dessau
          Geschäftsfeld
    Recht und Fair Play
    Christiane Loertzer
  Tel. 0345 2126-305           Mediation
cloertzer@halle.ihk.de

                            Die Mediation ist ein außergerichtliches      tor unterstützt die Konfliktparteien da-      Umgang der Parteien, die umfassend
                            Verfahren, das zunehmend an Bedeu-            bei, sich selbst in die Lage zu versetzen,    informiert und konsensbereit sind, kann
                            tung gewinnt. Hierbei vermittelt ein aus-     eigene Lösungen zu erarbeiten.                zu einer für beide Seiten zufriedenstel-
                            gebildeter und neutraler Dritter zwischen                                                   lenden Lösung führen. Um dieses Ziel zu
                            zerstrittenen Parteien, um diese (wieder)     Voraussetzungen und Ziele                     fördern, unterliegt die Mediation der
                            in Kommunikation zu bringen. Sie sollen       Die Mediation kann nur dann erfolg-           Vertraulichkeit sowie der Eigenverant-
                            so die Möglichkeit erhalten, zu verste-       reich sein, wenn die Parteien an einer        wortung der Konfliktparteien und der
                            hen, wie sie den Konflikt sehen, was sie      sachlichen Einigung interessiert sind         Neutralität des Mediators. Es ist daher
                            voneinander wünschen und welche Lö-           und nicht in erster Linie eine allgemei-      nicht öffentlich. Ziel des Mediations-
                            sungsmöglichkeiten ihnen offen stehen.        ne Klärung der Rechtslage anstreben.          verfahrens ist, dass beide Parteien eine
                            Eine Mediation ist zeitlich begrenzt und      Darüber hinaus lebt das Verfahren von         schriftliche und verbindliche Vereinba-
                            auf einen Konflikt bezogen. Der Media-        der Kooperation – denn nur ein offener        rung abschließen.

                               Schlichtung

                            Schlichtungsverfahren bieten die Mög-         ressengerechte, faire Vereinbarung durch      lichkeit, in den Prozess der Lösungsfin-
                            lichkeit, unter Hinzuziehung eines unpar-     die Vermittlung des Schlichters ab.           dung einzugreifen, im Gegensatz zum
                            teiischen Dritten, des Schlichters, schnell   Dieser beurteilt als sach- und rechts-        Schiedsrichter kann er aber kein eigenes
                            und unbürokratisch zu einer sachgerech-       kundige Person nicht, wer „Recht hat“,        Urteil fällen.
                            ten Lösung zu kommen. Der Schlichter          sondern erörtert mit den Parteien die         Es gibt eine Reihe verschiedener insti-
                            sorgt dafür, dass die Parteien miteinander    Sach- und Rechtslage und kann dabei           tutioneller Schlichtungsstellen, die je
                            im Gespräch bleiben, um so selbst eine        auch selbst geeignete Lösungsvorschlä-        nach Fachgebiet, Streitgegenstand oder
                            einvernehmliche Regelung zu erreichen.        ge unterbreiten. Der Schlichter hat da-       auch Streitparteien (etwa Verbraucher
                            Die Schlichtung zielt also auf eine inte-     mit, anders als der Mediator, die Mög-        gegen Unternehmer) ausgerichtet sind.
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 ⁄⁄ Das Titelthema
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Das Schiedsgutachten – eine verbindliche, aber außergerichtliche Klärung

Ein Schiedsgutachten ist die Stellung-      Die Schiedsgutachter-                       Parteien bestimmen. Zudem sollte sie
nahme eines unabhängigen, unpar-                                                        klären, wer den Antrag stellen kann und
teiischen und sachverständigen Dritten
                                            klausel als Teil des                        welche Institution dafür zuständig sein
                                                                                                                                     Kontakt
zu einem zwischen den (Vertrags-)Par-       Vertrages                                   soll, einen geeigneten Schiedsgutachter
teien umstrittenen Sachverhalts. Ziel                                                   zu benennen.
eines Schiedsgutachten ist es, Mei-         Die Schiedsgutachterklausel wird in der
nungsverschiedenheiten von Vertrags-        Regel bei Vertragsschluss in den jewei-
parteien über den Inhalt, die Erfüllung,    ligen Vertrag (Gesellschafts-, Werk-,       Der Schiedsgutachter-
Auslegung oder Anpassung des Vertra-        Lieferungs-, Miet- oder Pachtvertrag)       vertrag
ges verbindlich, aber außergerichtlich      aufgenommen. Sie ist also Teil des Ver-
klären zu lassen. Das Ergebnis des          trages und legt fest, ob und in welchem     Sieht die Schiedsgutachterklausel vor,
Schiedsgutachtens ist für die Vertrags-     Umfang im Falle von Unstimmigkeiten         einen Sachverständigen als Schiedsgut-
parteien bindend und kann nur bei gro-      oder Streitfällen auf ein Schiedsgut-       achter durch die IHK zu benennen, er-        IHK Halle-Dessau
ber Unbilligkeit oder grober Unrichtig-     achten zurückgegriffen werden soll. Die     mittelt diese – nach Vorlage der not-        Geschäftsfeld
                                                                                                                                     Recht und Fair Play
keit angefochten werden. Damit lässt        Schiedsgutachterklausel kann aber auch      wendigen Unterlagen – einen geeigne-         Heike Sommer
sich in aller Regel der Gang zum Gericht    nachträglich durch die Vertragsparteien     ten Sachverständigen und benennt die-        Tel. 0345 2126-220
vermeiden.                                  ergänzt werden, wenn ein Konflikt be-       sen gegenüber den Vertragsparteien als       hsommer@halle.ihk.de
                                            reits aufgetreten ist. Die Klausel sollte   Schiedsgutachter. Die Beauftragung des
                                            eindeutig und klar formuliert sein und      Schiedsgutachters selber erfolgt dann
Gegenstand eines                            die Voraussetzungen und den Umfang          auf Antrag und Gefahr der Vertragspar-
Schiedsgutachtens                           sowie die Kostenfrage zwischen den          teien (Schiedsgutachtervertrag).

Gegenstand eines Schiedsgutachtens
kann grundsätzlich alles sein, was sich
durch einen Sachverständigen fachlich
beurteilen lässt und nicht gegen ge-
setzliche Normen verstößt; beispiels-
weise der Wert eines Gesellschaftsan-
teils, eines Grundstücks, die vertragsge-
mäße Lieferung oder die Feststellung
und Ursachen von Schäden.

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Das Titelthema ⁄⁄ MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019
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                            Die Einigungsstelle zur Beilegung wettbewerbsrechtlicher Streitigkeiten

                            Klappern gehört zum Handwerk und           sind Zuständigkeit, Organisation und Ver-   nung abgewehrt werden soll. Letzteres
                            ohne möglichst markige, einprägsame        fahren der Einigungsstelle geregelt.        kann zum Beispiel auch bei Zweifeln an
                            Werbung ist Erfolg im Wirtschaftsleben                                                 der Abmahnbefugnis des Abmahnenden
                            kaum vorstellbar. Aber nicht alles, was                                                der Fall sein.
             Kontakt                                                   Große Praxisnähe und
                            Wirkung zeigen soll, ist auch erlaubt.
                            Hauptsächlich das Gesetz gegen den un-     geringe Kosten
                            lauteren Wettbewerb (UWG) gibt hier                                                    Gütlicher Ausgleich
                            die Spielregeln vor. Wer dagegen ver-      Die Einigungsstellen für Wettbewerbs-
                            stößt, muss mit einer Abmahnung rech-      streitigkeiten sind eine wichtige Ein-      Die Einigungsstelle hat stets den Zweck,
                            nen und findet sich dann gegebenenfalls    richtung, um Auseinandersetzungen           einen gütlichen Ausgleich aufgrund ei-
                            in einem Rechtsstreit wieder. Anstatt      solcher Art ohne großen bürokratischen      ner mündlichen Aussprache herbeizu-
                            vor ein staatliches Gericht zu gehen,      Aufwand, mit Praxisnähe und Sachkun-        führen. Im Ergebnis ist denkbar, dass
                            kann in solchen Fällen die Einigungs-      de sowie in der Regel recht zügig zu be-    der Antragsteller auf seinen (unbegrün-
       IHK Halle-Dessau     stelle für Wettbewerbsstreitigkeiten an-   enden. Die Verfahren sind kostengüns-       deten) Anspruch verzichtet oder der An-
       Geschäftsführerin    gerufen werden.                            tig, denn es werden keine Gebühren          tragsgegner sich in einem Vergleich zur
    Recht und Fair Play
         Dr. Ute Jähner
                                                                       erhoben; die ihr entstandenen Kosten        künftigen Unterlassung der beanstan-
  Tel. 0345 2126-226        Diese wurde in Sachsen-Anhalt auf          trägt jede Partei selbst.                   deten Wettbewerbshandlung verpflich-
ujaehner@halle.ihk.de       Grundlage von § 15 UWG durch Verord-       Die Einigungsstelle wird nur auf Antrag     tet. Kommt es jedoch nicht zu einer Ei-
                            nung der Landesregierung jeweils bei den   tätig und verhandelt mit einem Juristen     nigung, wird das Scheitern des Verfah-
                            beiden Industrie- und Handelskammern       als vorsitzender Person und mit zwei        rens festgestellt; gegebenenfalls wird
                            Halle-Dessau und Magdeburg errichtet.      Beisitzern (Gewerbetreibende verschie-      der Antragsteller dann das Gericht an-
                            Auch in allen anderen Bundesländern        dener Branchen einschl. Handwerk so-        rufen. Die Einigungsstelle jedenfalls fällt
                            existieren solche Einigungsstellen. Es     wie Verbraucher). Sie kann sowohl dann      ihrerseits kein „Urteil“.
                            handelt sich dabei also um Einrichtungen   angerufen werden, wenn zu klären ist,       Das Bestehen der Einigungsstelle und ihre
                            des Landes, nicht der IHKn. Diese sind     ob ein Wettbewerbsverstoß und damit         Inanspruchnahme sind ein praktiziertes
                            aber beauftragt, die Geschäfte der Eini-   eine Unterlassungsanspruche vorliegt,       Beispiel dafür, dass die Bekämpfung un-
                            gungsstelle zu führen. Durch die landes-   als auch dann, wenn eine als unbegrün-      lauteren Wettbewerbs in erster Linie eine
                            rechtliche Verordnung i.V.m. § 15 UWG      det und unzulässig angesehene Abmah-        Aufgabe der Wirtschaft selbst ist.

                            Verbraucherstreitbeilegung: Pflichten für Unternehmen

                            Auch auf europäischer Ebene findet die außergerichtliche         sogenannten AS-Verfahren (Alternative-Streitbeilegung-
                            Streitbeilegung zunehmend Beachtung. Hintergrund ist das         Verfahren). Die Verbraucher sollen so die Möglichkeit erhal-
                            Interesse an einem hohen Verbraucherschutzniveau, um so          ten, branchenübergreifend Zugang zu einem „einfachen, ef-
             Kontakt        einen reibungslos funktionierenden Binnenmarkt gewährleis-       fizienten, schnellen und kostengünstigen“ Verfahren zu haben.
       IHK Halle-Dessau     ten zu können. Zudem machte der Blick auf die rechtstat-
          Geschäftsfeld
                            sächliche Situation in der Europäischen Union (EU) ein Han-
    Recht und Fair Play
    Christiane Loertzer     deln der EU nötig, da einer Studie zufolge bereits heute über    Folgen für Unternehmen
  Tel. 0345 2126-305        750 Systeme der außergerichtlichen Streitbeilegung in den
cloertzer@halle.ihk.de      einzelnen Mitgliedstaaten existieren.                            Diese komplexen europäischen Rechtsakte haben dabei ver-
                                                                                             schiedene inhaltliche Anknüpfungspunkte, welche für die Un-
                                                                                             ternehmen auch unterschiedliche Folgen haben:
                            Zugang zu effizientem Verfahren                                  Gleich ist beiden Instrumenten, dass sie Verträge zwischen ei-
                                                                                             nem EU-Verbraucher und einem in dem Hoheitsgebiet des je-
                            Deswegen ist im Mai 2013 die „Richtlinie über die alternati-     weiligen Mitgliedstaates niedergelassenen Unternehmen be-
                            ve Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten“ (RiL) er-      treffen – also den B-to-C-Bereich.
                            lassen worden, welche seitens der EU noch um die ODR-Ver-        Die Richtlinie und das daraus umzusetzende deutsche Recht
                            ordnung 524/2013 (VO) ergänzt wurde. Diese Rechtsetzung          – das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) – gelten da-
                            schaffte die Grundlage für ein alternatives Rechtbehelfsver-     bei für alle Streitigkeiten aus Verträgen über Kauf oder Dienst-
                            fahren bei Verbraucherstreitigkeiten in der EU, die              leistungen. Die Verordnung hingegen bezieht sich explizit auf
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 ⁄⁄ Das Titelthema
                                                                                                                                                      13

                                                                vertragliche Verpflichtungen aus Online-Kaufverträgen und
                                                                Online-Dienstleistungsverträgen. Nur für sie gilt die soge-
                                                                nannte ODR-Plattform, ein auf EU-Ebene eingerichtetes On-
                                                                line-Tool für die Streitbeilegung.

                                                                Hilfreiche Links zum Thema finden interessierte Unternehmer
                                                                unter www.halle.ihk.de |  3190586.

  Daraus ergeben sich für Unternehmen also zweierlei Pflichten:
  • Pflichten nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz bei Kauf- oder Dienstleistungsverträgen
  • Pflichten nach der ODR-Verordnung bei Online-Kauf- oder Dienstleistungsverträgen

  1. Pflichten nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz:
  • Fast alle Unternehmen müssen Verbraucher – von einigen Ausnahmen abgesehen – seit dem 1. Februar 2017 über ihre Webseiten und/oder All-
    gemeinen Geschäftsbedingungen sowie im Konfliktfall darüber informieren, ob und gegebenenfalls über welche Schlichtungsstelle sie sich an
    einem Schlichtungsverfahren beteiligen. Wollen sie das nicht, müssen sie die Verbraucher hierüber ebenfalls auf ihrer Website und/oder über
    die AGB unterrichten. Die Informationen müssen leicht zugänglich, klar und verständlich sein.
  • Die Freiwilligkeit der Teilnahme am Verfahren ist nicht zu verwechseln mit der Erfüllung der Informationspflichten. Diese gelten auch dann, wenn
    sich das Unternehmen gegen eine Teilnahme am Schlichtungsverfahren entscheidet. Bei Verletzung der Hinweispflichten drohen kostspielige
    Abmahnungen.
  • Ausgenommen von der Info-Pflicht sind Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten. Stichtag ist der 31. Dezember des Vorjahres. Bei einer Ver-
    pflichtung (freiwillig oder aufgrund von Gesetz) zur Teilnahme, muss zudem die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle (mit Anschrift und
    Website) benannt werden.
  • Nach Entstehen einer Streitigkeit müssen Unternehmen erneut neben den allgemeinen Informationspflichten die Verbraucher in Textform in-
    formieren, an welche Verbraucherstelle (unter Angabe von deren Anschrift und Website) sie sich wenden können. Zudem muss das Unterneh-
    men wiederholt angeben, ob es zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren bei dieser Schlichtungsstelle bereit oder verpflichtet ist.

  2. Pflichten nach der ODR-Verordnung
  Zusätzlich zu den zuvor genannten Informationspflichten sind Unternehmen, die Onlineverträge (Kauf- oder Dienstleistungsverträge) abwickeln,
  bereits seit dem 9. Januar 2016 verpflichtet, auf ihrer Website einen leicht zugänglichen, klickbaren Link auf die ODR-Plattform der EU-Kom-
  mission zu setzen.
  Unter http://ec.europa.eu/consumers/odr/ kann die Liste eingesehen oder auch für andere EU-Staaten nach einer geeigneten Streitbeilegungs-
  stelle gesucht werden. Die auf diesem Portal aufgeführten Streitbeilegungsstellen bieten außergerichtliche Verfahren zur Online-Streitbeilegung
  der Europäischen Kommission an. Sie wurden durch diese überprüft, um sicherzustellen, dass sie den Anforderungen genügen und bei den na-
  tionalen Behörden registriert sind.

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Der Branchenreport ⁄⁄ MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019
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                                Der Branchenreport
                       14        Handel
                       18        Tourismus- und Gastgewerbe

      Handel                    „Wie kauft der Kunde von morgen?“ – Ergebnisse des IHK-Handelsforums

                                „Wie kauft der Kunde von morgen?“ –
                                um diese große Frage ging es beim
               Kontakt          „HandelsForum“ der beiden Industrie-                       Prof. Maiers Ratschläge für die anwesenden Händler:
                                und Handelskammern Halle-Dessau und                        1. Ohne – zumindest grundlegende – Mehrkanalfähigkeit haben es Händ-
                                Magdeburg. Ziel war es, die etwa 200                          ler schwer, Kunden zu gewinnen und zu binden. Denn diese werden in fast
                                Teilnehmer für das sich stetig ändernde                       allen Fällen mehrere Verkaufskanäle (Laden, Online, Telefon) nutzen.
                                Kundenverhalten zu sensibilisieren.                           Akzeptieren Sie es und versuchen Sie, die Kunden in Ihrem Verkaufs-
                                                                                              kanalsystem zu halten!
                                Zu den Referenten gehörte unter ande-                      2. Stationär ist nicht tot – mit stationär gewinnen Sie andere Kunden und
                                rem Jun.-Prof. Dr. Erik Maier von der                         diese anders, aber der stationäre Handel muss sich gegen den Online-
                                Leipzig Graduate School of Manage-                            handel und Filialen der Onliner behaupten. Spielen Sie Ihre Stärken aus
        IHK Halle-Dessau        ment, Leipzig, der die aktuelle Situation                     (Kundenansprache, Querverkäufe, Treue) und werten Sie diese digital auf
            Geschäftsfeld       wie folgt analysierte: „Die Mehrzahl der                      (etwa mit quantitativen Informationen aus Ihrem Onlineshop)!
    Starthilfe und Unter-       Händler akzeptiert, dass sich nicht ent-                   3. Die neuen Monopole stellen auch Chancen für mehr Reichweite dar.
      nehmensförderung
         Daniel Loeschke
                                weder der Online- oder der Offlinehan-                        Google und Amazon haben ein de facto Monopol auf digitale Kunden-
   Tel. 0345 2126-267           del in einem Nullsummenspiel durch-                           ströme. Nutzen Sie dies aus – zum Beispiel indem Sie auf dem Amazon
dloeschke@halle.ihk.de          setzt. Onlinehändler eröffnen Filialen,                       Marktplatz verkaufen oder auf allen Google Services sichtbar sind!
                                um neue Zielgruppen anzusprechen;
                                stationäre Händler versuchen, mit eige-
                                nen Onlineangeboten konkurrenzfähig
                                zu bleiben. Kurz: Erweiterung und Inte-                neuen Standard. Händler müssen heu-                  FAZIT:
                                gration der Verkaufskanäle, das soge-                  te in einem überregionalen und zuneh-
                                nannte Omni-Channeling, wird zum                       mend digitalen Wettbewerb bestehen.“                 „Die Digitalisierung des Handels ist eine
                                                                                                                                            Chance für alle. Aber keine Chance
                                                                                                                                            kommt ohne Risiken und ohne die Not-
                                                                                                                                            wendigkeit zur Weiterentwicklung aus.
                                                                                                                                            Der digitale Handel fordert daher Ver-
                                                                                                                                            änderung und Mut zu Neuem. Verände-
                                                                                                                                            rung war aber schon immer Teil des Ge-
                                                                                                                                            schäfts. Investitionen sind nötig, aber
                                                                                                                                            stemmbar. Die Technik ist neu, aber ein-
                                                                                                                                            fach. Der Handel muss die neuen Mög-
                                                                                                                                            lichkeiten für sich nutzen“, so das zu-
                                                                                                                                            sammenfassende Credo von Prof. Maier.

                                                                                                                                            Die Kontaktdaten aller Referenten er-
 Die Referenten und Veranstalter des Handelsforums (v. l. n. r.): Daniel König, Vizepräsident und Vorsitzender des Handelsausschusses der   halten interessierte Unternehmer über
 IHK Halle-Dessau, Antje Bauer, Geschäftsführerin der IHK Halle-Dessau, Rolf Lay, Vizepräsident und Vorsitzender des Handelsausschusses     die Internetseite der IHK Magdeburg
 der IHK Magdeburg, Mathias Hannibal, InLogSi GmbH, Halberstadt, Dirk Wolf, Wolf Media House UG, Magdeburg, Jun.-Prof. Dr. Erik Maier,
 Leipzig Graduate School of Management, Leipzig, Sebastian Knabe, Investitionsbank Sachsen-Anhalt, Magdeburg, Susanne Eva Dörrwand,         www.magdeburg.ihk.de, Dokumenten-
 Geschäftsführerin der IHK Magdeburg und Michael Schettge, ANG. – Punkt und Gut! GmbH, Magdeburg.                                           nummer 4442724.
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 ⁄⁄ Der Branchenreport
                                                                                                                                                                15

Fachkräfte von morgen verstehen: Handelsausschüsse der IHKn
Halle-Dessau und Magdeburg diskutieren über aktuelle Themen

In ihrer gemeinsamen Sitzung am           neration Z und worauf der Handel bei
22. August 2019 beschäftigten sich die    der Fachkräftegewinnung achten muss“
beiden Ausschüsse unter anderem mit       bedienten sich die Ausschüsse der Fach-
den aktuellen Entwicklungen im On-        expertise von Prof. Dr. Antje-Britta Mör-
                                                                                                                                        „Die Generation Z ist social.
linehandel, den „Sonntagsöffnungen“       stedt von der PFH – Private Hochschu-                                                         Twitter, Instagram und der Griff
in Sachsen-Anhalt sowie vor allem der     le Göttingen. Sie nahm die vier jüngsten                                                      zum Smartphone sind so nor-
Herausforderung Fachkräftegewinnung       Generationen und deren Erwartungen                                                            mal, wie für andere die Tasse
                                                                                                                                        Kaffee am Morgen“, erläuterte
im Handel. Dazu, genauer zum Thema        und Ansprüche in den Blick und stellte                                                        Referentin Prof. Dr. Antje-Britta
„Fachkräfte von morgen verstehen: Ge-     diese den Mitgliedern vor:                                                                    Mörstedt.

           Baby-Boomer                              GenX                                     GenY                                     GenZ
          Ca. 1950–1964                        Ca. 1965–1979                              1980–1993                                1994–2010

       Leben um zu arbeiten                  Arbeiten um zu leben                   Arbeiten um zu leben                       Leben, leben, leben
    = hoher Stellenwert der Arbeit            = Work-Life-Balance               = keine kategorische Trennung             = Arbeit muss zum Privatleben
                                                                                 von Arbeits- und Lebenszeit                         passen

                Beruf                         Privat (trotz Beruf)                Vereinbarkeit Berufs- und               Leben (Beruf muss zum Leben
                                                                                         Privatleben                                passen)

              Fernseher                              PC                                     Tablet                         Smartphone, Google Glass,
               Telefon                           E-Mail, SMS                              Smartphone                               Nanodrucker,
                                                                                                                           Mobile oder in die Kleidung
                                                                                                                       integrierte Kommunikationsmedien

         „Digital Immigrant“                   Technisch versiert                        „Digital Native“                        „Net Generation“

        Telefon als typisches              E-Mail und Mobiltelefon als                Web 2.0 als typisches                      Soziale Medien,
       Kommunikationsmittel              typische Kommunikationsmittel                Kommunikationsmittel                     insb. Video-Content
                                                                                       Leben mit dem Netz                         Leben im Netz

                                                                                                                          Quelle: PFH Private Hochschule Göttingen

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Der Branchenreport ⁄⁄ MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019
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                           „Heimat shoppen“: IHK holt Aktion erstmals nach Sachsen-Anhalt

   Impulse für lebendige Innenstädte und attraktiven Einzelhandel
   Modenschauen, Gewinnspiele, Gutscheinaktionen, Konzerte, Aufführungen, Spiel und Spaß für Kinder
   und besondere kulinarische Angebote – die größte deutsche Imagekampagne für den Einzelhandel kam
   am 20. und 21. September 2019 erstmals nach Sachsen-Anhalt: „Heimat shoppen“. An den beiden Ak-
   tionstagen boten Unternehmen und Werbegemeinschaften in Halle (Saale), Lutherstadt Wittenberg,
   Naumburg (Saale) und Magdeburg-Neustadt eine Fülle von Veranstaltungen und besonderen Ein-
   kaufserlebnissen an. Sie wollen damit die städtischen Besonderheiten in den Mittelpunkt rücken.
   „Diese Aktion soll dabei helfen, unsere Innenstädte zu beleben“, erklärt Antje Bauer, IHK-Geschäfts-
   führerin Starthilfe und Unternehmensförderung. „Gleichzeitig wollen wir Bedeutung und Potenzial des
   lokalen Einzelhandels wieder stärker ins öffentliche Bewusstsein rücken.“
   Die von der IHK initiierte Kampagne wird von den innerstädtischen Unternehmen selbst umgesetzt und
   von den City- und Werbegemeinschaften begleitet. Weitere Partner der Aktion sind die kommunalen Wirt-
   schaftsförder- und Stadtmarketinggesellschaften, die Sparkassen vor Ort und die Mitteldeutsche Zeitung.

   Weitere Informationen unter www.heimat-shoppen-sachsen-anhalt.de
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 ⁄⁄ Der Branchenreport
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Der Branchenreport ⁄⁄ MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019
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Tourismus                     IHK-Freizeitbarometer 2019:
                              Bäder und Thermen profitieren vom Sommer 2018
              Kontakt
                              10,7 Millionen Gäste besuchten im Jahr
                              2018 die Freizeiteinrichtungen im Land
                              (fünf Prozent weniger vgl. mit 2017).
                              Vor allem die Regionen Harz und Halle,
                              Saale-Unstrut verzeichnen mit zusam-
                              men acht Millionen Gästen die meisten
                              Besucher. Auf deren Beliebtheitsskala
                              ganz vorn stehen im Betrachtungszeit-
       IHK Halle-Dessau       raum die touristischen Verkehrsträger
       Geschäftsführerin      sowie die Freizeitattraktionen. Die Bäder
   Starthilfe und Unter-      und Thermen konnten von allen Frei-
     nehmensförderung
            Antje Bauer
                              zeiteinrichtungen den höchsten Besu-
  Tel. 0345 2126-262          cherzuwachs gegenüber dem Vorjahr
  abauer@halle.ihk.de         erzielen (plus sieben Prozent).

                                                                                   Hauptgrund für die positive Entwick-               gen Jubiläum der „Straße der Romanik“
                                                                                   lung derjenigen Einrichtungen mit einem            besuchten 12 Prozent mehr Gäste die
                                                                                   Gästeplus ist das lang anhaltende Som-             betreffenden Sakralbauten. Umgekehrt
                                                                                   merwetter im vergangenen Jahr. Bühnen              führte der heiße Sommer aber auch zu
 Vor allem die Regionen Harz und Halle, Saale-Unstrut verzeichnen 2018
 mit zusammen acht Millionen Gästen die meisten Besucher Sachsen-Anhalts.          und Theater profitierten von neuen Pro-            einem Besucherrückgang, so etwa bei
 Quelle: IHK Halle-Dessau                                                          dukten und Attraktionen. Zum 25-jähri-             touristischen Verkehrsträgern und was-
                                                                                                                                      sertouristischen Anbietern.

                                                                                                                                      Wachstum angestrebt
                                                                                                                                      Mit Blick auf das verbleibende Jahr
                                                                                                                                      rechnen 61 Prozent der Befragten mit
                                                                                                                                      gleichbleibenden Besucherzahlen. Die
                                                                                                                                      überwiegende Mehrheit der Freizeitein-
                                                                                                                                      richtungen will ihre Eintrittspreise sta-
                                                                                                                                      bil halten – zehn Prozent und hier vor
                                                                                                                                      allem die wassertouristischen Anbieter
                                                                                                                                      sowie die touristischen Verkehrsträger
                                                                                                                                      planen Preissteigerungen – in erster Li-
                                                                                                                                      nie, um Investitionen vornehmen zu
                                                                                                                                      können. Mit Abstand am größten sind
                                                                                                                                      die Investitionsabsichten bei den Be-
                                                                                                                                      treibern der Bäder und Thermen, Zoolo-
                                                                                                                                      gischen Gärten und Tierparks sowie bei
                                                                                                                                      den Landschaftsattraktionen.
                                                                                                                                      Die ausführlichen Umfrageergebnisse
                                                                                                                                      finden Interessierte unter
                   Die Bäder, wie hier das Felsenbad Landsberg, profitierten vom lang anhaltenden Sommerwetter im vergangenen Jahr.   www.halle.ihk.de |  4514032.
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 ⁄⁄ Der Branchenreport
                                                                                                                                                  19

Exzellenter Service durch exzellente Führung –
Seminartag für erfolgreiche Unternehmer des Gastgewerbes und anderer
kundenorientierter Branchen am 4. November 2019

„Service macht den Unterschied!“ – dies
ist die Grundlage von Carsten K. Raths
Leadership-Philosophie. Die Überzeu-
gung, dass exzellenter Service nur durch
exzellente Führung möglich ist, will der
international geschätzte Management-
                                                                                                                               Kontakt
berater bei einem Seminartag am
4. November 2019 an die Teilnehmer
weitergeben.

Dazu laden die Industrie- und Handels-
kammern Sachsen-Anhalts und Sach-
sens sowie der Deutsche Hotel- und
Gaststättenverband beider Länder alle
interessierten Unternehmer des Gast-                                                                                           IHK Halle-Dessau
gewerbes und anderer kundenorientier-                                                                                          Geschäftsfeld
                                                                                                                               Starthilfe und Unter-
ter Branchen ein. Der Seminartag findet
                                                                                                                               nehmensförderung
im Rahmen der Messe „ISS GUT!“ im                                                                                              Daniela Wiesner
Tagungsraum des CCL Leipzig statt.                                                                                             Tel. 0345 2126-285
                                                                                                                               dwiesner@halle.ihk.de
Weitere Informationen sowie die Mög-
lichkeit zur Anmeldung finden Interes-
senten unter www.halle.ihk.de | 
157101683.

   Typisch Harz – Ausgezeichnet regional! – Ein Qualitätssiegel für Produkte
   der Region
   Das Siegel „Typisch Harz“ kennzeichnet die besondere Regionalität und Quali-                                                Kontakt
   tät von Produkten aus dem Harz. Es wird vom Harzer Tourismusverband, dem Trä-                                               Harzer Tourismus-
   ger der Regionalmarke, nach festgelegten Kriterien vergeben – so sind die                                                   verband e. V.
   Hauptrohstoffe für das jeweilige Produkt aus der Region zu beziehen, ebenso                                                 Ute Döppelheuer
                                                                                                                               Marktstraße 45
   muss die Verarbeitung im Harz erfolgen. Darüber hinaus spielt der traditionelle
                                                                                                                               38640 Goslar
   Harzbezug eine wichtige Rolle. Inzwischen tragen über 400 Produkte von 57 Pro-                                              Tel. 05321 340430
   duzenten das Label – eine beachtliche Zahl, die durchaus noch steigen darf. In-                                             www.harzinfo.de
   teressierte Unternehmen können sich an den Harzer Tourismusverband wenden.                                                  www.typisch-harz.de
   Eine der zahlreichen Typisch Harz-Aktionen ist die „Typisch Harz-Genussbox“, die
   es nur in der Vorweihnachtszeit gibt und die jedes Jahr neu zusammengestellt
   wird. In diesem Jahr enthält sie: eine in Handarbeit gefertigte Tasse von Harz Ke-
   ramik, Malzit® Wintertraum, Lauterberger Lehm vom Café Mangold, Harzer Stracke der Fleischerei Lambertz aus Zorge
   sowie einen Schierker Feuerstein. Die Box kann bis zum 25. Oktober 2019 unter www.typisch-harz.de bestellt werden.
   Firmen erhalten Sonderkonditionen.
Der Branchenreport ⁄⁄ MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019
  20

                             Bauhausreihe
                             Ausstellungstipp: Die Rückkehr der Gemälde

                             Von Ende September 2019 bis zum
                             12. Januar 2020 ist im Kunstmuseum
                             Moritzburg Halle (Saale) die große
                             Sonderausstellung „Bauhaus Meister
              Kontakt        Moderne. DAS COMEBACK“ zu sehen –
                             die zentrale Kunstausstellung Sachsen-
        IHK Halle-Dessau
            Geschäftsfeld
                             Anhalts, die neben der Eröffnung des
    Starthilfe und Unter-    neuen Bauhaus Museums in Dessau ei-
      nehmensförderung       nen der Höhepunkte im Jubiläumsjahr
        Daniela Wiesner      „100 Jahre Bauhaus“ darstellt. Die Aus-
   Tel. 0345 2126-285        stellung vereint hochkarätige Meister-
  dwiesner@halle.ihk.de
                             werke aus internationalen Sammlun-
                             gen mit bislang selten oder noch gar
           Kunstmuseum       nicht gezeigten Werken aus den Muse-
Moritzburg Halle (Saale)     umsbeständen. Die Kombination aus
Friedemann-Bach-Platz 5      analogen und digitalen Ausstellungser-
      06108 Halle (Saale)
     Tel. 0345 21259-0
                             lebnissen macht das Museum in seiner
    www.kunstmuseum-         Vergangenheit und Gegenwart als Ort       3D-Visualisierung des Entwurfs „Hängende Gärten“ von Walter Gropius (1927), Blick in die Ausstellung
           moritzburg.de     der Moderne erfahrbar.                    im Inneren; Autoren: Daniel Ackermann, Christine Fuhrmann, Bernd Hanisch

                             Zum einen widmet sich die Schau der       Maler, die zwischen 1919 und 1933                    tels Virtual Reality ein neues, seinerzeit
                             Sammlungsgeschichte des Landes-           als Meister am Bauhaus in Weimar,                    von Walter Gropius entworfenes, aber
                             kunstmuseums, indem sie versucht, die     Dessau und Berlin lehrten – etwa                     nie umgesetztes, visionäres Kunstmu-
                             verlorene, 1937 als „entartet“ be-        Lyonel Feininger, Wassily Kandinsky                  seum: In diesem beispielhaften Pro-
                             schlagnahmte Sammlung der Moderne         oder Paul Klee. In Kooperation mit dem               jekt des Neuen Bauens können Besu-
                             möglichst vollständig zu rekonstruie-     Studiengang Multimedia|VR-Design                     cher die vollständige Sammlung der
                             ren. Zum anderen präsentiert sie in       der Burg Giebichenstein Kunsthoch-                   Moderne des Museums, wie sie bis
                             vertiefenden Kabinetten Gemälde jener     schule Halle entsteht schließlich mit-               1937 bestand, erleben.
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 ⁄⁄ Der Regionalreport
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Der Regionalreport
Der Regionalreport ⁄⁄ MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019
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                            Special: Rückkehrer-Tag
                            Gekommen, um zu bleiben: Rückkehrer-Tage bringen Unternehmen
                            und Fachkräfte zusammen

                            Fachkräfte werden in Deutschland na-
                            hezu überall gesucht – auch in den Land-
                            kreisen des südlichen Sachsen-Anhalt.
                            Ein Format, das Unternehmen bei der
                            Suche unterstützen soll, sind die soge-
                            nannten Rückkehrer-Tage. Diese richten
                            sich an Menschen, die in den letzten
                            Jahrzehnten – meist auf der Suche nach
                            attraktiver Arbeit – gependelt bzw. aus
                            ihrer Heimat weggezogen sind und nun
                            zurückkommen möchten. Aber auch Zu-
                            zügler oder Menschen, die einfach eine
                            neue Stelle suchen, sind angesprochen.
                            Lokal ansässige Unternehmen haben die
                            Möglichkeit, diesem Personenkreis ihre
                            Jobangebote vorzustellen.                  Reger Andrang beim Rückkehrer-Tag 2018 in Halle (Saale)

                            Ursprünglich geht das Veranstaltungs-
                            format in Mitteldeutschland auf eine
                            Initiative des Landkreises Nordsachsen        Hier finden die Rückkehrer-Tage am 27. Dezember 2019 statt:
                            zurück, der dieses seit einigen Jahren        Anhalt-Bitterfeld | Dessau | Wittenberg
                            unmittelbar nach dem Weihnachtsfest           10:00 bis 13:00 Uhr
                            anbietet. 2016 hat die Entwicklungs-          Rathaus, Schloßfreiheit 12, 39261 Zerbst/Anhalt
                            und Wirtschaftsförderungsgesellschaft         Mercateo-Kantine „Piazza“, Museumsgasse 4–5, 06366 Köthen
                                                                          Metall-Labor Dr. Adolf Beck, Zörbiger Straße 21 c, 06749 Bitterfeld-Wolfen
                            Anhalt-Bitterfeld das Format über-
                                                                          13.00 bis 16.00 Uhr
                            nommen und erstmals in Sachsen-An-            Saal der Stadtwerke Dessau, Albrechtstraße 48, 06844 Dessau-Roßlau
                            halt einen Rückkehrer-Tag organisiert.        10:00 bis 15:00 Uhr
                            2017 kamen andere Landkreise hinzu.           Stadthaus, Mauerstraße 18, 06886 Lutherstadt Wittenberg
                            Mittlerweile bietet nahezu jede Region        www.rueckkehrertage.de
                            im Süden Sachsen-Anhalts solch einen
                                                                          Burgenlandkreis
                            Rückkehrer-Tag an – Mansfeld-Süd-             Informationen dazu in Kürze unter:
                            harz ist in diesem Jahr zum ersten Mal        www.arbeitsagentur.de/weissenfels
                            mit dabei.
                                                                          Halle (Saale)
                                                                          Rückkehrermesse „KOMM“
                            Die Veranstaltungen werden meist von          10.00 bis 13.00 Uhr
                            verschiedenen Akteuren gemeinsam or-          Stadthaus, Marktplatz zu Halle (Saale)
                            ganisiert – den Städten und Kreisen,          www.halle.de
                            Arbeitsagenturen, Unternehmen und
                                                                          Mansfeld-Südharz
                            der IHK.
                                                                          Rückkehrermesse „Zurück in die Heimat“
                                                                          10.00 bis 14.00 Uhr
                            Der nächste Rückkehrer-Tag in Sach-           Mammuthalle, Dr.-Wilhelm-Külz-Straße 35, 06526 Sangerhausen
                            sen-Anhalt findet am 27. Dezember             www.wiederinmsh.de
                            2019 in verschiedenen Landkreisen
                                                                          Salzlandkreis
                            statt. An einer Teilnahme interessierte
                                                                          „daheimsein“ – Die Rückkehrermesse
                            Unternehmen finden weitere Informa-           10.00 bis 13.00 Uhr
                            tionen auf den angegebenen Websites           Sparkassenschiff Staßfurt, Lehrter Straße 15, 39418 Staßfurt
                            und bei den Ansprechpartnern aus der          www.daheimsein.com
                            jeweiligen Region.
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Und dies sagen Akteure der Rückkehrer-Tage

                                         „Viele Unternehmen haben die Erfahrung gemacht, dass sich eine Stellenbeset-
                                         zung aus dem Potenzial der Region allein schwierig gestaltet. Daher besteht ein
                                         besonderes Interesse an denen, die durch das Pendeln für den Job häufig seit Jah-
                                         ren viel auf sich nehmen. Personalchefs wissen, dass sie hier oft auf besonders mo-
                                         tivierte Bewerber treffen. Denn das Interesse, heimatnah arbeiten zu wollen, ist
                                         groß. Dementsprechend beachtlich waren auch die Besucherzahlen unserer Rück-
                                         kehrermessen 2017 und 2018. Von den teilnehmenden Unternehmen haben wir
                                         viel positives Feedback erhalten und blicken insofern optimistisch auf die dies-
                                         jährige Veranstaltung.“
                                         Stefan Scholz, Chef der Agentur für Arbeit Weißenfels

 „Fachkräfte zu sichern und anzuwer-                                                     „Rückblickend können wir sehr zufrieden mit dem Interes-
 ben, ist inzwischen die größte He-                                                      se am Rückkehrer-Tag 2018 in Dessau-Roßlau sein. Etwa
 rausforderung auf dem Gebiet der                                                        300 Besucher sind unserer Einladung in den Saal der DVV
 Wirtschaftsförderung. Daher wird die                                                    Stadtwerke gefolgt, rund 30 Unternehmen haben sich und
 Stadt Halle (Saale) in Kooperation                                                      ihre offenen Stellen präsentiert. Die Besucher kamen dabei
 mit der Agentur für Arbeit, der Stadt-                                                  aus ganz unterschiedlichen Beweggründen: Bewerber mit
 marketing Gesellschaft, den Kam-                                                        auf konkrete Stellen vorbereiteten Bewerbungsunterlagen,
 mern, der Universität und anderen                                                       Familien, die sich für in der Ferne lebende Familienmitglie-
 Partnern dieses Jahr bereits zum                                                        der informierten oder ortsansässige Bürger auf der Suche
 zweiten Mal eine Rückkehrermesse                                                        nach einer neuen Herausforderung. Auch wenn sich bei der
 veranstalten. Im vergangenen Jahr                                                       Mehrheit der Unternehmen im Nachgang keine direkte Ein-
 konnten wir etwa 500 Gäste zählen, inklusive ausstellender Unternehmen. Für             stellung ergeben hat, so fanden doch vielversprechende
 dieses Jahr haben sich zahlreiche Firmen aus verschiedenen Branchen ange-               Gespräche vor Ort statt. Auch für den diesjährigen Rück-
 meldet, die den potenziellen Fachkräften ihre freien Stellen anbieten werden.           kehrer-Tag sind bereits Unternehmensanmeldungen ein-
 Zudem erhalten die Besucher von der Stadt und ihren Partnern Informationen              getroffen, woraus wir schließen können, dass die Fachmes-
 zum Wohnungsmarkt, verfügbaren Kita-Plätzen, zur Schullandschaft und                    se nach wie vor ein wichtiges Format zur Gewinnung von
 zum Kulturangebot.“                                                                     Fachkräften darstellt.“
 Martin Bornschein, Dienstleistungszentrum Wirtschaft, Wissenschaft                      Anja Czubera, Wirtschafts- und Standortmarketing
 und Digitalisierung der Stadt Halle (Saale)                                             der Stadt Dessau-Roßlau

                                         „Aufgrund des technischen Fortschritts, der Internationalisierung der Märkte und
                                         dem gleichzeitigen demografisch bedingten Rückgang des Erwerbspersonenpo-
                                         tenzials verändert sich im industriell geprägten Salzlandkreis der Arbeitskräfte-
                                         bedarf in den Unternehmen rasant. Es ist also elementar, jede potenzielle Fachkraft
                                         in den Blick zu nehmen – dazu zählen auch Fernpendler oder Familien, die ihre Hei-
                                         mat verlassen haben, aber offen dafür sind, wieder nach Hause zurückzukehren.
                                         Als Agentur für Arbeit Bernburg veranstalten wir daher dieses Jahr zum dritten Mal
                                         gemeinsam mit unseren Partnern die Rückkehrermesse ‚daheimsein‘ in Staßfurt.
                                         2017 sind wir mit elf Arbeitgebern gestartet, 2018 waren es schon 22. Wir freu-
                                         en uns auch dieses Jahr wieder über eine rege Teilnahme von Unternehmen, die
                                         Fachkräfte suchen und sich als Arbeitgeber präsentieren möchten.“
                                         Anja Huth, Chefin der Agentur für Arbeit Bernburg
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