MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT - IHK Halle-Dessau
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MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT Das Magazin der IHK Halle-Dessau ⁄⁄ Oktober 2019 Titelthema Schlichten statt richten: Möglichkeiten der außer- IHK-VOLLVERSAMMLUNG: RÜCKKEHRER-TAGE: „HEIMAT SHOPPEN“: gerichtlichen Streitbeilegung Kritik am Passende Fachkräfte Impulse für lebendige Strukturstärkungsgesetz finden Innenstädte www.halle.ihk.de
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 ⁄⁄ Auf ein Wort 1 Auf ein Wort Ein Einwanderungsland für Fachkräfte werden! Verstecken wir uns nicht hinter dem Aber das wird nur ein Teil des Lösungs- Begriff „demografischer Wandel“. Sa- pakets sein können. gen wir es klar und deutlich: Unser Land schrumpft – spürbar. Die Wirtschaft be- kommt nicht genug Personal, und dabei Unsere Gesellschaft mangelt es nicht „nur“ am Nachwuchs. muss sich entscheiden: Arbeits- und Fachkräfte fehlen genau- Prof. Dr. Steffen Keitel Prof. Dr. Thomas Brockmeier so wie neue Unternehmer – das heißt: Werben wir aktiv um qualifizierte Zu- Präsident Hauptgeschäftsführer Gründer und Nachfolger (m/w/d) – und wanderer aus dem Ausland oder nicht? irgendwann auch die Kunden für Han- Das Votum der organisierten Unterneh- ausländische Arbeitskräfte zu uns kom- del und Dienstleistung. merschaft jedenfalls ist eindeutig: men dürfen. Aber dass sie das auch tat- Schon vor rund einem Jahr haben sich sächlich wollen, dabei hilft kein Gesetz. Die Daten belegen, dass der Schwund die 14 ostdeutschen Industrie- und Das müssen eben auch wir wollen – gravierend zu nennen ist: 1990 hatte Handelskammern in die politische Dis- und daran müssen wir arbeiten. Sachsen-Anhalt noch knapp drei Mil- kussion um ein Fachkräfteeinwande- lionen Einwohner. Heute zählen die Sta- rungsgesetz eingeschaltet und eigene tistiker fast ein Viertel weniger. In den Eckpunkte und Maßnahmen für ein sol- Wir haben letzten Jahren konnten wir einen leich- ches Gesetz vorgelegt. Nachholbedarf. ten Überschuss in der Zuzugsstatistik feiern. Das ist schön. Aber diese neuen Man darf es in aller Bescheidenheit sa- Beim Anteil internationaler Arbeitskräf- Bürger gleichen den negativen Saldo gen: Die ostdeutschen IHKn waren in te liegt Sachsen-Anhalt bisher im Bun- aus Geburten und Sterbefällen nicht dieser Frage Meinungsführer. Unsere desländervergleich auf dem letzten aus, bei weitem nicht. Unser Kammer- Forderung war ebenso einstimmig wie Platz. 2017 hatten nur gut drei Prozent bezirk im Landessüden etwa wird laut unmissverständlich: „Ein Zuwande- der hiesigen Arbeitskräfte ausländische Prognose bis 2030 noch einmal knapp rungsgesetz für Fachkräfte und zu- Wurzeln – in Baden-Württemberg wa- zehn Prozent der Bevölkerung verlieren künftige Auszubildende nach wirt- ren es 15 Prozent. Auch bei der Export- und dann nur noch wenig über der Eine- schaftsorientierten Kriterien muss ohne quote oder anderen internationalen Million-Marke liegen. weitere Verzögerungen erstellt und zü- Kennziffern haben wir noch viel Luft gig eingeführt werden.“ nach oben. Ein Solidaritätszuschlag Bundestag und Bundesrat haben ein sol- Dass wir modern denken und weltoffen für den Aufbau West ches Gesetz im vergangenen Sommer handeln, sollten wir nicht nur betonen, beschlossen. Am 1. März 2020 wird es in sondern täglich belegen. Es ist richtig, Uns fehlen mittlerweile nicht nur all Kraft treten. 14 weitere konkrete Forde- zweifellos vorhandene Ängste, Unzu- jene, die nach dem Zusammenbruch der rungen enthielt unser Eckpunktepapier, friedenheit und Unmut in Teilen unserer DDR-Wirtschaft Anfang der 1990er die Hälfte davon wurde ganz oder zu- Bevölkerung gesellschaftlich zu disku- Jahre in den Westen gegangen sind, mindest in Ansätzen erfüllt. Am wich- tieren. Aber pauschalisiert und politisch sondern auch deren Nachkommen. Die- tigsten: Die sogenannte Vorrangrege- instrumentalisiert gehören sie nicht! se „Kinder der Wende“ sind demogra- lung für deutsche oder EU-Arbeitnehmer Wer hier zündelt, der schadet unserem fisch gesehen unser einseitiger Solida- wurde abgeschafft, auch die Zuteilung Bild in der Welt. ritätszuschlag für den Aufbau West, und nach sogenannten Mangelberufen ist zwar mit bevölkerungsdynamischem endlich entfallen. Und: Qualifizierte Und dagegen werden wir uns entschie- Zinseszinseffekt. dürfen nun auch zur Jobsuche für ein den wenden – zum Nutzen von Wirt- halbes Jahr ins Land, müssen also nicht schaft und Gesellschaft, im Interesse Wenn wir unsere über dreißig Jahre bereits einen Arbeitsplatz nachweisen. des Landes insgesamt. lang neu aufgerichtete Wirtschafts- Außerdem lichtet das Gesetz das Di- struktur bewahren wollen, dann müssen ckicht der beteiligten Behörden. Wir ha- wir den Negativtrend drehen. Und zwar ben damit ein Stück ganz konkreten Bü- möglichst bald. Es ist sicher richtig, da- rokratieabbau vorangebracht. bei intensiv auch um Rückkehrer oder Pendler zu werben, wir berichten im Die rechtlichen Voraussetzungen dafür Prof. Dr. Steffen Keitel Prof. Dr. Thomas Brockmeier vorliegenden Heft ausführlich darüber. sind also gegeben, dass qualifizierte Präsident Hauptgeschäftsführer
Die Themen ⁄⁄ MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 2 Die Themen 1 Editorial 35 Praxiswissen 50 Service 3 Engagiert im Ehrenamt 35 ⁄⁄ STANDORTPOLITIK 50 ⁄⁄ UNTERNEHMENSBÖRSE 14 Branchenreport 36 ⁄⁄ STARTHILFE- UND 50 ⁄⁄ GEWERBEFLÄCHENBÖRSE 14 ⁄⁄ HANDEL UNTERNEHMENS- 50 ⁄⁄ GESCHÄFTSANGEBOTE 18 ⁄⁄ TOURISMUS UND FÖRDERUNG AUSLÄNDISCHER UNTERNEHMEN GASTGEWERBE 40 ⁄⁄ AUS- UND 52 Bekanntmachungen 23 Regionalreport WEITERBILDUNG 52 ⁄⁄ BESCHLÜSSE DER 23 ⁄⁄ AUS DER REGION 42 ⁄⁄ INNOVATION UND IHK-VOLLVERSAMMLUNG UMWELT 56 Vorschau 46 ⁄⁄ INTERNATIONAL 56 ⁄⁄ TERMINKALENDER 48 ⁄⁄ RECHT UND FAIR PLAY 56 ⁄⁄ IMPRESSUM 49 Namen & Nachrichten 56 ⁄⁄ BILDNACHWEIS 03 ⁄⁄ IHK-Vollver- 06 ⁄⁄ Titelthema 22 ⁄⁄ Rückkehrer-Tage: sammlung: Kritik am Außergerichtliche Passende Fachkräfte Strukturstärkungsgesetz Streitbeilegung finden Die Unternehmerschaft im Süden Sach- Unternehmer kennen das: Der Kunde Dieses Jahr finden am 27. Dezember na- sen-Anhalts fordert, das „Strukturstär- zahlt nicht, der Auftraggeber macht ei- hezu in der gesamten Region sogenann- kungsgesetz“ des Bundes für den Kohle- nen Qualitätsmängel geltend, die Liefe- te Rückkehrer-Tage statt. Diese richten ausstieg im laufenden Gesetzgebungs- rung kommt zu spät und eine Klärung ist sich an Menschen, die in den letzten verfahren nachzubessern. Dies machte nicht in Sicht. Schon findet man sich vor Jahrzehnten – meist auf der Suche nach der Präsident der IHK, Prof. Dr. Steffen Gericht wieder!? Letzteres zumindest Arbeit – gependelt bzw. weggezogen Keitel, auf der Herbstsitzung der IHK- muss nicht zwingend die Folge sein – sind und nun zurückkommen möchten. Vollversammlung deutlich: „Der vorlie- auch wenn sich ein Rechtsstreit nicht Aber auch Zuzügler oder Menschen, die gende Entwurf reicht nicht aus: Es feh- immer vermeiden lässt. Welche anderen eine neue Stelle suchen, sind angespro- len praktisch alle Fördermöglichkeiten Konfliktlösungen es gibt und wie diese chen. Lokal ansässige Unternehmen ha- für Unternehmen, die die Kohlekommis- konkret aussehen, darüber informiert ben die Möglichkeit, diesem Personen- sion Ende Januar empfohlen hatte!“ das aktuelle Titelthema. kreis ihre Jobangebote vorzustellen.
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 ⁄⁄ Engagiert im Ehrenamt 3 Engagiert im Ehrenamt Vollversammlung der IHK Halle-Dessau: Es steht viel auf dem Spiel! Die Finanzen der IHK waren eines der „Die Infrastruktur ist im Gesetzentwurf zentralen Themen, mit denen sich die nur ein Förderbereich unter vielen. Ar- Vollversammlung in ihrer Herbstsitzung beits- und Ausbildungsplätze könnten intensiv befasst hat – die Mitglieder zum Beispiel gegen andere Kriterien verabschiedeten den Jahresabschluss ausgespielt werden“, kritisierte der 2018. Ein weiterer wichtiger Punkt auf IHK-Präsident. Er beklagte außerdem, der Agenda: der Braunkohleausstieg dass in der aktuellen Gesetzesvorlage und seine Folgen für die Region. Regelungen zu einem Revierbonus bei Investitionszuschüssen ebenso fehlten IHK-Präsident Prof. Dr. Steffen Keitel wie Steuererleichterungen und besse- machte deutlich, dass die wirtschaftli- re Abschreibungsbedingungen für Un- chen Folgeschäden in den vier deut- ternehmen. schen Braunkohlerevieren politisch ab- gefedert werden müssten. Der nunmehr Kontakt Wirtschaftsstrukturen IHK Halle-Dessau vorgelegte Gesetzentwurf des Bundes zur Strukturstärkung sei jedoch unzu- stärken und weiter- Leiterin Büro Präsident und Hauptgeschäftsführer reichend. „Es fehlen praktisch alle För- entwickeln Cordula Henke dermöglichkeiten für Unternehmen, die Tel. 0345 2126-245 die Kohlekommission Ende Januar emp- Und schließlich bliebe die zentrale Fra- Der IHK-Präsident kündigte an, dass chenke@halle.ihk.de fohlen hatte!“, mahnte der Präsident. ge weiter unbeantwortet, wie Versor- sich die IHK in diesen Strukturwandel- gungssicherheit und internationale prozess im Interesse ihrer Mitgliedsun- Die Vollversammlung forderte einhellig, Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen ternehmen konstruktiv-kritisch ein- das Strukturstärkungsgesetz im laufen- erhalten werden sollen. „Wir werden bringen werde. Oberstes Ziel sei, die den Gesetzgebungsverfahren entspre- den Kohleausstieg in unserer Region nur wegfallenden qualitativ hochwertigen chend nachzubessern. Sie befürchtet bewältigen, indem wir etablierte und Arbeitsplätze durch Erweiterungen be- zudem, dass die zugesagten Fördermit- erfolgreiche Wirtschaftsstrukturen stär- stehender und die Ansiedlung neuer tel von immerhin 40 Milliarden Euro ken und weiterentwickeln“, betonte Unternehmen adäquat zu ersetzen so- nicht zielgerichtet eingesetzt würden Prof. Keitel. „Dafür brauchen wir eher wie eine stabile und bezahlbare Ener- und deshalb wirkungslos versickern bessere Rahmenbedingungen als teure gieversorgung für die regionale Wirt- könnten. Einzelprojekte.“ schaft zu sichern. IHK-Finanzen: Solide, wirtschaftlich und sparsam „Die IHK hat planvoll, wirtschaftlich und sparsam gearbeitet, es gibt keinen Anlass zu Beanstandungen“, präsentierte der ehrenamtliche IHK-Rechnungsprüfer, Sascha Gläßer, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Halle (Saale), das Ergebnis der Rech- nungsprüfung. Die IHK-Vollversammlung stellte den Jahresabschluss 2018 fest und nahm den Be- richt der ehrenamtlichen Rechnungsprüfer zustimmend zur Kenntnis. Die Eckdaten des Zahlenwerks lauten: • Erträgen von insgesamt rund 15,3 Millionen Euro standen Gesamtaufwendungen in Höhe von rund 13,9 Millionen Euro entgegen. • Darüber hinaus unterhält die IHK Rücklagen für besondere Aufgaben, etwa um ihre Leistungen zu digitalisieren oder Gebäude zu modernisieren und instand zu hal- ten. Nach verschiedenen Zuführungen und Entnahmen saldierte sich der Über- schuss im Jahresabschluss 2018 auf insgesamt 212.000 Euro. • Der Überschuss wird vorgetragen und in den Wirtschaftsplänen 2019 und 2020 verwendet.
Engagiert im Ehrenamt ⁄⁄ MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 4 Reiner Storch, stellvertretender Vorsitzender des IHK-Ausschusses für Industrie, Agrar- und Baugewerbe und Geschäftsführender Gesellschafter der AEM Dessau GmbH, machte deutlich, dass die geplante Agentur für Cybersicherheit im Raum Halle/Leipzig ein großer Imagegewinn für die Region sei. Darüber hinaus biete sie die Chance, Mitteldeutschland selbst zu einem Kristallisationskern für digitale Sicherheitstechnologie auszubauen – mit entsprechendem Nutzen für alle Unter- nehmen. Ziel müsse es zudem sein, dass die Hochschulen durch strategisch kluge Entscheidungen im Land ihr Angebot im Bereich IT ausbauen könnten und so die begehrten Fachkräfte in der Region verfügbar seien. Reiner Storch berichtete darüber hinaus, dass ein Gespräch mit Christian Hirte, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Ener- gie und zugleich Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Bundesländer und den Mittelstand, genutzt worden sei, um auf die Herausforderungen des bevorste- henden Kohleausstiegs hinzuweisen (Die „Mitteldeutsche Wirtschaft“ berichtete in der September-Ausgabe). Dienstreisen ohne A1-Bescheinigung könnten teuer werden, betonte der Vorsitzende des IHK-Arbeitskreises Außenwirtschaft und Geschäftsführer der FEAG Sangerhausen GmbH, Heiko Koschmieder. Diese Bescheinigung sei nur ein Beispiel dafür, was Unternehmen beachten müssten, wenn sie ihre Mitarbeiter zu Wartungs- und Montageeinsätzen, Baustellen oder Messen ins europäische Ausland schickten (siehe S. 44). Die zunehmenden bürokratischen Belastungen gefährdeten den Außenhandel, so Koschmieder. Die IHK werde daher Probleme und Lösungsvorschläge in einem Positionspapier aufzeigen. Damit könne man die Politik auffordern, sich in Brüssel für weniger Bürokratie bei Entsendungen stark zu machen. Die Vollversammlung hatte bei ihrer Herbstsitzung verschiedene Beschlüsse zu fassen. Einhellig forderten die Mitglieder zudem, das Strukturstärkungsgesetz im laufenden Gesetzgebungsverfahren entsprechend nachzubessern.
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 ⁄⁄ Engagiert im Ehrenamt 5 Meinungsforscher Güllner mahnt: Die „Vergessene Mitte“ zurückgewinnen! SPD schon vor Jahrzehnten begonnen habe, berichtete Güllner. Die Forsa-Um- fragen belegten zudem: Die Parteien der Großen Koalition verlören nicht etwa an den Rändern des Wählerspek- trums an Vertrauen, sondern in der Mit- te der Gesellschaft. Befragte Nichtwähler kritisierten, dass die politischen Parteien eine unver- ständliche Sprache benutzten, zu viel stritten, kein Ohr mehr für die Sorgen der Menschen hätten und sich vor allem an der Meinung von Minderheiten ori- entierten. Die Folge dieser „Diktatur der Minoritäten“, so Güllner, sei aber nicht, dass sich die unverstandenen Bürger radikalisierten. Stattdessen verabschie- Interessenvertretung im politischen nach der Europawahl hochgeredet“, er- deten sie sich aus der politischen Wil- Umfeld setzt voraus, die Stimmung in klärte Güllner. lensbildung – und dies sei die eigentli- der bundesdeutschen Bevölkerung ver- che Gefahr. In Sachsen-Anhalt etwa lässlich einzuschätzen. Aus diesem Aktuelle Verschiebungen im Parteien- müsste fast die Hälfte der Bevölkerung Grund hatte die IHK den renommierten gefüge würden aus seiner Sicht vor al- zurückgewonnen werden, zeigte der Meinungsforscher Prof. Manfred Güllner lem deshalb falsch bewertet, weil bei Forsa-Chef auf: knapp 47 Prozent. vom Berliner Forsa-Institut für einen der Interpretation von Wahlergebnis- Vortrag in die Vollversammlung einge- sen die wachsende Zahl der Nichtwäh- Der Meinungsforscher forderte deshalb, laden. Er berichtete den Unterneh- ler außer Acht gelassen werde. Diese in der politischen Kommunikation wie- mensvertretern, wie sich die politische Kritik zielt auf die gängige Praxis ab, der stärker auf diese „Vergessene Mitte“ Landschaft in Deutschland gegenwärtig Wahlergebnisse auf die Zahl der abge- zu setzen. Auf lange Sicht sei dieses verschiebe. gebenen Stimmen zu prozentuieren. Rezept richtig, betonte er und zitierte den dänischen Philosophen Søren Kier- Allerdings gehe der Trend laut Güllner in Die umfassende Analyse zeige, dass der kegaard (1813-1855): „Wer den Zeit- eine andere Richtung, als führende Po- Abstieg der Volksparteien CDU/CSU und geist heiratet, wird schnell Witwer!“ litiker und die Leitmedien derzeit nahe- legten. Der Meinungsforscher warf je- doch einzelnen Medien vor, Wahl- und Umfrageergebnisse in ebenso unzutref- fender wie einseitiger Weise zu inter- pretieren. Die öffentliche Meinung wer- de über eine „Hysterie-Schraube“ im Sinne eines „grünen Zeitgeists“ beein- flusst, beklagte der Forsa-Chef. Das Thema Klimaschutz etwa sei nach der Europawahl im Mai 2019 fälschli- cherweise als Hauptmotiv der Wähler gekennzeichnet worden, die Parteien der großen Koalition abzustrafen. Tat- sächlich hätten in einer Umfrage nach der Wahl gerade 17 Prozent der Be- fragten diese Einschätzung gestützt. „Das Thema Klimaschutz wurde erst Quelle: Prof. Manfred Güllner, Forsa GmbH
Das Titelthema ⁄⁄ MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 6 Das Titelthema Streitigkeiten pragmatisch lösen: Es muss nicht immer das staatliche Gericht sein Unternehmer kennen das: Der Kunde zahlt nicht, der Auftraggeber macht ei- nen Qualitätsmängel geltend, die Lie- ferung kommt zu spät und es ist ein- fach unmöglich, miteinander eine Klä- rung herbeizuführen. Schon findet man sich vor Gericht wieder!? Letzteres zu- Kontakt mindest muss nicht zwingend die Fol- ge sein – auch wenn sich ein Rechts- streit nicht immer vermeiden lässt. Für maßgeschneiderte Konfliktlösungen gibt es jedoch interessante Alternati- ven, die im konkreten Fall häufig besser geeignet sind als eine Gerichtsver- handlung und unternehmerischen In- teressen eher entsprechen. IHK Halle-Dessau Geschäftsfeld Instrumente der Schiedsverfahren (vor einem Schieds- sonderer Weise, die Interessen der je- Recht und Fair Play gericht), die Schlichtung und die Me- weiligen Parteien zu berücksichtigen, Christiane Loertzer Tel. 0345 2126-305 außergerichtlichen diation inzwischen allgemein bekannt sind praxisnah und pragmatisch. Auch cloertzer@halle.ihk.de Streitbeilegung sind. Ihnen allen gemein ist, dass sie in ein Schiedsgutachten kann sachge- erster Linie darauf ausgelegt sind, dass recht und zielgerichtet zur Lösung füh- In der sogenannten außergerichtlichen sich die Parteien einigen und nicht da- ren. Wie im Falle eines eventuellen Streitbeilegung gibt es verschiedene In- rauf, dass ein Dritter allein den Streit Streites vorzugehen ist, haben die Par- strumente, von denen vor allem das entscheidet. Sie ermöglichen so in be- teien durch eine entsprechende Verein- barung – möglichst schon im Zusam- menhang mit dem abzuschließenden Vertrag – selbst in der Hand Außergerichtliche Streitbeilegung: Das bietet die IHK konkret • Schiedsgericht: Seit 1998 ist bei der IHK ein Schiedsgericht eingerichtet, Geschäftsbeziehungen welches Gewerbetreibende mit einer entsprechenden Schiedsabrede anru- nicht gefährden fen können. • Mediation: Seit 2014 gibt es im Internet die Plattform Mediatoren- Warum sollten Unternehmer die oben suche.info, auf der sich Mediatoren nach Sachgebieten listen lassen und genannten Instrumente in Betracht zie- Streitparteien einen für sie geeigneten Mediator finden können. hen? Ihnen ist meist nicht nur daran • Einigungsstelle: Die IHK unterhält dieses ehrenamtlich arbeitende Gre- gelegen, einen Streitfall an sich juris- mium mit dem Ziel, wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten gütlich beizu- tisch zu klären, sondern auch daran, legen. ihre Geschäftsbeziehungen dadurch • Schiedsgutachten: Die IHK benennt auf Wunsch einen geeigneten Schieds- nicht nachhaltig zu beeinträchtigen. gutachter, der als unabhängiger und unparteilicher Sachverständiger den Außergerichtliche Wege der Streitbei- strittigen Sachverhalt (Tatsachen) für beide Vertragspartner verbindlich legung bieten dafür in der Regel die klärt. bessere Basis als eine Auseinanderset- zung und Verurteilung vor einem staat- lichen Gericht.
Das Titelthema ⁄⁄ MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 8 Drei Instrumente der außergerichtlichen Streitbeilegung im Detail: Schiedsgericht – Mediation – Schlichtung Schiedsgericht Schiedsgerichte sind eine sinnvolle Al- fen. Der Verfahrensablauf wird flexibel Voraussetzungen ternative zu staatlichen Gerichten. gestaltet und trägt zusammen mit der Ein Schiedsgericht kann stets nur tätig Schiedsgerichtsverfahren sind zwar mit Sachkunde der Schiedsperson dazu bei, werden, wenn die Parteien dies aus- staatlichen Gerichtsverfahren im juris- das Verfahren rasch und damit auch drücklich schriftlich vereinbart haben tischen Verfahrensablauf vergleichbar kostengünstig zu beenden. und damit eindeutig den ordentlichen und enden auch mit einem verbindli- Kommt kein Konsens zustande, trifft das Gerichtsweg ausschließen. Der Ab- chen Spruch des Schiedsrichters. Aber Schiedsgericht ein verbindliches, streiti- schluss einer Schiedsgerichtsvereinba- Kontakt sie kommen mit ihren speziellen Vorzü- ges Urteil. Dieses ist unanfechtbar, sofern rung – die sogenannte Schiedsabrede – gen kaufmännischer Mentalität und un- nicht schwerwiegende Verfahrensfehler sollte deshalb bereits zusammen mit ternehmerischen Interessen entgegen. vorliegen. Ein für den Geschäftsbetrieb dem eigentlichen Vertragsabschluss er- oft lähmender Gang durch die Instanzen folgen. Die Parteien können dies zwar Verfahrensziel ist so von vornherein ausgeschlossen. auch später noch nachholen, was bei ei- Hauptsächliches Ziel des Verfahrens ist Dabei haben Urteile eines Schiedsge- nem einmal eingetretenen Streitfall es, einen Streit gütlich beizulegen und richtes die gleiche Wirkung wie die der aber oft schwierig ist. damit eine Basis für die weitere Zu- staatlichen Gerichte, sind also zum Bei- sammenarbeit der Parteien zu schaf- spiel ebenso vollstreckbar. IHK Halle-Dessau Geschäftsfeld Recht und Fair Play Christiane Loertzer Tel. 0345 2126-305 Mediation cloertzer@halle.ihk.de Die Mediation ist ein außergerichtliches tor unterstützt die Konfliktparteien da- Umgang der Parteien, die umfassend Verfahren, das zunehmend an Bedeu- bei, sich selbst in die Lage zu versetzen, informiert und konsensbereit sind, kann tung gewinnt. Hierbei vermittelt ein aus- eigene Lösungen zu erarbeiten. zu einer für beide Seiten zufriedenstel- gebildeter und neutraler Dritter zwischen lenden Lösung führen. Um dieses Ziel zu zerstrittenen Parteien, um diese (wieder) Voraussetzungen und Ziele fördern, unterliegt die Mediation der in Kommunikation zu bringen. Sie sollen Die Mediation kann nur dann erfolg- Vertraulichkeit sowie der Eigenverant- so die Möglichkeit erhalten, zu verste- reich sein, wenn die Parteien an einer wortung der Konfliktparteien und der hen, wie sie den Konflikt sehen, was sie sachlichen Einigung interessiert sind Neutralität des Mediators. Es ist daher voneinander wünschen und welche Lö- und nicht in erster Linie eine allgemei- nicht öffentlich. Ziel des Mediations- sungsmöglichkeiten ihnen offen stehen. ne Klärung der Rechtslage anstreben. verfahrens ist, dass beide Parteien eine Eine Mediation ist zeitlich begrenzt und Darüber hinaus lebt das Verfahren von schriftliche und verbindliche Vereinba- auf einen Konflikt bezogen. Der Media- der Kooperation – denn nur ein offener rung abschließen. Schlichtung Schlichtungsverfahren bieten die Mög- ressengerechte, faire Vereinbarung durch lichkeit, in den Prozess der Lösungsfin- lichkeit, unter Hinzuziehung eines unpar- die Vermittlung des Schlichters ab. dung einzugreifen, im Gegensatz zum teiischen Dritten, des Schlichters, schnell Dieser beurteilt als sach- und rechts- Schiedsrichter kann er aber kein eigenes und unbürokratisch zu einer sachgerech- kundige Person nicht, wer „Recht hat“, Urteil fällen. ten Lösung zu kommen. Der Schlichter sondern erörtert mit den Parteien die Es gibt eine Reihe verschiedener insti- sorgt dafür, dass die Parteien miteinander Sach- und Rechtslage und kann dabei tutioneller Schlichtungsstellen, die je im Gespräch bleiben, um so selbst eine auch selbst geeignete Lösungsvorschlä- nach Fachgebiet, Streitgegenstand oder einvernehmliche Regelung zu erreichen. ge unterbreiten. Der Schlichter hat da- auch Streitparteien (etwa Verbraucher Die Schlichtung zielt also auf eine inte- mit, anders als der Mediator, die Mög- gegen Unternehmer) ausgerichtet sind.
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 ⁄⁄ Das Titelthema 9 Das Schiedsgutachten – eine verbindliche, aber außergerichtliche Klärung Ein Schiedsgutachten ist die Stellung- Die Schiedsgutachter- Parteien bestimmen. Zudem sollte sie nahme eines unabhängigen, unpar- klären, wer den Antrag stellen kann und teiischen und sachverständigen Dritten klausel als Teil des welche Institution dafür zuständig sein Kontakt zu einem zwischen den (Vertrags-)Par- Vertrages soll, einen geeigneten Schiedsgutachter teien umstrittenen Sachverhalts. Ziel zu benennen. eines Schiedsgutachten ist es, Mei- Die Schiedsgutachterklausel wird in der nungsverschiedenheiten von Vertrags- Regel bei Vertragsschluss in den jewei- parteien über den Inhalt, die Erfüllung, ligen Vertrag (Gesellschafts-, Werk-, Der Schiedsgutachter- Auslegung oder Anpassung des Vertra- Lieferungs-, Miet- oder Pachtvertrag) vertrag ges verbindlich, aber außergerichtlich aufgenommen. Sie ist also Teil des Ver- klären zu lassen. Das Ergebnis des trages und legt fest, ob und in welchem Sieht die Schiedsgutachterklausel vor, Schiedsgutachtens ist für die Vertrags- Umfang im Falle von Unstimmigkeiten einen Sachverständigen als Schiedsgut- parteien bindend und kann nur bei gro- oder Streitfällen auf ein Schiedsgut- achter durch die IHK zu benennen, er- IHK Halle-Dessau ber Unbilligkeit oder grober Unrichtig- achten zurückgegriffen werden soll. Die mittelt diese – nach Vorlage der not- Geschäftsfeld Recht und Fair Play keit angefochten werden. Damit lässt Schiedsgutachterklausel kann aber auch wendigen Unterlagen – einen geeigne- Heike Sommer sich in aller Regel der Gang zum Gericht nachträglich durch die Vertragsparteien ten Sachverständigen und benennt die- Tel. 0345 2126-220 vermeiden. ergänzt werden, wenn ein Konflikt be- sen gegenüber den Vertragsparteien als hsommer@halle.ihk.de reits aufgetreten ist. Die Klausel sollte Schiedsgutachter. Die Beauftragung des eindeutig und klar formuliert sein und Schiedsgutachters selber erfolgt dann Gegenstand eines die Voraussetzungen und den Umfang auf Antrag und Gefahr der Vertragspar- Schiedsgutachtens sowie die Kostenfrage zwischen den teien (Schiedsgutachtervertrag). Gegenstand eines Schiedsgutachtens kann grundsätzlich alles sein, was sich durch einen Sachverständigen fachlich beurteilen lässt und nicht gegen ge- setzliche Normen verstößt; beispiels- weise der Wert eines Gesellschaftsan- teils, eines Grundstücks, die vertragsge- mäße Lieferung oder die Feststellung und Ursachen von Schäden. – Anzeige –
Das Titelthema ⁄⁄ MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 12 Die Einigungsstelle zur Beilegung wettbewerbsrechtlicher Streitigkeiten Klappern gehört zum Handwerk und sind Zuständigkeit, Organisation und Ver- nung abgewehrt werden soll. Letzteres ohne möglichst markige, einprägsame fahren der Einigungsstelle geregelt. kann zum Beispiel auch bei Zweifeln an Werbung ist Erfolg im Wirtschaftsleben der Abmahnbefugnis des Abmahnenden kaum vorstellbar. Aber nicht alles, was der Fall sein. Kontakt Große Praxisnähe und Wirkung zeigen soll, ist auch erlaubt. Hauptsächlich das Gesetz gegen den un- geringe Kosten lauteren Wettbewerb (UWG) gibt hier Gütlicher Ausgleich die Spielregeln vor. Wer dagegen ver- Die Einigungsstellen für Wettbewerbs- stößt, muss mit einer Abmahnung rech- streitigkeiten sind eine wichtige Ein- Die Einigungsstelle hat stets den Zweck, nen und findet sich dann gegebenenfalls richtung, um Auseinandersetzungen einen gütlichen Ausgleich aufgrund ei- in einem Rechtsstreit wieder. Anstatt solcher Art ohne großen bürokratischen ner mündlichen Aussprache herbeizu- vor ein staatliches Gericht zu gehen, Aufwand, mit Praxisnähe und Sachkun- führen. Im Ergebnis ist denkbar, dass kann in solchen Fällen die Einigungs- de sowie in der Regel recht zügig zu be- der Antragsteller auf seinen (unbegrün- IHK Halle-Dessau stelle für Wettbewerbsstreitigkeiten an- enden. Die Verfahren sind kostengüns- deten) Anspruch verzichtet oder der An- Geschäftsführerin gerufen werden. tig, denn es werden keine Gebühren tragsgegner sich in einem Vergleich zur Recht und Fair Play Dr. Ute Jähner erhoben; die ihr entstandenen Kosten künftigen Unterlassung der beanstan- Tel. 0345 2126-226 Diese wurde in Sachsen-Anhalt auf trägt jede Partei selbst. deten Wettbewerbshandlung verpflich- ujaehner@halle.ihk.de Grundlage von § 15 UWG durch Verord- Die Einigungsstelle wird nur auf Antrag tet. Kommt es jedoch nicht zu einer Ei- nung der Landesregierung jeweils bei den tätig und verhandelt mit einem Juristen nigung, wird das Scheitern des Verfah- beiden Industrie- und Handelskammern als vorsitzender Person und mit zwei rens festgestellt; gegebenenfalls wird Halle-Dessau und Magdeburg errichtet. Beisitzern (Gewerbetreibende verschie- der Antragsteller dann das Gericht an- Auch in allen anderen Bundesländern dener Branchen einschl. Handwerk so- rufen. Die Einigungsstelle jedenfalls fällt existieren solche Einigungsstellen. Es wie Verbraucher). Sie kann sowohl dann ihrerseits kein „Urteil“. handelt sich dabei also um Einrichtungen angerufen werden, wenn zu klären ist, Das Bestehen der Einigungsstelle und ihre des Landes, nicht der IHKn. Diese sind ob ein Wettbewerbsverstoß und damit Inanspruchnahme sind ein praktiziertes aber beauftragt, die Geschäfte der Eini- eine Unterlassungsanspruche vorliegt, Beispiel dafür, dass die Bekämpfung un- gungsstelle zu führen. Durch die landes- als auch dann, wenn eine als unbegrün- lauteren Wettbewerbs in erster Linie eine rechtliche Verordnung i.V.m. § 15 UWG det und unzulässig angesehene Abmah- Aufgabe der Wirtschaft selbst ist. Verbraucherstreitbeilegung: Pflichten für Unternehmen Auch auf europäischer Ebene findet die außergerichtliche sogenannten AS-Verfahren (Alternative-Streitbeilegung- Streitbeilegung zunehmend Beachtung. Hintergrund ist das Verfahren). Die Verbraucher sollen so die Möglichkeit erhal- Interesse an einem hohen Verbraucherschutzniveau, um so ten, branchenübergreifend Zugang zu einem „einfachen, ef- Kontakt einen reibungslos funktionierenden Binnenmarkt gewährleis- fizienten, schnellen und kostengünstigen“ Verfahren zu haben. IHK Halle-Dessau ten zu können. Zudem machte der Blick auf die rechtstat- Geschäftsfeld sächliche Situation in der Europäischen Union (EU) ein Han- Recht und Fair Play Christiane Loertzer deln der EU nötig, da einer Studie zufolge bereits heute über Folgen für Unternehmen Tel. 0345 2126-305 750 Systeme der außergerichtlichen Streitbeilegung in den cloertzer@halle.ihk.de einzelnen Mitgliedstaaten existieren. Diese komplexen europäischen Rechtsakte haben dabei ver- schiedene inhaltliche Anknüpfungspunkte, welche für die Un- ternehmen auch unterschiedliche Folgen haben: Zugang zu effizientem Verfahren Gleich ist beiden Instrumenten, dass sie Verträge zwischen ei- nem EU-Verbraucher und einem in dem Hoheitsgebiet des je- Deswegen ist im Mai 2013 die „Richtlinie über die alternati- weiligen Mitgliedstaates niedergelassenen Unternehmen be- ve Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten“ (RiL) er- treffen – also den B-to-C-Bereich. lassen worden, welche seitens der EU noch um die ODR-Ver- Die Richtlinie und das daraus umzusetzende deutsche Recht ordnung 524/2013 (VO) ergänzt wurde. Diese Rechtsetzung – das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) – gelten da- schaffte die Grundlage für ein alternatives Rechtbehelfsver- bei für alle Streitigkeiten aus Verträgen über Kauf oder Dienst- fahren bei Verbraucherstreitigkeiten in der EU, die leistungen. Die Verordnung hingegen bezieht sich explizit auf
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 ⁄⁄ Das Titelthema 13 vertragliche Verpflichtungen aus Online-Kaufverträgen und Online-Dienstleistungsverträgen. Nur für sie gilt die soge- nannte ODR-Plattform, ein auf EU-Ebene eingerichtetes On- line-Tool für die Streitbeilegung. Hilfreiche Links zum Thema finden interessierte Unternehmer unter www.halle.ihk.de | 3190586. Daraus ergeben sich für Unternehmen also zweierlei Pflichten: • Pflichten nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz bei Kauf- oder Dienstleistungsverträgen • Pflichten nach der ODR-Verordnung bei Online-Kauf- oder Dienstleistungsverträgen 1. Pflichten nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz: • Fast alle Unternehmen müssen Verbraucher – von einigen Ausnahmen abgesehen – seit dem 1. Februar 2017 über ihre Webseiten und/oder All- gemeinen Geschäftsbedingungen sowie im Konfliktfall darüber informieren, ob und gegebenenfalls über welche Schlichtungsstelle sie sich an einem Schlichtungsverfahren beteiligen. Wollen sie das nicht, müssen sie die Verbraucher hierüber ebenfalls auf ihrer Website und/oder über die AGB unterrichten. Die Informationen müssen leicht zugänglich, klar und verständlich sein. • Die Freiwilligkeit der Teilnahme am Verfahren ist nicht zu verwechseln mit der Erfüllung der Informationspflichten. Diese gelten auch dann, wenn sich das Unternehmen gegen eine Teilnahme am Schlichtungsverfahren entscheidet. Bei Verletzung der Hinweispflichten drohen kostspielige Abmahnungen. • Ausgenommen von der Info-Pflicht sind Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten. Stichtag ist der 31. Dezember des Vorjahres. Bei einer Ver- pflichtung (freiwillig oder aufgrund von Gesetz) zur Teilnahme, muss zudem die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle (mit Anschrift und Website) benannt werden. • Nach Entstehen einer Streitigkeit müssen Unternehmen erneut neben den allgemeinen Informationspflichten die Verbraucher in Textform in- formieren, an welche Verbraucherstelle (unter Angabe von deren Anschrift und Website) sie sich wenden können. Zudem muss das Unterneh- men wiederholt angeben, ob es zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren bei dieser Schlichtungsstelle bereit oder verpflichtet ist. 2. Pflichten nach der ODR-Verordnung Zusätzlich zu den zuvor genannten Informationspflichten sind Unternehmen, die Onlineverträge (Kauf- oder Dienstleistungsverträge) abwickeln, bereits seit dem 9. Januar 2016 verpflichtet, auf ihrer Website einen leicht zugänglichen, klickbaren Link auf die ODR-Plattform der EU-Kom- mission zu setzen. Unter http://ec.europa.eu/consumers/odr/ kann die Liste eingesehen oder auch für andere EU-Staaten nach einer geeigneten Streitbeilegungs- stelle gesucht werden. Die auf diesem Portal aufgeführten Streitbeilegungsstellen bieten außergerichtliche Verfahren zur Online-Streitbeilegung der Europäischen Kommission an. Sie wurden durch diese überprüft, um sicherzustellen, dass sie den Anforderungen genügen und bei den na- tionalen Behörden registriert sind. – Anzeige –
Der Branchenreport ⁄⁄ MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 14 Der Branchenreport 14 Handel 18 Tourismus- und Gastgewerbe Handel „Wie kauft der Kunde von morgen?“ – Ergebnisse des IHK-Handelsforums „Wie kauft der Kunde von morgen?“ – um diese große Frage ging es beim Kontakt „HandelsForum“ der beiden Industrie- Prof. Maiers Ratschläge für die anwesenden Händler: und Handelskammern Halle-Dessau und 1. Ohne – zumindest grundlegende – Mehrkanalfähigkeit haben es Händ- Magdeburg. Ziel war es, die etwa 200 ler schwer, Kunden zu gewinnen und zu binden. Denn diese werden in fast Teilnehmer für das sich stetig ändernde allen Fällen mehrere Verkaufskanäle (Laden, Online, Telefon) nutzen. Kundenverhalten zu sensibilisieren. Akzeptieren Sie es und versuchen Sie, die Kunden in Ihrem Verkaufs- kanalsystem zu halten! Zu den Referenten gehörte unter ande- 2. Stationär ist nicht tot – mit stationär gewinnen Sie andere Kunden und rem Jun.-Prof. Dr. Erik Maier von der diese anders, aber der stationäre Handel muss sich gegen den Online- Leipzig Graduate School of Manage- handel und Filialen der Onliner behaupten. Spielen Sie Ihre Stärken aus IHK Halle-Dessau ment, Leipzig, der die aktuelle Situation (Kundenansprache, Querverkäufe, Treue) und werten Sie diese digital auf Geschäftsfeld wie folgt analysierte: „Die Mehrzahl der (etwa mit quantitativen Informationen aus Ihrem Onlineshop)! Starthilfe und Unter- Händler akzeptiert, dass sich nicht ent- 3. Die neuen Monopole stellen auch Chancen für mehr Reichweite dar. nehmensförderung Daniel Loeschke weder der Online- oder der Offlinehan- Google und Amazon haben ein de facto Monopol auf digitale Kunden- Tel. 0345 2126-267 del in einem Nullsummenspiel durch- ströme. Nutzen Sie dies aus – zum Beispiel indem Sie auf dem Amazon dloeschke@halle.ihk.de setzt. Onlinehändler eröffnen Filialen, Marktplatz verkaufen oder auf allen Google Services sichtbar sind! um neue Zielgruppen anzusprechen; stationäre Händler versuchen, mit eige- nen Onlineangeboten konkurrenzfähig zu bleiben. Kurz: Erweiterung und Inte- neuen Standard. Händler müssen heu- FAZIT: gration der Verkaufskanäle, das soge- te in einem überregionalen und zuneh- nannte Omni-Channeling, wird zum mend digitalen Wettbewerb bestehen.“ „Die Digitalisierung des Handels ist eine Chance für alle. Aber keine Chance kommt ohne Risiken und ohne die Not- wendigkeit zur Weiterentwicklung aus. Der digitale Handel fordert daher Ver- änderung und Mut zu Neuem. Verände- rung war aber schon immer Teil des Ge- schäfts. Investitionen sind nötig, aber stemmbar. Die Technik ist neu, aber ein- fach. Der Handel muss die neuen Mög- lichkeiten für sich nutzen“, so das zu- sammenfassende Credo von Prof. Maier. Die Kontaktdaten aller Referenten er- Die Referenten und Veranstalter des Handelsforums (v. l. n. r.): Daniel König, Vizepräsident und Vorsitzender des Handelsausschusses der halten interessierte Unternehmer über IHK Halle-Dessau, Antje Bauer, Geschäftsführerin der IHK Halle-Dessau, Rolf Lay, Vizepräsident und Vorsitzender des Handelsausschusses die Internetseite der IHK Magdeburg der IHK Magdeburg, Mathias Hannibal, InLogSi GmbH, Halberstadt, Dirk Wolf, Wolf Media House UG, Magdeburg, Jun.-Prof. Dr. Erik Maier, Leipzig Graduate School of Management, Leipzig, Sebastian Knabe, Investitionsbank Sachsen-Anhalt, Magdeburg, Susanne Eva Dörrwand, www.magdeburg.ihk.de, Dokumenten- Geschäftsführerin der IHK Magdeburg und Michael Schettge, ANG. – Punkt und Gut! GmbH, Magdeburg. nummer 4442724.
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 ⁄⁄ Der Branchenreport 15 Fachkräfte von morgen verstehen: Handelsausschüsse der IHKn Halle-Dessau und Magdeburg diskutieren über aktuelle Themen In ihrer gemeinsamen Sitzung am neration Z und worauf der Handel bei 22. August 2019 beschäftigten sich die der Fachkräftegewinnung achten muss“ beiden Ausschüsse unter anderem mit bedienten sich die Ausschüsse der Fach- den aktuellen Entwicklungen im On- expertise von Prof. Dr. Antje-Britta Mör- „Die Generation Z ist social. linehandel, den „Sonntagsöffnungen“ stedt von der PFH – Private Hochschu- Twitter, Instagram und der Griff in Sachsen-Anhalt sowie vor allem der le Göttingen. Sie nahm die vier jüngsten zum Smartphone sind so nor- Herausforderung Fachkräftegewinnung Generationen und deren Erwartungen mal, wie für andere die Tasse Kaffee am Morgen“, erläuterte im Handel. Dazu, genauer zum Thema und Ansprüche in den Blick und stellte Referentin Prof. Dr. Antje-Britta „Fachkräfte von morgen verstehen: Ge- diese den Mitgliedern vor: Mörstedt. Baby-Boomer GenX GenY GenZ Ca. 1950–1964 Ca. 1965–1979 1980–1993 1994–2010 Leben um zu arbeiten Arbeiten um zu leben Arbeiten um zu leben Leben, leben, leben = hoher Stellenwert der Arbeit = Work-Life-Balance = keine kategorische Trennung = Arbeit muss zum Privatleben von Arbeits- und Lebenszeit passen Beruf Privat (trotz Beruf) Vereinbarkeit Berufs- und Leben (Beruf muss zum Leben Privatleben passen) Fernseher PC Tablet Smartphone, Google Glass, Telefon E-Mail, SMS Smartphone Nanodrucker, Mobile oder in die Kleidung integrierte Kommunikationsmedien „Digital Immigrant“ Technisch versiert „Digital Native“ „Net Generation“ Telefon als typisches E-Mail und Mobiltelefon als Web 2.0 als typisches Soziale Medien, Kommunikationsmittel typische Kommunikationsmittel Kommunikationsmittel insb. Video-Content Leben mit dem Netz Leben im Netz Quelle: PFH Private Hochschule Göttingen – Anzeige –
Der Branchenreport ⁄⁄ MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 16 „Heimat shoppen“: IHK holt Aktion erstmals nach Sachsen-Anhalt Impulse für lebendige Innenstädte und attraktiven Einzelhandel Modenschauen, Gewinnspiele, Gutscheinaktionen, Konzerte, Aufführungen, Spiel und Spaß für Kinder und besondere kulinarische Angebote – die größte deutsche Imagekampagne für den Einzelhandel kam am 20. und 21. September 2019 erstmals nach Sachsen-Anhalt: „Heimat shoppen“. An den beiden Ak- tionstagen boten Unternehmen und Werbegemeinschaften in Halle (Saale), Lutherstadt Wittenberg, Naumburg (Saale) und Magdeburg-Neustadt eine Fülle von Veranstaltungen und besonderen Ein- kaufserlebnissen an. Sie wollen damit die städtischen Besonderheiten in den Mittelpunkt rücken. „Diese Aktion soll dabei helfen, unsere Innenstädte zu beleben“, erklärt Antje Bauer, IHK-Geschäfts- führerin Starthilfe und Unternehmensförderung. „Gleichzeitig wollen wir Bedeutung und Potenzial des lokalen Einzelhandels wieder stärker ins öffentliche Bewusstsein rücken.“ Die von der IHK initiierte Kampagne wird von den innerstädtischen Unternehmen selbst umgesetzt und von den City- und Werbegemeinschaften begleitet. Weitere Partner der Aktion sind die kommunalen Wirt- schaftsförder- und Stadtmarketinggesellschaften, die Sparkassen vor Ort und die Mitteldeutsche Zeitung. Weitere Informationen unter www.heimat-shoppen-sachsen-anhalt.de
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 ⁄⁄ Der Branchenreport 17
Der Branchenreport ⁄⁄ MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 18 Tourismus IHK-Freizeitbarometer 2019: Bäder und Thermen profitieren vom Sommer 2018 Kontakt 10,7 Millionen Gäste besuchten im Jahr 2018 die Freizeiteinrichtungen im Land (fünf Prozent weniger vgl. mit 2017). Vor allem die Regionen Harz und Halle, Saale-Unstrut verzeichnen mit zusam- men acht Millionen Gästen die meisten Besucher. Auf deren Beliebtheitsskala ganz vorn stehen im Betrachtungszeit- IHK Halle-Dessau raum die touristischen Verkehrsträger Geschäftsführerin sowie die Freizeitattraktionen. Die Bäder Starthilfe und Unter- und Thermen konnten von allen Frei- nehmensförderung Antje Bauer zeiteinrichtungen den höchsten Besu- Tel. 0345 2126-262 cherzuwachs gegenüber dem Vorjahr abauer@halle.ihk.de erzielen (plus sieben Prozent). Hauptgrund für die positive Entwick- gen Jubiläum der „Straße der Romanik“ lung derjenigen Einrichtungen mit einem besuchten 12 Prozent mehr Gäste die Gästeplus ist das lang anhaltende Som- betreffenden Sakralbauten. Umgekehrt merwetter im vergangenen Jahr. Bühnen führte der heiße Sommer aber auch zu Vor allem die Regionen Harz und Halle, Saale-Unstrut verzeichnen 2018 mit zusammen acht Millionen Gästen die meisten Besucher Sachsen-Anhalts. und Theater profitierten von neuen Pro- einem Besucherrückgang, so etwa bei Quelle: IHK Halle-Dessau dukten und Attraktionen. Zum 25-jähri- touristischen Verkehrsträgern und was- sertouristischen Anbietern. Wachstum angestrebt Mit Blick auf das verbleibende Jahr rechnen 61 Prozent der Befragten mit gleichbleibenden Besucherzahlen. Die überwiegende Mehrheit der Freizeitein- richtungen will ihre Eintrittspreise sta- bil halten – zehn Prozent und hier vor allem die wassertouristischen Anbieter sowie die touristischen Verkehrsträger planen Preissteigerungen – in erster Li- nie, um Investitionen vornehmen zu können. Mit Abstand am größten sind die Investitionsabsichten bei den Be- treibern der Bäder und Thermen, Zoolo- gischen Gärten und Tierparks sowie bei den Landschaftsattraktionen. Die ausführlichen Umfrageergebnisse finden Interessierte unter Die Bäder, wie hier das Felsenbad Landsberg, profitierten vom lang anhaltenden Sommerwetter im vergangenen Jahr. www.halle.ihk.de | 4514032.
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 ⁄⁄ Der Branchenreport 19 Exzellenter Service durch exzellente Führung – Seminartag für erfolgreiche Unternehmer des Gastgewerbes und anderer kundenorientierter Branchen am 4. November 2019 „Service macht den Unterschied!“ – dies ist die Grundlage von Carsten K. Raths Leadership-Philosophie. Die Überzeu- gung, dass exzellenter Service nur durch exzellente Führung möglich ist, will der international geschätzte Management- Kontakt berater bei einem Seminartag am 4. November 2019 an die Teilnehmer weitergeben. Dazu laden die Industrie- und Handels- kammern Sachsen-Anhalts und Sach- sens sowie der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband beider Länder alle interessierten Unternehmer des Gast- IHK Halle-Dessau gewerbes und anderer kundenorientier- Geschäftsfeld Starthilfe und Unter- ter Branchen ein. Der Seminartag findet nehmensförderung im Rahmen der Messe „ISS GUT!“ im Daniela Wiesner Tagungsraum des CCL Leipzig statt. Tel. 0345 2126-285 dwiesner@halle.ihk.de Weitere Informationen sowie die Mög- lichkeit zur Anmeldung finden Interes- senten unter www.halle.ihk.de | 157101683. Typisch Harz – Ausgezeichnet regional! – Ein Qualitätssiegel für Produkte der Region Das Siegel „Typisch Harz“ kennzeichnet die besondere Regionalität und Quali- Kontakt tät von Produkten aus dem Harz. Es wird vom Harzer Tourismusverband, dem Trä- Harzer Tourismus- ger der Regionalmarke, nach festgelegten Kriterien vergeben – so sind die verband e. V. Hauptrohstoffe für das jeweilige Produkt aus der Region zu beziehen, ebenso Ute Döppelheuer Marktstraße 45 muss die Verarbeitung im Harz erfolgen. Darüber hinaus spielt der traditionelle 38640 Goslar Harzbezug eine wichtige Rolle. Inzwischen tragen über 400 Produkte von 57 Pro- Tel. 05321 340430 duzenten das Label – eine beachtliche Zahl, die durchaus noch steigen darf. In- www.harzinfo.de teressierte Unternehmen können sich an den Harzer Tourismusverband wenden. www.typisch-harz.de Eine der zahlreichen Typisch Harz-Aktionen ist die „Typisch Harz-Genussbox“, die es nur in der Vorweihnachtszeit gibt und die jedes Jahr neu zusammengestellt wird. In diesem Jahr enthält sie: eine in Handarbeit gefertigte Tasse von Harz Ke- ramik, Malzit® Wintertraum, Lauterberger Lehm vom Café Mangold, Harzer Stracke der Fleischerei Lambertz aus Zorge sowie einen Schierker Feuerstein. Die Box kann bis zum 25. Oktober 2019 unter www.typisch-harz.de bestellt werden. Firmen erhalten Sonderkonditionen.
Der Branchenreport ⁄⁄ MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 20 Bauhausreihe Ausstellungstipp: Die Rückkehr der Gemälde Von Ende September 2019 bis zum 12. Januar 2020 ist im Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) die große Sonderausstellung „Bauhaus Meister Kontakt Moderne. DAS COMEBACK“ zu sehen – die zentrale Kunstausstellung Sachsen- IHK Halle-Dessau Geschäftsfeld Anhalts, die neben der Eröffnung des Starthilfe und Unter- neuen Bauhaus Museums in Dessau ei- nehmensförderung nen der Höhepunkte im Jubiläumsjahr Daniela Wiesner „100 Jahre Bauhaus“ darstellt. Die Aus- Tel. 0345 2126-285 stellung vereint hochkarätige Meister- dwiesner@halle.ihk.de werke aus internationalen Sammlun- gen mit bislang selten oder noch gar Kunstmuseum nicht gezeigten Werken aus den Muse- Moritzburg Halle (Saale) umsbeständen. Die Kombination aus Friedemann-Bach-Platz 5 analogen und digitalen Ausstellungser- 06108 Halle (Saale) Tel. 0345 21259-0 lebnissen macht das Museum in seiner www.kunstmuseum- Vergangenheit und Gegenwart als Ort 3D-Visualisierung des Entwurfs „Hängende Gärten“ von Walter Gropius (1927), Blick in die Ausstellung moritzburg.de der Moderne erfahrbar. im Inneren; Autoren: Daniel Ackermann, Christine Fuhrmann, Bernd Hanisch Zum einen widmet sich die Schau der Maler, die zwischen 1919 und 1933 tels Virtual Reality ein neues, seinerzeit Sammlungsgeschichte des Landes- als Meister am Bauhaus in Weimar, von Walter Gropius entworfenes, aber kunstmuseums, indem sie versucht, die Dessau und Berlin lehrten – etwa nie umgesetztes, visionäres Kunstmu- verlorene, 1937 als „entartet“ be- Lyonel Feininger, Wassily Kandinsky seum: In diesem beispielhaften Pro- schlagnahmte Sammlung der Moderne oder Paul Klee. In Kooperation mit dem jekt des Neuen Bauens können Besu- möglichst vollständig zu rekonstruie- Studiengang Multimedia|VR-Design cher die vollständige Sammlung der ren. Zum anderen präsentiert sie in der Burg Giebichenstein Kunsthoch- Moderne des Museums, wie sie bis vertiefenden Kabinetten Gemälde jener schule Halle entsteht schließlich mit- 1937 bestand, erleben.
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 ⁄⁄ Der Regionalreport 21 Der Regionalreport
Der Regionalreport ⁄⁄ MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 22 Special: Rückkehrer-Tag Gekommen, um zu bleiben: Rückkehrer-Tage bringen Unternehmen und Fachkräfte zusammen Fachkräfte werden in Deutschland na- hezu überall gesucht – auch in den Land- kreisen des südlichen Sachsen-Anhalt. Ein Format, das Unternehmen bei der Suche unterstützen soll, sind die soge- nannten Rückkehrer-Tage. Diese richten sich an Menschen, die in den letzten Jahrzehnten – meist auf der Suche nach attraktiver Arbeit – gependelt bzw. aus ihrer Heimat weggezogen sind und nun zurückkommen möchten. Aber auch Zu- zügler oder Menschen, die einfach eine neue Stelle suchen, sind angesprochen. Lokal ansässige Unternehmen haben die Möglichkeit, diesem Personenkreis ihre Jobangebote vorzustellen. Reger Andrang beim Rückkehrer-Tag 2018 in Halle (Saale) Ursprünglich geht das Veranstaltungs- format in Mitteldeutschland auf eine Initiative des Landkreises Nordsachsen Hier finden die Rückkehrer-Tage am 27. Dezember 2019 statt: zurück, der dieses seit einigen Jahren Anhalt-Bitterfeld | Dessau | Wittenberg unmittelbar nach dem Weihnachtsfest 10:00 bis 13:00 Uhr anbietet. 2016 hat die Entwicklungs- Rathaus, Schloßfreiheit 12, 39261 Zerbst/Anhalt und Wirtschaftsförderungsgesellschaft Mercateo-Kantine „Piazza“, Museumsgasse 4–5, 06366 Köthen Metall-Labor Dr. Adolf Beck, Zörbiger Straße 21 c, 06749 Bitterfeld-Wolfen Anhalt-Bitterfeld das Format über- 13.00 bis 16.00 Uhr nommen und erstmals in Sachsen-An- Saal der Stadtwerke Dessau, Albrechtstraße 48, 06844 Dessau-Roßlau halt einen Rückkehrer-Tag organisiert. 10:00 bis 15:00 Uhr 2017 kamen andere Landkreise hinzu. Stadthaus, Mauerstraße 18, 06886 Lutherstadt Wittenberg Mittlerweile bietet nahezu jede Region www.rueckkehrertage.de im Süden Sachsen-Anhalts solch einen Burgenlandkreis Rückkehrer-Tag an – Mansfeld-Süd- Informationen dazu in Kürze unter: harz ist in diesem Jahr zum ersten Mal www.arbeitsagentur.de/weissenfels mit dabei. Halle (Saale) Rückkehrermesse „KOMM“ Die Veranstaltungen werden meist von 10.00 bis 13.00 Uhr verschiedenen Akteuren gemeinsam or- Stadthaus, Marktplatz zu Halle (Saale) ganisiert – den Städten und Kreisen, www.halle.de Arbeitsagenturen, Unternehmen und Mansfeld-Südharz der IHK. Rückkehrermesse „Zurück in die Heimat“ 10.00 bis 14.00 Uhr Der nächste Rückkehrer-Tag in Sach- Mammuthalle, Dr.-Wilhelm-Külz-Straße 35, 06526 Sangerhausen sen-Anhalt findet am 27. Dezember www.wiederinmsh.de 2019 in verschiedenen Landkreisen Salzlandkreis statt. An einer Teilnahme interessierte „daheimsein“ – Die Rückkehrermesse Unternehmen finden weitere Informa- 10.00 bis 13.00 Uhr tionen auf den angegebenen Websites Sparkassenschiff Staßfurt, Lehrter Straße 15, 39418 Staßfurt und bei den Ansprechpartnern aus der www.daheimsein.com jeweiligen Region.
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 10 2019 ⁄⁄ Der Regionalreport 23 Und dies sagen Akteure der Rückkehrer-Tage „Viele Unternehmen haben die Erfahrung gemacht, dass sich eine Stellenbeset- zung aus dem Potenzial der Region allein schwierig gestaltet. Daher besteht ein besonderes Interesse an denen, die durch das Pendeln für den Job häufig seit Jah- ren viel auf sich nehmen. Personalchefs wissen, dass sie hier oft auf besonders mo- tivierte Bewerber treffen. Denn das Interesse, heimatnah arbeiten zu wollen, ist groß. Dementsprechend beachtlich waren auch die Besucherzahlen unserer Rück- kehrermessen 2017 und 2018. Von den teilnehmenden Unternehmen haben wir viel positives Feedback erhalten und blicken insofern optimistisch auf die dies- jährige Veranstaltung.“ Stefan Scholz, Chef der Agentur für Arbeit Weißenfels „Fachkräfte zu sichern und anzuwer- „Rückblickend können wir sehr zufrieden mit dem Interes- ben, ist inzwischen die größte He- se am Rückkehrer-Tag 2018 in Dessau-Roßlau sein. Etwa rausforderung auf dem Gebiet der 300 Besucher sind unserer Einladung in den Saal der DVV Wirtschaftsförderung. Daher wird die Stadtwerke gefolgt, rund 30 Unternehmen haben sich und Stadt Halle (Saale) in Kooperation ihre offenen Stellen präsentiert. Die Besucher kamen dabei mit der Agentur für Arbeit, der Stadt- aus ganz unterschiedlichen Beweggründen: Bewerber mit marketing Gesellschaft, den Kam- auf konkrete Stellen vorbereiteten Bewerbungsunterlagen, mern, der Universität und anderen Familien, die sich für in der Ferne lebende Familienmitglie- Partnern dieses Jahr bereits zum der informierten oder ortsansässige Bürger auf der Suche zweiten Mal eine Rückkehrermesse nach einer neuen Herausforderung. Auch wenn sich bei der veranstalten. Im vergangenen Jahr Mehrheit der Unternehmen im Nachgang keine direkte Ein- konnten wir etwa 500 Gäste zählen, inklusive ausstellender Unternehmen. Für stellung ergeben hat, so fanden doch vielversprechende dieses Jahr haben sich zahlreiche Firmen aus verschiedenen Branchen ange- Gespräche vor Ort statt. Auch für den diesjährigen Rück- meldet, die den potenziellen Fachkräften ihre freien Stellen anbieten werden. kehrer-Tag sind bereits Unternehmensanmeldungen ein- Zudem erhalten die Besucher von der Stadt und ihren Partnern Informationen getroffen, woraus wir schließen können, dass die Fachmes- zum Wohnungsmarkt, verfügbaren Kita-Plätzen, zur Schullandschaft und se nach wie vor ein wichtiges Format zur Gewinnung von zum Kulturangebot.“ Fachkräften darstellt.“ Martin Bornschein, Dienstleistungszentrum Wirtschaft, Wissenschaft Anja Czubera, Wirtschafts- und Standortmarketing und Digitalisierung der Stadt Halle (Saale) der Stadt Dessau-Roßlau „Aufgrund des technischen Fortschritts, der Internationalisierung der Märkte und dem gleichzeitigen demografisch bedingten Rückgang des Erwerbspersonenpo- tenzials verändert sich im industriell geprägten Salzlandkreis der Arbeitskräfte- bedarf in den Unternehmen rasant. Es ist also elementar, jede potenzielle Fachkraft in den Blick zu nehmen – dazu zählen auch Fernpendler oder Familien, die ihre Hei- mat verlassen haben, aber offen dafür sind, wieder nach Hause zurückzukehren. Als Agentur für Arbeit Bernburg veranstalten wir daher dieses Jahr zum dritten Mal gemeinsam mit unseren Partnern die Rückkehrermesse ‚daheimsein‘ in Staßfurt. 2017 sind wir mit elf Arbeitgebern gestartet, 2018 waren es schon 22. Wir freu- en uns auch dieses Jahr wieder über eine rege Teilnahme von Unternehmen, die Fachkräfte suchen und sich als Arbeitgeber präsentieren möchten.“ Anja Huth, Chefin der Agentur für Arbeit Bernburg
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