Die Uebersetzungen von Agricolas "De re metallica" als Beispiel für die Verbreitung wissenschaftlicher Texte in den Landessprachen des 16 ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
RR Institutional Repository of the University of Basel University Library Schoenbeinstrasse 18-20 CH-4056 Basel, Switzerland http://edoc.unibas.ch/ Year: 1995 Die Uebersetzungen von Agricolas "De re metallica" als Beispiel für die Verbreitung wissenschaftlicher Texte in den Landessprachen des 16. Jahrhunderts Jenny, Beat Rudolf Posted at edoc, University of Basel Official URL: http://edoc.unibas.ch/dok/A1112463 Originally published as: Jenny, Beat Rudolf. (1995) Die Uebersetzungen von Agricolas "De re metallica" als Beispiel für die Verbreitung wissenschaftlicher Texte in den Landessprachen des 16. Jahrhunderts. Ferrum, Nr. 67. S. 16-25.
Die Übersetzungen von Agricolas «De re metallica» als Beispiel für die Verbreitung wissenschaftlicher Texte in den Landessprachen des 16. Jh. Dr. Beat Rudolf Jenny Frobens Verlagsprojekt 1548 erstmals ins Deutsche übersetzt3, Robinienweg 71 mit folgender Bemerkung auf dem Titel- CH-4153 Reinach «De re metallica» und die blatt: «... vormals in Teütsche sprach zu Übersetzer Johannes transferieren noch von niemand sonst Urcerius, Philipp Bechi und vnderstanden, sonder für vnmüglichen geachtet worden»!4 Dies sind die Michelangelo Florio sprachgeschichtlichen Rahmenbedin- Anmerkungen Wenn im folgenden Beitrag von den gungen, die es bei der Beurteilung der 1 Wie sich dies im einzelnen Übersetzungen von De re metallica Übersetzungen zu berücksichtigen gilt. auswirkte, ist daraus zu erse- in einzelne Volkssprachen des 16. Jh. hen, dass der Basler Jusstu- dent Basilius Amerbach nach die Rede sein soll, so müssen einige 2. De re metallica stellt zweifellos eines mehrjährigem Studienaufent- einschränkende bzw. abgrenzende der Glanzstücke der Basler Buchpro- halt in Italien 1556 folgende Bemerkungen vorausgeschickt werden: duktion dar. Dies ist eine Feststellung, gedruckte Fachliteratur zur 1. Der Referent ist kein Spezialist auf die der Referent ohne weiteres wagt, italienischen Sprache nach Hause brachte: Fondamenti dem weiten Feld des Ubersetzungswe- auch wenn er nicht über eine umfassen- del parlar Thoscano. Venet. sens in die Vulgärsprache des 16. Jh., de Kenntnis des Basler Buchwesens des 1150 in 80 (Universitätsbi- d.h. im vorliegenden Fall, ins Deutsche, 16. Jh. verfügt, sondern nur über zahl- bliothek Basel (= Ubb), Mscr. Französische und Italienische. Er muss reiche punktuelle Einblicke in dasselbe. C Via 89, XV; C Via 63, fol. sich somit damit begnügen, eingangs De re metallica ist für ihn Gegenstand 40vo). Vocabularium et grammatica, cum orthogra- ganz allgemein darauf hinzuweisen, eines solchen und wird hier als Einzelfall, phia in lingua vulgari seu Ita- dass es in der Mitte des Jahrhunderts als isoliertes Fallbeispie! zu behandeln iica des Albertus Acharasius, in Italien trotz politischer Zersplitterung sein. mit Erklärung vieler Stellen bereits eine weitgehend akzeptierte, aus Dante, Petrarca, Boccac- regulierte und systematisch erlernbare 3. Zur ersten Berührung des Referenten cio, Venedig 1550 in 4° (C Via 63, fol. 40; C Via 89, XV; Hochsprache, die «Lingua Tusca», gab1; mit Agricola kam es anhand prosopo- A.R.1.8, fol. 4); die verbesserte dass in Frankreich unter zentralistischem graphischer Forschungen im Rahmen Auflage der Regulae gram- Druck die langue doli, das Französisch der Edition der Amerbachkorrespon- maticales linguae vulgaris der Residenz, 1539 zur verbindlichen des Franciscus Fortunius, Ve- denz, konkret solcher zur Lebensge- nedig 1552 (C Via 89, XV; C Amtssprache für das ganze Königreich schichte des Philipp Bechi, des Autors Via 63, fol. 40vo; A.R.1.8, fol. erklärt worden war, dass kurz hernach der deutschen Übersetzung5. Von De re 69); die Grammatica vulgaris die erste Grammatik derselben publi- metallica über Bechi führte der Weg seu Italica des Acharisius, Ve- ziert wurde und um 1550 die wichtig- nedig 1543 (C Via 89, XV; weiter zum «Altmeister der Agricola- sten antiken Autoren in dieselbe über- Forschung» Hans Prescher, der seiner- A.R.1.8, fol. 4); die Regulae grammaticae, necessariae setzt waren. Völlig anders war die seits eine biographische Skizze über ad conscribendum ali (quid) Situation im deutschen Sprachgebiet! Bechi vorbereitete6. Dementsprechend linguä Italica des Jacobus Die diesbezügliche Problematik und werden im folgenden die Persönlichkei- Gabrielli, Venedig 1548 in 8° «Rückständigkeit» dürfte bekannt sein, (C Via 89, XV; A.R.1.8, fol. 97). ten der Übersetzer im Vordergrund ste- so dass die folgenden Hinweise genü- hen. Es wird dabei vor allem der Frage gen können: Die lokale meissnische ihrer Eignung und des Zustandekom- 2 und darauf 1524, 1536 und 1556 erneut übertragen Kanzleisprache wird durch Luthers mens ihrer Kontakte mit der Offizin und publiziert: Vgl. Catalo- Übersetzung der Heiligen Schrift ins Froben/Episcopius (hernach abgekürzt: gue general des livres im- Meissnische zum «Schriftdeutsch». Die- Froben) bzw. dem Basler Druckerei- prime de la Bibliotheque ses wird jedoch erst im Lauf der Jahr- Nationale (= BNC), Bd. 212, gewerbe nachzugehen sein. Von letzte- hunderte zur anerkannten und regulier- rem soll zuerst die Rede sein, anschlies- 1972, Sp. 823ff. ten Hochsprache für das gesamte send von De re metallica als gesamtem 3 British Museum General Sprachgebiet. Zu dieser Problematik nur Vorlagsprojekt einschliesslich einer ver- Catalogue (- BMC), Bd. 249, eine kleine Illustration: Vitruvs De archi- 1964, Sp. 821. schollenen französischen Fassung. In ei- tectura, also ein vergleichbares techni- nem zweiten Teil sollen die Verfasser 4 So auf dem Titelblatt des sches Handbuch, seit 1521 in italieni- der deutschen und vor allem der italie- Basler Nachdrucks von 1 575 scher Übersetzung vorliegend2, wird nischen Version vorgestellt werden. (Seb. Henricpetri). 16
Was den Basler Buchdruck im dritten ALtA -SERENISSIMA E. P O T E N T I S S I M A Abbildung I.- Viertel des 16. Jh. betrifft, ist ganz all- £.1 S AB E T TA, P E R L A D i O coltancoraque!kmedefirnefoiTerokparokm rotti(checo lich ist die Pest zu erwähnen, die sich maggiore ageuoksza i'un'hüomoda l'akro dafefcciTo OEterrebbe,quel- locheconeftremetanche,pcr uiadiuariimezzam& inrerpreaVbeflefpeilb . 1563/64 besonders verheerend aus- raJ!aci,bifognaches'ottcnga)enoüdimcnoranaeEakIa pcrfczsione che rmteüettonportadareilercakrutalEretto conlungodi£ägio,eitädioad wirkte und die erneut, jedoch schwä- • appararehorquefto^horqueU'akrolinguagio.chcbiafjmarencm ft dee puntolanaturaprodudtricedituttckmondanecofejficoraeunaftefiauO' cher in den Jahren 1577/78 sowie cejUnafteiranece^itadiparlared'unafceÜacaankra.eilanocihabbiadata. SedunqueiidottüsimoGiotgio Agrko!a,duigcnti(simocVauuedutiC- 1582/83 auftrat. Als De re metallica ilrnorkercaco rede p;u acctiki kcrcci.dekpiu intime »i fceredela terra, no gfhauohmrtuelarechenetalioguaLarina,da lata e docti tenuca in gran publiziert wurde, geriet der Basler Buch- pregio,comechefireki1haueiTepotnrobenilsimo>nonpureneia fuana-- druck in eine Krise, die durch politischen daThedcfca,maesiandio nclaGreca,nonfia perö ch'i! biafimi in parte uertmä: attdöcheficoniecirohagiouatoacutt!giirtudiofidiqudia,co'i und religionspolitischen Druck von aus- sen im Zusammenhang mit Skandalen konfessioneller Dissidenz im Innern be- dingt war und zu vermehrtem Druck druckt hat, ohne die Zensur zu begrüs- 5 s. Die Amerbachkorres- durch Zensur und durch zunehmende pondenz (= AK). Bearbeitet sen. Seine ebenso schlitzohrige wie die und herausgegeben von Al- Ängstlichkeit des führungsschwachen Problematik der Basler Zensur bloss- fred Hartmann f , Bd. 7: Die Rates führte. Zur Veranschaulichung mö- legende Entschuldigung lautete, er ver- Briefe aus den Jahren 1548- gen folgende Beispiele dienen: Der Rat stehe nicht, weshalb man Werke eines 1550. Auf Grund des von Al- vereitelt den Druck des Talmuds durch gewesenen Basler Universitätslehrers fred Hartmann gesammelten Materials bearbeitet und her- die Offizin Froben; die Neuauflage der erst noch der Zensur vorlegen müsse ausgegeben von Beat Rudolf Complutenserbibel durch dieselbe (die nota bene von ebensolchen aus- Jenny, Basel 1973. Über Be- scheitert an der Furcht vor der Genfer geübt wurde!)". chi: Vorbemerkung zu Nr. Konkurrenz8. Mangels verlegerischem 3179, S. 2 7 3 - 2 7 7 . Nach- träge dazu in den Bänden Wagemut der Basler kommt Genf den- Indessen war Agricolas Werk vom In- 8 - 1 0 ( 1 9 7 4 - 1995)passim. selben mit dem Neudruck der griechi- halt her «ideologisch» neutral, so dass schen Novellen zuvor9. Manches blieb von Seiten der Basler Behörden oder 6 Unter Verwendung von AK infolge kriegerischer Ereignisse - minde- auswärtiger Potentaten kein Argwohn (wie Anm. 5) und zusätzli- stens vorläufig - ungedruckt, so z.B. die zu befürchten war. Gefahr drohte De chem Quellenmaterial und Neuauflage der Werke des Andreas re metallica viel eher von einem der Beigabe reichen Bildmaterials publiziert, in: Hans Prescher, Alciatus wegen des Fürstenkrieges10. erwähnten unberechenbaren Faktoren. Georgius Agricola. Kom- Beeinträchtigungen brachten der Krieg Denn es handelte sich dabei nicht um mentarband zum Faksimile- zwischen Frankreich und England/Spa- eine kurzfristig herausgebrachte Einzel- druck Vom Bergwerck XII nien 1556/58 und hernach seit 1562 publikation, sondern um ein langfristiges Bücher, Basel 1557, VEB Deutscher Verlag für Grund- die Hugenottenkriege. Allerdings konn- Verlagsprojekt einer traditionsreichen, stoffindustrie. Leipzig 1985, S. ten diese, so z.B. durch die Lahmlegung für ihre sorgfältige Kalkulation und 85 - 106. - Weiteres Quellen- des gefährlichsten Konkurrenten Lyon Rechnungsführung (von der noch die material über Bechi hoffen 1567, auch positive Auswirkungen Rede sein wird) bekannte Offizin. Dieses die Autoren in einer weiteren Abhandlung zugänglich zu haben. Schliesslich ist noch ein Beispiel Projekt umfasste schon von Anfang an machen. anzufügen, um die hausgemachten - so unsere These - , nebst der über Schwierigkeiten und deren Komplexität lange Jahre hinweg mit grossem finan- 7 s. Felix Platter, Beschrei- zu veranschaulichen: Der letzte grosse ziellem Aufwand (Bebilderung!) vorbe- bung der Stadt B a s e l . . . und Basler Buchdrucker, der Italiener Peter reiteten'2 lateinischen Originalausgabe, Pestbericht 1610/1 l , h g g . Perna, wird 1578 gefangengesetzt, weil die Übersetzungen in die Volksspra- von V. Lötscher, in: Basler er ein Werk des verstorbenen Basler Chroniken 11, 1987 Daselbst chen. Letztere sollten, wenn nicht zu- bes. der Abschnitt über die Professors Sebastian Castellio, der zur sätzlichen Gewinn erbringen, so doch Pestilenzen von 1539 - 1584, konfessionellen Dissidenz neigte, ge- das finanzielle Risiko minimieren, indem S. 119ff. 17
8 Staatsarchiv Zürich E II dadurch zugleich die Konkurrenz aus- Froben musste sich somit nach geeigne- 375, 637 vom 15. Juli 1561. geschaltet war, die sich durch Nach- ten Interpreten umsehen. Eignung hiess Spes erat hie aliqua illum (sc. einen jüdischen Gelehr- druck einschlägiger Werke und deren in diesem Fall, dass bestimmte Voraus- ten) sustentari posse, si Tal- Übersetzung in die Landessprachen zu setzungen teilweise oder ganz zu erfül- mud Judaicum typis excusum bereichern versuchte. len waren: esset, quodeonabantur Fro- - Der Übersetzer musste im Latein beniani et Episcopii, nisi a magistratu prohibiti essent. Stringente Beweise für die Richtigkeit sattelfest sein. Codicem etiam Compluten- unserer These gibt es nicht. Doch lässt - Er musste womöglich über Kenntnisse sem imprimere statuerant, nisi sie sich mit Parallelbeispielen untermau- in der Montanwissenschaft bzw. audirent Geneuae iam sub -praxis verfügen. ern. Als solches bietet sich insbesondere praelo esse. die Kosmogrophie Sebastian Münsters - Er musste - und das war wohl die 9 H.E. Troje, Graeca leguntur, an, deren grosse Ausgabe 1550 gleich- höchste, weil keineswegs alltägliche Köln 1971, S.56f. sowie AK, zeitig lateinisch und (z.T. gekürzt) Anforderung - fähig sein, ein techni- Bände 9 und 10 passim. deutsch erschien und die der Verleger sches Sachbuch (nach heutiger Heinrich Petri bereits 1552 in französi- Terminologie) in möglichst allgemein- 10 s. AK Nr. 3611 A. 2 und scher und 1558 in italienischer Überset- verständlicher Weise in eine der ge- Nr. 4200 Z. 67 ff. zung herausbrachte' 3 . Ein weiteres Bei- nannten Volkssprachen zu übersetzen 11 s. AK Nr. 4278, Vorbera, spiel aus einem ganz anderen Bereich: und nicht, wie damals üblich, einen Schluss. 1554 erschien in Antwerpen die Praxis theologischen, juristischen, medizini- rerum criminalium elegantissimis iconibus schen, philosophischen, historischen 1 2 Agricolas Widmungsepi- stel datiert vom 1. Dez. 1550 ad materiam aecommodis illustrata des oder literarischen Text! und war bei der Publikation belgischen Juristen Josse Damhouder, Doch dazu waren wohl nur wenige der 1 556 bereits veraltet, was also ein illustriertes Handbuch zur Straf- Studenten oder ausgebildeten Akade- bei einem Erstdruck unge- rechtspraxis und insofern durchaus ver- miker fähig, die damals nach Basel wöhnlich, aber infolge Agri- colas Tod nicht mehr zu än- gleichbar mit De re rnetallica für die strömten in der Hoffnung, hier in den dern war. Über die Bergbaupraxis. Noch im gleichen Jahr Druckereien Arbeit oder mindestens allmähliche Drucklegung und sorgte der Autor für eine französische einen Nebenverdienst zu finden, wie er die Schwierigkeiten, welche Version aus der eigenen Feder und liess selbst Professoren der Basler Artisten- dabei vor allem bei der Be- schaffung des Bildmaterials 1555 eine flämische folgen; denn sein fakultät häufig willkommen war zur auftauchten, s. Georgius Werk war nur durch ein kaiserliches Pri- Aufbesserung ihres Lohnes. Agricola, Ausgewählte Wer- vileg auf 5 Jahre geschützt. Und dies ke (= AGA) Bd. 9: Briefe und machten sich Raubdrucker in Paris und Ein solcher, nämlich Philipp Bechi, war es Urkunden, Berlin 1992, Nr. A 117, S. 472ff. (einziges dies- Venedig auch sogleich zunutze 14 . bekanntlich, der die 1557 gedruckte bezügliches Dokument). (und wohl erst 1558 publizierte) deut- Nun war allerdings ein Damhouder sche Version schuf. Diese gibt sich aller- 13 s. K.H. Burmeister: Seba- auch ohne Abbildungen durchaus dings nirgends als Auftragswerk Fro- stian Münster. Eine Bibliogra- brauchbar, und selbst die Bebilderung bens zu erkennen. Anders die 1563 phie. Wiesbaden 1964. von Münsters Kosmographie - darunter erschienene italienische Übersetzung Nr. 66 bzw. Nr. 70ff. (dt.); Nr. 87ff. (Iat.); Nr. 92ff. (franz.); viele Füllsel ohne dokumentarischen eines Italieners, dessen Beziehungen Nr. 99 (ital.). Wert - bildete keineswegs einen so in- zu Basel zunächst nicht ersichtlich sind. tegrierenden Bestandteil des Werkes Hier wird ausdrücklich festgehalten, 14 s. AK Nr. 4151 und da- wie die Holzschnitte in De re rnetallica. dass Froben der Auftraggeber war 15 . Ist selbst A. 2 und 4. dies ein Beleg für die Richtigkeit unserer 15 Wie Anm. 28, (S. 2) des Vergleichbar wären diesbezüglich eher These, so wird diese durch ein anderes Vorworts an den Leser, Z. 7:. Vesals De corporis humani fabrica oder Faktum wieder in Frage gestellt, nämlich «. . gl'honorati Proben//, per li C. Gesners bebilderte naturwissen- durch das Fehlen einer französischen quali /'ho tradotto, . . .» schaftliche Werke. Das Ziel Frobens war Übersetzung und dies, obwohl eine sol- 16 Rechnungsbuch der Fro- somit vermutlich vor allem die Optimie- che vom verlegerischen Standpunkt aus ben und Episcopius . . . 1557 rung des Gewinns durch möglichst brei- ohne Zweifel den Vorrang hätte haben - 1564. Herausgegeben te Streuung des Werkes angesichts müssen, wie das Beispiel von Münsters durch Rudolf Wackernagel... eines verhältnismässig kleinen, z.T. aus- Kosmographie zeigt. Lässt sich eine Basel 1881. seruniversitären und nichtakademischen plausible Erklärung für diesen negativen Abnehmerkreises. Auch dieser Aspekt Befund geben? In der Tat ist dies mög- kann die These untermauern, dass die lich anhand des Rechnungsbuches der Initiative zu den Übertragungen in die Firma Froben, welches für die Jahre drei aus Basler Sicht wichtigsten Volks- 1557 - 1564, z.T. allerdings nur lücken- sprachen vom Verlag ausging. haft, erhalten ist16. Daraus ergibt sich mit grosser Wahrscheinlichkeit, dass ein bis- her nicht identifizierter, schon im Winter 1 5 5 7 / 5 8 für Froben tätiger Joannes 18
SS5 Urcerius/Urzerius vor dem März 1559 Abbildung 2: den Text ins Französische übersetzt hat- (ULU Rechnungsbuch Froben: Erwäh- te und ein Jahr später, im März 1560, «jAiUilft- '-^j.^1 t0. nung von Grimoult und seiner «recognitio Agricolae de re me- Leger Grimoult, ein als Person und Wis- ' t t f . U.U.,,, c,V tallica gallice» (11./12. Zeile von iAc~J, c.^/;., IX,- senschafter sehr gut erfassbarer fran- • Bechis Werdegang, sein Studium in Ba- H sel, Wittenberg und vor allem in Leipzig, seine akademische Tätigkeit daselbst und in Basel, seine Publikationen und 1 i . M - - " * < • - • • ' ' 17 Für die einzelnen Belege muss hier auf meinen Beitrag vor allem seine Briefe zeugen von sei- in: Georgius Agricola. nen grossen intellektuellen Fähigkeiten 500 Jahre. Herausgegeben ,'f.t- und von einem eigenwilligen Charakter, von F. Naumann. Wissen- verbunden mit grosser Bereitschaft zum schaftliche Konferenz vom 25.-27. März 1994 in Chem- Risiko. De re metallica ins Deutsche zu nitz. Basel 1994, S. 312-330: übertragen, war zweifellos ein solches. Die Swiss-Connection und Aus drei Gründen konnte Froben dieses ihre Bedeutung für die Ver- Risiko mit Bechi eingehen: breitung von Agricolas Werk, verwiesen werden. Hier ins- besondere auf S. 315f. samt - Da Bechi Arzt war18, hatte er zweifel- Anmerkungen. Über Gri- los eine engere Beziehung zur Natur- moult s. daselbst sowie die wissenschaft als ein blosser Artist oder ausführlichen Angaben in AK Nr. 3992, S. 53ff. und her- gar ein Theologe oder Jurist. berg, Schneeberg, Marienberg, Schar- nach passim. fenberg, Joachimstal und an anderen - Ein zusätzlicher Beleg für - Dank seines langen Aufenthaltes in Orten, und sei in etliche Gruben öfters Urcerius fand sich nachträg- Sachsen hatte er sich autoptische Ver- eingefahren unter grosser Gefahr. Da- lich in StA Basel, Sign. UA N trautheit mit der Materie des Bergbaus bei sei er zu Schaden gekommen, weil 6. Hier ist anlässlich der Visi- tation des Oberen (Augusti- erworben. Leider machte er darüber in er «jedem Wind» geglaubt und deshalb ner-) Kollegiums der Univer- seiner Widmungsepistel nur einige sum- viele unfündige Massen zu bauen ge- sität vom 27. Febr. 1556 marische und schwerverständliche An- holfen habe19. Was konkret hinter diesen vermerkt: «D. Arlenius soluit gaben. Viele Jahre lang, so behauptet Formulierungen steckt, ist schwer zu sa- 9 ß", und anschliessend: «D. Vrserius retulit se ad Bifron- er, habe er mit grossen Kosten «teil gen, zumal er sich in seinen Briefen dar- tem», d.h.: «Der Herr (Arnol- gebauwet» (im Glossar: fol. S. 4: teil - über ausschweigt, der Zeitpunkt nicht dus) Arlenius bezahlte 9 Soli- Partes fodinae uel cuniculi [= Stollen, sicher fixierbar ist20 und die allzu voll- di. Der Herr Urserius Gang]), und zwar zu Freiberg, Anna- ständige Aufzählung der Bergstädte, übersiedelte zu Bifrun.» - 19
Damit steht immerhin fest, w o er sich engagiert haben will, den statt siedet), «vnderscheidt» (statt Unter- dass Urcerius genau so wie schied), fand er es doch als Anfänger Verdacht einer Übertreibung erweckt. der bekannte Handschriften- agent Arien (über ihn s. AK, Was zweifellos bleibt, ist die Autopsie. stets unlogisch (und nur durch den ihm Bde. 6 - 1 0 passim) ein be- - Nicht weniger wichtig ist jedoch der unbekannten Lehnwortcharakter be- standener Mann bzw. Wis- letzte Punkt: Bechi war ohne Zweifel ei- dingt), dass er «Uhr» nicht zu «Auer» senschafter war (und kein umformen durfte, während «mur» nun ner der wenigen Basler Gelehrten oder Student), der sich, wie Arien, vorübergehend in Basel auf- sogar der einzige, der die Kenntnisse im «Mauer» hiess! Umgekehrt gelang es hielt und zeitweilig, wie an- Bergbau mit der Kenntnis der meiss- Bechi nicht, alle Alemannismen im Wort- dere auswärtige Akademiker, nischen Sprache verband, die damals, schatz und in der Lautung auszumer- in einem der Universitätskol- wie wir sahen, als Sprache der lutheri- zen. Besonders auffallend sind dabei je- legien untergekommen war. Bei Bifrons (Akk.: Bifrontem) schen Reformation den Siegeszug als doch Zwitter wie etwa «fürmeurlin» handelt es sich um den En- deutsche Hochsprache anzutreten (statt Feuermäuerlein)22. M ö g e n solche gadiner Studenten Johann begann. Von ihm konnte Froben ein Formen den Leser als meist harmlose Jakob Bifrun (Biveroni), der, Deutsch erwarten, das Alemannismen Stolpersteine gelegentlich behindert ha- 1554, ca. Juni, immatrikuliert (Matrikel der Universität tunlichst vermied und so für einen mög- ben, so muss die Schwerfälligkeit des Basel 2, S. 95 Nr. 6), am lichst grossen Kundenkreis in den deut- Stils insgesamt fast wie eine Barriere 11. Sept. und 19. Dez. 1555 schen Bergbaugebieten verständlich gewirkt haben, zumal der Beistrich häu- sowie am 27 Febr. 1556 als war. fig nicht die Satzkonstruktion verdeut- Schuldner im Oberen Kollegi- licht, sondern eine Spracheinheit mar- um nachgewiesen ist, dieses jedoch spätestens im Sept. Einige Stichproben zeigen tatsächlich, kiert. Die paarreimigen Versübersetzun- 1556 verlassen hatte, als er dass ein Hauptmerkmal des Meissni- gen schliesslich23, in welche Zitate aus seine Schulden beglich (UA N schen weitgehend berücksichtigt ist: Die der antiken Poesie umgesetzt sind, las- 6). Entgegen den Angaben neuhochdeutsche Diphthongierung ist sen erkennen, dass es Bechi nicht nur der Matrikelausgabe (wie oben) ist er jedoch nicht vollzogen: ü > au, 1 > ei, ü > eu/äu. Das an Erfahrung, sondern auch an sprach- identisch mit Jachiam Bifrun gleiche gilt für die neuhochdeutsche schöpferischer Kraft fehlte. Wen wun- (1506-1572), dem Überset- Dehnung: J > 1, doch ist diese im Schrift- dert's, dass das Bergwerksbuch zu zer der Bibel ins Romanische, bild teilweise nicht sichtbar. Nicht durch- einem verlegerischen Misserfolg wurde? sondern viel eher dessen Sohn. Doch ist nicht auszu- geführt ist die neuhochdeutsche Mo- schliessen, dass er bei der nophthongierung: uo > ü, üe > ü. Dass Ein Ehrenplatz in der Geschichte des Drucklegung der Bibel (1560 die Zahl der Inkonsequenzen und über- Montanwesens gebührt ihm trotzdem, erschienen) engagiert war kompensatorischen Schnitzer gross ist, insbesondere auch wegen der W i d - und so in engen Kontakt mit darf uns nicht wundern und kann Bechi mungsepistel 24 . Diese ist nämlich an den den Druckern und Urcerius kam. nicht zum Vorwurf gemacht werden. «Gewercken in der Gastein vnd Rau- Einerseits betrat er als Übersetzer be- riss» Christoph Weitmoser, «den gröss- züglich seiner bisherigen wissenschaft- ten Bergbauunternehmer des Alpen- 18 Er hatte in Leipzig zum Lic. med. promoviert und wurde lichen Tätigkeit Neuland: «Wiewol ich raumes»25 gerichtet, und zwar auf am 2. Dez. 1 558 auf Grund aber in etlichen stucken mir im vertieren Anregung von Bechis Freund Hermann der dafür vorgeschriebenen nicht hab gnug thun können», gesteht er Pincier, des Präzeptors (Erziehers) der Disputation in die medizini- ein, «von kürtze wegen der zeit, vnd sche Fakultät und damit ins Weitmosersöhne Johann und Christoph. auch dessenthalben, dass ich vormals Kollegium der praktizieren- Pincier habe ihn, so berichtet Bechi, von den Arzte aufgenommen. das Latein ins Jeutsch zubringen mich Freiburg i.B. aus besucht und Vater Weit- Die gedruckten Disputati- nie hab vnderwunden, verhoff ich doch moser als Adressaten empfohlen unter onsthesen liegen vor in UBB . . .», dass mein Werk Anklang finde2'; L a l l 1,6. Hinweis auf dessen Tätigkeit als Berg- anderseits verfügte er ja wohl über bauunternehmer, dessen Bildung und keinerlei Regelbücher für jenes Deutsch, 19 Vom Bergk=/werck xij. Lektüre der lateinischen Schriften Agri- das er zu verwenden hatte. Und schliess- Bücher.../... jezundt aber colas sowie dessen Freigebigkeit ver=/teüscht (siel), durch den lich darf nicht ausser acht gelassen gegenüber Bergleuten und Gelehrten. Achtparen vnnd Hochgeler- werden, dass er vermutlich überhaupt ten Herren Philip=/pum Bechi- M a n hat hieraus geschlossen, dass keine Praxis im Abfassen anspruchsvol- um, Philosphen, Artzet, vnd in Weitmoser der Auftraggeber der deut- lerer Texte in deutscher Sprache hatte, der / Loblichen Vniuersitet schen Übersetzung sein könnte26. Mit dies nun wieder im Gegensatz zu zuo Ba=/sel Professorn. / / viel besserem Grund lässt sich hieraus Getruckt zuo Basel durch Theologen und Juristen. Statt Kritik ist also eher Wohlwollen und Schmunzeln jedoch in Einklang mit unserer These Jeronymus Froben, vnd Niclausen / Bischoff, jm 1557. angebracht, mindestens beim alemanni- schliessen, dass Weitmoser nicht der jar mit Keiserlicher Freyheit schen Leser; denn dieser fühlt sich in die Auftraggeber war, sondern ein glückli- (Vollständige Titelaufnahme cher Fund anlässlich der Suche nach ei- i n A G A B d . 10, 1971, S. 771). Zeit und die Sprachprobleme seiner er- sten Schuljahre versetzt, wenn er z.B. nem Patron. Damit jedoch nicht genug! Unser Zitat auf S. Alpha 2vo, Z. 22ff.) auf folgende Formen stösst: «nataur» Durch die nun erstmals erfolgte Identifi- (statt Natur), «subteil» (statt subtil), «ein- kation Pinciers, durch die Rekonstruktion 20 s. hierzu Prescher, wie hält» (statt Inhalt), «seudet» (aus: südet; der universitären Kavalierstour, die er Anm. 6, S. 94f. und 98. damals mit seinen Zöglingen unter- 20
nahm, und dank nun erstmals erschlos- gen Teil Graubündens an die englische 21 WieAnm. 19, S. Alpha senen weiteren Quellen fällt ganz neu- Königin Elisabeth richtet!29 Gegensätzli- 3vo, Z. 52ff. es, von Bechi offensichtlich bewusst ab- cher geht es nicht mehr, denkt man, und 22 Wie Anm. 19, S. 25, geschirmtes Licht auf die Beziehungen vergisst, dass auch hier gilt: les extremes Z. 32; S. 466, Z. 10 und 483, Weitmoser - Basel und die Hintergrün- se touchent! Denn diese scheinbar Z. 3; Blatt nach Alpha 3ro, de der Buchwidmung. unüberbrückbare Diskrepanz lässt sich Z. 37; S. 466, Z. 28; S. Alpha 2vo, Z. 16 und 34; S. 479 durch die erstaunlich gut belegte Z. 6. Seit Juni 1557 waren Pincier und die Lebensgeschichte des Übersetzers auf Weitmoser-Söhne nämlich beim be- unerwartete Weise beseitigen. Ihr muss 23 Wie Anm. 9, im ersten kannten Basler Drucker Johannes Opo- hier reichlich Platz eingeräumt werden, Buch passim. rin untergebracht. Erst im März 1558 zumal in der deutschen Agricola- 24 Es fällt auf, dass Agrico- zogen sie nach Freiburg, während Opo- Forschung diesbezüglich grosser Nach- las Widmungsbrief in der rin, einmal mehr in finanziellen Schwie- holbedarf besteht30. deutschen Übersetzung fehlt, rigkeiten, im Frühjahr 1558 zu Weit- während er in der it. Ausga- moser reiste und von diesem einen Florio31 ist als Sohn getaufter jüdischer be mit übersetzt ist. beträchtlichen Überbrückungskredit er- Eltern, möglicherweise in Florenz, sicher 25 Prescher, wie Anm. 6, S. hielt. Zusätzlich stellt sich nun heraus, in der Toscana aufgewachsen. Von Be- 147. Dazu in Anm. 411 die dass Bechi ihn auf dieser Reise begleite- deutung ist dabei, dass er von «la mia nötigen biographischen An- te. Dies wohl kaum zum Vergnügen, natural lingua Fiorentina»32 spricht, und gaben. sondern um das Widmungsexemplar zu somit die italienische Hochsprache, die 26 So Prescher, wie Anm. 6, überreichen und so für Oporin den Kre- «lingua Tusca», seine Muttersprache S. 107. dit und für sich das erhoffte Honorar war. Als Franziskanermönch scheint er flüssig zu machen. Durch diese Fakten eine gute Ausbildung genossen zu ha- 27 Über den aus dem hessi- gerät nun Bechis Aussage über Pinciers ben; vor allem aber lernte er durch die schen Städtchen Wetter stammenden späteren Juri- Besuch allerdings ins Zwielicht: Denn in seinem Orden "übliche häufige Verset- sten H. Pincier und seine Fa- zwischen der Immatrikulation Pinciers in zung die wichtigsten Kulturmetropolen milie sowie über den Aufent- Freiburg am 28. März und Weitmosers Italiens kennen und bekam dadurch halt der Weitmosersöhne bei Tod am 2. Mai bleibt kaum Zeit für ei- auch Einblick in die transalpine Refor- Oporin s. G. Agricola. 500 Jahre, wie Anm. 17, S. 320f. - nen Vorgang, wie ihn Bechi schildert, mationsliteratur. Unter dem Verdacht Über die Reise nach Gastein gefolgt von Abfassung und Druck der der Ketzerei während gut zwei Jahren in ebenda S. 321 f. Widmungsepistel, Herstellung des Wid- Rom eingekerkert, gelang ihm 1550 die mungsexemplars und Reise. Beseitigen Flucht über Neapel, Süditalien, Venedig, 28 OPERA DI GIORGIO / lassen sich diese Unstimmigkeiten wohl Lyon ins evangelische England. In Lon- AGRICOLA DE LARTE DE METALLI / PARTITA IN XII. nur durch die Annahme, dass Bechi die don zuerst Pfarrer bei der italienischen L I B R I , . . . / . . . / / . Aggiugnesi il wahren Tatsachen bezüglich des Itine- Flüchtlingsgemeinde war er anschlies- libro del medesimo autore, rars verschleiern wollte, indem er den send, infolge eines sittlichen Fehltritts che tratta de glAnimali di Eindruck erweckte, die Weitmoser- entlassen, als Italienischlehrer in hoch- sottoterra, / da lui stesso cor- retto, & riueduto. Tradotto in Söhne hätten 1557 im habsburgisch- adligen Häusern und als Übersetzer pu- lingua Toscana da M. / Mi- katholischen Freiburg studiert, während blizistisch tätig. Noch wichtiger als der chelangelo Florio Fiorentino. sie in der Obhut ihres zwinglianischen Hinweis darauf, dass er damals Jane / / . . . Basel, H. Froben und N. Erziehers in Basel weilten27. Dabei ist Grey33, der 1554 hingerichteten Königin Episcopius. (Kolophon:) 1 563. Vollständige Titelaufnahme in nicht auszuschliessen, dass Bechi bereits der neun Tage, Italienischunterricht er- AGA, Bd. 10, 1971, S. 801. vom bevorstehenden Aufenthalt in Frei- teilte, ist für uns die Tatsache, das er da- burg wusste. Damit wäre zum Schluss mals einen evangelischen Katechismus 29 Ebenda fol. *2ro, vo: *3ro. auch erklärt, weshalb die Widmungsepi- vom Latein in die «lingua Thoscana» - Da Soy de la Rhetia = Sog- stel undatiert ist. Überdies müsste gefol- übersetzte und drucken liess und für Ja- lio im Bergell (Graubünden). gert werden, dass das Bergwerksbuch ne seine Regole de la lingua Toscana 30 s. ebenda S. 801, Anm.: nicht 1557 erschien, sondern erst auf schrieb34, sich also professionell mit der Über die Beziehungen zwi- die Frankfurter Frühjahrsmesse 1558 hin. italienischen Hochsprache befasste. schen Florio . . . und dem Ver- lag Froben ist uns nichts be- kannt; Prescher, wie Anm. 6, Macht es somit in jeder Beziehung Sinn, Im Frühjahr 1554 wich er mit vielen S. 157 (Register): Florio, Mi- wenn Bechi seine Übersetzung von De englischen Protestanten vor Maria der chelangelo (1563), Überset- re metallica dem reichen Gewerken Blutigen aufs Festland aus, begleitet von zer in Florenz. Weitmoser widmet, so wirkt dem- Frau und Söhnchen. Erster Zufluchtsort gegenüber die Widmungsepistel der war Strassburg. Dort erhielt er zusam- italienischen Übersetzung28 auf den er- men mit anderen englischen Flüchtlin- sten Blick wie ein Nonsens, indem ein gen auf Veranlassung des Pietro Paolo Florentiner namens Michelangelo Florio Vergerio beträchtliche finanzielle Unter- dieselbe am 12. März 1563 aus einem stützung durch den Herzog von Würt- abgelegenen Dorf im italienischsprachi- temberg36. Vergerio, ehemaliger Bischof 21
Abbildung 4: 1) Mit einer Widmungsepistel, datiert: A I P I I E CHRXSTIA Titelblatt und erste Seite von H l FRATELL1 B i l l A R E. Soglio, 4. Sept. 1556, publizierte er framaisChiriäiiiSoi/iiiMsliiiBirgj. Florios Apologie mit der Wid- Ä POL O ,;" ."'-'•• : :•-.: . :•' -;:.:::•. 1557 eine Apologie. Darin setzte er mung an seine Glaubensbrüder GIA D I M>- M I C H E L Hirtiflrexilqirelfa; Sjiure (= Gemeinde) in Soglio. 'hmtunpTcdueU tfce(Statte lecofe sich gegen die Anwürfe eines ehemali- V;-c:s p;:rci'i::fr£na, y.z i n i - i i ' - E , r LS.VAI.ITA ai gen Barfüsser-Mitbruders zur Wehr und • • ffcndere ec6* ™/u4i,pfr™,((f'C«>™'i('era(aer;u « e ^ s ^ ^ f i a w r e qucfli nofiri corpi tmcnf, cquci thcfori die per legte seine Meinung über das A b e n d - nicnamto (nnqufia (JaDfc padte Kmii'cc. aimflcricordiadonaadfonö.nöfia .clußtnarauigJ(,ie«»ät/snt«fifcmo mahl, das Papsttum und die Konzile dar, dcmidoflifitiHifrcIfgioffSifitfrciir- tori aiTatfcati fi iwio d< dtfendere ä kurz seinen evangelischen Standpunkt, ueroefegtolniü fenfo ddle Caimae K o n m o r i a r &d ur.ism, Sc recenfebofä&aDei. feine da gl'aaucfcnatidenti dcgl'he- tciici, c pürgaiJa da i lotdf ioro fo- also theologischen Kontroversliteratur gnati corneaa, Ogntano iä bcnit& mo, che piu fiamoobfigatiäDfo cd' all'etci na Aw parch, d; c a' cuipi n o . und reformatorische Pamphletistik, die hier nicht von Belang sind. Dies im Gegensatz zu den in der A p o l o g i e ent- 31 Die Literatur über Florio, haltenen autobiographischen Passagen, soweit sie dem Verf. damals bekannt war, ist zusammen- welche die Grundlage für Florios gestellt in: Georg Agricola. Lebensgeschichte bis 1550 bzw. 1555 500 Jahre, wie Anm. 17, S. bilden. Für uns ist dieser Druck wichtig 326f., Anm. 37. Zu wiederho- von Capodistria und päpstlicher Legat als Beleg für das grosse Durchsetzungs- len ist hier lediglich der Ver- in Deutschland, dann nach Bruch mit vermögen des Autors und vor allem weis auf die grundlegende biographische Skizze von der katholischen Kirche von 1550 - 1553 wegen der Frage, w o diese Schrift Frances A. Yates, in: John Flo- Reformator in den Südtälern Graubün- gedruckt wurde. Denn Chamues-ch, rio. The life of an Italian in dens und seit 1553 einflussreicher Rat wie das Kolophon vorgibt, ist offensicht- Shakespeare's England. des Herzogs Christoph von Württem- lich eine fiktive Ortsangabe 3 9 . Cambridge 1934, S. 1 - 26. Diese bleibt dank umfassen- berg, war es vermutlich auch, der Florio der Benutzung der engli- im M a i 1555 die Pfarrstelle im bündne- 2) Es handelt sich um ein Notariatspro- schen und Schweizer Quel- rischen Soglio verschaffte. Von ihm, der tokollheft in Q u a r t o von einst 28, heute len und vorzüglicher sich nach wie vor in die kirchlichen und noch 17 Blättern in einem Pergament- Vertrautheit mit der Kulturge- schichte des 16. Jh. grundle- politischen Verhältnisse Graubündens umschlag. Darin hat Florio 1 5 6 4 - 1 5 6 6 gend und ist höchstens in Ein- einzumischen versuchte, wird noch die als «publicus vallis Pregalliae notarius» zelheiten zu ergänzen. - Die Rede sein. eine kleine Anzahl notarieller Verurkun- in Anm. 37 (wie oben) zu- dungen in verkürzter Form ingrossiert. sammengestellte lokalge- schichtliche Literatur ist zu er- Als Prädikant in Soglio lässt sich Florio Drei leergebliebene Blätter wurden spä- gänzen durch: Ch. von bis 1566 gut belegen. Vermutlich schon ter von einer anderen Hand des 16. Jh. Hoiningen-Huene, Bergeller 1571 3 6 , sicher am 29. Juni 1573 37 ist er unter der Überschrift «De exercitio syllo- Rechtsverhältnisse im 16. Jh., gismorum» mit Merksätzen über die Syl- samt seiner Frau tot, womöglich also in: Bündner Monatsblatt der Pestepidemie von 1566 erlegen. Er logistik beschrieben. Besondere Beach- 1936, S. 357; 1937, S. 155; 176; 195. - Nachzuholen ist hinterlässt eine Tochter und mindestens tung verdient der Umschlag, besteht er hier ein Hinweis auf den Re- zwei Söhne. Allein schon dieser kurz doch, wie seine Innenseiten zeigen, aus print der it. Übersetzung: Tu- skizzierte Lebenslauf erklärt die einer Notariatsurkunde Florios und zeigt rin, Bottega d'Erasmo, 1969. sogar, obwohl am rechten Rand unter zunächst unverständliche Konvergenz Mit einem Vorwort von Luigi Firpo, wo nach einem zwischen dem Bergeller Dorfpfarrer leichtem Textverlust beschnitten, das Überblick über Leben und und der englischen Königin zur Genüge. Notariatssignet Florios40. Wann und Werk Agricolas auf S. X - XVI Auf die ebenso gut belegte wie er- durch wen er zum Notar kreiert wurde, ein Überblick über Florios Le- forschte englische Zeit Florios ist hier bleibt zu eruieren. Doch die Tatsache ben auf Grund von Yates ge- nicht einzugehen. Desgleichen tut eine allein schon, die durch dieses in feiner, geben wird, ohne dass näher auf seine Übertragung ein- ausführliche Darstellung der dogmati- zügiger Schrift abgefasste Protokollheft gegangen oder Yates dies- schen Streitigkeiten, die er 1 5 6 0 / 6 2 zu- belegt ist, zeugt erneut für Florios A n - bezügliche Ausführungen sammen mit einigen Kollegen und z.T. in passungsfähigkeit und intellektuelle Be- übernommen wären. Hin- weglichkeit sowie dafür, dass er sich Kollusion mit Vergerio heraufbeschwor, gegen erwies sich Firpos Su- nichts zur Sache. Wichtig für die Beur- weit über das Niveau anderer Dorfprä- che nach neuem englischem Quellenmaterial als erfolglos, teilung seiner Person ist jedoch, dass dikanten erhob, indem er fähig war, sich doch zitiert er einige von Ya- ihm in diesem Zusammenhang von nebst der Theologie auch in anderen tes nur angeführte Quellen in massgebender Seite vorgeworfen wird, Sparten kompetent zu betätigen. W i e extenso. Zu beachten ist Fir- er gebärde sich, als ob er «zum Metro- sollte er da nicht für ein entsprechendes pos Hinweis auf den Druck von Florios handschriftlich er- politen und Vorsteher der evangelischen Angebot aus der Offizin Froben in d o p - haltenen Regole de la lingua Kirchen Italienischbündens bestellt sei».38 pelter Weise empfänglich gewesen sein! Thoscana durch G. Pellegrini, Nötig ist im vorliegenden Zusammen- in: Studi di filologia italiana hang jedoch ein Hinweis auf zwei 12, 1954, S. 77 - 204, und Wann jedoch und wie erfolgte ein sol- dessen Besprechung durch wichtige Dokumente aus seiner Feder, ches? Lassen sich Beziehungen zu Basel Yates, in: Italian Studies 10, die in Soglio entstanden sind, eine ge- nachweisen? Hierauf ist zunächst eine 1955, S. 7 8 - 8 1 . druckte Flugschrift und ein Manuskript: allgemeine Antwort zu geben: Der 22
Pfarrer von Soglio lebte keineswegs im Abb.5 Abseits, sondern in nächster Nähe Florios Notariatssignet mit den zweier rege begangener Bündnerpäs- Initialen MAE se, nämlich des Septimers und des häu- fig bevorzugten Splügen. Chiavenna, wo sich die beiden Wege trafen, war das Tor zu Graubünden, und Florio konnte es in wenigen Stunden erreichen. Als erste Zuflucht und vielfach provisori- scher Aufenthaltsort italienischer Glau- bensflüchlinge bot es reichlich An- 32 Widmungsepistel fol. regung, zumal es sogar über einen *2vo, Z. 9f; vgl. Z. 11 und 17. Vorwort an den Leser, (S. 2), Buchladen verfügte. Briefliche Kommuni- Z. 12. kation mit Basel war somit jederzeit möglich. Darüber hinaus ist sogar ein 33 Eine italienische Biogra- Aufenthalt Florios in Basel kurz nach phie von Jane verfasste er dem 16., vor dem 23. Mai 1561 zuver- 1561 (so Yates S. 9; irrtüm- lich:! 554/55 Firpo S. XIV). - lässig belegbar: Damals reiste er als ML Sie wurde erst 1607, unter Abgesandter jenes bereits erwähnten Beigabe weiteren Materials Kreises von Kollegen aus Italienisch- mit dem fiktiven Impressum: bünden nach Zürich, Basel und Bern mit Richardo Pittore, gedruckt. Die Vermutung von Dict. of dem Ziel, hier Sukkurs für ihre vom National Biographie 19, offiziellen Glaubensbekenntnis der 1889, S. 336f., der Druck sei rätischen Synode abweichenden, z.T. es-ch und dem angeblichen Drucker in den Generalstaaten der antitrinitarischen Thesen zu suchen. Er Stefano de Giorgio (Georg, Zorsch) Ca- Niederlande erfolgt, wird nun durch BMC, wie Anm. 3, 74, wurde zwar hier wie dort abgewiesen41. tani versteckt haben soll, während ein 1961, Sp. 711 bestätigt: Es Allein, wieso sollte der wendige Prädi- Basler Drucker sich damals mehr denn handelt sich um Richard kant die Reise nicht gleichzeitig in eige- je gezwungen sah, solch polemische Schilders in Middelburg. ner Sache genutzt haben? Liesse sich und fremdsprachliche Flugschriften unter Warum Yates Venedig als (fiktiven) Druckort nennt, vielleicht ein kausaler Zusammenhang falschen Angaben erscheinen zu lassen. während BMC, BNC, wie zwischen derselben und dem Erschei- Schliesslich ist bekannt - und dies wiegt Anm. 2,52, 1913, Sp. 994 nen der zweiten Auflage von De re me- am schwersten -, dass Catani vor 1560 und der National Union Ca- tallica postulieren in dem Sinn, dass da- in Basel massgebend an der Druck- talogue 176, 1971, S. 153 übereinstimmend (s. 1) bzw. mals der Auftrag zur italienischen legung der romanischen Bibel des (n.p.) angeben, bleibt zu un- Übersetzung erteilt wurde? Leider Giachiam Bifrun beteiligt war und so tersuchen. spricht vieles dagegen, so besonders mindestens als Mittelsmann in Frage das Schweigen des Rechnungsbuches kommt. 34 Wie Anm. 3 1 . Froben wie auch die ablehnende Hal- tung des offiziellen Basel gegenüber Bezüglich der Entstehung von Florios 35 Samt dem Gesuch um Aufnahme ins Strassburger Florios Mission. Nicht auszuschliessen ist Übersetzung kann somit folgende Bürgerrecht belegt bei Ch. H. jedoch, dass er damals das Manuskript These vertreten werden: Sie wurde Garrett, The Marian exiles. seiner Übersetzung mitbrachte. Dies 1556/57, allenfalls gleichzeitig mit der Cambridge 1938, S. 155. - stünde in gutem Einklang mit dem ver- deutschen, in Auftrag gegeben und war Dass Vergerio diese Zahlung vermittelte, wie ich in G. Agri- legerischen Programm, wie wir es skiz- 1560/61 fertiggestellt. Sie blieb her- cola. 500 Jahre, wie Anm. 6, ziert haben. Frühester möglicher Zeit- nach liegen, bis in Königin Elisabeth die vermutete, lässt sich nun aus punkt für die Auftragserteilung wäre der geeignete Adressatin für die Buchwid- E. v. Kausler/Th. Schott (ed.), Mai 1555, als Florio vermutlich über Ba- mung gefunden war. Das undatierte Briefwechsel zwischen Chri- stoph . . . von Württemberg sel nach Graubünden zog. Doch war Vorwort an den Leser wurde wohl und P.P. Vergerius, in: Biblio- damals das lateinische Original gar gleichzeitig mit der Widmungsepistel im thek des Lit. Ver. in Stuttgart noch nicht publiziert. Ins Auge zu fassen März 1563 abgefasst. 124, Tübingen 1875, Nr. 137, ist deshalb viel eher das Jahr 1557: Da- S. 312(12. Dez. 1561) bele- gen: Scio quidem me aliam mals publizierte Florio ja seine bereits Zu klären bleibt schliesslich noch die per Dei gratiam ab . . . celsi- erwähnte Apologie, und zwar, wie wir Frage, was Florio mit seiner Widmung tudine vestra impetrasse ee- bereits festgestellt haben, nicht im En- persönlich bezweckte und wie ein Wid- lemosynam in EXULES A N G - gadin, sondern entweder bei Dolfin mungsexemplar an den englischen Hof LIAE, QUI ARGENTINAE Landolfi im bündnerischen Poschiavo ANTE ALIQUOT A N N O S und ein entsprechendes Honorar an COMMORABANTUR... oder eben in Basel! Für letzteres spricht Florio gelangt sein könnten. Die Vermu- neben typographischen Argumenten42 tung, dass sich der Autor - möglicher- 36 s. Yates, wie Anm. 3 1 , S. die Überlegung, dass nicht einzusehen weise mit einer Engländerin verheiratet 25 und ergänzend Firpo, wie ist, warum Landolfi sich hinter Chamu- - auf der britischen Insel in Erinnerung Anm. 31, S. XV und Anm. 33. 23
37 An diesem Tag überge- rufen und seinem Sohn Giovanni/John, Agricola erwähnten Gegenstände ken- ben die drei (namentlich auf- der sich später daselbst als Montaigne- nen! Doch wird sogleich klar, was die- geführten) gesetzlichen Ad- vokaten der Erben Domini Übersetzer einen Namen machen sen Mangel mehr als wettmachte: Es ist, Michaelis Angeli Florij Floren- sollte43, den Rückweg dahin bahnen wie bereits erwähnt, die Tatsache, dass tini, alias fidelis Dei Soliensis wollte, drängt sich auf. Da nun die Wid- er in seine Muttersprache übersetzen ecclesiae ministri, D. Con- kann, die gleichzeitig Hochsprache ist. mungsepistel vom 12. März 1563 da- stantiae, filae dicti Domini Michaelis, omnia mobilia sive tiert und zweifellos umgehend gedruckt Er nennt deren Schöpfer und Propaga- blancaria cum cassis duabus, wurde im Hinblick auf die Frankfurter toren Dante, Petrarca, Boccaccio und quae fuerunt quondam Do- Frühjahrsmesse, gilt es folgendes zu be- Bembo und vergisst auch nicht, auf mini Michaelis sive quondam achten: Bereits am 29. April 1563 reiste Francesco Fortunio, den Verfasser der eius uxoris, matris dictorum haeredum, geschätzt auf 20 der Pfarrer von Soglio durch Zürich im 1541 erstmals erschienenen und her- Gulden, unter der Bedin- Begriff, seinen Sohn John und zwei wei- nach wiederholt aufgelegten Regole gung, dass Constantia den tere Prädikantensöhne aus Südbünden grammaticali della volgar l/'nguea48 hin- Miterben auf deren allfälliges zu Vergerio nach Tübingen zu bringen44, zuweisen, während er sich über sein ei- Begehren den ihnen zuste- henden Teil zukommen lässt. wo ihr Studium während dreier Jahre genes entsprechendes Handbuch und Im Gewahrsam zweier ge- durch ein Stipendium finanziert wurde, seine Praxis im Übersetzen und in der nannter Treuhänder verblie- das Vergerio dem Herzog abgerungen Sprachlehre ausschweigt. Erkennbar ben jedoch zwei Ringe, das hatte45. Daselbst dürfte sich Florio samt wird dies jedoch in den Vorbehalten, die Siegel und ein Geldbetrag. Im Inhaltsverzeichnis ist die- seinem Begleiter mehrere Wochen auf- er gegenüber den Vätern der italieni- ser Akt folgendermassen gehalten haben, da Vergerio am 29. schen Hochsprache macht, Bembo nicht aufgeführt: Designatio Con- Mai berichtet, seine Gäste seien unter ausgenommen, und besonders pointiert stantiae filiae D. Michaelis Zurücklassung der «pueri» wieder ab- in den kurzen abschliessenden Bemer- Angeli p(er) ad(uocat) os (?) reliq(u)o(rum) filio(rum) 19. Ju- gereist46. Nun ist bekannt, dass der Ex- kungen zur Orthographie, die sich nach nij. Damit ist die Existenz min- bischof im Auftrag des Herzogs 1559 seiner Meinung den gesprochenen Lau- destens zweier damals ab- in engem diplomatischem Kontakt mit ten möglichst angleichen soll. Yates ver- wesender Söhne belegt England gestanden hatte, insbesondere mutet in all dem auch einen Nachhall (Staatsarchiv Graubünden in Chur, B 663, Heft 27, S. 48 mit dem königlichen Sekretär William von Gesprächen mit Luigi Castelvetro, und Blatt 1 Ovo). Cecil, dass er sogar brieflich an die dem bekannten Literaten und Sprachpu- Königin gelangt war und einen seiner risten, der sich von 1561 bis 1563/64 Neffen dahin gesandt hatte. Zudem als Exulant in Chiavenna aufhielt49. Kurz 38 Bullingers Korrespondenz war am 10. Jan. 1563 erneut Post von und gut: Florio war für Froben auch oh- mit den Graubündnern, ed. T. Schiess, Bd. 2, 1905, Nr. 360. Cecil eingegangen47. Deshalb muss in ne spezielle Fachkenntnisse der geeig- Erwägung gezogen werden, ob Florios nete Partner, geradezu ein Glücksfall, Reise nach Tübingen nicht auch dazu die Idee, das Werk der englischen Köni- 39 Titel bei Yates, wie Anm. 31, S. 1, Anm. 3 und in BMC, gedient haben könnte, um von dort aus gin zu widmen, keineswegs ausgenom- wie Anm. 3, 74, 1961, Sp. das Widmungsexemplar auf gut ge- men. Anknüpfungspunkt waren dabei 711; 159, 1962,Sp.703. bahnten diplomatischen Wegen nach denn auch kaum die nur nebenbei und Das Kolophon; Stampata in pauschal50 erwähnten englischen Berg- England gelangen zu lassen in der Hoff- Chamogascko per M. Stefa- no de Giorgio Catani dAgne- nung, dass ihn ein Wechsel für das Ho- werke, sondern viel mehr die italieni- dina di sopra. Anno MDLVII. norar anschliessend über dieselben er- sche Sprache, indem Florio wusste, dass reiche. Sollte gar Vergerio, der 1562 in die Königin diese genauso gut sprach 40 Staatsarchiv Graubünden Graubünden engste Kontakte mit Florio und verstand wie die griechische, latei- in Chur B 663, Heft 2 1 . gepflegt hatte, bei der ganzen Ange- nische und französische «senza la mez- legenheit von Anfang an seine Hände zanitä de gl'interpreti» (und die damit 41 Am 16. Mai 1561 in im Spiel gehabt haben, wie es seinem verbundene Gefahr der Irreführung)51. Zürich (Schiess, wie Anm. 38, geltungssüchtigen und geschäftigen Sinnvoll waren Übersetzung und Wid- Bd. 2, Nr. 343) hat er dieses Wesen entsprach? mung in einem weiteren Sinn auch inso- vor dem 23. Mai Richtung fern, als es im damaligen England - wie Basel verlassen (op. cit. Nr. 345) und ist dort am 23. Mai Doch verlassen wir das Feld der Hypo- Florio wohl wusste - Mode war, hohe von den Theologen bereits thesen, um uns Florios Widmungsepistel Bildung und kulturelle Fortschrittlichkeit abgewiesen worden, noch und seinem Vorwort an den Leser zuzu- durch das Erlernen der lingua Tusca zur bevor Bullingers Warnung wenden. Im Gegensatz zu Bechis Aus- Schau zu stellen. Denn diese war ja, bekannt wurde (Staatsarchiv führungen ist darin nicht die geringste nach Auffassung der Italiener, die Zürich E II 375, 635). Über die von Florio mitgebrachten Andeutung über spezielle Fachkennt- schönste und eleganteste aller Spra- Thesen s. Schiess, Bd. 2, Nr. nisse im Montanwesen zu finden. Im chen aller Zeiten55. 343 Anm. 1; über die Ant- Gegenteil: Florio gesteht, man müsste wort der Zürcher ebenda Nr. 345 Anm. 1. Abschriftlich Holzfäller, Schmied, Steinmetz, Gold- auch auf der Zentralbiblio- schmied, Alchimist, Drogist und Maschi- thek Zürich, Mscr. S 100, nenbauer in einem sein, wollte man die Nr. 103 erhalten. italienischen Bezeichnungen aller von 24
Zu guter Letzt kann Florios «versio vul- richt eigneten55. Indessen steht fest, dass gär» auch noch den Anspruch erheben, sich Nikolaus Episcopius' Schwieger- ein Glücksfall in der Geschichte der sohn ein Exemplar sicherte. Es war dies Buchproduktion zu sein, indem sich auf kein geringerer als der Schaffhauser Grund folgender Notiz im Rechnungs- Daniel Peyer, Sohn des namhaften buch Froben: «Nicoiao Episcopio filio Schaffhauser Bürgermeisters Alexander für papyr zu dem Agricola vulgär... Peyer und Neffe des Juristen Martin 61 fl. 5 sh.»53, errechnen lässt, dass ihre Peyer. Benutzungsspuren weist das ge- Auflage 300 Exemplare betrug54. Ob nannte Exemplar allerdings keine auf allerdings die Rechnung aufging - , wel- und ist damit ein Beleg für die - zumal che die Offizin Froben im Einvernehmen im Rahmen der Montanwissenschaft - mit dem Übersetzer bezüglich engli- ernüchternde Feststellung, dass dieser scher Abnehmer machte, ist fraglich. Band ganz einfach dank seiner hervor- Begreiflich ist hingegen, dass kein Beleg- ragenden typographischen Gestaltung exemplar an die Basler Universitätsbi- und als Bilderbuch Hochschätzung und bliothek ging, da sich v/eder Inhalt noch Gefallen fand56. Sprache für den akademischen Unter- 42 Sie sind offensichtlich der ziert. Joannes Franciscus Pa- däne ricchezze, possano vorgenommenen) Preisab- Grund dafür, dass BMC, wie risotus Bergamensis ist offen- mantenere la publica pace, zugs billiger war, ist die effek- Anm. 3, 159, 1962, Sp. 703 sichtlich ein Sohn des aus resistere a le congiure de se- tive Auflage klar: 300 Exem- zum Exemplar Sign. 3901.a.2 Bergamo stammenden Pfar- diziosi, metter freno a super- plare, also eine 1/4-Bogen/ (ohne Vorbesitzervermerk; rers von Samaden (1 551 - bi, aumentar gli studii de le Tagesleistung einer Drucker- mit wenigen Marginalien) 1576) und Pontresina (1576 - buone lettere, et souuenire i presse. Gehen wir von den feststellt: The colophon is fic- 1 584) Petrus Johannes Pari- poueri: et che i popoli altresi knapp 40 erhaltenen Exem- titious. Printed at Basle. Eine sott (J.R Truog, Die Pfarrer con maggiore ageuolezza plaren aus, welche U. Horst Überprüfung dieser Angabe der evg. Gemeinden in possano nelle sue bisogne in der Agricola-Bibliographie war nicht möglich; denn die Graubünden, 1934/35, S. difendere contesta Real Coro- (AGA,Bd, 10, 1971, S. 801 ff.) handschriftlichen Unterlagen 168). Joannes Petrus ab na da ogni forestiere assalto, nachweist, so wären heute des gedruckten Katalogs, die Ecclesia Strurdnensi dürfte et uiuersene lieti de lor sudori noch ca. 13 % der Auflage vielleicht eine Antwort ent- (entgegen Yates' Identifikati- (fol. *2vo,Z. 21 ff.). erhalten. halten könnten, sind leider für onsversuch) ein Sohn des die nächsten Jahre infolge Bartholomaeus ab Ecclesia, 51 Fol.*2vo,Z. 18f. 55 Vermutlich ist auch das des Umbaus unzugänglich!! Pfarrers in Malenco (Veltlin) Fehlen von Neuauflagen seit (freundliche Mitteilung von sein, gest. 1580. Es kann 52 So Bonifacius Amerbach der Mitte des 17. Jh. darauf David Paisey, German Sec- Identität mit Johannes ab leicht spöttisch in AK, wie zurückzuführen, dass dieser tion, British Library, London). Ecclesia angenommen wer- Anm. 5, Bd. 10/2, Nr. 4302, Stoff nicht an Universitäten den, der 1580 - 1606 da- Z. 144f. gelehrt wurde und dass es 43 Ihm ist die Wiederent- selbst als Nachfolger des Va- Bergakademien erst seit der deckung des Vaters durch ters wirkte (Truog, S. 264f. 53 Wie Anm. 16, S. 59, Z. 2. Hälfte des 18. Jh. gab. die englische Geschichts- Die Ortsangabe Strurdnensis 15f. schreibung zu verdanken, kann ich noch nicht deuten). 56 Universitätsbilbiothek Ba- zumal von ihm gelegentlich Auffallend ist, dass Vergerio 54 Die diesbezügliche Um- sel, Sign, h.v.1.26. Pergament- sogar behauptet wurde, er von 14jährigen Jünglingen rechnung unter Beizug der umschlag (Missale). Oben verstecke sich hinter dem spricht, während John da- gleichzeitigen Preisangaben links auf dem Vorsatzblatt: Pseudonym Shakespeare. mals höchstens lOjährig ge- auf S. 60, Z. 25ff. des Rech- Daniel Payer. A(nn)o 63/. wesen sein kann! nungsbuches, wie Anm. 16, Darunter in der Mitte des 44 Schiess, wie Anm. 38, Bd. verdanke ich Dr. R Tschudin: Blattes (durchgestrichen): Ex 2, Nr. 514. 46 Kausler/Schott, wie Anm. Es handelt sich um Lieferun- libris. / / Leonhardj Respingerj. 35, Nr. 183. gen von sog. Median-Papier / / Anno 1643. Da Respinger 45 Über dieses Stipendium . . . aus drei lothringischen Pa- vermutlich ein Enkel von D. für vier Prädikantensöhne 47 Op. cit. Nr. 73; 73a - c; piermühlen. Der Preis beträgt Peyer und Modestia Bischof aus italienisch Bünden s. 78; 80; 170. 8 fl. je Ballen zu 10 Ries, um- war, ist damit langjähriger Kausler/Schott, wie Anm. 35 gerechnet 20 sh. je Ries zu Familienbesitz erwiesen (s. Nr. 137; 138; 154; 158; 246. 48 s. Anm. 1. 500 Bogen. Die it. Überset- Basler Wappenbuch s.v. Pey- Es waren schliesslich nur drei zung umfasst 276 Doppelsei- er; Respinger; Bischoff). Im aufzutreiben und einen vier- 49 Wie Anm. 31, S. 24. ten, also 138 Bogen (abzüg- Nov. 1658 ging der Band in ten lehnte der Herzog ab, lich der 6 fol. Widmungs- den Besitz des Juristen und weil er kein Prädikantensohn 50 jedoch unter höchst inter- epistel etc.). Die 61 fl. 5 sh. Bibliophilen Remigius Faesch war. Sie sind in: Die Matrikel essanten staatstheoretischen entsprechen . . . 76,5 Ries, al- über (Notizen auf der Innen- der Universität Tübingen, Tü- und nationalökonomischen so 38250 Bogen. Somit er- seite des vorderen Um- bingen 1906, Bd. 1,S. 434, gibt sich eine theoretische schlags oben links und auf Gesichtspunkten, die für Flo- am 9. Mai 1563 eingeschrie- Auflage von 277 Exempla- dem Titelblatt unten). rios hohe Bildung sprechen:. ben. Joannes Florentinus hat .. a fin che i suoi Re, senza ren. Weil das Papier... we- schon Yates, wie Anm. 31, S. molto aggrauare i lor uassal- gen des (durch Froben infol- 21 als John Florio identifi- li, col mezzo di si fatte mon- ge Qualitätsminderung 25
Sie können auch lesen