DIE ZUKUNFT IM BLICK DAS JOURNAL FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN 2 | 2010 HESSEN - SCHWERPUNKT HESSEN INNOVATIV - HESSISCHES MINISTERIUM FÜR ...

Die Seite wird erstellt Albert Hess
 
WEITER LESEN
DIE ZUKUNFT IM BLICK DAS JOURNAL FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN 2 | 2010 HESSEN - SCHWERPUNKT HESSEN INNOVATIV - HESSISCHES MINISTERIUM FÜR ...
Wirtschaftsmagazin

Hessen
Das Journal für Unternehmer und Investoren   2 | 2010

die zukunft
im blick
Schwerpunkt
Hessen innovativ

Wirtschaft
Wiedergeburt eines Mythos

Bildung und Wissenschaft
Aufbruch zu den Sternen

Lebensqualität
Entspannen wie ein Kaiser
DIE ZUKUNFT IM BLICK DAS JOURNAL FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN 2 | 2010 HESSEN - SCHWERPUNKT HESSEN INNOVATIV - HESSISCHES MINISTERIUM FÜR ...
Hessisches Ministerium für
 Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung

                                                                 Your Technology Hotspot

                                Weltweit
                                         e     rster             Internationaler IT-Kongress
                                I T- S LratiAon:M                Congress Park Hanau | 24. Nov. 2010
                                     Mode           r
                                           Münch, h              Infos und Anmelden unter www.itec10.de
                                   Mathias

                                    IT im Mittelstand
                                    a Open Source im
                                       Mittelstand?                     Innovation & Kreativität
 Ambient mobility                   a IT-Projekte im                   a Wie erreiche ich                  Internationale Märkte
 a Umgebungsintelligenz                Mittelstand realisieren            Kreativität im                   a Marktchancen und
   im Alltag                        a E-Health – Wie IT den               Unternehmen?                        Best-Practice:
 a Wie verändert AM                    Gesundheitsbereich              a Software-                            Argentinien / Brasilien,
   unser Leben?                        revolutioniert                     Spitzencluster                      USA, Korea

 Freuen Sie sich u. a. auf:
 a Caroline Beil, Fernsehmoderatorin a Hans-Peter Bröckerhoff, Ehealthcom a Maren Brühl, IT4WORK a Gino Brunetti, Software Spitzen-
 cluster a Tim Cole, Internet-Visionär a Martin Curley, Global Director of IT Innovation, Intel Corporation a Dieter Fellner, Fraunhofer IGD
 a Raffael Haddad Magnocavallo, AHK-Projektbüro Mercosur a Götz Hamann, Die Zeit a Nina Han, nihanco a Lutz Heuser, fmr Global Head
 of Research, SAP AG; Sprecher Software-Spitzencluster a Achim Kaufmann, FH Gießen-Friedberg a Seung Ku Hwang, nationales IKT-
 Großforschungszentrum ETRI, Korea a Klaus Knopper, knopper.net a Bernd Kracke, Hochschule für Gestaltung Offenbach
 a Sebastian Meyen, S&S Verlag a André Mindermann, OTRS a Tyron Montgomery, Oscar-Preisträger a Max Mühlhäuser, CASED
 a Mathias Münch, Hessischer Rundfunk a Jürgen Powik, Software AG a August-Wilhelm Scheer, Präsident BITKOM, Vizepräsident BDI
 a Ralf Steinmetz, TU Darmstadt a Karlfried Thorn, Software-Cluster Rhein Main Neckar a Ruth Tobias, Hochschule Darmstadt
 a Kai Westerwelle, Taylor Wessing Deutschland a Reiner Wichert, Fraunhofer AAAL a Hyun Chul Yoon, KOTRA, Korea

Hessen                             IT
DIE ZUKUNFT IM BLICK DAS JOURNAL FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN 2 | 2010 HESSEN - SCHWERPUNKT HESSEN INNOVATIV - HESSISCHES MINISTERIUM FÜR ...
Wirtschaftsmagazin Hessen

                                                                         Editorial            3

Liebe Leserinnen,
liebe Leser,

das Klima in Hessen ist angenehm – nicht nur, was Durchschnitts­
temperaturen und Sonnenstunden betrifft. Auch das Innovations­
klima ist überdurchschnittlich gut. Das zeigt eine aktuelle Studie der
Deutsche Bank Research, die Hessen in puncto Innovationskraft ei­
nen Spitzenplatz unter den Bundesländern gibt.
  Kein Wunder, dass sich Unternehmen aus Zukunftsbranchen wie
der Bio- und Nanotechnologie sowie der Medizintechnik hier beson­
ders wohlfühlen. Beispielsweise die Firma LEA aus Gießen, die ein
Gerät entwickelt hat, das auf einfache Weise die Sauerstoffversor­
gung durchbluteter Gewebe misst (siehe Seite 16). Oder die Brain
AG aus Zwingenberg, der es gelang, biologisches Wissen aus Hoch­
schullabors an Industrieunternehmen zu vermitteln und die damit
entscheidend zur Herstellung umweltfreundlicherer Waschmittel
beigetragen hat (siehe Seite 12). Beide Firmen sind mit ihren Pro­
dukten und Technologien international erfolgreich.
  Dieses große Innovationspotenzial beruht auf den zahlreichen hier
ansässigen wissenschaftlichen Einrichtungen und Forschungszen­
tren, deren Ideen sich mit dem Know-how zukunftsorientierter Un­
ternehmen verbinden.
  Denn in Hessen sind Wissenschaft und Wirtschaft eng miteinander
verknüpft. Davon zeugen zahlreiche Hightech-Cluster. Diese Clus­
terbildung kann nicht von der Politik verordnet werden. In Hessen
kommt die Initiative „von unten“; das Land unterstützt sie allerdings
mit vielen Anreizen und Förderangeboten. Diese Strategie findet
auch jenseits der Landesgrenzen große Beachtung. So gilt Hessen
bei der Generaldirektion Regionalpolitik der Europäischen Kommis­
sion als Referenzregion bei der Unterstützung von Clusternetzwer­
ken.
  Einen Eindruck von der Vielfalt der hessischen Innovationskultur
vermittelt Ihnen die neue Ausgabe des „Wirtschaftmagazin Hessen“.

Viel Freude bei der Lektüre und viele gute Ideen wünscht Ihnen

                      Dieter Posch
                      Hessischer Minister für Wirtschaft,
                      Verkehr und Landesentwicklung
DIE ZUKUNFT IM BLICK DAS JOURNAL FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN 2 | 2010 HESSEN - SCHWERPUNKT HESSEN INNOVATIV - HESSISCHES MINISTERIUM FÜR ...
Wirtschaftsmagazin Hessen

inhalt                                                                                                             18 Die „Ur-Leica“,
                                                                                                                   die erste Kleinbild-
                                                                                                                   kamera der Welt,
                                                                                                                   kommt aus Hessen.
12 Dieser Fermen-
ter der Brain AG
(Aufnahme während
der Montage) hat
ein Volumen von
3000 Litern. Darin
werden Mikroorga-
nismen kultiviert, die
in den verschiedens-
ten Produkten zur
Anwendung kom-
men.

Schwerpunkt

HESSEN INNOVATIV                                                    WIRTSCHAFT
12 	Aus dem „Werkzeugkasten der Natur“                             18 	Wiedergeburt eines Mythos
    Als Vorstandsvorsitzender der Brain AG in Zwingenberg leitet      Vor wenigen Jahren noch stand die Traditionsmarke
    Dr. Holger Zinke eines der führenden Biotechnologieunterneh­       Leica vor dem Aus. Jetzt kehrt das Unternehmen in die
    men Europas. Dem Unternehmen ist es gelungen, biologische          Gewinnzone zurück.
    Ressourcen wie Mikroorganismen für industrielle Produktions­
    verfahren nutzbar zu machen.                                    21 	News

                                                                    22 	Nachrichten aus einem parallelen
                                                                        Universum
                                                                       Mitten in Frankfurt befindet sich der bedeutendste
3 	Editorial                                                           Internetknoten der Welt.
6   Heimat der Zukunftsbranchen                                     24 	Serie „Kleiner Ort – groSSer Name“
    Hessen zählt zu den wichtigsten Hightechregionen
                                                                       Der internationale Outdoor-Ausrüster Jack Wolfskin ist
    Europas. Insbesondere Technologieunternehmen haben
                                                                       in Idstein zu Hause.
    sich hier angesiedelt und profitieren von einem engen
    Wissensaustausch mit der Forschung.                             25 	Stoff geben mit Wasserstoff
                                                                       Die erste Wasserstofftankstelle Hessens steht im
9 	News                                                                Indus­triepark in Höchst.
10 Der Strom von morgen
    Das Kompetenznetzwerk deENet beschäftigt sich mit
    dezentraler Energieerzeugung und bereitet die Region
    damit auf die Stromversorgung der Zukunft vor.

15 	Fliese zum Rollen
    In enger Zusammenarbeit entwickelten Kreative und
    Wissenschaftler aus Hessen den weltweit ersten kerami­
    schen Wandbelag, der tapeziert werden kann.

16	ich sehe was, was du nicht siehst
    Das Gießener Medizintechnikunternehmen LEA hat ein
    innovatives Diagnosegerät entwickelt.
DIE ZUKUNFT IM BLICK DAS JOURNAL FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN 2 | 2010 HESSEN - SCHWERPUNKT HESSEN INNOVATIV - HESSISCHES MINISTERIUM FÜR ...
36	Eine Zeit-
                                                                                                                  reise ins alte Rom
                                                                                                                  erlebt man im
26 Die Raumfahrtsonde Rosetta                                                                                     Kaltwasserbecken
erforscht die Anfänge des                                                                                         der Wiesbadener
Sonnensystems.                                                                                                    Kaiser-Friedrich-
                                                                                                                  Therme.

    BILDUNG UND                                                   LEBENSQUALITÄT
    WISSENSCHAFT
                                                                  36 162 Minuten Entspannung, bitte!
                                                                     In der Kaiser-Friedrich-Therme in Wiesbaden kommen Freunde
    26 	Europas Tor zum Weltraum                                     der Badekultur und Architekturliebhaber gleichermaßen auf ihre
         Das Satellitenkontrollzentrum ESOC in Darmstadt             Kosten.
         steuert Europas wichtigste Raumfahrtmission.
                                                                  40 	Liebe auf den zweiten Schluck
    30 	Kräfte bündeln                                               Herb und kräftig schmeckt das hessische Nationalgetränk: Der
         Die fünf hessischen Hochschulen für Angewandte              Äppler findet auch über die Landesgrenzen hinaus immer mehr
         Wissenschaften haben die Kampagne „Forschung für            Liebhaber.
         die Praxis“ ins Leben gerufen.
                                                                  42 	Leben fürs Stöffche
    32 Ideenreichtum „made in Hessen“                                Wie der Reichelsheimer Gastronom Armin Treusch das Apfel­
         Ob Ottomotor, Fernsprecher oder Computer – diese            weinmachen lieben lernte.
         technischen Errungenschaften haben die Welt verändert.
         Ihre Erfinder stammen aus Hessen.                        44 	News
    33 Die Zukunft im Blick                                       45 Das groSSe Hessenquiz
         Hessen hat im deutschlandweiten Innovationsranking
         einen Spitzenplatz inne. Dies liegt auch an der guten    46 Impressum
         Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft.

    34	News

              Hessisches
              Ministerium für
              Wirtschaft,
              Verkehr und
              Landesentwicklung
DIE ZUKUNFT IM BLICK DAS JOURNAL FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN 2 | 2010 HESSEN - SCHWERPUNKT HESSEN INNOVATIV - HESSISCHES MINISTERIUM FÜR ...
Wirtschaftsmagazin Hessen
6
    Schwerpunkt

    Wartungsarbeiten beim GSI Helmholtz­
    zentrum für Schwerionenforschung
    in Darmstadt. In dem röhrenförmigen
    Linear-Beschleuniger werden Ionen
    auf 20 Prozent der Licht­geschwindigkeit
    gebracht.
DIE ZUKUNFT IM BLICK DAS JOURNAL FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN 2 | 2010 HESSEN - SCHWERPUNKT HESSEN INNOVATIV - HESSISCHES MINISTERIUM FÜR ...
7

Heimat der
Zukunftsbranchen
Hessen zählt zu den wichtigsten Hightechregionen Europas.
Insbesondere Technologieunternehmen haben sich hier
angesiedelt und profitieren von einem engen Wissensaustausch
mit der Forschung.

W
           ir profitieren von der Lage      „Das bundesweit einzig-                     haben sich zahlreiche Forschungseinrich­
           im wirtschaftsstarken Rhein-                                                 tungen und Unternehmen in Netzwerken
           Main-Gebiet und den Hoch­        artige, wettbewerblich                      zusammengeschlossen, um unter ande­
schulen in der Region, mit denen wir in­    organisierte LOEWE-                         rem den Austausch zwischen Wissen­
tensiv kooperieren. Auch die Verkehrs­                                                  schaft und Praxis zu fördern. Zu einem
infrastruktur mit dem nur 25 Minuten
                                            Programm ist ein deut-                      solchen Cluster zählt beispielsweise das
entfernten Frankfurter Flughafen ist ein    liches Zeichen zuguns-                      neugegründete Wetzlar Network, das den
großer Vorteil, gerade für unsere inter­    ten von Forschung und                       regionalen Wirtschaftsraum in den Be­
nationalen Geschäftspartner“, sagt Dr.                                                  reichen Optik, Elektronik und Mechanik
Holger Zinke, Vorstandsvorsitzender der     Entwicklung in Hessen                       weiter stärken will (siehe Artikel S. 20).
Brain AG, im Interview mit dem „Wirt­       und ein klares Signal für                   Und in Kassel und Umgebung kümmert
schaftsmagazin Hessen“. Und Zinke, der      Spitzenforschung und                        sich das Netzwerk Dezentrale Energie­
in Darmstadt Biologie studiert hat, weiß,                                               technologien deENet darum, Nordhessen
worauf es ankommt – schließlich leitet er   Exzellenz.“                                 als Kompetenzzentrum für den Strom
eines der erfolgreichsten Biotechnologie­                                               von morgen zu positionieren (siehe auch
unternehmen Europas. Wie er haben sich      Eva Kühne-Hörmann, Hessische Ministerin     S. 10).
zahlreiche Unternehmer der Biotechnolo­     für Wissenschaft und Kunst                     Clusterbildung wird vom Land in viel­
giebranche in Hessen niedergelassen: Das                                                fältiger Weise unterstützt: So fördert Hes­
Bundesland nimmt auf diesem Gebiet eu­                                                  sen seit 1993 die Bildung von regionalen
ropaweit eine Spitzenposition ein. Denn,    Gut ein Fünftel aller in dieser Branche     Kooperationsnetzwerken und seit 2000
so erklärt Theo Dingermann, Professor       in Deutschland tätigen Unternehmen          auch explizit Clusternetzwerke. Derzeit
für Pharmazeutische Biologie an der Goe­    haben hier ihren Sitz. So verwundert es     sind etwa 1100 vor allem kleine und mit­
the-Universität Frankfurt und Biotechno­    auch kaum, dass Hessen im Bereich For­      telständische Firmen in geförderten Clus­
logiebeauftragter des Landes: „Hessen       schung und Entwicklung etwa doppelt         ternetzwerken aktiv.
bietet Branchenbeteiligten gute Voraus­     so viele Mitarbeiter beschäftigt, wie es       Diese Netzwerke dienen als effektive
setzungen, ihre individuelle Erfolgsge­     im bundesweiten Durchschnitt der Fall       Plattform für den Austausch von Wissen
schichte zu schreiben.“ So wie Zinke, der   ist (siehe auch S. 33). Ein Grund für die   und den Aufbau von Partnerschaften mit
sich gemeinsam mit einem Studienkolle­      herausragende Rolle im Bereich solcher      Hochschulen und Forschungseinrich­
gen 1993 selbständig machte. Heute be­      Zukunftsbranchen ist die erstklassige       tungen. Davon zeugen Forschungsmit­
schäftigt das südhessische Unternehmen      hessische Forschungslandschaft: In Hes­     tel des Bundes und der EU in Höhe von
rund 80 Mitarbeiter.                        sen gibt es 18 Hochschulen, fünf Max-       bislang rund 30 Millionen Euro, die von
   Die Geschichte der Brain AG ist bei­     Planck-Institute sowie zahlreiche inter­    den Clustern für Forschungskooperatio­
spielhaft für viele Unternehmen der Zu­     national renommierte Forschungseinrich­     nen mit hessischen Partnern eingewor­
kunftsbranchen, die mit ihren Innovatio­    tungen – darunter das GSI Helmholtz­        ben wurden. Ein Beispiel ist das Soft­
nen den Markt erobern – und von denen       zentrum für Schwerionenforschung in         ware-Cluster Rhein-Main-Neckar. Die
sich in Hessen besonders viele angesie­     Darmstadt oder das Paul-Ehrlich-Institut    Initiative wurde Anfang des Jahres als
delt haben. Das Bundesland liegt im Be­     in Langen. Die wissenschaftliche Infra­     eines von fünf Spitzenclustern durch das
reich der Medizintechnik im deutsch­        struktur wird durch mehr als 30 Techno­     Bundesforschungsministerium ausge­
landweiten Ranking auf Platz drei. Und      logien- und Gründerzentren ergänzt.         zeichnet: Die Software AG, die SAP AG
auch die Unternehmen der Nanotechno­           Von Forschung im Elfenbeinturm kann      und viele mittelständische IT-Unterneh­
logie fühlen sich in Hessen zu Hause:       dabei keine Rede sein. Denn in Hessen       men wollen gemeinsam mit führenden
DIE ZUKUNFT IM BLICK DAS JOURNAL FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN 2 | 2010 HESSEN - SCHWERPUNKT HESSEN INNOVATIV - HESSISCHES MINISTERIUM FÜR ...
Wirtschaftsmagazin Hessen
8
    Schwerpunkt

       Die Zukunft des Automobils: Die Firma E-mobile
       Motors GmbH aus Rosenthal bei Kassel hat ein ein
       innovatives Leichtbau-Elektrofahrzeug entwickelt. Das
       TW4XP (das Kürzel steht für ThreeWheeler 4 X Prize)
       soll Ende 2010 in Serienreife gehen.

    Forschungseinrichtungen wie der TU           zenforschung und Exzellenz“, erläutert       um so früher und nachhaltiger Mehrwert
    Darmstadt in den nächsten Jahren „Soft­      Eva Kühne-Hörmann, Hessische Minis­          zu erzielen und damit Arbeitsplätze si­
    wareinnovationen für das digitale Unter­     terin für Wissenschaft und Kunst, die In­    chern zu können.
    nehmen“ entwickeln. Ziel ist, die Region     itiative.                                       Zahlreiche Projekte haben davon be­
    Rhein-Main-Neckar mit Hilfe des Clus­                                                     reits profitiert. So beispielsweise auch ein
    ters zum Zentrum der europäischen Soft­      umfangreiche förderung                       Projekt der Philipps-Universität Marburg
    wareindustrie auszubauen.                    Das Programm startete im Jahr 2008. In       und der Fachhochschule Gießen-Fried­
       Ein viel beachtetes Förderprogramm ist    der laufenden Legislaturperiode (2009        berg, die gemeinsam mit drei Medizin­
    auch die Landes-Offensive zur Entwick­       bis 2013) werden für LOEWE 410 Milli­        wirtschaftsunternehmen aus der Region
    lung Wissenschaftlich-ökonomischer           onen Euro zur Verfügung gestellt. „Hes­      ein Gerät zur Messung von nächtlichen
    Exzellenz – kurz LOEWE. Die Exzel­           sen unternimmt außergewöhnliche fi­          Atmungsstörungen entwickelt haben
    lenzinitiative des Hessischen Ministeri­     nanzielle Anstrengungen, um mit Hilfe        (siehe dazu auch Interview auf S. 17).
    ums für Wissenschaft und Kunst richtet       von LOEWE die Ausgangsposition von           Oder die E-mobile Motors GmbH aus
    sich an hessische Hochschulen und For­       Hochschulen und außeruniversitären           dem nordhessischen Rosenthal: In Ko­
    schungseinrichtungen sowie an kleine         Forschungseinrichtungen im Wettbewerb        operation mit dem Fachgebiet Leichtbau-
    und mittlere Unternehmen, die sich für       weiter zu stärken“, würdigt auch Profes­     Konstruktion der Universität Kassel ent­
    Forschungszentren, -schwerpunkte und         sor Karl Max Einhäupl, Vorsitzender des      wickelte das Unternehmen den Prototyp
    Verbundprojekte um Fördergelder bewer­       LOEWE-Programmbeirats das Engage­            eines neuen Elektrofahrzeuges. Derzeit
    ben können. „Hessen verfügt über exzel­      ment des Landes.                             werden insgesamt 110 solcher zukunfts­
    lente Forschungsexpertise an Hochschu­         Für Forschungsvorhaben von kleinen         weisender Modellprojekte vom Land
    len und außeruniversitären Instituten.       und mittleren Unternehmen im Verbund         Hessen unterstützt.
    Die Landesregierung hat mit LOEWE            mit Hochschulen und Forschungseinrich­          Kleine und mittlere Unternehmen kön­
    die richtigen Weichen gestellt, um die in    tungen aus Hessen, die an der Marktein­      nen ihre Projektideen fortwährend bei der
    Hessen angesiedelten Wissenschaftsin­        führung von innovativen Produkten und        landeseigenen Wirtschaftsförderungs­
    stitutionen bei der Weiterentwicklung ih­    Verfahren arbeiten, stellt das Land eben­    gesellschaft Hessen Agentur einreichen
    res Know-hows und ihres Profils zu un­       falls Gelder zur Verfügung – seit 2008 bis   (siehe Artikel S. 9). So sorgen Förderpo­
    terstützen. Das bundesweit einzigartige,     zum Jahr 2012 insgesamt 45,2 Millionen       litik und Forschungslandschaft gemein­
    wettbewerblich organisierte LOEWE-           Euro. Die Förderung verfolgt das Ziel,       sam mit vielen innovativen Köpfen da­
    Programm ist ein deutliches Zeichen zu­      den Zeitraum zwischen Erfindung und          für, dass Hessen im globalen Wettbewerb
    gunsten von Forschung und Entwicklung        Anwendung eines Produkts, Verfahrens         auch in Zukunft sehr gut aufgestellt sein
    in Hessen und ein klares Signal für Spit­    oder einer Dienstleistung zu verkürzen,      wird.                                    K
DIE ZUKUNFT IM BLICK DAS JOURNAL FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN 2 | 2010 HESSEN - SCHWERPUNKT HESSEN INNOVATIV - HESSISCHES MINISTERIUM FÜR ...
9

Förderung angewandter Forschungs- und Entwicklungsprojekte
Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in
Hessen haben die Möglichkeit, im Rahmen
von „Hessen ModellProjekte“ für ihre ge­
planten Forschungs- und Entwicklungstätig­
keiten eine Förderung zu erhalten, wenn sie
gemeinsam mit weiteren Unternehmen oder
Hochschulen beziehungsweise Forschungs­
einrichtungen zusammenarbeiten. Erfolgver­
sprechende und innovative Vorhaben werden
mit bis zu 49 Prozent der Projektausgaben be­
zuschusst. Zur Förderung stehen derzeit drei
Maßnahmen zur Verfügung: KMU-Verbund­
vorhaben (LOEWE – Landes-Offensive zur
Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer
Exzellenz, Förderlinie 3), KMU-Modell- und
Pilotprojekte (kurz MPP) sowie modellhafte
Forschungs- und Entwicklungsprojekte mit
Schwerpunkt im Automotivebereich.
   Auswahlkriterien sind unter anderem Inno­
vationsgrad, Kompetenzen der Partner, Reali­
                                                                       Innovative Vorhaben werden im Rahmen von „Hessen Modell-
sierbarkeit, Technologietransfer und Markttauglichkeit. Voraus­        Projekte“ mit bis zu 49 Prozent der Projektausgaben für For-
setzung und erster Schritt zur Förderung ist das Einreichen einer      schung und Entwicklung gefördert.
Skizze vor Start des Projekts. Die landeseigene Wirtschaftsför­
derungsgesellschaft Hessen Agentur ist Ansprechpartner wäh­
rend der Antragsphase sowie der gesamten Projektdauer. Sie
fungiert dabei als Projektträger für das Hessische Wissenschafts-
beziehungsweise Wirtschaftsministerium.

www.innovationsfoerderung-hessen.de
www.loewe.hessen.de
www.wirtschaft.hessen.de

Neuestes aus der IKT-Industrie                                      Energieeffiziente Architektur
Um neueste Trends und funktionierende Praxisbeispiele aus           Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit rücken auch in der
den Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT)              Architektur zunehmend in den Fokus. Immer öfter entscheiden
geht es beim internationalen Kongress iTEC 10, der am               sich Bauherren dafür, ihr Haus energiesparend und ressour­
24. November 2010 in Hanau stattfindet und sich an IT-An­           censchonend zu errichten. Dass dies
                                     wenderunternehmen und          auch auf architektonisch eindrucks­
                                     IT-Anbieter richtet. Refe­     volle Weise geschehen kann, belegt
                                     renten kommen aus Südko­       der Band „EinSparHaus“. Er stellt die
                                     rea, den USA und weiteren      Projekte vor, die im Rahmen des vom
                                     Ländern, um hessischen         Land Hessen und der Architekten- und
                                     Unternehmen Praxisbei­         Stadtplanerkammer Hessen ausgelob­
                                     spiele und Trends nahezu­      ten Wettbewerbs „Vorbildliche Bauten
                                     bringen. Dazu gehört „Am­      im Land Hessen 2008“ ausgezeich­
bient Mobility“, also umgebungsintelligente IT in unserem           net wurden – vom privaten Wohnhaus
Alltag. Ein weiterer Kongressschwerpunkt hilft Unternehmen          über Sportstätten und Gemeindehäuser
bei der Internationalisierung. Im IT-Bereich besonders span­        bis hin zu Universitäts- und Verwal­
nend sind die Märkte Argentinien/Brasilien, USA und Südko­          tungsbauten. In einer ausführlichen
rea, daher gibt es zu jedem Land einen Workshop mit Markt­          Einleitung führen die Autoren darüber
überblick, Geschäftsgebaren und Fallbeispiel. Auch werden           hinaus umfassend in die Grundlagen
regionale IT-Cluster wie IT4Work vorgestellt, mit denen man         energieeffizienten Bauens ein.
sich bei der iTEC10 vernetzen kann. Weitere Schwerpunkte            EinSparHaus. Energieeffiziente Architektur. Hrsg. von der Aka-
sind die Themen IT-Projektorganisation im Mittelstand, Open         demie der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen, Jovis-
Source im Mittelstand, Kreativität im Unternehmen sowie Am­         Verlag 2009, 64 Seiten, 29,80 Euro.
bient Health.
                                                                    www.jovis.de
www.iTEC10.de                                                       www.akh.de
DIE ZUKUNFT IM BLICK DAS JOURNAL FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN 2 | 2010 HESSEN - SCHWERPUNKT HESSEN INNOVATIV - HESSISCHES MINISTERIUM FÜR ...
Wirtschaftsmagazin Hessen
10
     Schwerpunkt

                                                                          Der Strom
                                                                          von morgen
                                                                          Erneuerbare Energien direkt aus der
                                                                          eigenen Region? Schön und gut.
                                                                          Doch auf dezentrale Energieversor-
                                                                          gung müssen die Stromnetze erst
                                                                          noch vorbereitet werden – so, wie
                                                                          das derzeit in Nordhessen in einem
                                                                          beispielhaften Modell erprobt wird.

                                                 Fit für die Zukunft:
                                                 Nordhessen hat sich zu einem
                                                 wichtigen Standort für dezentrale
                                                 Energieversorgung entwickelt.

     O
             b Windkraftwerke auf Hügeln           selbst zu Lieferanten und speisen Strom        Ein aktuelles Beispiel für die
             oder Solarzellen auf Hofdächern       ins Netz ein. Darauf müssen die Strom­     d­ eENet-Arbeit ist der kommunale Wett­
             – gerade auf dem Land zeigt sich,     netze erst noch vorbereitet werden. Wie     bewerb „Dezentrale Energieerzeugung
     dass Deutschland für seine Energiever­        diese dezentrale Energieversorgung am       im Stromnetz der Zukunft“, den das
     sorgung längst nicht mehr in erster Linie     besten funktioniert, damit beschäftigt      Netzwerk gemeinsam mit dem Energie­
     auf Großkraftwerke setzt. Zu den Folgen       sich das in Kassel angesiedelte Kompe­      versorger E.ON Mitte gestartet hat. In der
     zählt nicht nur ein verändertes Bild der      tenznetzwerk Dezentrale Energietechno­      ausgewählten Modellkommune Felsberg
     ländlichen Idylle. Die Umstellung bringt      logien deENet, zu dem mehr als 100 Un­      (Schwalm-Eder-Kreis) wollen die Pro­
     einige Herausforderungen mit sich, die        ternehmen, Forschungseinrichtungen und      jektpartner – darunter mit der SMA Solar
     auf den ersten Blick nicht sichtbar sind.     Dienstleister gehören, bereits seit rund    Technology AG aus Niesetal bei Kassel
     So werden bisherige Stromverbraucher          sieben Jahren.                              der Weltmarktführer für Solar-Wechsel­
11

        richter für Photovoltaikanlagen – in den
        kommenden Jahren untersuchen, wie sich
        große Anteile regenerativer Energie am
        besten in die Netze integrieren lassen und
        wo die Kommune noch Energie einspa­
        ren kann. „Außerdem installieren wir in
        Felsberg in ausgewählten Haushalten ein
        Energiemanagementsystem“, erklärt deE­
        Net-Geschäftsführer Martin Hoppe-Kil­
        pper. „Damit können Verbraucher erken­
        nen, wie teuer der Strom aktuell ist, und
        entscheiden, ob sie ihre Waschmaschine
        lieber erst spät nachts anstellen, wenn der
        Strom am günstigsten ist.“ Dieses Prin­
        zip nennt sich intelligentes Lastmanage­
        ment – und könnte künftig auf Verbrau­
        cher überall in Deutschland zukommen.

        Umfangreiches Know-how
        Neben den Vorteilen der dezentra­
        len Energieversorgung mit erneuerba­
        ren Energien für die Umwelt sieht Mar­
        tin Hoppe-Kilpper vor allem auch einen
        wirtschaftlichen Gewinn: „In Nordhes­
        sen hat sich seit gut 25 Jahren umfangrei­
        ches Know-how im Themenfeld dezent­
        rale Energietechnik und Energieeffizienz           Brüder, zur Sonne: Solarzellen sind auf dem Land kein seltener Anblick.
        entwickelt. Eine Reihe von Unterneh­
        men, die Universität Kassel und weitere            logy AG gibt: Mit deren Solar-Wechsel­        sens werden könnte. Hoppe-Kilpper:
        Forschungseinrichtungen beschäftigen               richtern lässt sich der von Solaranlagen      „Letztlich kann der Wirtschaftsbereich
        sich hier mit dezentralen Energieanlagen,          gelieferte Gleichstrom in Wechselstrom        dezentrale Energie und Energieeffizienz
        umweltgerechtem Bauen und rationeller              zur Einspeisung in die Netze umwandeln.       in Nordhessen in den kommenden zehn
        Energienutzung. Darauf aufbauend kön­              SMA beschäftigt mehr als 5000 Mitarbei­       Jahren eine ähnlich große ökonomische
        nen wir die Branche weiterentwickeln               ter und machte 2009 einen Umsatz von          Bedeutung erlangen, wie sie heute die
        – bis 2020 rechnen wir mit rund 10.000             knapp einer Milliarde Euro – damit ist        Automobilindustrie hat.“             K
        neuen Industriearbeitsplätzen in der Re­           das Unternehmen ein besonders erfolg­
        gion.“ Solche, wie es sie heute beispiels­         reiches Beispiel dafür, wie die Branche       www.100-ee-kongress.de
        weise schon bei der SMA Solar Techno­              zum wirtschaftlichen Motor Nordhes­           www.deenet.org

                                                                                                                                     ANZEIGE

Es gibt Regionen, denen
fehlt es an nachhaltigen
Argumenten.
Und es gibt Nordhessen.
Wachstum und Nachhaltigkeit – in Nordhessen kein Widerspruch.
Hier finden Sie Antworten auf die Zukunftsfragen der Energieversorgung. In
Wissenschaft, Forschung und Industrie verfügt Nordhessen über weltweit
führendes Know-how. Deshalb haben sich die dezentralen Energietechnologien
als Jobmotor mit höchsten Wachstumsperspektiven entwickelt.
Denn Nordhessen hat die Energie der Zukunft.

www.regionnordhessen.de

                                             Die Lage ist gut ....
Wirtschaftsmagazin Hessen
12
     schwerpunkt
13

„Weitere Innovationen
sind vorprogrammiert“
Dr. Holger Zinke, Vorstandsvorsitzender der Brain AG, über die
Zukunft der industriellen Biotechnologie, notwendige Voraussetzungen
für Innovationen und die Vorzüge des Standorts Zwingenberg.

Z
      usammen mit seinem Studienkol­        Tragen haben häufig biologische Ursa­       den Jahren jeweils um 10 bis 20 Prozent
      legen Dr. Jürgen Eck gründete Dr.     chen.                                       wachsen wird. Bis 2030 könnten bio­
      Holger Zinke 1993 in Darmstadt                                                    technologische Produkte und Anwen­
das Unternehmen Brain (Biotechnology        Das heißt?                                  dungen rund ein Drittel der gesamten
Research And Information Network).          Es liegt nahe, bei solchen biologischen     Industrieproduktion erfasst haben. Der
1995 verlegten sie zusammen mit fünf        „Problemfällen“ auch nach biologischen      Trend zum nachhaltigen Wirtschaften,
Mitarbeitern den Firmensitz nach Zwin­      Lösungen zu forschen. Hier kommen           den die Biotechnologie unterstützt, ist
genberg und entwickelten Brain von dort     dann Enzyme und Biotenside zum Ein­         unumkehrbar. Weitere Innovationen sind
aus zu einem heute in Europa führenden      satz. Sind sie in Waschmitteln enthal­      also vorprogrammiert.
Technologieunternehmen auf dem Ge­          ten, benötigen die Verbraucher nicht nur
biet der industriellen Biotechnologie.      weniger Pulver, sondern können auch         Was sind in Ihrem eigenen Unternehmen
Den Fokus legen sie darauf, biologische     bei deutlich geringeren Temperaturen        die wichtigsten Voraussetzungen, um In-
Ressourcen wir Mikroorganismen oder         waschen. Außerdem erzielen sie bessere      novationen zu ermöglichen?
Biokatalysatoren für industrielle Produk­   Ergebnisse als die chemische Reinigung      Neben der fachlichen Kompetenz unse­
tionsverfahren nutzbar zu machen.           aus früheren Zeiten.                        rer rund 80 Mitarbeiter ist es vor allem
                                                                                        die große Bereitschaft, sich immer wie­
Wirtschaftsmagazin Hessen: Herr             Welche Branchen profitieren darüber         der neuen Ideen gegenüber aufgeschlos­
Dr. Zinke, Sie haben 2008 den „Deut-        hin­aus von den biotechnologischen Er-      sen zu zeigen und aktuelle wissenschaft­
schen Umweltpreis“ für „Pionierleis-        rungenschaften?                             liche Entwicklungen zu verfolgen. Au­
tungen auf dem Gebiet der industriellen     In der Kosmetik kommen viele biolo­         ßerdem ist im Unternehmen der Geist,
Biotechnologie“ und im März dieses          gische Wirkstoffe zum Einsatz, ebenso       vorangehen zu wollen, sehr ausgeprägt.
Jahres das Bundesverdienstkreuz erhal-      in der Lebensmittelindustrie, beispiels­
ten. Worin bestand Ihre Leistung?           weise bei der Herstellung von Süßstof­
Dr. Holger Zinke: Ich habe nicht            fen. Aktuell kooperiert Brain zudem mit
etwa ein besonderes Enzym erfunden          dem Energieversorger RWE, um Koh­
                                                                                        WeiSSe Biotechnolgie
oder eine tolle Erfindung gemacht. Viel­    lendioxid mit Hilfe von Mikroorganis­
mehr ist es uns mit Brain gelungen, bio­    men in Biomasse und anschließend in         Die Industrielle Biotechnologie oder
logisches Wissen in Industrien zu trans­    Wertstoffe umzuwandeln.                     auch Weiße Biotechnologie ist eine
portieren, die ihrem Wesen nach auf den                                                 wahre Querschnittstechnologie: Sie baut
ersten Blick eigentlich gar nichts mit      Die Anwendungspalette scheint sehr          an der Schnittstelle von Chemie, Biolo­
Biologie zu tun haben. Wir haben den        breit. „Bio boomt“, könnte man sagen.       gie und Ingenieurwissenschaften auf die
Werkzeugkasten der Natur erschlossen        So ist es. Der Naturstoffgedanke war        Werkzeuge der Natur. Sie nutzt Mikro­
und der Industrie breit zugänglich ge­      ja lange Zeit eher in der Öko- oder der     organismen und Enzyme für die Her­
macht – das hat die Juroren sehr beein­     Esoterikecke angesiedelt. Wir haben         stellung neuer Stoffe und Verfahren, um
druckt.                                     unseren Teil dazu beigetragen, dass er in   Innovationen für die verschiedenen An­
                                            der Industrie immer stärker wahrgenom­      wenderbranchen hervorzubringen: Sie
Können Sie konkrete Beispiele für Inno-     men wird. Und viele Unternehmen – da­       gewinnt zunehmend Bedeutung für die
vationen nennen, die aus diesem Werk-       runter Henkel, Symrise, BASF, Bayer-        chemisch-pharmazeutische Industrie, die
zeugkasten entstanden sind?                 Schering, Clariant und Ciba – wollen die    Lebensmittel-, Futtermittel-, Kosmetik-,
Sehr anschaulich wird es in der Wasch­      Vorteile der Biotechnologie nutzen und      Textil- und Papierindustrie. In Zeiten
mittelindustrie: Hier wurde Kleidung        arbeiten erfolgreich mit uns zusammen.      knapper und teurer werdender fossiler
über Jahre in chemischen Reinigungen                                                    Rohstoffe, insbesondere der Substitution
behandelt, obwohl viele Kleidungsstü­       Wie schätzen Sie das künftige Potenzial     von Erdöl, kommt der Industriellen Bio­
cke, wie beispielsweise Baumwollhem­        der Biotechnologie ein?                     technologie eine Schlüsselrolle zu. Sie
den oder Seidenblusen, biologischen         Eine Sättigung ist längst nicht in Sicht.   senkt die Produktionskosten und schont
Ursprungs sind. Auch die Verschmut­         Manche Studien gehen davon aus, dass        Umwelt und Klima.
zungen und der Geruch nach längerem         die Biotech-Branche in den kommen­          www.hessen-biotech.de
Wirtschaftsmagazin Hessen
   14
        schwerpunkt

                                                                                                 Cluster Integrierte
                                                                                                 Bioindustrie Frankfurt

                                                                                                 Hessen ist einer der führenden Stand­
                                                                                                 orte in Europa im Bereich Industrielle
                                                                                                 Biotechnologie. Rund 20 Prozent aller
                                                                                                 deutschen Unternehmen der Industriel­
                                                                                                 len Biotechnologie und eine Vielzahl an
                                                                                                 Hochschulen und Forschungseinrichtun­
                                                                                                 gen mit industriell-biotechnologischem
                                                                             Forscherdrang:      Schwerpunkt sind hier ansässig. Nicht
                                                                             Die Mitarbei-
                                                                                                 zuletzt deshalb ist das Frankfurter Clus­
                                                                             ter von Brain in
                                                                             Zwingenberg
                                                                                                 terkonzept „Integrierte Bioindustrie“
                                                                             entwickeln neue     (CIB) 2007 als Gewinner des Bundes­
                                                                             bioaktive Natur-    wettbewerbs „BioIndustrie 2021“ her­
                                                                             stoffe.             vorgegangen. Damit gehen in einem ers­
                                                                                                 ten Schritt 5 Millionen Euro Fördermit­
                                                                                                 tel in Projekte der Industriellen Biotech­
                                                                                                 nologie nach Hessen. Inzwischen stehen
        Welche Bedeutung hat in diesem Kontext      infrastruktur mit dem nur 25 Minuten         CIB Frankfurt rund 80 Partner aus Wis­
        Zwingenberg als Standort?                   entfernten Frankfurter Flughafen ist ein     senschaft und Wirtschaft zur Seite, um
        Vor 15 Jahren haben wir hier auf dem        großer Vorteil, gerade für unsere interna­   neue Verfahren und innovative Produkte
        Gelände unseres heutigen Firmensit­         tionalen Geschäftspartner.                   zur Marktreife zu bringen.
        zes die besten Voraussetzungen vorge­                                                       Das Clustermanagement, in der Pro­
        funden, um unser junges Unternehmen         Bleiben Sie Zwingenberg auch im Zuge         jektträgerschaft der Hessen Agentur,
        anzusiedeln und auszubauen. Zwingen­        weiterer Expansionen treu?                   unterstützt die Branche mit der Orga­
        berg bietet landschaftlich, kulturell und   Wir fühlen uns hier sehr wohl. For­          nisation von Netzwerkveranstaltungen
        gesellschaftlich ein äußerst angeneh­       schung und Entwicklung werden sicher         und der Vermittlung von Fördermitteln.
        mes Ambiente, das sich positiv auf die      hier ausgebaut werden. Lediglich für die     Zentraler Bestandteil des Frankfurter
        Kreativität unserer Mitarbeiter auswirkt.   Produktion – zum Beispiel, wenn es um        Clusterkonzepts ist außerdem der Auf­
        Wir profitieren aber natürlich auch von     die Errichtung einer Bioraffinerie geht –    bau eines Investorennetzwerks, um die
        der Lage mitten im wirtschaftsstarken       ist es schon aus Platzgründen sinnvoll,      Finanzierung von Unternehmen der In­
        Rhein-Main-Gebiet und den Hochschu­         ergänzende Standorte aufzubauen.       K    dustriellen Biotechnologie nachhaltig zu
        len in der Region, mit denen wir inten­                                                  sichern.
        siv kooperieren. Auch die Verkehrs­         Die Fragen stellte Jan Voosen.               www.cib-frankfurt.de

035-2009 Anz_210x99_RZ:Layout 1       28.08.2009    13:32 Uhr      Seite 1
        ANZEIGE

        NEU +++ Laserteile und
             Abkanten bis 4 m Länge                                                   Laserschneiden von Blechen und Rohren
                                                                                      Schweißfachbetrieb nach DIN 18800-7 „B“
                                                                                      Baugruppen
                                                                                      Biegen und Abkanten
                                                                                      Stanz-, Zieh- und Drückteile
                                                                                      Wasserstrahlschneiden
                                                                                      Laserbeschriften

                           SEEGER Lasertechnik GmbH · Albert-Einstein-Straße 1 · D-64653 Lorsch
                           Tel. +49 (0) 62 51 58 65-0 · Fax +49 (0) 62 51 58 65-58
                           E-Mail: info@seeger-laser.de · www.seeger-laser.de
15

Mischung aus Tapete und Fliese:
Dank nanotechnologischer Forschung
konnte dieser keramische Wandbelag
entwickelt werden. Das Material ist
flexibel wie eine Tapete und wasser­
abweisend wie eine Fliese.

                                                                         Fliese zum
                                                                         Rollen
                                                                         Eine gute Idee ist nur die halbe
                                                                         Miete. Genauso wichtig ist es, dass
                                                                         ein Produkt für den Endkunden
                                                                         taugt. Professionelle Kreative kön-
                                                                         nen hier helfen.

E
      ine Tapete in der Dusche – das            krönte Produkt von der Marburger Ta­       sign führen zum Markterfolg. Und das ist
      klingt nicht gerade nach einer guten      petenfabrik vertrieben. Damit hat es er­   eben nicht die Domäne von Ingenieuren,
      Idee. Schon nach kurzer Zeit wäre         folgreich den Sprung vom Labor auf den     hier müssen Kreative ran.“
der Wandbelag aufgeweicht und würde             Markt geschafft.                              In Hessen gibt es eine ganze Reihe von
beginnen, sich von der Wand zu lösen.                                                      gelungenen Beispielen für die erfolgrei­
Klar, dass man in der „Nasszelle“ daher         forscher und kreative                      che Zusammenarbeit von Materialfor­
lieber Fliesen verwendet. Allerdings ha­        Das Geheimnis des Erfolgs liegt in der     schern und Kreativen. So hat die Künst­
ben Fliesen den Nachteil, dass sich in ih­      Zusammenarbeit von Forschung und           lerin Heike Klussmann, Kunstprofesso­
ren Fugen schnell Schimmel bildet. Zu­          Kreativwirtschaft. „Professionelle Krea­   rin an der Universität Kassel, gemeinsam
dem lassen sie sich auf gewölbten Ober­         tive arbeiten im Gegensatz zu Forschern    mit einem Bauunternehmen und der auf
flächen gar nicht oder nur sehr schwer          und Entwicklern ständig mit den Wün­       Hochleistungsbetone spezialisierten Kas­
anbringen.                                      schen und Anforderungen von Kunden.        seler Firma G.tecz einen leuchtenden Be­
   Was also liegt näher, als die Vorteile ei­   Sie wissen, was am Markt ankommt,          ton entwickelt.
ner Tapete mit denen von Fliesen in ei­         und haben ein Gespür dafür, welche Pro­       Alexander Bracht, Projektleiter bei
nem Produkt zu vereinen? Der Frankfur­          dukte in der näheren Zukunft überhaupt     Hessen-Nanotech, betont die Wichtig­
ter Evonik Degussa GmbH ist genau dies          gebraucht werden“, erläutert die Innen­    keit, die der Materialentwicklung und
gelungen. Sie schuf gewissermaßen eine          architektin Sylvia Leydecker, die als      insbesondere der Nanotechnologie für die
Fliese von der Rolle: Das auf Nanopar­          Beraterin eng in die Weiterentwicklung     Wirtschaft in Hessen zukommt: „Rund
tikeln basierende Material ccflex ist der       und Vermarktung von ccflex eingebun­       70 Prozent aller neuen Produkte basie­
weltweit erste keramische Wandbelag,            den war. Und Dr. Sascha Peters, Inhaber    ren auf neuen Materialien“, sagt Bracht.
der tapeziert werden kann. „Das Mate­           der Berliner Beratungsagentur haute in­    „Zahlreiche Nanotechnologieunterneh­
rial ist flexibel wie eine Tapete und ge­       novation, die sich der schnelleren Über­   men haben in Hessen ihren Sitz. In der
nauso robust und wasserabweisend wie            führung von Technologieinnovationen in     Erforschung innovativer Materialien und
eine Fliese“, erläutert Projektleiter Frank     marktfähige Produkte verschrieben hat,     Nanotechnologien nehmen hessische
Weinelt. „Daher kann man es auch als            ergänzt: „Technische Lösungen können       Forscher eine Vorreiterrolle ein.“     K
Wandbelag in der Dusche verwenden.“             noch so genial sein, erst eine sinnvolle
Mittlerweile wird das mehrfach preisge­         Anwendung und ein ansprechendes De­        www.hessen-nanotech.de
Wirtschaftsmagazin Hessen
16
     Schwerpunkt

                                         Ich
                                         sehe was,
                                         was Du nicht siehst

     Das Gießener Unterneh-                       rät. LEA-Geschäftsführer Thomas Der­          fuß, ein studierter Elektrotechniker, der
                                                  fuß erläutert, was es damit auf sich hat:     1998 zu LEA stieß und seit 2002 die Ge­
     men LEA Medizintech-                         „Das Besondere an O2C ist, dass die           schäfte leitet.
     nik hat ein Gerät entwi-                     Messung absolut nicht invasiv verläuft,          In der Branche hat sich das 1995 ge­
                                                  das heißt ohne Pieksen, ohne Gewebe­          gründete Unternehmen damit einen Na­
     ckelt, das die Sauerstoff-                   entnahme, ohne irgendeinen Eingriff in        men gemacht, Innovationen aus dem
     versorgung von durch-                        den Körper. Es wird lediglich eine op­        Umfeld universitärer Forschung in Pro­
     bluteten Geweben misst                       tische Sonde auf der zu untersuchenden        dukte zu überführen, die vom klinischen
                                                  Gewebestelle angebracht. Danach wer­          Markt nachgefragt werden. Das gilt für
     – ein Meilenstein in der                     den mit Hilfe spektrometrischer Berech­       O2C ebenso wie für die anderen Geräte
     Entwicklung der nicht                        nungen Sauerstoffgehalt, Blutflussge­         und Methoden, die LEA in den vergange­
                                                  schwindigkeit sowie Hämoglobinmenge           nen Jahren entwickelt hat, zum Beispiel
     invasiven Diagnostik.                        bestimmt.“ Die Anwendung dauert zwi­          einen nicht invasiven Herzzeitvolumen­
                                                  schen 15 Sekunden und 5 Minuten und           monitor. Nun will LEA den amerikani­

     E
           s ist der Stoff, der Leben überhaupt   ist ohne jegliche Belastung für den Pati­     schen Markt erobern – eine große Her­
           erst möglich macht. Ohne Sau­          enten.                                        ausforderung für ein kleines Unterneh­
           erstoff könnte der Mensch nicht                                                      men. „Da kann man ganz schnell ganz
     existieren, denn Sauerstoff ist von ele­     Weltweit einmalig                             viel Geld verbrennen“, sagt Derfuß. Be­
     mentarer Bedeutung für fast alle Zellen      Mit seinem Gerät zur „Sichtbarmachung“        sonders wichtig ist es für ihn daher, sich
     in biologischen Geweben. Nur wenn sie        von Sauerstoff ist LEA ein Wurf gelun­        mit Unternehmen aus seiner Branche
     ausreichend durchblutet, sprich: mit dem     gen, der dem Unternehmen ein weltwei­         auszutauschen, die bereits Erfahrungen
     im Blut gebundenen Sauerstoff versorgt       tes Alleinstellungsmerkmal verschafft.        in den USA gemacht haben.
     werden, können sie ihre Arbeit verrich­      „O2C ist ein weiterer Meilenstein in der         An die notwendigen Kontakte kommt
     ten. Geschieht dies nicht, kann es zu zum    Entwicklung nicht invasiver Diagnose­         Thomas Derfuß über timm. Dabei han­
     Teil schweren Erkrankungen kommen.           methoden wie Ultraschall oder Kern­           delt es sich um ein Netzwerk, das sich
       Das Problem an der Sache: Man kann         spintomographie“, sagt Thomas Derfuß.         an Unternehmen und Wissenschaftler der
     zwar den Sauerstoffgehalt des Bluts im       „Damit ist es jetzt erstmals möglich, die     Medizinwirtschaft in Mittelhessen richtet
     Labor bestimmen, wie gut aber ein ein­       lokale Sauerstoffversorgung von Organen       (siehe Interview). „Für unser aktuelles
     zelnes Organ oder Gewebe aktuell mit         und Geweben zu überwachen – ein großer        Vorhaben konnten wir bereits auf wert­
     Sauerstoff versorgt ist, das kann man        Fortschritt in der Diagnose unterschiedli­    volle Erfahrungen von Branchenkolle­
     nicht. Oder besser gesagt: konnte man        cher Krankheiten wie zum Beispiel dem         gen zurückgreifen, die ebenso wie wir in
     nicht. Denn dem Gießener Medizintech­        diabetischen Fuß.“ Das Interesse an O2C       timm organisiert sind“, sagt Derfuß. „So
     nikunternehmen LEA ist es gelungen,          ist groß. Mit seinen 15 Mitarbeitern stellt   können wir aus Fehlern, die in der Ver­
     ein Gerät zu entwickeln, das auf ein­        LEA pro Jahr rund 40 Geräte her, die das      gangenheit gemacht wurden, lernen und
     fache Weise die Sauerstoffversorgung         Unternehmen in alle Welt verkauft. „Un­       diese in der Zukunft vermeiden.“        K
     von durchbluteten Geweben misst. O2C         sere Geräte stehen in allen Erdteilen, wo­
     (kurz für „oxygen to see“, also Sauer­       bei Europa nach wie vor den mit Abstand       www.lea.de
     stoff, den man sehen kann) heißt das Ge­     größten Markt ausmacht“, erläutert Der­       www.timm-mittelhessen.de
17

Nachgefragt

„Konzentration an
Kompetenzen“                                            Hessens Campus*
Dr. Andreas Weißflog, Clustermanager beim
Medizinwirtschafts­cluster timm, über die
Medizin­region Mittelhessen

                           Herr Dr. Weißflog, was
                           ist timm und welches Ziel
                           verfolgen Sie damit?
                           timm steht für „Tech­
                           nologie & Innovation
                           Medizinregion Mittel­
                           hessen“ und wurde 2007
                           mit dem Ziel gegründet,
                           Wissenschaftler und Un­
                           ternehmer aus dem Be­
                           reich Medizinwirtschaft
                           in Kooperationen zusam­
                           menzubringen, um auf
diese Weise Innovationen anzustoßen und medizini­
sche Produkte und Verfahren schneller an den Markt
zu bringen.

Was ist diesbezüglich bereits geschehen?
Es sind mit Beteiligung von timm bereits knapp 30
konkrete Projekte initiiert worden, die sich zum Teil
bereits in sehr fortgeschrittenen Stadien befinden.
Eines davon ist die sogenannte Marburger Atemant­
wortmessung, kurz MATAM, ein Diagnoseverfahren
zur Risikoabschätzung von nächtlichen Atmungs­
störungen, das in Zusammenarbeit der Uni Marburg
und der FH Gießen-Friedberg mit drei Medizinwirt­
schaftsunternehmen der Region entstanden ist. Das
Projekt wurde beim Hessischen Kooperationspreis
mit dem 2. Platz bedacht. Mit der Serienreife des
neuen Medizingeräts ist nach Abschluss klinischer
Prüfungen Ende 2012 zu rechnen. Das innovative
Projekt wurde gefördert durch die LOEWE-Förder­
linie 3 des Hessischen Wissenschaftsministeriums
sowie durch eine Sonderförderung des Hessischen
Wirtschaftsministeriums und des Europäischen Fonds      * Mittelhessisches Wissen schafft Innovationen
für Regionale Entwicklung.                                und Wertschöpfung
Was macht das Medizinwirtschaftscluster Mittel­
hessen aus?
                                                           Fachhochschule Gießen-Friedberg, Justus-Liebig-
Die Region Mittelhessen ist in der Medizinwirt­            Universität Gießen, Philipps-Universität Marburg:
schaft sehr gut aufgestellt, rund 400 Unternehmen          einzigartige Hochschullandschaft mit der höchsten
arbeiten in dieser Branche. Das ist eine bundesweit        Studierendendichte einer Region in Deutschland.
einmalige Konzentration. Darüber hinaus hat Mittel­
hessen mit den Universitäten in Gießen und Marburg         Unsere Cluster vernetzen Wissenschaft und Wirtschaft
sowie der Fachhochschule Gießen-Friedberg gleich           erfolgreich: 53% der verwerteten Patente Hessens
drei Hochschulen, die stark in Forschung und Ent­
                                                           stammen aus Mittelhessen.
wicklung im Bereich Medizinwirtschaft sind. Die
Konzentration an Kompetenzen an diesen Hoch­               Ideen werden Wirklichkeit: Unsere Region ist produ-
schulen sowie an den zahlreichen Kliniken der Re­
                                                            zierender Standort Nr. 1 in Hessen!
gion bildet eine hervorragende Basis für erfolgreiche
Kooperationen.                                     K
                                                        Ihr Ansprechpartner: MitteHessen e.V. – Regionalmanagement für Mittelhessen
                                                        Telefon: 0641/948889-0 | info@mittehessen.de | www.region-mittelhessen.de
Wirtschaftsmagazin Hessen
18
     wirtschaft
19

Wiedergeburt eines
Mythos
Vor wenigen Jahren noch stand die Traditionsmarke Leica vor
dem Aus. Jetzt kehrt der Hersteller von Fotoapparaten,
Diaprojektoren und Ferngläsern in die Gewinnzone zurück.

O
         skar Barnack verschlug es den Atem. Wann immer sich
         der Ingenieur der Firma Leitz in Wetzlar zum Fotogra­
         fieren aufmachte, ging ihm die Luft aus. So schwer las­
tete die Ausrüstung, die er auf seine Wochenendwanderungen
mitnahm, auf seinen Schultern: Holzkamera, Glasplatten, Stativ
und Objektiv – das war zu viel für den an Asthma Erkrankten.
Nächtelang tüftelte er an einer Lösung, diese Last zu verringern,
bis ihm schließlich der große Wurf gelang. Oder besser gesagt:
der kleine. Denn was Oskar Barnack schuf, war nichts weniger
als die erste Kleinbildkamera der Welt. Die „Ur-Leica“ war ge­
boren. Barnack testete den Prototypen selbst ausführlich. 1914
war das, kurz vor dem Ersten Weltkrieg. Sein Ausbruch machte
den Traum von einer baldigen Serienproduktion zunichte. Zehn
Jahre musste Oskar Barnack darauf warten.
   1925, auf der Leipziger Frühjahrsmesse, war es endlich so
weit. Die Firma Leitz stellte ihre Kleinbildkamera einem großen
Publikum vor – unter dem Namen Leica, zusammengesetzt aus
Leitz und Camera. Sie sollte sich schnell zu einem Verkaufs­
schlager entwickeln. 1926 verließen bereits 1500 Apparate das
Wetzlarer Werk. Mit jedem Jahr verdoppelte sich die Produk­
tion; bis 1932 verkaufte Leitz 90 000 Kameras. Insbesondere
Fotoreporter wollten die Leica nicht mehr missen; sie behinderte
nicht und ließ sich problemlos überallhin mitführen. Legendär
sind die Motive, die berühmte Fotografen mit ihrer Leica fest­
hielten: Robert Capa fotografierte die Gefechte im Spanischen
Bürgerkrieg, Henri Cartier-Bresson das Ufer der Marne, Inge
Morath Marilyn Monroe bei Dreharbeiten zum Film „Misfits“.
Sie alle trugen zum Mythos Leica bei.

Trendwende mit neuen Modellen
Fast wäre dieser Mythos gestorben. Denn vor wenigen Jahren
stand das Unternehmen, das heute Leica Camera AG heißt, bei­
nahe vor dem Aus. Leica hatte wichtige Entwicklungen wie den
Autofokus oder den Einstieg ins Digitalzeitalter verpasst. Die
Umsatzzahlen sanken, zu wenige wollten die hochwertigen, aber
teuren Geräte kaufen. Doch Leica hat die Trendwende geschafft.
Im vergangenen Jahr brachte das Unternehmen das Modell M9
auf den Markt, die kleinste Systemkamera der Welt, die über         Fotografenfreude: Mit den Modellen S2, M9 und X1 (von
einen Vollformatsensor verfügt. Mit der M9 sowie der Repor­         oben) ist dem Traditionshersteller Leica der Anschluss an
tagekamera X1 und der Profikamera S2 ist es Leica gelungen,         die Moderne gelungen.
Barnacks erster
     Wirtschaftsmagazin Hessen
                                                                                                                    Streich: Mit der
20
     wirtschaft                                                                                                     „Ur-Leica“ wurde
                                                                                                                    der Mythos des
                                                                                                                    Kameraherstellers
                                                                                                                    begründet.
     in die Gewinnzone zurückzukehren. Nun macht das Unterneh­
     men 50 Prozent seines Umsatzes mit Produkten, die jünger als
     ein Jahr sind. Der Vorstandsvorsitzende Rudolf Spiller sagt dazu
     schlicht: „Leica ist wieder da.“ Die Verkaufszahlen stützen seine
     Aussage; es gibt Wartelisten. In Internetforen fiebern die Kun­
     den ihren Kameras entgegen.
       Die Kunden sind hartnäckig. Viele reisen eigens nach Solms,
     wo das Unternehmen seit 1986 seinen Sitz hat: Eine chinesische
     Studentin kauft für ihre Verwandtschaft ein, eine spanische Fa­
     milie fährt im Wohnmobil vor, ein kanadischer Fotograf holt
     sich seine S2 persönlich ab. Leica umwirbt seine Kundschaft.
     So veröffentlicht es zum Beispiel ein Hochglanzmagazin mit

                                                                         Fotostrecken, wie man sie früher in „Time“, „Life“ und „Paris
                                                                         Match“ fand. Ebenfalls im Magazin enthalten sind Tipps sowohl
                                                                         für Hobbyfotografen als auch für Profis. Um das fototechnische
                                                                         Wissen und die Bildergebnisse zu verbessern, bietet die Leica
                                                                         Akademie als älteste Fotoschule Deutschlands Workshops an.
                                                                            Doch das sind Bonbons. Vor allem bindet Leica die Kunden
                                                                         mit Qualität. Aus 150 Bauteilen besteht allein der Messsucher,
                                                                         das zentrale Element der Kamera. Das setzt große Fingerfertig­
                                                                         keit und einen noch größeren Erfahrungsschatz voraus. Insge­
                                                                         samt 500 Mitarbeiter sind am Standort Solms beschäftigt, wo
                                                                         sie neben Kameras auch Ferngläser, das zweite Standbein des
                                                                         Unternehmens, fertigen. Die Betriebszugehörigkeit der Mitar­
                                                                         beiter liegt im Durchschnitt bei 15 Jahren. Oskar Barnack selbst
                                                                         hat rund ein Vierteljahrhundert für das Unternehmen gearbei­
                                                                         tet. Dabei hat er sein Meisterstück beständig weiterentwickelt:
                                                                         Die Leica bekam Wechselobjektive und Wechselgewinde, ein­
                                                                         gebaute Entfernungsmesser und Sucher. Schließlich fasste sie
                                                                         10 Meter Film und lieferte 250 Aufnahmen ohne Nachladen.
                                                                         Insbesondere Kriegsberichterstatter setzten sie während des
                                                                         Zweiten Weltkriegs als Reportagekamera ein. Einem von ihnen
                                                                         rettete sie durch das robuste Gehäuse sogar das Leben (Foto
                                                                         links). Das jedoch hat Barnack nicht mehr erlebt: Er starb im
     Kugelsicher: Das robuste Gehäuse der Leica                          Januar 1936 an den Folgen einer Lungenentzündung.            K
     rettete seinem Besitzer im Zweiten Weltkrieg
     das Leben.                                                          www.leica-camera.com

     meldung

     Netzwerk will Industriestandort bekanntmachen
     Optik, Elektronik, Mechanik – Wetz­            das Standortmarketing vorantreiben und     nehmen und Studenten etwa bei Podi­
     lar gilt als eines der Industriezentren in     wollen zum Wissenstransfer beitragen“,     umsdiskussionen zusammenbringen:
     Deutschland. Im Umkreis der Stadt sit­         sagt Ralf Niggemann, Manager Wetzlar       „Die Nachwuchskräfte sollen attraktive
     zen weltbekannte Traditionsmarken wie          Network.                                   Berufsangebote an unserem Industrie­
     Leica Camera, Carl Zeiss Sports Optics            Um das optische Kompetenzzentrum        standort finden“, so Niggemann.
     und Minox. Gemeinsam mit 17 weite­             Wetzlar auch international bekanntzuma­
     ren Unternehmen haben sie sich nun zu          chen, setzt Niggemann auf crossmedi­       Ein Magazin über die Initiative „Wetz­
     einem Netzwerk zusammengeschlossen:            ale Kommunikation. Ob Print, Internet,     lar Network“ lässt sich unter redaktion@
     Unter dem Namen „Wetzlar Network“              oder auf Veranstaltungen: Das Netzwerk     wetzlar-network.de bestellen. Weitere
     treten sie gemeinsam für die Region ein.       tritt verstärkt in den Fokus der Öffent­   Informationen gibt es im Internet unter
     „Wir haben zwei Ziele: Wir möchten             lichkeit. Darüber hinaus will er Unter­    www.wetzlar-network.de.
21

Persönliche Klimabilanz
Umweltschutz geht alle an. Und jeder kann etwas dazu
beitragen. Zum Beispiel, indem man seinen Energiever­
brauch reduziert. Denn ob wir wollen oder nicht: Je­
den Tag bringen wir Treibhausgase in die Atmosphäre
– indem wir heizen, zur Arbeit fahren oder einfach nur
                                      Dinge konsumieren.
                                      Schließlich muss für
                                      alles, was hergestellt
                                      wird, Energie auf­
                                      gewendet werden.
                                      Doch was konkret
                                      kann der Einzelne
                                      tun, um seine per­
                                      sönliche Klimabi­
                                      lanz zu verbessern?
                                      Welche Stellschrau­
                                      ben gibt es, um
                                      CO2-Emissionen
im privaten Haushalt zu vermindern? Antworten gibt der
CO2-Rechner, der über die Website des Hessischen Um­
weltministeriums abrufbar ist. Der Rechner erstellt dem
Nutzer eine persönliche Klimabilanz, indem er die im All­
tag anfallenden CO2-Emissionen berücksichtigt. Hierzu
sind lediglich eine Reihe von Angaben zum Beispiel über
Wohnungsgröße und Konsumverhalten erforderlich. Der
CO2-Rechner zeigt jedoch nicht nur, wo und wie viel
CO2-Emissionen im privaten Haushalt entstehen, er gibt
auch konkrete Tipps zur Verbesserung der CO2-Bilanz. So
spart beispielsweise der Verzicht auf ein Kilogramm Tief­
kühlkost pro Woche zwei Kilogramm CO2, die allein bei          Ein bisschen Frankfurt
der Produktion entstehen.
                                                               ist überall.
www.transferstelle-emissionshandel-hessen.de
                                                               Die Messe Frankfurt ist Gastgeber mit
Ein Partner für alle Fragen                                    Herz und Seele. An jedem Messetag
                                                               heißen wir tausende Aussteller und
zu Europa                                                      Besucher willkommen – aus aller Welt
Das Enterprise Europe                                          und in aller Welt. Mittlerweile finden
Network Hessen der Hes-
sen Agentur unterstützt
                                                               an über 30 Standorten rund um den
Unternehmen bei ihrem                                          Globus Veranstaltungen „made by
grenzüberschreitenden                                          Messe Frankfurt“ statt. Hier in Frankfurt
Europageschäft. Es hilft                                       können wir jedes Jahr rund zwei
bei der Vermarktung
                                                               Millionen Besucher begrüßen – und
neuer Ideen und Techno-
logien auf dem europä-                                         sie alle nehmen ein positives Bild
ischen Markt und ver-                                          unserer Stadt mit in die Welt hinaus.
mittelt Geschäftspartner.
Informationen zu EU-
Programmen sowie Bera-
tung zur Antragstellung
bei EU-Projekten sind
weitere Dienstleistungen
des EEN Hessen, das Teil
eines 44 Länder umspan-
nenden Netzwerks der
EU-Kommission ist.

www.een-hessen.de
                                                               www.messefrankfurt.com
Wirtschaftsmagazin Hessen
22
     wirtschaft

     Nachrichten aus einem
     parallelen Universum
     Das Virtuelle wird manchmal ganz real – zum Beispiel mitten in Frankfurt:
     Hier befindet sich der bedeutendste Internetknoten der Welt.

     F
           rankfurt ist Deutschlands Tor zur      tet die Abkürzung „Deutsche Commer­          dern, darunter auch Branchengrößen wie
           Welt: Im globalen Netz der Flugver­    cial Internet Exchange“ – und steht für      Yahoo, Google und Microsoft“, sagt Or­
           bindungen ist der Rhein-Main-Air­      den größten deutschen Internetknoten.        lowski. Zu den Kunden zählen aber auch
     port einer der wichtigsten Knotenpunkte.     „Wer heute in Deutschland eine E-Mail        viele große Telekomunternehmen wie
     Nur wenige aber wissen, dass es im           schreibt oder Inhalte im Internet abruft,    etwa China Telecom, Qatar Telecom, die
     Stadtgebiet hierzu eine Parallelwelt gibt.   dessen Daten fließen mit ziemlich großer     rumänische Romtelecom oder Telekom
     Denn diese Welt ist weitgehend unsicht­      Wahrscheinlichkeit durch diesen Kno­         Malaysia.
     bar – nur an wenigen Stellen erhebt sie      ten“, erklärt Marketingleiter Frank Or­
     sich aus dem Untergrund. Dann sind aber      lowski. Und nicht nur das: Inzwischen        Zeichen auf Wachstum
     auch nicht mehr als große Hallen voller      ist Frankfurt sogar weltweit der bedeu­      Der Datendurchsatz beträgt nun zum
     grauer Kästen und Kabelstränge zu se­        tendste Austauschort von Daten, wich­        Teil mehr als 2 Terabit pro Sekunde. Das
     hen. Nicht unbedingt sexy. Aber in seiner    tiger etwa als Metropolen wie London         entspricht etwa 250 Gigabyte pro Se­
     Bedeutung kaum zu überschätzen. Denn         oder New York.                               kunde. Möglich wären sogar 40 Terabit
     die Hallen sind Teil einer digitalen In­         Begonnen hat die Geschichte des          pro Sekunde. Denn DE-CIX rechnet fest
     frastruktur, die ihresgleichen sucht: Hier   ­DE-CIX vor 15 Jahren, als es darum          mit weiterem Wachstum: „Es gibt kei­
     werden die Rechner zahlloser Firmen an        ging, drei deutsche Internet-Provider di­   nen Grund anzunehmen, dass sich in ab­
     Glasfaserleitungen angeschlossen, flie­       rekt miteinander zu verbinden. Die Kapa­    sehbarer Zeit das Wachstum verlangsa­
     ßen riesige Datenmengen von einem Netz        zität des DE-CIX lag damals noch bei 10     men wird. Derzeit sind Videoinhalte der
     zum anderen.                                  Megabit pro Sekunde – weniger als jeder     größte Verkehrstreiber. Wir sind darauf
        In einigen dieser Rechenzentren be­        DSL-Haushalt inzwischen hat. „Heute         gut vorbereitet“, ist Orlowski überzeugt.
     finden sich zum Beispiel die Computer         vermitteln wir Daten von mehr als 350         Für den Standort Frankfurt spricht
     von „DE-CIX“. Ausgeschrieben bedeu­           Internet-Service-Providern aus 40 Län­      heute weit mehr als die zentrale geo­
Sie können auch lesen