DIGITALISIERUNG IN DER BILDUNG IT- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK IN KLASSENZIMMER UND HÖRSAAL - NUMMER 104 | NOVEMBER 2017 - OEAD-GMBH

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DIGITALISIERUNG IN DER BILDUNG IT- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK IN KLASSENZIMMER UND HÖRSAAL - NUMMER 104 | NOVEMBER 2017 - OEAD-GMBH
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Nummer 104 | November 2017

                             Digitalisierung in der Bildung

                             IT- und Kommunikationstechnik
                             in Klassenzimmer und Hörsaal
DIGITALISIERUNG IN DER BILDUNG IT- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK IN KLASSENZIMMER UND HÖRSAAL - NUMMER 104 | NOVEMBER 2017 - OEAD-GMBH
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Inhalt

03       Stefan Zotti
         Editorial
                                                             28   G. Koppensteiner | W. Lepuschitz | M. Merdan
                                                                  iBridge: Brücke zwischen den Generationen

04       In aller Kürze
         Kurzmeldungen
                                                             30   Gabriele Winkler
                                                                  SOLA − Simple Open Learning Advancement

06       Ursula Maier-Rabler
         Digitalisierung und Bildung
                                                             31   Miriam Bammer
                                                                  Responsible Science: Gemeinsam Verantwortung
                                                                  übernehmen

08       Jörg Dräger
         Für jeden das Passende
                                                             32   Paul Glück | Martin Kocher
                                                                  Mit Mut und guter (Aus-)Bildung in die Digitalisierung

10       Martin Bauer
         Der digitale Mehrwert in der Schule 4.0
                                                             33   Florian Groiss
                                                                  Eine Unterrichtsstunde im digitalen Zeitalter

12       Alexander Kohler
         Digitale Kompetenzen in der hochschulischen Lehre
                                                             34   Dominik Ruffeis
                                                                  Vom Wissen, dem Handy und der Landwirtschaft

14       Julie Anderson | Elena Tegovska
         A renewed EU agenda for higher education            35   Doris Bauer
                                                                  »Bist du digital nicht auffindbar, bist du unsichtbar«

16       Bernhard Göschlberger
         Social MicroLearning                                36   Julia Lichtkoppler
                                                                  Kooperation im ungleichen Raum

18       Felix Delattre
         Digitale Karten, die verändern                      38   Jana Brosch | Barbara Sutrich
                                                                  Erasmus+ Erfolgsprojekte aus Österreich

20       Niina Maarit Novak | Valerie Weidinger
         Digitalisierte Chancen                              40   Neue Publikation
                                                                  Grenzen überschreiten − Hochschulmobilität

22       Carin Dániel Ramírez-Schiller | Andreas Koreimann
         Digitale Kompetenz sichert Teilhabe                 41   OeAD | Erasmus+ Hochschultagung 2017
                                                                  Internationale Mobilität und Qualität

24       Werner Hackl | Elske Ammenwerth
         Medizinisches Informationsmanagement                42   Carina Kamptner | Naomi Morishita
                                                                  Summer Schools zu nachhaltiger Wirtschaft und
                                                                  ökologischem Bauen
25       Christian F. Freisleben-Teutscher
         Digitalisierung als Motor für Deeper Learning
                                                             44   Regina Aichner
                                                                  OeAD beim Europäischen Forum Alpbach 2017
26       Mario Jandrokovic
         ConClip, das Mehrzweck-Online-Lerntool
                                                             46   Barbara Sutrich
                                                                  30 Jahre Erasmus − Menschen in Bewegung
27       Ingrid Preusche
         Qualitätssicherung von E-Prüfungen                  48   OeAD Events
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                                     Stefan Zotti

Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,

die Digitalisierung hat unsere Welt in den vergan-                                          rung des österreichischen
genen Jahrzehnten nachhaltig verändert: Oftmals                                             Bildungssystems weiter zu
unbemerkt und in ihren langfristigen Auswirkun-                                             treiben: Programme wie
gen noch weitgehend unerkannt, haben sich nicht                                             eTwinning oder der wach-
nur die Wirtschaft (Industrie 4.0), sondern auch                                            sende Markt für Bildungs-
unsere Kommunikation, unser Freizeitverhalten                                               Onlineangebote zeigen, wie
und nicht zuletzt unser Verständnis von Bildung                                             niedrigschwellige Angebote
selbst verändert. In Zeiten, in denen Informa-                                              Zugänge zur Bildung oder
tion jederzeit zugänglich ist, in der man jedes                                             Kooperationen im Bereich
Faktum einfach googeln kann – was bedeutet                                                  von Bildung, Wissenschaft
dann Bildung eigentlich? Mehr denn je geht es                                               und Forschung befördern

                                                                                                                                                                                                                                                  © OeAD | Sabine Klimpt
wohl um Verstehen, um die Möglichkeit, In-                                                  können. In einer kürzlich
formation zu bewerten – es geht um Orientie-                                                veröffentlichen Studie hat
rungswissen in einer Zeit der Fake News und um                                              der British Council Inter-
die Ermächtigung (junger) Menschen, sich in                                                 nationalisierung als einen
einer immer unübersichtlicheren Welt zurecht-                                               von zehn Megatrends in der
zufinden. Wenn wir über Digitalisierung in der                                              Bildung identifiziert. In den
Bildung reden, kann es also nicht bloß um den                                               vergangenen Jahren konnten hier substanzielle
Einsatz neuer digitaler Lehr- und Lernmedien und                                            Fortschritte erreicht werden, gerade auch durch
die entsprechende didaktische Einbettung dieser                                             die wachsende Teilnahme österreichischer Ein-
neuen Medien gehen, wiewohl in beiden Feldern                                               richtungen an europäischen Programmen.
noch deutlicher Nachholbedarf besteht, sondern                                                  Es ist zu hoffen, dass auch die neue Bundes-
vor allem um die Frage, welche Kompetenzen                                                  regierung diesen Weg weitergehen wird und auch
Lernende (und Lehrende) heute brauchen und                                                  den Mut hat, neue Impulse im Bereich der Inter-
erwerben müssen, um in der digitalen Welt beste-                                            nationalisierung des österreichischen Bildungs-                                             Ihr Stefan Zotti
hen zu können.                                                                              systems setzt. Die OeAD-GmbH steht mit ihrer
    Digitalisierung bietet natürlich auch eine her-                                         Expertise und Kompetenz dafür gerne als Partner
vorragende Möglichkeit, die Internationalisie-                                              zur Verfügung!

Impressum: Medieninhaber & Herausgeber: OeAD (Österreichische Austauschdienst)-Gesellschaft mit beschränkter Haftung | Austran Agency for International Cooperation in Education and Research (OeAD-GmbH) | 1010 Wien,
Ebendorferstraße 7 | T +43 1 534 08-0 | F DW 999 | info@oead.at | www.oead.at | Sitz: Wien | FN 320219 k | Handelsgericht Wien | Chefredaktion und für den Inhalt verantwortlich: Eva Müllner, unter Mitarbeit von Werner Fulterer,
KIM – Kommunikation, Information, Marketing | Schlussredaktion: Christian Jahn, Rita Michlits, Barbara Sutrich | Mitarbeiter/innen dieser Ausgabe: Regina Aichner, Elske Ammenwerth, Julie Anderson,
Miriam Bammer, Doris Bauer, Martin Bauer, Jana Brosch, Carin Dániel Ramírez-Schiller, Felix Delattre, Jörg Dräger, Christian F. Freisleben-Teutscher, Bernhard Göschlberger, Florian Groiss, Werner Hackl,
Mario Jandrokovic, Carina Kamptner, Martin Kocher, Alexander Kohler, Gottfried Koppensteiner, Andreas Koreimann, Wilfried Lepuschitz, Julia Lichtkoppler, Ursula Maier-Rabler, Munir Merdan, Naomi Morishita, Eva Müllner,
Niina Maarit Novak, Ingrid Preusche, Dominik Ruffeis, Barbara Sutrich, Elena Tegovska, Valerie Weidinger, Gabriele Winkler, Stefan Zotti | Grafisches Konzept: Fineline, erweitert Rita Michlits & Eva Müllner | Layout: Eva
Müllner | Fotos: Wenn nicht gesondert vermerkt, im Eigentum der OeAD-GmbH, Coverfoto: © monsitj, iStock| Druck: one2print/DI Hans A. Gruber KG | Finanziert aus Mitteln des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und
Wirtschaft | Hinweis: Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider und müssen sich nicht mit der des Herausgebers decken. | P.b.b. | Erscheinungsort Wien | Verlagspostamt 1010 Wien
| GZ: 02Z032 994M | Wien, November 2017

OFFENLEGUNG GEMÄSS § 25 MEDIENGESETZ: Unternehmensgegenstand: Unternehmensgegenstand ist die Durchführung von Maßnahmen der europäischen und internationalen Kooperation im Bereich der Wissenschaft und Forschung
sowie der Erschließung der Künste, der Hochschulbildung, der Bildung und der Ausbildung (§3. (2) OeAD-Gesetz) | Geschäftsführer: Stefan Zotti | Prokurist: Ulrich Hörmann | Mitglieder des Aufsichtsrates: Elmar Pichl, Hanspeter Huber, Teresa
Indjein, Gottfried Schellmann, Heinz Fassmann, Kurt Koleznik, Malies Krainz-Dürr, Barbara Sporn, Franz Salchenegger, Eva Weixler, Bernhard Muzik, Harald Malainer | Die OeAD-GmbH steht zu einhundert Prozent im Eigentum des Bundes (§1.(2)
OeAD-Gesetz) | Grundlegende Richtung: Information zu Bildungsmobilität & Bildungskooperation – national und international
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In aller Kürze                       Neue Leitung
                                     Vorstudienlehrgang Wien
Großes Ehrenzeichen                  Sonja Winklbauer leitet seit 1. Juli 2017 den Vor-
für Dir. Kernegger vom               studienlehrgangs der Wiener Universitäten (VWU).
VWU Wien                             Sie folgt damit Margarete Kernegger nach, die in
                                     den Ruhestand getreten ist. Sonja Winklbauer war

                                                                                                                                                       © Sonja Winklbauer | privat
Am 30. Juni wurde Marga-             zuletzt an der österreichischen Schule Budapest
rete Kernegger vom Bun-              (2013–2017) als Lehrerin für Deutsch und Franzö-
despräsidenten das Große             sisch tätig, davor leitete sie von 2006–2013 das
Ehrenzeichen für Verdienste um       Sprachenzentrum der Universität Wien. Sie ist
die Republik Österreich verliehen.   seit mehr als zehn Jahren in der Lehrendenaus-
Margarete Kernegger war seit         und -weiterbildung tätig und ist ehrenamtlich im
1980 beim Vorstudienlehrgang         österreichischen Verband für Deutsch als Fremd-
der Wiener Universitäten tätig,      sprache/Zweitsprache (ÖDaF) tätig. Weiters ist sie
seit 1994 war sie die Direkto-       österreichische Expertin im Vorstand des interna-
rin des VWU. Das Ehrenzeichen        tionalen Deutschlehrerinnen- und Deutschlehrer-            gen für internationale Studierende. Wir begrüßen
wurde in einem Festakt von           verbands (IDV).                                            Dir. Mag. Sonja Winklbauer herzlich und freuen uns
MR Dr. Friedrich Fröhlich vom            Die OeAD-Vorstudienlehrgänge in Wien, Graz             auf die Zusammenarbeit.
Bundesministerium für Bildung        und Leoben sind studienvorbereitende Einrichtun-           www.vwu.at
überreicht, seitens des OeAD be-
dankte sich der Abteilungsleiter
und Prokurist Ulrich Hörmann
für ihre Leistungen und Bemü-        Areeka – erstes Schulbuch mit
hungen für die akademische
Mobilität und besonders für ihr
                                     Augmented Reality in Österreich
Engagement für Studierende           Das österreichische Start-up Amlogy GmbH stellt mit der Marke
aus Entwicklungsländern.             Areeka das erste auf Augmented- und Virtual-Reality-Technologie
Margarete Kernegger trat Ende        bauende Schulbuch vor: »Optik und Physik des Wassers« wurde in
Juni 2017 in den Ruhestand, wir      Zusammenarbeit mit dem Verlag Morawa entwickelt und bietet
wünschen ihr alles Gute.             zusätzliche virtuelle Lerninhalte, die ein intensives und nachhalti-
                                     ges Verstehen unterstützen sollen. Die kostenlose Areeka-App, als
                                     Beta-Version auf allen iOS- und Android-Geräten verfügbar, ruft
    Wir                              Grafiken, Animationen oder Audioinhalte ab, die auf Smartphones

                                                                                                                                                        © Amlogy
    gratulieren                      oder Tablets abgespielt werden können. So wird aus der zweidimensio-
    herzlich!                        nalen Grafik der Mondfinsternis eine dreidimensionale Animation des
                                     Mondes, der um die Erde kreist. www.areeka.net

                                       The Digital Academic
                                       Critical Perspectives on Digital Technologies in Higher Education
                                       Academic work, like many other professional occupations, has increasingly become digitised. This book
                                       brings together leading scholars who examine the impacts, possibilities, politics and drawbacks of working
                                       in the contemporary university, using digital technologies. Contributors take a critical perspective in iden-
                                       tifying the implications of digitisation for the future of higher education, academic publishing protocols
                                       and platforms and academic employment conditions, the ways in which academics engage in their every-
                                       day work and as public scholars and relationships with students and other academics. The book includes
                                       accounts of using digital media and technologies as part of academic practice across teaching, research
                                       administration and scholarship endeavours, as well as theoretical perspectives. The contributors span the
                                       spectrum of early to established career academics and are based in education, research administration,
                                       sociology, digital humanities, media and communication.

                                       More details: www.routledge.com/The-Digital-Academic-Critical-Perspectives-on-Digital-Technologies-in/
                                       Lupton-Mewburn-Thomson/p/book/9781138202580
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It is estimated that »65 percent of children entering primary
school today will ultimately end up working in completely new
job types that don’t yet exist«.

The future of jobs,

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Studie des World Economic Forums, 2016

Begriffserklärungen − What are we talking about?

Digital Roadmap Austria
2017 präsentierte die Bundesregierung ihr Strategiepapier zur Zukunft der Digitalisierung in Österreich. Die Roadmap definiert zwölf Leitprinzi-
pien, darunter die bereits frühzeitige digitale Bildung sowie die Stärkung von Wissenschaft und Forschung. Grundsätzlich sollen alle Österreicher/-
innen an der Digitalisierung teilhaben können, Förderziel ist unter anderem kompetenter, kritischer und reflektierter Umgang mit Technologien
und Medien. Vorgesehen ist auch die laufende inhaltliche Weiterentwicklung der Roadmap. Im Internet: www.digitalroadmap.gv.at

Schule 4.0
Die ebenfalls 2017 vorgestellte Digitalisierungsstrategie des Bundesministeriums für Bildung baut auf vier Säulen: digitale Grundbildung,
digital kompetente Pädagog/innen, Infrastruktur und IT-Ausstattung sowie digitale Lerntools. Die Strategie umfasst die gesamte Schullaufbahn
und adressiert ein breites Portfolio an Kompetenzen, von Medienkompetenz über kritischen Umgang mit Informationen und Daten bis hin zu
Sicherheit im Netz, Wissen über Technik, Coding und Problemlösung. Im Internet: www.bmb.gv.at

Blended Learning
Blended Learning oder integriertes Lernen bezeichnet das Verknüpfen von E-Learning und Präsenzunterricht in einer didaktisch möglichst sinnvol-
len Form. Durch die Kombination der Vorteile werden die Nachteile der jeweils anderen Technik aufgehoben, die Lernenden erhalten viel Freiraum
und können das gemeinsame Curriculum im eigenen Tempo erarbeiten. Eine mögliche Variante ist der Inverted Classroom, in dem die Schüler/-
innen die Lerninhalte eigenständig außerhalb des Klassenzimmers erarbeiten und dann gemeinsam mit einer Lehrperson üben.

Open Access
Open Access bezeichnet das Konzept des freien, kostenlosen Zugangs zu Forschungsergebnissen und wissenschaftlicher Literatur über das Internet.
Ziel ist die möglichst weite inhaltliche Verbreitung wissenschaftlichen Wissens, unterschiedliche Lizenzmodelle können auch eine weitergehende
Nutzung spezifischer Daten wie Primärdaten erlauben. Auch die OeAD-GmbH hat sich Open Access verschrieben und bietet ihre Publikationen auf
issuu an. https://issuu.com/search?q=oead

Industrie 4.0
Der Begriff Industrie 4.0 für »die vierte industrielle Revolution« geht auf ein Projekt der deutschen Bundesregierung zurück und bezeichnet die
wachsende Vernetzung, Automatisierung und Optimierung moderner Produktionsverfahren. Die dafür nötige Infrastruktur wird als Internet der
Dinge (Internet of Things, IoT) bezeichnet, ein Zusammenspiel von Informations- und Kommunikationstechnologien, das die Bereitstellung und
Verknüpfung von Informationen ermöglichen bzw. erleichtern soll. Je nach Ausstattung und Bedarf sind solche »smarten Objekte« auch netzwerk-
fähig und erfassen, speichern und leiten Daten weiter; fortgeschrittene Systeme können selbstständig Informationen verarbeiten, Entscheidungen
treffen und ihre Umwelt beeinflussen. Kritiker/innen monieren (neben dem zunehmenden Stromverbrauch) vor allem Probleme in den Bereichen
Privatsphäre, Datenschutz und -sicherheit und bemängeln den »gläsernen Menschen«.
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                        Ursula Maier-Rabler

Digitalisierung und Bildung
                        Digitalisierung ist kein ausschließlich technisches Phänomen,
                        sondern ein zutiefst soziokulturelles.

    Ass.-Prof. Dr. Ursula Maier-       Die Digitalisierung stellt einen der zentralsten ge-      Autor/innen sprechen von »Networked Individua-
  Rabler ist stellvertrende Leiterin   sellschaftlichen Metatrends dar, der alle Bereiche        lism« und bringen dabei zum Ausdruck, dass isolier-
          der Abteilung Center for     unserer Gesellschaft erfasst hat. Somit ist die Digita-   te Individuen (aber auch Institutionen, Organisati-
Information and Communication          lisierung kein ausschließlich technisches Phänomen,       onen, Unternehmen) in der digitalen Gesellschaft
    Technologies & Society an der      sondern ein zutiefst soziokulturelles. Die Bildungs-      kaum überlebensfähig sind. Das Teilen und Nehmen
              Universität Salzburg.    politik muss daher verstärkt auf die Veränderung der      von Informationen (Sharing) zur Veredelung von
                                       herrschenden Bildungskultur hinarbeiten, die nach         Information zu Wissen ist die Grundformel für die
                                       wie vor an linearen, kollektiven und antwortfixier-       vorherrschende informationelle Ökonomie. Wirt-
                                       ten Praktiken orientiert ist.                             schaftlicher Erfolg in der digitalen Ökonomie ist
                                            Wir erleben die fortschreitende Individualisie-      also durch die Fähigkeit begründet, aus Informa-
                                       rung als dominierendes Konzept in der digitalen Ge-       tionen Wissen zu generieren. Dazu bedarf es Men-
                                       sellschaft. Alte Kollektive (Vereine, Parteien, Kirchen   schen, die Informationen nicht einfach glauben,
                                       etc.) verlieren an Bedeutung und die Individuen           sondern kritisch hinterfragen und Gegebenes nicht
                                       befinden sich im Stress ständiger Selbstoptimie-          als unabänderlich betrachten. Durch die Kompe-
                                       rung und dem Zwang zum Identitätsmanagement.              tenz zur Vernetzung widersprüchlicher Informa-
                                       Vor allem für Kinder und Jugendliche würde eine           tionen über geografische und kulturelle Grenzen
                                       Reflexion im Unterricht zu mehr Gelassenheit und          hinweg entsteht Innovation – die Triebfeder der
                                       Resilienz gegenüber den negativen Begleiterschei-         digitalen Ökonomie. Teamarbeit statt isolierter
                                       nungen wie Cybermobbing und Bullying bringen.             Leistungsbeurteilung, institutionenübergreifende
                                       Individualisierung bedeutet jedoch auch eine Ab-          und projektbasierte Bildung zwischen Schule, Un-
                                       kehr von der One-Size-Fits-All-Mentalität, auch in        ternehmen, Kultur, Universitäten, Sport, Alltags-
                                       der Bildung. Digitalisierung erlaubt es erstmals, mit     welt etc. bereiten auf diese Herausforderungen vor.
                                       maßgeschneiderten Lerninhalten und Bildungszie-
                                       len auf unterschiedliche Voraussetzungen bei den          Von einer antwortfixierten zu einer
                                       Lernenden einzugehen und bessere Lernerfolge              fragenorientierten Schule
                                       zu verzeichnen. Und drittens bedeutet Individuali-
                                       sierung im Bildungskontext auch individualisierte         Schule und Bildung sind immer noch vom vergan-
                                       Bildungsbiografien. Die traditionelle Abfolge von         genen Zeitalter der Informationsknappheit mehr
                                       Pflichtschule – Lehre bzw. Matura – Studium – Beruf       geprägt als vom aktuellen Zeitalter der Überfülle. Die
                                       wird von einem Mix aus formalen und informellen           antwortfixierte Schule muss einer fragenorientier-
                                       Bildungsbausteinen, mit Auszeiten wie Sabbaticals         ten Bildung weichen. Man könnte diese Entwicklung
                                       und einem Wechsel zwischen Berufs- und Bildungs-          auch als Paradigmenwechsel in der Bildung bezeich-
                                       erfahrungen, abgelöst. »Abschlüsse« – alleine der         nen. Vom »Was muss ich wissen?« zum »Was muss
                                       Begriff klingt in Kontext digitaler Netzwerke wider-      ich nicht wissen?«, im Sinne einer individualisierten
                                       sinnig – verlieren an Bedeutung und müssen immer          und problemzentrierten Bildung. Dieses Empower-
                                       wieder aktualisiert bzw. ergänzt werden.                  ment der Lernenden spielt auch im Hinblick auf wei-
                                            Neben der Individualisierung gilt das Ver-           tere Phänomene der Digitalisierung eine wichtige
                                       netzungsprinzip als ein weiteres dominierendes            Rolle, nämlich jenen der Konnektivität, Mobilität,
                                       Charakteristikum der Digitalisierung. Einschlägige        Beschleunigung und Globalisierung. Obwohl alle
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© Susanne Reisenberger-Wolf

                              Phänomene eine eigene Dynamik aufweisen, wer-            als Erwachsene engagiertere Bürger/innen zu wer-        Wir wissen, dass auch
                              de ich sie hier auf das Phänomen der Dauererreich-       den. Zeitliche und räumliche Flexibilität sowie neue    die Digitalisierung
                              barkeit bzw. des »always on« reduzieren. Die Tatsa-      Arbeits- und Produktionsformen sind die Voraus-         klaren ökonomischen
                              che, dass wir mit unseren mobilen Geräten perma-         setzungen für die digitale oder informationelle
                              nent online sein können und es in der Regel auch         Ökonomie. Unsere nach wie vor vorwiegend an der
                                                                                                                                               Prinzipien folgt und dass
                              sind, verlangt nach Kompetenzen, um mit dieser           maria-theresianischen Kasernenarchitektur orien-        Daten das neue Gold
                              zeitlichen und räumlichen Entgrenzung umzugehen.         tierten Schulgebäude bilden sehr gut die Anforde-       oder besser das neue Öl
                                                                                       rungen einer hierarchisch geprägten industriellen       der digitalen Ökonomie
                              Digitale Resilienz                                       Gesellschaft ab. Hier lernen wir, zu bestimmten         sind.
                                                                                       Zeiten an einem klar definierten Ort vorgegebene
                              Digitale Bildung bedeutet also eine ganze Menge          Aufgaben zu erledigen. Die zukünftigen Gestalter/
                              nicht-technisches Erfahrungswissen, welches auf der      innen der digitalen Netzwerkgesellschaft brauchen
                              Basis von individuellem Empowerment entsteht. Ich        jedoch andere Erfahrungen, die nur aus projekt­
                              möchte es hier als digitale Resilienz bezeichnen. Wo-    orientierter Teamarbeit mit flexiblen Zeit- und
                              bei der Begriff Resilienz in diesem Zusammenhang         Raumstrukturen entstehen können.
                              nicht als die passive Befähigung etwas auszuhalten,           Wir wissen, dass auch die Digitalisierung klaren
                              etwas zu ertragen und zu überleben verstanden wer-       ökonomischen Prinzipien folgt und dass Daten das
                              den darf, sondern Resilienz im Sinne einer aktiven       neue Gold oder besser das neue Öl der digitalen
                              Kraft aus Chancen, etwas für sich zu machen und po-      Ökonomie sind. Wissen über die Entstehung der
                              tenzielle Risiken zu minimieren.                         Daten, kritische Einschätzungskompetenz, ethi-
                                  Noch niemals zuvor hat es so viel Zugang zu In-      sche Verantwortung und Wissen über das Poten-
                              formation und Wissen gegeben wie im Zeitalter der        zial von Kontrolle und Überwachung in digitalen
                              Digitalisierung. Die Bildung muss neue inklusive Zu-     Netzwerken sind eine Grundvoraussetzung, da-
                              gänge schaffen, die individuelle, räumliche, zeitliche   mit wir in Kombination mit obigen Kompetenzen
                              und kulturelle Begrenzungen aufbrechen und auch          besser mit Roboterjournalismus (z. B. Social Bots)
                              die Grenzen zwischen formalen und informellen An-        und Social-Media-Plattformen umgehen können.
                              geboten überwinden, ja, miteinander integrieren.         Deshalb stellen für mich Programmierkenntnisse
                                  Noch nie konnten sich so viele Menschen betei-       keine Geheimwissenschaft für Informatiker/innen
                              ligen, mitmachen, Informationen miteinander teilen       dar, sondern gelten als vierte Kulturtechnik neben
                              und sich in neuen Kollektiven organisieren. Dennoch      Lesen, Schreiben und Rechnen und sollten bereits
                              gefährden Filterblasen und individuelle Isolierung       im Kindergarten und in der Volksschule als Coding-
                              unsere Demokratie. Partizipation muss gelernt sein       Spiele u. ä. vermittelt werden.
                              und funktioniert nicht von selbst. Partizipatives Ler-        Wir leben bereits mitten in der digitalen Ge-
                              nen, die Wertschätzung gegenüber anderen Meinun-         sellschaft und es ist daher geboten, diese Bildungs-
                              gen und Ideen sind wertvolle Bildungsziele und sind      ziele nicht nur flächendeckend in den formalen
                              insbesondere im Zusammenhang mit den aktuellen           Bildungsinstitutionen vom Kindergarten bis zur
                              Entwicklungen der Digitalisierung unverzichtbar.         Universität umzusetzen, sondern auch in Firmen,
                              Schüler/innen, die partizipatives Lernen erfahren        Behörden und Organisationen sowie in sämtlichen
                              haben, haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, auch        Bildungsinstitutionen.
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                                                 Jörg Dräger

                      Für jeden das Passende
                                                 Wenn wir digitale Werkzeuge im Unterricht richtig nutzen,
                                                 bleibt mehr Zeit für das Wesentliche: individuelle Förderung
                                                 und Persönlichkeitsbildung.

                                           Dr. Jörg Dräger      In einem riesigen Raum der New Yorker David-A.-         lehrer/in ließ sich aber nicht für alle verwirklichen,
                       ist seit 2008 Bildungsexperte im         Boody-Schule lernen etwa 90 Schüler/innen jahr-         weder gab es dazu genug Pädagog/innen, noch war
                               Vorstand der Bertelsmann         gangsübergreifend Mathematik an wechselnden             das auch nur ansatzweise finanzierbar. So entstand
                        Stiftung und verantwortet dort          Stationen. Die einen schauen Videos, die anderen        unser allgemeines Schulwesen. Die Schulpflicht
                                 die Bereiche Bildung und       nutzen Lernsoftware, andere arbeiten in Gruppen         führte jedoch zwangsläufig zu einer Vereinheitli-
                                Integration. Weiters ist er     oder sprechen mit dem/der Lehrer/in. Alle Schüler/-     chung der Inhalte, Lernwege und Vermittlung. Aus
                          Geschäftsführer des Centrums          innen können in ihrer Lerngeschwindigkeit und auf       der einst persönlichen Förderung für wenige durch
                      für Hochschulentwicklung (CHE).           ihrem Leistungsniveau arbeiten. Basierend auf den       Privatlehrer/innen wurde notgedrungen eine Mas-
                              Zuvor war der promovierte         Leistungen errechnet eine Software nachts ein in-       senbildung für alle. Damit die damit einhergehende
                      Physiker Wissenschaftssenator in          dividuelles Curriculum für jede/n Schüler/in. Ein       Heterogenität der Lerngruppen nicht zum Problem
                      Hamburg. Im September 2015 ist            Schüler kommt morgens in die Schule und sieht auf       wird, will die moderne Pädagogik individueller för-
                               Drägers Buch »Die digitale       dem Bildschirm: »Aha, ich muss an Station Sieben        dern: Jede/r Schüler/in bekommt einen persönlichen
                                     Bildungsrevolution«        noch Bruchrechnen wiederholen«, während ande-           Lernplan mit zugeschnittenen Aufgaben.
                                                erschienen.     re Schüler/innen der Klasse schon an ganz anderen           Das allerdings ist sehr aufwendig und geht
                                                                Lektionen arbeiten. Kommt eine/r der Schüler/innen      meist einher mit Forderungen nach mehr Personal
                                                                mit dem Lernprogramm nicht weiter, erhält der/          und kleineren Klassen. Entsprechend langsam setzt
                                                                die Lehrer/in automatisch einen Hinweis und kann        sich die individuelle Förderung in der analogen Welt
                                                                gezielt helfen. Das geht nicht für alle Schüler/innen   durch. Deswegen individualisieren Eltern das Ler-
                                                                gleichzeitig, aber für diejenigen, die gerade Hilfe     nen ihrer Kinder oft auf eigene Faust mit Nachhilfe,
                                                                nötig haben. Lehrer/innen werden so zu Lernbe-          privaten Lernangeboten am Nachmittag, Sprach-
                                                                gleiter/innen. Sie verwenden weniger Zeit darauf,       urlauben oder dem Internatsbesuch. Während sich
                                                                Standardwissen zu vermitteln, und mehr, um auf          die einen so ein besseres, persönlich zugeschnitte-
                                                                den Einzelnen einzugehen. Die David-A.-Boody-           nes Angebot verschaffen, bekommen andere wei-
                                                                Schule ist Teil der Initiative »New Classrooms« in      terhin Bildung von der Stange. Doch jetzt können
                                                                den USA. Unterschiedliche Talente, Kenntnisse und       digitale Hilfsmittel allen Schüler/innen personali-
                                                                Erfahrungen – so verschieden wie der Mensch ist,        siertes Lernen ermöglichen.
                                                                so individuell lernt er auch. Die heutigen Bildungs-
                               Vor allem Kinder aus bildungs-   systeme können darauf aber zu wenig Rücksicht           Weniger Wissensvermittlung
                          ferneren Familien brauchen Unter-     nehmen. Egal ob Schule, Hochschule oder Weiter-
                             stützung von ihrer Schule, damit   bildung: Alles ist weitgehend standardisiert und ver-   Das Konzept »New Classrooms« verbessert die
                           sie moderne Medien nicht nur zur     einheitlicht.                                           Chancen von Schüler/innen, wie an der David-A.-
                            Unterhaltung, sondern auch zum
                                              Lernen nutzen.
                                                                     Diese Standardisierung ist Konsequenz und Preis    Boody-Schule, wo 80 Prozent aus sozial schwachen
                                                                einer der größten Errungenschaften unserer Gesell-      Familien kommen. Bevor dort das Konzept Einzug
                                                                schaft – des Bildungszugangs für alle. Bis Wilhelm      gehalten hatte, lag die Leistung der Sechstklässler/
                                                                von Humboldt die Bildung demokratisierte, ließen        innen knapp unter dem Durchschnitt vergleichbarer
                                                                Adel und wohlhabende Bürger/innen ihre Kinder           Schulen. Als dieselben Kinder die achte Jahrgangs-
© pokemon | Pixabay

                                                                von Privatlehrer/innen erziehen, der Rest der Ge-       stufe absolvierten, waren ihre Prüfungsergebnisse
                                                                sellschaft blieb unwissend. Die einen lernten somit     bereits elf Prozent besser als der Durchschnitt. Heu-
                                                                äußerst personalisiert, die anderen gar nicht. Hum-     te lernen die Schüler/innen von »New Classrooms«
                                                                boldt wollte mehr Gerechtigkeit: Das Modell Privat-     beinahe anderthalbmal so viel pro Jahr wie Schüler/-
DIGITALISIERUNG IN DER BILDUNG IT- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK IN KLASSENZIMMER UND HÖRSAAL - NUMMER 104 | NOVEMBER 2017 - OEAD-GMBH
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                                                                                                                                         Digitalisierung in der Bildung

                                                                                                                                   Jörg Dräger: »Wie können wir Kinder
© Arne Weychardt

                                                                                                                                   und junge Menschen dazu bringen,
                                                                                                                                   moderne Medien nicht nur zur
                                                                                                                                   Unterhaltung, sondern auch zum
                                                                                                                                   Lernen zu nutzen?«

                   innen im nationalen Mittel. Das gelingt durch den        phones und Tablets. Kinder und Jugendliche wach-
                   zielgerichteten Einsatz digitaler Werkzeuge als Hilfs-   sen wie selbstverständlich damit auf. Doch der
                   mittel für ein pädagogisches Konzept, das sich an        Kontrast zwischen ihrer digitalen Lebenswirklich-
                   einzelnen Schüler/innen orientiert.                      keit und dem analogen Schulkosmos ist riesig.
                                                                                Schulen, die ihrem Bildungsauftrag gerecht
                   Lehrer/innen mehr Zeit verschaffen                       werden wollen, können die digitale Dynamik um sie
                                                                            herum nicht länger ignorieren. Andernfalls riskieren
                   Denn genau dafür haben Lehrer/innen heute in der         sie eine soziale Spaltung. Gebildete Eltern wissen
                   Regel wenig Möglichkeiten: In typischen Unter-           Nützliches und Schädliches besser zu sortieren,
                   richtssituationen kümmert sich eine Lehrperson           versorgen ihren Nachwuchs eher mit sinnvollen
                   etwa 20 Prozent der Zeit um das einzelne Kind und        digitalen Lernmaterialien als mit unsinnigen Spie-
                   steht zu 80 Prozent vor der Klasse und vermittelt        len. Gerade Kinder aus bildungsferneren Familien
                   Standardwissen, während die Schüler/innen meist          brauchen Unterstützung von ihrer Schule.
                   schweigen und zuhören. Schweigen und zuhören                 Dass die Digitalisierung gerade Kindern helfen     Es geht darum, jeder
                   kann man auch, wenn man sich ein gutes Lernvideo         kann, die bisher wenig Zugang zu Bildung hatten,       Schülerin und jedem
                   vor dem Unterricht ansieht. Dann ließe sich diese        helfen kann, zeigt das Beispiel von Khadija Nia-
                   20/80-Teilung in ein 80/20-Verhältnis umdrehen.          zi: Mit zwölf Jahren absolvierte das Mädchen aus
                                                                                                                                   Schüler das Richtige und
                   Die Lehrer/innen würden sich im Klassenzimmer            dem pakistanischen Lahore einen Einführungskurs        nicht allen das Gleiche zu
                   überwiegend um ihre Schüler/innen kümmern,               in künstliche Intelligenz an der Stanford Universi-    bieten.
                   sie individuell beim Lernen und ihrer persönlichen       ty – kostenfrei über das Internet. 2013 sprach sie
                   Entwicklung begleiten. Die Erklärung von Standard-       auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos über die
                   wissen überließen sie öfter anderen Medien wie           Möglichkeiten, die digitales Lernen Schüler/innen
                   Lernvideos oder einer Software – das sogenannte          weltweit eröffnet – vorausgesetzt, sie haben einen
                   Flipped-Classroom-Konzept.                               Computer, schnelles Internet und viel Durchhalte-
                       Abseits von wenigen Pilotschulen werden di-          vermögen. Richtig genutzt ermöglichen digitale
                   gitale Mittel in deutschen Klassenzimmern bisher         Werkzeuge einen Unterricht, der jeder/jedem das
                   kaum genutzt. Das Gefühl der Dringlichkeit fehlt.        Richtige und nicht allen das Gleiche bietet – egal
                   Die Lehrer/innen kämpfen zwar mit mangelnder             ob in Lahore, New York oder in Frankfurt, egal ob
                   Disziplin und Konzentration der Schüler/innen, mit       Mathe-Genie oder mit Deutsch-Förderbedarf. Eine
                   großen und immer heterogeneren Klassen, mit In-          Lehrerin, die Lernsoftware einsetzt, bringt es auf
                   klusion, Personalmangel und schlechter Betreuung;        den Punkt: »Seitdem ich digitale Medien nutze,
                   sie klagen über zeitfressende Verwaltungsaufgaben        muss ich nicht mehr Standardwissen vermitteln,
                   und wünschen sich mehr Raum für individuelle För-        sondern kann Kinder unterrichten.« Die Digitalisie-
                   derung. Doch die Erkenntnis, dass digitales Lernen       rung gibt allen Beteiligten mehr Zeit fürs Wesentli-
                   keine zusätzliche Belastung, sondern ein Teil der        che – ein Allheilmittel ist sie nicht.
                   Lösung ist, hat sich noch nicht durchgesetzt.                Natürlich können siebenminütige Lernvideos
                       Diese Zurückhaltung ist keine angemessene            keine Persönlichkeitsbildung ersetzen und Com-
                   Antwort auf die Herausforderungen. Schon heute           putertechnik nicht die Bindung zwischen Lehrer/-
                   funktionieren Kommunikation, alltäglicher Wis-           innen und Schüler/innen. Was sie jedoch können:
                   senserwerb und Arbeit nicht mehr ohne Smart-             Freiräume genau dafür schaffen.
DIGITALISIERUNG IN DER BILDUNG IT- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK IN KLASSENZIMMER UND HÖRSAAL - NUMMER 104 | NOVEMBER 2017 - OEAD-GMBH
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                                                                        Martin Bauer

                                             Der digitale Mehrwert in der
                                             Schule 4.0
                                                                       »Schule 4.0« ist ein ganzheitliches Konzept, das die
                                                                       gesamte Schullaufbahn umfasst.

                                                    Mag. Martin Bauer, MSc             Die Welt, in der wir leben, die Art, wie wir arbeiten,   ministerin Sonja Hammerschmid anlässlich der
                                                   ist Leiter der Abteilung II/8       unsere Freizeit gestalten, miteinander kommuni-          Vorstellung der OECD-Digitalisierungsstudie am
                                                 (IT-Didaktik und Medien) im           zieren und uns informieren, ändern sich rasant.          20. Juli 2017.
                                              Bundesministerium für Bildung.           Neue Technologien überholen sich innerhalb kür-               »Schule 4.0« ist ein ganzheitliches Konzept,
                                                                                       zester Zeit. Welche Innovationen bereits in zehn         das die gesamte Schullaufbahn umfasst − von der
                                                                                       Jahren Teil unseres Alltags sind, ist heute kaum ab-     Volksschule bis zur Reife- und Diplomprüfung. Mit
                                                                                       zuschätzen. Wie bereiten wir uns als Gesellschaft        der Umsetzung der Strategie erhalten die Schüler/-
                                                                                       darauf vor? Welche Fähigkeiten, welches Wissen           innen in Österreich digitale Grundbildung und
                                                                                       erfordert die Arbeitswelt von morgen?                    lernen, sich kritisch mit digitalen Inhalten ausein-
                                                                                           Eines steht fest: Die Zukunft ist digital. Um sie    anderzusetzen. Pädagog/innen werden außerdem
                                                                                       mitgestalten zu können, sind nicht nur Innovation        in digitalen Kompetenzen weitergebildet und der
                                                                                       und Kreativität wichtig, sondern auch technisches        Aufbau von Netzwerk-Infrastruktur und IT-Aus-
                                                                                       Know-how. Aufgabe der Schule ist es, unseren Kin-        stattung wird gefördert – Stichwort Breitbandof-
                                                                                       dern und Jugendlichen das nötige Werkzeug in die         fensive und Laptops/Tablets für Österreichs Schü-
                                                                                       Hand zu geben, um auf die zukünftigen Entwick-           ler/innen. Die vierte Säule im »Schule 4.0«-Konzept
                                                                                       lungen und Herausforderungen vorbereitet zu sein.        sind digitale Lerntools, die über eine Eduthek kos-
                                                                                           »Unser gemeinsames Ziel ist es, die digitale         tenfrei und einfach zugänglich gemacht werden.
                                                                                       Kluft zu schließen und allen Menschen die Chan-               Mit der Digitalisierungsstrategie »Schule 4.0
                                                     Informatik und digitale Bildung   ce zu geben, an der Digitalisierung teilzunehmen         – jetzt wird's digital« legt das Bundesministerium
                                                  sind in der NMSi Feuerbachstraße
                                                                 besonders wichtig.
                                                                                       – unabhängig vom Geldbörsel«, so Bildungs-               für Bildung ein umfassendes Konzept vor, das die
                                                                                                                                                gesamte Schullaufbahn umfasst. Mit der Umset-
                                                                                                                                                zung der Strategie erwerben alle Schüler/innen
                                                                                                                                                in Österreich digitale Kompetenzen und lernen,
                                                                                                                                                sich kritisch mit digitalen Inhalten auseinanderzu-
                                                                                                                                                setzen. Dabei geht es um ein breites Portfolio an
                                                                                                                                                Kompetenzen: von Medienkompetenz und kriti-
                                                                                                                                                schen Umgang mit Informationen und Daten über
                                                                                                                                                Sicherheit im Netz bis hin zu Wissen über Technik,
                                                                                                                                                Coding und Problemlösung.

                                                                                                                                                Vermittlung digitaler und informatischer
© BKA - Bundespressedienst | Regina Aigner

                                                                                                                                                Kompetenzen

                                                                                                                                                Im Rahmen der digitalen Grundbildung werden
                                                                                                                                                Schüler/innen alle notwendigen Kompetenzen
                                                                                                                                                vermittelt, um Technologien bewusst, produktiv
                                                                                                                                                und reflektiert für die eigene Weiterentwicklung
                                                                                                                                                einzusetzen oder in entsprechenden zukunfts-
                                                                                                                                                trächtigen Berufsfeldern Fuß zu fassen. Hierbei
                                                                                                                                                ergänzen einander digitale Kompetenz, Medien-
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© BKA – Bundespressedienst | Regina Aigner
                                                                                                                                                              Digitalisierung in der Bildung

                                                                                                                                                        Bundesministerin Sonja
                                                                                                                                                        Hammerschmid besucht die
                                                                                                                                                        NMSi (Neue Mittelschule mit
                                                                                                                                                        Schwerpunkt Informatik)
                                                                                                                                                        Feuerbachstraße in Wien 2.

                                             kompetenz sowie informatische Kompetenzen. In        tenzüberprüfungen (digi.check 8) zur Selbstüber-
                                             der Sekundarstufe 1 wird die verbindliche Übung      prüfung für Schüler/innen sowie zur Überprü-
                                             »Digitale Grundbildung« eingeführt. 178 Schulen      fung der Lehrzielerreichung geplant. Dazu gibt
                                             pilotieren das neue Fach im Schuljahr 2017/18, ab    es ergänzend Angebote von Unterrichtsmaterial
                                             2018/19 erfolgt die flächendeckende Umsetzung        (Schulbuch) und Beispielsammlungen (OER) so-
                                             an allen NMS und AHS-Unterstufen.                    wie von Fortbildungen für Pädagog/innen (PHen,
                                             Überblick über geplante Lehrinhalte:                 Virtuelle PH) und von virtuellen Online-Lehrveran-
                                             ÆÆ Gesellschaftliche Aspekte von Medien-             staltungen (MOOCs).
                                                  wandel und Digitalisierung
                                                  Digitalisierung im Alltag, Chancen und          Digitale Schulentwicklung unter dem Dach
                                                  Grenzen der Digitalisierung, geschichtliche     von eEducation Austria
                                                  Entwicklung, Gesundheit und Wohlbefinden
                                             ÆÆ Informations-, Daten- und Medien-                 Die Schule-4.0-Initiative »eEducation Austria«        Mit der Umsetzung der
                                                  kompetenz                                       des Bundesministeriums für Bildung verfolgt das       Strategie erwerben alle
                                                  Suchen und finden, vergleichen und              Ziel, digitale und informatische Kompetenzen für      Schüler/innen in Öster-
                                                  bewerten, organisieren, teilen                  Schüler/innen und Lehrer/innen in alle Klassen-
                                             ÆÆ Office-Anwendungen                                zimmer Österreichs zu tragen.
                                                                                                                                                        reich digitale Kompe-
                                                  Grundlagen des Betriebssystems, Textverar-          Schulen, die sich der Wichtigkeit des Themas      tenzen und lernen, sich
                                                  beitung, Präsentationssoftware, Tabellen-       aktiv annehmen wollen, den Unterricht sowie den       kritisch mit digitalen
                                                  kalkulation                                     Schulstandort »digi-fit« zu machen, sind herzlich     Inhalten auseinander-
                                             ÆÆ Mediengestaltung                                  eingeladen, Mitglied von »eEducation Austria«         zusetzen.
                                                  Digitale Medien rezipieren, produzieren und     zu werden. Im Schuljahr 2016/17 hat sich das
                                                  Inhalte weiterentwickeln                        eEducation-Netzwerk auf über 1.600 teilnehmen-
                                             ÆÆ Digitale Kommunikation und Social Media           de Schulen erweitert. Lehrende benachbarter Ex-
                                                  Interagieren und kommunizieren, an der          pertSchulen sowie Mitarbeiter/innen des Bundes-
                                                  Gesellschaft teilhaben, digitale Identitäten    zentrums »eEducation Austria« an der PH OÖ und
                                                  gestalten, zusammenarbeiten                     Bundeslandbetreuer/innen begleiten mit Fortbil-
                                             ÆÆ Sicherheit                                        dungsmaßnahmen, individueller Entwicklungs-
                                                  Geräte und Inhalte, persönliche Daten und       beratung und passenden Materialien den digitalen
                                                  Privatsphäre schützen                           Schulentwicklungsprozess.
                                             ÆÆ Technische Problemlösung                              Im Mittelpunkt der Aktivitäten von »eEduca-
                                                  Technische Bedürfnisse und entsprechende        tion Austria« steht der didaktisch sinnvolle Ein-
                                                  Möglichkeiten identifizieren, digitale Geräte   satz digitaler Medien – mit Maß und Ziel – in allen
                                                  nutzen, technische Probleme lösen               Gegenständen sowie die Steigerung der digitalen
                                             ÆÆ Computational Thinking                            und informatischen Kompetenzen von Schüler/-
                                                  Mit Algorithmen arbeiten, einfache Pro-         innen. Es geht um Einsatzszenarien, die einen
                                                  gramme erstellen, kreative Nutzung von          Mehrwert für das Lernen und Lehren generieren         Weitere Informationen:
                                                  Programmiersprachen                             bzw. die Schüler/innen darauf vorbereiten, digi-      www.bmb.gv.at/schulen/schule40
                                             Als begleitende Maßnahmen zur Umsetzung der          tale Technologien am Arbeitsplatz kompetent zu        www.eEducation.at
                                             verbindlichen Übung sind mehrstufige Kompe-          benutzen.                                             www.digikomp.at
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                         Alexander Kohler

Digitale Kompetenzen in der
hochschulischen Lehre
                         2017 wurde der »Ars Docendi – Staatspreis für exzellente
                         Lehre« erstmals in der Kategorie »Digitale Lehre« vergeben.

            Mag. Alexander Kohler      Die Zukunftsfähigkeit unserer Bildungssysteme         als Referenzrahmen in der Lehrer/innenbildung
         ist Mitarbeiter im Bundes-    wird maßgeblich durch die Chancen mitbestimmt,        (z. B. Norwegen, Spanien). Zur Sichtbarmachung
     ministerium für Wissenschaft,     welche die digitalen Medien in der Lehre und der      digitaler Kompetenzen wurde außerdem der
     Forschung und Wirtschaft und      Forschung eröffnen, ebenso wie dem nachhaltigen       europäische Lebenslauf Europass um die genann-
     dort dort koordinierend für die   Erwerb digitaler Kompetenzen. Im Bewusstsein          ten Kategorien ergänzt. In ihrer Mitteilung sieht
        PädagogInnenbildung NEU        um diese Herausforderungen wird auf hochschul-        die Kommission zudem Nachholbedarf bei der
      und Leistungsvereinbarungen      politischer Ebene ebenso wie seitens der einzelnen    Nutzung offener Bildungsressourcen (Open
                          zuständig.   Hochschulen in Europa eine Vielzahl von Strategi-     Educational Resources, OER) und stellt Unterstüt-
                                       en und Maßnahmen umgesetzt.                           zung in Form eines Digitial-Readiness-Modells für
                                           Die Europäische Kommission weist in ihrer         Hochschulen und eines digitalen Schwerpunkts in
                                       jüngsten Mitteilung über eine europäische Moder-      Erasmus+ Studierendenpraktika in Aussicht.
                                       nisierungsagenda für die Hochschulbildung (Mai            Viele europäische Staaten haben bereits na-
                                       2017) auf ein Missverhältnis zwischen erforderli-     tionale Strategien und Initiativen entwickelt. In
                                       chen und vorhandenen Kompetenzen im Bereich           Deutschland begleitet beispielsweise das »Hoch-
                                       der Digitalisierung hin. Studierende sollten, unge-   schulforum Digitalisierung« die Hochschulen bei
                                       achtet ihrer Fachdisziplin, über hohe digitale Kom-   der Strategieentwicklung und -umsetzung, unter-
                                       petenzen verfügen. Um solche Kompetenzen zu           stützt die Kompetenzentwicklung von Lehrenden
                                       beschreiben und zu bewerten, wurde auf europä-        und erarbeitete Empfehlungen u. a. zur Curricu-
                                       ischer Ebene ein »Digital Competence Framework        lumsentwicklung im Kontext der digitalen Lehre.
                                       for Citizens«1 entwickelt, das fünf Kompetenzfel-     Handreichungen und Qualifizierungsangebote wer-
                                       der (information and data literacy, communica-        den auch in den Erasmus+ Projekten »D-Transform«
                                       tion and collaboration, digital content creation,     und »Effect« entwickelt und angeboten.
                                       safety, problem solving) unterscheidet. Der Kom-          Mit dem Forum Neue Medien (fnm) verfügen
                                       petenzrahmen findet bereits Einsatz in nationalen     die österreichischen Hochschulen über eine Inter-
                                       Bildungssystemen2, etwa für die Kompetenzbeur-        essensvertretung und ein Netzwerk, in dem Infor-
                                       teilung und -zertifizierung (z. B. Frankreich) oder   mations- und Erfahrungsaustausch unterstützt

                                       1 http://publications.jrc.ec.europa.eu/reposito-
                                       ry/bitstream/JRC106281/web-digcomp2.1pdf_
                                       (online).pdf
                                       2 http://ec.europa.eu/social/BlobServlet?docId=
                                       15688&langId=en

                                              Die Preisträger/innen des »Ars
                                                                                                                                                 © BMWFW/Martin Lusser

                                        Docendi − Staatspreis für exzellente
                                       Lehre an den öffentlichen Universitä-
                                         ten Österreichs« 2017. Die feierliche
                                       Preisverleihung fand am 26. Juni 2017
Weitere Informationen:                       in der Aula der Wissenschaften
www.fnm-austria.at                                              in Wien statt.
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                                                                                                                        Migration − Integration − Bildung

               MMag.a Dagmar Archan ist seit 2007 an der
       FH Campus 02 als Fremdsprachenkoordinatorin und
           Lektorin tätig. Ihre Lehrveranstaltung »Technical

                                                                                                                                                            © FH Campus 02 | Daniel Gossmann
 English I« wurde mit dem ersten Lehrpreis der FH Campus
02 zum inhaltlichen Schwerpunkt »Moderne Technologien
sinnvoll einsetzen – Lernergebnisse verbessern« sowie dem
     Ars Docendi in der Kategorie »Digitale Lehr- und Lern-
                 elemente in Verbindung mit traditionellen
                       Vermittlungsformen« ausgezeichnet.

und Projekte finanziell gefördert werden. Das fnm              einandersetzen können, die für sie relevant sind.       »Digitalisierung ist
hat ein mehrstufiges Verfahren zur Zertifizierung              Die Online-Phasen unterstützen mich außerdem            längst Realität, in der die
von Hochschullehrenden und Hochschulen beim                    bei meinem Bestreben, individuelles Feedback zu
                                                                                                                       Hochschulen mit vielen
Einsatz von OER entwickelt, das ab 2018 operativ               geben, zum Beispiel durch Screencasts. Nicht zu-
umgesetzt wird.                                                letzt versuche ich auch in den Präsenzeinheiten         Einzelinitiativen ange-
    Im Juli 2017 wurde der Ars Docendi – Staats-               die Studierenden z. B. durch Online-Quizzes aus         kommen sind. Doch sind
preis für exzellente Lehre in der Kategorie »Digi-             der Reserve zu locken. Insgesamt ist es wohl der        die Hochschulen heute
tale Lehre« an Dagmar Archan (Fachhochschule                   Mix aus gut aufbereitetem Präsenzunterricht und         noch ›digital immig-
Campus 02, Graz) verliehen, die mit dem Lehr-                  didaktisch sinnvollem Einsatz digitaler Medien, der     rants‹. Wir müssen alles
projekt »Technical English« traditionelle Lehrfor-             den Unterricht für Studierende und Lehrende span-
                                                                                                                       daran setzen, dass sie für
men mit digitalen Methoden auf höchst gewinn-                  nend macht.
bringende Weise verbindet und das Inverted Class-                                                                      die kommenden Studie-
room Konzept ideal umsetzt. Anerkennungspreise                 oead.news: Bietet der Mix aus digitaler und Präsenz-    renden-Generationen zu
in dieser Kategorie erhielten Stefan Oppl von der              lehre tatsächlich mehr Flexibilität für Studierende?    ›digital natives‹ werden.«
Universität Linz und Gregor Reautschnig von der                Gibt es einen Mehrwert für Studierende, die Hochschu-   Sektionschef Elmar Pichl,
FH Campus 02, Graz. Viele weitere Beispiele finden             le und die Lehrenden?                                   BMWFW
sich auf der Webseite www.gutelehre.at.                        Dagmar Archan: Vor allem berufsbegleitend Stu-
    Dem Einsatz digitaler Technologien und Kultur-             dierende schätzen die Möglichkeit ortsunabhän-
techniken an den österreichischen Universitäten                gigen und individualisierten Lernens; allerdings
misst das BMWFW im Rahmen der kommenden                        werden die E-Learning-Phasen subjektiv oft als
Leistungsvereinbarungsperiode 2019–2021 große                  Mehraufwand empfunden. Hier gilt es, Aufklä-
Bedeutung bei. Daher werden die Universitäten                  rungsarbeit zu leisten. Für die Hochschule selbst ist
dazu aufgefordert sein, eigene Digitalisierungs-               die Planung von Kursen mit geringem Präsenzanteil
strategien für Lehre, Forschung und Verwaltung zu              aus organisatorischer Sicht einfacher. Was die Lek-
entwickeln bzw. weiterzuentwickeln.                            tor/innen betrifft, so gilt, dass Onlinephasen meist
                                                               nicht weniger, sondern tendenziell mehr Aufwand
oead.news im Gespräch mit Dagmar Archan,                       bedeuten, schließlich ist eine gute Vorbereitung
Preisträgerin des Ars Docendi für »Digitale Lehre«             und nicht zuletzt die Betreuung der Studierenden
                                                               sehr zeitintensiv, aber auch durchaus lohnend.
oead.news: Frau Archan, Sie haben in der Kategorie
»Digitale Lehr- und Lernelemente in Verbindung mit             oead.news: Kann Ihr Lehrkonzept auch für andere
traditionellen Vermittlungsformen« für Ihr Blended-            Disziplinen angewendet werden? Wo sehen Sie Mög-
Learning-Konzept den Staatspreis Ars Docendi 2017              lichkeiten und Grenzen?
gewonnen. Herzlichen Glückwunsch! Wie dürfen wir               Dagmar Archan: Regelmäßiges Lernen in kleinen
uns Ihre Lehre vorstellen?                                     Dosen ist besonders im Sprachunterricht sinnvoll.
Dagmar Archan: Vielen Dank! Es ist mir ein Anlie-              Ich bin der Meinung, dass mein Konzept des Inver-
gen, das Interesse der Studierenden für mein Fach              ted Classrooms natürlich auch in anderen Fächern
zu wecken und einen Bezug zwischen den Lehr-                   eingesetzt werden kann, allerdings müssen jene
inhalten und den Lebenswelten der Studierenden                 Inhalte, die von den Studierenden selbst erarbeitet
herzustellen. Der Einsatz von authentischen, on-               werden, sorgsam gewählt werden und die Unter-
line verfügbaren Materialien erleichtert dies, weil            stützung des Lektors/der Lektorin in den E-Lear-
die Studierenden sich mit Themenbereichen aus-                 ning-Phasen muss gewährleistet sein.
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                         Julie Anderson | Elena Tegovska

A renewed EU agenda for higher
education in the digital age
                         How can we help higher education institutions, their staff and
                         students to implement digital learning strategies.

             Elena Tegovska and        On 30 May the European Commission published an               novation to a sector where pedagogical training
                    Julie Anderson     education package1, which contains actions span-             has traditionally been less valued than research
          are currently working as     ning from early childhood education and care to              output in academics' career development. In some
   Policy Officers in the European     higher education.                                            cases digitalisation has spurred higher education
 Commission's Higher Education             In higher education, this consists of a renewed          institutions to develop specific training for staff
unit in DG Education and Culture.      EU agenda for higher education2, which sets out              delivering courses online, while in others it is hap-
                                       our strategic agenda for the coming years around             pening alongside the mainstream pedagogical trai-
   Elena previously worked for the     four priorities and contains 20 follow-up actions to         ning. Through Erasmus+ we will provide support
 international relations office of a   support higher education systems and institutions            for higher education teachers, doctoral candidates
        Brussels-based university.     in reforming their higher education systems.                 and postdoctoral graduates to develop pedagogi-
                                           Those priorities are:                                    cal and curriculum design skills, including in digital
  Julie worked for the Irish Depart-   ÆÆ Tackling future skills mismatches and promo-              learning.
      ment of Education and Skills,         ting excellence in skills development;                      Moreover, in cooperation with the Joint Re-
    most recently as the Education     ÆÆ Building inclusive and connected higher edu-              search Centre, we are developing and testing a
  and Skills Attaché in the Perma-          cation systems;                                         digital readiness model to help higher education
 nent Representation of Ireland to     ÆÆ Ensuring higher education institutions contri-            institutions, their staff and students implement
the EU, in which role she was Chair         bute to innovation; and                                 digital learning strategies and exploit the potential
 of the EU's Education Committee       ÆÆ Supporting effective and efficient higher                 of technology. Work on this model, building on a
     during the Irish EU Presidency         education systems.                                      model first developed by the European Institute of
     and led the negotiations with     Digitalisation is a multifaceted issue that is rele-         Innovation and Technology (EIT), will commence
 the European Parliament and the       vant to all of the four key priorities and triggers          at the beginning of 2018.
        Commission on Erasmus+.        several actions.                                                 Second, achieving academic excellence and
                                           The main objective is to address the challenge           allowing most students to benefit from an inter-
                                       of digital transformation of education in the wider          national experience cannot be reached without
                                       context of societal and economic change facing               a digital transformation. This means digitalising
                                       education systems in the digital age. In this respect        the entire mobility cycle by transferring cumber-
                                       the future of learning is going to be digital, with          some and paper-based workflows into more re-
                                       collaborative learning between students and focu-            source efficient processes. In the framework of the
                                       sing on data systems that are interoperable.                 Erasmus+ programme this translates into having
                                           So, what are we doing to support higher educa-           the management processes of Erasmus+ mobility
                                       tion institutions in this area?                              digitalised – from student selection to recogniti-
                                           First, supporting teaching staff in their own            on and diploma supplement. And this cannot be
                                       competence development is vital. The Internet,               made from one day to another. We need all actors
                                       mobile devices and other technologies are chan-              on board: higher education institutions, Erasmus+
                                       ging both how higher education is delivered and              National Agencies, student organisations and IT
                                       how students participate in it. This is bringing in-         companies. Erasmus+ is currently supporting se-
                                                                                                    veral projects such as Erasmus without Papers3,
                                       1 http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-1401_en.htm
                                       2 https://ec.europa.eu/education/sites/education/files/he-
                                       com-2017-247_en.pdf                                          3 www.erasmuswithoutpaper.eu/
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© Pixabay

            Online learning agreements4 and the European                         groups of students, teachers and professi-            The future of learning
            Student Card5, all going in this direction.                          onals to collaborate and interact with one            is going to be digital.
                The launch of the Erasmus+ Mobile App6 in                        another on specific topics and engage with
            2017, designed for students, vocational learners                     resources in work groups.
            and participants in youth exchanges, is a first step            ÆÆ For providing a space where SMEs could
            to making their Erasmus+ experience easier. It al-                   submit their projects and universities/groups
            lows Erasmus+ participants to easily track their                     of students from various disciplines and coun-
            progress in the different administrative steps, share                tries could apply for working on them (using
            and vote for their preferred tips to help others inte-               the virtual classroom) – or vice versa.
            grate into the local community and improve their                ÆÆ For teachers to exchange best practices in
            language skills via a direct link to the Erasmus+ On-                innovative pedagogies.
            line Linguistic Support platform.                               A call for proposals for a pilot project in this area is
                Digital tools also offer great potential for im-            part of the 2018 work programme.
            proving access to higher education by under-repre-
            sented groups and providing personalised, flexible              Boosting blended learning
            learning paths. However, to date this social inclusi-           (mix of short period abroad with virtual mobility):
            on potential has not yet been met, with more peo-
            ple who already have degrees engaging in digital                ÆÆ For better preparing students before they
            learning than people without. The European Com-                      go on mobility (with intercultural classes,
            mission will promote the development and testing                     exchanges with alumni to demystify the fears
            of flexible and modular course design, with the                      before going abroad), for a better monitoring
            objective of improving inclusion, permeability and                   during the mobility and to keep a sustainable
            flexibility within our higher education systems.                     cooperation after the mobility.
                Last but not least, in the framework of dis-                ÆÆ Or as a complement to a study programme
            cussions on the future Erasmus+ programme, the                       allowing students to follow part of the course
            digitalisation topic is very high on the agenda. Dif-                online before, during or after his/her physi-
            ferent options are currently being discussed:                        cal mobility of a short period (less than two
                                                                                 months). This could also be organised as part
            Providing support for a Europe-wide online                           of a project with partners abroad, or as part
            learning hub                                                         of a project on enhancing the worked-based
                                                                                 learning by making students work on specific
            ÆÆ For setting up of virtual classrooms as spaces                    projects proposed by enterprises.
               where universities/companies/research cen-                   If you are you interested in sharing your ideas
               tres from different countries could organise                 about this (or other) topics regarding the future
               joint virtual interactive classrooms, allowing               of Erasmus+, join the Erasmus+ generation online
                                                                            meeting point7 and take part in the ongoing dis-
                                                                            cussions to shape the new programme!
            4 https://learning-agreement.eu/start/
            5 http://europeanstudentcard.eu/fr/
            6 https://ec.europa.eu/programmes/erasmus-plus/video-gallery/
            introducing-erasmus-app_en                                      7 https://app.wetipp.com/erasmusplusgeneration/wall/
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