Energie nutzen mit Köpfchen
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Newsletter des Bundesamts für Energie BFE Nummer 4 | Juli 2014 Energie und Verhalten Energie nutzen mit Köpfchen Interview Psychologe Tobias Brosch über die Macht der Gewohnheit, wenn es ums Energiesparen geht Forschung und Innovation Höhere Energiepreise kurbeln die Innovation an 165188_energeia_4_df.indd 1 26.06.14 14:48
Im Urlaub, Abschalten! Gönnen Sie Ihren elektronischen Geräten auch eine Pause. Schalten Sie diese komplett aus oder ziehen Sie den Stecker! Damit vermeiden Sie unnötige Standby-Verluste. Wenn alle Schweizer Haushalte während des Urlaubs ihre Geräte ab- schalten, entspricht die eingesparte Energie dem Jahresverbrauch von ca. 15‘000 Haushalten. Mehr Info auf energieschweiz.ch In Zusammenarbeit mit 165188_energeia_4_df.indd 2 26.06.14 14:49
Editorial Veränderung beginnt im Kopf Editorial 1 4-Liter-Autos, Null- oder Plusenergiehäuser, A+++-Kühlschränke, die Interview noch einen Drittel der Energie verbrauchen, wie ähnliche Geräte vor Tobias Brosch über die psychologischen Faktoren, zehn Jahren – der technische Fortschritt in Richtung Effizienz geht die das Energiesparen begünstigen und erschweren 2 rasant vorwärts. Über viele neue und bessere Energietechnologien Windenergie konnten Sie sich als Leserin, Leser von energeia bereits informieren Eine Befragung unter Anwohnenden zeigt, wie die lassen. Mit der vorliegenden Ausgabe tauchen wir in eine Welt ab, die Akzeptanz gegenüber Windkraftanlagen gefördert sich mit einer anderen Dimension des Wandels beschäftigt: derjenigen werden kann 4 des Individuums und der Gesellschaft. Suffizienz Wenn Effizienz und Konsistenz an die Grenzen kommen 6 Sie mögen sich jetzt fragen, was das mit Energie zu tun hat. Sehr viel. Tip p s u n d Tr ick s Unser Umgang mit Energie ist keine rein technische Angelegenheit. Die Macht der Gewohnheit überwinden 7 Wir lassen uns dabei von unserem sozialen Umfeld, dem bestehenden Verbote vs. Gebote Know-how oder den strukturellen Rahmenbedingungen genauso be- Was bringt mehr fürs Energiesparen? 8 einflussen wie von der Technik. Nicht von ungefähr kommt der Aus- spruch, dass Veränderung im Kopf beginnt. Wer etwas ändern will, Energiebewusst leben Wie Familie Wehrli-Meyer mit 4600 Watt muss auch sich selbst, seine Gewohnheiten, seine Werte hinterfragen pro Kopf lebt 10 und ändern wollen. Das neu ins Leben gerufene Energie-Kompetenz- News aus Boston zentrum CREST (Competence Center for Research in Energy, Society Letzte Vorbereitungen für die and Transition) beschäftigt sich unter anderem mit dem Aktionsfeld «Swiss – US Energy Innovation Days» 11 Verhalten. Es versucht zu ergründen, wann, wie und warum ein Mensch Forschung und Innovation Energie nutzt, wie dieses Verhalten beeinflusst werden kann und wel- Höhere Energiepreise kurbeln die Innovation an 12 che Hemmnisse es abzubauen gilt (Interview, Seite 2). Dass ein weni- ger energieintensives Leben nicht zwingend mit Verzicht verbunden Wissen Wie funktioniert LED? 14 sein muss, lassen wir Familie Wehrli-Meyer erzählen (Seite 10), die mit etwas mehr als der Hälfte der Energie eines aktuellen Durchschnitts- Kurz gemeldet 15 haushalts auskommt. Und schliesslich öffnen wir die Trick-Kiste (Seite Aus der Redaktion 17 11): Psychologen geben Tipps, wie der Energiekonsum im Alltag beein- flusst und nachhaltig verändert werden kann. Probieren Sie es doch einfach mal aus. Sabine Hirsbrunner, energeia-Redaktion Impressum energeia – Newsletter des Bundesamts für Energie BFE Erscheint 6-mal jährlich in deutscher und französischer Ausgabe. Copyright by Swiss Federal Office of Energy SFOE, Berne. Alle Rechte vorbehalten. Postanschrift: Bundesamt für Energie BFE, 3003 Bern Tel. 031 322 56 11 Fax 031 323 25 00 energeia@bfe.admin.ch Chefredaktion: Sabine Hirsbrunner (his), Angela Brunner (bra), Marianne Zünd (zum) Redaktion: Fabien Lüthi (luf), Philipp Renggli (rep), Benedikt Vogel (vob) Grafisches Konzept und Gestaltung: raschle & kranz, Bern; www.raschlekranz.ch Internet: www.bfe.admin.ch/energeia Informations- und Beratungsplattform: www.energieschweiz.ch Quellen des Bildmaterials Titelbild: Bundesamt für Energie BFE; S. 2: Bundesamt für Energie BFE; S. 4 – 5: Bundesamt für Energie BFE; S. 6 – 7: Shutterstock;S. 8 – 9: ETH Zürich; S. 10: Ursula Meisser; S. 11: Swissnex, Boston; S. 12 – 13: Shutterstock; S. 14: raschle & kranz, Bern; S. 15: Hochschule Luzern; S. 16: EnergieSchweiz; Bundesamt für Energie BFE; S. 17: Shutterstock. 1 165188_energeia_4_df.indd 1 26.06.14 14:49
Interview «Wir werden nützliche Ratschläge für die Politik geben können» Tobias Brosch erforscht, wie psychologische Faktoren dazu beitragen können, dass wir mehr Energie sparen. Herr Brosch, warum fällt es uns so schwer, Energiesparen sei nicht wichtig. Auch Ge- die Person in der jeweiligen Situation zu be- Energie zu sparen? wohnheiten haben viel Gewicht: Wer gerne trachten, wie wir Psychologen immer sagen. Oft liegt es an der Macht der Gewohnheit oder jeden Morgen lang und heiss duscht, wird das Eine Studie aus den USA zeigt beispielsweise, fehlenden Informationen darüber, was man meist nur schwer ändern; selbst wenn er er- dass linke Wähler eher Sparlampen mit ei- tun kann. Manchmal mangelt es aber auch am fährt, wie viel Energie er dabei verschwendet. nem Ökoauf kleber kaufen, während rechts- Interesse. Hinzu kommen sozio-ökonomische orientierte Wähler in der gleichen Situation Faktoren. Etwa wenn das Geld fehlt, um effizi- Warum? eher zurückhaltend reagieren. Allerdings ente Geräte anzuschaffen. Unter Umständen Ein Grund könnte der Diskontierungseffekt würden sie die gleiche Lampe ohne den Auf- komplizieren auch technische Barrieren das sein: Bei einer Entscheidung gewichtet man kleber kaufen. Energiesparen. «Wir haben ein psychologisches Modell entwickelt, das Verhalten Welche psychologischen Faktoren sind dabei besonders wichtig? besser vorhersagen kann.» Zahlreiche psychologische Phänomene kön- nen einen Entscheid beeinflussen. Je nach gewöhnlich den aktuellen Nutzen stärker als Welche Schlüsse ziehen Sie daraus? Wertesystem, Bewusstsein für den Klima- den künftigen Benefit. Das heisst, man will Durch Informationskampagnen kann man wandel und Vorwissen beispielsweise ist uns lieber heute profitieren als langfristig. das Bewusstsein für Energiethemen erhöhen, Energiesparen mehr oder weniger wichtig. grundlegende Wertvorstellungen hingegen Das Umfeld kann den Vorsatz, Energie zu spa- Was ist für den Entscheid ausschlaggebender nur schwer verändern. Man muss daher mög- ren, ebenfalls begünstigen bzw. erschweren. – psychologische Faktoren oder die Situation? lichst Situationen schaffen, die das Energie- Zum Beispiel wenn meine Freunde denken, Ein Faktor lässt sich nicht isolieren. Es gilt sparen bei der jeweiligen Person fördern. Bei 2 165188_energeia_4_df.indd 2 26.06.14 14:49
Geldschein vom Kinobesuch abhalten lassen. 3D-Brille tragen und in verschiedene Situa- Auch versucht der Mensch, jegliche Verluste tionen hineinversetzt werden, in denen sie möglichst zu vermeiden. Wer in einer Präsen- sich energiesparend verhalten können oder tation die potenziellen Gewinne statt der Ver- auch nicht. Zusätzlich zum Verhalten könn- luste betont, beeinflusst dadurch bereits den ten wir weitere Variablen wie zum Beispiel Entscheidungsprozess seines Gegenübers. Blickbewegung, physiologische Reaktionen Man spricht von einem Framing-Effekt. und Hirnaktivität messen, um die Prozesse besser zu verstehen, die solchen Entscheidun- Sind diese Effekte auf irrationale Emotionen gen zugrunde liegen. Nach einer Testphase zurückzuführen? im virtuellen Raum möchten wir potenzielle In den letzten zwanzig Jahren kam es zu einer Kunden eines Genfer Energieunternehmens Zur Person affektiven Revolution: Man hat erkannt, dass kontaktieren, um unser Modell in der Praxis Tobias Brosch ist Dozent für Psychologie an der Emotionen nicht zu unvernünftigen Entschei- zu validieren. Universität Genf und Bern. Er studierte Psycho- den führen. Im Gegenteil, Emotionen und logie an den Universitäten von Trier und Canter- Verstand arbeiten eng zusammen, damit wir Ihre Forschung ist Teil des neuen Energie- bury, und promovierte 2008 an der Universität rational entscheiden. Eine neurologische Kompetenzzentrums für Ökonomie, Um- Genf und der Universität Bern. Danach arbeitete Studie zeigte zum Beispiel, dass Hirngeschä- welt, Recht und Verhalten (SCCER CREST). er unter anderem an der New York University, digte in einem Glücksspiel länger auf die Weshalb? bevor er 2011 nach Genf zurückkehrte. falsche Karte setzten als gesunde Vergleichs- Unsere Stärke ist der interdisziplinäre Ansatz personen, da sie keine Emotionen verspürten. der affektiven Wissenschaften. Das Schöne Bei der Vergleichsgruppe stellte sich jedoch am CREST ist, dass auch hier verschiedene ein Lerneffekt ein: Dank ihrer Intuition trafen Ansätze zusammenfinden. Als Forscher dür- manchen zieht das Argument «tue Gutes für sie bald vorteilhaftere Entscheide. fen wir keine disziplinären Scheuklappen die Umwelt». Anderen muss man erklären, tragen und arbeiten deshalb eng mit Experten wie sich das Energiesparen Ende Monat auf Wieso? aus anderen Fachbereichen zusammen, etwa die Stromrechnung auswirkt. So kann man Emotionen liefern uns relevante Informatio- Soziologen, Ökonomen und Umweltwissen- unterschiedliche Gruppen gezielt ansprechen. nen, die über das materialistische hinausge- schaftlern. In zwei bis drei Jahren sollten die hen und unser Verhalten beeinflussen können, ersten Resultate vorliegen. Wie rational entscheiden wir uns dafür Ener- auch im Umweltbereich. Sieht man im Wald gie zu sparen? beispielsweise eine schwere Umweltver- Was erhoffen Sie sich davon? Kaum jemand hat Zeit, sämtliche Informati- schmutzung, die einen emotional aufwühlt, In unserem Forschungsprojekt liegt ein hohes onen zu verarbeiten, alle seine Präferenzen kann das zur Absicht führen, Greenpeace Anwendungspotenzial. Ich bin mir ziemlich zu prüfen und den grösstmöglichen Eigen- etwas zu spenden. Allerdings besteht oft ein sicher, dass wir aufgrund dieser Grundlagen nutzen zu kalkulieren. Sogenannte kognitive Graben zwischen der Absicht und der tatsäch- nützliche Ratschläge für Interventionsdesigns Heuristiken helfen uns, diesen Denkprozess lichen Aktion. Dies müssen wir besser verste- und die Politik geben können. Es wird uns je- abzukürzen. Dies führt möglichweise zu ei- hen lernen. doch nicht möglich sein, jede Entscheidung nem verzerrten Entscheid. Wegen der Anker- vorherzusehen. Dafür ist der Mensch zu kom- heuristik beispielsweise gewichten wir zuerst Woran forschen Sie im Energiebereich? plex. Aber unsere Forschungsergebnisse sol- erhaltene Informationen oft stärker, während Wir möchten einen globalen Überblick darü- len das freiwillige Energiesparen erleichtern wir weitere Informationen vernachlässigen. ber gewinnen, welche kognitiven und emotio- und Hindernisse abbauen helfen. Zudem bevorzugen wir in der Regel den Sta- nalen Faktoren Entscheidungen beeinflussen. tus Quo. So übernehmen wir oft einfach Stan- Hierfür haben wir ein psychologisches Modell Wie hoch schätzen Sie dieses Energie- dards, ohne alle Optionen abzuwägen. entwickelt, das Verhalten besser vorhersagen sparpotenzial? kann als herkömmliche Modelle. Dieses Mo- Gemäss der Akademie der Wissenschaften Welche Rolle spielt dabei Geld aus psycholo- dell möchten wir zunächst im Labor weiter- wäre es bis 2050 möglich, aufgrund von psy- gischer Sicht? entwickeln. Beispielsweise könnten wir mit chologischen und sozialen Faktoren zwischen Aufgrund unserer «mentalen Kontoführung» einer virtuellen Umgebung experimentieren, 0 und 30 Prozent Energie einzusparen. Mit reservieren wir häufig Geld für gewisse Tä- um zu testen, wer unter welchen Umständen dem CREST wollen wir sicherstellen, dass tigkeiten. Beispielsweise kaufen wir ein ver- Energie spart. dieser Anteil im oberen Bereich liegt. lorenes Kinoticket nicht nochmals, weil wir Interview: Angela Brunner das Geld dafür bereits investiert haben. Aber Wie müsste man sich dies vorstellen? wir würden uns nicht von einem verlorenen Die Testpersonen würden im Labor eine 3 165188_energeia_4_df.indd 3 26.06.14 14:49
Windenergie In der Schweiz gibt es heute 34 grosse Wind- Durch Information kraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 60 Megawatt. Die Anlagen haben im Jahr 2012 88 und Verständnis zu Gigawattstunden Strom produziert, das ent- spricht dem Jahresbedarf von knapp 25 000 mehr Akzeptanz Haushalten. Gemäss den Zielen der Energie- strategie 2050 des Bundes soll die Strom- produktion mit Windkraft in den nächsten Jahren weiter ausgebaut werden: bis 2020 auf 600 GWh und bis 2050 auf 4300 GWh. Wie es sich kürzlich in den Kantonen Neuenburg (Abstimmung am 18. Mai) und Aargau (von Gegnern geplantes Windkraftmoratorium) wieder zeigte, sind Windenergieprojekte aber kaum je unbestritten. Eine Studie hat nun erst- mals die Wirkungen von Windkraftanlagen auf Anwohnende in der Schweiz untersucht. Wie wirken Windenergieanlagen auf Men- schen, die in ihrer Nähe wohnen? Welche Faktoren beeinflussen Einstellung und Ver- halten gegenüber solchen Anlagen? Mit die- sen Fragestellungen setzten sich Forschende aus Deutschland und der Schweiz auseinan- der und befragten dazu 467 Personen in der Deutsch- und Westschweiz. Die Befragten wohnten maximal fünf Kilometer von einer Windkraftanlage entfernt, die mindestens 900 Kilowatt Leistung umfasst (mehr zur Untersuchungsmethode siehe Kasten). Forschende der Universitäten Halle-Wittenberg (D) Positive Grundhaltung und St. Gallen haben mit Unterstützung des Bundes- Die Ergebnisse der Studie lassen grundsätz- amts für Energie und des Bundesamts für Umwelt lich Hoffnung für zukünftige Windenergie- erstmals die Wirkungen von Windenergieanlagen auf projekte auf kommen. «Die Einstellung zur Windenergie und zu den Windkraftanlagen Anwohnerinnen und Anwohner in der Schweiz unter- vor Ort fiel deutlich positiv aus», erklärt Stu- sucht. Sie kommen zum Schluss, dass Anwohnende dienleiterin Gundula Hübner, Professorin für eher eine positive Einstellung gegenüber den Anlagen Psychologie an der Martin-Luther-Universität entwickeln, wenn sie sich bereits in der Planungs- Halle-Wittenberg und der Medical School Hamburg. 78 Prozent der Anwohnenden be- und Bauphase gut informiert und ernst genommen fürwortet die Anlagen vor Ort, eine Minder- fühlen. heit von sechs Prozent ist dagegen. Dass die Akzeptanz der Anwohnenden so hoch ist, führt Studienleiternin Hübner darauf zurück, dass die Vorteile der Windkraftanlagen stär- ker wahrgenommen wurden als die Nachteile. 4 165188_energeia_4_df.indd 4 26.06.14 14:49
? Wussten Sie, dass … Sicht erklären. «Für Anwohnende, die die An- den Anwohnenden im Auge zu haben», sagt … in der Schweiz 2012 pro Person rund 2,8 Millionen lagen sehen, sind sie stärker präsent, und es Hübner. Dazu empfiehlt sie, ein Monitoring Tonnen Siedlungsabfälle recycelt wurden? Dies ist daher schwerer, sich von den Anlagen ab- für die Menschen einzuführen, mit welchem entspricht ungefähr der Hälfte der gesamten Menge zulenken», sagt Hübner weiter. Rund ein Fünf- die Belästigung mit zunehmender Betriebs- an Siedlungsabfällen. tel der Befragten fühlte sich hinsichtlich des dauer eines Windparks beobachtet werden beeinträchtigten Landschaftsbilds belästigt, kann. Dies werde bereits erfolgreich für durch «Die vier grössten Vorteile sahen die Anwoh- jedoch nur 0,4 Prozent davon entwickelten Verkehrslärm belästigte Menschen angewen- nenden in der zeitgemässen Technik sowie ih- deswegen Stresssymptome. «Hervorzuheben det. (his) rem Beitrag zum Klimaschutz, zur Unabhän- ist aber, dass fast ausnahmslos ein negativer gigkeit von Stromimporten und zum Ausstieg Zusammenhang zwischen der Belastung wäh- aus der Kernkraft.» Bei den Nachteilen über- rend der Planungs- und Genehmigungsphase wog die Beeinträchtigung des Landschaftsbil- und der Belästigung bestand: je negativer die des sowie der Vögel und Fledermäuse. Dass Wahrnehmung der Planungsphase war, des- Windkraftanlagen (bestehend oder geplant) to stärker werden die Windenergieanlagen als trotzdem eine steife Brise entgegen bläst, hat belästigend erlebt», erklärt Hübner. Diesen damit zu tun, dass sich die Gegnerinnen und Zusammenhang erkannten die Forschenden Gegner vehementer und in grösserer Zahl auch bei der generellen Einstellung respektive mobilisieren als die Befürworterinnen und der Akzeptanz gegenüber den Anlagen. Befürworter. Von den sechs Prozent Wind- kraftgegnern setzt sich mehr als jeder Drit- Partizipation fördert positive Einstellung 614 Fragen zum Thema te aktiv gegen die bestehenden Anlagen ein, «Diese Erkenntnis ist nicht auf Windenergie Windkraftanlagen beispielsweise als Mitglied einer Vereinigung beschränkt», ist Hübner überzeugt. Egal, gegen Windenergie. Von den Befürwortenden welche Energieprojekte geplant würden, der Für die Befragung der 467 Anwohnenden der engagieren sich hingegen nur sechs Prozent frühzeitige und umfassende Einbezug der Be- Windkraftanlagen Gütsch, Entlebuch, Peucha- aktiv für Windenergie. troffenen schaffe in jedem Fall bessere Bedin- patte, St. Brais, Mont Crosin, Collonges und Mar- gungen für eine höhere Akzeptanz. Entspre- tigny wurde ein Fragebogen mit insgesamt 614 Geräusche führen am ehesten zu Stress chend lauten denn auch die Empfehlungen, Einzelfragen verwendet. Die Befragten waren im Um die Wirkung auf das Wohlbefinden zu welche die Forschenden aus den Befragungen Schnitt 52 Jahre alt und wohnten bereits seit 20 analysieren, wurden die Anwohnenden zu formulieren. «Bauphasen sollten so kurz wie Jahren an dem jeweiligen Ort. Die drei am stärks- fünf spezifischen Emissionen befragt: Hin- möglich gehalten und das lokale Gewerbe ten vertretenen Berufsgruppen waren Angestell- derniskennzeichnung, Schattenwurf, Dreh- sollte wo immer möglich in den Bau und die te (23 Prozent), Selbstständige (11 Prozent) und bewegung, Geräusche und Wirkung auf das Wartung eingebunden werden. Die finanzielle Landwirte (8 Prozent). Um die Wirkung der Anla- Landschaftsbild. 76 Prozent der Anwohnen- Beteiligung der lokalen Bevölkerung oder des gen auf die Anwohnenden bestimmen zu können, den fühlt sich von diesen Emissionen generell lokalen Versorgers sollte erleichtert werden», erhoben die Forschenden die allgemeine Einstel- gar nicht oder nur geringfügig belästigt; 18 sagt Hübner. Zudem sollten der Bevölkerung lung zu Windenergie (Sicherheit, Bedrohlichkeit, Prozent fühlen sich mittel bis sehr stark beläs- Partizipations- und Informationsmöglichkei- Wirtschaftlichkeit, etc.), die Wahrnehmung und tigt, sechs Prozent davon berichten von Symp- ten eingeräumt werden, mittels Infoveranstal- Belästigung spezifischer Emissionen (Hindernis- tomen wie Einschlafprobleme, die sich aus der tungen, Workshops, etc. Weiter empfiehlt die kennzeichnung, Geräusche, Schattenwurf etc.) Belästigung ergeben. Am ehesten ins Gewicht Studie, auch die technischen Möglichkeiten sowie wichtige weitere Variablen, die die Wir- fielen die Geräusche und die Beeinträchtigung zur Emissionsreduktion weiterzuentwickeln, kung der Anlagen auf Anwohnende verstärken des Landschaftsbildes. «Auffällig ist, dass fast um die positive Einstellung zu fördern. Um oder abschwächen (soziodemographische Merk- alle Anwohnenden, die sich durch die Geräu- dem Problem der Geräusche zu begegnen, male, psychische und körperliche Belastungen, sche belästigt fühlen, mit Sicht auf die Wind- arbeiten die Hersteller von Windenergiean- Reizempfindlichkeit, etc.). Der Abschlussbericht energieanlagen wohnen», erklärt Hübner. Dies lagen heute beispielsweise an der Gestaltung zur Studie kann unter www.bfe.admin.ch/wind- sei schon in anderen Studien festgestellt wor- der Rotorblattprofile. «Wichtig scheint uns energie > Ergebnisbericht Umfrage Windenergie den und lasse sich aus stress-psychologischer aber auch, die zukünftige Entwicklung bei 2012 heruntergeladen werden. 5 165188_energeia_4_df.indd 5 26.06.14 14:49
Suffizienz Wenn Effizienz und Konsistenz an Grenzen stossen Um unseren Ressourcenverbrauch effektiv zu vermindern, ist Suffizienz unumgänglich. Diese Erkenntnis setzt sich in der Wissenschaft, Forschung und Politik immer mehr durch. Suffizienz erfordert jedoch mehr als motivierte Individuen – politische und wirtschaftliche Lösungsansätze sind genauso gefragt. Verzicht, Askese – zwei Substantive, die heu- Mögliche Wege zu mehr Suffizienz Suffizienz bietet damit auch vielfältige Chan- te noch oft fälschlicherweise mit dem Begriff Mehr Suffizienz wird mit Veränderungen cen: Gemeinsam können Elemente eines Suffizienz gleichgesetzt werden. Dabei steht auf individueller, gesellschaftlicher und guten Lebens ausgehandelt und entdeckt Suffizienz – vom Lateinischen sufficere, ge- kultureller Ebene verbunden sein. Doch wie werden, welche ein rein materielles Wohl- nügen, ausreichend sein – für ein ressourcen- lassen sich diese Veränderungen anstossen? standsverständnis erweitern und zu einem sparendes Verhalten beim Konsum von Gütern Ein umweltpsychologisches Modell zeigt auf, nachhaltig verbesserten Wohlbefi nden bei- und Energie. Anders als die heute besser be- wie einzelne suffiziente Verhaltensweisen auf tragen können. Sichtbare Beispiele zeigen kannten Nachhaltigkeitsstrategien Effizienz individueller Ebene mittels verschiedener Ins- bereits heute exemplarisch auf, wie auch mit und Konsistenz zielt die Suffizienz auf einen trumente gefördert werden können. Gemäss geringerem Ressourcenverbrauch ein krea- Wandel ab und zwar nicht nur beim individu- diesem Modell müssen Menschen suffi ziente tives, anregendes und sinnstiftendes Leben ellen Verhalten, sondern auch auf kultureller, Handlungen durchführen wollen und aus- resp. Arbeiten erreicht werden kann (bspw.: politischer und wirtschaftlicher Ebene. Allein führen können. Aus dem Wollen und Können «Futurzwei – Stiftung Zukunfsfähigkeit», der technische Fortschritt, der ein verbes- ergibt sich schliesslich die Absicht, etwas zu www.futurzwei.org, «Denkwerk Zukunft», sertes Verhältnis von Input zu Output bringt tun. Entsprechend bestehen Instrumente und www.denkwerkzukunft.de). (Effizienz) und die Produktion von Gütern Massnahmen, noch umwelt- und naturverträglicher macht • welche die Motivation, also das «Wollen» Für eine aktive Suffizienzförderung sind in- (Konsistenz), reicht in Zukunft nicht aus, um stärken (z.B. gemeinsame Aktionen wie dividuelle Verhaltensänderungen und private Reduktionsziele zu erreichen, wie sie etwa das Gemeinschaftsgärten; Aufzeigen von kon- Initiativen wichtig, Politik und Wirtschaft Konzept der 2000-Watt-Gesellschaft beinhal- kreten Sparpotenzialen von Ressourcen- sind aber ebenso gefragt, um den Weg hin zu ten. Allerdings sind Effizienz und Konsistenz einsparungen), mehr Suffizienz mitzutragen. Dazu braucht aus heutiger Sicht genauso wenig verzichtbar • welche das «Können» durch Gelegenheiten es von der Politik verbindlich festgelegte wie die Suffizienz. unterstützen (z.B. attraktive und bezahl- Rahmenbedingungen, die Suffizienz in al- bare Wohnungen mit f lächensparenden len Lebensbereichen ermöglichen (Verkehr, Es gibt verschiedene Gründe, weshalb Suffi- Grundrissen; Car-Sharing-Angebote; guter Wohnen, Arbeiten, Ernährung etc.) und eine zienz auf dem Weg in eine ressourcenscho- ÖV-Anschluss) und durch die Stärkung von offene Diskussion, wie in unserem wachstums- nende Zukunft so wichtig ist. Einer ist der Fähigkeiten (z.B. Reparaturkurse; vegeta- orientierten Wirtschaftssystem der Ressour- sogenannte Rebound-Effekt, der dazu füh- rische Kochkurse) und cenverbrauch vermindert werden kann. (his). ren kann, dass eine erfolgreiche Effi zienz- • welche das Verhalten konkret anstossen und massnahme Mehrkonsum auslösen kann, unterstützen, also das «Tun» stärken (z.B. der einen Teil der erzielten Einsparungen individuelles Stromverbrauchsziel; regelmä- Ausgewählte Studien zum wieder auffrisst (siehe Rebound-Effekt ssiges Verhaltensfeedback). Thema Suffizienz energeia 3/14). Andererseits stösst auch die Artho J., Jenny A. & Karlegger A. (2012): Wissen- Konsistenz an Grenzen. Erneuerbare Energie Obwohl die Förderung einzelner Verhaltens- schaftsbeitrag. Energieforschung Stadt Zürich. und Rohstoffe sind nicht einfach unbegrenzt weisen auf individueller Ebene wichtig ist, Bericht Nr. 6, Forschungsprojekt FP-1.4. zu haben, was sich heute beispielsweise in ist sich die Forschung einig, dass der Weg zu Jenny A. (2014): Suffizienz auf individueller vermehrten Nutzungskonkurrenzen mani- Suffizienz breiter abgestützt sein muss. Suf- Ebene. Literaturanalyse zu FP-1.7. Energiefor- festiert (Energieanlagen vs. Landschafts- fizienz stellt den heutigen Lebensstil infrage, schung Stadt Zürich. Zwischenbericht Nr. 18, schutz, Biotreibstoffe vs. Nahrungsmittel). der sich an ständigem Wachstum orientiert, Forschungsprojekt FP-1.7. Zudem ist ein vollständiger Verzicht auf fos- fordert ein Nachdenken über die konsumo- Linz M. (2012): Weder Mangel noch Übermass: sile Energieträger (konsistente Produktion) rientierte Gesellschaft und plädiert für die Warum Suffizienz unentbehrlich ist. München: zurzeit noch Zukunftsmusik. Notwendigkeit eines kulturellen Wandels. Oekom Verlag. 6 165188_energeia_4_df.indd 6 26.06.14 14:49
Energiekonsum Psychologische Tipps und Tricks Kann die Psychologie unseren Energieverbrauch beeinflussen? Die Experten der «Initiative Psychologie im Umweltschutz» (IPU Schweiz) halten dies für möglich. In einem Workshop haben sie aufgezeigt, wie man seinen Energiekonsum verändern kann. Es gibt verschiedene Tipps und Tricks, um Planung wesentlich zur Motivation beiträgt. Tipp 4: Schikanen und weitere «Bremsen» im Alltag Energie zu sparen. Im Rahmen der Wer sich beispielsweise vorgenommen hat, an Auch die Einrichtung von «Schikanen» kann Nachhaltigkeitswoche der Universität Zürich einem Tag pro Woche mit dem Velo zur Arbeit zu einer Verhaltensänderung beitragen. und der ETH Zürich hat die IPU Schweiz im zu fahren, kann sich bereits am Vorabend vor- Wenn beispielsweise die Lifttüren so einge- März einige Vorschläge präsentiert. Eine bereiten. Damit wird die Motivation grösser, stellt werden, dass sie sich langsamer öff- Auswahl: mögliche Hindernisse können frühzeitig aus- nen, nimmt ein Teil der Benutzenden lieber geräumt und Alternativen vorgesehen werden die Treppe. Weshalb sollte man vor einer Türe Tipp 1: Planen (anderes Datum, Car-Sharing etc.), falls bei- warten, die sich langsam öffnet, wenn man zu Eine der vorgeschlagenen Techniken beruht spielsweise schlechtes Wetter das Vorhaben Fuss schneller ist? auf der Planung. Die Idee ist, dass eine gute gefährden sollte. Eine solide Planung hat damit den doppelten Vorteil, dass sie die Re- Tipp 5: Fördern einer bestimmten Form von alisierung der Ziele sicherstellt und die Moti- Feedback vation verstärkt. Auch Feedback kann einen grossen Einfluss auf den Energieverbrauch haben. Mit Unter- Tipp 2: Kleine Gesten, grosse Wirkung stützung seines Teams führte Professor Wes- Eine andere Technik besteht darin, sich von ley Schultz der «California State University»in der weit verbreiteten Idee loszusagen, dass San Marcos ein Experiment bei 290 Wohnun- die Handlungen einer einzelnen, eines ein- gen durch. Zunächst erfassten die Forschen- zelnen nichts bringen. Denn selbst wenn nur den die Daten der Stromzähler. Eine Woche Sie in Ihrem Umfeld etwas tun, gilt, dass jede später erfassten sie diese erneut und vergli- Bemühung etwas bewirken kann. Deshalb chen die Ergebnisse. Anschliessend vergaben empfehlen Forschende, eine Idee während sie an jeden Teilnehmer ein ihrem Verbrauch eines Monats zu testen, bevor sie nur wegen entsprechendes Smiley (zufrieden – unzu- des sozialen Drucks aufgegeben wird. Erst am frieden). Der Energieverbrauch sank danach Ende dieser Testperiode soll Bilanz gezogen deutlich, wie sich bei der dritten Datenerfas- werden. sung zeigte. Das einfache visuelle Feedback konnte so mit entsprechenden Empfehlungen Tipp 3: Erinnerungshilfen mit Post-its eine Verhaltensänderung bewirken. Man kann zudem Erinnerungshilfen an be- stimmten strategischen Orten im Haus plat- Das sind nur einige von vielen Beispielen wie zieren, beispielsweise an einer Bürotür, um im Alltag Energie gespart werden kann. Jede nicht zu vergessen, das Licht auszuschalten. und jeder kann eigene Techniken zur Ände- Sehr nützlich kann es auch sein, ein witziges rung seines Energieverbrauchs anwenden. Schild über der Recycling-Ecke anzubringen. (luf ) Auf diese Weise denkt man eher daran, sich energiesparend zu verhalten. Zeichnungen oder andere visuelle Hilfsmittel könnten ebenfalls Aufmerksamkeit wecken und zum Nachdenken anregen. Die Erfolgschancen sind noch grösser, wenn die Nutzenden selbst diese Gedächtnisstützen gestalten. 7 165188_energeia_4_df.indd 7 26.06.14 14:49
ETH-Forschung Alternativen zu Verboten und Geboten Der ETH-Professor Andreas Diekmann erforscht, wie sich Menschen im Energiebereich entscheiden. Kleine Dinge können dabei Grosses bewirken, ist er überzeugt. Unter welchen Umständen ist man bereit Diekmann bei einer Regelung nach dem Ver- machen, aktiv zu werden. «Manchmal sind es Energie zu sparen? Darauf zu vertrauen, dass ursacherprinzip: Wer am meisten Energie kleine Massnahmen, die beträchtliche Verhal- jeder freiwillig die Initiative ergreift, wäre konsumiert, soll entsprechend mehr dafür tensänderungen bewirken können.» naiv. Funktionieren mag dies in Fällen, in de- zahlen. «Die Idee des Emissionshandels ist nen der Aufwand für den Einzelnen gering ist, bestechend, weil Unternehmen Anreize ha- Andere als Massstab z.B. beim Recycling. Das individuelle Umwelt- ben, um energieeffizienter zu produzieren Eine weitere Studie plant das Forscherteam bewusstsein wird zudem unterstützt, wenn in und dafür in technologische Neuerungen zu zum Stromverbrauch als soziale Norm: Wie der Nähe Container für Flaschen oder Altpa- investieren. Allerdings ist der Marktpreis für verhalten sich Menschen, die ihren Stromver- pier stehen. Überwiegen hingegen Faktoren die zu handelnden Zertifikate meiner Mei- brauch täglich gespiegelt bekommen, etwa wie Bequemlichkeit, unterliegt das Umwelt- nung nach viel zu tief, um die gewünschte durch eine App? Gemäss einer Studie der bewusstsein. Beispielsweise bei Personen, Wirkung zu erzielen.» Der Grund sei, dass Universität Lausanne (Smart Metering, Bera- die selbst kurze Strecken in der Stadt mit dem den Industriebetrieben in Europa ein viel zu tung oder sozialer Vergleich: Was beeinflusst Auto zurücklegen. hoher Anteil an Zertifikaten zugeteilt wurde. den Elektrizitätsverbrauch?) verbrauchten Einen Teil vom Markt zu nehmen, wäre seiner Haushalte täglich rund 3,2 Prozent weniger Laut Andreas Diekmann, Soziologieprofes- Ansicht nach der wirkungsvollste Beitrag zur Strom als eine Kontrollgruppe, wenn sie ihren sor an der ETH Zürich, hängen derartige Ent- Reduktion von CO2-Emissionen. Stromverbrauch direkt an einer Smart-Meter- scheidungen von den situativen und individu- Anzeige ablesen konnten. Auch der Energie- ellen Rahmenbedingungen ab. «Aber es gibt Vorschriften für Energiestandards hält der konsum Dritter kann das eigene Verhalten keine allgemeine Regel dafür, welche ökono- ETH-Professor ebenfalls für sinnvoll. Unter beeinflussen, wie Studien aus den USA zei- mischen Anreize effektiver sind als andere.» anderem anhand der Energieetikette kann gen. Diekmann erwartet, dass sich Schwei- zerinnen und Schweizer ebenfalls daran ori- entieren, was ein gewöhnlicher Haushalt an «Wir brauchen mehr smarte Technologie und Strom verbraucht. Aufgrund dieses Vergleichs höhere Energiepreise.» würden sie ihren Konsum dann an die Norm angleichen. Gebote und Verbote können seiner Meinung sich der Kunde vor dem Kauf über die Ener- nach sinnvoll sein, um Sicherheitsanforderun- gieeffizienz informieren. Die eigentliche Ent- Ob bzw. wie gut symbolische Belohnungen gen und technische Standards zu gewährleis- scheidung überlässt man aber weiterhin ihm. funktionieren, möchte der Soziologe in ei- ten. In Extremsituationen kann die Regierung In Konflikt gerät der Kunde möglicherweise, nem Forschungsprojekt ausprobieren. In sogar gezwungen sein, zu drastischen Mitteln wenn er für die stromsparendste Waschma- Toronto hat er gesehen, dass Personen eine zu greifen. Während des zweiten Weltkriegs schine viel mehr Geld bezahlen muss als für symbolische Auszeichnung erhalten haben, beispielsweise legte die Schweiz Kontingente eine Maschine aus einer weniger energieeffi- wenn sie mehr Geld ausgeben, um Ökostrom für den Energieverbrauch fest. zienten Kategorie. Hohe Strompreise würden zu konsumieren. Eine entsprechende Plakette dann eher zum Stromsparen animieren. konnten die Leute im Garten aufstellen, wo sie Nachteile von Verboten für Nachbarn sichtbar war. Wenn möglich sollte man unnötige Verbote Standardoption ändern aber vermeiden, da sie laut Diekmann zwei Neben derartigen harten ökonomischen An- Mit Technik tricksen Nachteile mitbringen: «Sie scheren sich nicht reizen erforscht der ETH-Professor im Team, Solche weichen Anreize können laut Diek- um individuelle Bedürfnisse und motivieren wie weiche Anreize Entscheide im Energie- mann gewisse Einsparungen bewirken. nicht dazu, die Vorgaben zu übertreffen.» bereich beeinflussen können. In einer Stu- Blosse Appelle würden allerdings kaum etwas Eine Firma ist meist nicht mehr daran in- die beispielsweise möchte er untersuchen, bringen. Dagegen können oft einfache tech- teressiert, die gesetzlichen Grenzwerte zu ob mehr Kunden Ökostrom beziehen, wenn nische Lösungen weiterhelfen. Viele moderne übertreffen, selbst wenn weitere Einsparun- dies die voreingestellte Standardoption des Hotels setzen bereits auf eine Karte, die der gen mit geringem Aufwand realisierbar wä- Stromlieferanten wäre. Um diesen Strommix Gast beim Verlassen des Zimmers mitnimmt ren. Die stärksten Anreize entstehen gemäss zu ändern, müsste sich der Kunde die Mühe und somit automatisch alle Lichter löscht. 8 165188_energeia_4_df.indd 8 26.06.14 14:49
Ohne diese technische Kombination wür- den sich viele Hotelgäste nicht so umweltbe- wusst verhalten. «Wir brauchen mehr smarte Technologie und höhere Energiepreise», sagt Diekmann. Erst ein Anstieg der Benzinpreise vor einigen Jahren hätte etwa in den USA dem Verkauf von kleinen, energiesparenden Autos mehr Schub verliehen. Doch die Ereignisse in Fukushima haben sei- ner Meinung nach nicht zu einem veränderten Energiekonsum beim Individuum geführt. Die Katastrophe hat aber in einigen Ländern eine politische Energiewende bewirkt. «Seien wir ehrlich: Viele Leute machen weiterhin das, was ihnen Spass macht und was sie sich leisten können, z.B. in die Karibik reisen oder Auto fahren und dann für ein gutes Gewissen ein paar Flaschen recyceln.» Hier setzt Diekmann seine Grundlagenforschung an, um heraus- zufinden, unter welchen Bedingungen Men- schen möglichst energieeffizient leben. (bra) Zu welchem Typ Energiekonsument* gehören Sie? Idealistischer Energiekonsument Haushälterischer Energiekonsument Komfortorientierter Energiekonsument Aus Überzeugung zeigen Sie in allen Bereichen ein Sie engagieren sich stark fürs Energiesparen, solan- Dass Sie Energie sparen, ist eher unwahrscheinlich. ausgeprägtes energiefreundliches Verhalten. Dafür ge Ihnen dies keine finanziellen Nachteile bringt. Sie glauben nicht, dass der wachsende Energiekon- nehmen Sie auch gerne finanzielle Aufwände und Politische Massnahmen, die einen finanziellen sum ein gesellschaftliches Problem darstellt. Daher Einschränkungen in Bezug auf Ihre Bequemlichkeit Mehraufwand bedeuten, lehnen Sie ab. Sie verspü- fühlen Sie sich auch nicht dafür verantwortlich. Ihr auf sich. Sie sind sich der Konsequenzen Ihres Han- ren zudem einen gewissen gesellschaftlichen Druck, persönlicher Komfort ist Ihnen wichtiger als das delns bewusst und glauben daran, positive Änderun- Energie zu sparen. Energiesparen. gen bewirken zu können. Materialistischer Energiekonsument Problembewusster, genussorientierter Inkonsequenter Energiekonsument Sie zeigen nur wenig energiefreundliches Verhalten. Energiekonsument Sie sind sich der Energieproblematik bewusst und Vor allem im Bereich Mobilität und Lebensmittel ist Sie sind nicht sehr gewillt, energiefreundliches Ver- bereit, entsprechende Opfer zu bringen. Diese Über- es sehr tief ausgeprägt. Einzig im Haushaltbereich halten zu zeigen, da Sie keine Komforteinbussen hin- zeugungen setzen Sie im Alltag jedoch nicht überall ergreifen Sie Energieeffizienzmassnahmen, moti- nehmen möchten. Sie sind sich der Konsequenzen konsequent in Energiesparmassnahmen um. viert von finanziellen Überlegungen. eines hohen Energiekonsums bewusst, fühlen sich jedoch nicht dazu verpflichtet, unnötigen Energie- * B. Sütterlin, T. A. Brunner, M. Siegrist (2011): «Who puts the most energy into energy conservation? verbrauch zu vermeiden. Zudem glauben Sie, nur A segmentation of energy consumers based on energy-related behavioral characteristics.» beschränkt energiesparsam handeln zu können. 9 165188_energeia_4_df.indd 9 26.06.14 14:49
Energiebewusst leben Näher an der 2000-Watt-Gesellschaft Die Familie Wehrli-Meyer aus Zürich weiss, wie man im Alltag Energie sparen kann. Bereits heute konsumiert sie weniger Energie pro Kopf als der Schweizer Durchschnitt. Selbstdisziplin fördern Ihr Umfeld reagierte auf die Veränderungen und die energiesparende Lebensweise wohl- wollend, erzählt Katharina. Manchmal fi n- den es ihre Gäste allerdings eher kühl in der Wohnung. Ihr macht dies aber nichts aus. Im Gegenteil, komisch fände sie es, im Winter im T-Shirt dazusitzen. «Wir leben wunderbar und haben nicht das Gefühl, dass wir dauernd auf etwas verzichten müssen», sagt Katharina. Ihre engsten Freunde teilen diese Einstellung. Diese Werte möchten die Eltern auch ihren Kindern vermitteln. «Es braucht eine gewisse Selbstbeschränkung, z.B. bei der Mobilität – und viel Selbstdisziplin», sagt Thomas. Man könne nicht Wasser predigen und Wein trin- ken. Die Familie bezieht deshalb Ökostrom Von links nach rechts: Elena (6), Jonathan (11), Thomas Meyer (47), Katharina Wehrli (48). und betätigt jeweils den Kippschalter an den Stromleisten, damit ungenutzte Elektrogeräte keinen Strom verbrauchen. Katharina Wehrli löscht das Licht, sobald 8300 Watt pro Kopf. «Wir sind nicht 100 Pro- die Sonne wieder ins Wohnzimmer scheint. zent konsequent, aber vieles hat sich inzwi- «Manchmal vergesse ich dies», sagt Jonathan, Energie zu sparen liegt ihr am Herzen: «Im schen eingespielt», sagt Katharina. Auch bei der gerade aus der Schule nach Hause kommt. Rahmen meiner Möglichkeiten möchte ich der Ernährung achtet die Familie auf kurze Im Vergleich zu den meisten Schulkollegen so leben, dass ich der Welt Sorge tragen und Transportwege. Katharinas Mann, Thomas spart er dennoch viel Strom: Gamen tut er sie für unsere Kindern erhalten kann.» Die Meyer, besucht seit rund zehn Jahren an sei- maximal zwei Stunden pro Woche, ein Smart- Geschäftsführerin einer Online-Plattform nem arbeitsfreien Tag den Markt in Oerlikon, phone hat er nicht und auch Filme schaut er für nachhaltige Mode wohnt mit ihrer Fami- um Früchte, Gemüse und Fleisch aus der Regi- nur selten. Zudem fährt er lieber gemütlich lie mitten in Zürich in einer Altbauwohnung. on für die ganze Woche einzukaufen. Erbsen, mit dem Velo, Zug oder Tram anstatt mit Diese ist von ihrem Arbeitsort in wenigen Mi- Bohnen, Gurken, Tomaten und Himbeeren dem Auto. Einwände hat er nur, wenn seine nuten erreichbar, sei es zu Fuss, mit dem Velo züchtet er in seinem Schrebergarten. Freunde in Übersee Urlaub machen, während oder mit dem Tram. Auf ein eigenes Auto ver- er nicht aus Europa rauskommt: «Das Flug- zichtet die Familie bewusst. Als Katharina in Umweltbewusst reisen zeug startet ja sowieso, ob nun eine Familie jungen Jahren noch einen Töff besass, fuhr sie «Thomas ist extrem gut organisiert», sagt mehr oder weniger drinsitzt.» Doch er weiss damit selbst kurze Strecken. Wenn man kein Katharina. Es macht ihm Spass, ohne Auto bereits, was seine Mutter in solchen Situatio- eigenes Fahrzeug hat, gewöhne man sich aber und Flugzeug spannende Ferienreisen für nen zu entgegnen pflegt: «Wenn dies alle sa- rasch ans Gegenteil. seine Familie zu organisieren. Die Familie ist gen würden ….» Wie selbstverständlich löscht bereits durch halb Europa gereist. «Man sollte der Zehnjährige daher das Licht, wenn er als Eingespieltes Team keine Angst vor derartigen Herausforderun- letzter den Raum verlässt. (bra) Die Familie Wehrli-Meyer befi ndet sich auf gen haben», sagt Thomas. «Es ist mehr mach- gutem Weg zur 2000-Watt-Gesellschaft. Mit bar, als man denkt.» Früher reiste Katharina 4635 Watt pro Kopf liegt der Energiekonsum viel bedenkenloser, doch nun liegt ihr letzter weit unter dem Schnitt der Schweiz von rund Langstreckenflug über zwanzig Jahre zurück. 10 165188_energeia_4_df.indd 10 26.06.14 14:49
News aus Boston Gut vorbereitet für «Swiss-US Energy Innovation Days» BFE-Direktor Walter Steinmann hat swissnex Boston besucht und im Rahmen seines Aufenthalts an über 25 Besuchen, Treffen und Gesprächen teilgenommen. Anlässlich seines Besuch im April in Boston hat Dieser Rückbau beinhaltet verschiedene He- Watt-d’Or-Ausstellung und der «Swiss-US BFE-Direktor Walter Steinmann quasi als «Vor- rausforderungen hinsichtlich der Sicherheit, Energy Innovation Days» dar. Erste Kontakte premiere» Technologien des «Massachusetts der Finanzierung und der Entsorgung der mit den Akteuren des Energiebereichs in Mas- Institute of Technology» (MIT) begutachten radioaktiven Abfälle. Zahlreiche Länder, sachusetts wurden geknüpft. Ab dem 11. Juli dürfen. Dabei bot sich ihm auch die Gelegen- darunter auch die Schweiz, werden sich in den wird eine Auswahl von Schweizer Projekten, heit, sich mit Forschenden des Instituts auszu- kommenden zehn Jahren in einer ähnlichen die mit dem «Watt d’Or» des Bundesamts für tauschen. Die Universität Harvard lud ihn zu- Situation befinden. Diskussionen und ein Energie ausgezeichnet wurden, während zwei dem ein, vor den Studierenden und Mitgliedern Erfahrungsaustausch sind deshalb wesent- Monaten in der «Northeastern University» der «Kennedy School»-Fakultät ein Seminar lich. Die Rückbaupioniere sehen in ihrer ausgestellt. Die Ausstellung wird im Beisein über die schweizerische Energiepolitik durch- Tätigkeit gar ein neues Geschäftsfeld. von Bundesrätin Doris Leuthard eröffnet. zuführen. Während seines Besuchs sprach Insgesamt werden über 70 Vertreterinnen und Walter Steinmann auch mit Vertretern des Obwohl mehrere Kernkraftwerke stillgelegt Vertreter aus der Schweizer Energiebranche in Staats Massachusetts sowie der Städte Boston werden, sind bestimmte Studienabgänger den USA erwartet. Neben Besuchen in Har- und Cambridge, um Bereiche einer möglichen nicht von einem baldigen Ende der Kern- vard und im MIT sowie des «Innovation Eco- Zusammenarbeit zu definieren. energie überzeugt. Die Startups UPower und system» von Massachusetts stehen Gespräche TransatomicPower versuchen gar, mit ihren mit den wichtigsten Entscheidungsträgern der Bei einem Abstecher in den Nachbarstaat direkt aus dem MIT stammenden Technolo- Bostoner Politik auf dem Programm. Am 11. Vermont besuchte der BFE-Direktor ein gien zur Optimierung der Flüssigsalzreak- Juli findet das «Swiss-US Energy Innovation»- Kern kraftwerk, das sich seit Kurzem in der toren sowie der Mikroreaktoren die Branche Seminar statt, an dem die energetischen He- Rückbauphase befindet. Infolge der massi- umzuwälzen. rausforderungen der beiden Länder in den ven Schiefergasförderung in den USA wird Bereichen Forschung, Technologietransfer, das seit 1972 betriebene Kernkraftwerk Ver- «Swiss-US Energy Innovation Days» in Boston öffentliche Politik und Markt verglichen wer- mont Yankee aus wirtschaftlichen Gründen Diese Besuche von Walter Steinmann stellen den. (Arnaud Pincet und Kevin Baltus, Energie- bis Ende 2014 ausser Betrieb genommen. eine wichtige Etappe bei der Vorbereitung der projekt-Verantwortliche, swissnex Boston) Von links nach rechts: Mark Sylvia, Kommissar für Energie; Alicia Barton, Direktorin des Mass Clean Energy Center; Richard Sullivan, Staatssekretär für Energie von Massachusetts; Walter Steinmann, BFE-Direktor; Felix Moesner, Konsul, CEO von swissnex Boston; Arnaud Pincet und Kevin Baltus, Energieprojekt-Verantwortliche, swissnex Boston. 11 165188_energeia_4_df.indd 11 26.06.14 14:49
Forschung und Innovation Energiepreise fördern grüne Innovationen Bereits zehn Prozent höhere Energiepreise führen über wenige Jahre zu einer höheren Zahl grüner Patente, sagt eine KOF-Studie. Höhere Energiepreise haben auch ihr Gutes: Sie wirken als Katalysator für grüne Innovationen. Das belegt eine Untersuchung der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich. An der Spitze bei den grünen Patenten steht eine Branche, die landläufig nicht gerade ein grünes Image hat: die Maschinenindustrie. Innovation ist ein grosses Wort für einen Doris Leuthard 2010 den ‹Masterplan Clean- berücksichtigten, dass die untersuchten Bran- Prozess aus kleinen, schrittweisen Verbesse- tech› anstiess. chen jeweils einen branchenspezifischen Mix rungen. Solche Verbesserungen stellen einen aus Energieträgern verwenden; dies erlaubte Wissensvorsprung dar, den sich Firmen oft Wieweit die Politik grüne Innovationen för- es ihnen, einen branchenspezifischen Energie- mit Patenten absichern. Ein Teil der Patente dern kann und soll, ist umstritten. Umstritten preis zu berechnen. Dieser Preis wurde dann sind ‹grün›. Sie erstrecken sich auf Umwelt- ist auch, welche Einflussgrössen überhaupt mit der Zahl der in der jeweiligen Branche ver- technologien, die einen effizienteren Einsatz für das Entstehen grüner Innovationen in der zeichneten Patentanmeldungen in Beziehung von Energie ermöglichen oder die natürlichen Industrie verantwortlich sind. Hier schafft gesetzt. Dabei zeigte sich: Steigende Energie- Ressourcen schonen. Etwa das Patent eines nun die KOF Konjunkturforschungsstelle der preise fördern ‹grüne› Innovationen, und zwar Lok-Herstellers, das die Rückgewinnung der ETH Zürich mit einer neuen Studie ein Stück im Durchschnitt aller Branchen in sämtlichen Bremsenergie erlaubt. Oder der von einem Chemieunternehmen patentierte Prozess, «Über die Beeinflussung der Energiepreise lässt sich ein beachtenswerter Anteil der beim Färben von Textilien den Wasser- an Innovationen erzeugen.» verbrauch verringert. Die OECD-Defi nition für grüne Patente ist relativ breit und umfasst Martin Wörter, Co-Autor der Studie. nicht nur umweltfreundliche Technologien und Technologien zur Emissionsvermeidung, Klarheit. Die KOF-Forscher haben den Zusam- Staaten. Allerdings schlagen höhere Energie- sondern auch Technologien, welche die Wirk- menhang zwischen Energiepreisen und grü- preise in den Branchen unterschiedlich stark samkeit des umweltschonenden Recyclings nen Innovationen untersucht – und dabei eine auf die Zahl der grünen Patente durch. «Wir erhöhen. statistisch signifikante Korrelation zwischen wissen aus anderen Studien, dass beispiels- Preiserhöhungen und der Zahl grüner Patente weise die Effekte in der Autoindustrie über- «Beachtenswerter» Innovationseffekt gefunden. Nach Aussage der Wirtschaftsfor- durchschnittlich gross zu sein scheinen», wie Blickt man auf die Jahre 1978 bis 2009 zurück, scher führt «eine Erhöhung um 10 Prozent Co-Autor Martin Wörter ausführt. so hat die Schweizer Industrie in diesen 31 der durchschnittlichen Energiepreise über Jahren jährlich durchschnittlich gegen 4000 fünf Jahre zu einer um 2,7 Prozent höheren Die für die Schweiz so wichtige Maschinen- Patente von internationaler Relevanz (Erfin- Anzahl grüner Patente», hält die KOF-Studie industrie, die vermeintlich kein ausgeprägtes dungen) angemeldet. Gut jedes zwanzigste fest. Co-Autor Martin Wörter ergänzt: «Das grünes Image hat, reagiert auf Strompreiser- dieser Patente war ‹grün›. Die Schweiz, die ist ein interessantes Resultat, das zeigt, dass höhungen offenbar stärker mit Innovationen in internationalen Rankings oft unter den sich über die Beeinflussung der Energiepreise als andere Branchen. Die Untersuchung zeigt, innovativsten Ländern figuriert, war bei den ein beachtenswerter Anteil an Innovationen dass die Maschinenindustrie einen massgebli- grünen Patenten keineswegs immer top. erzeugen lässt.» chen Beitrag zu den grünen Erfindungen in Nimmt man den Anteil der grünen Patente der Schweiz leistet. Von allen grünen Paten- an den Gesamtpatenten, dann war die Inno- Maschinenindustrie ist grün ten, die in der Schweizer Industrie während vationsfähigkeit in den Umwelttechnologien Für die vom Forschungsprogramm Ener- des Untersuchungszeitraums angemeldet erheblichen Schwankungen unterworfen. In gie – Wirtschaft – Gesellschaft (EWG) des wurden, stammen die Hälfte aus der Maschi- den 1980er Jahren war die Schweiz im grünen Bundesamts für Energie (BFE) finanzierte nenindustrie. Das liegt zum einen daran, dass Bereich relativ innovativ. Mitte der 1990er Jah- Untersuchung haben die Autoren Patent- die Maschinenindustrie einen höheren Anteil re verlor das Land gegenüber anderen Staaten und Preisdaten von 18 OECD-Staaten aus gut von grünen gegenüber nicht-grünen Patenten aber an Boden. Ein wichtiger Grund, weshalb 30 Jahren ausgewertet, dies unterteilt nach hervorbringt als andere Branchen. Zum ande- die damalige Volkswirtschaftsministerin zehn Industriebranchen. Die Wissenschaftler ren kommen insgesamt sehr viele Patente aus 12 165188_energeia_4_df.indd 12 26.06.14 14:49
der Schweizer Maschinenindustrie, so dass sie Politik formulieren zu können, hätten näm- können als Beleg dafür gewertet werden, zwangsläufig auch einen wesentlichen Beitrag lich auch andere Massnahmen zur Innovati- dass Energiepreise als effektives Politikinst- zur absoluten Zahl grüner Patente liefert. onsförderung in die Untersuchung mit ein- rument zur Förderung der Innovationstätig- bezogen werden müssen. Gleichwohl hat die keit im Umweltbereich dienen können.» Die Warum die Maschinenindustrie bei den grü- Studie politische Implikationen, wie Wörter Autoren der Studie verweisen auf Staaten wie nen Patenten obenaus schwingt, kann damit einräumt: «Fest steht, dass die politisch ange- Deutschland und Dänemark, die bei staatli- erklärt werden, dass sie international auf- strebte Energiewende die Energiepreise nach chen Eingriffen weniger zimperlich sind als gestellt und sehr innovativ ist. Die Branche oben treiben wird. Unsere Studie zeigt, dass die Schweiz. Diese Länder hätten, so die KOF- verfügt über eine erhebliche Wissensbasis im diesen Kosten in einem hochentwickelten Studie, «eine bessere Performance im grünen nicht-grünen Bereich. Von hier sind positive Land wie der Schweiz auch ein Ertrag gegen- Bereich». (vob) Spillovers auf den grünen Bereich zu beob- übersteht, nämlich ein Zugewinn an Innova- achten. Die grünen Innovationen sind aber tion.» Der Schweizer Industrie biete sich die auch nachfragegetrieben, nämlich durch Chance, Schlüsseltechnologien zu besetzen umweltpolitische Regulierungen in anderen und als technologische Vorreiterin bei den Ländern. Schweizer Exportfirmen befriedigen ‹grünen› Technologien zu profitieren. diese Nachfrage dann mit grünen Produkten ? Wussten Sie, dass … und Prozessen. Ob eine Erhöhung der Energiepreise zur In- … der ökologische Fussabdruck in Schweiz über fünf novationsförderung genutzt werden soll, ist Hektaren pro Kopf beträgt? Der Fussabdruck misst den Kosten stehen Innovationsgewinn gegenüber letztlich ein politischer Entscheid. Die KOF- Verbrauch natürlicher Ressourcen und drückt in glo- Die Autoren der KOF-Studie betonen, ihre Un- Studie legt lediglich dar, dass die Energieprei- balen Hektaren die Fläche aus, die für die Produktion tersuchung sei keine Handlungsanleitung für se mit Hinblick auf dieses Ziel ein geeignetes dieser Ressourcen notwendig wäre. In Afrika beträgt die Politik. Um eine solche Empfehlung an die Mittel sein könnten: «Die erzielten Resultate er rund 1,4 Hektaren pro Kopf. 13 165188_energeia_4_df.indd 13 26.06.14 14:49
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