Erfolgreich mit älteren Mitarbeitern - Handlungsfelder, Praxistipps und bayerische Unternehmensbeispiele einer demografiefesten Personalpolitik ...
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Erfolgreich mit älteren Mitarbeitern Handlungsfelder, Praxistipps und bayerische Unternehmensbeispiele einer demografiefesten Personalpolitik Industrie- und Handelskammern in Bayern
V o r wo r t Vorwort D er demografische Wandel geht auch an Bayern nicht spurlos vorüber. Allerdings sind hier die prognosti- zierten alterstrukturellen Veränderungen nicht ganz so gravierend wie andernorts in Deutschland. Dennoch müssen sich Wirtschaft und Gesellschaft auch hierzulande den Antworten auf diese Frage gibt diese Broschüre. Sie zeigt Ihnen, was Sie in Ihrem Betrieb als Eigentümerin bzw. Eigentü- mer, als Managerin bzw. Manager mit Personalverantwortung oder als Sicherheitsfachkraft für alter(n)sgerechte Arbeitsbe- dingungen tun können und worauf Sie achten sollten. Dazu Aufgaben stellen, die mit einer älter werdenden Gesellschaft gibt die Broschüre einen Überblick über die wesentlichen verbunden sind. Handlungs- und Themenfelder des betrieblichen Generationen- Managements und liefert praxisorientierte Tipps, mit denen Sie Insbesondere die Unternehmen sind gefordert, personalpoli- Ihr Unternehmen demografiefest machen können. tische Strategien zur Bewältigung der demografischen Heraus- forderung zu entwickeln und umzusetzen. Schließlich müssen sie die wirtschaftlichen Herausforderungen schon bald mit deutlich älteren Belegschaften bewältigen und sich dabei auf deren Leistungsfähigkeit, Motivation und Kreativität verlassen. Damit verbunden ist die Frage, wie eine Arbeitswelt gestaltet sein muss, in der sich auch ältere Beschäftigte wohlfühlen, in der sie gesund, leistungsfähig und motiviert bleiben. Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Erich Greipl Peter Driessen Präsident, Bayerischer Industrie- und Hauptgeschäftsführer, Bayerischer Handelskammertag (BIHK) e. V. Industrie- und Handelskammertag (BIHK) e. V. 3
I n ha lt 3 Vorwort 6 Kapitel 1 Blick nach vorn Die demografische Entwicklung in Deutschland und Bayern 13 Kapitel 2 Ergrauende Belegschaften – (k)ein Problem? Alter und Arbeitsfähigkeit 17 Kapitel 3 Arbeitsfähigkeit erhalten, Wettbewerbsfähigkeit sichern! Die Handlungsfelder einer demografiefesten Unternehmensführung 21 Kapitel 4 Wissen, was los ist Werkzeuge einer demografiefesten Unternehmensführung 25 Kapitel 5 Interventionsfeld: Weiterbildung und Qualifikation 29 Kapitel 6 Interventionsfeld: Gesundheit 33 Kapitel 7 Interventionsfeld: Arbeitsorganisation und Arbeitsgestaltung 37 Kapitel 8 Interventionsfeld: Unternehmens- und Führungskultur 39 Fazit Anmerkung zum Gender-Aspekt Diese Broschüre bemüht sich um eine geschlechtergerechte Sprache. Dort, wo das nicht möglich ist oder die Lesbarkeit stark eingeschränkt würde, gelten die gewählten personenbezogenen Bezeichnungen für beide Geschlechter. 5
Blick nach vorn Die demografische Entwicklung in Deutschland und Bayern In Zukunft weniger Die künftige demografische Entwicklung Deutschlands ist So kann Oberbayern in den kommenden 20 Jahren als einziger schnell zusammengefasst: Schon bald werden hier weniger Regierungsbezirk in Bayern noch mit einer deutlichen Bevölke- Menschen leben, die im Durchschnitt älter sein werden. So hat rungszunahme (+6,5 %) rechnen. Die Regierungsbezirke Deutschland aktuell rund 82 Millionen Einwohner, im Jahre Niederbayern (-1,3 %), Schwaben (-0,9 %) und Mittelfranken 2031 werden es je nach Zuwanderung im ungünstigsten Fall (-1,4 %) werden eine relativ stabile Einwohnerentwicklung nur noch 77 Millionen sein. Verantwortlich für diese Schrump- haben und im Jahr 2031 – wenn die demografischen Trends der fung ist der stetige Rückgang der Geburtenzahlen und die Vergangenheit auch in den kommenden 20 Jahren fortbestehen Zunahme der Sterbefälle. Ebenfalls eindeutig sind die Modell- – einen Bevölkerungsbestand nur wenig unter dem heutigen rechnungen des Statistischen Bundesamtes hinsichtlich der Niveau vorweisen können. Weite Teile der Oberpfalz (-3,5 %) Zusammensetzung dieser schrumpfenden Bevölkerung nach – ausgenommen Stadt und Landkreis Regensburg – und Altersgruppen: Es wird weniger Kinder und mehr Ältere geben, besonders die Regierungsbezirke Unterfranken (-6,0 %) und die zudem länger leben werden. Oberfranken (-9,3 %) hingegen müssen sich auf merkliche Bevölkerungsverluste einstellen. (Quelle: Statistisches Landes- Anders stellt sich die Situation in Bayern dar. Hier wird die amt Bayern, 2012) Bevölkerung nach der aktuellen regionalisierten Bevölkerungs- vorausberechnung im Zeitraum von 2011 bis 2031 mit dann Demnach stehen insbesondere die Regierungsbezirke Oberfran- 12,61 Mio. Einwohnern nur leicht abnehmen. Das „Bergfest“ ken und Unterfranken vor einem starken Rückgang der der demografischen Entwicklung wird dabei bereits 2021 Bevölkerung, während Oberbayern weniger Probleme bekom- gefeiert: Bis zu diesem Jahr wird die bayerische Bevölkerung men wird. Dabei ist es nicht so, dass die Hauptursachen des vor sogar noch zunehmen, in den darauf folgenden Jahren geht’s rund 40 Jahren einsetzenden demografischen Wandels in dann langfristig leicht bergab. Wer näher hinschaut, stellt Oberbayern nicht vorhanden wären. Hier wie anderswo in allerdings fest, dass in Sachen Bevölkerungsentwicklung von Bayern und Deutschland sinken seit 1965 die Geburtenzahlen Bayern eigentlich nicht gesprochen werden kann – dazu sind kontinuierlich, seit 1972 übersteigt zudem die Sterbeziffer in die regionalen Unterschiede viel zu groß. Deutschland die Geburtenziffer. Dieser sogenannte demogra- 6
K apitel 1 | Blick nach vorn fische Übergang hätte schon seit Anfang der 1970er Jahre zu allein das Ergebnis der Zuwanderung. Diese wird allerdings einer Abnahme der Bevölkerung führen müssen. Dass dies in deutschlandweit die Abnahme der Bevölkerung nicht aufhal- Deutschland erstmals erst 1997 der Fall war, ist einzig und ten, sondern nur verzögern. Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, München [2012] 7
Im Durchschnitt älter Es wird in vielen Regierungsbezirken Bayerns nicht nur weniger Mit dem steigenden Durchschnittsalter der Gesamtbevölkerung Einwohner geben, diese werden im Durchschnitt auch älter sein. steigt selbstverständlich auch das durchschnittliche Alter der Während aktuell die mittleren Jahrgänge am stärksten besetzt Menschen, die 2030 im erwerbsfähigen Alter sein werden. Auch sind, wird im Jahre 2030 folglich die Altersgruppe 60plus den hier fällt die Prognose nicht schwer, dass schon bald die über größten Anteil mit einem Zuwachs von über 30 % stellen. Die 45-Jährigen den Hauptanteil bei den Belegschaften stellen mittleren und jüngeren Altersgruppen hingegen stehen deutlich werden, während die Jüngeren immer weniger werden. geschwächt dar. Das bedeutet auch, dass immer weniger Die folgenden Grafiken zeigen die wesentlichen demografischen Personen im erwerbsfähigen Alter von 20 bis 64 bzw. 66 Jahren Entwicklungen für die einzelnen bayerischen Regierungsbezirke. zur Verfügung stehen. Die Prognose ist naheliegend, dass einige Unternehmen künftig durchaus Probleme bekommen könnten, gut qualifiziertes Personal in ausreichender Zahl zu rekrutieren. Der Fachkräftemangel wird sich dadurch weiter verschärfen. Durchschnittsalter 2010 2030 50 48,7 Durchschnittsalter in Jahren 47,9 47,7 48 47,4 46,8 46,9 46,6 46 45,3 44,2 44 43,3 43,4 43,0 42,9 42,9 42,9 42,4 42 40 k k k irk irk k k rn zir zir zir ez ez zir zir ye s be n s be s be sb sb s be s be Ba g e g n g g g g n g un k un ke un en un un un er un n i er fran i er ran i er ank ier aben ier falz i er bay i er ayer g l g f g r g g g r g Re itte Re nter Re berf Re hw Re berp Re iede Re berb M U O Sc O N O Durchschnittsalter in Jahren; (Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, 2012) Jugendquotient 2010 2030 35 34,1 33 32,5 Jugendquotient* 31,9 31,7 31,4 31,3 30,8 30,9 31,0 31 30,2 29,6 29,9 29,5 29,3 29 29 28,5 27 irk irk irk k k irk k rn ez ez ez e zir e zir ez ez ir ye b b b sb sb b sb Ba gs en gs n gs g g gs n g un ank un nke un ken un n r un lz r un ayer un rn e r gi lfr e r gi fra e r gi ra n e r gi ab e e gi fa e gi rb g ier aye Re itte Re nter Re berf Re hw Re berp Re iede Re berb M U O Sc O N O * Jugendquotient: Anzahl 0-19-Jährige je 100 Personen im Alter von 20 bis 64 Jahren; (Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, 2012) 8
K apitel 1 | Blick nach vorn Altenquotient 2010 55,4 2030 56 52,4 51,1 49 49,7 49 47,3 46,6 Altenquotient* 40,6 42 34,5 33,2 35 32,7 32,6 31,9 30,9 31,4 30,7 28 irk irk irk k k irk k rn ez ez ez e zir e zir ez zir ye b b b sb sb b be Ba gs en gs n gs g g gs n g s un ank un nke un ken un un un ayer un rn e r gi lfr e r gi fra e r gi ra n g ier aben g ier falz e r gi rb g ier aye Re itte Re nter Re berf Re hw Re berp Re iede Re berb M U O Sc O N O * Altenquotient: Anzahl 65-Jährige oder Ältere je 100 Personen im Alter von 20 bis 64 Jahre ; (Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, 2012) Pra xisbericht – Über den Tag hinaus gedacht Über den Tag hinaus gedacht Branche: Nahrungsmittel Unternehmen: Andechser Molkerei Scheitz GmbH, Andechs Beschäftigte: ca. 180 Nachhaltige Produkte erfordern auch eine nachhaltige hervorragende Abschlussprüfungen von sich Reden. Personalstrategie: Die Andechser Molkerei Scheitz Qualifikation hat ohnehin einen hohen Stellenwert in bietet Jugendlichen vielfältige Ausbildungschancen dem oberbayerischen Unternehmen. Regelmäßig wird und fördert zugleich die Beschäftigung älterer der Schulungsbedarf ermittelt, Fortbildungen werden Arbeitnehmer. So ist das oberbayerische Traditionsun- unabhängig vom Alter und der Betriebszugehörigkeit ternehmen gut gerüstet für den demografischen angeboten. Auch bei langfristigen Karriereschritten wie Wandel. Meisterkursen unterstützt die Andechser Molkerei Scheitz ihre Beschäftigten, etwa durch Freistellungen. Wenn die Zahl der Schulabgänger kleiner und der Mangel an Fachkräften größer wird, kommt es darauf Auch für ältere Arbeitnehmer ist in der Andechser an, den Nachwuchs frühzeitig an ein Unternehmen zu Molkerei Scheitz ein Platz. Gute Arbeitsbedingungen binden. Die Andechser Molkerei Scheitz hat deshalb seit und eine ganze Reihe von Angeboten zur betrieblichen Jahren mehr als zehn Auszubildende im Unternehmen Gesundheitsförderung sichern die Beschäftigungsfähig- – bei 178 Beschäftigten eine beachtliche Quote. „Auf keit langfristig. Bei Neueinstellungen sind Leistungswil- die Förderung von Nachwuchskräften legen wir großen le und Kompetenz ausschlaggebend, nicht das Alter, Wert und sehen diese als wichtigen Baustein zur sodass auch über 50-Jährige eine reelle Chance auf erfolgreichen Unternehmensentwicklung. Für uns als einen Job haben. Für seine vorbildliche Personalpolitik mittelständisches Unternehmen der Milchwirtschaft ist wurde das Unternehmen im Rahmen des Wettbewerbs es elementar ein fundiertes Aus- und Fortbildungspro- „Unternehmen mit Weitblick“ ausgezeichnet. gramm für Mitarbeiter bieten zu können. Damit bleiben wir als Arbeitsgeber heute und in Zukunft attraktiv“, ist sich Geschäftsführerin Barbara Scheitz sicher. Ansprechpartnerin: Irmgard Strobl (Marketingleitung) Das Kalkül geht auf: Die Auszubildenden in den fünf Telefon: 08152 - 37 93 42 Ausbildungsberufen des Unternehmens machen durch E-Mail: irmgard.strobl@andechser-molkerei.de 9
Wie schnell ist nichts getan! Bayerische Unternehmen, die sich angesichts der vergleichs- weise stabilen Bevölkerungsperspektive bis zum Jahre 2030 entspannt zurücklehnen, könnten das schon bald bereuen. Denn der demografische Wandel ist auch in Bayern in vollem Gange, wenngleich er regional sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. So erscheint die „Boomregion“ Oberbayern zweifellos ein wenig abgekoppelt vom allgemeinen demografischen Trend, sowohl was Zuwachs als auch was die Entwicklung der Altersstruktur angeht. Allerdings „schönen“ die oberbaye- rischen Zahlen die Zahlen für Gesamtbayern, was Unternehmen außerhalb Oberbayerns in falscher Sicherheit wiegen könnte. In zahlreichen Regionen sieht es demografisch alles andere als gut aus! Aber auch Unternehmen in jenen Landkreisen, die dank Zuwan- derung hinsichtlich ihrer Bevölkerung wachsen oder zumindest nur gering schrumpfen, müssen in Sachen Demografiefestigkeit aktiv werden. Denn ob die „Zuagroasten“ z. B. die richtige Qualifikation bzw. Ausbildung im Reisegepäck haben, weiß Links & Literatur heute noch kein Mensch. Nicht vergessen werden sollte zudem, dass in allen Regierungsbezirken und nur mit Ausnahme einiger • Für Deutschland finden Sie Infos rund um die weniger Landkreise der Altersdurchschnitt der Bevölkerung und Bevölkerungsentwicklung auf den Seiten des damit auch der Belegschaften weiter steigen wird. So werden Statistischen Bundesamt Deutschland – für Produktion und Innovation in den Unternehmen immer www.destatis.de. mehr die über 50-Jährigen verantwortlich sein, während die Um diese einzusehen, müssen Sie nur auf der jüngeren Jahrgänge immer schwächer vertreten sein werden. Startseite links den Menüpunkt „Bevölkerung“ anklicken. Hier können Sie auch das Heft 1 der Insofern sind auch die bayerischen Unternehmen gut beraten, Reihe „Demographischer Wandel in Deutschland“ sich mit den Herausforderungen des demografischen Wandels herunterladen, dass den Titel „Bevölkerungs- und zu befassen. Es gilt einerseits so attraktive Arbeitsbedingungen Haushaltentwicklung im Bund und in den zu schaffen, dass ein Unternehmen im Wettbewerb um jüngere Ländern“ (2011) trägt. Interessant ist auch die Bewerber mithalten kann und auch künftig noch ausreichend Broschüre „Bevölkerung Deutschland bis 2060“, Personal rekrutieren kann. Und es geht andererseits darum, die die das Statistische Bundesamt anlässlich einer Arbeitsbedingungen so gut und ergonomisch zu gestalten, dass Pressekonferenz 2009 herausgegeben hat und die Mitarbeiter ihre Aufgaben bis zum Erreichen des gesetz- welche die Ergebnisse der 12. Koordinierten lichen Rentenalters auch tatsächlich erfüllen können. Wie das Bevölkerungsvorausberechnung verständlich gehen kann, davon handeln die nächsten Kapitel. zusammenfasst. • Für Bayern hat das Bayerische Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung alle relevanten Informationen zusammengestellt: www.statistik.bayern.de/statistik/ Wenn Sie auf der Startseite links oben den Menüpunkt „Statistik“ anklicken, gelangen Sie zum Portal „Demographischer Wandel“. Hier finden Sie alle Zahlen und Prognosen für Bayern, die Regierungsbezirke und Regionen, für die Landkreise und kreisfreien Städte sowie für die Gemeinden. 10
K apitel 1 | Blick nach vorn Pra xisbericht – Den K arrierestau umgehen Den Karrierestau umgehen Branche: Unterhaltungselektronik Unternehmen: Loewe Opta GmbH, Kronach Beschäftigte: ca. 1000 Veränderungen in der Alterstruktur von Unternehmen coachings, die in enger Zusammenarbeit mit der erschweren den Aufstieg – und blockieren Innovati- Universität Bamberg durchgeführt werden. onspotenziale. Die Loewe AG hat im Rahmen des EU-geförderten Projekts „Wertflex“ wirksame Daneben tut Loewe viel, um die Gesundheit der Alternativen gefunden. Mitarbeiter zu erhalten und zu fördern. So werden gemeinsam mit der AOK regelmäßig Check-ups Eine längere Lebensarbeitszeit und eine größere Zahl angeboten. Gemeinsam mit lokalen Sportvereinen und von Beschäftigten über 40 wirken sich unmittelbar auf Einrichtungen organisiert das Unternehmen unter- die Karrierechancen der Jüngeren im Unternehmen aus: schiedliche sportliche Aktivitäten. Damit das Sitzen Der Weg nach oben ist über Jahre hinaus blockiert. Bei nicht zur Last wird, gibt es Ausgleichsgymnastik am der Loewe AG verstärken die an sich gewünschten Arbeitsplatz. Nicht zuletzt kümmert sich Loewe auch flachen Hierarchien diesen Effekt. Für Loewe war es um die geistige Fitness der Beschäftigten und lässt deshalb wichtig, eine Umgehung für den Karrierestau zu derzeit wissenschaftlich untersuchen, inwieweit schaffen und der nachrückenden Generation neue Karri- bestimmte Trainingsformen auch zur Steigerung der erepfade zu ebnen. Ohne diesen „Bypass“ würde die kognitiven Leistungsfähigkeit beitragen können. Innovationsfähigkeit des Technologieunternehmens auf die Dauer leiden. Ansprechpartner: Neben der üblichen Führungslaufbahn mit ihren drei Werner Kotschenreuther Ebenen werden in dem oberfränkischen Unternehmen (Leiter Personal- und Sozialwesen) nun alternative Projekt- und Fachlaufbahnen angebo- Telefon: 09261 - 99-316 ten. Fach- und Führungskräfte haben dadurch die E-Mail: werner.kotschenreuther@loewe.de Möglichkeit, sich ihrer persönlichen Kompetenz und Neigung entsprechend kontinuierlich weiterzuentwi- ckeln. Unterstützt werden sie dabei durch Individual- 11
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K apitel 2 | Ergrauende Belegschaften – (k)ein Problem? Ergrauende Belegschaften – (k)ein Problem? Alter und Arbeitsfähigkeit Wettbewerbsfähig mit Älteren? In den nächsten Jahren stehen immer mehr Beschäftigte im längst wissenschaftlich widerlegt, wonach Altern generell und mittleren und höheren Alter immer weniger Jüngeren gegenü- schicksalhaft mit der Einbuße von Fähigkeiten auf allen Ebenen berstehen. Kann das funktionieren? Wie steht es um die verbunden ist. Zwar verliert der Mensch im Regelfall im Alter Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit in Bayern, wenn in den an Muskelkraft sowie an Schnelligkeit, ebenso lassen die kommenden Jahren immer mehr ältere Beschäftigte am Sinnesorgane Augen und Ohr in ihrer Leistungsfähigkeit nach. Computermonitor sitzen und an der Werkbank stehen? Werden Die Frage ist allerdings, ob diese Einschränkungen durch die diese dann tatsächlich – wie vom Gesetzgeber bereits be- gesammelten Erfahrungen nicht wettgemacht werden können, schlossen – bis zur Rente mit 67 arbeiten, wo doch heute zumal eine Brille, bessere Beleuchtung, ein Hörgerät oder schon viele ihren 60. Geburtstag nicht mehr am Arbeitsplatz Ähnliches in vielen Fällen die nachlassende körperliche erleben, sondern gesundheitsbedingt oder aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit kompensieren können. eigenen Lebensplanung früher in Renten gehen? Bleibt der Wirtschaftsstandort Bayern auch weiterhin wettbewerbsfähig, wo doch ältere Beschäftigte nach gängiger Meinung häufiger Ältere sind anders leistungsfähig krank, weniger belastbar und leistungsfähig sowie kaum Was in vielen Personalabteilungen oft noch unbekannt ist: lernfähig sind? Viele Fähigkeiten und Eigenschaften des Menschen bleiben vom Altersgang unberührt, andere reifen sogar erst im fortge- Eindeutig ja, vorausgesetzt die Unternehmen nehmen die schrittenen Alter. So haben nach Erkenntnissen der Bundesan- Herausforderungen der demografischen Entwicklung an und stalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) ältere richten den Blick verstärkt auf das Altersmanagement in ihren Beschäftigte vor allem die folgenden Stärken: Betrieben. Denn entgegen allen Vorurteilen ist die Annahme Urteilsfähigkeit Weisheit und Erfahrung Sorgfalt Kommunikationsfähigkeit Toleranz Arbeitsethik Motivation Loyalität, Verantwortung Stabilität komplexes Problemlösen Arbeitserfahrung gute Risikoeinschätzung 13
Personalverantwortliche mit Erfahrung im Umgang mit älteren Beschäftigten bestätigen diese wissenschaftlichen Erkenntnisse (Fußnote: Eigenschaften von Arbeitnehmern aus Sicht von Personalverantwortlichen – Jüngere und Ältere im Vergleich, Brussig 2005). Sie attestieren den „Silberrücken“ in ihren Be- legschaften mehr Erfahrungswissen und Arbeitsdisziplin, eine solide Einstellung zur Qualität, mehr Zuverlässigkeit und Loya- lität im Vergleich zu den jüngeren Kolleginnen und Kollegen. Diese wiederum können bei Kreativität, der Lernbereitschaft, der Lernfähigkeit, der Flexibilität und auch bei der körperlichen Belastbarkeit punkten. Insofern spricht vieles für altersge- mischte Belegschaften, in der sich die jeweiligen Stärken und Schwächen ergänzen und ausgleichen. Und tatsächlich belegen zahlreiche Studien, dass solche heterogenen Belegschaften häufig auch wirtschaftlich die erfolgreicheren sind. Warum Ältere oft alt aussehen Trotz dieser positiven Beurteilung erreichen nach wie vor viele Beschäftigte das gesetzliche Rentenalter nicht in Arbeit – sie sind vorzeitig verschlissen und scheiden häufig im besten Alter gesundheitsbedingt aus dem Erwerbsleben aus. Ursächlich verantwortlich dafür ist häufig weniger das Alter selbst, als vielmehr die Bedingungen, unter denen die Betroffenen jahr- zehntelang ihre Arbeit verrichtet haben. Immer noch werden viele Beschäftigte an ihrem Arbeitsplatz einseitig und damit Links & Literatur fehlbelastet. Das trifft auf das Dauersitzen bei der Bildschirm- arbeit ebenso zu wie auf wenig abwechselungsreiche Überwa- • Wenn Sie sich näher über den Zusammenhang chungstätigkeiten in der Werkshalle. Grundsätzlich gilt: Wer von Altern, Arbeit und Arbeitsfähigkeit informie- immer das gleiche machen muss, wessen Arbeit monoton ist, ren möchten, haben Sie dazu hier Gelegenheit: wer ständig physisch und/oder psychisch unter- oder über- Unter www.pfiffprojekt.de/pfiff1 finden Sie fordert ist, läuft Gefahr krank zu werden und das Rentenalter zahlreiche Informationen zum Einfluss der nicht im Beruf zu erreichen. Arbeitsgestaltung auf die geistige Gesundheit und Leistungsfähigkeit von älter werdenden Beschäf- Insofern ist die vermeintliche (und auch häufig tatsächlich) tigten. Das Projekt Pfiff ist ein von INQA geför- schlechtere Arbeitsfähigkeit Älterer keineswegs biologisch dertes Gemeinschaftsprojekt mit vielen Partnern zwingend – und damit auch nicht unvermeidlich. Wesentliche aus Wissenschaft und Industrie, welches das Ziel Leistungsvoraussetzungen wie Gedächtnis, Problemlösekompe- verfolgt, Mittel und Wege zum Erhalt und Ausbau tenz, Kreativität, Kommunikations-, Innovations- und Lernfä- der intellektuellen Fähigkeiten von älteren higkeit sind allerdings stark von den Reizen beeinflusst, denen Arbeitnehmern zu erforschen und für die betrieb- der Mensch im Laufe seine Berufslebens ausgesetzt war und liche Praxis aufzubereiten. ist. Wer als Arbeitgeber auch in Zukunft noch gesunde, moti- vierte und leistungsfähige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter • Ebenfalls interessant ist der Aufsatz von Gunda beschäftigen möchte, die zudem lernfähig und somit flexibel Maintz, „Arbeit bis 67? – Überlegungen aus einsetzbar sind, der sollte heute folglich Arbeitsbedingungen arbeitsmedizinischer Sicht“. Eine Downloadmög- und Aufgabenzuschnitte anbieten, die angemessen fordern und lichkeit finden Sie unter www.baua.de, Suchwort: fördern. Wie das genau gehen kann, welchen Einfluss Sie als „Arbeiten bis 67?“ Arbeitgeber für den Erhalt und den Ausbau der Arbeitsfähigkeit Ihrer Beschäftigten haben, ist Thema der nächsten Kapitel. 14
K apitel 2 | Ergrauende Belegschaften – (k)ein Problem? Pra xisbericht – Heute schon arbeiten wie morgen! Heute schon arbeiten wie morgen! Branche: Automobilbau Unternehmen: BMW AG, Werk Dingolfing Beschäftigte: ca. 18 000 (am Standort) Das „Produktionssystem 2017“ im Dingolfinger Arbeitsumfeld gesorgt haben – von gelenkschonenden Holzfuß- BMW Werk 2.1 böden, über schwenkbare Monitore mit größerer Schrift, über Lupen, ergonomische Sitzmöglichkeiten bis hin zu Themen wie Im Jahr 2007 wurde unter dem Dach des BMW Group belastungsoptimierte Arbeitsplatz-Rotation oder Anpassung der Demographie-Projekts „Heute für morgen“ das Pilotprojekt Schicht- und Arbeitszeitmodelle. „Produktionssystem 2017“ im Dingolfinger BMW Werk 2.1 gestartet. Zudem wurde – vorgelebt durch die Führungskräfte – eine Ziel war es, erstmals in einem hochproduktiven Fertigungs- spürbare Kulturveränderung und Sensibilisierung der bereich (der im Zeit-, Kosten- und Qualitätswettbewerb mit Mitarbeiter für das Thema Gesundheit und Prävention externen Anbietern steht) konkret zu untersuchen, was es erreicht. Die enge Einbindung der Mitarbeiter war dabei ein heißt, mit einer älteren Belegschaft zu arbeiten und ganz entscheidender Erfolgsfaktor. Denn zum einen wussten herauszufinden, was getan werden kann, um die Leistungs- die Mitarbeiter vor Ort am besten, was sie in ihrem Ar- fähigkeit der Mitarbeiter zu fördern und zu erhalten. beitsalltag stört und verändert gehörte. Zum zweiten wurde Dazu wurde an einem Band der Hinterachsgetriebemontage damit ihr Bewusstsein geschärft und die Eigenverantwor- 10 Jahre in die Zukunft geblickt und die zu erwartende tung gestärkt. Zentrale Erkenntnis des Projekts war, dass all Altersstruktur der Belegschaft des Jahres 2017 vorwegge- diese Verbesserungen des Arbeitsumfelds erzielt werden nommen und simuliert (d.h. Erhöhung des Altersdurch- konnten, ohne dass dies Einbußen bei Produktivität und schnitts von 39 auf 47 Jahre). In enger Abstimmung mit Qualität nach sich zog. Das Band mit den im Durchschnitt dem Betriebsrat haben Führungskräfte, Meister und älteren Mitarbeitern konnte – bei verbesserter Ergonomie – Mitarbeiter dann gemeinsam an einer Optimierung der in punkto Betriebswirtschaft und Qualität mit Vergleichs- Arbeitsplätze und der Arbeitsorganisation an diesem Band bändern voll mithalten. Wertschöpfung und Wertschätzung gearbeitet. Flankiert wurde dies durch eine umfassende gehören zusammen. Sensibilisierung der Mitarbeiter für die Themen Gesundheit und Alter (beispielsweise Workshops zum Biologischen Alter) sowie durch gezielte Angebote im Bereich Physiothe- Ansprechpartner: rapie / Bewegung und Ernährung. Herausgekommen ist so Bernhard Schneider (Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit eine Vielzahl von kleinen Einzelmaßnahmen, die bei BMW Werke Dingolfing und Landshut) geringem finanziellen Aufwand spürbare Verbesserungen Telefon: 08731 – 76-22020 für die Mitarbeiter gebracht und für ein alternsgerechtes E-Mail: Bernhard.SB.Schneider@bmwgroup.com 15
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K apitel 3 | Arbeitsfähigkeit erhalten, Wet tbewerbsfähigkeit sichern! Arbeitsfähigkeit erhalten, Wettbewerbsfähigkeit sichern! Die Handlungsfelder einer demografiefesten Unternehmensführung Was tun? Vor fast 30 Jahren stellte man sich am „Finnischen Institut für Rente gehen. Ein wichtiges Forschungsergebnis des FIOH ist: Arbeitsmedizin“ (FIOH) u. a. die Frage, wie die Potenziale von Die Arbeitsfähigkeit bleibt nicht allein durch Arbeiten erhalten, Beschäftigten einerseits so gefördert werden können, dass die ihr Erhalt und Ausbau erfordert vielmehr Aktivitäten auf den Unternehmen möglichst lange von ihnen profitieren können, folgenden Interventionsfeldern: andererseits die Beschäftigten möglichst gesund und vital in Gesundheit Weiterbildung Arbeitsgestaltung Führungskultur Geschieht hier nichts, nimmt die Arbeitsfähigkeit in der Regel Belegschaft beschränken, sondern bereits die Jungen und zwar nicht wegen des Alters, aber dennoch im Altersgang ab. insbesondere die Beschäftigten im besten Alter einbeziehen. Um das zu verhindern, sollte die betriebliche Demografiearbeit frühzeitig im Unternehmen ein Thema werden. Denn obgleich Schließlich sind das die Älteren von morgen, deren künftige sich die Arbeitsfähigkeit auch im reiferen Alter durch geeignete Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit bereits jetzt durch Maßnahmen noch verbessern lässt: Vorbeugen ist auch hier entsprechende Interventionen gefördert werden kann (und besser als Heilen. Ebenfalls wichtig: Betriebliche Demografiear- muss). beit sollte sich nicht ausschließlich auf die „Silberrücken“ in der Zweigleisig zum Erfolg! Maßnahmen, welche die Arbeitsfähigkeit unterstützen, sollten in zwei Richtungen zielen alter(n)sgerechte alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung Erwerbsbiografien Darunter fallen spezifische Maßnahmen Da die Entwicklung der Arbeitsfähigkeit von den für die Gruppe älterer Arbeitnehmer, Anforderungen und Belastungen abhängig ist, mit deren Leistungsspektrum sich verändert hat. denen der Mensch im gesamten Verlauf seines Ziel ist dabei, älteren Mitarbeitern Beschäftigungs- Erwerbslebens konfrontiert wird, müssen früh möglichkeiten zu sichern, bzw. neue Perspektiven Strategien entwickelt werden, die präventiv der im Unternehmen zu eröffnen. Entstehung alterstypischer Einbußen entgegenwirken. 17
Pra xisbericht – Die Gesundheit der Mitarbeiter ist für die Krones AG ein hohes Gut Das professionelle Gesundheitsmanagement des Maschinenbauers schafft die Voraussetzung für ein langes und erfolgreiches Berufsleben. Branche: Maschinenbau Unternehmen: KRONES AG, Neutraubling Dabei spielen die Führungskräfte eine wichtige Rolle. Beschäftigte: ca. 8800 in Deutschland Sie haben die Aufgabe, zum einen ihr Augenmerk auf gesunde Arbeitsbedingungen zu richten. Zum anderen aber auch, ihre Wertschätzung den Mitarbeitern Im Jahresdurchschnitt kehrt nicht einmal einer von gegenüber zum Ausdruck zu bringen und in offenen hundert Krones-Mitarbeitern dem Unternehmen den Gesprächen Konflikte bzw. Belastungen der Mitarbeiter Rücken. So viel Treue hilft, auch im demografischen zu erkennen und soweit möglich zu lösen. Wandel erfolgreich zu sein und kommt nicht von Zur Steuerung aller gesundheitsbezogenen Aktivitäten ungefähr. Das betriebliche Gesundheitsmanagement im Unternehmen hat Krones ein sogenanntes BGM- stellt einen immer wichtiger werdenden Baustein der Team etabliert. Im Gremium vertreten sind neben der Unternehmenskultur dar und soll bereits frühzeitig den Personalabteilung, der Sozialberatung, dem betrieb- Grundstein für die körperliche und geistige Fitness der särztlichen Dienst, der Krones BKK und dem Fachbereich älter werdenden Arbeitnehmer legen. Arbeitssicherheit auch die Arbeitnehmervertretung. Aus Seit 2010 veranstaltet Krones in den deutschen Werken dem Team heraus wird die BGM-Strategie von Krones Gesundheitstage zu verschiedenen Themen. Dabei festgelegt und konkrete Maßnahmen zum Erhalt der werden auch Themen wie die zunehmende psychische Mitarbeitergesundheit eingesteuert. Belastung im beruflichen Alltag aufgegriffen. Laut dem Gesundheitsbericht der Krones-BKK liegen die auf psychischen Belastungen resultierenden Fehlzeiten bei Ansprechpartnerin: Krones glücklicherweise weit unter dem Branchen- Danuta Kessler-Zieroth (CC Public Relations Presse) durchschnitt. Telefon: 09401 70-2222 Krones geht aber noch einen Schritt weiter bei der E-Mail: presse@krones.com Gesundheitsvorsorge für die Mitarbeiter. Der Arbeitsfähigkeitsindex (Work Ability Index – WAI) Links & Literatur Der Begriff Arbeitsfähigkeit ist jetzt schon einige Male gefallen. • Das Demografieportal des Bundesministeriums für Was verbirgt sich eigentlich dahinter? Bildung und Forschung gliedert sich in die Portale „Öffentlichkeits- und Marketingstrategie demo- Wenn man die üblichen Maßstäbe zur Bewertung eines Arbeits- graphischer Wandel“ und „Werkzeuge für eine platzes wie z. B. die Arbeitsstättenverordnung, Berufsgenossen- demografieorientierte Personalpolitik“. Beide schaftlichen Vorschriften für Arbeitssicherheit und Gesundheits- bieten eine Fülle von Informationen, wobei das schutz (BGV), DIN-Normen etc. anlegt, weiß man hinterher, ob eine mehr Hintergrundinformationen und ein Arbeitsplatz den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Basiswissen zum demografischen Wandel bietet, Wie gut derjenige, der dort arbeiten soll, mit diesem Arbeits- während Sie beim zweiten mit konkretem platz zurechtkommt, weiß man aber dann noch nicht. Diese Handlungswissen versorgt sowie mit diversen Lücke schließt der WAI. Es handelt sich dabei um ein Fragebo- Demografiewerkzeugen vertraut gemacht werden. geninstrument, das die Beschäftigten nach der persönlichen Zugang finden Sie unter www.demotrans.de. Beurteilung ihres Arbeitsplatzes fragt. • Mehr Infos rund um den WAI finden Sie auf der Dabei kommen die physischen und psychischen Anforderungen Website des WAI-Netzwerks, das sich unter ebenso zur Sprache wie der eigene Gesundheitszustand und die www.arbeitsfaehigkeit.uni-wuppertal.de/ eigenen Leistungsreserven. Für die Antworten werden Punkte präsentiert. vergeben, woraus sich ein Ergebnis zwischen 7 (schlechte 18
K apitel 3 | Arbeitsfähigkeit erhalten, Wet tbewerbsfähigkeit sichern! Arbeitsfähigkeit) und 49 (sehr gute Arbeitsfähigkeit) Punkte Der WAI ermöglicht individuelle Lösungen für jeden Mitarbei- ergibt. Die erreichte Punktzahl gibt einerseits Auskunft darüber, ter, eben weil er neben allen gesetzlichen Regelungen zusätz- wie hoch die eigene Arbeitsfähigkeit jetzt und künftig einge- lich das Individuum mit seinen Stärken und Schwächen in den schätzt wird, zum anderen lassen sich Ziele ableiten, wie z. B. Fokus der Arbeitsgestaltung rückt. Wer sich näher für den WAI Arbeitsfähigkeit wiederherstellen, verbessern oder auch und seine Einsatzgebiete interessiert – siehe Links & Literatur. unterstützen. Pra xisbericht – Die richtige Mischung macht´s Die richtige Mischung macht´s Branche: Automobilbau Unternehmen: BMW Werk Regensburg Beschäftigte: ca. 9000 (am Standort) BMW in Regensburg bereitet sich durch ein systema- In der Organisation des Arbeitsplatzes bieten sich tisches Bündel von Maßnahmen auf das zunehmende ebenfalls Möglichkeiten, den Körper dauerhaft zu Durchschnittsalter seiner Belegschaft vor. schonen, etwa durch eine systematische Schichtrotati- on. Sie verhindert, dass über einen zu langen Zeitraum Angesichts der demografischen Entwicklung steigt in im Knien, Sitzen oder gebeugt gearbeitet werden muss. den nächsten Jahren auch das Durchschnittsalter bei Technische Hilfsmittel und optimal gestaltete Arbeits- BMW in Regensburg. Doch gibt man sich hier optimi- plätze runden das BMW Maßnahmenpaket für den stisch: „Die Leistung älterer Mitarbeiter nimmt nicht demografischen Wandel ab. So konnten unnötige Wege zwangsläufig ab. Wir können eine Menge tun, um und Wegezeiten der Mitarbeiter bei der Montage leistungsfähig zu bleiben.“, betont Werkleiter Dr. reduziert werden, was im übrigen auch die notwendige Andreas Wendt. Montagefläche verringerte. Hier gehen Entlastungen für Mensch, Organisation, Technik – diese drei Handlungs- die Beschäftigten und die Optimierung der Produktion felder hat man sich in Regensburg genauer angesehen. Hand in Hand. So können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihr biologisches Alter erfahren und werden dadurch für den eigenverantwortlichen Umgang mit ihrer Gesundheit Ansprechpartnerin: sensibilisiert. Auch erfahren sie, was gesundheitsge- Martina Grießhammer (Leiterin Presse-, rechtes Arbeiten an ihrem Arbeitsplatz konkret bedeutet Öffentlichkeitsarbeit und Mitarbeiterkommunikation) und mit welchen Übungen sie Muskulatur und Skelett Telefon: 0941 - 770-2014 entlasten können. E-Mail: martina.griesshammer@bmw.de 19
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K apitel 4 | Wissen, was los ist Wissen, was los ist Werkzeuge einer demografiefesten Unternehmensführung In die Menschen investieren Es gibt viele Möglichkeiten, wie Unternehmen die Arbeitsfähig- Auf Basis solcher Fragen kann nicht nur die gegenwärtige keit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten, verbessern Altersstruktur analysiert werden, möglich wird auch der Blick in und erweitern können. Erfolgversprechend sind vor allem solche die personalpolitische Zukunft eines Unternehmens. So lässt sich Konzepte, welche die Aktivitäten auf den relevanten Handlungs- z. B. abschätzen, wie viele Beschäftigte aus welchen Abteilungen feldern zu einem ganzheitlichen betrieblichen Generationenma- mit welchen Qualifikationen wann in Rente gehen und ersetzt nagement bündeln. Wichtig ist dabei, dass dieses Generationen- werden müssen. management frühzeitig im Unternehmen thematisiert und angegangen wird, da viele Maßnahmen bereits bei den Jüngeren Insofern liefert die Altersstrukturanalyse ein belastbares Zukunfts- ansetzen müssen und entsprechend erst mittel- und langfristig szenario hinsichtlich der Zusammensetzung der Belegschaft nach wirken. Wenn die betriebliche Demografiearbeit also rechtzeitig Alter, Qualifikation, Geschlecht und Beschäftigtenstatus. Auf Erfolge bringen soll, ist jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen, dieser Basis lassen sich dann aktuelle und künftige Personal- und damit zu beginnen. Qualifikationsengpässe früh erkennen, sodass die Personalabtei- lung ebenso früh gegensteuern kann. Am Anfang jeder guten betrieblichen Demografiearbeit steht die Analyse der Ist-Situation des Unternehmens. Auf dieser Basis Alles, was Sie als Unternehmer für eine solche Altersstrukturanaly- lassen sich dann Handlungsbedarfe identifizieren und damit se brauchen, sind die aktuellen Personaldaten aller Mitarbeite- verbundene Investitionsentscheidungen zielsicher treffen. Für die rinnen und Mitarbeiter, also Alter, Geschlecht, Qualifikation, Analyse des demografischen Status quo eines Unternehmens Funktion, Arbeitsbereich, erwartbares Ausscheiden aus dem gibt es zahlreiche Instrumente und Methoden, die sich in drei Unternehmen z. B. durch Ende der Befristung, Altersteilzeit, Rente. unterschiedlich ausgerichtete Gruppen gliedern lassen: Info-Box • die Altersstrukturanalyse • die Qualifikationsbedarfsanalyse Wie steht es um die Altersstruktur • die alter(n)skritische Gefährdungs- und im Unternehmen? Belastungsbeurteilung Der IHK-Demografierechner Bayern gibt Auskunft Nur wer die jetzige und künftige Altersstruktur seines Un- ternehmens kennt, kann Personalengpässe erkennen und Die Altersstrukturanalyse rechtzeitig gegensteuern. Der IHK-Demografierechner Ba- Die Altersstruktur eines Unternehmens entscheidet mit über yern unterstützt Sie kostenfrei bei dieser wichtigen Auf- dessen künftige Wettbewerbsfähigkeit. Angestrebt werden sollte gabe. Mit seiner Hilfe lassen sich Altersstruktur und das eine altersgemischte Belegschaft, da Betriebe dann von den Durchschnittsalter der Mitarbeiter Ihres Unternehmens bis unterschiedlichen Stärken und Potenzialen der verschiedenen in das Jahr 2025 visualisieren. Zugleich sehen Sie, wo Sie Altersgruppen profitieren können. personalpolitisch stehen, da sich mit dem Instrument die Auf diese „gesunde Mischung“ hat jedes Unternehmen durch Altersstruktur Ihres Unternehmens mit denen Ihrer Region seine personalpolitischen Entscheidungen großen Einfluss – in- und Ihrer Branche vergleichen lassen. Darüber hinaus zeigt sofern ist die künftige Altersstruktur eines Unternehmens oder es Ihnen Handlungsansätze für eine demografiefeste Perso- einer Abteilung weitgehend steuerbar. Dafür muss zunächst die nalpolitik auf. Interessiert? Das Instrument finden Sie unter Ist-Situation erfasst werden, danach können dann Ziele formu- www.ihk-demografierechner-bayern.de. liert und Maßnahmen eingeleitet werden. Möglich wird das mit der Altersstrukturanalyse, die z. B. die IHK folgenden Fragen stellt: Gibt es mehr Mitarbeiter über als unter DemografIe 40 im Unternehmen? Werden bei Neueinstellungen sowohl r e c H n e r Ältere als auch Jüngere eingestellt? Wie ist es um die Frauen- quote bestellt? Wie hoch ist die Zahl der An- und Ungelernten im Unternehmen? Der Altersstruktur-Test für die Wirtschaft 21
Pra xisbericht – Wissen erhalten und weitergeben Wissen erhalten und weitergeben Branche: Aufzugbau Unternehmen: Butz & Neumair GmbH, Bergkirchen Beschäftigte: ca. 100 Die Butz & Neumair GmbH aus Bergkirchen im Ältere Montagemeister, die noch die Ausbildung als Landkreis Dachau baut Aufzüge und bietet Service Aufzugsbauer absolviert haben, arbeiten beispielsweise und Wartung. Dabei steht das Wissen der Beschäf- mit jüngeren Quereinsteigern für einige Zeit im Team tigten im Mittelpunkt. zusammen. Dort profitieren beide Seiten voneinander: Der junge Mechatroniker oder Feinmechaniker bekommt Die Geschichte von Butz & Neumair ist eine Erfolgsge- von seinem älteren „Mentor“ Spezialwissen über schichte. Schnell wuchs das Unternehmen vom Zwei- Aufzugtechnik vermittelt. Umgekehrt erhält der ältere Mann-Service-Betrieb zum mittelständischen Aufzug- Mitarbeiter durch die Jungen ein „Update“. Eine zentrale bauer mit über 100 Mitarbeitern – darunter 34 aus der Rolle bei der Bewältigung des demografischen Wandels Zielgruppe 50 plus. Für Geschäftsführer Jürgen Neumair nimmt bei Butz & Neumair das Personalmanagement ist diese Altersstruktur allerdings kein Grund zur Sorge. ein. Anhand der Mitarbeitergespräche wird dort über Im Gegenteil: „Hoffentlich bleiben die älteren Mitarbei- die betriebsinterne Rotation und die Zusammenstellung ter möglichst lang. Da es den Ausbildungsberuf des der Teams beraten und entschieden – eine Vertrauens- Aufzugbauers in Deutschland nicht mehr gibt, ist es für stellung. uns besonders wichtig, dass sie ihr Know-how an die Auszubildenden und die jüngeren Mitarbeiter in Für Jürgen Neumair steht fest: Auch mit dem Eintritt unserem Unternehmen weitergeben.“ ins Rentenalter muss das Arbeitsleben nicht zwingend enden. 65-Jährige können noch als Berater, für Schu- Butz & Neumair engagiert sich als Ausbildungsbetrieb und lungen oder für Kontrollen auf Baustellen eingesetzt kann so den Wissenstransfer im eigenen Unternehmen werden – und ihr Wissen an Jüngere weitergeben. fördern und mitbestimmen. Dabei spielt das Personalma- nagement des Unternehmens eine wichtige Rolle. Sehr Für diese vorausschauende Unternehmenskultur wurde regelmäßig, mindestens einmal pro Jahr, findet mit jedem Butz & Neumair im Bundeswettbewerb „Unternehmen Beschäftigten ein Personalgespräch statt, in dem detailliert mit Weitblick 2010“ ausgezeichnet. über Entwicklungschancen, mögliche Belastungen und eine Aufgabenrotation gesprochen wird. Letztere bewirkt, dass Belastungen gerade bei Älteren nicht überhandneh- Ansprechpartner: men – und das Wissen weitergegeben wird. So können Jürgen Neumair (Geschäftsführer) Montage-Mitarbeiter Erfahrungen in der Produktion Telefon: 08138 - 69 78-0 sammeln und umgekehrt. E-Mail: info@butz-neumair.de Die Qualifikationsbedarfsanalyse Entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit jedes Unternehmens Soll sich Qualifizierung hingegen gleichermaßen für Betrieb und sind qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Da die in Beschäftigte auszahlen, ist eine systematische und maßge- Zukunft demografiebedingt knapper werden, müssen Betriebe ihr schneiderte Qualifizierungsplanung unverzichtbar. Dabei hilft die Augenmerk darauf richten, die vorhandenen Ressourcen und Qualifikationsbedarfsanalyse. Sie ermittelt einerseits jene Potenziale – also ihre Beschäftigten – zu entwickeln und zu Qualifikationsanforderungen des Unternehmens, die für den qualifizieren. optimalen Rundlauf aller Betriebsbereiche jetzt und künftig benötigt werden. Andererseits lassen sich mit dem Instrument Viele Unternehmen wissen das zwar – wissen aber nicht so zusätzlich alle Fähigkeiten, Kenntnisse und Potenziale der richtig, wie sie das betriebliche Qualifizierungsmanagement Mitarbeiter erfassen, über die diese bereits verfügen. Die sich anpacken sollen. Werden dann Qualifizierungsmaßnahmen daraus ergebenden Anforderungs- und Fähigkeitsprofile werden durchgeführt, sind diese oft unsystematisch und führen nicht gegenübergestellt und ausgewertet. wirklich zum Ziel. 22
K apitel 4 | Wissen, was los ist Der Qualifikationsbedarf des Unternehmens ergibt sich dann aus Info-Box der Differenz zwischen dem Soll des benötigten Qualifikations- standes und dem Ist-Zustand der vorhandenen Qualifikationen. Wissen, was morgen ist! Gerade mit Blick auf die demografische Entwicklung ist die Der IHK-Fachkräftemonitor Bayern macht Bedeutung der Qualifikationsanalyse kaum zu überschätzen, da Personalplanung demografiesicher mit ihrer Hilfe sogenannte Engpassqualifikationen identifiziert werden können. Das sind solche, über die unternehmensweit nur Wie entwickeln sich Angebot und Nachfrage nach Fach- sehr wenige Mitarbeiter verfügen, ohne die aber das große kräften in den einzelnen Berufsgruppen in den nächsten Ganze nicht funktioniert. Werden solche Arbeitsplätze identifi- Jahren? Gibt es regionale und branchenspezifische Unter- ziert, lohnt der Blick in die Altersstrukturanalyse. Hier lässt sich schiede? In welchen Berufsgruppen ist mit Fachkräfteeng- ablesen, wann dieses spezifische Wissen mitsamt seinem Träger pässen zu rechnen? Mit dem IHK-Fachkräftemonitor Bayern verrentet wird – und schlimmstenfalls dem Unternehmen von stellen die bayerischen IHKs ihren Mitgliedsunternehmen heute auf morgen nicht mehr zur Verfügung steht. Damit solche ein Analyse- und Prognoseinstrument zur Verfügung, das personalpolitischen Lücken rechtzeitig erkannt und geschlossen Angebot und Nachfrage von Fachkräften nach Regionen werden, ist die Qualifikationsbedarfsanalyse ebenso unverzicht- oder Wirtschaftszweigen bis zum Jahr 2030 aufzeigt. Mit bar wie die Altersstrukturanalyse. Wie so etwas genau geht, was Hilfe dieser Informationen haben Sie die Möglichkeit, Ihre Sie als Unternehmer dafür brauchen, welche Hilfen zur Verfü- Personalstrategie langfristig auf die Entwicklungen am gung stehen – siehe Links & Literatur. Fachkräftemarkt abzustimmen und gegebenenfalls ge- genzusteuern. Denn wer frühzeitig die Fakten kennt, kann Ebenso kann Ihnen der IHK-Demografierechner Bayern – siehe rechtzeitig Alternativen prüfen und z. B. durch Aus- und Info-Box Seite 21 – wertvolle Hinweise für Ihre Personalplanung Weiterbildung gezielt Fachkräfte im Unternehmen auf- geben. Sie können sich mit diesem Instrument Ihre Ersatzbedarfe bauen oder auch solche Zielgruppen ansprechen, die bis- bis in das Jahr 2025 darstellen lassen und bekommen die her vielleicht weniger im Fokus der Personalrekrutierung jeweilige Fachkräftesituation in den jeweiligen Berufen darge- standen, z. B. Frauen, Ältere oder Menschen mit Migrati- stellt. Weitere Informationen über die Entwicklung des Fachkräf- onshintergund. Das Instrument steht allen Interessierten teangebots und -nachfrage in einzelnen Berufen, Qualifikati- kostenlos zur Nutzung zur Verfügung. Sie finden es unter onen, Regionen oder Branchen in Bayern finden Sie unter: www.ihk-fachkraeftemonitor-bayern.de. www.ihk-fachkraeftemonitor-bayern.de. IHK Die alter(n)skritische Gefährdungs- und Fa c H K r ä F t e M o n I t o r Belastungsbeurteilung Als Unternehmer sind Sie nach dem Arbeitschutzgesetz ver- pflichtet, eine sogenannte Gefährdungsbeurteilung durchzufüh- Das Prognose-Tool für die Wirtschaft ren. Damit sollen Mängel bei der Arbeitsumgebung, -gestaltung und -organisation auf Grundlage von Richtlinien, Normen, Grenzwerten etc. identifiziert werden, um sie danach im Sinne von Sicherheit und Gesundheit zu beseitigen. Links & Literatur Einen Schritt weiter geht die nicht vorgeschriebene, aber mit • Eine gute Übersicht über das ganze Spektrum von Blick auf älter werdende Belegschaften sinnvolle, alter(n)s- Altersstrukturanalyse-Werkzeugen finden Sie auf kritische Gefährdungs- und Belastungsbeurteilung. Sie basiert der Seite der Initiative Neue Qualität der Arbeit auf der „normalen“ Gefährdungsbeurteilung, berücksichtigt bei (INQA) unter www.inqa.de (Suchwort: Alters- der Bewertung von Arbeitsplätzen aber auch alterskritische strukturanalyse). Gefährdungen und Belastungen. Im Ergebnis kann dann schon einmal herauskommen, dass ein Arbeitsplatz beleuchtungstech- nisch zwar regelkonform ist, für einen älteren Mitarbeiter aber • Viele Informationen für die Praxis bündelt auch dennoch unterbelichtet ist. Einen solchen Mangel zu beseitigen, die Broschüre „Aller guten Dinge sind drei!“, ist mit wenig finanziellem Aufwand verbunden, birgt aber welche die hier kurz vorgestellten Verfahren und Vorteile für alle Beteiligten: Der Mitarbeiter kann seine Aufgaben Methoden detailliert vorstellt und auf Weiterfüh- besser erfüllen, das Unternehmen profitiert von der besseren rendes verweist. Zu beziehen ist die Broschüre Produktivität. Bei einer üblichen Gefährdungsbeurteilung wäre kostenlos über www.inqa.de – hier finden Sie ein solcher Mangel nicht weiter aufgefallen. auch eine Möglichkeit zum Herunterladen. 23
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K apitel 5 | Interventionsfeld: Weiterbildung und Qualifik ation Interventionsfeld: Weiterbildung und Qualifikation • Entwicklungsperspektiven. Die Aussicht auf persönliche Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans... Entwicklung weckt den Wunsch nach Weiterbildung: Wenn aber anders! die Karriereleiter nach oben nichts mehr „her gibt“ – schaf- fen Sie horizontale Entwicklungsmöglichkeiten für Ihre Die Zeiten sind endgültig vorbei, in denen eine Ausbildung für Mitarbeiter, z.B. durch die Übernahme von Projekten oder das ganze Berufsleben reichte. Heute dreht sich das Rad immer die Mitarbeit in Projekten anderer Teams. schneller – der technische Fortschritt, neue Verfahren und Methoden sorgen in der Arbeitswelt für mehr Veränderungen, • Klares Bekenntnis zu Weiterbildung. Fordern Sie die als uns oft lieb ist. Insbesondere ältere Beschäftigte stehen bei Bereitschaft aller Mitarbeiter zu Weiterbildung ein – egal vielen Personalern unter dem Generalverdacht, kaum lernfähig welchen Alters! Durch strukturierte Mitarbeitergespräche und nur mäßig lernbereit zu sein. Entsprechend stehen ältere können Sie jährlich an dieses Thema erinnern oder eine Beschäftigte bei Personalern häufig nicht sehr hoch im Kurs – Weiterbildung pro Jahr sogar zu einer festen Regel im sie gelten als „altes Eisen“, das den Anforderungen nicht länger Unternehmen machen. gerecht wird. • Respekt. Schätzen Sie wert, was Ihre „älteren“ Mitarbeiter im Laufe Ihres Arbeitslebens bereits an Erfahrungswissen Ein Irrtum – denn es spricht nichts dagegen, dass Ältere ihr gesammelt haben, zum Beispiel durch Kaminabende zum Wissen erhalten, aktualisieren und erweitern können. So bleibt Austausch mit Geschäftsführung oder Vorstand. Nur wer die geistige Fitness bei entsprechendem Training auch im Alter sich respektiert fühlt, hält sich auch freiwillig für das weitgehend erhalten, selbst die Lernfähigkeit muss nicht Unternehmen auf Trab. nachlassen. Warum Ältere in den Statistiken zu Weiterbildung und Qualifizierung dennoch oft schlechter wegkommen als ihre • Gleichbehandlung. Machen Sie das Alter nicht zum Stigma. jüngeren Kollegen, hat folglich andere Ursachen als das Alter. Je selbstverständlicher junge und ältere Mitarbeiter Die meisten davon sind „hausgemacht“ und können durch miteinander arbeiten, leben und lernen können, desto einige wenige Maßnahmen im Unternehmen vermieden weniger wird die eigene Lernfähigkeit hinterfragt. Sonder- werden. programme für Ältere machen nur in Ausnahmefällen Sinn, das könnten zum Beispiel Umschulungsangebote bei schweren körperlichen Tätigkeiten oder Anwenderschu- Investition in ständiges Lernen! lungen für neue Kommunikationstechnologien Viele Unternehmen investieren in ihre älteren Beschäftigten (Smartphones,Tablets, etc.) sein. immer noch wenig oder gar nichts, da sie deren Ausscheiden aus dem Betrieb bereits – bewusst oder unbewusst - einplanen. Die Investition in ständiges Lernen kann durch Ausgaben für Hier ist Umdenken angesagt. Denn alle Beteiligten – Sie als klassische Schulungen und Trainings getätigt werden. Was man Arbeitgeber ebenso wie Ihre Mitarbeiter – müssen sich vor dem hierzu bei der Auswahl von Maßnahmen berücksichtigen kann, Hintergrund des demografischen Wandels darauf einstellen, haben wir in der Infobox auf S. 26 beschrieben. Viel wichtiger dass ein längeres Verbleiben im Unternehmen zur Regel wird. ist allerdings das Gestalten von Lernprozessen im Arbeitsalltag. Sie als Unternehmer können es sich dabei schlichtweg finanzi- ell nicht leisten, dass ein knapp Fünfzigjähriger sich für die Abwechslung im Arbeitsalltag! verbleibenden 20 Jahre in Ihrem Unternehmen nicht weiterbil- Es gibt kein größeres Lernhindernis, als eine Tätigkeit, bei der det, da bestehendes Wissen immer schneller veraltet. Die es subjektiv oder objektiv nichts zu lernen gibt! Eine solche mühsam entwickelte Fachkraft verliert den Anschluss an Tätigkeit mit viel Routine und wenig Abwechslung führt aktuelle Entwicklungen, verliert an Produktivität und letztend- langfristig dazu, dass man sich das Lernen regelrecht abge- lich mit der Zeit auch die Fähigkeit, zielgerichtet zu Lernen. wöhnt und damit auch Qualifikationen verliert. Nachdem aber nun mal nicht alle Arbeitsplätze besonders abwechslungsreich Soll das gelingen, ist eine Unternehmenskultur Voraussetzung, sind, muss man gezielt dafür sorgen, diese so gut es geht die lebenslanges Lernen als generationenübergreifende herzustellen. Aufgabe versteht und entsprechend organisiert. Eine solche Kultur zeigt zum Beispiel die folgenden Symptome: Als „Gegenmittel“ empfiehlt die Arbeitswissenschaft eine Arbeitsorganisation, die unterschiedliche Arbeitsinhalte zu 25
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