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Buchhandlung Breuer & Sohn Bei uns ist die echte Kunst revolutionär, weil sie nur im Ge- gensatz zur gültigen Allgemeinheit existiert. Richard Wagner F E ST S P I E L E
Anzeige PIONTEKS PRÄLUDIUM BÜCHER UND Es geht weiter ERLESENES N ur eines will ich noch, sagt Wotan, das Ende. Meint er das Ende der Pandemie? Natürlich nicht. Aber wenn dort, wo bis vor Kurzem so gut wie Nichts angesagt war, wieder Festspiele stattfinden können, darf sich nicht allein der Bayreuther freuen. Und wenn selbst in einem Ringlo- sen Sommer ein aus der Not geborener Zyklus über die di- versen Bühnen der Festspiele geht, um eine sehr spezielle Tetralogie zu formen, mag man sogar und von Neuem den Gedanken äußern, dass nichts so schlecht ist, dass es nicht irgendetwas Gutes an sich hätte. Ich freue mich also auf die vier Ring-Teile, die im Festspielhaus, unten im Park und anderswo, in Form von vier Kunst-Aktionen den Hallraum des gewaltigen musikdramatischen Opus erweitern werden. Wir freuen uns auf Sie! Der US-amerikanische Kritiker Alex Ross veröffentlichte vor einiger Zeit ein wunderbar reichhaltiges Buch mit dem Ihre Buchhandlung Breuer & Sohn ins Deutsche übersetzten Titel Die Welt nach Wagner – in Bayreuth wird die Wagner-Welt in diesem Sommer um ein Am Luitpoldplatz 9 paar Variationen bereichert werden. Ganz abgesehen von im Herzen Bayreuths allem Anderen… den Büchern, die in den letzten zwei Jah- ren erschienen sind und unser Wissen um Wagner erwei- 0921 5070890 tert haben, den Konzerten, die am See und in Wahnfried buch@breuerundsohn.de stattfinden, auch der Architektur wie dem Alten Schloss, in dem schon im 17. Jahrhundert eine Bühne stand, und das Whatsapp: 0160 891 58 99 nicht allein den Festspielgästen eher unbekannt sein dürfte. Wer im August als Kulturtourist nach Bayreuth kommt, sollte es sich genauer anschauen. Was bleibt, ist Wagner: Siegfrieds Friedensengel kann erstmals am Ort erlebt wer- den, über Wieland erschien eine neue, kritische Biographie, Die familiengeführte mit einem Wort: Es geht weiter. Doch nicht als business as BUCHHANDLUNG usual, sondern mit bemerkenswerten Entdeckungen. JETZT AUCH ONLINE Ihr Frank Piontek www.breuerundsohn.de
VIELEN DANK! DER KULTURBRIEF Wir danken unseren Mäzenen für Ihr Engagement. Durch Sie wird Feuilleton und Termine der Kulturbrief erst möglich. für Bayreuth und Umgebung UNTERNEHMEN Ein Haiku Kulturtermine Alexander von Humboldt Kulturforum Schloss Goldkronach e.V. Der schönste Drachen Einlage einschließlich Bayreuth Baroque - Opera Festival | Büchergilde Gutenberg Sonderausstellungen Jürgen Ern Operneinführungen | Festival junger Künstler Bayreuth Künstlergespräch Friedrichsforum Bayreuth | Kanzlei Treibert Christian Thielemann Hinter den Metzgerei Imhof | Praxis Kristine Joop Kulissen Regionalmanagment Bayreuth | Richard Wagner Museum Bayreuth leuchtet Wagner: Mein Leben Scandi Club | Stereofone Das Wagnerzimmer Staatliches Museum für Porzellan Selb | Steingraeber & Söhne in Fantaisie Das alte Buch Der Ring in Bildern von Universität Bayreuth Vom Grünen Hügel Hermann Hendrich Jay Scheib ... war hier PRIVATPERSONEN Künstlergespräch Virginia Woolf Roland Wagenführer Johannes-Martin Kränzle Christian Thielemann Künstlergespräch Michael Volle Klangliches Johannes Martin Kränzle Angelika Beck Das Lautboard und Michael Volle Wolfgang Hammon Dieter Schweingel Neue Wagner- Nais vom Heiner Jutta Richter literatur Weltstadt auf Zeit Astrid Böhmer + Toni Schug Rezensionen Amelie Artmann Fichtelgebirge Das neue Album TITELILLUSTRATION Festspiele im Fichtelgebirge 1. Wagner: Pilgerfahrt 2. Beethoven: Fidelio Matthias Ose: Nach Carl Spitzweg: Sonntagsspaziergang Rauchkultur 1841, Salzburg Museum. Zigarrenverkostung Seit Carl Spitzwegs Beobachtungen in der sommerlichen Sammlung online Festspiele Bayreuther Wagnerschätze Bayreuther Sonntagnachmittags–Hitze wissen wir, dass Clement Harris Wotans Raben immer und überall zu finden sind.
WAR HIER KÜNSTLERGESPRÄCH © Matthias Creutziger Virginia Woolf H at sie „ein Zimmer für sich allein“, als die 27jährige an- gehende Schriftstellerin 1909 in Bayreuth absteigt? Man kann es vermuten. Bruder Adrian, der sie liebevoll „die Ziege“ nannte, war zusammen mit Saxon Sidney-Turner, einem lei- Kultur ist Lebensbereicherung. Ein Gespräch mit denschaftlichen Wagnerianer, mit von der Festspielpartie. Sie Christian Thielemann wohnt in einer Villengegend, findet die Stadt „reizend“ (das machten die Markgrafenbauten), auch die Eremitage – und die Einwohner scheußlich und plump, die Frauen „unför- V or dem Theater stehen die Schlangen von Wartenden. Alle schick gekleidet in Smoking und Abendkleid. Die Stimmung ist, wie immer an solchen Abenden, heiter an- mig“, deren Gesichter „rot und teigig“. Bayreuth erscheint ihr wie ein umgekehrtes Paradies: Monströse Männer und gespannt. Es liegt Musik in der Luft. Während die Menge Frauen trinken unmäßig viel Bier und essen sehr viel Fleisch, bereits Platz nimmt, erscheint am Bühneneingang ein jun- „obwohl es glühend heiß ist“. Die Arroganz der fragilen Lady ger Mann mit einem leeren Geigenkasten in der Hand. Pro aus London beschränkt sich nicht auf die Bayreuther, auch blemlos kommt er am Pförtner vorbei und schleicht in den die Festspielbesucher bekommen ihren Teil ab: im Festspiel- Block B. Hier kann er ungestört auf der Treppe sitzen und haus erscheinen ihr die hässlichen Geschöpfe noch hässlicher sich der Musik hingeben. „Das war ein Abenteuer“, sagt als vor den Türen, und auch sie „essen enorm viel, große Stü- Christian Thielemann Jahrzehnte später. Und heute ist so et- cke Braten mit viel Fett“. Doch das Wesentliche, um dessen was leider kaum noch möglich. Dabei sollte der Zugang zur Willen sie angereist sind, wird zum Erlebnis. Parsifal ist ihr Kultur für Kinder und junge Menschen unbedingt gefördert bei der zweiten besuchten Aufführung am 11. August die werden. „Damals kam man für fünf Mark in das ‚Theater „bemerkenswerteste Oper“. Zehn Tage später erscheinen ihre der Schulen‘.“ Hier konnte man als Kind die ganz Großen Impressions of Bayreuth in der Londoner Times, doch zur Wag- sehen. „Das war ein ganz wichtiger Initiator meiner weiteren nerianerin wird sie in Bayreuth nicht. Vielleicht aber erinnerte Entwicklung hin zum Dirigenten.“ Erzählt Thielemann bei man sich hier noch länger an die schwierige Engländerin, die unserem Gespräch in der Bayreuther Buchhandlung. Es sind einige Bayreuther Verkäufer in den Wahnsinn getrieben haben noch wenige Tage bis zum Beginn der Bayreuther Festspiele dürfte. Woher sollten sie auch wissen, dass sie gerade eine Frau 2021 und wir haben uns vorgenommen, über den Kulturbe- bedienten, die zu einer der bedeutendsten Schriftstellerinnen griff zu sprechen. Zunächst aber wird geplaudert. Und plau- der Moderne des 20. Jahrhunderts werden sollte? dern mit Thielemann heißt: Über Musik zu sprechen. Nein Frank Piontek mehr, viel mehr. Man beginnt die Musik zu hören, sie zu fühlen und vor allem sie zu verstehen. Die Begeisterung des
Anzeige Dirigenten überträgt sich auf den Zuhörer und man kann nur ahnen ob der Euphorie, die einen bei den Schilderungen WAGA ergreift, mit welchem Rausch der Abend im Konzertgraben verbunden ist. Darf sich auch ein Dirigent berauschen? Muss er das Or- LAWEIA! chester nicht völlig unter Kontrolle haben? Auf die Frage, wie das Verhältnis von (eigener) Begeisterung und Disziplin, von Emotion und Handwerk aussieht, hat er, sagt er, eine gute Mittelposition gefunden: „Man kann dort fortgetragen werden von der Musik, wo man es sich erlauben kann“. Die Weisheit kommt auch mit dem Alter – er hat inzwischen „Meisterstück in Strichen“ — ANDREAS PLATTHAUS, F.A.Z. erkannt, dass Richard und Rock gar nicht so weit voneinan- der entfernt sind. Klingt das berühmte Adagietto aus Mah- „Die unkonventionelle Art sich dem Wagner-Werk so zu nähern und den Opernzyklus auf Bilderbogen lers 5. Symphonie nicht so, als könnte man sehr gut dazu zu komprimieren ist einmalig und genial.“ knutschen? Und könnte man den jungen Leuten (und allen — DAGNY BEIDLER, URENKELIN VON RICHARD WAGNER anderen, denke ich) nicht zeigen, dass ein Song von Madon- na in seinen harmonischen Entwicklungen nicht gar so weit entfernt ist von bestimmten Stücken der sog. Klassischen Musik, die einen völlig legalen Rausch erzeugen? Und geht es bei Bruckner, dessen erste fünf Symphonien einschließlich der ganz frühen er gerade mit den Wienern eingespielt hat, nicht zunächst einmal darum, Atmosphäre zu schaffen? „Se- hen Sie, in Strawinskys ‚Sacre du printemps‘ gibt es so schö- ne lyrische Stellen, die muss man herausarbeiten“ – so wie er dafür plädiert, eine Beethoven-Symphonie mit Tempi zu spielen, die in keiner Partitur fixiert wurden. Das macht: die IN Freiheit des Dirigenten gegenüber dem lebendigen Kunst- BAYREUTH EXKLUSIV werk. Beweglichkeit, nicht Dogmatismus. Christian Thiele- BEI BREUER & SOHN manns Interesse an der Geschichte dürfte daher nicht zuletzt in einem ästhetischen Moment liegen. Dass er ein bedeuten- des Buch über die Kunst- und Bewohnergeschichte eines zer- Martin Stark störten ostpreußischen Schlosses (Schloss Friedrichstein) mit Der Ring des Nibelungen nach Richard Wagner auf den Weg brachte, hat mit zweierlei zu tun: dem Wissen, BÜCHERGILDE BILDERBOGEN —extra— dass wir alle nicht aus dem luftleeren Raum kommen, son- 4 + 1 Bilderbogen, beidseitig zweifarbig bedruckt: Das Rheingold, 48 x 66 cm, Die Walküre, 66 x 48 cm, Siegfried, 66 x 72 cm, Götterdämmerung, 96 x 66 cm, dern Vor-Geschichten haben, und der Freude an der Schön- Der Stammbaum, 48 x 66 cm, im festen goldbezogenen Schuber, 24 x 33,2 x 2,5 cm Empfohlener VK € 60,– | ISBN 978-3-86406-102-8 heit, die mit einem prachtvollen Barockbauwerk und einsti- gen Kulturmonument verbunden ist, um dessen literarische buechergilde.de/wagner Rekonstruktion sich zu kümmern nicht allein ihm großen AZ_BBextra_Stark_Wagner_Bayreuther_Kulturbrief_98x210.indd 1 15.07.21 14:02
Spaß macht. „Ach wissen Sie“, sagte er einmal während der Buchvorstellung, „es gibt ja noch viel mehr als die Musik…“. KÜNSTLERGESPRÄCH Jetzt kommen wir zum Kern der Frage: Was ist Kultur? „Kul- tur kann den Menschen einen höheren Sinn des Lebens, eine höhere Daseinsstufe ermöglichen.“ Sagt Thielemann und ergänzt: „Ein Leben ohne Kultur ist kein Leben, Kultur ist Lebensbereicherung.“ Und deswegen sei es eminent wich- tig, Kultur zugänglich zu machen. „Das fängt natürlich in der Schule an. Zwei Mal im Jahr ins Theater gehen, Kunst- und Musikunterricht fördern, Klassenreisen unternehmen.“ Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erleben. „Es geht darum, den Kindern zu zeigen, wie vielfältig das Leben ist.“ Aber man braucht gar nicht so hoch zu greifen. Ein Sonntag- sausflug mit den Eltern, eine Radtour, ein Spaziergang. Auch Kultur ist geistige Nahrung - Ein Gespräch mit den hier beginnt Kultur. „Und in Bayreuth sind die Möglichkei- Solisten Johannes Martin Kränzle und Michael Volle ten ja vielfältig!“ Und das Essen – auch Kultur. „In Bayreuth nimmt man immer zu, weil es hier so gut schmeckt!“ Das Das Dream Team gibt es nicht nur im Basketball. Wenn man hört man natürlich gerne und nicht umsonst sind wir ja auch Johannes Martin Kränzle und Michael Volle miteinander er- Genussregion. Das Wichtigste aber ist, Kultur ist friedens- lebt, ob auf der großen Bühne in den Meistersingern oder im stiftend: „Jeder Mensch hat Sucht nach Harmonie, und Kul- Interview in der Buchhandlung, die beiden ergänzen sich wie tur trägt zur Harmonie bei“. Ein hervorragender Gedanke! ehemals Michael Jordan und Magic Johnson. Wir haben das Wir jedenfalls bedanken uns für das harmonische Gespräch. Dream-Team zu einem gemeinsamen Gespräch eingeladen, Ein Gespräch, in dem man sich schon eine gute halbe Stun- um über den Kulturbegriff zu sprechen. Und schnell merken de lang über die verschiedenen Fassungen der Symphonien wir, wie überkandidelt dieses Wort ist – Kulturbegriff. Dabei Anton Bruckners und die richtige Tempowahl bei Beethoven ist es ganz einfach: „Kultur unterscheidet uns von den Tie- unterhält und sich schließlich daran erinnert, dass es einmal ren“, definiert Michael Volle. Kultur als geistige Nahrung, Städte und Schlösser gab, in denen geistige und materielle die – gleich in welchem Alter – das Unentbehrliche ist, um Güter geschaffen wurden, die uns immer noch erfreuen und die Gesellschaft zu formen. Und ein Bereich der geistigen zum Nachdenken bringen – auch dieses Gespräch, scheint Nahrung ist der Gesang. „Gesang ist eine Grundlage der Kul- uns, ist genau das, worüber es handelt: Kultur, verbunden tur“, ist Martin Kränzle überzeugt. Und Volle pflichtet ihm mit Kreativität und Freude. Und wäre „Klassik zum Knut- bei. Leider sei das Singen aus der Gesellschaft verschwunden. schen“ nicht ein guter Titel für eine Klassik-CD, die das alles „Zu Weihnachten wurde kein Geschenk ausgepackt, ohne verbindet? vorher zwanzig Choräle und zehn Sonaten vorgesungen zu haben“, erzählt er lachend. „Und das bei acht Geschwistern!“ Benjamin Breuer und Frank Piontek Bei Johannes Martin Kränzle war es ähnlich. „Meine Mutter war Musiklehrerin, da war Gesang an der Tagesordnung.“ Hier wurde das Fundament gelegt für die Karrieren als Solis- ten, die auf der ganzen Welt gefragt und gebucht sind. Die beiden sind sich einig: Kulturelle Grundbildung liegt erst einmal zuhause bei den Eltern. Dann folgt die Bildung in
Anzeige der Schule. „Leider sind die Lehrpläne völlig verkopft. Und es hängt immer an einzelnen Lehrern“, meint Volle. Dabei führten schon kleine Initiativen bei manch einem zu einem Aha-Erlebnis. „Wie bei meiner Frau“, erzählt Kränzle. „Sie hat einmal als Kind einen Chor gehört und sich dann sofort selbstständig im Chor angemeldet. Die Noten wurden vom Taschengeld bezahlt.“ Inzwischen ist Frau Kränzle Professo- rin für Gesang. Und das ist eben das Allerwichtigste: dass jeder alles erreichen kann, wenn der zündende Funke über- springt. Deshalb muss der Zugang zur Kultur, speziell zum Gesang, wieder vereinfacht werden. Apropos Singen und Spielen: Es ist durchaus kein Wider- spruch, wenn sie beide, Volle und sein guter Freund, zusam- men in einer New Yorker Meistersinger-Aufführung stehen, die, anders als die Arbeit von Barrie Kosky, traditionell ist. 1. - 12 . S E P T E M B E R 2 0 2 1 „Sie muss nur gut gearbeitet sein. Und Otto Schenks Regie war wirklich sehr detailreich – das macht wahnsinnig Lau- ne“, sagt der nächste New Yorker Sachs. Auch in Bayreuth spüren sie kein Gängelband. Im Gegenteil: „Kosky hat uns gesagt: Macht, was ihr tun könnt, dann können wir einiges weglassen. Nur: er wollte nichts davon weglassen…“. Gestri- chen wurden in diesem Jahr allerdings Wagners Hunde Mar- ke und Molly. Kränzle lacht und bedauert es nicht: „Immer, wenn ich das Kostüm anhatte und das Tier mich abgeleckt hat, habe ich den ganzen Abend wie ein feuchter Hund ge- MAX EMANUEL CENCIC FR ANCO FAGIOLI rochen.“ Was es sonst noch außer Wagner gibt, ist so verschieden wie bereichernd: Kränzle wird in der Festspielzeit zwischen Bay- reuth und Salzburg hin- und herpendeln, weil dort, mit ihm als Don Alfonso, die Così des letzten Jahres wiederaufgenom- men wird, und Volle, der am 16. August einen Liederabend in Wahnfried geben wird, schwärmt vom Freischütz-Film, SIMONE K ER MES JAKUB JÓZEF ORLIŃSKI den er vor einiger Zeit mit wunderbaren Kollegen – dem Franz Grundheber (er imitiert ihn köstlich und basstief ), der www.bayreuthbaroque.de Juliane Banse – in der Sächsischen Schweiz drehen konnte. Die Musik in den berühmten Abbey Road Studios, in denen die Beatles gearbeitet haben, war sowieso Klasse: „Ich bin da“, sagt Volle, „zehnmal über den Zebrastreifen gelaufen“. Dann, abschließend, haben wir uns noch eine ganz besonders kluge Frage ausgedacht – wie lange die beiden wohl noch Kulturbrief Ad (84x194).indd 1 7.7.2021. 21:54:19
singen werden? Tatsächlich bekommen wir eine Antwort: „Besser man sagt: Schade, dass er weg ist, als das man sagt: FICHTELGEBIRGE Gott sei Dank!“, überlegt Volle. „Das sind Gedanken, die sich die älteren Kollegen machen müssen“, ergänzt Kränzle und beide lachen. „Während du Gesangskurse gibst, sing ich ja noch – in Castrop-Rauxel. Den Kaspar!“, feixt Volle. Und damit ist das Thema erledigt. Denn jetzt kommen die Fest- spiele und anschließend geht es nach New York. Warum sie sich beide wieder mit den beiden Rollen, die untrennbar zu- sammengehören, auf einer Bühne wiederfinden? „Ich mach‘s nur, wenn Kränzle den Beckmesser singt!“, das war, so Volle, die Forderung. Das Dream-Team bleibt uns also noch eine Weile erhalten. Und New York ist immer eine Reise wert. Benjamin Breuer und Frank Piontek Festspiele im Fichtelgebirge Anzeige D ie Geschichte der Region wird geprägt von den lokalen Akteuren. Nicht „die Großen der Geschichte“ waren es, die zur Ausbildung einer ganz eigenen, bodenständigen Kul- tur führten, sondern die Menschen vor Ort, die durch ihr Einladung Denken und Handeln, durch ihren Umgang mit der Land- schaft und der Natur, das schufen, was wir heute „Heimat“ nennen dürfen. Die Liebe und Verbundenheit zu ihr führte zur Gründung der beiden „Festspiele“ im Fichtelgebirge an der Luisenburg und am Waldstein. Jüdisches Leben in Bayreuth Das 19. Jahrhundert gilt als Epoche des Umbruchs: Aus der Landwirtschaft und dem parallel dazu entwickelten Hand- Die Universität Bayreuth hilft anlässlich werk entstanden umfassende Wirtschaftssysteme, die schließ- des Festjahres zu 1700 Jahren leben- diger jüdischer Tradition in lich ab den 1880er Jahren in die Hochindustrialisierung und Deutschland mit einem reich- damit auch in eine komplett neue Gesellschaftsstruktur haltigen Programm beim überleiteten. „Das Bürgertum“ konnte sich als Stand etablie- Erinnern und Füllen von Wissenslücken. Freuen Sie ren und sich schnell als tonangebende Instanz positionieren. sich auf Ringvorlesungen, Diese Bürger waren es, die es ab 1800 vermehrt in die heimi- Stadtgespräche, Mitmach- Workshops, eine App, etc. schen Wälder zog, schlichtweg, weil sie es sich leisten konn- Interessierte sind herzlich ten, einmal nichts zu tun. Die Lustwandelei, das Genießen eingeladen! Foto: Waha des Laissez-Faire als Gegenbewegung zum immer häufiger starr strukturierten Alltag war bis dato weithin unbekannt, Nähere Informationen, Programm und Mediathek unter: erlaubte andererseits aber auch eine neue Wahrnehmung der www.juedisches-leben.uni-bayreuth.de göttlichen Schöpfung: Die Wildheit und die Unberührtheit
der Landschaft luden dazu ein, das aufkommende Nati- Aufführungen 1925 führte. Nach Sümmerers Abberufung onalgefühl und die damit einhergehende Heimatverbun- nach München wurde es still um die Festspiele, ehe Oskar denheit durch neue Formen auszudrücken. Und während Froschauer ihnen mit dem Stück „Des Roten Schlosses Un- Novalis von der Blauen Blume schrieb und Caspar David tergang“ 1929 noch einmal Leben einhauchte. Zwischenzeit- Friedrich in bis heute atemberaubender Schönheit die Ver- lich aber war die Infrastruktur stark in Mitleidenschaft ge- bindung zwischen Schöpfer und Schöpfung auf Leinwand zogen worden und selbst wenn der Bayreuther Heldentenor bannte, begannen Honoratioren aus Wunsiedel mit der Josef Schöffel versuchte, die Festspiele durch Ausgabe von Aufführung von „Singspielen“ auf der Felsenbühne Luisen- Anteilsscheinen zu retten, versanken sie in der Vergessenheit. burg, die dadurch als ältestes Freilichttheater Deutschlands Erst 1998 wurden sie von Dr. Reinhardt Schmalz und Dieter gilt. „Kurzweil“ und Zerstreuung für die sonst in Politik und Sailer wiederbelebt: Mit den beiden originalen Stücken und Wirtschaft tätigen Personengruppen standen dabei im Fokus drei extra für die Bühne verfassten Nachfolgewerken finden und lieferten zugleich einen adäquaten Anlass, das Selbstbild die „Waldstein-Festspiele“ seither im regelmäßigen Turnus des elitären Standes zu unterstreichen. statt, wobei sich Laienschauspieler und alles in allem 200 Ehrenamtliche engagieren. Am Waldstein indes, wo sich die Bürger aus Münchberg, Hof und Weißenstadt ab der Jahrhundertmitte vermehrt auf Auch die Luisenburg-Festspiele, die 1890 mit „Die Losburg“, die romantisch verklärten Spuren des Mittelalters machten, ebenfalls einem Spiel, das der romantischen Wahrnehmung kam es 1854 erstmals zu einer kleinen Theateraufführung, als des Mittelalters entspricht, aus der Feder Ludwig Hackers „Der Citherspieler und das Gaugericht“ für die biedermei- den Schritt in Richtung Theater wagten, laden bis heu- erlichen Touristen inszeniert wurde. Auch wenn aus seinem te jährlich hunderttausende Besucher ein. Schon seit 1914 Inhalt nichts weiter bekannt ist, steht zu vermuten, dass das sind hier Berufsschauspieler am Werk, die selbstgeschriebene Stück mit dem Streben des Bürgertums nach „Nationalgeist“ Stücke auf die Bühne bringen, aber auch weithin bekannte und der Fokussierung auf die „Deutsche Geschichte“ in Ein- Werke inszenieren. klang zu bringen war. Immerhin erlebten in jenen Jahrzehn- ten viele historische Stätten ein richtiggehendes Revival und Beide Festspiele, die neben der Luisenburg und die am Gip- so luden auch die inzwischen von Moos und Farn überwu- fel des Waldsteins, sind Zeugnisse einer tiefgehenden Ver- cherten Ruinen des mittelalterlichen Kleinadels dazu ein, den bundenheit zur Heimat und ihrer einmaligen natürlichen neuen „Deutschen Geist“ zu zelebrieren. 1923 schließlich, Schönheit. Darüberhinaus aber zeigen sie auch, wie sich ge- exakt 400 Jahre nach der Zerstörung der Westburg auf dem sellschaftliche Wandlungen auf die Wahrnehmung der Land- Waldsteingipfel, wurde mit „Ihre Burgen sind zerfallen“ der schaft auswirken können und stellen damit wichtige Säulen romantisieren Adelsgeschichte ein theatralisches Denkmal der regionalen Kultur dar. gesetzt. Das kurze Spiel aus der Feder des leider in Vergessen- heit geratenen Heimatdichters Christian Sümmerer übertraf Information: Die Waldstein-Festspiele finden aufgrund der an- alle Erwartungen und veranlasste die Verantwortlichen, 1924 haltend unsicheren Situation voraussichtlich erst wieder 2023, mit „Des Waldsteins Wunderblume“ nachzulegen, ein Stück, zur 500. Wiederkehr der Zerstörung der Westburg, statt. das die Sagenwelt des Fichtelgebirges auf einmalige Weise zu einem bildgewaltigen Epos verquickt, aus dem ein ganz eige- Bild: Szene aus „Des Waldsteins Wunderblume“ von 1924. Die ner Zugang zum Zauber der Natur möglich wird. Innerhalb Bühne befand sich damals inmitten der Felspartien unterhalb eines Jahres besuchten knapp 20.000 Zuschauer die extra des Teufelstisches. angelegte Waldsteinbühne, was zu einer Wiederholung der Adrian Roßner
KÜNSTLERGESPRÄCH Zwischen Froh und Franzbrötchen. Ein Interview mit Roland Wagenführer. A m Grünen Hügel debütierte der Tenor 1998 als Erik im „Fliegenden Holländer“. 2006 leistete er mit seinem Buch „Der Hügel kocht“ einen ganz speziellen Beitrag zur Festspielgeschichte, in dem er mit Prominenten des Hügels deren Lieblingsrezepte kochte. Heute beherrscht der viel- seitige Sänger sogar die Herstellung der hanseatischen Spe- zialität der „Franzbrötchen“ auf höchstem Niveau, wie der Autor dieser Zeilen schon mehrfach beeindruckt feststellen konnte. Wie es danach mit der Karriere des Tenors weiter- ging, erzählt er uns in einem Gespräch für den Bayreuther Kulturbrief. Zunächst einmal: wie kamst Du überhaupt nach Bayreuth`? Über Lübeck, um genau zu sein. Das dortige Theater wur- de renoviert und mit den „Meistersingern“ 1996 wiederer- öffnet, in denen ich den Stolzing sang. Zur Premiere kam auch Wolfgang Wagner, der mich dann zum Vorsingen nach Bayreuth einlud. Er suchte nämlich einen Stolzing für die dortigen nächsten „Meistersinger“
Wie lief das denn ab? Mielitz für mich auf den Spielplan, damit ich Bühnen-Erfah- Gemischt. Da saß neben Wolfgang Wagner nämlich auch die rung in der Rolle sammeln konnte. komplette Dirigentenriege der damaligen Festspiele vor mir: Daniel Barenboim, James Levine, Peter Schneider und Giu- Wie ging es dann mit Deiner Karriere und den Angeboten wei- seppe Sinopoli. Ein solches Publikum stabilisiert das Nerven- ter? kostüm eines jungen Sängers nicht unbedingt. Und es kam, Nach dem Lohengrin-Debüt kamen aber jetzt noch „unmo- was kommen musste: ich brachte im Preislied die Strophen ralische“ Angebote im Wagner-Fach wie die Siegfriede oder durcheinander, brach ab und rief ein deutlich vernehmbares Tannhäuser hinzu. Aber da kam ich nie in Versuchung, da „Sch….!“ in den Zuschauerraum. Da dachte ich nur: „Das ich genau wusste, was meine Stimme konnte, und was ihr war’s dann wohl mit Bayreuth!“ Aber Wolfgang Wagner rief schaden würde. Lohengrin ist für mich wie der Erik auch nur zurück: „Wagenführer, das ist schon ganz anderen pas- im Grunde genommen eine lyrische Rolle, und die passten siert, weiter machen!“ und bat mich danach dann in sein beide perfekt für mich. Weiter wäre ich zu dem Zeitpunkt Büro. „Hast Du gut gemacht, nächstes Jahr singst Du hier auf keinen Fall gegangen, denn ich kam ja aus dem lyrischen den Stolzing!“ Ich war zwar perplex aber nicht wahnsinnig, Fach: Hans in der „Verkauften Braut“, Ferrando, Rodolfo, denn ich wusste: was für Lübeck ganz ok war, würde für Tamino und für Hans-Werner Henze habe ich sogar mal den den Hügel noch nicht ausreichen in dieser schwierigen Rolle. Belmonte vorgesungen. Und so einigten wir uns dann auf den Erik im „Fliegenden Holländer“ im Jahr 1998. Wie kam das? Henze wollte mich in einem Vorsingen hören, aber der Pia- Wie ist denn das, wenn man als Neuling das erste Mal zu den nist kam nicht. Da fragte er mich etwas schüchtern: „Macht Proben nach Bayreuth kommt? Wie nehmen einen die Kollegen es Ihnen etwas aus, wenn ich Sie selbst begleite?“ Ich sagte da auf? natürlich derart überraschend geehrt; „Natürlich nicht! Was 1997 kam ich bereits zu den Vorproben der Dieter Dorn In- möchten Sie denn hören?“ Henze sagte daraufhin: „Kennen szenierung vom „Fliegenden Holländer“ zum Hügel. Das Sie vielleicht etwas in C-Dur…?“ Da sang ich die erste Bel- war auch eine Produktion, die man nicht vergisst, dieses sich monte-Arie und wurde engagiert. langsam um seine Achse drehende Haus dürfte wohl allen Zuschauern unvergessen geblieben sein. Ich habe mich da- Im darauffolgenden Jahr, 2000, hast Du erneut den Lohengrin mals schon sehr wohl dort gefühlt, die Kollegen vor Ort nah- übernommen und zusätzlich den Froh im „Rheingold“ unter men mich unglaublich nett auf, und später wählten sie mich Giuseppe Sinopoli. sogar zum Solistensprecher. Es ist in Bayreuth ja Usus, dass man neben den ganz großen Partien parallel auch einmal die ein oder andere kleinere Rol- Wie erinnerst Du Dich an das folgende Jahr,1999, das mit dem le mit übernimmt. Aber dieser Sommer lief sehr unglücklich Lohengrin ja ein Debüt mit sich brachte, das für einen Sänger für mich. Nach der ersten „Lohengrin“-Aufführung merkte kaum zu bestreiten ist, ohne sich klar zu werden, wer vor einem ich schon, dass etwas nicht stimmte mit meiner Stimme. Ich hier schon diese Rolle singen durfte.Wie geht man als Sänger mit musste nach jeweils zwei Vorstellungen die Auftritte danach solchem Druck um? Wie groß ist das Lampenfieber? absagen. Ich konnte aber nicht erkennen, woran es liegen Lampenfieber? (lacht) Da hat man die Hosen gestrichen voll konnte. Einige „Spezialisten“ meinten sofort zu erkennen, bis zur Halskrause…. Aber der damalige Intendant der Sem- dass ich zu früh zu schwere Rollen gesungen hätte. Aber das per-Oper, Christoph Albrecht, hatte mir sehr geholfen. Er war es natürlich nicht. Ich hatte zuvor gerade noch eine wun- setzte das Werk in der legendären Inszenierung von Christine
Anzeige derbare Lohengrin-Serie in Barcelona am“ Liceu“ gesungen gehabt, da war alles noch in bester Ordnung. Als Sänger merkt man es als erstes, wenn etwas nicht stimmt. Heute bin ich mir sehr sicher, dass das schon die ersten Anzeichen der Multiplen Sklerose bei mir waren, die später bei mir entdeckt wurde. Stimmbänder sind eben auch Muskeln und bleiben davor leider auch nicht immer gefeit. Wie hast Du versucht, da gegen zu steuern? Erst denkt man natürlich, dass das ein stimmtechnisches Problem ist. Ich habe wieder Unterricht genommen, parallel habe ich mich von Hals-Nasen-Ohren-Ärzten checken las- sen. Jeder glaubte auch, etwas gefunden zu haben, an dem es liegen konnte, aber es trat im Endeffekt keine wirkliche Ver- besserung ein. Das machte mich wahnsinnig, in der Luft zu hängen und nicht zu wissen, was mit einem los ist. Und ich hatte natürlich Verträge international von Florenz bis Lon- don und bis in die weite Zukunft, die waren natürlich alle gefährdet. Da habe ich mich dazu entschlossen, lieber aufzu- hören. Zwischendurch habe ich noch mit Michael Gielen ein „Lied von der Erde“ gesungen und in Dresden den Loge un- ter Semjon Bychkov in der Inszenierung von Willy Decker, der auch recht gut lief, wobei das natürlich eine Rolle ist, die rein sängerisch nicht so viel verlangt wie Lohengrin und Co. Warst Du zu dem Zeitpunkt noch in einem Ensemble? Nein, leider nicht. Wenn der Erfolg und die Gastspiele dann zunehmen, ist das mit regelmäßigen Auftritten in einem En- semble nicht mehr praktisch vereinbar. Man entscheidet sich dann eigentlich immer für eine Laufbahn als freischaffender Sänger. Das ist natürlich dann schlecht, wenn einen dann so eine Krankheit heimsucht. Du bist aber später wieder in ein Ensemble gekommen, nämlich hier in Hannover. Wie kam es dazu? Das war ein mehr oder weniger glücklicher Zufall. Ich war damals in Graz und hatte dort als Gast entdeckt, wie viel Spaß es mir machte, die kleineren Charakterrollen zu singen, die Comprimarii, wie die Italiener diese Partien so schön nennen. Jürgen Reitzler war dort damals künstlerischer Be-
triebsdirektor, den ich noch aus meiner Zeit aus Coburg kannte. Er wechselte dann in dieser Position nach Hanno- FESTSPIELE ver. Von dort kam dann im Jahr 2006 eine Anfrage, ob ich mir vorstellen könnte, ins Ensemble zu kommen als erfah- rener Sänger, der eben auch schauspielerisches Talent hatte. Auch Musicals kamen dann dort für mich stärker in den Focus, Tevje in Anatevka eben, „My Fair Lady“, „How to suceed in business“ oder „Kiss me, Kate“! Und natürlich Operette, die ja immer mein Steckenpferd war. Das Singen machte mir wieder Freude, weil der ganze Stress und Leistungsdruck auf einmal weg waren. Ich konnte nach den Vorstellungen in meinem eigenen Bett schlafen, und wenn mal ein Ton nicht 100%ig kam, hat nicht gleich die halbe Opernwelt deshalb aufgeschrien. Ich konnte wieder Freundschaften pflegen, mich mehr um meine Familie küm- mern und einfach wieder zu mir finden. Ich bedauere heute Der englische Pianist und Komponist Clement Harris sehr, durch meine Karriere das Großwerden meiner Kinder (1871 bis 1897) bei den Bayreuther Festspielen 1891 mehr oder weniger verpasst zu haben durch meine interna- tionale Karriere. Ich habe mir vorgenommen, dass jetzt bei Im Juli 2021 gedenken Musikfreunde in London, Frankfurt, meinen Enkeln anders zu machen! Heidelberg und Athen des 150. Geburtstages von Clement Harris - Bayreuth feierte diesen besonderen Geburtstag sogar Dr. Stefan Mauß mit einem Klavier-Konzert bei Steingraeber & Söhne. Was den zwanzigjährigen Künstler mit den Wagners und dem Grünen Hügel verband? Anzeige Im Alter von sechzehn Jahren entschied sich Clement Har- ris endgültig für das Klavier, es wurde (nach der Geige) das Instrument seines Lebens. Wenn er Konzertpianist werden wollte, so war die Überlegung seiner wohlhabenden Londo- ner Familie, die eine internationale Reederei besaß, gab es in Deutschland eine Legende, die Garantin für eine große Karriere war: Clara Schumann. Die Witwe des Komponisten Robert Schumann, selbst eine phänomenale Pianistin, leitete rosalie und die Meisterklasse am Hoch‘schen Konservatorium in Frank- furt am Main. Im Herbst 1887 machte sich der ehrgeizige wagner junge Mann auf den Weg, erlernte die deutsche Sprache (mit licht – mythos – material hessischem Einschlag und britischem Akzent) und übte zwei Jahre intensiv, um im Sommer 1889 bei Frau Schumann auf- www.wagnermuseum.de genommen zu werden. Durch englische Kontakte fand er in Foto: Wolf-Dieter Gericke der Main-Metropole sehr schnell Aufnahme in aristokrati- sche Kreise (Töchter von Queen Victoria waren in deutsche
Fürstentümer und ins kaiserliche Berlin verheiratet worden) zwanzig geworden, ein charmanter Jüngling mit ausgespro- sowie in den künstlerischen Salon im Hause Edward Speyer. chen guten Manieren aus priviligierten Verhältnissen, ein Dort verkehrten neben Clara Schumann, Johannes Brahms, talentierter Musiker, der fließend Englisch, Deutsch und dem Maler Hans Thoma u.a. auch Daniela und Dr. Hen- Französisch sprach und für das Werk Wagners leidenschaft- ry Thode. Daniela war die älteste Tochter Cosima Wagners lich eintrat - Cosima spannte ihn sogleich für ihre Zwecke aus der Ehe mit dem Dirigenten Hans von Bülow. Noch ein, indem sie ihn bat, die Festspielleitung zu unterstützen, ein Name spielt eine wesentliche Rolle: Engelbert Hum- indem er die „fremdsprachige Korrespondenz“ erledigte und perdinck. Der Parsifal-Assistent Richard Wagners verdiente besondere Festspielgäste aus dem Ausland betreute. seinen Lebensunterhalt als Lektor für den Verlag Schott in Clement Harris erlebte seinen Favoriten, die Oper „Tristan“, Mainz und als Dozent am Hoch‘schen Konservatorium. Co- und notierte im Tagebuch seine Eindrücke. sima bat „das Hümpchen“, sich um ihren Sohn Siegfried zu „Glücklicherweise saß ich die ganze Zeit in der Familienloge, kümmern und ihm die Grundlagen für eine mögliche Mu- denn während des letzten Aktes war ich viel zu aufgeregt und siker-Existenz zu vermitteln. Der Wahnfried-Erbe hatte sich völlig zermürbt. Ich gebe zu: Ich schluchzte wie ein Kind!“ jedoch noch längst nicht für das Festspieltheater auf dem Bei allen Einflüssen stellte er an anderer Stelle klar: „Frau Hügel entschieden. Aber er pendelte häufig zwischen Karls- Wagner ist eine ungewöhnliche Frau von starker Faszination. ruhe, wo der Dirigent Felix Mottl als Generalmusikdirektor An der Judenhatz beteiligte ich mich in keinem Moment...“ die Oper prägte und Frankfurt häufig hin und her und hatte Clement Harris erhielt von seinen Eltern als Geschenk zum zu seiner Halbschwester und seinem Schwager eine durchaus 21. eine Reise um die halbe Welt. Im November 1891 traf enge Beziehung. Und so lernten sie sich kennen, der eine ein Brief in Wahnfried ein, worin er Siegfrieds Mutter dar- 18, der andere 20, im Hause Speyer. Clement, der seit 1889 um bat, ihr Sohn dürfe ihn als sein Reisegefährte begleiten. Tagebuch führte, notierte zu ihrer ersten Begegnung. Auch wenn Cosimas erster Impuls gewesen sein mag, dem „Der Sohn des Riesen war auch da. Wir hatten ein langes Wahnfried-Erben diese Zustimmung zu verweigern, musste Gespräch über Wagner. Er sieht seinem Vater sehr ähnlich, sie doch einsehen, dass Siegfried die Aussicht auf die Rei- hat aber einen weniger mächtigen Kopf!“ In den Jahren se „wie eine Befreiung“ empfand. Es ist nicht übertrieben 1890 bis 1892 hatten die Freunde intensiven Kontakt, was zu sagen, dass es auch dem Einfluss von Clement Harris zu schließlich dazu führte, dass Clement Harris die Familie verdanken ist, dass Siegfried sein Bayreuther Erbe akzeptier- Wagner in den Sommerwochen 1891 besuchte. Wie stark te. Der Brite, der seine Studien in Heidelberg fortsetzte und seine Begeisterung für Wagner war, lässt sich angesichts eines bis 1896 als Pianist, Arrangeur und erfolgreicher Kompo- Tagebuch-Eintrags vom 8. Juli 1890, seinem 19. Geburtstag nist auf sich aufmerksam machen konnte, engagierte sich für ermessen: sein Sehnsuchtsland und fiel mit 25 Jahren als freiwilliger „Es gibt nur einen, den ich wage, zum Vorbild meiner Wün- Kämpfer bei der Bergfestung Pente Pigadia (Fünf Brunnen) sche zu erheben. Ihn, der zwanzigmal mehr gelitten hat als in Griechenland. Das war am 23. April 1897. Er sah sich we- ich: Ihn, der in Kunst und Leben die Philister und Ungläu- der als Held noch als Opfer. Vielmehr setzte er aus innerster bigen bekämpfte und zuletzt den Sieg errang: Er sei mein Überzeugung, der an die Zukunft Hellas glaubte, sein Leben Leitstern, der Leuchtturm in brandender See und ein Hafen, aufs Spiel. Ein großes Talent ging der Musikwelt dadurch in dem ich ankern kann. O könnte ich doch alle Gegner von verloren. der Echtheit und gigantischen Größe des Meisters überzeu- Claus J. Frankl gen.“ Kein Wunder, dass er bei solch großem Enthusiasmus in Wahnfried mit offenen Armen empfangen wurde. Er war
Anzeige Porzellanikon NAIS VOM HEINER Hohenberg a. d. Eger Weltstadt auf Zeit Villa & Sammlung S o elf Monat, sooch iech bloß, is in Bareid fei wenig los doch im August, do werrnsa munter, klappnsa die Gehsteich nunter. Ieberoll do hänga Fohna alla Leit, die wo do wohna wissn etzertla Bescheid, in Bareid is Festspillzeit. Wenn alla Stroßn nai geteert, es werd ka Baustellnlärm mehr ghert aa im Werzhaus, schautna her zohlst a Fuchzgerla glei mehr. Und werkli wohr in alla Lädn lieng Notn, blecherna Drumbeedn und sogoor im Metzgerloodn steht der Wonger nebern Brotn. Es kumma aa aus aller Welt die Leit und bringa uns a Geld und ieberoll is a Mordsgschrei wer derf ins Deoder nei. Porzellanikon Selb A jeder fühltsi prominent wall er an kennt, der wo an kennt Fabrik & und erklärt fei ungeniert wer heier widder dirigiert. Technik Aaner schreit, des derf net saa do dirigiert fei etz a Fraa des hots frieher gornet gebn, dass mir sowos nuch derlebn. www.porzellanikon.org 20210713_Bayreuther_Kulturbrief_84x194mm.indd 1 13.07.2021 13:28:42
VOM GRÜNEN HÜGEL Und ieberhaupt, soocht er dann glei do bringt miech fei kaaner nei wall mir Bareider ohne Lieng ja aa kanna Kaddn krieng. Do hobbi gsocht, des werd dro felln Du musst erst amol bestelln wall die Kaddn ungelong werrnda fei net noochgetrong. © courtesy of the artist Dabei is des doch so schee in a Oper, a Konzert zu geh und etzert konnst a tichtich schwitzn host neber dir ja kann zu sitzn. Doch eigentlich freia sich die Leit, Der Grenzgänger: Jay Scheib dass Festspiele sin do in Bareid und wers net mooch in jedn Fall fährt in Urlaub halt awall. E r ist ein Tausendsassa, also nicht allein der Mann für Wag- ner, sondern auch für das Sprechtheater, das Musical, die Medienkunst. Jay Scheib ist, so scheint‘s, ein US-amerikani- scher Selbst(er)findungskünstler, dessen Projekte von erstaun- Und erzählt oo jedn Strand licher Vielfältigkeit sind. Es war wohl ein Wagner-Projekt, das ganz stolz im In- oder Ausland ihm den Auftrag verschaffte, für die Bayreuther Festspiele eine aus Bareid bin iech fei doo, besondere Siegfried-Variation zu kreieren, aber angesichts sei- Wonger, no sie wissn scho. ner vielen anderen Produktionen hätte es kaum die Referenz gebraucht. Scheib, Jahrgang 1969, absolvierte zunächst eine Reinhold Hartmann zünftige Universitätsausbildung: an der Columbia University School of the Arts machte er seinen Master of Fine Arts in Theaterregie. Was folgte, ist eine Reihe von vielen internatio- nalen Produktionen, aber vor allem von interessanten Namen: zwischen Antonin Artaud (Le Jet de Sang) und Heiner Müller (Mommsens Block), Anton Tschechow (Platonow) und Gertru- de Stein (The Making of Americans), zwischen fast klassischem Musiktheater und einem Post-Punk-Liederabend spannt sich für den kreativen Mann aus Iowa eine Bühnenwelt auf, die sich vor allem, aber nicht allein für die neue Theaterkunst enga- giert. Was Scheib interessiert, sind Übergänge; dass er zusam- men mit dem Komponisten Keeril Makan aus Ingmar Berg- mans Film Persona eine Oper machte, ist kein Zufall. Schon
die bloße Nennung seiner Arbeiten für das Musiktheater ist beeindruckend vielfältig. Jim Steinmans Musical Bat Out of NEUE WAGNER - LITERATUR Hell (London Coliseum 2017: bestes Musical des Jahres), steht neben Addicted to Bad Ideas, einem „Liederabend“ über Peter Lorre, A House in Bali, eine „Live-Kino-Oper“ neben Irena Popovichs Mozart Luster Lustik (Sava Center Belgrad), die No- vaflot-Opernsaga Kommander Kobayashi, u.a. mit Musik von Moritz Eggert (Staatstheater Saarbrücken) neben zwei von ei- ner Gitarre begleiteten Shakespeare-Projekten: Margarethham- let (Berlin) und All Good Everything Good nach All‘s Well That Ends Well (UA Bologna) für eine Darstellerin. Dagegen könn- te die Inszenierung von Thomas Adès‘ Donna Giovanna-Oper Wagner und kein Ende… Das wichtigste Wagner-Buch des Powder Her Face (New York City Opera 2013) fast herkömm- Jahres ist wieder ein Quellenband. Denn nirgendwo anders als lich wirken. Kam 2016 eine neue Version von Carmen heraus, in Wagners eigenen Werken und Schriften lernt man ihn so so folgte 2017 an der Oper Wuppertal sein bislang einziges gut kennen. Auch der 27. Band der Sämtlichen Wagner-Briefe Wagner-Projekt: freilich nicht als „reiner“ Wagner. Surrogate überrascht mit vielen Neufunden und Erstpublikationen, die Cities/Götterdämmerung bot eine Mixtur aus Orchesterstücken belegen, dass auch von Wagner noch längst nicht alles gesagt von Heiner Goebbels und dem letzten Akt der Tetralogie. Das ist. 1875: das war das Jahr vor den ersten Festspielen. Noch ist Ring-Finale in einer modernen Großstadt, das war das Kons- nichts in trockenen Tüchern, noch sucht der Festspielleiter seine trukt: „Durch den 3. Akt der Götterdämmerung gewinnt die Sänger und Musiker zusammen, noch muss er um Geld kämp- Frage der Surrogate Cities nach Verantwortung, Ethik und fen, um das Unternehmen über die Bühne gehen zu lassen, ein der Zukunft eine globale Dimension: Wie kann das Zu- Verlegerstreit um die Neufassung des Tannhäuser belastet zu- sammenleben in der Stadtgesellschaft der Zukunft gelingen, sätzlich. Im Kleinklein des Arbeitsalltags enthüllt sich Wagners wenn der Mensch letztlich von Machtstreben und Gleichgül- Zähigkeit, aber auch sein Charme, seine Verzweiflung und seine tigkeit dominiert wird?“ Damals sah man in eine Wohnung Zuversicht. Ein Lektüre-Muss für jeden, der Wagner, seine un- ohne Mauern, eine Stadt ohne Ort, in der, so Scheib, „Spuren mittelbare Umgebung wirklich kennen lernen will. kollektiver und persönlicher Erinnerung auftauchen, die mit Momentaufnahmen der Jetzt-Zeit verknüpft werden“, wobei Richard Wagner: Sämtliche Briefe, Bd. 27 (1875). Breitkopf & „die Kamera als Vehikel für die Konfrontation der Realität mit Härtel, 2021. 728 Seiten. 74 Euro. der Fiktion und umgekehrt“ dient. In Bayreuth geht Scheib noch einen Schritt weiter. Denn die „multimediale Arbeit Sei Siegfried“ – so heißt es auf der Homepage der Festspiele – „er- möglicht den Besuchern, selbst in die Rolle des Siegfried zu schlüpfen und gegen Fafner den Drachen zu kämpfen.“ My- thos und Moderne werden, so gesehen, spielerisch verwoben. Man darf also gespannt sein, in welchen Wald uns Jay Scheib hineinführen wird – und wie das Monster aussieht, mit dem er uns konfrontiert. Frank Piontek Die „Theuerste Nichte“ – so nannte Cosima Wagner die Ham- burger Bürgermeistertochter Antonie „Toni“ Petersen. Ohne die
Anzeige Frau an der Elbe hätte Wagner für sein Festspielunternehmen ge- wiss nicht ganz so viele Unterstützer werben können. Es war vor allem Cosima Wagner, die den Kontakt zur musikbegeisterten Toni aufrecht hielt. Die glänzend kommentierte Briefsammlung wurde ausgestattet mit erstklassig reproduzierten Fotos, die die persönlichen und beruflichen Beziehungen der beiden Frauen im einseitig überlieferten Briefwechsel reizvoll und facettenreich aufschimmern lassen: auch als eine Hamburger Wagnertheater- geschichte in nuce. Richard-Wagner-Verband Claudia Graciela Petersen: An die „theuerste Nichte“. Cosima Bayreuth präsentiert: Wagner im Spiegel ihrer Korrespondenz mit der Hamburger Bürgermeistertochter Antonie Petersen. Leipziger Universitäts- verlag, 2020. 251 Seiten, 72 Bilder und 31 Seiten Brieffaksi- mile. 29 Euro. AUF EIN WIE IN 2 DERSE 022 HEN Dass über Wagner schon alles gesagt ist, ist so wahr wie die Be- hauptung, dass die Erde eine Scheibe sei. Die deutsche Wag- ner-Fachzeitschrift bündelte im 2. Halbjahr sieben profunde Beiträge zum Themenfeld „Wagner – USA – Kurt Weill“, um zu belegen, dass die Beziehungen der Werke Wagners zur US-ame- rikanischen Kultur nicht über einen Kamm zu scheren sind. Einführungsvorträge Dazugepackt: ein origineller Beitrag über „Wagners Köchin“, die musikalische Beziehung Liszts zu Wagner, ein Gespräch mit von Jürgen Ern John Lundgren (einem Bayreuther Wotan) und weitere Beiträge zum Ring und zu Wagners Lieblingswort „Wonne“. Hintergründe Der Band des 1. Halbjahrs 2021 kreist mit sechs großen Aufsät- Handlung und Symbolik zen um die Festspiel-Premiere des Jahres, also um den Fliegenden Musikbeispiele Holländer: von der Entstehungsgeschichte über Fassungsfragen Inszenierung zur Verfilmung durch Joachim Herz. Als Zugabe gibt es diesmal eine kommentierte Edition von 20 (!) neu- bzw. wiederaufge-
fundenen Gedichten Richard Wagners; eine „Gesamtausgabe“ erschien bekanntlich 2019 im Verlag Breuer & Sohn. Wagnerspectrum 2/2020. Schwerpunkt: Wagner - Weill – Ame- rika. Königshausen & Neumann. 380 Seiten. Wagnerspectrum 1/2021. Schwerpunkt: Der fliegende Hollän- der. Königshausen & Neumann. 352 Seiten. Jew. 24,80 Euro. Mit dem Sammelband Wagner Weimar Eisenach bewegen wir uns im Spannungsfeld von Kultur und Politik, auch von The- orie des Entwurfs und Praxis des Werks. Die Autoren unter- suchten Gemeinsames und Trennendes in Liszts und Wagners Kunst- und Kulturentwürfen, begaben sich auf die Spuren der Sänger und Sängerinnen, die Wagners Werke in Weimar und weit darüber hinaus populär machten, und publizierten zum Mit den Prachtgemäuern vollendeten die Autoren eine Tetralogie ersten Mal den Entwurf für das Sgrafitto von Haus Wahnfried, von umfangreichen Bänden, die dem Festspielhaus, dem Haus der sich in Eisenach erhielt. Dass Wagner nicht ohne die politi- Wahnfried, Wagners Lebens- und Reiseorten und nun en detail schen Zeitumstände, ohne die adligen Unterstützer und Franz den Schweizer Wohnungen und Venedig gewidmet sind. Wir Liszt zu haben ist: der gut konzipierte Band macht es mit origi- erhalten auch durch Quellenneufunde Einblicke in selten bis nellen Funden und Fund-Deutungen wieder einmal klar. nie abgebildete Räume, um Wagners Umwelt genau zu erfor- schen. Wirklich spannend wird der Band dort, wo jene Figuren Helen Geyer (u.a. Hrgg.): Wagner Weimar Eisenach. Richard Wag- genauer beleuchtet werden, die Wagner auf seinem Lebensweg ner im Spannungsfeld von Kultur und Politik. Transcript, 2020. direkt und indirekt begleiteten. Zu erfahren, wer Alfred Escher 220 Seiten. 34,99 Euro. war, ist nicht allein in Hinsicht auf die Escherhäuser am Zelt- weg relevant. Neben den bekannten Schweizer Freunden sind es die unbekannten, meist deutschen Maler, die im venezianischen Teil des Buchs ihren erstmaligen Auftritt in der Wagner-Biogra- phik haben. Und die Fotos sind immer erstklassig. Christian Bührle, Markus Kiesel, Joachim Mildner: Pracht- gemäuer. Wagner-Orte in Zürich, Luzern, Tribschen und Ve- nedig. ConBrio, 2020. 284 Seiten, viele Abbildungen. 58 Euro. Ins Spannungsfeld von Theorie und Praxis begibt man sich auch, wenn man sich genauer anschaut, wie Wagner zu singen ist und wie er (vermutlich) zu seiner Zeit gesungen worden ist. Mehrere Autoren haben sich mit den historischen, aber auch den stimmtechnischen Voraussetzungen befasst, die das Beson- dere des Phänomens „Wagnergesang“ zu beschreiben versuchen.
Anzeige Anzeige Kultursommer 2021 Kultursommer 2021 Fränkisches Genussfest Humboldt-Wanderung Goldkronach im Barockgarten von Schloss Goldkronach mit Jeweils Samstag, Präsentation aller Humboldtspezialitäten und 21.8., 18.9., und 16.10. von 11.00 – 16.00 Uhr musikalischer Umrahmung durch das Frankenquartett mit Siggi Stadter sowie die Zollkapelle Nürnberg Geführte Humboldt- Wanderungen mit am Sonntag, 8. August 2021 von 11.00 - 18.00 Uhr David Zinke und Hartmut Koschyk auf dem Humboldtweg rund um Goldkronach mit Humboldt-Brotzeit. Während der Wanderungen gibt es Erläuterungen über die Geschichte des Bergbaus in Goldkronach und die fränkischen Jahre Alexander von Humboldts. Ausgangs- und Zielpunkt: Marktplatz Goldkronach Ein Liederabend mit Freunden von Alexander von Humboldt Linus Cuno und Band mit Antonia Ruck, Gesang und Kirill Kvetniy, Flügel Konzert in der Evangelischen Stadtkirche Goldkronach in der Kath. Kirche St. Michael Goldkronach am Samstag, am Samstag, 14. August 2021 um 19.30 Uhr 28. August 2021 um 19.30 Uhr Die Veranstaltungen finden unter Einhaltung aller Corona-bedingten Vorgaben statt. Für die Konzerte und die Wanderung ist die Teilnahme nur nach telefonischer Anmeldung unter: 09241 / 48 58 59 2 möglich. www.humboldt-kulturforum.de www.humboldt-kulturforum.de
Hier Wilhelmine Schröder-Devrient, die für Wagner durchaus nicht die beste Sängerin war, dort ein paar Gespräche mit Sän- gern und Sängerinnen und einer Dirigentin, die ihre Erfahrun- gen mit den Werken Richard Wagners diskutieren. Ein Muss für alle, die wissen wollen, wie er (der Wagnergesang) gemacht wird – oder gemacht werden könnte. Isolde Schmid-Reiter (Hrg.): Worttonmelodie. Die Heraus- forderung, Wagner zu singen. ConBrio 2020. 299 Seiten. 29 Euro. Die Justiz bzw. Rechtsgeschichte dürfte ein besonderes Recht dazu besitzen, über die Werke eines Mannes zu schreiben, der in so ziemlich allen seinen Opern und Musikdramen juristische Fallen aufgestellt hat. Wolfgang Schild hat in seinem Sammel- band seine 14 „kleinen Schriften“ zu Wagner zusammengestellt, in denen er sich v.a. dem Lohengrin, dem Ring und Parsifal wid- met, um – immer auf der Basis eines genauen Quellenstudiums – zu bisweilen überraschenden, doch immer überzeugenden Antworten zu finden. Wer der Meinung ist, dass es jenseits der Klangmagie von Wagners genialen Bühnenstücken eine philolo- gisch vermittelbare Schicht gibt, die uns den Sinn dieser Stücke Eine weitere Neuerscheinung hat es mit Theorie und Praxis, mit erst begreifen lässt, sollte zu Schilds profunden Analysen greifen. den Schriften und der Bühnenrealität und -technik zu tun. Der dritte Band der Reihe Diskurs Bayreuth dokumentiert die Vor- Wolfgang Schild: Richard Wagner – Recht betrachtet. Verlag De- träge und Gespräche, die in diesem dritten Symposion in Wahn- Gruyter, 2020. 458 Seiten. 119,95 Euro. fried gebracht wurden. Hier geht‘s um die Wagner-Auffüh- rungspraxis gestern und heute. Als man sich 2019 in Wahnfried traf, hatte man gerade Tobias Kratzers Tannhäuser-Inszenierung hinter sich gebracht, über die so viel Gutes wie Problematisches zu berichten war. Der Diskurs Bayreuth aber brachte nicht allein Gespräche mit dem Regisseur und einigen Kollegen, sondern tiefe Einblicke in das Phänomen der Wagner-Regie: exempli- fiziert an herausragenden Inszenierungen, historischen Figuren und Phänomen, nicht zuletzt an der Frage, was das Gestern mit dem Heute zu tun haben könnte, vielleicht auch müsste. Ein Buch zum Weiterdenken. Der blaue Lohengrin – dies war das Schlagwort, das die In- Szenen-Macher. Wagner-Regie vom 19. Jahrhundert bis heute (= szenierung des Werks durch Yuval Sharon bei den Bayreuther Diskurs Bayreuth 3). Hrg. von Katharina Wagner, Holger von Berg Festspielen 2018 am besten traf. Nun haben Rosa Loy und und Marie Luise Maintz. Bärenreiter, 2020. 238 Seiten. 38,95 Neo Rauch ein Buch vorgelegt, das Loys Kostümentwürfe und Euro. Rauchs Bühnenbildskizzen in einem höchst ansehnlichen ge-
Anzeige stalteten Band vereinigt. Hinzu kam ein schöner Begleittext des Dirigenten der Produktion, von Christian Thielemann also, der einige wertvolle Hinweise zur Interpretation der Oper dazugibt. Ein Geschenk – auch für die, die die Inszenierung vielleicht nicht mochten, weil es Einiges zu erklären vermag. Richard Wagner: Lohengrin. In Bildern von Rosa Loy und Neo Rauch. Mit einer Einführung von Christian Thielemann. Verlag C.H. Beck, 2020. 152 Seiten, 51 farbige Abbildungen. 34 Euro. Früher gab es Moritatensänger und Bilderbogen, heute gibt es nur noch Bilderbogen. Jüngst erschienen vier zum Ring des Nibelungen. Hat man das schon mal gehabt? Den kompletten Text jedes Musikdramas auf der Rückseite, auf der Vorderseite eine Riesenzeichnung in übereinanderlappenden Segmenten, in denen die Figuren und die wichtigsten Handlungsmomente auf einem Blick sichtbar sind? Dazugelegt: ein Blatt mit dem gesamten Ring-Personal. Bei Martin Stark wird aus der mythi- schen Moritat ein graphisches, optisch variantenreiches Kunst- werk in Schwarzweiß – und Gold! Womit die Wagner-Kunst- geschichte um eine schöne originelle Variante reicher geworden ist: für Kenner, Liebhaber und Novizen. Der Ring des Nibelungen nach Richard Wagner. Illustriert von Martin Stark. Büchergilde Gutenberg, 2020. 60,- Euro. Anzeige Die vorgestellten Bücher finden Sie alle im Festspielregal der Bayreuther Buch- handlung Breuer & Sohn am Luitpold- platz 9 im Herzen Bayreuths.
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