Fit für die - IHK-Magazin
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www.ihk-muenchen.de 02/2020 Fit für die Zukunft Mit Au Weite s- und rbild Fachk ung heran räfte ziehen Mitarb und eiter motiv ieren Pionierin Einzelhandel Smart City Wie Unternehmerin Katharina Kreitz mit So verknüpfen Firmen erfolgreich Wie wird die Vision von der Spezialsonden einen neuen Markt erobert reale und virtuelle Shops intelligenten Stadt Realität?
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EDITORIAL Europa Machen, nicht meckern Ja, es ist ärgerlich, was uns der Brexit für den unternehmerischen Alltag beschert: eine Rückkehr zu erledigt geglaubter Bürokratie. Störende Hürden, wo bislang freier Warenver- kehr herrschte. Noch unbekannte Vorschriften, Abkommen und Gesetze, die das Zusam- menleben der EU und Großbritanniens neu regeln werden. Mit Bedauern dürften die Volkswirtschaften und Gesellschaften beiderseits des Ärmelkanals nun erkennen, dass bei allem Gemeckere über die EU die Vorteile der Gemeinschaft auf der Hand liegen – vor allem, wenn man sich erst einmal mit den Nachteilen einer Trennung ar- rangieren muss. Die übergeordneten, langfristigen Werte sind dann doch aussagekräftiger als von Stimmungsschwankungen beeinflusste Tageseinschätzungen. Auf politischer Ebene ist derzeit noch die Versuchung groß, an Großbritannien ein Exempel zu statuieren. Das mag im Schaufenster Wirkung erzielen, für das wirkliche Leben taugt es nicht. Der kluge Kaufmann weiß: Ein unaufgeregter Umgang mit der Gegenwart und ein optimistischer Ansatz für die Zukunft bringen einen am zügigsten voran. Es gilt schließlich, etwas zu bewahren, was man nicht leichtfertig aufs Spiel setzt. Für den exportorientierten Technologiestandort München und Oberbayern ist Großbritannien bisher einer der wich- tigsten Wirtschafts- und Handelspartner. Derlei gibt man nicht aus schlechter Laune heraus preis, schon gar nicht, wenn dieser Partner in nächster Nachbarschaft anzutreffen ist. Betrachten wir daher den Umgang mit dem Brexit als klas- sischen Fall von Change Management, als einen effizienten Umgang mit Veränderungen. Davon gibt es einige, vom Klimawandel über Handelskriege bis zum demografischen Faktor. Von ihnen dürfen wir uns als Unternehmen nicht ab- lenken lassen, indem wir den Brexit als Problem überhöhen. Wir Unternehmer sind gefordert, im eigenen wie im euro- päischen Interesse unsere Möglichkeiten für ein entspann- tes Miteinander zu nutzen. So gebietet es uns die Vernunft im Umgang mit Geschäftspartnern. So gebietet es uns aber noch mehr unsere Verantwortung für die Gesellschaft an un- serem Standort mitten in einem Europa, das nur mit verein- ten Kräften im Konzert der globalen Wirtschaftskräfte seine Foto: Faces by Frank Rolle behaupten kann. Dr. Eberhard Sasse, Präsident der IHK für München und Oberbayern Folgen Sie mir auf Twitter @IHK_MUC_Praes 3
I N H A LT TITELTHEMA WISSBEGIERIG NAMEN + NACHRICHTEN 6 STUDIE Unternehmen brauchen Fachkräfte, wenn sie sich im Wettbewerb München ist gründerfreundlich dauerhaft behaupten wollen. Über Aus- und Weiterbildung können sie fähige und motivierte Mitarbeiter finden und binden. UNTERNEHMERPROFIL 10 KATHARINA KREITZ Die Unternehmerin baut mit ihrer Firma Foto: contrastwerkstatt/Adobe Stock Vectoflow extrem kleine Strömungssonden TITELTHEMA 12 12 WEITERBILDUNG Wenn sich Fachkräfte weiterbilden, profitiert auch der Arbeitgeber 17 BILANZ Zahl der Ausbildungsverträge sinkt leicht UNTERNEHMEN 18 BERUFSBILDUNGSGESETZ Die wichtigsten Änderungen der Reform UNTERWEGS 20 AUSBILDUNG Wie Firmen über AusbildungsScouts den Nachwuchs auf sich aufmerksam machen Der Bergverlag Rother (im Bild Verlagsleiter Klaus Wolfsperger) versorgt Bergfreunde seit 100 Jahren mit Lesestoff. Das Traditionsunternehmen setzt dabei auch auf die Digitalisierung. STANDORTPOLITIK 22 LUST AUF ZUKUNFT Smart City – welche Elemente gehören zur Vision einer intelligenten Stadt? 26 NACHHALTIGKEITSZIELE Wie sich Firmen für den Klimaschutz einsetzen 28 WOHNRAUM Foto: Wolf Heider-Sawall Was halten Unternehmer und Experten von 38 einem befristeten Mietendeckel? 31 IHK-AUSSCHÜSSE Verkehrskonzept Dachau/Audi-Bahnstation 32 SUSTAINABLE FINANCE Die Pläne der Politik und die Folgen für Firmen 34 AUS DER REGION BETRIEB + PRAXIS Im Berchtesgadener Land will ein neues KAUFKRÄFTIG 36 Netzwerk die Nachhaltigkeit voranbringen PRO & CONTRA Besser auf Geschäftsreisen verzichten? Reisende aus Nicht-EU-Ländern schätzen die Möglichkeit, sich die deutsche Mehrwertsteuer erstatten zu lassen. Einzelhändler, die sich UNTERNEHMEN + MÄRKTE darauf einstellen, können mit zusätzlichem Umsatz rechnen. 38 BERGVERLAG ROTHER Das Unternehmen profitiert vom Wandertrend 41 FUSSBALL Foto: THANANIT/Adobe Stock Werben mit der EM – die Spielregeln 42 AFRIKA 46 Große Chancen für bayerische Mittelständler 44 ELEKTRO KREUTZPOINTNER Das Burghauser Familienunternehmen hat seinen Aktionsradius gezielt ausgeweitet 4 Wirtschaft – Das IHK-Magazin für München und Oberbayern – 02/2020
BETRIEB + PRAXIS 46 TAX-FREE-SHOPPING Das Angebot zieht kaufkräftige Kundschaft aus Nicht-EU-Ländern an 49 IHK AKTUELL Digitale Produktion/Musterverträge 50 EINZELHANDEL So lassen sich reale und virtuelle Showrooms gewinnbringend verknüpfen 52 SICHERHEIT Auch Alltagsdinge können Gefahrgut sein 54 MARKENSTRATEGIE Was Unternehmen beachten sollten, wenn sie Namen von Firma und Produkten schützen lassen SIE SUCHEN GESTALTUNGS- EVENTS 56 BAYERISCHE BEGEGNUNGEN FREIRÄUME Wirtschaftsempfang Garmisch-Partenkirchen, Punkt 8 DIREKT VOM EIGENTÜMER? KULTUR 58 TAG DER ARCHIVE Historische Aktien und Anleihen ALLES EINE FRAGE DA SCHAU HER DES STANDORTS. 60 KARL VALENTIN Ein engagierter Chronist Münchens RUBRIKEN Stellen Sie sich vor, Sie haben heute 3 EDITORIAL 3 Mitarbeiter und morgen 30. Dann brauchen 8 IHK ONLINE Sie einen zuverlässigen Vermieter, der Sie versteht und 62 VERÖFFENTLICHUNGEN + un kompliziert auf Ihren Bedarf eingeht, weil er nicht BEKANNTMACHUNGEN nur mehr Platz für Ihren Erfolg anbieten kann, sondern – Änderung der Aufbewahrungsregelungen in auch eine mitwachsende Infrastruktur. Mit persönlichen § 31 APO (Prüfungsunterlagen) und § 29 FPO Ansprechpartnern direkt vor Ort, die offen auf Ihre (Prüfungsunterlagen und Einsichtnahme) Erfordernisse und Ideen eingehen. Weitere Infos und 62 FIRMENINDEX provisionsfreie Vermietung unter +49 89 30909990 63 TERMINE oder info@businesscampus.de 64 EHRUNGEN 66 KARIKATUR/IMPRESSUM Beilagenhinweis: Aigner Immobilien (Teilbeilage), REWE Lieferservice, WEKO Wohnen GmbH (Teilbeilage) fb.com/ihk.muenchen.oberbayern @IHK_MUC Das IHK-Magazin gibt es auch online: www.ihk-muenchen.de/ihk-magazin businesscampus.de
NAM EN + NACHRICHTEN KURZ & KNAPP Einzelhandel Umsatzplus Der Einzelhandel in Deutschland hat im Jahr 2019 real (preisbereinigt) zwischen 2,86 und Studie 3,01 Prozent mehr umgesetzt als 2018. Dies Zufriedene Gründer schätzt das Statistische Bundesamt auf Basis der Einzelhandelsumsätze für die Monate Januar bis November 2019. München ist ein gründerfreundlicher Standort. Das sagen zumindest www.destatis.de 71 Prozent der Jungunternehmer in der Landeshauptstadt (s. Grafik un- ten). Sein eigener Chef zu sein ist für die meisten der wichtigste Grund für den Schritt in die Selbstständigkeit. Jeder dritte Gründer will zudem mehr Geld verdienen. Dies sind Ergebnisse der 6. Unternehmerkun- Finanzierung den-Studie im Auftrag der Commerzbank AG. Befragt wurden bundesweit 3 000 Gründer, die sich in den vergangenen sechs Jahren selbstständig Beratung zu gemacht haben, 100 davon in München. Fördermöglichkeiten Die Studie zeigt auch, dass Frauen unter den Jungunternehmern noch deutlich in der Minderheit sind. Drei Viertel der Münchner Gründer sind Eine Finanzierung aus öffentlichen Mitteln männlich. kann für Unternehmer äußerst interessant sein. Denn die Konditionen sind meist güns- Begehrtes Pflaster tiger und vorteilhafter als bei marktüblichen Wie gründerfreundlich ist Ihr Standort? Finanzierungsmodellen. Wie Unternehmen ihre Vorhaben mit öffentlicher Förderung finanzieren und von den Angeboten profitieren können, zeigen die LfA-IHK-Finanzierungs- sprechtage der IHK für München und Oberbay- ern. Ein individuelles Beratungsgespräch kann online gebucht werden unter: www.ihk-muenchen.de – Suchbegriff: »Finanzierungssprechtage« Quelle: Metropolregion München/Gründerstudie 2019, Commerzbank AG 71 Prozent der Jungunternehmer in der bayerischen Landeshauptstadt vergeben für den Gründerstandort München die Note »sehr gut« oder »gut« . Im Bundesdurchschnitt urteilen Studie nur 63 Prozent der Gründer so positiv über ihren Standort. Realitätscheck für Flugtaxis Künstliche Intelligenz Sind Flugtaxis schon bereit zum Abheben? Neues Fraunhofer-Institut Das Fraunhofer IAO hat mit der Studie »Quo vadis 3 D-Mobility?« den Realitätscheck ge- Das neue Fraunhofer-Institut für Kognitive Syste- macht und verschiedene Faktoren der soge- nannten 3-D-Mobilität untersucht. Die Studie me IKS hat in München seine Arbeit aufgenommen. zeigt beispielsweise, welche Ziele Mobilität in Schwerpunkt der Forschung ist die Absicherung der Luft verfolgt, welchen Reifegrad relevante künstlicher Intelligenz (KI): Safe Intelligence. Das IKS Technologien haben, wie Anwendungsfälle konkret aussehen können, wie die Infrastruk- wird die KI-Forschung in München und Bayern nach- tur dafür beschaffen sein müsste oder welche haltig stärken und soll die Brücke zwischen Grundla- Stakeholder einbezogen werden sollten. Die gen- und Anwendungsforschung sein. Untersuchung kommt auch zu dem Schluss, dass einzelne Technologien bereits sehr fort- Das Institut gehört zum Kompetenznetzwerk des geschritten und anwendungsnah sind. Freistaats Bayern für künstliche maschinelle Intel- publica.fraunhofer.de/documents/ ligenz und erhielt eine Anschubfinanzierung von N-569614.html 20 Millionen Euro. www.iks.fraunhofer.de 6
Foto: IHK/Andrea Schneider-Leichsenring PERSONALIA NETZSCH-Gruppe Erweiterung der Geschäftsführung Paul Netzsch (33) rückt zum 1. April 2020 in die Geschäfts- führung der Erich NETZSCH GmbH & Co. Holding KG auf. Damit steht ein weiteres Mitglied der Gesellschafterfamilie mit an der Spitze der NETZSCH-Gruppe. Nach der Vereidigung – IHK-Bereichsleiterin Beate Ortlepp mit den neuen Das international tätige Sachverständigen und IHK-Referatsleiter Volker Schlehe (v.l.) Technologieunternehmen hat einem großen Standort in Wald- kraiburg. www.netzsch.com IHK Sachverständige vereidigt UnternehmerTUM Die IHK für München und Oberbayern hat vier neue Sachverständi- Neue Aufsichtsräte ge öffentlich bestellt und vereidigt. Der oberbayerischen Wirtschaft stehen damit weitere öffentlich bestellte und vereidigte Sachver- ständige unter anderem für die Bereiche »Versicherungsmathe- Der Aufsichtsrat der UnternehmerTUM, matik in der betrieblichen Altersversorgung«, »Kfz-Schäden und Garching, hat die Erweiterung des -bewertung«, »Straßenverkehrsunfälle«, »Flugzeugsysteme und Gremiums beschlossen: Peter Bewertung von Flugzeugen« zur Verfügung. Schwarzenbauer (60, Bild), Alle Sachverständigen haben vor der Vereidigung nicht nur die per- ehemaliges Vorstands- sönliche Eignung, sondern vor allem auch die besondere Sachkun- mitglied der BMW Group de nachgewiesen. Hierfür mussten sie einem Fachgremium Rede und Ann-Kristin Achleit- und Antwort stehen. ner (53), Inhaberin des Die IHK betreut insgesamt 820 öffentlich bestellte und vereidigte Lehrstuhls für Entrepre- Sachverständige. Alle von den Industrie- und Handelskammern in neurial Finance an der TU Bayern öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen sind München, wurden zum in einer bundesweiten und laufend aktualisierten Datenbank im In- 1. Januar 2020 neu in den Auf- ternet veröffentlicht unter: www.svv.ihk.de sichtsrat berufen. www.unternehmertum.de Weitere Informationen im Internet unter: www.ihk-muenchen.de unter Service/Sachverständige Börse München Neuer Vorsitzender Der Börsenrat der Börse München hat Martin Fritz (59), Vorstandsvorsitzender der Fürst Fugger Privatbank AG aus Augsburg, zum neuen Vorsitzenden 13,6 Millionen Menschen gewählt. Sein Vorgänger in diesem Amt, Michael Krume, ist aus dem Vor- werden 2038 in Bayern leben – rund 525 000 mehr stand von Merck Finck als Ende 2018. Privatbankiers ausge- Dies hat das Bayerische Landesamt schieden und damit auch aus dem Börsenrat. für Statistik berechnet. www.boerse-muenchen.de Quelle: www.statistik.bayern.de Fotos: NETZSCH-Gruppe/Mario Cuic, BMW Group, Fürst Fugger Privatbank AG 7
NAC H RICHTEN | ON L IN E IHK-Links des Monats Auf www.ihk-muenchen.de informiert die IHK aktuell über wichtige News, neue Serviceangebote und interessante Veranstaltungen. Unterwegs mit der MVG Foto IHK »Wer auf sein Auto oder auf den Zweitwagen verzich- ten möchte, der braucht ein gutes Angebot – und das wollen wir unter unserem Dach bündeln«, sagt Ingo Wortmann, Geschäftsführer der Münchner Verkehrsge- sellschaft MVG (im Bild mit IHK-Referentin Carla Kirmis). Welche Pläne die MVG konkret für die Zukunft hat und welche Rolle Digitalisierung und E-Mobilität dabei spielen, erklärt er im neuen Videointerview der Serie IHK Movements: ihkweiterbringer.de/movements Lebensmittelüberwachung – wer macht was? Links des Monats Die Sensibilität gegenüber Lebensmitteln steigt kontinuier- Brexit – immer auf dem Laufenden lich. So gerät die Lebensmittelüberwachung immer stärker www.ihk-muenchen.de/brexit ins Blickfeld. Was Unternehmen dazu wissen sollten: www.ihk-muenchen.de/lebensmittelueberwachung Betriebliches Gesundheitsmanagement www.ihk-muenchen.de/gesundheitsmanagement Kassenbonpflicht seit 1. Januar Das neue Berufsbildungsgesetz Seit 1. Januar 2020 besteht die Kassenbelegausgabepflicht. www.ihk-muenchen.de/bbig Händler, Gastronomen und Dienstleister müssen jedem Was ist bei Gutscheinen zu beachten? Kunden einen Kassenbon aushändigen. Mehr Infos dazu: www.ihk-muenchen.de/gutscheine www.ihk-muenchen.de/kassenbon Marken-, Design- und Patentschutz Kommunalwahl 2020 www.ihk-muenchen.de/marken-designs-patente Am 15. März 2020 findet die Kommunalwahl in Bayern Integration von Geflüchteten – Infos für Unternehmen statt. Die Positionen der Wirtschaft für Oberbayern zu den www.ihk-muenchen.de/integration-unternehmen Bürgermeister-, Stadt- und Gemeinderatswahlen: www.ihk-muenchen.de/kommunalwahl fb.com/ihk.muenchen.oberbayern Mehr Informationen zum Außenhandel @IHK_MUC Das Außenwirtschaftsportal Bayern wurde deutlich ausgebaut und erhielt zudem ein neues Design. So IHK-Newsletter und IHK-Magazin sind noch mehr Wirtschaftszahlen zu allen Ländern verfügbar. Nutzer können statistische Informationen Den IHK-Newsletter können Sie abonnieren unter: nun vergleichen. Neu ist auch die Internetadresse: www.ihk-muenchen.de/newsletter Das IHK-Magazin steht online unter: www.weltweit-erfolgreich.de www.ihk-muenchen.de/ihk-magazin 8 Wirtschaft – Das IHK-Magazin für München und Oberbayern – 02/2020
WETTEN, DASS EIN SEHR GUTES NETZ IN MÜNCHEN NICHT TEUER IST? Leistungsstarke Mobilfunktarife zum besten Preis – jetzt konfigurieren und vergleichen. * o2business.de/tarifrechner * Connect Mobilfunk-Netztest 2020: Städtewertung München: Sehr gut; insgesamt wurden vergeben: dreimal Sehr gut. Gesamtwertung bundesweit: Gut; insgesamt vergeben: einmal Sehr gut, zweimal Gut.
Foto: Marion Vogel »Wir sind Pioniere in einem jungen Markt« – Katharina Kreitz, Geschäftsführerin von Vectoflow »Ich bin die Expertin«
U N T E R N E H ME R P R O F I L Die Maschinenbauingenieurin Katharina Kreitz baut mit ihrer Firma Vectoflow die kleinste Strömungssonde der Welt. Für ihr junges Start-up hat sie bereits große Unternehmen als Kunden gewonnen. HARRIET AUSTEN M athe und Mädchen – ein Reizthe- ge Christian Haigermooser, ein Aerodyna- den deshalb relativ schnell bekannt«, er- ma für Katharina Kreitz. »Mäd- miker, beantragten ein EXIST-Stipendium, klärt Kreitz. In der Auto-, Luft- und Raum- chen wird immer noch vermittelt, um in Ruhe tüfteln zu können. Vorausset- fahrtbranche habe sie »offene Türen dass das Fach für sie zu schwer ist. Dabei zung dafür war, dass ein Betriebswirt im eingerannt«. Außerdem: »Als Frau falle ich ist es einfach und logisch«, sagt die Ge- Team ist. Kreitz zögerte nicht lange und auf und bleibe im Gedächtnis.« Klar werde schäftsführerin der Vectoflow GmbH in machte in Paris den Master in Business sie immer noch gefragt, wo denn der Pro- Gilching. Deshalb besucht die junge Unter- Administration (MBA). »Eine Riesen- fi sei. »Ich bin die Expertin«, erwidert sie nehmerin Schulen und erzählt, was man erweiterung im Gedankengut«, freut sie dann gelassen – und wird akzeptiert. mit Naturwissenschaft und Technik alles sich noch heute über diese Entscheidung. Kreitz bezeichnet sich als Energiebündel, anfangen kann. Dann berichtet die 32-Jäh- »Jetzt weiß ich in beiden Bereichen Be- »als unglaublich positiv, extrovertiert und rige von ihren kleinen Strömungssonden, scheid.« laut«. Diese Eigenschaften braucht sie, um die Formel-1-Rennwagen oder Drohnen Davon profitiert das junge Unternehmen. den Vertrieb voranzutreiben, eine Nieder- schneller machen und mit 3-D-Druckern Aufträge an Land ziehen, mit Kunden ver- lassung in den USA zu eröffnen und vor al- hergestellt werden. So ein Gerät bringt handeln, auf Messen die Produkte präsen- lem den schweren Skiunfall zu bewältigen, Kreitz auch in die Klassen mit. »Ich will tieren – das ist bis heute die Aufgabe von den sie vor einem Jahr hatte. »Ich bin froh, meine Begeisterung an die Mädchen wei- Kreitz und macht ihr zunehmend Spaß. dass ich noch lebe, und will nach vorne tergeben und ihnen Mut machen«, begrün- »Ich hätte nie gedacht, dass ich die Sales- schauen«, sagt sie und plant die Zukunft. det sie ihr Engagement. Person werde.« Das Geschäftsführerteam will eigene Kreitz weiß schließlich, wie es ist, als Mäd- 3-D-Drucker anschaffen, in den Multimate- chen in eine Richtung gedrängt zu werden. Erster Auftrag aus der Formel 1 rialdruck einsteigen und mehr Kunden in Mathe kannst du nicht, sagte ihre Mutter Dass Vectoflow überhaupt gegründet wur- der Luft- und Raumfahrt akquirieren. und schickte sie auf ein neusprachliches de, ist eigentlich einem glücklichen Zufall Rückblickend ist Kreitz froh, sich für die Gymnasium. Ergebnis: Französisch 5, zu verdanken. Kaum hatte das kleine Team Selbstständigkeit entschieden zu haben: Mathe 1. Nach dem Abitur entschied sich eine erste Website gebastelt, rief ein Ma- »Ich bin persönlich gewachsen, habe un- Kreitz für ein Maschinenbaustudium. Um nager aus der Formel 1 an und bestellte glaublich viel gelernt und kann meine ei- herauszufinden, »was in Zukunft etwas für die Sonden. »Wegen der Haftung haben genen Entscheidungen treffen.« mich sein könnte«, arbeitete sie als Werk- wir innerhalb von drei Wochen die Firma www.vectoflow.de studentin bei BMW, Lufthansa, der Nasa gegründet«, sagt Kreitz lachend. und Airbus. Dabei merkte sie schnell, dass Die kleinen, individuell herstellbaren für sie Hierarchien, Nine-to-five-Mentalität Strömungssonden waren einsatzbe- Zur Person und lange Entscheidungswege erst einmal reit. Mit Startkapital und 3-D-Druckern nicht infrage kommen. Noch wichtiger war, hatte Mentor und Investor Hans J. Katharina Kreitz, Jahrgang 1987, stu- dass sie während ihrer Diplomarbeit bei Langer, Gründer der EOS GmbH in dierte Maschinenbau mit Schwerpunkt BMW mit Messtechnik experimentierte Krailling, ausgeholfen. Bald musste Luft- und Raumfahrt. Nebenbei arbei- und auf Probleme mit zu großen und stör- die Firma größere Räume suchen. tete sie als Werkstudentin bei großen anfälligen Messsonden stieß. »Wir brauchten einen eigenen Wind- Unternehmen, bis sie sich 2015 mithilfe »Es gab nur einen einzigen Hersteller«, kanal und dafür genügend Platz«, sagt eines EXIST-Stipendiums und mit zwei erklärt Kreitz. Das war der entscheidende Kreitz. Fündig wurde sie in Oberpfaf- Kollegen selbstständig machte. Ihre Fir- Impuls für sie, »es selbst zu versuchen«. fenhofen auf dem Gelände des ESA- ma Vectoflow GmbH baut kleine, hoch- Sie lehnte alle verlockenden Jobangebote Inkubators Bayern. Dort steht der sensible Sensoren, die die Strömung ab und hatte nur noch einen Gedanken: Windkanal in einem Container hinter von Luft, Gas, Wasser oder Öl messen die kleinste Strömungssonde der Welt mit dem Parkhaus. und weltweit konkurrenzlos sind. Die Fir- filigranem 3-D-Druck zu bauen. Mit den Bereits zwei Jahre nach der Gründung ma hat ihren Sitz in Oberpfaffenhofen, Messdaten der Sonde lassen sich Objekte schrieb Vectoflow schwarze Zahlen. macht drei bis vier Millionen Euro Um- entwickeln, die weniger Energie verbrau- »Wir sind als Pioniere in einem noch satz, beschäftigt 15 Mitarbeiter und hat chen und mehr leisten. Kreitz und ihr Kolle- jungen Nischenmarkt tätig und wur- bereits 60 Kunden. Wirtschaft – Das IHK-Magazin für München und Oberbayern – 02/2020
T I T E LTHEM A | W EITERBIL DUN G Mit frischem Wissen durchstarten 12
Engagierte Fachkräfte, die sich weiterbilden, sind ein Gewinn für jeden Arbeitgeber. Firmenchefs sollten daher fortbildungswillige Mitarbeiter unterstützen. Förderprogramme helfen dabei. EVA MÜLLER-TAUBER W er im Leben aufhört zu lernen, Foto: contrastwerkstatt/Adobe Stock hat schon verloren. Berufliche Weiterbildung motiviert Mitarbeiter besonders – Bildung endet nie.« Aus dem das zeigt sich auch später im Betrieb Mund eines 25-Jährigen mag eine solche Aussage im ersten Moment etwas unge- wöhnlich klingen. Doch ein Blick auf Se- bastian Schleichers bisherigen Lebenslauf verrät: Der gebürtige Münchner meint, was er sagt, und handelt danach: Abitur, Ausbildung zum Hotelfachmann im Luxus- hotel Schloss Elmau, bester Abschluss an der Berufsschule Garmisch-Partenkir- chen, von 2016 bis 2019 duales Studium BWL-Foodmanagement an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Heilbronn und bei der Feinkost Käfer AG in München. Während des Studiums absolvierte Schlei- cher zudem ein Auslandssemester in Süd- afrika sowie eine Summerschool in China. »Das Studium hat mir für meine derzeitige Position beim Partyservice von Käfer, wo ich unseren Geschäftskunden organisato- risch wie geschmacklich perfekte Events bieten will, enorm viel gebracht«, resü- miert Schleicher, »sowohl hinsichtlich der Zusammenhänge der internen Abläufe im Unternehmen als auch in Bezug auf mein Verständnis für jede einzelne Warengrup- pe und die verschiedenen Lebensmittel.« Darum geht’s itarbeiter engagieren sich nach einer M Weiterbildung oft besonders stark im Unternehmen. irmen können weiterbildungswillige F Beschäftigte etwa mit Zuschüssen oder Freistellung unterstützen. elder aus Förderprogrammen helfen, G Fortbildungen zu finanzieren. Wirtschaft – Das IHK-Magazin für München und Oberbayern – 02/2020 13
T I T E LTHEM A | W EITERBIL DUN G meine Weiterbildungen verschafft«; zum Foto: Käfer Service GmbH/cem czerwionke anderen seinem Arbeitgeber. »Uns liegt natürlich daran, engagierte Mitarbeiter dabei zu unterstützen, sich weiterzuqua- lifizieren«, sagt Schleichers Chef Gerald Barth, Geschäftsführer der Käfer Service GmbH. Schließlich profitiere das Un- ternehmen direkt von den erworbenen Kenntnissen. »Wenn heute ein Mitarbeiter auf uns zukommt, weil er sich weiterbil- den will, und dafür Sonderurlaub oder finanzielle Hilfe braucht oder im Ausland Erfahrungen sammeln möchte, machen »Wer aus einer Fortbildung kommt, wir das zu 95 Prozent möglich.« gibt Vollgas«, sagt Gerald Barth (l.), Vor zehn Jahren noch war Barth skep- Geschäftsführer Käfer Service – so wie tischer gegenüber Weiterbildungen. sein Mitarbeiter Sebastian Schleicher (r.) »Schließlich fehlen uns die Fachkräfte in dieser Zeit im operativen Geschäft, und Ab Oktober 2020 beginnt er nun einen Schleicher neben seiner Zielstrebigkeit ich war auch nicht immer sicher, ob sich dualen Master-Studiengang General Ma- vor allem zwei Faktoren zu verdanken: die Investition in eine solche Weiterbil- nagement mit Schwerpunkt Vertrieb am zum einen der großzügigen Förderung dung lohnt und die Mitarbeiter danach Heilbronner DHBW Center of Advanced durch das Weiterbildungsstipendium, unserem Unternehmen treu bleiben.« Studies (CAS). Dass dies machbar und mit »das mir zusammen mit meinem Gehalt Inzwischen hat die Erfahrung den 43-Jäh- seiner Berufstätigkeit vereinbar ist, hat die nötigen finanziellen Spielräume für rigen eines Besseren belehrt: »Wer aus einer Fortbildung zurück ins Unterneh- men kommt, ist in der Regel noch motivierter und gibt Vollgas«, so seine Erkenntnis. »Das ist eine Kopfgeschichte, das hat mit Wertschätzung der Mitarbeiter Grafik: DIHK/Erfolgsstudie Weiterbildung 2018/Jana Eger (www.jana-eger.com) zu tun. Deshalb muss die Initi- ative vom Unternehmen ausge- hen, es muss Weiterbildungen fördern – erst recht in Zeiten, da gute Fachkräfte rar gesät sind.« Viele Firmenchefs sind offen- sichtlich ähnlicher Ansicht wie Barth. Laut der jüngsten Weiter- bildungserhebung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln bilden rund 85 Prozent der Betriebe hierzulande ihre Beleg- schaft fort. Hilfreich ist, dass dafür in vielen Fällen umfangreiche öffentliche 14 Wirtschaft – Das IHK-Magazin für München und Oberbayern – 02/2020
Mittel zur Verfügung stehen (siehe Kas- ten S. 16). »Gemäß der Weiterbildungs- Foto: privat erfolgsstudie des DIHK ist der Anteil der »Ich wusste, dass unser Personen, die solche Förderungen in Unternehmen Mitarbeiter Anspruch genommen haben, seit 1997 bundesweit von 62 Prozent auf 83 Prozent unterstützt, die sich gestiegen«, sagt IHK-Weiterbildungsex- weiterbilden wollen.« pertin Nicole Bestler. Sie ist bei der IHK für München und Oberbayern Ansprechpart- Theresa Fritz, nerin für das Weiterbildungsstipendium Industriefachwirtin bei Hirschvogel Umformtechnik und für die Vergabe der Mittel zuständig, die den einzelnen Kammern entspre- chend ihrer Prüflingszahlen über das Bun- desbildungsministerium und die Stiftung
T I T E LTHEM A | W EITERBIL DUN G Begabtenförderung berufliche Bildung Unternehmern, solche Förderangebote ihrer Ausbildung zur Industriekauffrau bei zugeteilt werden. »Mehr als 4 900 junge unter den Mitarbeitern publik zu machen. der Hirschvogel Umformtechnik GmbH in Fachkräfte wurden seit 1991 durch die IHK »Es lohnt sich, zumal in diesem Jahr der Denklingen wollte sie sich nebenberuflich für München und Oberbayern in das För- Förderhöchstbetrag beim Weiterbildungs- über eine Aufstiegsfortbildung zur Indus- derprogramm aufgenommen. Bis Ende stipendium um 900 Euro auf 8 100 Euro triefachwirtin weiterqualifizieren. »Ich 2019 wurden an diese deutlich über 15,5 erhöht wurde.« wusste von meiner Ausbilderin sowie Millionen Euro für ihre berufliche Weiter- Auch Theresa Fritz war bis Ende 2019 eine von Kollegen, dass ich aufgrund meines bildung ausgezahlt«, so Bestler. Sie rät der Weiterbildungsstipendiatinnen. Nach Notenschnitts in meiner Ausbildungsprü- fung über die Begabtenförderung beruf- liche Bildung Finanzmittel beantragen Weiterbildung – welche Förderungen gibt es? kann und dass unser Unternehmen Mitarbeiter unterstützt, die sich wei- Wer sich weiterbildet, kann oft mit fi- Praxiserfahrung bei einem ersten aka- terbilden wollen, etwa mit Sonderur- nanzieller Unterstützung rechnen – aus- demischen Hochschulstudium – in Voll- laubstagen.« Außerdem gab ihr die gewählte Programme im Überblick: zeit oder berufsbegleitend. Firma einen finanziellen Zuschuss. www.aufstiegsstipendium.de Weiterbildungsstipendium Stipendium verteilt Gedacht für berufliche Talente unter Meisterbonus Vor Kurzem ist die frischgebackene 25 Jahren ohne Hochschulabschluss Der Freistaat Bayern zahlt 1 500 Euro Industriefachwirtin, die auch einen nach der beruflichen Ausbildung, hilft beziehungsweise 2 000 Euro an erfolg- Ausbilderschein gemacht hat und sich das Programm bei der Finanzierung reiche Absolventen von Fortbildungs- in ihrem Bereich um den Nachwuchs von fachlichen und fachübergreifenden prüfungen. kümmert, aufgestiegen: Die einstige Weiterbildungen. Unter bestimmten www.ihk-muenchen.de – Suchbegriff: Einkaufsachbearbeiterin arbeitet nun Voraussetzungen ist auch ein berufs- »Meisterbonus« im strategischen Einkauf. Da sie das begleitendes Studium möglich. Voraus- Stipendium über drei Jahre verteilt für setzung ist in der Regel ein Abschluss in IHK-Ansprechpartnerin diverse Fortbildungen nutzen kann, einem anerkannten Ausbildungsberuf Julia Schubert, Tel. 089 5116-1560 hat die 25-Jährige eine zusätzliche mit einem Gesamtergebnis von min- julia.schubert@muenchen.ihk.de Weiterbildung angehängt: Noch bis destens 87 Punkten beziehungsweise mindestens Mitte 2020 läuft ihre ne- der Durchschnittsnote 1,9 oder besser. Aufstiegs-BAföG benberufliche Aufstiegsfortbildung zur Die Förderung beträgt maximal 8100 Angeboten werden Zuschüsse zur Fort- Betriebswirtin. »Ich habe mir gesagt: Euro, verteilt auf drei Jahre. bildungsfinanzierung, die nicht zurück- Das mach ich jetzt noch für mich.« Bewerbungsschluss: jeweils der gezahlt werden müssen, sowie zins- Den größten Teil der Kosten kann Fritz 28./29. Februar eines Jahres günstige Darlehen bei der Kreditanstalt über das Stipendium abdecken. Ihr Weitere Infos: www.ihk-muenchen.de/ für Wiederaufbau (KfW) über die Diffe- Arbeitgeber unterstützt sie weiterhin weiterbildungsstipendium renz zwischen Zuschussanteil und ma- dabei. »Gerade in Zeiten der schnellen www.weiterbildungsstipendium.de ximalem Förderbetrag. Veränderungen können Unternehmen, www.aufstiegs-bafoeg.de die ihre Mitarbeiter nicht auf den ak- IHK-Ansprechpartnerin tuellen Wissensstand bringen, schnell Nicole Bestler, Tel. 089 5116-1625 Bildungsprämie des Bundes den Anschluss verlieren und gegen- nicole.bestler@muenchen.ihk.de Die Bildungsprämie richtet sich an Er- über dem Wettbewerb zurückfallen«, werbstätige mit geringem Einkommen, betont Oliver Hahn (54), Leiter Talent Aufstiegsstipendium die sich individuell berufsbezogen wei- Management bei der Hirschvogel Hol- Das Stipendium unterstützt engagierte terbilden wollen. ding GmbH. »Wir haben daher hohes Fachkräfte mit Berufsausbildung und www.bildungspraemie.info Interesse daran, dass Mitarbeiter sich kontinuierlich weiterqualifizieren.« 16
T I T E LT H E MA | A U S B I LD U N G S J A H R 2 0 1 9 Leichtes Minus Die Bilanz des vergangenen Ausbildungsjahrs zeigt: 2019 gab es bei den Ausbildungsverhältnissen keine neuen Zuwächse. Weniger Neuverträge Die IHK-Unternehmen in Oberbayern 20000 17831 Neue stellten 16 557 neue Azubis ein, das sind 16547 17021 16557 Ausbildungs- 2,7 Prozent weniger als im Jahr davor. Quelle: IHK für München und Oberbayern 15000 verträge Im Vergleich zu 2011, dem Ausbildungsjahr - 2,7 % 10605 10142 9992 9887 mit den meisten Neuabschlüssen in den 10000 Ausbildungs- vergangenen zehn Jahren, beträgt das betriebe Minus 7,1 Prozent. 5000 - 1,1 % Die Zahl der Ausbildungsbetriebe verringerte sich im vergangenen Jahr 0 2009 2011 2018 2019 um 105 auf 9 887 Firmen. Technische Berufe bleiben gefragt Die Zahl der neuen Azubis in technischen 15000 Berufen blieb in etwa stabil, im 12270 Quelle: IHK für München und Oberbayern 12034 11683 kaufmännischen Bereich dagegen ist ein 11286 10802 Kaufmänn. 12000 10802 u. verwandte Rückgang zu beobachten. Berufe – 4,3 % 9000 5735 5755 6000 5158 5205 Technische 4513 Berufe + 0,3 % 3000 2009 2012 2015 2018 2019 Die Abschlüsse der Azubis Etwa die Hälfte aller Auszubildenden 10000 verfügt über einen mittleren Mittlerer 8416 8363 8357 Schul- Schulabschluss. Mit Hochschulreife 7971 abschluss starteten rund 3 500 Azubis in die 7664 7750 – 4,6 % Lehre, 5,4 Prozent weniger als noch 2018. Die Zahl der Azubis mit Erfolgreicher/ einem Mittelschulabschluss erhöhte 5236 5241 qualifizieren- 5500 der Abschluss sich dagegen geringfügig. Quelle: IHK für München und Oberbayern 4393 4372 4415 Mittelschule + 1,0 % 3250 3772 3772 3758 Allgem./fach- 3541 3541 3554 gebundene 2614 Hochschulreife – 5,4 % 1000 2009 2012 2015 2018 2019 Wirtschaft – Das IHK-Magazin für München und Oberbayern – 02/2020 17
T I T E LTHEM A | BE R UF S BILDUN GS GES ETZ Besser für die Bildung Das neue Berufsbildungsgesetz bringt Verbesserungen für die Wirtschaft, auch wenn an manchen Stellen eine weitergehende Reform wünschenswert gewesen wäre. Die wichtigsten Änderungen im Überblick. SABINE HÖLPER D ie Bundesbildungsministerin Anja Foto: Robert Kneschke/Adobe Stock Karliczek (CDU) zeigte sich hoch- Neue Regeln für die berufliche zufrieden, als der Bundesrat Ende Ausbildung vergangenen Jahres der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) zustimm- te. »Mit dem neuen Berufsbildungsge- setz machen wir die berufliche Bildung in Deutschland attraktiver. Wir stärken damit das duale System, um das uns schon heu- te viele Länder beneiden«, sagte sie. »Die- ses Gesetz wird auch unserer gesamten Wirtschaft zugutekommen, weil es eine wichtige Maßnahme gegen den Fachkräf- temangel ist.« Dass Karliczek ihr eigenes Gesetz lobt, ist wenig verwunderlich. Wie aber fällt eine Bewertung aus Sicht der Wirtschaft aus? Die Gesetzesnovelle, die am 1. Janu- ar 2020 in Kraft getreten ist, bringe tat- sächlich einzelne Verbesserungen für die duale Ausbildung und die berufliche Fort- bildung, urteilt Thomas Kürn, Leiter des Bereichs Berufliche Bildung, Fachkräfte bei der IHK für München und Oberbayern. Dennoch hätte er sich mehr Mut von der ten, in den vergangenen Jahren aufgrund Ein großer Wurf im Sinne einer umfas- Regierung erwartet. Denn die Erleichte- des Fachkräftemangels sogar noch er- senden, zukunftsorientierten Reform sei rungen betreffen nur sogenannte nicht- höht, »sodass hier weiterer Handlungsbe- damit jedoch nicht gelungen, findet der flüchtige Prüfungsleistungen, also vor darf gesehen wird«. Der Bundesrat regte Experte. Die Neuerungen im Einzelnen: allem schriftliche Prüfungen. Für die flüch- daher an, diesen Punkt in zwei Jahren er- tigen (insbesondere die praktischen) Prü- neut auf die Agenda zu setzen. Vereinfachungen bei Prüfungen fungsleistungen hingegen gilt nach wie Zu den entscheidenden Verbesserungen vor die alte Regelung. Gerade sie machen Azubis erhalten Mindestvergütung der Reform zählen Vereinfachungen, die jedoch einen Großteil aller Prüfungen Um Auszubildenden die verdiente Aner- die Durchführung rechtsbeständiger und aus. »Wir hätten eine Ausdehnung der kennung zukommen zu lassen und die hochwertiger Prüfungen erleichtern. So Zweierlösung auf alle Prüfungsleistungen Attraktivität der beruflichen Bildung zu sind unter bestimmten Voraussetzungen begrüßt«, sagt Kürn. erhöhen, wurde eine Mindestvergütung nur noch zwei statt drei Prüfer notwendig. Der Bundesrat sieht das im Übrigen beschlossen. Demnach erhalten Auszu- Dadurch werde das Prüferehrenamt ent- ebenso. Er plädierte im Rahmen des Ge- bildende ab 2020 im ersten Ausbildungs- lastet, kommentiert der Gesetzgeber. setzgebungsverfahrens für eine solche jahr 515 Euro im Monat. Dieser Basiswert Diese Neuerung sei »ein wichtiger Ausdehnung. Schließlich habe sich die steigt in den Folgejahren schrittweise an: Schritt«, bestätigt IHK-Experte Kürn. Notwendigkeit, das Ehrenamt zu entlas- Ab 2021 auf 550 Euro, ab 2022 auf 585 18 Wirtschaft – Das IHK-Magazin für München und Oberbayern – 02/2020
Euro und ab 2023 auf 620 Euro. Ab 2024 Mehr Durchlässigkeit Professional«. Dabei kann die jeweils wird die Mindestvergütung für das erste Die Reform will die Durchlässigkeit inner- zugrunde liegende Fortbildungsordnung Ausbildungsjahr jährlich an die durch- halb der beruflichen Bildung stärken. So vorsehen, dass den neuen Fortbildungs- schnittliche Entwicklung aller Ausbil- wurden die Voraussetzungen vereinfacht, bezeichnungen weitere Abschlussbezeich- dungsvergütungen angepasst. Für das unter denen die Ausbildungsdauer bei nungen vorangestellt werden. zweite, dritte und vierte Ausbildungsjahr gestuften Ausbildungen anrechenbar ist, IHK-Experte Kürn sieht diese Anpassung wird dem wachsenden Beitrag der Aus- bei denen zweijährige Ausbildungsberufe als Schritt in die richtige Richtung. Die zubildenden zur betrieblichen Wertschöp- in drei- oder dreieinhalbjährigen Ausbil- neuen Abschlussbezeichnungen seien fung außerdem durch Aufschläge auf den dungsberufen fortgesetzt werden. Zudem international besser verständlich und Betrag aus dem Jahr des Ausbildungsbe- gibt es neue Möglichkeiten, Prüfungs- brächten auch sprachlich zum Ausdruck, ginns Rechnung getragen. Tarifvertraglich leistungen bei aufeinander aufbauenden dass die berufliche mit der akademischen vereinbarte Ausbildungsvergütungen ha- Ausbildungsberufen zu berücksichtigen. Ausbildung gleichwertig ist. ben Vorrang vor der Mindestvergütung. Damit die Fortbildungsprüfungen künftig Laut IHK-Experte Kürn hat die Neuerung Neue Bezeichnungen für Abschlüsse mit den neuen Abschlussbezeichnungen für die Betriebe im Kammerbezirk der IHK Die langfristig vielleicht wichtigste Neu- abgeschlossen werden können, müssen für München und Oberbayern allerdings erung betrifft nicht die Berufsausbildung zunächst die Fortbildungsordnungen an- kaum Folgen: »Die Unternehmen in der an sich, sondern die Fortbildung danach, gepasst werden. Es sei deshalb nun Auf- Region zahlen in der Regel schon heute die sogenannte höherqualifizierende Be- gabe des Verordnungsgebers, Bezeich- höhere Gehälter.« rufsbildung. Diese Aufstiegsfortbildun- nungen zu finden, die die Qualifikation gen, wie zum Beispiel der Fachwirt oder am besten beschreiben: »Dabei sollten Die Teilzeitberufsausbildung wird der Meister, gelten zwar schon heute über die bisherigen Bezeichnungen den neuen flexibler die Zuordnung im sogenannten Deut- vorangestellt werden«, so Kürn. Dies wür- Bisher war die Teilzeitberufsausbildung schen Qualifikationsrahmen als einem de der Modernisierung Rechnung tragen nur einem kleinen Personenkreis vor- Bachelor-Abschluss gleichwertig, werden und gleichzeitig gingen die etablierten behalten: Menschen, die ihre Kinder er- aber in der Öffentlichkeit oft nicht entspre- Bezeichnungen der Abschlüsse nicht ver- ziehen oder sich um pflegebedürftige chend wahrgenommen und anerkannt. loren. Angehörige kümmern. Die Neuregelung Um diese Gleichwertigkeit auch gesetz- erweitert den Kreis nun auf alle, die sich lich zu betonen, werden im Rahmen der Weitere Informationen zum neuen Berufs- aus welchen Gründen auch immer für Novelle neue Abschlussbezeichnungen bildungsgesetz sind auf der IHK-Website eine Ausbildung in Teilzeit interessieren. eingeführt. So erhalten Abschlüsse der abrufbar unter: Dies können zum Beispiel Menschen mit zweiten beruflichen Fortbildungsstufe www.ihk-muenchen.de/BBiG Behinderungen, lernbeeinträchtigte Per- (insbesondere Fachwirte und Meister) sonen oder Geflüchtete sein. Kürn wertet die Bezeichnung »Bachelor Professional«. IHK-Ansprechpartner zum diese Neuregelung positiv und sieht sie Abschlüsse der dritten beruflichen Fort- Berufsbildungsgesetz als eine »attraktive Option« für Betriebe bildungsstufe (zum Beispiel Betriebswir- Thomas Stöhr, Tel. 089 5116-1655 und Azubis. te) bekommen die Bezeichnung »Master thomas.stoehr@muenchen.ihk.de Sie suchen Statische Berechnungen oder Ausführungsunterlagen ihrer Bestandsgebäude/Bauwerke? Wir verwalten die technischen Archive der ehemaligen • Dyckerhoff & Widmann AG (DYWIDAG) • SIEMENS-BAUUNION GmbH Telefon (08142) 443 470 Telefax (08142) 443 471 info@allvia.de www.allvia.de Ingenieurgesellschaft mbH 19
T I T E LTHEM A | AU S BILDUN G A ls Pitt Eskens (18) sich bei der Ke- Foto: Thorsten Jochim Azubis tek GmbH bewarb, wurde er auch gefragt, wie er denn auf das Un- ternehmen aufmerksam geworden sei. Der junge Bewerber verwies auf einen AusbildungsScout der Firma. Der hatte überzeugen Eskens’ Realschulklasse besucht und den Schüler mit einem spannenden Vortrag für den Beruf des Elektronikers für Gerä- te und Systeme begeistert. Dabei hörte er auch von Ketek, einem führenden Herstel- ler von Detektoren zur Materialanalytik. Eskens’ Antwort zeigt, dass das Konzept der IHK AusbildungsScouts bestens funk- tioniert: Sie helfen den teilnehmenden Unternehmen, dringend benötigten Nach- wuchs zu gewinnen. In dem Projekt, das vor etwa vier Jahren startete, sind mittler- weile mehr als 400 AusbildungsScouts ak- tiv. Hinzu kommen zahlreiche ehemalige Scouts, die nicht mehr an Bord sind, weil sie ihre Ausbildung beendet haben. Einige von ihnen gehören jetzt zu den ers- ten IHK KarriereScouts, die seit Ende 2018 Schulen besuchen. Sie sind ehemalige Azubis, die eine Weiterbildung machen oder diese bereits abgeschlossen haben. Sie wenden sich vorrangig an Eltern und zeigen ihnen, welche Karrierechancen en- gagierten jungen Leuten nach einer dua- len Ausbildung offenstehen. Während die KarriereScouts noch recht neu sind, haben sich die Ausbildungs- Scouts bereits fest etabliert. Mehr als 400 Unternehmen aus Oberbayern beteiligen sich. Das heißt: Sie stellen einen oder meh- rere Lehrlinge wenige Tage im Jahr für ein paar Stunden frei, damit diese in den Vor- abgangsklassen aus ihrem Berufsalltag berichten können. Davon profitieren die Azubis auch selbst. »Es ist eine Präsentati- onsschulung«, sagt Ketek-Ausbildungslei- ter Torsten Bötzow (56). Und Präsentieren- können sei heutzutage wichtig. »AusbildungsScouts sind die idealen Mul- tiplikatoren, um neue Auszubildende zu gewinnen«, sagt Bötzow: Viele Schüler hörten von den AusbildungsScouts zum Azubi Pitt Eskens (l.) mit ersten Mal von den vorgestellten Beru- Ausbildungsleiter Torsten fen oder von den Firmen. Bei zahlreichen Bötzow an einem Messaufbau Schülern wird der Besuch aus den Betrie- ben so zur Initialzündung, sich genau dort zu bewerben. 20 Wirtschaft – Das IHK-Magazin für München und Oberbayern – 02/2020
Mehr als 400 AusbildungsScouts und knapp 20 KarriereScouts sind derzeit in Oberbayern aktiv. Sie berichten in Schulen von ihrem Alltag im Betrieb. Mit Erfolg: Immer mehr Unternehmen finden auf diesem Wege Azubis. SABINE HÖLPER So war es auch bei Eskens, der im vergan- Azubis 20 Prozent der gesamten Beleg- solviert.« Doch nachdem ein Ausbildungs- genen September bei Ketek startete. Er schaft aus. Diese hohe Quote ist laut Per- Scout die Aufgaben des Mikrotechnolo- befand sich noch »in der Orientierungs- sonalleiterin Petra Buchberger (32) »Teil gen vorgestellt hatte, fand er diesen Beruf phase«, wie er sagt, als der Ausbildungs- der Unternehmenskultur. Wir vertrauen viel spannender. »Er vereint Chemie, Phy- Scout von seiner Ausbildung als Elektro- auf den Mix aus althergebrachtem Wissen sik und Elektronik«, sagt der 18-Jährige. niker für Geräte und Systeme bei Ketek und frischem Wind.« Wenn eine Firma je- Kammler bewarb sich bei dem Mess- und berichtete. »Ich kannte die Firma vorher des Jahr rund 25 neue Azubis rekrutieren Steuerungstechnik-Unternehmen – und nicht, sie ist ja relativ klein«, sagt Eskens. möchte, muss sie sich etwas einfallen las- wurde genommen. Nur zwei Monate Auch bezüglich des Berufswunschs schaff- sen. Zwar »zieht der Stern«, sagt Buchber- nach seinem Ausbildungsbeginn startete te der Scout Klarheit. »Der Vortrag hat ger. Dennoch habe man für die Berufe im er selbst als AusbildungsScout. In drei mich in die Richtung gelenkt. Ich war be- Bereich Nutzfahrzeuge »massive Proble- Einsätzen hatte er schon »zwei Schüler, geistert, also habe ich mich im Anschluss me« offene Stellen zu besetzen. die sehr interessiert nachgefragt haben«. beworben.« Der Rest ist bekannt. Vielleicht ergibt sich etwas daraus. Heute ist Eskens nicht nur ein glücklicher Finaler Anstoß Aus dem Unternehmen waren etwa zehn angehender Elektroniker für Geräte und Die Firma Praunsmändtl ist daher von AusbildungsScouts an mindestens 25 Systeme beim führenden Hersteller von Anfang an bei den AusbildungsScouts Schulen. »Das Procedere ist so einfach«, Silizium-Drift-Detektoren mit 110 Mitar- mit dabei. Etwa zehn Azubis sind bereits sagt Ausbilder Frederic Scherrer (27). »Die beitern. Seit rund einem Jahr ist er selbst als Botschafter für die Ausbildung in die IHK fragt per E-Mail an, ob ein Azubi an als AusbildungsScout tätig. »Das Tolle ist, Schulen gegangen. Das Engagement zahlt diesem oder jenem Tag Zeit hat, man ant- dass man praktische Erfahrungen wei- sich aus: Alina Hackenberg (18), derzeit im wortet, fertig.« Vor allem aber ist Scherrer tergeben kann«, so Eskens. Da Ausbil- dritten Ausbildungsjahr zur Kauffrau für überzeugt vom Erfolg der Maßnahme: dungsScouts und Schüler nahezu gleich Büromanagement, ist über einen Besuch »Wir haben Herrn Kammler angewor- alt sind, können die Erfahrungen aus eines AusbildungsScouts in ihrer Klasse ben.« Das sage alles. der dualen Ausbildung authentisch und auf das Unternehmen aufmerksam ge- glaubhaft geschildert werden – das ist der worden. »Es war der finale Anstoß für sie, IHK-Ansprechpartnerinnen zu Kern des erfolgreichen Projekts. sich hier zu bewerben«, sagt Buchberger. Ausbildungs- und KarriereScouts Immer mehr Firmen finden auf diesem Auch Hackenberg ließ sich sofort nach für München, Fürstenfeldbruck, Dachau, Weg engagierte Azubis – so wie zum der viermonatigen Probezeit zum Aus- Freising Beispiel die Peter Praunsmändtl GmbH bildungsScout ausbilden. Hier zeigt sich: Marie Kostner, Tel. 089 5116-2047 & Co. KG in Ingolstadt. Der Merce- Wer auf diese Weise den nötigen Impuls marie.kostner@muenchen.ihk.de des-Benz-Händler bildet rund 70 Auszubil- bekam, geht später gern selbst in die für Mühldorf, Altötting, Erding, Ebersberg dende in fünf Berufen aus. Damit machen Schulen, um junge Menschen zur Ausbil- Elisabeth Könninger, Tel. 08631 90178-16 dung zu animieren. Denn die jungen Azu- elisabeth.koenninger@muenchen.ihk.de bis wissen noch genau, wie es damals für Landsberg am Lech, Starnberg, war, als sie keine genauen Vorstel- Weilheim-Schongau, Bad Tölz-Wolfrats- Darum geht’s lungen hatten – und sich diese dann hausen, Garmisch-Partenkirchen usbildungsScouts stellen Berufe und A formten, nachdem sie hörten, was al- Alina Thum, Tel. 0881 925474-29 Arbeitsalltag in Vorabgangsklassen vor. les möglich ist. alina.thum@muenchen.ihk.de ber diese Besuche lernen Schüler Ü Ralf Kammler hat es genau so er- für Miesbach, Rosenheim, Traunstein, auch weniger bekannte Firmen als lebt. Seit September vergangenen Berchtesgadener Land Ausbildungsbetriebe kennen. Jahres lernt er den Beruf des Mi- Martina Rudolf, Tel. 08031 2308-230 arriereScouts informieren in den K krotechnologen bei Dr. Johannes martina.rudolf@muenchen.ihk.de Schulen über Weiterbildungs- und Auf- Heidenhain GmbH in Traunreut. für Eichstätt, Ingolstadt, Neuburg- stiegschancen nach einer Ausbildung. »Vorher hatte ich überlegt, Chemiela- Schrobenhausen, Pfaffenhofen an der Ilm borant zu werden«, sagt er. »Ich Catherine Schrenk, Tel. 0841 93871-55 hatte sogar schon zwei Praktika ab- catherine.schrenk@muenchen.ihk.de 21
Foto: Smarter Together/Dominik Parzinger Foto: MGS/Benjamin Ganzenmüller Elemente einer Smart City – . . . über digitale von der Mobilitäts-App . . . Infostelen . . . Foto: Smarter Together/Dominik Parzinger . . . bis zur Mobilitätsstation mit Ausleihgelegenheit für E-Fahrzeuge und Quartiersboxen im neuen Münchner Stadtviertel Freiham
S TA N D O R T P O LI T I K | LU S T A U F Z U K U N F T Intelligent und vernetzt In einer Smart City gestalten moderne Technologien Leben und Wirtschaften effizienter, angenehmer und nachhaltiger als bisher. Welche Elemente gehören zur Vision einer intelligenten Stadt – und wie lassen sie sich umsetzen? EVA ELISABETH ERNST V om neuen Münchner Hauptbahn- rin und Geschäftsführerin Angelika Kneidl Noch fehlt zwar eine allgemeingültige De- hof ist nichts zu sehen. Noch gra- (39). »Nachdem der Bahnhof in Betrieb ge- finition des Begriffs. Einig sind sich die ben Bagger bis zu 43 Meter in die nommen wurde, können Simulationen auf Experten aber, dass es in einer Smart City Tiefe, wo bis 2028 der Bahnhof der zwei- Basis von Realdaten, die über Sensoren darum geht, Daten mit Technologien zu ten S-Bahn-Stammstrecke entstehen soll. erhoben werden, für laufende Optimierun- verbinden und die dadurch gewonnenen Die Passagierströme dieser unterirdischen gen sorgen. Damit können die Fahrgast- Informationen zur Verbesserung von Le- Haltestelle wurden bereits 2019 analysiert. ströme je nach Aufkommen optimal gelei- bensqualität und Nachhaltigkeit in urba- Wie viele Fahrgäste werden sich im Nor- tet werden.« nen Gebieten einzusetzen. Häufig wird der malbetrieb und in Spitzenzeiten durch die Möglich ist das mit vorübergehenden Ein- Begriff auch als »zukunftsfähige Stadtent- Gänge bewegen? Wie breit müssen die bahnsystemen, flexibel anpassbaren Be- wicklung« umschrieben. Dabei reichen die Verbindungsgänge sein? Wie viele Fahr- schilderungen, wechselnden Laufrichtun- Möglichkeiten natürlich weit über die Steu- stühle und Rolltreppen sind notwendig, gen der Rolltreppen sowie Absperrungen, erung von Fahrgastströmen in Bahnhöfen um die Menschen, die aus der S-Bahn je nach den aktuellen Anforderungen. »Die hinaus. strömen, bestmöglich dahin zu bringen, dabei gewonnenen Daten können wir wie- wo sie hinwollen? Wie kann der Bahnhof derum ins Modell zurückspielen, um die Von Verwaltung bis Mobilität im Notfall schnell evakuiert werden? Ant- Prozesse weiter zu verbessern«, so Kneidl. Eine Smart City bietet bürger- und wirt- worten auf diese Fragen liefert die von der Die Firma arbeitet an der intelligenten und schaftsfreundliche Verwaltungsprozesse. accu:rate GmbH entwickelte Software zur vernetzten Steuerung von Passagierströ- Sie geht sorgfältig mit den Ressourcen um Simulation von Personenströmen. men – und liefert damit ein anschauliches und verfügt über Modelle zur Bürgerbe- »Unsere Informationen sind nicht nur für Beispiel dafür, welche Elemente eine soge- teiligung – um nur einige Aspekte zu nen- die Bauplanung relevant«, erklärt Gründe- nannte Smart City ausmachen. nen. Im Kernbereich Mobilität besteht das Abbildung: GeodatenService München Digitaler Zwilling – München im fotorealistischen 3-D-Stadtmodell, ergänzt um (Echtzeit-)Informationen zum Straßenraum Wirtschaft – Das IHK-Magazin für München und Oberbayern – 02/2020 23
S TA N DORTPOLITIK | LUS T AUF ZUK UN F T Gewerbeanmeldung: Im Idealfall sollten Foto: IHK/Goran Gajanin die Prozesse online so reibungslos ablau- »Fahrgastströme fen wie ein Einkauf bei Amazon.« Für die können je nach Wirtschaft biete eine Smart City Transpa- Aufkommen optimal renz über lokale Betriebe, Lieferketten und Wertstoffströme, wodurch die Vernetzung geleitet werden.« und Kooperation erleichtert werde. Die in der Kommune vorhandenen und Angelika Kneidl, Gründerin und Geschäftsführerin der accu:rate GmbH durch Erhebungen und Messungen lau- fend entstehenden Informationen aufzu- bereiten und in einem virtuellen Abbild, dem sogenannten digitalen Zwilling (siehe übergeordnete Ziel darin, ein leistungsfä- Koordinator der Themenplattform Smart »Das Stichwort« unten), zusammenzufüh- higes Gesamtsystem zu schaffen, in dem Cities and Regions des Zentrums Digitali- ren, ist laut Steincke eine »Mammutauf- der Verkehr nutzer- und umweltfreundlich sierung.Bayern (ZD.B). »Allerdings sollten gabe«. Die Technik ist dabei die geringere fließt. Intelligente Ampeln, digitale Ver- die Projekte nicht an der Stadtgrenze en- Herausforderung. »Schwieriger ist es, mit kehrsschilder oder Mobilitätsstationen mit den, sondern die Region miteinbeziehen. den einzelnen Stakeholdern die notwendi- Sharing-Angeboten sind nur einige Bei- Schließlich finden zwischen Stadt und gen Projektschritte zu definieren und den spiele dafür. Land ständig Austauschprozesse statt.« digitalen Zwilling Häppchen für Häppchen So spielt auch beim Geschäftsmodell Die Digitalisierung der städtischen Infra- aufzubauen.« der Parkdepot GmbH die Erfassung und struktur und die Steigerung der Lebens- Wie weit die 81 deutschen Großstädte mit Auswertung von Daten die Hauptrolle. qualität bilden für Steincke zwei zentrale über 100 000 Einwohnern auf dem Weg Das Anfang 2019 gegründete Münchner Bereiche beim Aufbau einer Smart City. zur Smart City schon gekommen sind, Start-up bietet ein digitales Optimie- Als weiteres Feld sieht er eine digitalisier- ermittelte der Digitalverband Bitkom im rungssystem für gewerbliche Parkflächen. te Verwaltung. »Egal, ob Reisepass oder »Smart City Index 2019«. Das Ranking ver- »Dabei werden an den Ein- und Ausfahr- ten Kamerasysteme zur Erfassung der Kfz-Kennzeichen installiert«, erklärt Gründer und Geschäftsführer Jakob Das Stichwort: digitaler Zwilling Bodenmüller (27). Der Scanner nimmt Bilder der vorbeifahrenden Fahrzeuge Ein digitaler Zwilling ist das virtuelle Ab- mieren Störungen im realen Stadtleben.« auf. Das System prüft, ob Parkgeneh- bild eines realen Objekts, etwa eines Für Mohl ist der digitale Zwilling daher ein migungen vorliegen oder Fahrzeuge Gebäudes oder einer Stadt. »Das kann wichtiges Instrument beim Aufbau einer die Höchstparkdauer überschreiten. man sich vorstellen wie die Angebote von Smart City. »Und zwar unter Berücksichtigung Google Earth oder Google Street View«, Derzeit schafft die Landeshauptstadt die der deutschen Datenschutzbestim- erklärt Willi Steincke vom Zentrum Digita- technischen Voraussetzungen für den di- mungen«, betont Bodenmüller. lisierung.Bayern (ZD.B). Nur können Nut- gitalen Zwilling. So macht ein Auto mit Parkplatzbetreiber können dadurch zer beim digitalen Zwilling auf ein Gebäu- Kameras Panorama- und 3-D-Aufnahmen auf Schrankenanlagen und die Kon- de klicken und dann den Grundriss oder des gesamten Stadtgebiets. »Diese Infor- trolle von Parkscheiben verzichten. den Verlauf von Strom- und Wasserleitun- mationen werden durch Luftaufnahmen Sie erfahren zudem, wann ihre Park- gen sehen. ergänzt und bilden für unterschiedliche plätze wie stark ausgelastet sind, und Beim digitalen Zwilling einer Stadt gehö- Fachthemen eine wichtige Grundlage für können sie zum Beispiel außerhalb ren auch Informationen zu Straßenraum innovative Anwendungen«, sagt Mohl. ihrer Geschäftszeiten Zweitnutzern und Grünanlagen, also etwa Ampeln, Bäu- Das erste konkrete Projekt bildet für den zur Verfügung stellen. »Wir machen me und Kanalsysteme dazu. »Verknüpft Münchner Karlsplatz Informationen zu Parkplätze smart«, fasst Bodenmüller mit Echtzeitdaten, die unter anderem durch Verkehr und Schadstoffen in Echtzeit ab. zusammen. »Unsere Lösung bildet Sensoren gewonnen und eingespielt wer- Eine Messstation ermittelt laufend die daher durchaus einen Baustein zur den, lassen sich damit Planungs- und Ent- Luftschadstoffe. Diese Daten können in Infrastruktur einer Smart City.« wicklungsprozesse beschleunigen«, erklärt den digitalen Zwilling eingespielt und Unternehmen wie accu:rate oder Markus Mohl (45), Projektleiter Digitaler dort mit anderen Daten, etwa aus der Ver- Parkdepot tragen mit ihren innovati- Zwilling bei der Stadt München. »Simu- kehrszählung oder dem Unfallatlas, kom- ven Geschäftsmodellen einiges zur zu- lationen zum Beispiel bei der Baustellen- biniert werden. »So kann simuliert wer- kunftsfähigen Stadt bei. Die Hauptak- planung oder der Weiterentwicklung des den, welche Maßnahmen welchen Beitrag teure beim Auf- und Ausbau einer Fahrradsystems sparen Kosten und mini- zur Luftreinhaltung leisten«, so Mohl. Smart City jedoch »sind natürlich die Kommunen«, sagt Willi Steincke (65), 24
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