Gemeinde Marienheide Einzelhandels- und Zentrenkonzept - Stadt- und Regionalplanung
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Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH Gemeinde Marienheide Einzelhandels- und Zentrenkonzept Köln, Dezember 2012
Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH Gemeinde Marienheide Einzelhandels- und Zentrenkonzept Geschäftsführende Gesellschafter: Angelina Sobotta, Dipl.-Volksw. Dipl.-Geogr. Ursula Mölders Stadt- und Regionalplanerin SRL Dipl.-Ing. Dominik Geyer Nina Schuster, Dipl.-Geogr. Stadtplaner AK NW, Bauassessor Stadt- und Regionalplaner SRL Gesellschafter/Seniorpartner: Dr. Paul G. Jansen HRB Köln 62236 Neumarkt 49 50667 Köln Fon 02 21.940 72-0 Fax 02 21.940 72-18 info@stadtplanung-dr-jansen.de www.stadtplanung-dr-jansen.de
Inhalt 1 EINLEITUNG 1 1.1 Ausgangssituation und Ziele 1 1.2 Methodische Vorgehensweise 2 1.3 Beteiligung 4 2 RAHMENBEDINGUNGEN 5 2.1 Lage im Raum und regionalplanerische Einstufung 5 2.2 Bevölkerungs- und Siedlungsentwicklung 7 2.3 Wirtschaftsstruktur und Arbeitsplätze 11 3 ALLGEMEINE ENTWICKLUNGSTENDENZEN IM EINZELHANDEL 14 3.1 Bedeutung des Einzelhandels für die Stadtentwicklung 14 3.2 Entwicklungen auf der Angebotsseite 15 3.3 Entwicklungen auf der Nachfrageseite 18 3.4 Auswirkungen auf die Stadtentwicklung 19 4 ECKDATEN DES EINZELHANDELS DER GEMEINDE MARIENHEIDE 21 4.1 Sortimentsbezogene und räumliche Verteilung 21 4.2 Angebotsstruktur und Leistungsfähigkeit 23 4.3 Bereinigte Einzelhandelsausstattung der Gemeinde Marienheide 27 4.4 Struktur und Verteilung großflächiger Einzelhandelsbetriebe 28 5 EINZUGSBEREICH, KAUFKRAFT UND ZENTRALITÄT 29 5.1 Einzugsbereich des Marienheider Einzelhandels 29 5.2 Kaufkraftpotenzial 30 5.3 Zentralität des Marienheider Einzelhandels 31 5.4 Kaufkraftbewegungen in der Gemeinde Marienheide 32 6 MARIENHEIDE ALS EINZELHANDELSSTANDORT AUS KUNDENSICHT 36 6.1 Vorgehensweise und Methodik 36 6.2 Einkaufsverhalten 36 6.3 Bewertung der Einkaufsmöglichkeiten in der Gemeinde Marienheide aus Kunden- und Händlersicht 39 6.4 Fehlende Angebote und Verbesserungsvorschläge 41 7 PROGNOSE DES VERKAUFSFLÄCHENBEDARFS BIS 2030 42 7.1 Übergeordnete Entwicklungen 43 7.2 Umsatz- und Verkaufsflächenprognose bis zum Jahr 2030 43 8 ZENTRENKONZEPT FÜR DIE GEMEINDE MARIENHEIDE 47 8.1 Grundsätzliche Anmerkungen 47 8.1.1 Zentrenkonzept als räumliches Steuerungsinstrument 47 8.1.2 Rahmenbedingungen für lebendige Zentren 49 8.1.3 Abgrenzungskriterien für zentrale Versorgungsbereiche 50 8.2 Zentrenhierarchie 51 8.3 Hauptzentrum Ortskern Marienheide 52 8.3.1 Standortmerkmale und Angebotssituation 52
Inhalt 8.3.2 Handelsschwerpunkte des Hauptzentrums 57 8.3.3 Prüfstandorte im Marienheider Ortskern 57 8.3.4 Räumliche Festlegung 59 8.3.5 Funktionale Zuordnung gem. der rechtlichen Anforderungen an ein Hauptzentrum 60 8.3.6 Stärken-Schwächen-Profil 61 8.3.7 Handlungsempfehlungen 62 8.4 Gewerbegebiet Rodt als dezentraler Agglomerations- standort 63 8.5 Ziele der Einzelhandelsentwicklung in der Gemeinde Marienheide 64 8.6 „Marienheider Liste“ 65 9 NAHVERSORGUNG 69 9.1 Aktuelle Situation 69 9.2 Exkurs: Standortentscheidungen und Tragfähigkeit von frequenzstarken Nahversorgungsbetrieben 73 10 ALLGEMEINE EMPFEHLUNGEN ZUR EINZELHANDELSSTEUERUNG IN MARIENHEIDE 74 11 ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE 76 12 ANHANG 79 12.1 „Marienheider Liste“ 79 12.2 Prüfstandorte in der Gemeinde Marienheide 85 12.3 Erhebungsbogen der Einzelhandelsbestandserfassung in der Gemeinde Marienheide 86 12.4 Fragebogen Telefonische Bürgerbefragung zum Einkaufsverhalten 87 12.5 Glossar 90 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 Bausteine des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts 2 Abbildung 2 Lage der Gemeinde Marienheide im Raum und zentralört- liche Gliederung 6 Abbildung 3 Bevölkerungsentwicklung seit 2001 im Vergleich 9 Abbildung 4 Altersstruktur der Marienheider Bevölkerung im Vergleich 10 Abbildung 5 Szenari0 der Bevölkerungsprognose für die Gemeinde Marienheide bis 2030 11 Abbildung 6 Beschäftigtenstruktur im regionalen Vergleich 12 Abbildung 7 Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort im Vergleich von 2000 bis 2011 (2000 = 100%) 13 Abbildung 8 Pendlerverflechtungen im Jahr 2010 (ausgewählte Städte und Gemeinden; in absoluten Zahlen) 14
Inhalt Abbildung 9 Verkaufsflächenentwicklung im Einzelhandel 1980 – 2011 (in Mio. qm) 16 Abbildung 10 Umsatzanteile des Lebensmitteleinzelhandels nach Betriebstypen von 1991 bis 2007 (in %) 17 Abbildung 11 Einzelhandelsausstattung der Gemeinde Marienheide nach Angebotsschwerpunkt (in %) 24 Abbildung 12 Verkaufsfläche in qm pro 1.000 Einwohner im Vergleich 27 Abbildung 13 Kerneinzugsgebiet des Marienheider Einzelhandels 30 Abbildung 14 Kaufkraftbewegungen in der Gemeinde Marienheide 33 Abbildung 15 Kaufkraftbewegungen nach Warengruppen (in Mio. EUR) 34 Abbildung 16 Einkaufshäufigkeit in und außerhalb Marienheides 37 Abbildung 17 Bevorzugte Einkaufsstandorte nach Sortimentsgruppen in % der Befragten 38 Abbildung 18 Beurteilung des Einzelhandels und der Rahmenbedingungen in der Gemeinde Marienheide aus Sicht der Bürger 40 Abbildung 19 Anregungen zur Verbesserung der Einkaufs- und Versorgungsfunktion in der Gemeinde Marienheide 41 Abbildung 20 Anregungen zur Angebotserweiterung des Marienheider Einzelhandels 42 Abbildung 21 Nutzungskartierung des Hauptzentrums Ortskern Marienheide 56 Abbildung 22 Räumliche Festlegung des Hauptzentrums Ortskern Marienheide 60 Abbildung 23 Nahbereiche der strukturprägenden Lebensmittelanbieter 72 Tabellenverzeichnis Tabelle 1 Einwohner der Gemeinde Marienheide nach Ortsteilen 7 Tabelle 2 Einwohnerentwicklung Gemeinde Marienheide 2001 - 2011 9 Tabelle 3 Top Ten des Textileinzelhandels im Jahr 2011 18 Tabelle 4 Einzelhandelsausstattung in der Gemeinde Marienheide nach Sortimenten (nach Angebotsschwerpunkt) 21
Inhalt Tabelle 5 Räumliche Verteilung des Einzelhandels in der Gemeinde Marienheide 23 Tabelle 6 Einzelhandelsausstattung der Gemeinde Marienheide nach Angebotsschwerpunkt 25 Tabelle 7 Bereinigte Einzelhandelsausstattung der Gemeinde Marienheide 28 Tabelle 8 Einzelhandelsrelevantes Kaufkraftpotenzial nach Waren- gruppen im Einzugsbereich des Marienheider Einzelhandels im Jahr 2011 31 Tabelle 9 Zentralitätskennziffern nach Warengruppen in Marienheide im Jahr 2011 32 Tabelle 10 Kaufkraftbewegungen nach Warengruppen 35 Tabelle 11 Umsatzprognose für Marienheide bis 2030 44 Tabelle 12 Umsatzprognose für die Gemeinde Marienheide bis 2030 für das Szenario „Ausbau“ 45 Tabelle 13 Orientierungswerte für die Verkaufsflächenentwicklung in der Gemeinde Marienheide 46 Tabelle 14 Einzelhandelsausstattung im Hauptzentrum Ortskern Marienheide nach Bedarfsstufen 54 Tabelle 15 Komplementärnutzungen im Hauptzentrum Marienheide 55 Tabelle 16 Nutzungsstruktur im Hauptzentrum Marienheide 55 Tabelle 17 Einstufung des Ortskern Marienheide als Hauptzentrum 61 Tabelle 18 Bereinigte Einzelhandelsausstattung in der Gemeinde Marienheide und im Hauptzentrum zur Ableitung der „Marienheider Liste“ 67 Tabelle 19 Lage und Nahversorgungsrelevanz der strukturprägenden Lebensmittelanbieter in Marienheide 70 In dem nachfolgenden Text verwenden wir eine geschlechtsneutrale Sprache. Bei der konkreten Ansprache von Personen werden sowohl die weiblichen als auch die männlichen Personen genannt, z. B. „Bewohnerinnen und Bewohner“. Sollte aus Versehen oder aus Gründen der besseren Lesbarkeit an einigen Stellen nur die männliche Form, z. B. „Akteure“ gewählt sein, meinen wir aber immer auch die weiblichen Personen, nämlich die Akteurinnen. Selbstverständlich sind für uns immer Männer und Frauen gleichzeitig, gleichgestellt und chancengleich ange- sprochen. Dieses Gutachten unterliegt dem Urheberrecht. Vervielfältigungen, Weitergabe oder Veröffentlichung des Gutachtens in Teilen oder als Ganzes sind nur nach vor- heriger Genehmigung und unter Angabe der Quelle erlaubt, soweit mit dem Auf- traggeber nichts anderes vereinbart ist.
Einleitung 1 1 Einleitung 1.1 Ausgangssituation und Ziele Die Gemeinde Marienheide befindet sich im Osten des Oberbergi- schen Kreises und des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Jenseits der Gemarkung grenzt im Norden der Märkische Kreis an. Die rund 13.700 Einwohner zählende Gemeinde wird landesplanerisch als Grundzentrum eingestuft und steht als Einzelhandelsstandort ins- besondere in Wettbewerb zum Mittelzentrum Gummersbach und dem Oberzentrum Köln. Im Rahmen des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts für die Ge- Grundlage für zielgerichtete meinde Marienheide sollen Daten und Empfehlungen zusammen- Entscheidungen gestellt werden, die aufbauend auf einer Betrachtung der aktuellen Situation eine Umsetzungsstrategie aufzeigen. Diese kann als Grundlage für alle zukünftig erforderlichen handelsbezogenen und bauleitplanerischen Entscheidungen herangezogen werden. Dabei sind Aussagen über das künftig zu erwartende Kaufkraftpotenzial nach Sortimenten, die anzustrebende Ausstattung mit Einzelhan- delsflächen sowie sinnvolle Veränderungen bzw. Ergänzungen der Sortimente und Standorte zu treffen. Das Konzept ermöglicht damit sowohl der Gemeinde Marienheide als auch Investoren und Betrei- bern eine aktuelle Positionsbestimmung des hiesigen Einzelhandels und gibt insbesondere der Gemeinde Handlungsempfehlungen für eine städtebaulich ausgerichtete Standortpolitik. Bei der Bearbeitung sind die Vorgaben auf Bundes- und Landesebe- Auslaufen des LEPros NRW am ne zu beachten. Hierzu ist anzumerken, dass der Verfassungs- 31. Dezember 2011 gerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen § 24 a Abs. 1 Satz 4 des LEPros mit Urteil vom 26. August 2009 (VerfGH 18/08) für ver- fassungswidrig erklärt hat. Somit existieren nach dem Auslaufen des LEPros, dort § 38, seit 31. Dezember 2011 keine verbindlichen Vor- gaben des Landes zur Verortung von Sondergebieten für großflächi- gen Einzelhandel. Allerdings verfolgt das Land Nordrhein-Westfalen weiterhin das Ziel, eine gesetzliche Regelung zu schaffen, die ge- währleisten soll, dass großflächige Einzelhandelsentwicklungen weder die Funktionsfähigkeit zentraler Versorgungsbereiche in der Stadt oder in benachbarten Kommunen, noch die wohnungsnahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen.1 Alle für die Steuerung der Einzelhandelsentwicklung notwendigen planungsrechtlichen Voraussetzungen wurden auf Grundlage der Erhebungsergebnisse und der Bewertung der aktuellen einzelhan- delsrelevanten Angebots- und Nachfragesituation erarbeitet. 1 Zum Zeitpunkt der Berichtslegung ist auf den Entwurf der Staatskanzlei Nord- rhein-Westfalen vom 17. April 2012 zum Sachlichen Teilplan Großflächiger Ein- zelhandel für den Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen zu verweisen. In den Zielen 2 und 3 wird dabei u. a. der Schutz zentraler Versorgungsbereiche und der wohnortnahen Versorgung gefordert.
Einleitung 2 Somit finden die zukünftigen ökonomischen Rahmenbedingungen der Einzelhandels- und Zentrenentwicklung ebenso Berücksichti- gung wie auch die städtebauliche Situation in Marienheide und die übergeordneten rechtlichen Vorgaben. Abbildung 1 Bausteine des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts Situationsanalyse Rahmenbe- Einzelhandels- Städtebaul. Nachfrage dingungen angebot Situation KONZEPT Quelle: Darstellung Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH 2011 1.2 Methodische Vorgehensweise Im April und Juni 2012 wurde der gesamte Ladeneinzelhandel der Einzelhandelsbestandserhebung Gemeinde Marienheide durch Vor-Ort-Begehungen erfasst. Die ak- tuelle Bestandsstruktur ist eine wesentliche Entscheidungsgrundla- ge für die Konzeption der Zentrenstruktur und ihre Abgrenzung. Bei der Erfassung der Verkaufsfläche wurde das Urteil des BVerwG AZ 4 C 10.04 vom 24. November 2005 zugrunde gelegt. Grundsätz- lich wird die dem Kunden zugängliche Fläche als Verkaufsfläche bewertet. Dazu zählen Schaufenster, Gänge, Treppen (einschließlich Rolltreppen und Personenfahrstühle), Kassenzonen, Standflächen für Einrichtungsgegenstände und Freiverkaufszonen, soweit sie nicht nur vorübergehend zum Verkauf genutzt werden. Dem Kun- den zwar aus betrieblichen und hygienischen Gründen nicht zu- gänglich, jedoch trotzdem der Verkaufsfläche zuzurechnen, sind Bereiche, in denen die Ware für den Kunden sichtbar ausliegt und in dem das Personal die Ware zerkleinert, abwiegt und abpackt (Käse-, Fleisch-, Wursttheke etc.). Bezüglich der strittigen Fälle der Flächen für die Pfandgetränke- rücknahme und die Vorhaltung der Einkaufswagen hat sich das OVG NRW im Februar 2009 geäußert: Demnach sind die dem Kunden zugänglichen Bereiche für die Pfandrücknahme der Verkaufsfläche zuzurechnen. Dagegen sind sowohl innerhalb als auch außerhalb
Einleitung 3 des Gebäudes befindliche Vorhaltungen für Einkaufswagen nicht zur Verkaufsfläche zu rechnen.2 Die so erfasste Verkaufsfläche wurde nach neun Branchen und 37 Sortimenten differenziert. Eine fortschreibungsfähige Datei wird der Gemeinde Marienheide übergeben. Unter zusätzlicher Verwendung sekundärstatistischer Materialien, Berechnung der Umsätze für z. B. von nach Branchen gegliederten Flächenproduktivitäten, er- das Jahr 2011 folgte anschließend unter Berücksichtigung der betriebs- wie standortbezogenen Attraktivität und der Befragungsergebnisse die Berechnung der Umsätze für das Jahr 2011. Bei der textlichen, tabellarischen und kartografischen Darstellung Gruppierung der Sortimente des Einzelhandelsbestands werden im Rahmen des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts die einzelnen Sortimente aus Datenschutz- gründen zusammengefasst, sodass sich der Gesamtbestand in fol- gende Gruppen gliedert: Nahrungs-/Genussmittel Gesundheit/Körperpflege und Blumen/Zoobedarf Bücher/Schreibwaren/Büro Bekleidung/Schuhe/Schmuck und Sport/Freizeit/Spiel Elektrowaren und Möbel/Einrichtung sowie Bau-/Garten- bedarf/Autozubehör Neben den Betrieben des Einzelhandels und Ladenhandwerks Komplementärnutzungen bestimmen publikumsorientierte Dienstleistungen, kulturelle Ein- richtungen und eine Reihe weiterer Nutzungen die Attraktivität eines Standorts sowie dessen Zentralität wesentlich. Dies ist für die Abgrenzung der zentralen Versorgungsbereiche von Bedeutung und wurde auch im Rahmen der Bestandsaufnahme innerhalb der we- sentlichen siedlungsstrukturell integrierten Einzelhandelslagen be- rücksichtigt. Die Bestandsdaten wurden jedoch nicht weitergehend analysiert und damit ausschließlich im Hinblick auf die Erfüllung ihrer Komplementärfunktionen zum Einzelhandel bewertet. Publikumsorientierte Dienstleistungen zeichnen sich dadurch aus, publikumsorientierte dass ihre Existenz von einer hohen Besucherfrequenz einer breiten Dienstleistungen Zielgruppe abhängig ist. Sie belegen häufig Standorte in Zentren, um von der durch die umliegenden Nutzungen erzeugten Passan- tenfrequenz zu profitieren, ermöglichen umgekehrt aber auch den umgebenden Nutzungen, von der durch sie erzeugten Frequenz zu partizipieren. Damit kommt auch publikumsorientierten Dienstleis- tungen eine zentrenprägende Funktion zu. Insbesondere gastrono- mische und öffentliche Einrichtungen verstärken die Belebung eines Zentrums und tragen dazu bei, sogenannte Synergieeffekte auszu- lösen. 2 vgl. OVG NRW AZ 7 B 1767 / 08, 6. Februar 2009
Einleitung 4 Neben den auf die Frequenz eines Geschäftsquartiers eher kontra- produktiv wirkenden Leerständen wurden daher folgende Nutzun- gen (ohne Flächenangaben) im Ortskern Marienheides sowie in des- sen unmittelbarem Umfeld erhoben: Restaurants, Cafés, Eisdielen, Gaststätten etc. Arzt- und Anwaltspraxen sowie Notare Bank- bzw. Sparkassenfilialen Massagepraxen und Physiotherapeuten Chemische Reinigungen, Waschsalons Friseure Lotto/Toto, Copy-Shops CD-/Video-Verleih Reisebüros Saunas und Bräunungsstudios Schuh- und Schlüsselservices Versicherungs- und Maklerbüros Kinos, Theater, Galerien und sonstige kulturelle Einrichtungen Spielotheken, Billard-Center Internetcafés Postdienstleistungen Für diese Komplementärnutzungen wurden Name, Adresse und Obergruppen der Komplementär- Standort ermittelt, wobei eine Zuordnung zu folgenden vier Ober- nutzungen gruppen erfolgte: Gastronomie und Hotellerie Dienstleistungen Kultur und Freizeit Bildung und Gesundheit Zur Ermittlung der Einkaufsorientierungen und der -zufriedenheit Bürgerbefragung wurden 300 Bürger in der Gemeinde Marienheide mittels einer tele- fonischen Bürgerbefragung interviewt.3 Das Befragungsprogramm war im Vorfeld detailliert mit Vertretern der Stadtverwaltung abge- stimmt worden. 1.3 Beteiligung Eine projektbegleitende und fachbezogene Mitarbeit der unter- schiedlichen Akteursschaft stößt schon während der Gutachte- nerstellung einen Diskussionsprozess an und verbessert die Qualität der Untersuchung. Zudem kann mit einer breiten Akzeptanz der Ergebnisse und Empfehlungen gerechnet werden. Die Abstimmung der methodischen Vorgehensweise sowie die Prä- sentation der Zwischenergebnisse erfolgten zunächst mit Vertre- tern aus Politik und Verwaltung. Am 23. August 2012 wurde das 3 bearbeitet durch die Fa. VALID RESEARCH Marktforschung GmbH, Bielefeld
Rahmenbedingungen 5 Konzept als Sachstandsbericht im Bau-, Planungs- und Umweltaus- schuss der Gemeinde Marienheide vorgestellt. Anschließend (24. August 2012 bis 5. Oktober 2012) fand die Beteiligung der Nach- barkommune sowie der Industrie- und Handelskammer statt. Am 27. September 2012 wurde das Gesamtkonzept zunächst im Bau-, Planungs- und Umweltausschuss, danach den interessierten Einzel- händlern vorgestellt. Im Zeitraum vom 1. Oktober 2012 bis zum 17.10.2012 erfolgten Offen- lage und Bürgerbeteiligung, sodass der Rat der Gemeinde Marien- heide das Einzelhandelskonzept am 27. November 2012 beschließen konnte. 2 Rahmenbedingungen 2.1 Lage im Raum und regionalplanerische Einstufung Die Gemeinde Marienheide liegt im Oberbergischen Kreis, eingebet- Lage und Wettbewerbssituation tet in den Landschaftsraum Bergisches Land. Sie grenzt im Norden an den Märkischen Kreis mit den Städten Kierspe und Meinerzha- gen, im eigenen Kreisgebiet wird sie umrahmt von der Gemeinde Lindlar und den Stadtgebieten Wipperfürth und Gummersbach. Die Gemeinde Marienheide ist dem Regierungsbezirk Köln zugeordnet und wird in der landesplanerischen Hierarchie als Grundzentrum eingestuft. Dies bedeutet, ihr wird in erster Linie eine Versorgungs- funktion für die eigene Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistun- gen des kurz- und teilweise auch des mittelfristigen Bedarfs beige- messen. Der Einkaufsstandort Marienheide steht insbesondere im Wettbewerb zum kreisangehörigen Mittelzentrum Gummersbach, welches in ca. zehn Kilometer Entfernung liegt, sowie zum Ober- zentrum Köln, das sich rund 50 Kilometer entfernt befindet. Neben der Wettbewerbssituation wird die Einzelhandelsentwick- lung Marienheides u. a. durch die Verkehrsanbindung und die topo- grafische Situation beeinflusst. Marienheide befindet sich in ca. 15 Kilometer Entfernung zum Auto- bahnanschluss Engelskirchen der Autobahn A 4. Über diese kann in westlicher Fahrtrichtung das Oberzentrum Köln erreicht werden. Die Hauptverkehrsadern im Gemeindegebiet werden durch die verkehrstechnische Anbindung Landstraßen L 306 (Kotthauserhöhe–Rodt–Müllenbach–Autobahn- anschluss Meinerzhagen) und L 97 (Himmerkusen–Marienheide– Holzwipper) sowie die von Eberg kommende Bundesstraße B 256 in Richtung Kotthauserhöhe gebildet.
Rahmenbedingungen 6 Abbildung 2 Lage der Gemeinde Marienheide im Raum und zentralört- liche Gliederung Quelle: Kartengrundlage: Geobasisdaten Landesvermessungsamt Nordrhein- Westfalen, Bonn, ST/8/2004, Darstellung Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH 2012 Der öffentliche Personennahverkehr wird durch eine Reihe von Bus- öffentlicher Personennahverkehr verbindungen bedient, die die innergemeindliche Erreichbarkeit sicherstellen und über die Gemeindegrenze hinweg eine Verbin- dung nach Gummersbach, Meinerzhagen, Engelskirchen und Rem- scheid ermöglichen. Außerdem besteht eine direkte Zugverbindung mit der Regionalbahn (RB 25) vom Hauptort Marienheide zum Ober- zentrum Köln. Trotz der Randlage des Gemeindegebiets im Land Nordrhein- Westfalen kann die verkehrliche Anbindung der Gemeinde Marienheide in regionaler Hinsicht als gut eingestuft werden. Eine Besonderheit ergibt sich durch den Regionalflughafen Meinerzhagen. Er befindet sich zwischen den Kommunen Marienheide und Meinerzhagen. Dieser fungiert aufgrund einer begrenzten Landebahn nicht als Start- und Zielpunkt von Linienflügen, bietet aber beste Voraussetzungen für den Geschäftsflugverkehr.
Rahmenbedingungen 7 2.2 Bevölkerungs- und Siedlungsentwicklung Für die aktuelle Einzelhandelssituation, aber auch die Entwicklungs- potenziale des Einzelhandels in Marienheide sind auch die Bevölke- rungsverteilung und -struktur wichtig. Die Gemeinde Marienheide wies zum 31. Dezember 2011 eine Ein- Einwohnerzahl und Stadtgliederung wohnerzahl von 13.724 Einwohnern auf, die sich auf insgesamt 52 Ortsteile in einer dispersen Siedlungsstruktur verteilen.4 Der Großteil der Ortsteile ist dörflich strukturiert. Nur der Bereich Rodt/Müllenbach weist neben dem Hauptort Marienheide eine kompaktere Struktur auf. Die zwei Siedlungsschwerpunkte werden durch die Bundesstraße B 256 verkehrlich miteinander verbunden. Tabelle 1 Einwohner der Gemeinde Marienheide nach Ortsteilen Ortsteil Einwohner in % Berghof 0,2 33 Börlinghausen 2,0 283 Däinghausen 0,8 105 Dahl 0,1 8 Dannenberg 2,3 326 Dürhölzen 1,2 161 Eberg 0,5 68 Eiringhausen 0,3 45 Erlinghagen 2,5 347 Gervershagen 0,1 16 Gimborn 0,2 30 Gogarten 1,6 225 Grunewald 0,0 3 Himmerkusen 0,6 86 Höfel 0,5 64 Holzwipper 0,7 94 Hütte 0,4 59 Jedinghagen 2,3 321 Kalsbach 4,3 600 Kattwinkel 0,8 115 4 Die Gesamteinwohnerzahl der Gemeinde Marienheide bezieht sich auf Daten des IT.NRW, die Einwohnerzahlen der einzelnen Ortsteile wurden von der Ge- meinde Marienheide fortgeschrieben. Im weiteren Verlauf der Untersuchung wird die Gesamteinwohnerzahl des IT.NRW für weitere Berechnungen herange- zogen.
Rahmenbedingungen 8 Ortsteil Einwohner in % Kempershöhe 0,9 122 Königsheide 0,3 43 Kotthausen 6,8 938 Krommenohl 0,1 13 Lambach 0,1 13 Lehmkuhl 0,1 7 Leiberg 0,2 22 Lienkamp 0,1 13 Linge 0,9 123 Marienheide 44,1 6.075 Müllenbach 9,1 1.248 Niederwette 0,5 62 Oberboinghausen 0,2 25 Obernhagen 0,6 78 Obersiemeringhausen 0,1 18 Rodt 5,7 779 Scharde 1,1 155 Schemmen 0,6 86 Schmitzwipper 0,6 77 Schöneborn 0,7 104 Schulzenkamp 0,0 4 Siemerkusen 0,3 46 Siepen 0,2 22 Späinghausen 0,1 18 Straße 0,0 6 Stülinghausen 1,6 220 Unterboinghausen 0,1 15 Unterpentinghausen 0,1 7 Wernscheid 1,0 133 Wilbringhausen 0,4 54 Winkel 2,0 271 Gesamt 13.786 100 Quelle: Daten der Gemeinde Marienheide, Darstellung Stadt- und Regionalpla- nung Dr. Jansen GmbH 2012 Seit dem Jahr 2001 verzeichnet die Gemeinde Marienheide Bevölke- Einwohnerentwicklung rungszuwächse mit nur geringen Schwankungen: Der relativ aus- 2001 bis 2011 gewogene Gesamtsaldo aus Wanderungs- und natürlichen Bevölke-
Rahmenbedingungen 9 rungsbewegungen führte in der Vergangenheit zu einer leicht zu- nehmenden Einwohnerzahl im Gemeindegebiet. Tabelle 2 Einwohnerentwicklung Gemeinde Marienheide 2001 - 2011 Einwohner Jahr 2001 Jahr absolut = 100 % 2001 13.491 100,0 % 2002 13.514 100,17 % 2003 13.636 101,07 % 2004 13.740 101,85 % 2005 13.711 101,63 % 2006 13.752 101,93 % 2007 13.693 101,50 % 2008 13.684 101,43 % 2009 13.745 101,88 % 2010 13.758 101,98 % 2011 13.724 101,73 % Quelle: Daten IT.NRW, Berechnung und Darstellung Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH 2012 Bei der Betrachtung der Bevölkerung nach Altersgruppen zeigt sich, dass die Gemeinde Marienheide im Vergleich zu Kreis, Regierungs- bezirk und Bundesland eine tendenziell jüngere Bevölkerung auf- weist. Abbildung 3 Bevölkerungsentwicklung seit 2001 im Vergleich 105% 103% 100% 98% 95% 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Gemeinde Marienheide Oberbergischer Kreis Regierungsbezirk Köln Nordrhein-Westfalen Quelle: Daten IT.NRW, Darstellung Stadt- u. Regionalplanung Dr. Jansen GmbH ’12
Rahmenbedingungen 10 Der Anteil der Bevölkerung unter 25 Jahren liegt in Marienheide um Bevölkerung nach Altersgruppen rund vier Prozent höher als in den Vergleichsräumen. Demgegen- über ist der Anteil der Einwohner über 65 Jahre um rund ein Prozent geringer. Abbildung 4 Altersstruktur der Marienheider Bevölkerung im Vergleich 35,0 30,0 30 28 28 28 28 25,0 27 26 26 20,0 20 19 20 19 15,0 15 14 12 12 13 14 10,0 11 11 5,0 0,0 unter 25 Jahre 25 bis unter 35 Jahre 35 bis unter 45 Jahre 45 bis unter 65 Jahre 65 Jahre und mehr Gemeinde Marienheide Oberbergischer Kreis Regierungsbezirk Köln Nordrhein-Westfalen Quelle: Daten IT.NRW, Darstellung Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH 2012, Angaben in % Um Aussagen zur zukünftigen Bevölkerungsentwicklung der Ge- Bevölkerungsprognose bis 2030 meinde Marienheide treffen zu können, kann auf die Bevölkerungs- prognose des Landesbetriebs Information und Technik Nordrhein- Westfalen (IT.NRW) zurückgegriffen werden. Die Bevölkerungsprognose des IT.NRW sieht eine Abnahme der Be- völkerung von 2008 bis 2030 um 5,2 % voraus; dies entspricht einer absoluten Zahl von 720 Einwohnern (Basisjahr 2008: 13.780 Einwoh- ner, Modellberechnung 2030: 13.060 Einwohner). Neben einer Veränderung der Einwohnerzahlen wird sich auch in der Gemeinde Marienheide der demografische Wandel insbesonde- re im zukünftigen Altersaufbau der Bevölkerung deutlich widerspie- geln. Hinsichtlich der weiteren Entwicklung ist davon auszugehen, dass sich in der Gemeinde Marienheide der Bevölkerungsanteil von Kindern und Jugendlichen der bundesweiten demografischen Ent- wicklung folgend zukünftig verringern und der Anteil der älteren Menschen ansteigen wird. Insgesamt lässt sich im Hinblick auf die Bevölkerungsprognose festhalten, dass für den Einzelhandelsstand- ort Marienheide keine deutlichen Impulse durch die Bevölkerungs- entwicklung zu erwarten sind.
Rahmenbedingungen 11 Abbildung 5 Szenari0 der Bevölkerungsprognose für die Gemeinde Marienheide bis 2030 14.000 13.800 13.600 13.400 IT. NRW 13.200 (Basisjahr 2008) 13.000 12.800 12.600 10 12 16 08 22 18 14 28 24 20 30 26 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 Quelle: Daten IT.NRW, Berechnung und Darstellung Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH 2012 Einhergehend mit einem Alterungsprozess und einem geringeren Veränderung in der Bedarfsstruktur Anteil an Familien mit Kindern wird es zu Veränderungen in der Be- darfsstruktur kommen. Dies betrifft insbesondere die Anforderun- gen an eine wohnungsnahe Grundversorgung, eine autounabhän- gige Versorgung sowie die Anpassung des Einzelhandels an die Be- darfsstruktur kleinerer Haushaltsgrößen bzw. Singlehaushalte. 2.3 Wirtschaftsstruktur und Arbeitsplätze Die grundzentralen Versorgungsfunktionen der Gemeinde Marien- Bedeutung von Gewerbe und heide resultieren aus dem Einzelhandels- und Dienstleistungsbesatz Industrie der Gemeinde sowie aus dem Arbeitsplatzangebot im gewerblichen Sektor. Die Gemeinde Marienheide hält derzeit vier Gewerbegebiete vor: Rodt, Kalsbach-Kotthauserhöhe, Griemeringhausen und Ma- rienheide. Moderne Industriebetriebe des Maschinen- und Werk- zeugbaus sowie der Metall- und Kunststoffverarbeitung begründen einen überdurchschnittlich hohen Anteil der sozialversicherungs- pflichtig Beschäftigten im Bereich des Produzierenden Gewerbes. Insgesamt war im Jahr 2011 ein Anteil von ca. 68 % der sozialversi- cherungspflichtig Beschäftigten im Bereich des produzierenden Gewerbes tätig (Oberbergischer Kreis: Ca. 57 %). Überdurchschnittlich ausgeprägt ist in der Gemeinde Marienheide außerdem der Bereich Land- und Forstwirtschaft/Fischerei: Im Oberbergischen Kreis sind ca. 0,4 % der Beschäftigten in diesem Bereich tätig, in der Gemeinde Marienheide ca. 1,5 %. Im regionalen Vergleich liegen im Bereich Handel, Gastgewerbe und Verkehr durchschnittliche Werte vor. Der Anteil der sozialversiche-
Rahmenbedingungen 12 rungspflichtig Beschäftigten beträgt in der Gemeinde Marienheide ca. 13,6 % (Oberbergischer Kreis: Ca. 15,6 %). Der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Bereich der sonstigen Dienstleistungen zeigt in der Gemeinde Marienheide mit rund 16,9 % hingegen einen deutlich geringeren Wert als im Oberbergischen Kreis (27,1 %) oder den beiden kreisübergeordneten Vergleichsräumen Regierungsbezirk Köln (ca. 41,3 %) und Nordrhein- Westfalen (34,1 %). Abbildung 6 Beschäftigtenstruktur im regionalen Vergleich 100 90 17 27 34 80 14 41 70 16 60 23 50 23 40 68 30 57 20 42 35 10 2 0 0 1 0 Gemeinde Oberbergischer Regierungsbzirk Nordrhein- Marienheide Kreis Köln Westfalen Land- und Forstwirtschaft, Fischerei Produzierendes Gewerbe Handel, Gastgewerbe, Verkehr Sonstige Dienstleistungen Quelle: Daten IT.NRW: Kommunalprofil der Gemeinde Marienheide Juni 2010, Darstellung Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH 2012 Die Bemühungen der Gemeinde, insbesondere dem verarbeitenden Gewerbe ausreichende Flächen zur Verfügung zu stellen, sind er- folgreich. So ist die Zahl der Arbeitsplätze in Marienheide durch die Ansiedlung bzw. den Ausbau verschiedener Unternehmen seit 2010 wieder angestiegen. Insbesondere im Zeitraum von 2006 bis 2008 ist ein Anstieg der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zu erkennen, der aber in den Folgejahren wieder abfällt. Dies ist auf die wirtschaftlich starken Jahre zwischen 2006 und 2008 und dem ho- hen Anteil der Beschäftigten im gewerblichen Sektor zurückzufüh- ren. Im Jahr 2011 wurden insgesamt 3.057 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Marienheide gezählt. Gegenüber dem Jahr 2000 bedeutet dies einen starken Rückgang der sozialversicherungs- pflichtig Beschäftigten von rund 16,6 %.
Rahmenbedingungen 13 Abbildung 7 Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftig- ten am Arbeitsort im Vergleich von 2000 bis 2011 (2000 = 100%) 104 100 96 92 88 84 80 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Gemeinde Marienheide Oberbergischer Kreis Regierungsbezirk Köln Nordrhein-Westfalen Quelle: Daten IT.NRW, Darstellung Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH 2012 Die Arbeitsplatzsituation der Gemeinde Marienheide spiegelt sich negatives Pendlersaldo auch in einem negatives Pendlersaldo im Jahr 2010 wider: 2.218 Be- rufseinpendler stehen 4.437 Berufsauspendlern gegenüber und füh- ren zu einem negativen Pendlersaldo von 2.219 Beschäftigten. Die Berufsauspendler sind zu etwa gleichen Teilen im produzierenden (2.134 Berufsauspendler) wie im Dienstleistungsgewerbe (2.303 Be- rufsauspendler) außerhalb des Gemeindegebiets Marienheide tätig. Die Pendlerverflechtungen konzentrieren sich maßgeblich auf die Stadtgebiete Gummersbach und Wipperfürth. Auch das Oberzent- rum Köln stellt Arbeitsplätze für die in Marienheide wohnhaften Arbeitnehmer. Hervorzuheben ist außerdem der Anteil der Be- rufseinpendler von 36 % aus dem Stadtgebiet Gummersbach in die Gemeinde Marienheide. Die starken Pendlerverflechtungen dokumentieren, dass die Ge- meinde Marienheide gleichermaßen als Wirtschafts- und Wohn- standort von Bedeutung ist. Dies ist deshalb von so hohem Interes- se, weil viele Beschäftigte ihren Einkauf (auch) am Arbeitsort tätigen oder die Fahrten zum Arbeitsort mit dem Einkauf verknüpfen.
Allgemeine Entwicklungstendenzen im Einzelhandel 14 Abbildung 8 Pendlerverflechtungen im Jahr 2010 (ausgewählte Städte und Gemeinden; in absoluten Zahlen) Quelle: Daten IT.NRW, Darstellung Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH 2012 3 Allgemeine Entwicklungstendenzen im Einzelhandel 3.1 Bedeutung des Einzelhandels für die Stadtentwicklung Die Entwicklung des Einzelhandels und der Stadtstrukturen beein- stadtbildende Funktion des flussen einander. Einzelhandel bewirkt in integrierten Lagen oftmals Einzelhandels Baudichte, Passantenfrequenz sowie Nutzungsmischung und ist eine wichtige Voraussetzung für Urbanität und eine „vitale Stadt“. Umgekehrt verbessern attraktive städtebauliche Rahmenbedingun- gen die Anziehungskraft von Einzelhandelslagen. Mit der zuneh- menden Ansiedlung von Einzelhandel an peripheren Standorten hat sich diese „stadtbildende“ Funktion des Einzelhandels in der Ver- gangenheit deutlich reduziert. Daher bedarf es heute der gezielten Steuerung des Einzelhandels im Rahmen einer nachhaltigen Stadt-
Allgemeine Entwicklungstendenzen im Einzelhandel 15 entwicklungspolitik, um die stadtbildende Funktion des Einzelhan- dels aufrechtzuerhalten. Die Zentren sind dabei auf Einzelhandels- nutzungen angewiesen, um Frequenzen zu sichern. Beeinflusst wird die Entwicklung des Einzelhandels von Verände- Angebot und Nachfrage rungen in Angebot und Nachfrage. Es ist davon auszugehen, dass sich einige der nachfolgend skizzierten Entwicklungstendenzen un- abhängig von öffentlichen Eingriffen fortsetzen, andere jedoch sind durch gezielte Stadtentwicklungspolitik beeinflussbar. 3.2 Entwicklungen auf der Angebotsseite Eine Reihe handelsendogener Faktoren wird auch in Zukunft die Einzelhandelsentwicklung in der Gemeinde Marienheide beeinflus- sen: Seit 1970 hat sich in Deutschland die Verkaufsfläche des Ladenhan- Verkaufsflächenwachstum und dels auf aktuell ca. 122 Mio. qm mehr als verdreifacht.5 Allerdings ist steigende Betriebsgrößen in den letzten Jahren eine nachlassende Dynamik zu erkennen. Das starke Verkaufsflächenwachstum führt bei einem begrenzten Verkaufsflächenproduktivität Marktvolumen zu einem Rückgang der Verkaufsflächenproduktivi- tät. Die Folgen sind steigender Wettbewerb um Marktanteile, aber auch die Tendenz zur stärkeren Reduzierung der Betriebskosten (Lieferantenkonditionen, Personalkosten). Hieraus resultieren oft- mals Reduzierungen von Serviceleistungen sowie die weitere Ver- drängung kleinerer Betriebseinheiten, die aufgrund ungünstiger Einkaufskonditionen sich im Preiskampf nicht mehr behaupten kön- nen. Ein Wandel der Betriebsformen und -konzepte führt zu steigendem Discountorientierung Wettbewerbsdruck vor allem bei inhabergeführten Geschäften. Die- se Umformung verläuft häufig in Verbindung mit einer zunehmen- den Großflächigkeit und Discountisierung. Beispielhaft ist der Le- bensmitteleinzelhandel aufzuführen, dessen Preiskampf im europä- ischen Vergleich in Deutschland mit am ausgeprägtesten ist. Eine steigende Dominanz des Discountbereichs wird anhand der Ent- wicklung des Umsatzanteils am gesamten Lebensmitteleinzelhan- del deutlich: Seit 1990 hat sich der Umsatzanteil der Lebensmittel- discounter von ca. 24 % auf ca. 42 % im Jahre 2007 fast verdoppelt – mit einer weiter steigenden Tendenz.6 Wesentliche Einbußen muss- ten neben den traditionellen kleineren SB-Lebensmittelgeschäften lange Zeit auch die Supermärkte hinnehmen. 5 vgl. EHI Handel aktuell 2009/2011, S.174 6 EHI Handel aktuell 2009/2011, S. 192
Allgemeine Entwicklungstendenzen im Einzelhandel 16 Abbildung 9 Verkaufsflächenentwicklung im Einzelhandel 1980 – 2011 (in Mio. qm) 150 120 122 116 90 109 95 60 77 63 30 0 1980 1990 1995 2000 2005 2010 Quelle: Daten EHI Handel aktuell 2009/2011, Darstellung Stadt- und Regionalpla- nung Dr. Jansen GmbH 2012 Auch in anderen Branchen, z. B. Drogerieartikel, Textilien, Schuhe oder Sportartikel, verläuft diese Entwicklung zugunsten von Fach- märkten und zulasten kleiner und mittelständischer Fachgeschäfte. Auf dem deutschen Elektronikmarkt werben die Filialketten Media Markt, Saturn und Pro Markt massiv mit Niedrigpreisen und erwirt- schaften mittlerweile einen Umsatzanteil von fast 40 % am Ge- samtmarkt.7 Im angespannten Wettbewerb um Umsatzanteile haben Preisdum- Konzentration und Filialisierung ping und Unternehmensübernahmen zu immer stärkeren Konzent- rationsprozessen und höherem Filialisierungsgrad im Einzelhandel geführt. Die Vertriebsstrukturen im Einzelhandel verändern sich mit deutli- Veränderung der Vertriebsstrukturen chen Auswirkungen auf die bestehende Einzelhandelslandschaft und deren Entwicklung. Neue Standorte (u. a. Tankstellen, Bahnhö- fe, Flughäfen) verschärfen den Wettbewerb des stationären Einzel- handels. Hersteller versuchen, die Bedeutung der Händler zu min- dern und realisieren Shops in Eigenregie. Mit E-Commerce erobern virtuelle Einkaufsplätze die Gunst der Kunden. So stieg der Umsatz des Online-Handels von ca. 1,0 Mrd. EUR im Jahre 2000 auf ca. 18,3 Mrd. EUR im Jahre 2011. Dies entspricht bereits über 7 % des Ge- samtumsatzes im Einzelhandel. Für das Jahr 2011 wurde ein weiterer Anstieg des Umsatzes auf bis zu 10 % des Gesamtumsatzes prog- nostiziert.8 7 EHI Handel aktuell 2009/2011, S. 236 8 EHI Handel aktuell 2009/2011, S. 232
Allgemeine Entwicklungstendenzen im Einzelhandel 17 Anfänglich waren es hauptsächlich Bücher und Produkte der Unter- haltungselektronik/IT, die über E-Commerce nachgefragt wurden. Mittlerweile ist der Onlinehandel in fast allen Branchen spürbar. Auch der Bereich Teleshopping weist kontinuierliche Umsatz- zuwächse von jährlich ca. 20 % auf. Damit verliert der stationäre Einzelhandel zunehmend Marktanteile. Abbildung 10 Umsatzanteile des Lebensmitteleinzelhandels nach Betriebstypen von 1991 bis 2007 (in %) 50 40 30 20 10 0 01 04 2 95 3 97 1 00 98 4 02 06 05 03 07 96 99 9 9 9 9 20 19 19 19 19 19 20 20 20 20 20 19 19 20 20 19 19 SB-Warenhaus/Verbrauchermarkt Discounter Supermarkt restliche Lebensmittelgeschäfte Quelle: Datengrundlage EHI Handel aktuell 2009/2011 und frühere Ausgaben; Darstellung Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH Anm.: Aufgrund neuer Betriebstypenentwicklungen im Bereich des Lebensmit- teleinzelhandels wurden die statistischen Kategorien der Betriebstypen durch das EHI Retail Institute mittlerweile novelliert, sodass eine Ver- gleichbarkeit der Darstellung mit den Jahren 2008 bis 2011 nicht gewähr- leistet wäre. Zudem kommt es zu einer Art „Aufweichung“ der bisherigen Be- triebstypenstrukturen. Die Firma Tchibo hat sich lange Zeit als Mehrbranchenanbieter positioniert, die Umsätze aus Kaffee- Verkauf wurden zur Nebeneinnahme. Die Lebensmitteldiscounter Aldi und Lidl erreichen hohe Umsatzanteile und Marktbedeutung mit Aktionsware; beispielhaft dafür ist die Betrachtung der umsatz- bezogenen Top Ten im Textileinzelhandel. Aufgrund des fortwährenden Kampfs um Marktanteile nimmt die Vertikalisierung im Einzelhandel zu, sie steht für die Ausklamme- rung von Zwischenstufen (z. B. Großhandel) des Handels durch Rea- lisierung eigener Shops oder enge Zusammenarbeit mit anderen Handelspartnern (z. B. Esprit, H & M, Ikea, Aldi), um sich hierdurch vor allem gegenüber anderen Filialisten, dem Fach- und Versand- handel behaupten zu können.
Allgemeine Entwicklungstendenzen im Einzelhandel 18 Tabelle 3 Top Ten des Textileinzelhandels im Jahr 2011 Textilumsatz Unternehmen in Mio. EUR brutto Otto Group, Hamburg 4.158* H&M, Hamburg 3.211 C&A, Düsseldorf 3.011 Metro Group, Düsseldorf 2.418* Karstadt, Essen 1.973* Peek & Cloppenburg, Düsseldorf 1.334 Tengelmann, Mülheim Ruhr 1.195* Lidl, Neckarsulm 1.049* Aldi Gruppe 1.034* Tchibo, Hamburg 945* * Schätzwerte Quelle: Datengrundlage Textil Wirtschaft Oktober 2011 (www.lebensmittel- zeitung.net), Darstellung Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH 2011 3.3 Entwicklungen auf der Nachfrageseite Verantwortlich für die Entwicklungstendenzen im Einzelhandel sind auch die Verbraucher. So hat sich auf der Nachfrageseite in den letz- ten Jahrzehnten ein demografischer und gesellschaftlicher Wandel vollzogen, der sich in einer Veränderung der Altersstrukturen und der Tendenz zu kleineren Haushalten sowie in einer gestiegenen Mobilität niederschlägt. Zudem ist zu berücksichtigten, dass die Bevölkerungszahl – mit erheblichen regionalen Unterschieden – in den kommenden Jahren in der Tendenz weiter sinken wird. Die immer stärkere Preis- und Pkw-Orientierung der Kunden hat die Preis- und Pkw-Orientierung der Entwicklung der heutigen Strukturen im Einzelhandel unterstützt. Kunden Das sogenannte Smartshopping9 hat die traditionelle Kundenbin- dung an ein Unternehmen abgelöst – mit der Folge, dass Preis- so- wie Rabattierungsaktionen weiter zunehmen. In Verbindung mit wachsenden Ausgaben in anderen Bereichen Anteil des Einzelhandelsumsatzes an (z. B. Energie) und zunehmender Preisorientierung der Verbraucher privaten Konsumausgaben sinkt der Ausgabenanteil der Kunden für den Einzelhandel seit Jah- ren. Lag der Anteil des Einzelhandels an den privaten Konsumaus- 9 Smart Shopper: Die Kaufentscheidung orientiert sich ausschließlich an Preis- günstigkeit und -würdigkeit; die Folgen im Kundenverhalten sind eine intensive Informationssuche vor dem Kauf, Vorratskäufe bei Angeboten, Internetshop- ping, Nutzung von Coupons und Kundenkarten.
Allgemeine Entwicklungstendenzen im Einzelhandel 19 gaben im Jahr 1995 noch bei über 35 %, wurde im Jahr 2011 nur noch ein Anteil von ca. 28 % erreicht.10 Insgesamt wird die Einzelhandels- kaufkraft in den nächsten Jahren voraussichtlich nur in geringem Maße ansteigen. Die Kunden verlangen aber trotz Umsatzrückgängen eine möglichst Einkaufsverhalten große Vielfalt. Dazu fordern die Tendenz zu mehr Ein- und Zweiper- sonenhaushalten sowie der demografische Wandel eine größere Diversifizierung im Hinblick auf Sortiments- und Angebotsstruktu- ren. Alle Waren eines Bedarfsbereichs sollen zudem nach Möglich- keit an einem Einkaufsstandort verfügbar sein (One-Stop-Shopping), damit möglichst wenig Zeit für die Versorgung bzw. möglichst viel Zeit für die Freizeitgestaltung verwendet werden kann. Eine größere Entfernung zum Einkaufsort wird von dem mobilen Teil der Bevölke- rung in Kauf genommen. „Erlebniseinkauf“ und „Versorgungsein- kauf“ werden immer stärker getrennt. Insgesamt geht mit der Steigerung der Mobilität und einer immer bedeutsamer werdenden Erlebniskomponente des Einkaufens eine sinkende Standort- und Betriebstreue der Verbraucher einher. Hier- durch hat sich der Wettbewerb um den Kunden intensiviert. Auch hat das veränderte Kundenverhalten zu einer Neubewertung von Standortfaktoren und Standortqualitäten sowie der Entwicklung neuer Betriebstypen und Vertriebssysteme durch die Einzelhandels- unternehmen geführt. 3.4 Auswirkungen auf die Stadtentwicklung Aus der Vernetzung der Entwicklungen von Angebots- und Nachfra- geseite resultieren zum Teil erhebliche Auswirkungen auf die Stadt- entwicklung. Durch die Konzentration auf periphere, autoorientierte Einkaufsorte Funktionsverluste in den haben die gewachsenen Zentren v. a. in der Vergangenheit an Be- Stadtzentren deutung verloren. Die erfolgte Ausweitung von zentren- und nah- versorgungsrelevanten Sortimenten an nicht integrierten Standor- ten hat wichtige Magnetbetriebe sowie Kaufkraft aus den Zentren abgezogen. In den Innenstädten haben die Warenhäuser und der Fachhandel als Leitbetriebe an Bedeutung eingebüßt. Allerdings ist hinsichtlich der Shopping-Center festzuhalten, dass hier in den letz- ten Jahren eine Trendwende eingesetzt hat: Während Einkaufszentren seit den 60er-Jahren vorzugsweise au- ßerhalb bestehender Versorgungsstrukturen auf der „Grünen Wie- se“ angesiedelt wurden, werden in den letzten Jahren neue Ein- kaufszentren zum überwiegenden Teil innerhalb von Innenstädten bzw. Stadtteilzentren in Ober- und Mittelzentren realisiert. 10 Quelle: Statistisches Bundesamt, HDE-Berechnungen 2011 (Einzelhandel ohne Kfz-Handel, Kraft- und Brennstoffe sowie Apotheken)
Allgemeine Entwicklungstendenzen im Einzelhandel 20 Der Forderung von Handelsunternehmen nach größeren Ladenein- Flächenansprüche heiten ist in vielen Zentren schwer nachzukommen. Vielfach fehlen notwendige Entwicklungsflächen für neue Handelsimmobilien oder Erweiterungen bestehender Betriebe; Zuschnitte bestehender La- deneinheiten entsprechen vielerorts nicht mehr aktuellen Ansprü- chen. Die eigentümerübergreifende Vergrößerung von bestehenden Ladeneinheiten stellt eine besondere Herausforderung dar, die u. a. in Immobilien- und Standortgemeinschaften gelöst werden können. Leistungsfähige Lebensmittelanbieter fragen heute Standorte mit Nahversorgung mindestens 800 qm Verkaufsfläche nach. Es muss daher davon aus- gegangen werden, dass Lebensmittelmärkte ohne Erweiterungs- möglichkeiten in vielen Fällen ihren Betrieb werden. Bei fehlenden Entwicklungsflächen in den kleineren Zentren kann dann die Funk- tionsfähigkeit des gesamten Zentrums gefährdet sein. Beim Verlust des Lebensmittelmagnetbetriebs entsteht i. d. R. ein Trading-Down- Prozess und weitere Geschäfte müssen aufgrund fehlender Lauf- kundschaft schließen. Auch andere Infrastruktureinrichtungen (z. B. Poststellen, Bankfilialen) ziehen sich aus den (ehemaligen) Versor- gungsschwerpunkten zurück. Diese Entwicklungen verlaufen ent- gegen einem stadtpolitischen Ziel der „kurzen Wege“. In der Ma- rienheider Bevölkerung sind insbesondere immobile Bevölkerungs- teile betroffen, die auf eine wohnungsnahe Grundversorgung an- gewiesen sind. Mit dem demografischen Wandel steigt dieser be- troffene Bevölkerungsteil weiter an. Das Verkaufsflächenwachstum an nicht integrierten Standorten Infrastrukturkosten führt zu erhöhten Aufwendungen im Hinblick auf die Bereitstellung der dort monofunktional genutzten Infrastruktur. Zudem verursacht das Ausbleiben von Einzelhandelsinvestitionen in den Zentren öf- fentliche Revitalisierungs- und Entwicklungsmaßnahmen. Der Flä- chenverbrauch für großflächige, oft eingeschossige Verkaufsräume an peripheren Standorten mit großzügigen Stellplatzanlagen be- lastet die Umwelt. Die durch die steigenden Betriebsgrößen hervorgerufenen größeren Individualverkehr Einzugsbereiche der Betriebe fördern den Anstieg des Individualver- kehrs. Die Realisierung einer städtischen Funktionsmischung von Wohnen und Versorgung – und damit die Möglichkeit zur Reduzie- rung des Verkehrsaufkommens – wird immer schwieriger. Die schwindende Attraktivität von Zentren kann darüber hinaus zur Ver- nachlässigung von Investitionen in den öffentlichen Personennah- verkehr (ÖPNV) führen. In Gewerbe- und Industriegebieten stellen Entwicklungsflächen Gewerbe- und Industriegebiete entlang von Hauptverkehrsstraßen aufgrund ihrer guten Pkw- Erreichbarkeit für viele Einzelhandelsunternehmen attraktive Alter- nativstandorte zu den Stadtzentren dar. Einzelhandelsunternehmen sind im Vergleich zu anderem Gewerbe zur Zahlung höherer Boden-
Eckdaten des Einzelhandels der Gemeinde Marienheide 21 renten fähig, was zur Verdrängung des vorhandenen Gewerbes füh- ren kann. Diese übergeordneten Entwicklungen nehmen auch auf das Zent- rengefüge der Gemeinde Marienheide Einfluss, wodurch Versor- gungsschwerpunkte in ihrer Qualität und Existenz beeinträchtigt werden können. Eine gesamtgemeindliche Steuerung der Einzel- handelsentwicklung ist notwendig, um die dadurch verursachten städtebaulichen, wirtschaftlichen und ökologischen Folgewirkun- gen verträglich zu halten und dem Bedeutungsverlust gewachsener Zentren entgegenzuwirken. 4 Eckdaten des Einzelhandels der Gemeinde Marienheide 4.1 Sortimentsbezogene und räumliche Verteilung Im Marienheider Gemeindegebiet wurden während des Erhebungs- Einzelhandelsbestand der zeitraums April und Juni 2012 insgesamt 51 Betriebe des Ladenein- Gemeinde Marienheide zelhandels und des Ladenhandwerks mit insgesamt 7.545 qm Ver- kaufsfläche erhoben. In der folgenden Tabelle werden die für die einzelnen Sortimente erhobenen Verkaufsflächen nach Angebots- schwerpunkt dargestellt. Tabelle 4 Einzelhandelsausstattung in der Gemeinde Marienheide nach Sortimenten (nach Angebotsschwerpunkt) Anzahl VK-Fläche Sortiment Branche Betriebe in qm Lebensmittel Nahrungs- und Genussmittel 10 4.510 Getränke, Spirituosen, Tabak Nahrungs- und Genussmittel 4 160 Backwaren Nahrungs- und Genussmittel 6 160 Fleisch, Fleischwaren Nahrungs- und Genussmittel 2 50 Lebensmittelspezialanbieter, Reformwaren Nahrungs- und Genussmittel 0 0 Drogerie, Kosmetik* Gesundheit, Körperpflege 0 0 Pharmazeutische Artikel Gesundheit, Körperpflege 3 105 Sanitätswaren, Orthopädie Gesundheit, Körperpflege 0 0 Optik, Hörgeräteakustik Gesundheit, Körperpflege 2 85 Blumen Blumen, Zoobedarf 1 25 Zoobedarf, Tiernahrung Blumen, Zoobedarf 1 110 Bücher, Zeitschriften, Zeitungen Bücher, Schreibwaren, Büro 4 190 Papier-, Büro-, Schreibwaren, Büroartikel Bücher, Schreibwaren, Büro 2 220 Damenbekleidung Bekleidung, Schuhe, Schmuck 5 835
Eckdaten des Einzelhandels der Gemeinde Marienheide 22 Anzahl VK-Fläche Sortiment Branche Betriebe in qm Herrenbekleidung Bekleidung, Schuhe, Schmuck 0 0 Kinderbekleidung Bekleidung, Schuhe, Schmuck 0 0 Schuhe, Lederwaren, Taschen, Koffer Bekleidung, Schuhe, Schmuck 1 45 Sportbekleidung, Sportschuhe Bekleidung, Schuhe, Schmuck 0 0 Uhren, Schmuck Bekleidung, Schuhe, Schmuck 0 0 Sport, Camping/Outdoor, Fahrräder Sport, Freizeit, Spiel 1 65 Freizeit, Spielwaren Sport, Freizeit, Spiel 0 0 Elektrogroß-/-kleingeräte Elektrowaren 2 130 Leuchten Elektrowaren 0 0 Unterhaltungselektronik, Musik, Video Elektrowaren 0 0 Computer und Zubehör, Büromaschinen Elektrowaren 0 0 Telefone Elektrowaren 0 0 Foto** Elektrowaren 0 0 Hausrat, Geschenkartikel Möbel, Einrichtung 1 45 Haus-, Heimtextilien, Teppiche Möbel, Einrichtung 0 0 Möbel (ohne Küchen) Möbel, Einrichtung 0 0 Küchen Möbel, Einrichtung 0 0 Kunst, Antiquitäten, Bilder(-rahmen) Möbel, Einrichtung 1 50 Bau- und Heimwerkerbedarf Bau-/ Gartenbedarf, Autozubehör 1 70 Tapeten, Bodenbeläge, Teppichboden Bau-/ Gartenbedarf, Autozubehör 1 70 Gartenbedarf Bau-/ Gartenbedarf, Autozubehör 1 385 Autozubehör Bau-/ Gartenbedarf, Autozubehör 2 235 Summe 51 7.545 * Anm.: In der Auflistung ist bereits die Schließung der Schleckerfiliale im Ortskern berücksichtigt. ** Anm.: Der Betrieb Foto König wird in dieser Auflistung dem Sortiment Kunst, Antiquitäten, Bilder(-rahmen) zugerechnet, da der Verkauf primär von Bil- derrahmen als von Fotozubehör im Vordergrund steht. Quelle: Einzelhandelsbestandserhebung und Darstellung Stadt- und Regionalpla- nung Dr. Jansen GmbH 2012 Die wichtigste Standortlage des Einzelhandels befindet sich im Ortsteil Marienheide. Insgesamt sind dort ca. 73 % der Betriebe an- sässig, die rund 59 % der Verkaufsfläche der Gesamtstadt darstellen und ca. 57 % des Gesamtumsatzes tätigen.
Eckdaten des Einzelhandels der Gemeinde Marienheide 23 Weitere Versorgungslagen befinden sich im Ortsteil Rodt mit sechs Betrieben, dem Ortsteil Kotthausen mit vier Betrieben sowie den Ortsteilen Dürhölzen, Kalsbach, Winkel und Stülinghausen mit je- weils einem Betrieb. Tabelle 5 Räumliche Verteilung des Einzelhandels in der Gemeinde Marienheide Anz. Betriebe Verkaufsfläche Umsatz Ortsteil in Mio. abs. in % in qm in % in % EUR 37 72,5 4.425 58,6 17,9 56,5 Marienheide 6 11,8 1.990 26,4 9,2 29,0 Rodt 8 15,7 1.130 15,0 4,6 14,5 Weitere Ortsteile Summe 51 100 7.545 100 31,7 100 Anm.: Aus Datenschutzgründen werden die Ortsteile Dürhölzen, Kalsbach, Kott- hausen, Stülinghausen und Winkel zusammengefasst. Quelle: Darstellung und Berechnung Stadt- und Regionalplanung Dr. Jansen GmbH, Erhebungsstand Juni 2012 (ca.-Werte, ggf. Rundungsdifferenzen) 4.2 Angebotsstruktur und Leistungsfähigkeit Auf der Verkaufsfläche von ca. 7.545 qm wurde im Jahr 2011 ein Brut- toumsatz von ca. 31,7 Mio. EUR erwirtschaftet. In der Abbildung und in der Tabelle zur Einzelhandelsausstattung in Einzelhandelsausstattung der Gemeinde Marienheide wird die Ausstattung nach dem Um- der Gemeinde Marienheide nach Angebotsschwerpunkt satzschwerpunkt der Betriebe dargestellt. Somit werden hier die Betriebe, die unterschiedliche Sortimente führen (z. B. Vollsortimen- ter), ihrem Umsatzschwerpunkt zugeordnet. Dabei zeigt sich die Branchenstruktur der Gemeinde, die auch mit Daten anderer Kom- munen ähnlicher Einwohnerzahl abgeglichen werden kann. Die Umsatzleistung der Einzelhandelsbetriebe wurde gutachterlich Umsatzeinschätzung unter Berücksichtigung der ortsspezifischen handelswirtschaftli- chen Rahmenbedingungen auf Basis durchschnittlicher Betriebs- kennziffern (z. B. Flächenproduktivität) eingeschätzt. Dabei wurden unternehmenseigene Erfahrungswerte aus zahlreichen Befragun- gen des Einzelhandels zugrunde gelegt sowie Veröffentlichungen zur durchschnittlichen Verkaufsflächenproduktivität des EHI Retail Institute herangezogen.
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