GeoPanorama Das Observatorium Zimmerwald bringt Licht ins Dunkle des Weltraum-Müllteppichs Se plonger dans un glacier en montant dans l'air
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GeoPanorama 4/2015 Das Observatorium Zimmerwald bringt Licht ins Dunkle des Weltraum-Müllteppichs Seite 10 Se plonger dans un glacier en montant dans l’air Page 18
5 25 27 Die Sentinel-Satelliten Ein Apparat erinnert Aux CERN rien INHALT revolutionieren die an die Pioniere der n’irait sans le travail CONTENU Erdbeobachtung Grönlandforschung des géodésiens FOKUS | FOCUS 5 Hochpräzise Wächter über die Erde 10 Von Satellitenjägern und Weltraum-Müllmännern | Chasseurs de satellites et de débris spatiaux 18 Spurlos den Schnee vermessen | Ausculter un glacier depuis le ciel 25 Ein Apparat, der Geschichte schrieb 27 La géodésie au service de la physique des particules 32 swisstopo TITELBILDER | IMAGES DE COUVERTURE 36 Le métier au quotidien Gross: Das Laser-Teleskop auf dem Dach des Observatoriums Zimmerwald. (Bild: AIUB) Klein: Helikopter mit Radarmessgerät auf dem Findelengletscher. (Bild: Martina Barandun, Universität Freiburg) Grande photo : Le télescope laser sur le toit de l’observatoire de Zimmerwald. (Photo : AIUB) Petite photo : Hélicoptère équipé d’un géoradar au dessus du Glacier de Findelen. (Photo : Martina Barandun, MITTEILUNGEN | COMMUNICATIONS Université de Fribourg) 39 Medienmitteilungen | Communiqués de presse 40 Veranstaltungen | Manifestations 43 Neuerscheinungen | Nouvelles parutions 45 Ausstellungen | Expositions
EDITORIAL FOKUS | FOCUS Liebe Leserinnen, liebe Leser Chères lectrices, chers lecteurs, Die Fernerkundung hat die Geowissen La télédétection a modifié les géosciences de schaften fundamental verändert. Wo For manière fondamentale. Alors que par le scher einst gefährliche Expeditionen mit passé les chercheurs devaient entreprendre schweren Vermessungsinstrumenten un des expéditions parfois dangereuses, char- ternehmen mussten (S. 25), können sie gés de lourds instruments de mesures (p. 25), heute im Helikopter über das Untersu ils peuvent de nos jours souvent acquérir ces chungsgebiet fliegen (S. 18) oder auf eine mêmes données depuis un hélicoptère Fülle von Satellitendaten zurückgreifen. (p. 18) ou à l’aide de satellites et ceci généra- Technologisch immer noch leistungsfähi lement de manière bien plus précise qu’à gere Satelliten und Sensoren setzen neue l’époque. Les progrès de la science rendent Massstäbe in der Vermessung und Beob les senseurs embarqués de plus en plus per- achtung der Erde, wie zum Beispiel jüngst formants et les informations qu’ils peuvent die Sentinel-Satelliten der ESA (S. 5). Doch recueillir de plus en plus diverses comme le Seit 2014 umkreist und beobachtet er die Erde: Sentinel-1A, Radarsatellit der jüngsten Generation. (Bild: ESA medialab) das hat seinen Preis: Unser Planet ist je län montrent les récents satellites Sentinel de ger je mehr von einem immensen Welt l’ESA (p. 5). Ceci a cependant son coût : au fil raummüllteppich eingehüllt. Im Observa des années, la quantité de déchets spatiaux torium Zimmerwald ist man diesem or qui s’accumulent en orbite de la Terre ne Hochpräzise Wächter über die Erde bitalen Schrott auf der Spur (S. 10). Von den cesse de croitre. La traque de ces déchets spa- technologischen Fortschritten in Ferner tiaux est l’une des missions de l’observa- Mit dem Start von Sentinel-1A im Jahr 2014 hat die Europäische Weltraumorganisation ESA kundung und Geodäsie profitieren zuletzt toire de Zimmerwald (p. 10). Ce ne sont ce- eine neue Ära der Erdbeobachtung eingeläutet. Der Radarsatellit ist der erste in einer Reihe nicht nur die Geowissenschaften, wie das pendant pas que les géosciences qui pro- von «Wächtern» («Sentinel» auf Englisch), deren Bildprodukte neue Massstäbe bezüglich Beispiel der Teilchenforschung am CERN fitent des progrès en matière de télédétec- geometrischer Genauigkeit sowie räumlicher und zeitlicher Auflösung setzen – auch dank zeigt (S. 27). tion et de géodésie mais également la phy- der Mitarbeit der Fernerkundungslabors der Universität Zürich. sique des particules comme l’on peut le Und weil bald Weihnachten ist, haben wir constater à l’exemple du CERN (p. 27). DAVID SMALL1, ADRIAN SCHUBERT1, NUNO MIRANDA2, DIRK GEUDTNER3, CHRISTOPH ROHNER1, noch ein kleines «Geschenk»: Neu stellen DANIEL HENKE1, ERICH MEIER1, MARTIN LÜTHI1, ANDREAS VIELI1, MICHAEL SCHAEPMAN1 wir jeweils bereits die aktuelle Ausgabe Et comme il sera bientôt Noël, nous avons des GeoPanoramas auf unserer Website encore un petit «cadeau» : dès à présent nous Die Europäische Weltraumorganisation ESA der Regel mit einer Streifenbreite von 250 www.geopanorama.ch als PDF zum kosten mettons chaque numéro de GeoPanorama plant derzeit sechs verschiedene Satelli- Kilometern bei einer räumlichen Auflösung losen Download zur Verfügung. Damit Sie en-ligne à l’adresse www.geopanorama.ch ten-Missionen zur Beobachtung der Atmo- von 20 Metern. Ihre polare Umlauf bahn wie- es auch unterwegs auf Ihrem Smartphone, sous forme de PDF téléchargeable gratuite- sphäre, der Ozeane und der Erdoberfläche. derholt sich nach zwölf Tagen, das heisst, ein Tablet oder Laptop lesen können. ment le jour de la parution de la version Bereits seit 2014 im Umlauf ist der Radar bestimmtes Gebiet wird alle zwölf Tage über- imprimée. Ainsi vous pourrez accéder en satellit Sentinel-1A, im Juni 2015 kam der flogen und aus der gleichen Perspektive von Frohe Weihnachten und alles Gute im neu tout temps à ce magazine depuis vos outils optische Satellit Sentinel-2A dazu. Bald wird den Mikrowellen des Radars erfasst. en Jahr wünschen numériques nomades. auch Sentinel-3A mit weiteren optischen In- strumenten und Radaraltimeter starten. Je- Auf wenige Zentimeter genau Isabel Plana und Pierre Dèzes Nous vous souhaitons un joyeux Noël et une der dieser drei soll künftig einen identischen Die Fernerkundungslabors am Geografi- excellente année 2016 Schwestersatelliten erhalten. schen Institut der Universität Zürich (GIUZ) Die Radarsatelliten der Sentinel-1-Mission beteiligen sich an mehreren Projekten, bei Isabel Plana et Pierre Dèzes fliegen in einer Höhe von rund 700 bis 800 denen es darum geht, die Bildprodukte der Kilometern. Sie messen die Erdoberfläche in ESA und der Sentinel-Satelliten sowohl zu 1 Geografisches Institut Universität Zürich | 2 ESA-ESRIN, Frascati, ESA-ESTEC (IT) | 3 Noordwijk (NL) 4 GeoPanorama 1 | 2014 GeoPanorama 1 | 2014 5
FOKUS | FOCUS FOKUS | FOCUS nutzen als auch zu verbessern. In der Ra- Die Lagegenauigkeit von Sentinel-1A-Bil- darforschungsgruppe haben wir erste Bilder dern liegt nun bei wenigen Zentimetern: von Sentinel-1A untersucht, um deren geo- Bei 6 Zentimetern in Blickrichtung des Sen- metrische Eigenschaften zu überprüfen und sors und 17 Zentimetern in Flugrichtung – gegebenenfalls zu korrigieren. und dies aus einer Höhe von 693 Kilome- Zunächst wurden dafür auf gut einsehba- tern. Derartige Genauigkeiten lassen sich ren Betonflächen bei Torny-le-Grand im mit optischen Satellitenbildern aufgrund Kanton Freiburg mehrere sogenannte Win- ihres Messprinzips nicht erreichen. kel-Reflektoren aufgestellt. Sie werfen das Eine gute Lagegenauigkeit ist entschei- Radarsignal des Satelliten viel stärker zu- dend, um Bilder von mehreren Zeitpunk- rück als natürliche Objekte und sind des- ten, mit unterschiedlichen Blickwinkeln halb auf dem Radarbild eindeutig identifi- und aus verschiedenen Datenquellen zu zierbar. Gleichzeitig haben wir mithilfe Glo kombinieren. Die Sentinel-1A-Daten lassen baler Navigationssatellitensysteme (GNSS) sich nun zum Beispiel mit digitalen Höhen- die Lage der Reflektoren im Feld zentimeter- modellen, GIS-Informationen oder Bildern genau vermessen und ihre Koordinaten in anderer Satelliten koppeln. den internationalen geodätischen Bezugs- rahmen (ITRF) übertragen. So lässt sich nun Empfindlich auf Schneeschmelze vorhersagen, wo die Reflektoren im Radar- Vergleicht man Radarbilder aus unterschied- bild liegen müssten. Je näher die tatsächli- lichen Perspektiven, zeigen sich von der To- che Position an der vorhergesagten Position pografie verursachte Verzerrungen. Diese ist, desto besser ist die Lagegenauigkeit der Störungen beeinflussen neben der Bildgeo- Satellitenbilder. metrie vor allem auch die Radiometrie: Die Es stellte sich heraus, dass sich die Lage- zurückgestreuten Signale erscheinen auf genauigkeiten bei Sentinel-1A-Bildern – der Vorderseite eines Berges viel heller als ohne spezielle geodätische und atmosphäri- auf dessen Rückseite. sche Korrekturen – in der Grössenordnung Mit dem SwissALTI3D-Geländemodell von mehreren Metern bewegten. Um dies von swisstopo haben wir sowohl die geo- zu optimieren, haben wir störende Fakto- metrischen als auch die radiometrischen ren wie Erdgezeiten, atmosphärische Lauf Verzerrungen korrigiert. Während sich zeitverzögerungen und systematische Resi- die geometrischen Verzerrungen mit den duen in Flugrichtung berechnet und korri- lokalen Höhendaten relativ einfach besei- giert. Im Rahmen dieser Arbeiten haben wir tigen lassen, ist für die Korrektur der Ra- zudem einen systematischen Messfehler des diometrie eine Bildsimulation notwendig. Radarsensors registriert, welcher einen geo- Diese Simulation berechnet die zu jedem metrischen Versatz der Bilder von 1,23 Me- Pixel des Radarbildes gehörende Fläche auf tern zur Folge hatte. Die Korrektur dieses dem Boden. Auf diese Weise lassen sich Versatzes wird seit Mai 2015 für alle Stan- auch die Bereiche mit Radarschatten an dard-Sentinel-1-Produkte der ESA berück- den Hinterhängen bestimmen. Dadurch sichtigt, sodass alle Nutzer weltweit von erscheint das korrigierte Bild «flacher» und dieser Verbesserung profitieren. lässt Unterschiede in der lokalen Landbede- Dasselbe Radarbild, einmal ohne Korrektur (oben) und einmal mit Korrektur. (Bilder: Copernicus Daten) 6 GeoPanorama 1 | 2014 GeoPanorama 1 | 2014 7
FOKUS | FOCUS FOKUS | FOCUS ckung erkennen. Und beispielsweise auch, re Serien von Aufnahmen mit viel Aufwand ob Schnee trocken oder am Schmelzen ist. zusammengestellt werden mussten, stehen Denn die vom Radar ausgesendeten Mikro- in Zukunft ganze Zeitreihen auf öffent wellen interagieren nur wenig mit Trocken- lichen Servern zum Herunterladen bereit. schnee, während sie von Nassschnee stark Mit dem Schwestersatelliten Sentinel-1B absorbiert und daher kaum reflektiert wer- wird sich die zeitliche Auflösung der Ra- den. Trockenschnee erscheint im Radarbild darbilder ab nächstem Jahr verdoppeln – also deutlich heller als Nassschnee. ein Gebiet wird aus derselben Perspektive also nicht nur alle zwölf, sondern alle sechs Beobachtung von Gletscherbewegungen Tage erfasst. Wenn man künftig die Daten Geometrische und radiometrische Korrek- der Sentinel-1-Satelliten mit jenen der ka- turen sind wichtig, um Daten verschiede- nadischen Radarsat Constellation Mission, ner Quellen kombinieren und damit dichte die für 2018 geplant ist, kombinieren kann, Zeitreihen bilden zu können. Anstatt Bilder wird sogar mindestens eine Aufnahme pro eines einzelnen Satelliten alle zwölf Tage Tag zur Verfügung stehen. zu verarbeiten, wie dies bis anhin der Fall war, verkürzt sich das Beobachtungsinter- vall dank der Korrektur der Aufnahmen auf David Small zwei bis drei Tage. Eine so hohe Beobach- Remote Sensing Laboratories, tungsrate ist nötig, um dynamische Prozes- Geografisches Institut der Universität Zürich se wie etwa die Schneeschmelze oder Glet- david.small@geo.uzh.ch scherbewegungen auf der Erdoberfläche zu überwachen. Zusammen mit der Abteilung Glazio- logie und Geomorphodynamik des GIUZ Daten im Internet verfügbar untersuchen wir etwa im Rahmen eines Die Bilddaten von Sentinel-1A und bald Projekts des Schweizerischen Nationalfonds auch jene von Sentinel-2A sind online frei die Fliessgeschwindigkeiten der Gletscher zugänglich. Sie können kostenlos über den an der Westküste Grönlands. Dazu kombi- Datenhub der EU und der ESA bezogen nieren wir Sentinel-1-Daten mit Bildern des werden: http://scihub.esa.int. kanadischen Radarsat-2-Satelliten sowie mit bodengestützten Messungen eines Radarsys- tems der Schweizer Firma Gamma Remote Sensing. Die Daten beider Satelliten werden mit Informationen von Feldmessungen er- gänzt und validiert, um bessere Modelle für das Kalben der Eisberge zu entwickeln. Satellitenbilder für alle Sentinel-1A-Aufnahme verschiedener Gletscher an der Westküste Grönlands im Sommer 2014. Unten im Bild der Die Sentinel-1-Daten zeigen, wie sich die Jakobshavn-Gletscher, der sich in den vergangenen 15 Jahren drastisch zurückgezogen hat. (Bild: ESA) Fernerkundung entwickelt: Wo früher teu 8 GeoPanorama 1 | 2014 GeoPanorama 1 | 2014 9
FOKUS | FOCUS FOKUS | FOCUS Von Satellitenjägern und Chasseurs de satellites Weltraum-Müllmännern et de débris spatiaux Nirgends ist man hierzulande näher an L’Observatoire Zimmerwald, au sud de den Satelliten dran als im Observatorium Berne, est au plus près des satellites Zimmerwald, ein paar Kilometer südlich comme nulle part ailleurs. Vingt-quatre von Bern. Rund um die Uhr werden in der heures sur vingt-quatre, cette station vom Astronomischen Institut der Universität d’observation de l’Institut d’Astronomie de Bern betriebenen Beobachtungsstation l’Université de Berne localise des satellites. Satelliten geortet. Und nachts geht es auf Et la nuit, c’est la recherche des débris qui Müllsuche im All. encombrent de plus en plus l’espace. ISABEL PLANA Ein schrilles, hektisches Piepgeräusch dringt Un bruit de bip strident et stressant reten- durch den Beobachtungsraum. Das unüber- tit dans la salle d’observation. Ce signal hörbare Zeichen dafür, dass ZIMLAT, das bruyant indique que ZIMLAT, le télescope 1-Meter-Laser- und Astrometrie-Teleskop auf laser 1-Mètre d’astrométrie sur le toit, a dem Dach, Kontakt zu einem Satelliten auf- détecté un satellite. Thomas Schildknecht, genommen hat. Thomas Schildknecht, Di- directeur de l’Observatoire, regarde par-des- Thomas Schildknecht schaut sich den Spiegel des Laser- und Astrometrie-Teleskops ZIMLAT an. (Bild: Isabel Plana) | Thomas Schildknecht regarde le miroir du télescope laser d’astrométrie, ZIMLAT. rektor des Observatoriums, schaut dem Beo sus l’épaule de l’observateur qui surveille bachter über die Schulter, der am Computer sur l’écran de l’ordinateur les mesures de die Laufzeitmessungen überwacht. Mit je- temps de parcours. A chaque pulsion laser mischen Institut der Universität Bern (AIUB) sité de Berne (AIUB), de telles données de lo- dem reflektierten Laserpuls, den ZIMLAT réfléchie que ZIMLAT reçoit, un bip est émis betrieben wird, sind solche Ortungsdaten calisation constituent une base importante. empfängt, erklingt ein Piepen, reiht sich ein et un autre point s’aligne sur l’écran. L’or- eine wichtige Forschungsgrundlage. Denn La position et l’orbite des satellites sont des weiterer Punkt am Bildschirm auf. Die Bahn bite du satellite commence à se profiler. Position und Umlauf bahn von Satelliten éléments-clés en matière de mesures de la des Satelliten beginnt sich abzuzeichnen. « Nous sommes l’observatoire le plus pro- sind die Schlüsselgrössen für die Vermes- planète. A partir de ces informations, les «Wir sind mittlerweile die produktivste ductif de l’hémisphère nord pour les me- sung der Erde. Aus ihnen lassen sich die La- coordonnées de points à la surface de la Beobachtungsstation auf der Nordhalbku- sures laser », dit Thomas Schildknecht. Plus gekoordinaten von Punkten auf der Erde be- Terre sont déterminées et les déplacements gel, was die Lasermessungen betrifft», sagt de 70 satellites sont suivis à Zimmerwald stimmen und Verschiebungen aufgrund der causés par la tectonique des plaques mesu- Schildknecht. Etwas über 70 Satelliten wer- avec la télémétrie laser, une des méthodes Plattentektonik messen. Auch Meeresspie- rés. Les fluctuations du niveau des océans den in Zimmerwald mittels Laser Ranging, les plus importantes en géodésie satellitaire. gelschwankungen können nachgewiesen peuvent aussi être démontrées avec un einer der wichtigsten Methoden der Satel- Les mesures sont transmises automatique- werden, wenn man einen Satelliten mit Alti- satellite équipé d’un altimètre qui mesure litengeodäsie, beobachtet. Die Messungen ment au Service International de Laser Ran- meter verfolgt, der wiederholt aus bekannter de façon répétée la hauteur au-dessus de la werden automatisch an den Internationa- ging (ILRS) qui concentre les données d’envi- Position die Höhe über dem Meer misst. mer depuis une position connue. len Laser Ranging Service ILRS übermittelt, ron 50 stations laser réparties dans le monde Selbst Störfaktoren, die sich auf die Um- La géodésie satellitaire utilise les facteurs der die Daten von weltweit rund 50 Laser- entier. Parallèlement, deux antennes sur le lauf bahn der Satelliten auswirken, macht de perturbation qui ont des répercussions stationen bündelt. Parallel dazu empfangen toit reçoivent les coordonnées de la position sich die Satellitengeodäsie zunutze. Aus sur l’orbite des satellites. A partir des dévia- zwei Antennen auf dem Dach die Positions- des satellites de navigation. Bahnabweichungen, die unter anderem ein tions de l’orbite, qui entre autres reflètent daten von Navigationssatelliten. Pour la géodésie satellitaire, qui est une Ausdruck des unregelmässigen Erdschwere- les variations du champ de pesanteur ter- Für die Satellitengeodäsie, wie sie auch activité de recherche du groupe du même felds sind, lässt sich beispielsweise auf die restre, on peut par exemple déduire la von der gleichnamigen Gruppe am Astrono- nom à l’Institut d’Astronomie de l’Univer- Gestalt der Erde, das Geoid, schliessen. forme de la terre, le géoïde. 10 GeoPanorama 1 | 2014 GeoPanorama 1 | 2014 11
FOKUS | FOCUS FOKUS | FOCUS Hochautomatisierter Betrieb Une opération automatisée nicht sehen darf. «Es versteht sich von selbst, sions satellitaires militaires confidentielles Das Piepen hat aufgehört. «Das Teleskop Le bip s’est arrêté. « Le télescope se réoriente dass Schrott von geheimen militärischen Sa- ne soient pas répertoriés » pense T. Schild richtet sich gerade neu aus, um den nächs- pour prendre dans son viseur le prochain tellitenmissionen nicht aufgeführt wird», knecht. De plus, il y a plusieurs centaines ten Satelliten ins Visier zu nehmen», er- satellite » dit l’observateur. ZIMLAT est meint Schildknecht vielsagend. Hinzu kom- de milliers de fragments dont la taille est klärt der Beobachter. ZIMLAT ist komplett complètement informatisé : un programme men die mehreren Hunderttausend Bruch- inférieure à 10 centimètres. computergesteuert: Ein Programm gibt indique quel satellite sera visé, la rotation stücke, die kleiner als 10 Zentimeter sind. vor, wann welcher Satellit angepeilt wird. et la direction du télescope sont prédéfinies Un laboratoire d’expérimentation Drehung und Ausrichtung des Teleskops et effectuées automatiquement. Egalement Versuchslabor für die Schrott-Detektion Apporter de la lumière dans l’obscurité de sind vorgegeben und erfolgen automatisch. la fermeture de la coupole du télescope par Licht ins Dunkle dieses wachsenden Welt- ce tapis de débris spatiaux de plus en plus Ebenso die Schliessung der Teleskopkuppel mauvais temps. Parfois l’observateur doit raum-Müllteppichs zu bringen, ist der For- important, c’est le programme de recherche bei schlechtem Wetter. Manchmal muss der intervenir dans le programme. Notamment schungsschwerpunkt der Gruppe Optische sur lequel se focalise le groupe d’astrono- Beobachter aber auch ins Programm ein- quand dans la direction du ciel visée d’épais Astronomie des AIUB. Kaum zehn Mann mie optique de l’AIUB. Avec à peine dix per- greifen. Etwa dann, wenn in der angepeil- nuages passent – ils sont un obstacle pour le stark, spielt das Team unter der Leitung von sonnes, l’équipe sous la direction de Tho- ten Himmelsrichtung gerade dicke Wolken rayon laser. C’est pourquoi et aussi pour pou- Thomas Schildknecht international eine mas Schildknecht joue sur le plan interna- vorbeiziehen – sie sind für den Laserstrahl voir intervenir lors d’éventuels incidents, il führende Rolle in Sachen Weltraumschrott. tional un rôle de premier plan dans le do- ein Hindernis. Deswegen, und auch, um y a quelqu’un de service vingt-quatre heures «Als kleine Forschungsgruppe mit beschei- maine des débris spatiaux. T. Schildknecht bei allfälligen Störungen eingreifen zu kön- sur vingt-quatre et 365 jours par an. Le but denen Mitteln muss man sich auf seine Stär- est convaincu « qu’un petit groupe de re- nen, hat rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr est que les mesures laser, si le temps le per- ke konzentrieren», ist Schildknecht über- cherche avec de modestes moyens est obligé jemand Dienst. Ziel ist, dass die Lasermes- met, ne soient pas interrompues. ZIMLAT zeugt. «Weltraumschrott ist unsere Nische, de se concentrer sur ses points forts ». « Les sungen, wenn es das Wetter zulässt, unun- fonctionne aussi la nuit. Ce ne sont pas seu- hier können wir einen wesentlichen Beitrag débris spatiaux étant notre spécialité, nous terbrochen laufen. Auch nachts ist ZIMLAT lement les satellites qui sont observés, mais leisten.» So haben die Berner Astronomen pouvons apporter une contribution signifi- in Betrieb. Dann werden aber nicht nur Sa- aussi ce qu’il en reste quand ils sont aban- im Auftrag der ESA und im Rahmen inter- cative dans ce domaine ». Ainsi pour l’ESA telliten beobachtet, sondern auch das, was donnés : les débris spatiaux. nationaler Kooperationen ausgefeilte Soft- et dans le cadre de coopérations internatio- von ihnen irgendwann einmal übrig bleibt: Les débris spatiaux proviennent par ware-Produkte und Algorithmen für die nales, les astronomes bernois ont développé jede Menge Schrottteile. exemple de lanceurs qui explosent ou de sa- Ortung und Bestimmung von Weltraum- des logiciels et des algorithmes sophistiqués Sie entstehen zum Beispiel, wenn Träger- tellites endommagés lors de collisions. Et ils schrott entwickelt. «Das Observatorium pour la localisation et la détermination des raketen explodieren oder Satelliten durch deviennent un problème de plus en plus im- Zimmerwald ist für uns sehr wertvoll, weil débris spatiaux. « L’Observatoire Zimmer Kollisionen beschädigt werden. Und sie sind portant pour l’espace. Plusieurs fois au cours wir unsere Produkte hier in der Anwen- wald est très précieux car nous pouvons y für die Raumfahrt zunehmend ein Problem. des dernières décennies, des satellites opé- dung testen können.» tester l’applicabilité de nos produits ». Mehrfach kam es in den vergangenen Jahr- rationnels sont entrés en collision avec des Die Ortung von Weltraummüll ist um ei- La localisation des débris spatiaux est zehnten zu Kollisionen von aktiven Satelli- débris spatiaux. Pour minimiser ce risque, niges schwieriger und aufwändiger als jene un peu plus difficile et plus compliquée ten mit Weltraumschrott. Um dieses Risiko depuis le début des années 1990, ils sont étu- von Satelliten. Die Schrottteile sind mit we- que celle des satellites. Les débris sont, à zu minimieren, werden die Schrottteile seit diés et répertoriés par des scientifiques. nigen Ausnahmen zu klein, um Laserpulse quelques exceptions près, trop petits pour Anfang der 1990er-Jahre von Wissenschaft- « Officiellement, on estime à environ zu reflektieren. Kommt hinzu, dass man réfléchir les impulsions laser. A cela s’ajoute lern untersucht und katalogisiert. 15 000 les objets avec un diamètre de plus ihre Umlauf bahn zunächst nicht kennt – le fait que l’on ne connaît pas au départ leur «Offiziell geht man heute von rund 15 000 de 10 centimètres » dit T. Schildknecht. « En wo also mit der Suche beginnen? «Es ist eine orbite – par où commencer leur recherche ? Objekten mit einem Durchmesser von mehr vérité, il y en a beaucoup plus ». Ils ne sont ziemliche Sisyphusarbeit», sagt Schild- « C’est un vrai travail de Sisyphe » dit als 10 Zentimeter aus», sagt Schildknecht. pas tous enregistrés car il y en a beaucoup knecht und öffnet auf seinem Computer ein T. Schildknecht en ouvrant une image sur «In Wahrheit aber sind es viel mehr.» Sie qui sont difficiles à voir et il y en a qu’on n’a Bild. Eine stark vergrösserte Aufnahme vom son ordinateur. Il s’agit d’une prise de vue fehlen in den Aufzeichnungen, weil man sie pas le droit d’observer. « Cela se comprend schwarzen Nachthimmel mit einigen ver- fortement grossie d’un ciel nocturne sombre nur schwer sieht – oder in manchen Fällen aisément que des débris provenant de mis- schwommenen weissen Punkten. Das Bild avec quelques points blancs flous. Elle a 12 GeoPanorama 1 | 2014 GeoPanorama 1 | 2014 13
FOKUS | FOCUS FOKUS | FOCUS stammt von ZIMLAT, das nachts neben dem été réalisée par ZIMLAT qui est utilisé la Lasermessbetrieb auch für optische Beob- nuit, à côté de sa fonction de mesure Laser, achtungen genutzt wird. «Die weissen pour des observations optiques. « Les points Punkte können Sterne, Satelliten oder auch blancs peuvent correspondre à des étoiles, Schrott sein», erklärt der Astronom. «Erst des satellites ou bien aussi à des débris » Bildbearbeitungsalgorithmen machen eine explique l’astronome. « Ce sont seulement Unterscheidung möglich.» les algorithmes de traitement d’images qui Nacht für Nacht schiessen ZIMLAT und rendent possible la distinction ». sein kleiner Kollege, ein 50-Zentimeter-Te- Nuit après nuit, ZIMLAT et son petit se- leskop auf der gegenüberliegenden Ecke cond, un télescope de 50 centimètres sur le des Observatoriums, mehrere Tausend Bil- coin opposé de l’observatoire, font plusieurs der. Und Nacht für Nacht kommen darauf milliers de photos. Et nuit après nuit, de nou- neue, noch nicht katalogisierte Schrottteile veaux débris non catalogués apparaissent. zum Vorschein. Schildknecht: «Wenn man T. Schildknecht : « Quand, dans une sé- in einer Bildsequenz analysiert, wie sich ein quence d’images, on analyse le déplacement solches Objekt im Verhältnis zu den Ster- de l’un de ces objets par rapport aux étoiles, nen fortbewegt, kann man seine Umlauf- on peut calculer sa trajectoire et son altitude bahn und Flughöhe berechnen.» Das sind de vol ». Ce sont des paramètres importants wichtige Parameter, um ein Schrottteil in pour pouvoir reconnaître à nouveau à l’ave- Zukunft wiedererkennen zu können. «Da nir un débris. « Cela nécessite quelques for- braucht es einige Formeln aus der Him- mules en mécanique céleste et en calcul de Eine Aufnahme des ZIMLAT-Teleskops. Der mit einem Pfeil markierte weisse Punkt ist ein kleines Schrotteil in 36 000 Kilometern Entfernung. (Bild: AIUB) | Une prise de vue du télescope ZIMLAT. Le point blanc marqué avec une flèche est un melsmechanik und der Wahrscheinlich- probabilité pour résoudre ce problème » dit petit débris spatial situé à une distance de 36 000 kilomètres. keitsrechnung, um dieses Problem zu lö- T. Schildknecht. sen», weiss Schildknecht. Un travail de détection à distance und Ab folgt: Das Objekt erscheint abwech- conclure qu’il tourne de manière régu- Detektivarbeit auf Distanz Mais ce n’est pas tout : avec les algorithmes selnd hell und dunkel. Daraus schliessen lière ». Un objet, qui se déplace de manière Doch damit nicht genug: Mit den Algorith- que les chercheurs bernois ont développé, il wir, dass es regelmässig rotiert.» Ein Objekt, incontrôlée, aurait une courbe de lumière men, welche die Berner Forscher entwickelt est possible à partir des images de points das unkontrolliert taumelt, hätte hinge- plutôt chaotique. « Si en plus du mouve- haben, lassen sich aus den Bildinformatio blancs flous de déduire les propriétés des gen eine ziemlich chaotische Lichtkurve. ment, nous connaissons aussi le matériel nen der verschwommenen weissen Punkte différents objets – et cela jusqu’à une dis- «Wenn wir zusätzlich zur Eigenbewegung dont il est composé, nous pourrons dans le verschiedene Objekteigenschaften ableiten tance de 36 000 kilomètres. nun auch noch das Material kennen, aus meilleur des cas dire de quel composant – und das in einer Entfernung von bis zu Par exemple, prenons le mouvement dem ein Schrottteil besteht, können wir im satellitaire il s’agit ». 36 000 Kilometern. d’un débris spatial. « Nous allons examiner Idealfall sogar sagen, um welche Satelliten- Pour déterminer le matériel, les astro- Zum Beispiel die Eigenbewegung eines sa courbe de lumière » dit Schildknecht. komponente es sich handelt.» nomes utilisent une méthode qui nous rap- Schrottteils. «Dazu schauen wir uns seine « Celle-ci montre l’évolution de la lumino- Um das Material zu bestimmen, wenden pelle peut-être encore les cours de chimie : Lichtkurve an», sagt Schildknecht. «Diese sité de l’objet pendant une période don- Astronomen eine Methode an, die unser- l’analyse spectrale. Les chercheurs me- zeigt, wie sich die Leuchtkraft des Objekts née ». Il montre sur son écran le graphique eins vielleicht noch aus dem Chemieunter- surent dans quels domaines de fréquence über einen bestimmten Zeitraum verän- correspondant. « Ici on voit par exemple richt kennt: Die Spektralanalyse. Die For- un débris rayonne et comparent ce rayon- dert.» Er deutet auf die Grafik auf seinem que la courbe suit un mouvement régulier scher messen, in welchen Frequenzberei- nement électromagnétique avec les courbes Bildschirm. «Hier sieht man zum Beispiel, de haut en bas : l’objet apparaît en alter- chen ein Schrottteil wie stark strahlt, und spectrales de matériaux connus souvent dass die Kurve einem gleichmässigen Auf nance clair et sombre. Cela nous permet de vergleichen diesen elektromagnetischen utilisés en aérospatiale. Certes, l’analyse 14 GeoPanorama 1 | 2014 GeoPanorama 1 | 2014 15
FOKUS | FOCUS FOKUS | FOCUS Fussabdruck mit den Spektralkurven be- spectrale des objets dans l’espace n’est pas kannter, in der Raumfahrt häufig verwen- aussi facile qu’en laboratoire. Le grand éloi- deter Materialien. So einfach wie im Labor gnement engendre de nombreux éléments ist die Spektralanalyse von Objekten im perturbateurs qui faussent les mesures des Weltraum jedoch nicht. Über diese grosse courbes spectrales. Entfernung wirken zahlreiche Störfakto- Dans le cadre de différents travaux de ren, welche die Messungen der Spektralkur- recherche, les astronomes bernois sont ven verfälschen. amenés à améliorer constamment leurs al- Im Rahmen verschiedener Forschungs gorithmes d’analyse et à développer des arbeiten sind die Berner Astronomen daran, modèles pour différentes catégories de dé- ihre Analyse-Algorithmen stetig zu verbes- bris. Non seulement pour prévenir les colli- sern und Modelle für verschiedene Katego- sions, mais aussi pour repérer les parties rien von Weltraumschrott zu entwickeln. des satellites et des lanceurs qui sont le plus Nicht nur um Kollisionen zu vermeiden, souvent perdues et donc permettre une sondern auch um herauszufinden, welche amélioration lors de leur fabrication. Mais Teile von Satelliten und Trägerraketen be- l’élimination des débris spatiaux n’est pos- sonders häufig verloren gehen – und ent- sible que si l’on connaît les caractéristiques sprechend besser verbaut werden müssen. des fragments. « Il y a beaucoup d’idées, des Auch das Beseitigen des Weltraumschrotts pinces aux filets pour collecter les frag- ist nur möglich, wenn man die Eigenschaf- ments. Mais c’est techniquement très com- ten der Bruchstücke kennt. «Es gibt viele plexe et onéreux. Cela prendra encore du Ideen, von Greifarmen bis zu Netzen, wel- temps avant que ces idées arrivent à matu- che die Teile einsammeln. Aber das ist tech- rité » pense T. Schildknecht. « Jusque-là, nisch sehr anspruchsvoll und teuer. Es wird l’astronautique devrait faire en sorte que noch lange dauern, bis diese Ideen reif l’espace ne soit pas encore plus encombré ». sind», meint Schildknecht. «Bis dahin sollte Avec leurs travaux de recherche, les cher- die Raumfahrt besser mehr dafür tun, das cheurs bernois créent les bases pour orien- All nicht noch mehr zuzumüllen.» Mit ih- ter le problème dans la bonne direction. ren Entwicklungen schaffen die Berner For- scher die Grundlage, um das Problem in die richtige Bahn zu lenken. Traduction: Danielle Décrouez Géologue, membre du Comité de rédaction danielle.decrouez@hotmail.com Die Lichtkurve eines konstant rotierenden Objekts (oben) folgt einem regelmässigen Muster. Eine chaotische Lichtkurve ohne erkennbaren Verlauf (unten) lässt demgegenüber auf ein unkontrolliert taumelndes Schrottteil schliessen. (Grafiken: AIUB) | La courbe de lumière d’un objet en rotation permanente (en haut) montre un dessin régulier. Une courbe de lumière chao- tique sans régularité (en bas) correspond en revanche à un débris spatial en rotation incontrôlée. 16 GeoPanorama 1 | 2014 GeoPanorama 1 | 2014 17
FOKUS | FOCUS FOKUS | FOCUS Spurlos den Schnee Ausculter un glacier vermessen depuis le ciel Wie erforscht man das Innere eines Comment ausculter l’intérieur d’un glacier ? Gletschers? Man bohrt hinein und gräbt On effectue des forages et on prélève Schneeprofile frei. Oder man geht in die des carottes de glace. Ou bien, on prend Luft, so wie die Glaziologen der Universität de l’altitude comme les glaciologues Freiburg. Während drei Jahren haben sie de l’Université de Fribourg. Pendant trois den Findelengletscher im Oberwallis regel- ans, ils ont régulièrement survolé en mässig mit dem Helikopter abgeflogen hélicoptère le glacier de Findelen dans le und dabei Radarmessungen der Schnee Haut-Valais pour mesurer les épaisseurs höhen gemacht. de neige par radar. LEO SOLD, MATTHIAS HUSS, MARTIN HÖLZLE Der Massenhaushalt von Gletschern hängt Le bilan de masse d’un glacier est la diffé- von der Schneezufuhr und der Schnee- und rence entre les apports de neige et les pertes Eisschmelze ab. Aufgrund der ausgepräg- par fonte de la neige et de la glace. Sous ten Jahreszeiten in unseren Breiten findet nos latitudes caractérisées par des saisons, die Akkumulation vorwiegend im Winter l’accumulation a lieu principalement en und die Ablation hauptsächlich im Sommer hiver et l’ablation en été. Les mesures gla- Im Helikopter über dem Findelengletscher. (Bild: Leo Sold) | En hélicoptère au-dessus du glacier de Findelen. statt. Herkömmliche glaziologische Messun- ciologiques classiques se font chaque année gen erfolgen jeweils am Ende des Sommers: à la fin de l’été : des balises sont plantées Es werden Ablationsstangen in das Eis ge- à la surface du glacier pour déterminer la Zugang zu unzugänglichen Regionen Atteindre les régions inaccessible bohrt, um die Eisschmelze zu erfassen, und fonte de la glace et des puits sont creusés Gletscher lassen sich aber auch indirekt ver- Il est possible de mesurer les glaciers indi- Schneeschächte gegraben, um Dicke und pour estimer l’épaisseur et la densité du messen. Zum Beispiel mit Ground-Penetra- rectement, par exemple avec un radar à Dichte der Schneedecke zu bestimmen. Da manteau neigeux. Le vent et la topographie ting Radar (GPR), einer etablierten geophysi- pénétration de sol (géoradar ou Ground- Wind und Topografie die Ablagerung und influençant le dépôt et la répartition spa- kalischen Methode zur Messung der Schich- Penetrating Radar, GPR), un appareil géo- spätere Umlagerung des Schnees beein- tiale de la neige, l’accumulation n’est pas tung im Untergrund. Mit GPR lassen sich physique pour étudier la composition et la flussen, ist die Akkumulation nicht überall homogène sur toute la surface du glacier. geologische Einheiten ebenso bestimmen structure du sous-sol. Le géoradar permet de auf dem Gletscher gleich gross. Die Bestim- Ainsi la détermination du bilan de masse wie Eisdicken oder Schneehöhen. Durch das sonder des unités géologiques mais aussi les mung der Massenbilanz für den ganzen pour l’ensemble du glacier, basée sur un Aussenden elektromagnetischer Impulse épaisseurs de glace ou de neige. L’enregis- Gletscher auf Basis einer geringen Anzahl nombre restreint de points de mesure, est und den Empfang der entsprechenden Refle- trement de la réflexion d’ondes électroma- Messungen ist daher problematisch. problématique. xionen gewährt die Methode Einblick in den gnétiques émises dans le sous-sol donne un Um die räumliche Variabilität besser zu Pour mieux appréhender la variabilité Untergrund, ohne dabei Spuren zu hinter- aperçu de sa structure sans laisser de traces. erfassen, können die Messprogramme durch spatiale, les suivis glaciologiques sont com- lassen. Und dank der möglichen Anwen- Et grâce à l’utilisation de cet appareil em- eine detaillierte Kartierung der Schneedecke plétés à l’aide d’une cartographie détaillée dung per Helikopter kann man damit selbst barqué dans un hélicoptère, il est possible im Frühjahr ergänzt werden. Eine solche des épaisseurs de neige au printemps. Des in abgelegenen und schwer zugänglichen de recueillir des données de manière rapide lässt sich etwa mit Hilfe von Sondierstangen carottages manuels permettent d’obtenir ces Regionen effizient Daten erheben. et efficace, même dans des zones éloignées durchführen. Trotzdem kann dabei meist données. Mais avec cette méthode labo- Die Radarwellen werden immer dann re- et d’accès difficile. nicht der gesamte Gletscher abgedeckt wer- rieuse, il n’est pas possible de couvrir l’en- flektiert, wenn sich die dielektrischen Ma- Les ondes radar sont réfléchies quand les den, da gewisse Bereiche nicht zugänglich semble du glacier, certaines zones étant inac- terialeigenschaften im Untergrund ändern. propriétés diélectriques des couches du sind oder die Fläche zu gross ist. cessibles ou la surface à explorer trop vaste. Dies ist etwa an der Schneeoberfläche der sous-sol changent. Ce phénomène se pro- 18 GeoPanorama 1 | 2014 GeoPanorama 1 | 2014 19
FOKUS | FOCUS FOKUS | FOCUS diente der 13 Quadratkilometer grosse Fin- L’étude s’est focalisée sur le glacier de delengletscher im Oberwallis, der direkt am Findelen, un grand glacier de 13 kilomètres Alpenhauptkamm liegt. Er zählt zu den in carrés, situé dans les Alpes valaisannes. den vergangenen Jahren am besten er- Celui-ci fait partie des glaciers suisses les forschten Gletschern der Schweiz. Seit über mieux suivis ces dernières années. Pendant einem Jahrzehnt werden hier systematische plus d’une décennie, des mesures systéma- Massenbilanzmessungen durchgeführt, er- tiques du bilan de masse ont été effectuées, gänzt durch zahlreiche weitere Messungen complétées par de nombreuses autres me- und Forschungsprojekte verschiedener Ins- sures et des projets de recherche de diverses titutionen. Erste Versuche, die Schneever- institutions. Les premières tentatives pour Beispiel eines GPR-Profils auf der Zunge des Findelengletschers. Zu sehen sind die Schneeoberfläche (a), die darunter liegen- teilung mit helikopterbasiertem Radar zu mesurer la répartition spatiale de la neige de Eisoberfläche (b) und eine Spaltenzone. (Grafik: Leo Sold) | Exemple d’un profil GPR sur la langue du Glacier du Findelen. On peut voir la surface de neige (a), la surface de glace (b) et une zone avec des crevasses. messen, gab es bereits 2005 und 2010, je- par radar depuis un hélicoptère ont eu lieu doch nur in kleinen Teilbereichen des Glet- en 2005 et en 2010, mais alors seules de schers. Den Freiburger Glaziologen war es petites zones du glacier furent concernées. Fall, am Übergang zwischen Schnee und duit à la surface du manteau neigeux, à nun erstmals möglich, den gesamten Glet- Et entre 2012 et 2014, les glaciologues fri- Eis, aber auch an Schichtgrenzen innerhalb l’interface entre la glace et la neige, ou en- scher systematisch mit Messungen abzude- bourgeois ont eu la possibilité chaque des Schnees oder Firns. Da Schnee und Eis core entre les différentes couches dans la cken, die zwischen 2012 und 2014 jedes printemps d’effectuer des mesures sur l’en- das elektromagnetische Signal nur gering- neige ou le névé. La neige et la glace étant Frühjahr durchgeführt wurden. semble du glacier. fügig dämpfen, eignet sich Radar besonders caractérisées par une légère différence du gut für glaziologische Untersuchungen. Aus signal électromagnétique, le géoradar est Ein komplexes Bild Une image complexe der Laufzeit des Signals und der Geschwin- particulièrement bien adapté pour les Entlang der Fluglinien des Helikopters er- Le long du parcours de l’hélicoptère, le ra- digkeit, mit der es die Schneedecke durch- études glaciologiques. La durée du signal et fasst der Radar neben variablen Schneehö- dar renseigne sur les différences d’épaisseur dringt, lässt sich die Schneehöhe berechnen. la vitesse de pénétration dans le manteau hen auch Eigenschaften des Untergrunds, de la neige, ainsi que sur les caractéristiques Die Geschwindigkeit wird im Wesentlichen neigeux permettent de calculer l’épaisseur wie etwa Gletscherspalten oder Akkumu du sous-sol, comme les crevasses ou les durch die Dichte und den Gehalt flüssigen de la couche de neige. La vitesse dépend lationsschichten früherer Jahre. Die Zu- couches accumulées au cours des dernières Wassers in der Schneedecke bestimmt. Die- principalement de la densité et de la teneur nahme der Schneeakkumulation mit der années. Avec l’altitude, deux paramètres se beiden Parameter müssen zunächst abge- en eau liquide de la neige. Ces deux para- Höhe wird besonders in den höchstgelege- sont à prendre en compte : une augmenta- schätzt oder mittels Sondierungen auf dem mètres doivent être au préalable estimés nen Gebieten durch ein kompliziertes Ver- tion de l’accumulation de la neige et une Gletscher gemessen werden. ou mesurés en effectuant des sondages sur teilungsmuster überlagert. Dieses entsteht distribution spatiale de la neige propre aux Da Radarmessungen bereits in früheren le glacier. durch intensive Umlagerung des Schnees zones de haute altitude. En effet, il y a une Studien erfolgreich für die Messung der Ces mesures radar ayant déjà été utili- aufgrund der höheren Windgeschwindig- redistribution considérable de la neige à Schneeakkumulation auf Gletschern einge- sées avec succès pour déterminer l’accu- keiten und des rauen Geländes. Um sowohl cause de la vitesse élevée des vents et de la setzt wurden, liegt eine Anwendung im mulation de neige sur les glaciers, une die Radarmessungen im Frühjahr, als auch forte déclivité du terrain. Afin de prendre Rahmen der fortlaufenden Gletscherbeob- application pour l’observation continue die konventionellen Messungen am Ende en compte à la fois les mesures de neige au achtung nahe. Gefördert durch den Schwei- des glaciers est prometteuse. L’Université des Sommers bei der Berechnung der Mas- printemps et les mesures classiques de la fin zerischen Nationalfonds (SNF) initiierte die de Fribourg a ainsi initié en 2011 un projet senbilanz berücksichtigen zu können, be- de l’été pour le calcul du bilan de masse du Universität Freiburg im Jahr 2011 ein For- de recherche, financé par le Fonds National darf es einer Auswertungsmethode, die es glacier, une méthode d’évaluation est né- schungsprojekt, um den Nutzen helikop Suisse de la Recherche Scientifique (FNS), ermöglicht, den zeitlichen Verlauf von Ak- cessaire pour déterminer le taux d’accumu- terbasierter Radarmessungen für die Mas- afin d’effectuer des mesures radar en héli- kumulation und Schmelze über die Dauer lation et de fonte au cours d’une année. Ceci senbilanzbestimmung von Alpengletschern coptère pour déterminer le bilan de masse eines Jahres zu bestimmen. Dies wurde mit a été réalisé avec un modèle informatique zu untersuchen. Als Untersuchungsgebiet des glaciers alpins. einem räumlich verteilten Computermodell de distribution spatiale qui utilise aussi des 20 GeoPanorama 1 | 2014 GeoPanorama 1 | 2014 21
FOKUS | FOCUS FOKUS | FOCUS Helikopterbasierte GPR-Messung der Schneehöhenverteilung auf dem Findelengletscher am 9. April 2014. Die Farben zeigen Massenbilanz des Findelengletscher für 2013/14 in Metern Wasseräquivalent, bestimmt anhand der jährlichen Messungen die starke räumliche Variabilität der Schneehöhe an. (Grafik: Leo Sold) | Mesures du géoradar embarqué dans un hélicoptère (Punkte) und helikopterbasierten GPR-Messungen der Schneeakkumulation im Frühjahr. (Grafik: Leo Sold) | Le bilan de masse qui montrent la répartition des épaisseurs de neige dans le glacier de Findelen le 9 avril 2014. Les couleurs indiquent la forte du glacier de Findelen en 2013/14 en mètres équivalent eau, déterminé avec les mesures annuelles (points) et les mesures du variabilité spatiale de l’épaisseur de la neige. géoradar héliporté de l’accumulation de neige au printemps. erreicht, das zusätzlich Temperatur- und données de température et de précipitation Referenzmessung, die durch flugzeugge- a été effectuée grâce au laser à balayage Niederschlagsdaten der Wetterstation von de la station MétéoSuisse à Zermatt afin de stütztes Laserscanning über einen Fünf-Jah- pendant cinq ans. MeteoSchweiz in Zermatt verwendet, um calculer l’accumulation et la fonte pour res-Zeitraum getätigt wurde. für jeden Tag des Jahres Akkumulation und chaque jour de l’année. Pour des mesures complémentaires Schmelze zu berechnen. La combinaison de nombreuses mesures Kein Ersatz für direkte Messungen L’avantage du géoradar embarqué dans un Die Kombination aus umfassenden radar- d’épaisseur de neige par radar avec les Der Vorteil von helikopterbasiertem GPR hélicoptère par rapport aux mesures clas- basierten Messungen der Schneehöhe und mesures annuelles classiques, faites grâce gegenüber konventionellen Messungen an siques utilisant des sondages directs est den konventionellen jährlichen Messungen à des balises d’ablation et des puits de hand direkter Sondierungen besteht in der l’acquisition efficace des données et la pos- an Ablationsstangen und Schneeschächten neige, donne une image réaliste du bilan effizienten Datenerfassung und der Mög- sibilité d’atteindre des zones inaccessibles. ergibt ein realistisches Bild der Massenbi- de masse qui reflète la variabilité spatiale lichkeit, auch unzugängliche Gebiete zu Cependant, des mesures de la densité de la lanz, welches die räumliche Variabilität des deux processus – ablation et accumu- erreichen. Trotzdem werden auch weiter- neige sont nécessaires en différents points beider Prozesse – Ablation und Akkumula- lation. L’importance de ces mesures pour hin Schneedichtemessungen an mehreren sur le glacier. tion – wiederspiegelt. Wie wichtig dies für calculer le bilan de masse du glacier ap- Orten auf dem Gletscher benötigt. Einer- Ceci est nécessaire d’une part pour déter- die Berechnung der gletscherweiten Mas- paraît dans l’analyse de toute la série de seits um die Geschwindigkeit der Radarwel- miner la vitesse des ondes radar dans le senbilanz ist, zeigt sich in der Auswertung données depuis 2004. Pour le glacier de len innerhalb der Schneedecke zu bestim- manteau neigeux, et d’autre part, pour cal- der gesamten Messreihe seit 2004: Für den Findelen, il y a pour la première fois une men, und andererseits, um das Wasseräqui- culer l’équivalent eau, à savoir la quantité Findelengletscher ergibt sich erstmals eine concordance avec des mesures de réfé- valent zu berechnen, die tatsächliche Was- réelle d’eau qui est stockée sous forme de Übereinstimmung mit einer langfristigen rence sur une longue période de temps qui sermenge, die in Form von Schnee gespei- neige. Le géoradar embarqué dans un héli- 22 GeoPanorama 1 | 2014 GeoPanorama 1 | 2014 23
FOKUS | FOCUS FOKUS | FOCUS Ein Apparat, der Geschichte schrieb chert ist. Das helikopterbasierte GPR ist da- coptère doit donc être considéré comme Nicht immer war die Vermessung der Erde so einfach wie heute. Früher mussten Forscher her als ergänzendes Verfahren zu verstehen une méthode de mesure complémentaire et auf ihren Expeditionen schweres Geschütz mitführen, um Topografie, Massenbewegungen, und nicht als Alternative zu direkten Mes- non comme une alternative remplaçant Eis- und Schneeprofile erfassen zu können. Ein Relikt aus dieser Pionierzeit findet man am sungen. Das Projekt am Findelengletscher complètement les mesures directes. Le pro- Geografischen Institut der Universität Zürich: den Theodoliten von Alfred de Quervain. hat gezeigt, dass umfangreiche Messungen jet sur le glacier de Findelen a montré que der Schneeakkumulation notwendig sind, les nombreuses mesures de l’accumulation ISABEL PLANA um die Veränderung der Gletschermasse de neige sont nécessaires afin de déterminer von Jahr zu Jahr verlässlich bestimmen zu les changements de masse du glacier chaque «Zeltplatz 20. 12. Juli, vormittags. Heute und Gaule den grönländischen Eisschild können. Ob man dafür einen helikopterba- année avec fiabilité. Le choix d’utiliser un Nacht hatten wir –23 Grad und sind noch mit Hundeschlitten überquert. Am Ende je- sierten Radar einsetzt, ist eine Frage der Kos- radar embarqué dans un hélicoptère est une in den Hundstagen. Jetzt haben wir 410 nes Sommers haben die vier Forscher nicht ten und der Grösse des Gletschers. question de coût et de taille du glacier. Kilometer auf dem Inlandeis gemacht. Es nur ganze 700 Kilometer zurückgelegt, sie steigt immer noch, aber viel weniger als haben auch als Erste das gesamte Profil der die früheren Tage. Der Theodolit gibt drei grönländischen Eiskappe und die Geomet- Leo Sold Minuten an. (…) Schneetreiben hat einge- rie einzelner Gletscher vermessen. Physische Geografie setzt; es wird ein ungemütlicher Marsch Der Theodolit, eines der Vermessungsin- Universität Freiburg werden.» Dies hält Alfred de Quervain in strumente, die damals zum Einsatz kamen, leo.sold@unifr.ch seinem Expeditionstagebuch fest, als er im hat die vier Forscher überlebt und wird heu- Juli 1912 mit seinen Kollegen Hössli, Fick te am Geografischen Institut der Universität Matthias Huss Physische Geografie Universität Freiburg matthias.huss@unifr.ch Martin Hölzle Physische Geografie Universität Freiburg martin.hoelzle@unifr.ch Der Glaziologe Andreas Vieli mit dem Theodoliten von Alfred de Quervain. (Bild: Isabel Plana) 24 GeoPanorama 1 | 2014 GeoPanorama 1 | 2014 25
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