Geschäftsbericht 2016 2019 - Bezirkskonferenz 2020 in Lindau - AWO Schwaben
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EDITORIAL Mit Stolz blickt Brigitte Protschka auf die jüngste Vergangenheit des Bezirksverbands zurück. –––––– 2
„... weil die AWO täglich gebraucht wird“ Zu verdanken ist dies unseren engagier- ten Mitarbeitenden, unseren kompeten- ten Vorständen und selbstverständlich Im Jahr des 100-jährigen Gründungs- den vielen unermüdlichen Ehrenamtli- Kinderkrippen salonfähig und zum Er- jubiläums unserer Arbeiterwohlfahrt chen – allen voran unserem Vorsitzen- folgsmodell machte. galt den Frauen – allen voran unserer den des Präsidiums und Verwaltungs rates Dr. Heinz Münzenrieder. Nach Unsere guten Wünsche für seinen Gründerin Marie Juchacz – und damit 34 Jahren an der Spitze unseres Bezirks- Ruhestand geben wir ihm mit auf den dem Thema der Gleichberechtigung verbandes hat er sich nun entschlossen, Weg und sagen Danke für alles, was er besondere Aufmerksamkeit. Mit Bewun- sich in den wohlverdienten Ruhestand für unsere AWO Schwaben auf den Weg derung und Respekt blickten wir auf das zu begeben. bringen und bewegen konnte. Engagement von Marie Juchacz zurück, die für Frauenrechte gekämpft, aber sich Die Bilanz seines Wirkens kann sich se- Was für ein Glück ist es doch, dass sich auch mit Herz und Verstand um arme, hen lassen. Mit engagiertem Einsatz und immer wieder Menschen bei der AWO benachteiligte oder diskriminierte Men- viel Leidenschaft hat er die AWO-Werte zusammenfinden, die sich nicht nur den schen gekümmert hat. gehütet, weitergetragen und gelebt. Mit AWO-Werten, sondern ganz einfach auch seinem Weitblick und seinem Mut hat er einem menschlichen und freundlichen Wir in der AWO Schwaben haben uns unseren Verband modernisiert und an Miteinander verpflichtet fühlen. Men- diese historischen Leistungen zum die neue Zeit angepasst hat. Umsichtig schen, denen es ein Herzensanliegen ist, Vorbild genommen. Das Thema Gleich- und verlässlich, mit ruhiger Hand hat dass unsere Welt für alle ein guter Platz stellungsarbeit werden wir mit unseren er die Geschicke unseres Wohlfahrtsver- zum Leben ist und jeden Tag ein biss- beiden Gleichstellungsbeauftragten bandes gelenkt. chen besser wird. Dass dies nötig ist und weiter voranbringen. dass die AWO gebraucht wird, erfahren Mit Stolz und Freude dürfen wir auch Für sein großartiges Wirken danken wir wir täglich in den Medien, wenn wir von auf unsere jüngste Vergangenheit im ihm und wünschen ihm einen erfüllten Katastrophen, Krieg und Gewalt, von Bezirksverband Schwaben zurückblicken, Ruhestand, der ihm bei guter Gesund- Diskriminierungen oder gar von Rassis- die der vorliegende Geschäftsbericht von heit noch lange erlaubt, seinem Hobby, mus hören. 2016 bis 2019 umfasst. Zu bewältigen der Erforschung der Heimatgeschichte, nachzugehen. Wir machen gemeinsam weiter. Ich freue waren große Herausforderungen, die mich darauf. uns das neue Pflege- und Wohnqua- Ebenfalls in den wohlverdienten Ruhe- litätsgesetz oder auch der permanente stand verabschiedet sich nach 40 Jahren Herzlichst Fachkräftemangel bereitet haben. AWO-Einsatz unser Vorstand für Kinder- Wir sind gut aufgestellt und haben gut und Jugendhilfe, Hans Scheiterbauer- gewirtschaftet. Wichtige Investitionen Pulkkinen. Mit Mut, Überzeugungskraft wie zum Beispiel die Neubauten unserer und Standhaftigkeit prägte er eine AWO, Seniorenheime in Memmingen und die als Vorreiterin nicht nur die ersten Bobingen sind gelungen. Unsere über 40 Kinderhorte, sondern auch die ersten Brigitte Protschka Kinderbetreuungseinrichtungen, zahlrei- chen Beratungsstellen und die beiden Stellv. Vorsitzende des Präsidiums und Suchtkliniken genießen einen guten Ruf. Verwaltungsrats der AWO Schwaben. –––––– 3
B L I CK PU N K T 2-3 Editorial 4-5 Inhaltsverzeichnis 6 100 Jahre AWO 7 Der neue Vorstand 8-9 Dr. Heinz Münzenrieder zieht zum Abschied Bilanz 10 AWO Schwaben verstärkt Klimaschutz 11 Betreuungsverein: Zukunft ungewiss Partnerschaft mit Volkshilfe wird gepflegt A LT E N H I L F E 12-13 Anforderungen gestiegen – Referat verstärkt 14-15 Die Vorzüge des einheitlichen Cook-&-Chill-Verfahrens 16-17 So geht Großküche heute 18 Bombenfund: Heim evakuiert 19 Beim Umzug ist gute Logistik gefragt 20-21 So wichtig ist der Geschäftsbereich Altenhilfe KI N D E R, J U G E N D U N D FA M I L IE 22-25 „Wir wollen weiterhin gestalten“: Silke Scherer und Hans Scheiterbauer-Pulkkinen im Interview 26 Kinderschutzkonzept wird erstellt Partizipation in den Kitas 27 Jugendsozialarbeit (JaS) wird immer wichtiger 28 AWO betreut immer mehr Integrativkinder 29 Zahl der Beschäftigten steigt –––––– 4
I N H A LT BEH INDERTEN H I LFE U N D I N K LU S I ON 51 Kinder- und Jugendarbeit neu belebt 30-31 Sozialzentrum Neuburg wird modernisiert 52 Entwicklung der Mitgliederzahl Erträge der Landessammlungen sinken 32 Frühförderstation in Eichstätt eröffnet 53 Familientage im Augsburger Zoo Höchste Auszeichnung für Günter Vogt GESUNDH EI T S H I L FE 54 AWO will Gleichstellung weiter voranbringen 33 Schönau: Mit BORA zurück in den Job 55 Gesundheitstage werden fortgesetzt PSB: Mindelheim hat eigene Beratungsstelle In Legau gibt es künftig nur noch Einzelzimmer 34 So ergänzen sich die Suchthilfe-Angebote PE RSON A L U N D F I N A N Z E N 35 Wie Margit Bürk die Alkoholsucht überwand 56-57 Starke Bilanz, gutes Rating 36-37 30 Jahre Zentrum für Aidsarbeit Schwaben 58 Fachkräftemangel: AWO streckt Fühler aus 59 AWO fördert Kita-Plätze Das bietet awo lifebalance FORT- UND W EI T ER B I LDU N G 60-61 IT: AWO geht auf Nummer sicher 38 Bildungswerk: Münzenrieder folgt auf Schier 39 Ferienhaus Scheffau wird modernisiert 40-41 Konferenz für neue Mitarbeitende B A U - U N D I N STA N D H A LT U N G ZMAV heißt das neue Zauberwort 62 A WO baut Haus der Generationen Sozialkonferenzen bestens etabliert in Augsburg-Inningen Seminare für Ehrenamtliche begehrt Argumentationstrainings für Mitglieder 63 Die neue Geschäftsstelle in Stadtbergen 64-65 AWO investiert viel Geld in Seniorenheime 66-67 Alle Baumaßnahmen im Überblick VE R BANDS- U N D Ö FFENTLICH K EI T SAR B E I T 42-43 90 Jahre AWO Schwaben groß gefeiert A U S B L I CK 44-45 Integrationsarbeit ausgezeichnet 68-69 Dieter Egger im Interview: „Unsere Werte erleben eine Renaissance“ 46-47 Große Feier: 100 Jahre AWO mit Verleihung des Engagementpreises 70 Gremien, Impressum 48 Zwei Gedenksteine für Clemens Högg 71-72 Die Einrichtungen der AWO Schwaben 49 Kindermut: Sozialkonferenz ermahnt Politik 50 Anlaufstelle für Ehrenamtliche aufgestockt –––––– 5
BLICKPUNKT Jahre AWO Das Jubiläum wurde groß gefeiert Die Feierwelle anlässlich des 100. Jubiläums der AWO in Deutschland ging auch in Schwaben um. Riesen- Geburtstagstorte, Showeinlagen und Ausstellungen: Viele AWO-Einrichtungen und Gliederungen reicher- ten ihre Veranstaltungen mit kulinarischen Genüssen, guter Unterhaltung und tiefgründiger Information an. Ein großer Dank geht an die Organisatoren der Festivitäten. Und da ja Menschen die AWO prägen und damit Teil dieser Erfolgsgeschichte sind, standen immer wieder Ehrungen im Mittelpunkt, sei es für langjährige Mitgliedschaft oder für besonders aktive Mitarbeit im Verein über Jahrzehnte hinweg. Besonders erfreulich war zudem, dass die Veranstal- tungen nicht nur zum Feiern innerhalb der eigenen Reihen genutzt wurden. AWO-Landeschef Prof. Dr. Thomas Beyer, AWO-Schwaben-Präsidiumsvorsit- zender Dr. Heinz Münzenrieder und weitere hohe AWO-Repräsentanten gaben sich ein Stelldichein. Auch Vertreter der Kommunen, der Landkreise und der Politik waren mit von der Partie. Sie lobten unisono die AWO für ihr unverzichtbares Engagement in allen Bereichen der sozialen Arbeit. Auch in den Medien wurde über das Jubiläum groß berichtet. Das erhöhte die Breitenwirkung zusätzlich. –––––– 6
Von links: Vorstandsvorsitzender Dieter Egger mit den Vorständen Silke Scherer, Wolfgang Mayr-Schwarzenbach und Marion Leichtle-Werner Kontinuität im Vorstand Paritätisch besetzt startet der Vorstand der AWO Schwaben in die neue Periode und setzt auf Kontinuität. Einzige Veränderung: Silke Scherer folgt auf Hans Scheiterbauer-Pulkkinen, der altersbedingt ausschied. Marion Wolfgang Mayr- Dieter Egger Leichtle-Werner Schwarzenbach Silke Scherer hat im Rahmen der damit hat Betriebswirtschafts- Der Diplom-Sozialpädagoge Der Einstieg in die „Soziale verbundenen Offiziersdienst- lehre (BWL) studiert. Danach (FH) ist ein am Gemeinwesen Arbeit“ erfolgte als Erzieherin zeit an der Universität der arbeitete die Diplomkauf- orientierter Sozialarbeiter mit jahrelanger beruflicher Bundeswehr in Neubiberg frau mehrere Jahre bei einer klassischer Prägung. Sein Praxis und Leitungserfahrung studiert, mit dem Abschluss internationalen Wirtschafts- Studienschwerpunkt lag im in den verschiedenen Be- als Diplom-Kaufmann. Ehe prüfungsgesellschaft. Nach Sozialmanagement. Philoso- reichen. An der FH München er zur AWO wechselte, war dem Abschluss der Steuer phie, katholische Theologie qualifizierte sie sich über ein er bei einem international beraterprüfung war sie in sowie Rechtswissenschaften berufsbegleitendes Studium agierenden Logistikdienst- der Steuerberatung und begleiteten seine Ausbildung. zur staatlich anerkannten leister beschäftigt. Seit 25 Wirtschaftsprüfung tätig. Sozialpädagogin (B.A.) weiter. Als Betreuer traditioneller Jahren ist er bei der AWO in 1996 erfolgte der Wechsel in Kindererholungsmaßnahmen Seit 2006 ist sie bei der AWO führenden Positionen tätig. die Sozialbranche: zunächst fand er zur AWO und ist hier Schwaben tätig. Von 2007 bis Als Vorstandsvorsitzender zur AOK (Controlling), danach seit 1984 in vielerlei Funkti- 2011 hat sie als Leitung den verantwortet er die Bereiche zum AWO-Landesverband onen tätig. 2015 wurde er in neu eröffneten AWO-Hort in Personal, Alten- sowie Be- Bayern (Finanzen) in Kom- den hauptamtlichen Vorstand Gablingen mit aufgebaut. hindertenhilfe und koordi- bination mit dem AWO-Be- der AWO Schwaben berufen. Ab 2011 war sie in der neu niert die Arbeit der Bereichs- zirksverband Schwaben (In- Dort ist er für die Bereiche geschaffenen Stelle als vorstände. Egger, verheiratet, nenrevision). 2015 wurde sie Organisation, Ehrenamt, Fachberatung bei der AWO drei Söhne, lebt in Stöttwang in den Vorstand für Finanzen Öffentlichkeitsarbeit und Ge- Schwaben tätig, bevor sie in bei Kaufbeuren. Reiten ist und Bau und Gleichstellung sundheit verantwortlich. Mit den Vorstand aufrückte. Seit sein größtes Hobby. berufen. Sie ist Mutter von seinem Team betreut er die Januar 2020 verantwortet zwei Kindern. AWO-Verbände vor Ort. sie den Bereich Kinder- und „In einem Non-Profit-Unter- Jugendhilfe. nehmen wie der AWO spielt „Während der Tätigkeit in In ihm verbindet sich auch das der Mensch eine viel größere der Wirtschaftsprüfung und Ehren- mit dem Hauptamt. „Die AWO-Werte machen für Rolle als in der Wirtschaft, Unternehmensberatung habe „Mit Überzeugung stehe ich mich das Kernstück der sozi- und das ist gut so. Wenn es ich viele Firmen kennenge- hinter den Werten unserer alen Arbeit aus. Ich freue nicht so wäre, wäre ich nicht lernt. Keine Branche war so AWO. Mit ihr begann für mich mich, für einen Wohlfahrts- hier. Den Non-Profit-Ansatz spannend wie die Sozial ein neuer Lebensabschnitt. verband wirken zu können, in Verbindung mit unseren branche und kein Unterneh- Auch meine Familie ist zusam- dessen Grundhaltung mir Werten halte ich für ein er- men konnte der Arbeit so viel men mit mir heute engagier- persönlich entspricht und in folgreiches Geschäftsmodell.“ Sinn geben wie die AWO.“ ter Teil unseres Verbandes.“ dem ich mich wiederfinde.“ –––––– 7
BLICKPUNKT Dr. Heinz Münzenrieder Seit 1986 steht er ehrenamtlich der AWO Schwaben vor: als Bezirksvorsitzender und nach Einführung des Präsidiumsmodells im Jahr 2007 als Vorsitzender des Präsidiums und Verwaltungsrats. Nun tritt Heinz Münzen- rieder im Alter von 77 Jahren auf eigenen Wunsch hin ab. Nach seiner Ausbildung zum Fernmeldehand- werker fing er im gehobenen Verwaltungs- dienst der früheren Stadt Göggingen an. Nach deren Eingemeindung nach Augsburg legte er das Begabtenabitur ab. Er studierte an der Universität Augsburg Rechtswissenschaften und promovierte dort. Münzenrieder, Vater von zwei Kindern, wechselte in den höheren Verwaltungsdienst bei der Stadt Augsburg und war dort u. a. als berufsmäßiger Stadtrat und Stadtdirektor (Leiter des OB-Büros) tätig. Göggingen blieb – neben der AWO – seine Herzensangelegen- heit. Daneben zieht es den Heimatkenner zu Ausflügen nach ganz Schwaben, insbesonde- re ins Allgäu zum Wandern. –––––– 8
BLICKPUNKT „Für die Zukunft gut gerüstet“ 34 Jahre stand Dr. Heinz Münzenrieder an der Spitze der schwäbischen AWO. Nun zieht er sich zurück, kandidiert auf der Bezirkskonferenz nicht mehr. Eine Ära geht zu Ende. Zeit, Bilanz zu ziehen. Wie kamen Sie zur AWO? Wie wichtig war die Einführung des tenzen und keinen sozialen Gemischt- Präsidiumsmodells, also haupt- warenladen. Die Altenheime und die Ich stamme aus einer SPD-Familie, amtliche Vorstände mit befristeten Kitas sind unsere beiden Schwerpunkte, meine Eltern waren Sozis durch und Dienstverträgen, die auch haften? da zählen wir zu den großen Anbietern durch. Wir haben in genossenschaftlich in Schwaben. Wenn ich mir unsere neu- organisierten Konsum-Läden eingekauft. Da war die wichtigste Maßnahme en Altenheime anschaue, die ja schon Damals lag es sehr nahe, dann auch der meiner Amtszeit. Früher waren wir, fast Hotelcharakter vorweisen, dann Gewerkschaft und der AWO beizutreten. überspitzt formuliert, wie ein Turnver- kann man schon ein bisschen stolz auf ein organisiert. Heute sind wir – neben das Erreichte sein. Jetzt bekommen wir einem intakten Wohlfahrtsverband – ein auch noch eine neue, moderne Ge- Warum sind Sie dabei geblieben? gut geführtes Unternehmen. Wir stehen schäftsstelle. Sie ist absolut notwendig gut da. Das ist sehr wichtig. Mir hat es schon immer gefallen, etwas und auch für unsere Außenwirkung sehr zu gestalten. Und zwar nicht die große wichtig. Wir sind für die Zukunft gut Politik, sondern ganz konkret etwas gerüstet. Wohlfahrt und Wirtschaftlichkeit: vor Ort. Klar, die AWO hat auch ihre Wie passt das zusammen? Fehler, aber der hohe Stellenwert der Ehrenamtlichkeit ist bemerkenswert. Ohne Wirtschaftlichkeit gäbe es keine Und jetzt wollen Sie aufhören. Wir stehen ganz solide auf zwei Bei- Wohlfahrt. Wirtschaftlich zu denken, ist Können Sie nach so langer Zeit nen: den rund 3.000 Hauptamtlichen eine Überlebensfrage. Der Grundgedan- einfach loslassen? und den ebenso vielen Ehrenamtlichen. ke, das Caritative, das Helfenwollen, ist Es wird mir schon schwer fallen. Man Dazu kommen rund 9.000 Mitglieder. absolut richtig. Nur: Ohne eine finanzi- denkt ja immer, man gehört zum In- Wir konnten im Gegensatz zu vielen elle Struktur geht das heute nicht mehr. ventar. Es war mein Entschluss. Ganz anderen Vereinen und Verbänden die aufhören werde ich nicht. So möchte ich Ehrenamtlichkeit auf einem sehr hohen unser Bildungswerk weiter leiten. Niveau halten. Dass wir uns zudem als Die Angebote und Einrichtungen politischen Verband sehen, finde ich der AWO Schwaben haben sich ebenfalls sehr gut. erhöht, zuletzt wurde viel gebaut. Wie fällt Ihre Bilanz aus? Ich bin ganz zufrieden, was wir zusam- men erreichen konnten. Wir waren uns immer einig: Wir brauchen Kernkompe- –––––– 9
BLICKPUNKT Auf dem Dach des AWO- Seniorenheims in Augsburg- Göggingen wird bereits Sonnenstrom erzeugt. Auch der Bobinger Ersatzneubau verfügt über eine Photovol- taikanlage auf dem Dach. Daneben rüstet die AWO Schwaben ihren Fuhrpark auf E-Mobilität um: Das AWO-Seniorenheim Schwab- münchen verfügt über eine Ladebox mit 11 Kilowatt (kW) Leistung für ein Elektroauto. Vor dem AWO-Seniorenzen- trum in Neugablonz steht Auf dem Dach des AWO-Seniorenheims in Augsburg-Göggingen wird Sonnenstrom erzeugt, sehr zur Freude von Holger ebenfalls eine Ladesäule mit Repenning (links), Leiter AWO-Seniorenheim Göggingen, Jürgen Popp (LEW), Dieter Egger, Vorstandsvorsitzender AWO Schwaben, und Jürgen Münzer (LEW). zwei Ladepunkten mit jeweils 11 kW. An dieser Säule wer- den drei Fahrzeuge abwech- CO2-Emissionen gesenkt, selnd mit Strom betankt, mit denen der AWO-Kreisverband Klimaschutz verstärkt Kaufbeuren-Ostallgäu Essen auf Rädern ausliefert. Die AWO Schwaben verstärkt den Klimaschutz und erweitert ihre Ab 2019 stellte die AWO Schwaben zudem einen Energiesparmaßnahmen. Ökostrom und E-Mobilität sind im Kommen. Großteil der Stromversorgung von normalem Strommix „Das gehört zu einem pro- der Einsatz von regenerativen auf 100 % Ökostrom um. fitablen und nachhaltigen Heizmitteln wie Holzpellets Allein daraus ist eine CO2- Unternehmen einfach dazu. und Fernwärme aus Biogas- Einsparung pro Jahr von ca. Wir haben uns umfangreich anlagen bei Neubauten. 1.700 Tonnen zu erwarten. informiert und bereits große Das vom AWO-Bundesver- Das Zwischenergebnis kann Steine ins Rollen gebracht, band initiierte Projekt „Kli- sich sehen lassen. Im Ver- um weniger CO2 zu produzie- mafreundlich pflegen“ wird gleich zum Jahr 2015 konnte ren“, sagt Marion Leichtle- im Seniorenheim Königs- der AWO-Bezirksverband Werner, Vorstand für das brunn umgesetzt. Ziel ist es, Schwaben die CO2-Emissi- Bauwesen. Dazu zählen etwa Ressourcen zu schonen und onen im Jahr 2018 um ca. die Umstellung auf LED- nachhaltiger zu wirtschaften. 900 Tonnen senken. Damit Leuchtmittel, der Austausch nicht genug: Nach und nach von Heizungspumpen auf kommen jetzt auch Photo- hocheffiziente Modelle und voltaikanlagen zum Einsatz. GEZIAL: Sozialberufe erfahren Aufwind Um Fachkräfte zu gewinnen, ist die AWO Schwaben auf Berufsfindungstagen und Ausbildungsmessen vertreten. Dazu zählt die Berufsbildungsmesse für Gesundheit + Sozi- ales GEZIAL in Augsburg. „Hier ist durchgän- gig sehr viel los. Etliche Schüler, Absolventen und Interessierte suchen das Gespräch mit uns. Fest steht: Unsere Branche erfährt einen Aufwind“, resümierte das Standteam aus dem Referat der Alten- sowie der Kinder- und Jugendhilfe. Übrigens: Die Branchen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft sind schon jetzt der drittstärkste Wirtschaftszweig in Deutschland. –––––– 10
Betreuungsverein: Zukunft ist ungewiss Seit 1993 ist der Betreuungsverein für Augs- burger BürgerInnen (BAB), von der AWO Schwaben und der AWO Augsburg gegründet, eine wichtige Anlaufstelle. Hier werden gesetzliche Betreuungen geführt sowie ehren- amtliche Betreuerinnen und Betreuer beraten und geschult. Doch wie lange noch? Beim Augsburger Betreuungsverein sind (von links) Gudrun Deffner, Anja Mennen und Andrea Vallon beschäftigt. 13 Jahre lang war die Vergütung von gesetzlichen Betreuern, Vormündern und Verfahrenspflegern nicht erhöht worden. Viele Betreuungsvereine mussten in dieser Zeit aus finanziellen Gründen aufgeben. Im Sommer 2019 beschloss der Bundes- tag, die Sätze um 17 % zu erhöhen. Doch damit sind die Nöte nicht vom Tisch. „Aktuell könnten wir finanziell gerade so über die Runden kommen, wenn es uns gelingt, mehr Betreuungen zu übernehmen“, sagt Eckard Rasehorn, Geschäftsführer des Betreuungen AWO-Kreisverbands Augsburg-Stadt und BAB-Vorsitzender. Der Personen, die nicht mehr selbst für sich entscheiden können wie z.B. Haken: Der Gesetzgeber hat die Vergütung für die nächsten geistig Behinderte, Demenz- oder Suchtkranke erhalten einen Betreuer. fünf Jahre festgeschrieben. „Alle künftigen Kostensteigerungen, Er trifft in deren Sinne wichtige Entscheidungen. Betreuer verwalten insbesondere beim Personal, könnten wir nicht refinanzie- ren“, beklagt Wolfgang Mayr-Schwarzenbach, Vorstand beim das Geld ihrer Klienten, stellen Anträge, suchen einen Heimplatz und Bezirksverband der AWO Schwaben und stellvertretender BAB- organisieren medizinische Behandlung. Die meisten Betreuer arbeiten Vorsitzender. ehrenamtlich. Schwierige Betreuungen werden oft von hauptamtlichen Die Folge: Die AWO Augsburg und die AWO Schwaben müssten Betreuern übernommen. Kann der Betreute die Kosten dafür nicht selbst auch weiterhin das Defizit der eigentlich staatlichen Aufgabe aufbringen, springt die Justizkasse ein. tragen, weil die gesetzlich festgelegte Vergütung nicht den Der Betreuungsverein für Augsburger BürgerInnen (BAB) übernimmt Aufwand der tatsächlichen Betreuungsarbeit deckt. Betreuung und schult Betreuer. Außerdem informiert er über Vorsorgevoll- Die Zukunft des Betreuungsvereins und der drei Mitarbeiterin- machten und Betreuungsverfügungen. Dafür erhält er Zuschüsse. nen Gudrun Deffner, Andrea Vallon und Anja Mennen ist damit weiter ungewiss. „Der BAB wird mit anderen Betreuungsver- 1993 wurde der Verein, dessen Vorstand sich überwiegend aus Mitgliedern einen noch einmal versuchen, dieses finanzielle Risiko durch des AWO-Kreis- und des AWO-Bezirksverbands zusammensetzt, gegründet. eine kommunale Förderung auszugleichen. Andernfalls wird er seine Arbeit einstellen müssen“, kündigt Eckard Rasehorn an. Partnerschaft mit der Volkshilfe wird gepflegt Die AWO Schwaben und die Armut kennt keine Landes- Volkshilfe Vorarlberg pflegen grenze: Jedes fünfte Kind in ihre Partnerschaft. Dazu zäh- Österreich ist armutsgefähr- len wechselseitige Besuche. det. 2018 war die Volkshil- „Mit ihrem Programm für ein fefamilie zusammen mit dem Österreich ohne Kinderarmut Schweizer Arbeiterhilfswerk setzt die Volkshilfe Maßstäbe und der bayerischen AWO zu und ist Vorbild für unsere Gast in Lindau und Bregenz. Arbeit. Ich freue mich, dass 2019 standen die 100-Jahr- unser Präsidium die Vor- Feier der AWO sowie die arlberger Freundinnen und Volkshilfelandeskonferenz in Freunde in jedem Jahr mit Bregenz an. AWO-Schwaben- einem stattlichen Geldbetrag Präsidiumsmitglied Peter Annegret Senn, die Vorsitzende der Volkshilfe Vorarlberg, und ihr Mann Willi unterstützt“, sagte AWO- Feile und Wolfgang Mayr- besuchten den Tag des Ehrenamts 2019 in Königsbrunn. Dr. Heinz Münzenrieder Schwaben-Vorstand Wolf- Schwarzenbach vertraten (Mitte), Vorsitzender des Präsidiums und Verwaltungsrats der AWO Schwaben, gang Mayr-Schwarzenbach. hier die AWO. begrüßte sie ganz herzlich. –––––– 11
„Diese Qualität muss man sich leisten können“ Die Altenhilfe ist mit Abstand der größte Bereich der AWO Schwaben – und ein besonders sensibler. Geänderte Rahmenbedingungen, neuer Pflege-TÜV, dazu der Fachkräftemangel: Die AWO ist gefordert. Das Referat Altenhilfe wurde ausgebaut: Claudia Zieschank (links) und Melanie Alt (rechts) unterstützen Sabine Polzer. –––––– 12
A LT E N H I L F E Seit November 2019 werden die Pflegeheime nach neuen Kri- terien geprüft. Der alte und häufig kritisierte Pflege-TÜV wurde abgeschafft. Die Umstellung kostete viel Zeit und Geld. Ein Jahr lang war das Altenhilfereferat damit beschäftigt, alle Senioren- heime und Mitarbeitende auf die neuen Anforderungen und Prüfkriterien vorzubereiten. So wurden die Wohnbereiche mit eigenen Computern aus- gestattet, um die notwendige Dateneingabe vornehmen zu können. 280 Pflegekräfte nahmen an einer Schulung dazu in der AWO-Zentrale in Stadtbergen teil. Außerdem wurde ein Leitfaden für die Umsetzung des Indikatorenmodells erstellt. Aufgrund der gestiegenen Anforderungen wurde das Referat Altenhilfe personell verstärkt. Claudia Zieschank, Fachberatung Altenpflege, und Melanie Alt, Fachbegleitung Altenhilfe, unter- stützen Sabine Polzer. Sie ist seit 1999 für die AWO in unter- schiedlichen Positionen tätig: als Leiterin Ambulanter Dienst, als Pflegedienst- sowie Einrichtungsleiterin und seit 1. August 2018 nun als Referentin für Altenhilfe. „Wir gehen viel in die Einrichtungen und sind daher selten im Büro“, sagt Claudia Zieschank, die zuletzt als PDL bei einem privaten Träger gearbeitet hat. Das Referat unterstützt die Ein- richtungsleitungen und das Personal mit Rat und Tat. Zudem verschafft es sich einen Überblick über die Lage vor Ort. „Wir wollen etwaige Schwachstellen vor dem MDK finden“, sagt Sabine Polzer. Als ehemalige Einrichtungsleiterin weiß sie, wo der Schuh drückt. Da will sie mit ihren zwei Mitarbeiterinnen helfen. „Wir fördern den kollegialen Austausch.“ Dazu finden regelmäßig Treffen der Einrichtungs- und Pflegedienstleitungen statt. Trotz der Fülle an Aufgaben laufe es gut, findet Sabine Polzer, die die Einrichtungen kontinuierlich weiterentwickeln will. So nahmen im Herbst 2019 Führungskräfte an einem MyHome Life-Training teil (siehe Infokasten). Daneben gilt es, sich auf die neue generalisierte Ausbildung vorzubereiten. 2020 werden alle Pflegeberufe zusammen ausgebildet. „Aufgrund des Gehaltsgefälles wird es schwierig, Pflegefachkräfte nach der Ausbildung in der Altenhilfe zu halten“, vermutet Polzer. Noch steht die AWO personell vergleichsweise gut da. Sie zahlt Tarif, aber keine „Kopfprämie“, um Personal abzuwer- ben. „Für viele ist es wichtig, dass wir ein wertegebundenes Unternehmen sind“, sagt Sabine Polzer. Der große Vorteil: „Als gemeinnütziges Unternehmen dürfen wir keine Rendite erwirtschaften. Das nimmt viel Druck raus. Das, was wir ver- dienen, stecken wir wieder in die Pflegequalität und Ausstat- tung unserer Häuser hinein. Was wir als Qualität und Standard für unsere Seniorenheime definieren, muss man sich erst mal leisten können und wollen.“ Die AWO kann und will es. MyHomeLife MyHomeLife (MHL) wurde vor rund zehn Jahren in England entwickelt. Rund 1.500 Führungskräfte haben das Programm bislang in Pflegeheimen umgesetzt. Es geht dabei vorrangig um die Verbesserung der Lebensqualität für Bewohner, Mitarbeitende und Angehörige. Eine möglichst gute Beziehung zwischen allen Beteiligten ist die Basis. Dann können sich Pflegeheime zu beliebten Orten des Lebens, des Arbeitens und der Begegnung entwickeln. Die MyHomeLife- Methode erstreckt sich bei der AWO Schwaben inzwischen nicht mehr nur auf den Bereich der Altenhilfe, sondern ist Teil der Personalentwicklung. –––––– 13
A LT E N H I L F E Küche mit Konzept 14 Küchen versorgen die 24 Seniorenheime der AWO Schwaben – und das zur Zufriedenheit der Bewohner. Das Cook-&-Chill-Verfahren und der weitgehende Verzicht auf Fertigprodukte haben sich bewährt. Wenn Klaus Schirmer, der Küchenko- Küchenmeister fortgebildet hat, in Fahrt. Folie versiegelten Bananen dient der ordinator der AWO-Service GmbH, über Dies ist eine Apfelsorte für Menschen mit Karton als Gewächshaus. Werden die Ernährung spricht, merkt man sofort: einer Apfelallergie und sollte nicht für Bananen zu früh ausgepackt, wird der Das ist sein Leib-und-Magen-Thema. den täglichen Bedarf an Obst genommen Reifeprozess unterbrochen. 172 Tonnen Dahinter stecken Kompetenz und Lei- werden. Bananen ordert die AWO-Service GmbH denschaft, gepaart mit dem Blick für das im Jahr. Ein falscher Umgang mit dem Machbare. Bei Fehlentwicklungen wie Obst käme teuer. der überzüchteten Apfelsorte Pink Lady, Richtiger Umgang Vor seinem Wechsel zur AWO im Jahr die kaum noch Enzyme enthält, kommt Zum richtigen Umgang mit Bananen hat 2007 hat Klaus Schirmer in der Gas der gelernte Koch und Konditor, der er eine Schulung angesetzt. Bei den in tronomie gearbeitet und eine Kranken- sich zum diätetisch geschulten Koch und haus-Küche geleitet. Dann übernahm Klaus Schirmer hat in den Großküchen der AWO-Heime ein einheitliches Konzept eingeführt. –––––– 14
Cook & Chill Cook & Chill (zu deutsch wörtlich: Kochen und Kühlen, kurz: Kühlkost) bezeichnet ein beliebtes Verfahren in Großküchen. Zunächst werden die Speisen auf herkömmliche Weise gegart (bis 90 °C) und dann auf 4 °C gekühlt. Nach dieser Schnell- kühlung kann man die Gerichte bis zu vier Tage ohne Qualitätsverlust lagern. Auf den Wohnbereichen der AWO-Seniorenheime werden die Komponenten erwärmt und im Schöpfsystem den Bewohnern ausgegeben. Durch das schonende Cook-&-Chill-Verfahren verlieren die Lebensmittel nicht an Nährwert. er die Küchenleitung im AWO-Senioren- hochbetagten Bewohner in den Senio- zur Verfügung – inklusive Personalkos- heim Neu-Ulm. Dessen Großküche stellte renheimen nicht groß verändern, ihm ten für die Küche. Eine knappe, aber er nach seinen Vorstellungen um. 2008 geht es vorrangig um gute Ernährung als branchenübliche Kalkulation, die dem wurde er zum Koordinator der AWO- wichtigen Beitrag zur Lebensqualität – allgemeinen Kostendruck in der Pfle- Service GmbH befördert, um bei allen wenn es sein muss, auch mit ein paar gebranche geschuldet ist. Der zentrale Küchen sein Konzept einzuführen. Kniffen: So lässt er ins beliebte Gulasch Einkauf und das einheitliche Küchen- zusätzlich Karotten schneiden, weil sie konzept senken die Kosten. Es hat sich viel geändert. Das neue dann viel eher gegessen werden, als Schlagwort heißt Cook & Chill (siehe Alle sechs Wochen wird ein zentraler wenn sie als Beilage serviert werden. Infokasten). „So kann ich ein besseres Speiseplan erstellt. Die Küchenleiter Produkt liefern, als wenn ich live kochen können davon abweichen. Während im würde. Die Köche können gar nicht so Westen Schwabens Leber sehr beliebt viele Töpfe gleichzeitig bedienen, wie Große Zufriedenheit ist, kommt in Augsburg, Friedberg oder es erforderlich wäre.“ Beim herkömmli- Wie bei jeder Veränderung war für Bobingen stattdessen saures Lüngerl auf chen Verfahren, das früher auch bei der das neue Küchenkonzept anfangs viel den Speiseplan. „So viel Flexibilität muss AWO üblich war, müssen schon in der Überzeugungsarbeit vonnöten – beim jede Küche mitbringen.“ Früh Gerichte gekocht und stundenlang Personal und auch bei den Bewoh- Dazu kommen verschiedene Diätformen warmgehalten werden. Da geht viel nern, für die viele künstliche Aromen, wie Glutenunverträglichkeit. Die Küche Frische verloren. Und wenn das warme unnötige Süßungsmittel und Fette als des AWO-Sozialzentrums Neuburg, die Essen auch noch an andere Einrichtun- Geschmacksträger wegfielen. Doch die zahlreiche Menschen mit Behinderung gen geliefert wird, besteht die Gefahr, Umstellung auf Cook & Chill hat sich verköstigt, bietet die Tagesgerichte in dass es halb zerkocht und nur lauwarm gelohnt. Zufriedenheitswerte von 95 bis rund 10 Diätformen an. In den Senio- auf dem Teller landet. Damit ist längst 97 % sprechen für sich. renheimen erhalten die Bewohner zum Schluss. 11 € stehen bei der AWO pro Tag für die Geburtstag ihr Wunschessen und einen Vollverpflegung der Altenheimbewohner Kuchen. Ein netter Gruß aus der Küche. Großer Warenkorb Und nicht nur damit: Konnten die Küchenleiter früher aus einem Waren- korb rund 4.800 verschiedene Produkte ordern, sind es jetzt nur noch knapp 1.000. Fertigprodukte fielen Schirmers Streichkonzert nahezu komplett zum Opfer. „Unsere Köche können kochen, und sie sollen auch kochen.“ Gemü- sesuppe aus der Tüte? Das war einmal. Gemüse, von Hand geschnitten, dazu AWO-Service GmbH Gewürze und Rindfleischknochen: „So Die AWO Schwaben ist mit 51 % an der AWO-Service GmbH beteiligt. Dort sind rund 670 Personen wie man es früher gemacht hat. Im Alter kommt die Geschmacksschablone aus beschäftigt, davon die Hälfte in der Hausreinigung. Dazu kommen 109 Küchenleiter, Köche, der Kindheit wieder.“ Küchenhilfen und 225 Mitarbeiter in der Hauswirtschaft. Auch die AWO-Tochter zahlt Tarif. Klaus Schirmer will mit seinem Team Dieter Egger, der Vorstandsvorsitzende der AWO Schwaben, leitet sie. Klaus Schirmer ist als Kü- die Ernährungsgewohnheiten der meist chenkoordinator für den reibungslosen Betriebsablauf verantwortlich. –––––– 15
A LT E N H I L F E So geht Großküche heute Das AWO-Seniorenheim in Memmingen verfügt über eine moderne Zentralküche. 500 Gerichte werden täglich gekocht. Und so schaut es darin aus. Ein Vormittag unter der Woche. Von der Hektik, wie man sie aus Kochsendungen kennt, keine Spur. Küchenleiter Florian Wilcke und sein Team bereiten täglich 500 Essen zu. Von Montag bis Freitag in normaler Besetzung, am Wochenende arbeitet nur jeweils eine Person. Die Großküche, die auf das Cook-&-Chill-Verfahren (Kühlkost) setzt, ist erstaunlich klein. Gekocht wird auf gerade mal 90 m2 – so groß wie eine Dreizimmerwohnung. Das Gros der rund 350 m2 großen Küche entfällt auf die Kühl- und Lagerräume. 1 3 2 –––––– 16
A LT E N H I L F E 1 Dreimal pro Woche beliefern Lkw mit Hebebühnen die Küche in Memmingen. Die Produkte landen sofort in den verschiedenen Kühlhäusern (Obst & Gemüse, Wurst & Fleisch, Milchprodukte, Konserven). 2 Kombidämpfer, riesige Geräte, die auf Knopfdruck kochen, braten und frittieren, füllen den gefliesten Raum. Der Küchenchef könnte von zu Hause aus überprüfen, ob der Braten schon durch ist und welche Kerntemperatur er hat – die integrierte Computertechnik macht’s möglich. Die Technik ist weit fortgeschritten, eine Produktserie heißt treffend Self-Cooking-Center, automatisierte Küche. Am Herd werden nur die Sonderwünsche wie zum Beispiel das Geburtstagsessen zubereitet. 4 3 Im Chiller, einem großen Kühl- und Gefrierschrank, der bis zur Decke reicht, wird das Essen heruntergekühlt. Bei 4 °C stoppt er automatisch. 4 Die gekühlten Gerichte werden in Gastronomiebehälter aus Edelstahl gefüllt und in die Kühlhalle geschoben. Dort lagern sie, bis sie in externe Einrichtungen transportiert oder im Buffetwagen in die Wohnbereiche im Haus gefahren werden. 5 In den Regenerationsmaschinen werden die Speisen rund 50 Minuten erwärmt, auf die Kochplatten gestellt und verteilt. 6 Von allen gekochten Speisenkomponenten werden Rückstellproben genommen und sieben Tage lang im Gefrierschrank eingelagert. Sie dienen zur Absicherung, sollten beim Verzehr Probleme auftreten. 5 6 –––––– 17
A LT E N H I L F E Im Friedberger AWO-Heim wurden die ausquartierten Bewohner fürsorglich betreut. Für 16 Schwerstpflegefälle standen die Fahrzeuge des BRK Würzburg bereit. Bombenfund: Heim musste evakuiert werden Das AWO-Seniorenheim im Augsburger Herrenbachviertel musste geräumt werden. Ohne die vielen Ehrenamtlichen wäre die gefährliche Situation nicht zu bewältigen gewesen. Es war die größte Evakuie- sie brachen um 1 Uhr früh wurde, stand Heimleiter rungsaktion der deutschen morgens nach Augsburg auf, Stefan Hintermayr die Nachkriegsgeschichte: um hier helfen zu können. Erleichterung ins Gesicht 54.000 Augsburger mussten geschrieben. Eine schwer zu Auch bei der AWO Schwaben am 1. Weihnachtsfeiertag stemmende Übernachtung liefen frühzeitig die Vorbe- 2016 ihre Wohnungen ver- konnte vermieden werden. reitungen an. Mit seinem lassen, darunter 120 Bewoh- Alle Heimbewohner kehrten Team aus dem Altenpflege- ner des AWO-Seniorenheims bis 22.15 Uhr wohlbehalten Referat und Heimleiter Herrenbach. Eine 1,8 Tonnen zurück. Stefan Hintermayr führte der schwere Fliegerbombe muss- Vorstandsvorsitzende Dieter AWO-Schwaben-Chef Heinz te entschärft werden. Egger zahlreiche Gespräche Münzenrieder sprach insbe- Dank der guten Koopera- mit der Stadt und gestaltete sondere dem BRK Würzburg, tion von Stadtverwaltung, die Evakuierung so ange- den AWO-Mitarbeitern, den Polizei, Feuerwehr sowie der nehm wie möglich. vielen Freiwilligen und den teilweise aus ganz Bayern drei Sprengmeistern große „Man muss ja auch daran angereisten Hilfs- und Anerkennung aus. „Ohne sie denken, dass manche der Rettungsorganisationen wäre die gefährliche Situ- Heimbewohner den Krieg klappte die Räumung des ation nicht zu bewältigen noch miterlebt haben. Um Gebietes auf die Minute. gewesen.“ sie nicht zu sehr zu beunru- Rollstuhlfahrer und mobile higen, gingen wir die Aktion Bewohner des Seniorenheims eher wie einen Weihnachts- transportierte der Fahrdienst ausflug ins Friedberger Heim des AWO-Sozialzentrums an. Dort wurden unsere Neuburg ins benachbarte Senioren hervorragend ver- Friedberger AWO-Heim. Bei sorgt“, berichtete Egger. den 16 Schwerstpflegefällen sprangen die freiwilligen Als die Bombe entschärft war Rotkreuz-Kollegen aus dem und das Sperrgebiet gegen Landkreis Würzburg ein, 19 Uhr wieder freigegeben –––––– 18
Beim Heimumzug ist gute Logistik gefragt Ein ganzes Seniorenheim wechselt den Standort –und das bei laufendem Betrieb. Wie das geht? Die AWO-Heime in Schwabmünchen, Memmingen und Bobingen haben es vorgemacht. Eine neue Wohnung zu beziehen, macht schon viel Arbeit. Wenn nun aber ein ganzes Seniorenheim bei laufendem Betrieb um- zieht, braucht es eine umso größere Planung. Die AWO-Heime in Bobingen, Schwabmünchen und Memmingen haben alles gut über die Bühne gebracht. Eine logistische Meisterleistung. Gerade älteren Menschen fällt es oft schwer, die gewohnte Um- gebung zu verlassen. Daher wurden die Bewohnerinnen und Bewohner lange darauf vorbereitet. „Ich habe jedes einzelne Zimmer den Angehörigen, Betreuern oder Bewohnern vorher gezeigt“, berichtet die Schwabmünchener Heimleiterin Angelika Schmidt. Zeitweise mussten Pflege-, aber auch Küchen- und Servicekräf- te den Alt- und Neubau gleichzeitig versorgen. Sogar freiwillige Nachtwachen gab es auf den Etagen. Am Umzugstag halfen zu- dem Rollstuhltransporte, Ambulanz-Fahrerinnen, Betreuungs- personal mit hauseigenem VW-Bus, Hilfsteams aus benachbar- ten AWO-Seniorenheimen sowie Angehörige und ehrenamtlich Engagierte. Der Umzug eines kompletten Seniorenheims muss bis in Detail geplant werden. Kisten über Kisten wurden gepackt. Schon Tage zuvor hatte man damit begonnen und war dabei auch an Grenzen ge- stoßen. Wie soll etwa ein Zimmer, das quasi nur aus Büchern zu bestehen scheint, komplett mitgenommen werden? „Ein Bewohner hing sehr an seinen Büchern, aber es war einfach nicht machbar. Zu guter Letzt hat er selber eingesehen, dass der Umzug ein Neuanfang ist und sich von ein paar Wälzern getrennt“, erzählt Hedwig Halder, Betreuungskraft beim AWO- Seniorenheim Memmingen. Im Neubau liefen derweil die ersten Einräumarbeiten. Ein Be- wohner wollte gerne ins Bett gebracht werden. Eine noch recht rüstige Dame erkundete gleich mal das Haus, um die Balkone aufzusuchen, wo geraucht werden darf. Wieder andere setzten sich in die großzügigen Essbereiche, um sich ihren Stamm- platz zu sichern. Am Ende des Tages waren alle geschafft – die Helferteams, das Personal und die Bewohner gleichermaßen. Geschafft, erleichtert und zufrieden. –––––– 19
A LT E N H I L F E So wichtig ist die Altenhilfe Die wirtschaftlich bedeutsamste Säule des Unternehmens ist die stationäre Altenhilfe mit einem Anteil von ca. 70 % des Gesamtumsatzes und einem Beschäftigtenanteil von rund 56 %. Auslastung 100 % Trotz zahlreicher Hilfsangebote wächst 92 88 88 der Bedarf an vollstationärer Pflege. 86 Aufgrund der Demografie steigt die Zahl an schwerstpflegebedürftigen, multi- 75 % morbiden und demenziell erkrankten Mitbürgern stetig. Diese Menschen sind anderweitig nur schwer zu versorgen. Gleichwohl ist die Belegung der Senio- 50 % renheime der AWO Schwaben rückläufig. 2016 2017 2018 2019 Hauptgrund ist, wie bei allen Trägern, Die Zahl der Belegungstage pro Jahr ist leicht rückläufig. Dafür gibt es wesentliche Gründe. der Mangel an Fachkräften. Gezielte Aufgrund des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes (AVPfleWoqG) musste die Bettenzahl reduziert Mitarbeiterförderung, dazu ein sicheres werden. Zudem begrenzte der Personalmangel die Belegungsmöglichkeiten. Gehaltsniveau durch Tarifbindung und weitere Sozialleistungen verschaffen der AWO Schwaben einen Wettbewerbsvor- Verweildauer teil. 300 Künftig wird es verstärkt darum gehen, 250 das Image des Pflegeberufs aufzuwer- 245 stationär stationär ten. Deshalb fordert die AWO Schwaben 228 stationär die Politik unablässig dazu auf, für eine 225 belastungs- und anforderungsgerechte Refinanzierungs- und Vergütungsstruk- 195 tur in den Pflegeberufen zu sorgen. Gesamt Belegtage 150 Darüber hinaus hat sich die AWO Schwaben nun einer Recruiting- und Employer-Branding-Kampagne der AWO Bayern angeschlossen. Nach dem Motto „#followyourheart“ werden AWO- 75 Mitarbeitende in ihrem Arbeitsumfeld vorgestellt. Kurzzeit- Kurzzeit- Kurzzeit- pflege pflege pflege Es handelt sich um eine moderne 0 19 20 18 Multikanal-Kampagne. Der Mix aus ver- 2016 2017 2018 2019 schiedenen Werbeformen wie Anzeigen, Social Media und PR soll insbesondere Die Verweildauer nimmt ab aufgrund des gestiegenen Heimeintrittsalters und der Multi- morbidität der Bewohner. Auch die zunehmenden eingestreuten Kurzzeitpflegeaufenthalte junge Menschen ansprechen. Damit beeinflussen die Verweildauer. 2018 lag die durchschnittliche Verweildauer mit 245 Tagen einher geht ein neuer Facebook-Auftritt knapp unter einem halben Jahr. der AWO Schwaben. –––––– 20
Belegung nach Pflegegrad Die Zahl der Seniorenheim- 2016 bewohner unter den Rüstigen 2017 sowie den Pflegegraden 1 und 2 ist rückläufig. Das liegt an 2018 der Verbesserung der ambu- 2019 lanten Versorgung. Für den Pflegegrad 1 übernimmt die Pflegekasse keine Kosten für die pflegerische Versorgung in der stationären Einrichtung. Rüs- tige und Pflegegrad 1 müssen die Heimkosten komplett selbst tragen. Das Eintrittsalter beim Einzug in ein Seniorenheim steigt. Damit verbunden sind oft Multimorbidität und höhere Pflegegrade. Rüstige Pflegegrad 1 Pflegegrad 2 Pflegegrad 3 Pflegegrad 4 Pflegegrad 5 –––––– 21
KINDER, JUGEND UND FAMILIE Silke Scherer: „Wir wollen weiterhin gestalten“ Mit Hans Scheiterbauer-Pulkkinen, Vorstand Kinder- und Jugendhilfe, ging ein Urgestein nach 40 Jahren bei der AWO Schwaben in Rente. Seine langjährige Mitarbeiterin Silke Scherer trat die Nachfolge an. Im Interview blicken beide zurück und voraus. –––––– 22
Was sagen Sie zu Ihrer Nachfolgerin? Scheiterbauer-Pulkkinen: Silke Sche- rer war meine Wunschlösung. Ich freue mich, dass es geklappt hat. Das tut gut. Was wird sich unter Ihnen ändern? Scherer: Wir arbeiten seit acht Jahren zusammen und haben uns schon immer viele Aufgaben geteilt. Unser Bereich ist großen Veränderungen unterworfen, da ist Kontinuität wichtig. Wir werden in dem bewährten Geist und in der ge- wohnten Atmosphäre weiterarbeiten. Was wird die größte Herausforderung sein? Scheiterbauer-Pulkkinen: Momentan geht es vorrangig darum, unser gutes Personal zu halten und neues zu finden. Dennoch darf man Visionen nicht aus den Augen verlieren. Wie lösen Sie das Personalproblem? Scherer: Wir möchten zufriedene und motivierte Mitarbeitende. Das geht zum Beispiel mit den Fort- und Weiterbil- dungen, die wir ihnen ermöglichen. Leitungen brauchen insbesondere im Bereich Führung und Organisation Qua- lifizierungsmöglichkeiten. Sie kommen aus der Pädagogik und müssen erst Erfahrungen als Führungskraft sammeln. Blicken wir zurück: Was hat sich in den vergangenen Jahrzehnten geändert? Scheiterbauer-Pulkkinen: Die Verweil- dauer hat deutlich zugenommen. Früher gab es Vormittags- und Nachmittags- gruppen. Jetzt sind es Ganztagesgrup- pen. Wir haben Krippenkinder mit bis zu 10 Stunden Buchungszeit am Tag. Heute gehen 95 % aller Vorschulkinder in Bayern in einen Kindergarten. Das war früher ganz anders. Noch eine wichtige Veränderung: Bildung war früher ein Familienthema, jetzt wird es immer stärker der Gesellschaft, darunter auch den Kindertageseinrichtungen, übertra- gen. Dafür brauchen wir auch künftig gute Leute. Wir müssen schauen, dass wir unsere Qualität halten können. –––––– 23
Wie hat die AWO auf die Spenden mit rein. Als Wohlfahrtsver- Veränderungen reagiert? band sehen wir es als wichtige Aufgabe, Kitas nach unseren Vorstellungen zu Scheiterbauer-Pulkkinen: In Oberbeu- betreiben: weltoffen, überkonfessionell, ren haben wir schon vor 50 Jahren den modern und mit gleichberechtigten Kindern ein Mittagessen angeboten. Fa- Kindern. Hans milie und Beruf zu ermöglichen, gehörte bereits damals zu unserem Profil. Wenn Scheiterbauer-Pulkkinen man damals sein Kind in den Kinder- Stehen die Zeichen 1979 fing er bei der AWO Schwaben an – garten geschickt hat, noch dazu fast den weiter auf Expansion? 40 Jahre später ging Hans Scheiterbauer- ganzen Tag, ist man schräg angeschaut worden. Heute ist es Standard. Wir ha- Scheiterbauer-Pulkkinen: Wir bekom- Pulkkinen zum 31. Dezember 2019 in men viele Anfragen. Wir machen es aber ben die Betreuungszeiten im Sinne der Rente. Für den nunmehr 68-Jährigen war Familien frühzeitig ausgebaut. nur, wenn wir betriebsfertige Räume die AWO der erste und einzige Arbeitgeber bekommen. Der Fachkräftemangel wird in seinem ganzen Berufsleben. Er war der sich weiter zuspitzen. Ab 2025 gibt es erste Sozialpädagoge beim Bezirksver- Wo ist die AWO einen Rechtsanspruch auf Ganztagesbe- heute Vorreiter? treuung im Schulbereich. Ich weiß nicht, band. Als Hans Scheiterbauer-Pulkkinen wie das gehen soll. anfing, betrieb die AWO Schwaben Scherer: Bereits 2012 hat sich unser Personal zu Multiplikatoren für Partizi- Scherer: Grundsätzlich geht es derzeit 15 Kindergärten. Bis zu seinem Ruhestand pation weitergebildet. Wir sind da als nicht um Expansion, sondern darum, stieg die Zahl auf 38 Kindertagesstätten. Verband sehr weit vorne dran. Parti- unsere Qualität zu halten. Für die Mitar- Seit 2015 war Scheiterbauer als Vorstand beitenden müssen wir ein guter Arbeit- zipation ist inzwischen als Kinderrecht für die Kinder- und Jugendhilfe bei der verankert. Mit Laissez faire hat es übri- geber bleiben und für die Kinder einen schwäbischen AWO verantwortlich. gens nichts zu tun. Sie gibt den Kindern Rahmen schaffen, damit sie sich bei uns Sicherheit und Struktur. wohlfühlen. Scheiterbauer-Pulkkinen: Die Kinder lernen frühzeitig sich einzubringen, zu Was ist hierzu erforderlich? diskutieren und Mehrheitsentscheidun- gen zu akzeptieren. Beim Kindergarten Scherer: Viel weniger, als viele glauben. in Bobingen konnten die Kinder mitent- Wir müssen wegkommen von der Pro- scheiden, welche Spielgeräte angeschafft grammitis, wo man meint, schon den wurden. Es standen 6.000 € Budget zur Kleinsten Englisch und Physik beibringen Verfügung. Auf einer Achse wurde die zu müssen. Spiel ist die elementare Form Summe dargestellt, dazu jedes Bild eines des Lernens. Spielgeräts mit einem Preis versehen. Scheiterbauer-Pulkkinen: Zu Hause Somit war auch für die Kleinsten schnell bekommen Kinder oft nicht die Zeit und ersichtlich, wofür das Geld reicht und die Hinwendung, die sie benötigen. So wofür nicht. wird ihnen im Elternhaus immer weni- ger vorgelesen. Was lernen die Kinder Scherer: Neulich wischte ein Kind mit durch Partizipation? den Fingern über die Buchseite, als wäre es ein Smartphone, anstatt umzublät- Scherer: Eigenverantwortlichkeit, sich tern. Das macht einen schon nachdenk- Silke Scherer für die Gemeinschaft zu engagieren und lich. Bei uns lernen manche mit Messer verantwortungsvolle Entscheidungen zu und Gabel und gemeinsam an einem Die gelernte Erzieherin und Sozialpäda treffen. Sie lernen, dass ihre Meinung Tisch zu essen. gogin ist seit 2006 bei der AWO Schwaben. zählt, aber dass es nicht immer nach Seit 2011 war sie als Fachberatung für ihnen gehen wird. Scheiterbauer-Pulkkinen: Die kulturel- Kindertageseinrichtungen tätig. Zum len Unterschiede nehmen deutlich zu. 1. Januar 2020 stieg die 47-Jährige als Die AWO hat die Zahl ihrer Kitas Nachfolgerin von Hans Scheiterbauer- deutlich erhöht. Ein lukratives Ihr Büro ist in der Geschäftsstelle in Pulkkinen zum Vorstand Kinder- und Stadtbergen. Wie nah dran sind Sie Geschäft? Jugendhilfe auf. an den Einrichtungen? Scheiterbauer-Pulkkinen: Kitas sind trotz der staatlichen und kommuna- Scheiterbauer-Pulkkinen: Wir sind len Zuschüsse nicht kostendeckend zu regelmäßig in den Einrichtungen. So führen. Da fließen Mitgliedsbeiträge und verliert man nicht den Praxisbezug. –––––– 24
KINDER, JUGEND UND FAMILIE Scherer: Wir haben eine Verantwortung tung verbunden ist. Betreuungsvertrag, verwalten, sondern auch weiterhin ge- und der muss man auch nachkom- Buchungsvereinbarung, Einverständ- stalten, insbesondere im pädagogischen men. Wenn es also mal irgendwo nicht niserklärung, Datenschutzverordnung, Bereich. Die Mitarbeitenden sind unsere laufen sollte, muss man schon genau Hinweis zur Impfpflicht, Hygienepläne, wichtigste Ressource. Die Umfrage über hinschauen. Schließlich überprüfen die Infektionsschutzbeauftragte und so ein betriebliches Gesundheitsmanage- Jugendämter, ob die staatlichen Gelder weiter. ment, das wir für das Kitapersonal auch richtig eingesetzt werden. einführen wollen, ergab erfreuliche Scheiterbauer-Pulkkinen: Wir werden Ergebnisse. So beurteilen 88 % das verstärkt zu staatlichen Aufgaben heran- Betriebsklima, 86 % die Zusammen- gezogen, das ist keine gute Entwicklung. Sie kontrollieren also die Kitas? arbeit und 84 % die Anerkennung ihrer Leistung als sehr gut und gut. Scherer: Nein, Coaching trifft es. Wir Diese positiven Resultate sind auch ein kommen nur angemeldet. Die Rahmenbedingungen werden Verdienst von Hans Scheiterbauer. Auch schwieriger, hinzu kommt der die Möglichkeit, das Unternehmen AWO Personalmangel. Was reizt Sie am Schwaben zukunftsfähig mitgestalten zu Vergangenes Jahr wurde heftig Vorstandsposten? können, reizt mich an der Aufgabe, als über die Geburtstagstorte Scherer: Ich habe die vergangenen Jahre Vorstand tätig zu werden. diskutiert, die aus Hygienegründen hautnah miterlebt. Es ist eine Heraus- in der Kita verboten wurde. forderung, der ich mich gerne stelle. Mit Ein Sonderfall? fachlich gut aufgestellten Leitungen und Scherer: Die wenigsten können sich Mitarbeitenden sowie einem wertschät- vorstellen, mit welchem Aufwand und zenden Arbeitsklima werden wir die mit wie viel Bürokratie so eine Einrich- Probleme lösen. Wir wollen nicht nur Ein Gruppenbild zum Abschied: Bei seiner letzten Dienstbesprechung verabschiedete sich Hans Scheiterbauer-Pulkkinen von den Kita-Leitungen. –––––– 25
KINDER, JUGEND UND FAMILIE Partizipation: In den Kitas wird Demokratie vorgelebt Die AWO Schwaben fördert Enga- deverfahren und Verfassungen tion und demokratische Teilhabe gement, Partizipation und Demo- implementiert. zu ermöglichen. Sechs zusätzliche kratie in ihren Kindertagesein- Multiplikatorinnen für Partizipation Diese Prozesse zu begleiten, richtungen (Kitas). Dazu wurden wurden ausgebildet. Dies erleichtert erfordert eine starke Präsenz des sechs weitere Multiplikatorinnen die Umsetzung in den Einrichtungen. Multiplikatoren-Teams. Deshalb war für Partizipation im Rahmen eines es erforderlich, zusätzliches Per- Als sehr unterstützend werden Projekts mit der Bertelsmann Stif- sonal hierfür auszubilden. Da kam die Leitungscoachings im Rahmen tung ausgebildet. 2016 die Ausschreibung der Ber- des Projekts wahrgenommen. Mit der Ausbildung von drei telsmann Stiftung wie gerufen. Die Hier widmen sich die Referieren- Multiplikatorinnen für Partizi- AWO Schwaben wurde unter über den (Kinderstube der Demokratie) pation hat die AWO Schwaben 70 Bewerbungen (mit 16 anderen) den Fragen und Anregungen der bereits 2012 den Grundstein für ausgewählt. Kita-Leitungen bei der Umsetzung das Leitbild Partizipation gelegt. des Projekts. Dazu fanden mehrere Zentrales Anliegen des über drei Über Teamfortbildungen wurden Coaching-Tage bei der AWO Schwa- Jahre laufenden Projekts ist es, die Grundlagen für Partizipation ben in Stadtbergen und Scheffau in den Kindertageseinrichtungen und Engagement gefördert und statt. Mitte 2020 endet das Projekt Engagement zu fördern, Partizipa- Beteiligungsprojekte, Beschwer- der Bertelsmann Stiftung. Zu den Rechten der Mädchen und Buben in den Kindertageseinrichtungen der AWO Schwaben Eigenes Kinderschutzkonzept gehört auch der Schutz vor sexuellen Übergriffen. Die AWO Schwaben erarbeitet ein eigenes Kinder- schutzkonzept. Grenzverletzungen sind ein weites Feld, sie lassen sich nicht umfassend in einen Lehrplan pressen. in Arbeit Einige davon werden noch dazu individuell ver- schieden wahrgenommen. Das Konzept wird wie folgt erstellt: Zum Auftakt fanden Veranstaltungs- tage für die Kita-Leitungen statt. Bis Mitte 2021 werden an zehn Fortbildungstagen insgesamt 180 Mitarbeitende geschult. Diese Zusammenkünfte an der Stadtberger Ge- schäftsstelle dienen den Kita-Teams dazu, sich über eigene Haltungen und Einstellungen klar zu werden und noch mehr Gespür für die Thematik Daumen hoch für ein Kinderschutzkonzept. zu entwickeln. Eine Arbeitsgruppe wird anschlie- ßend das Schutzkonzept erstellen. Dabei handelt es sich um einen schriftlich festgehaltenen, sen- siblen und angemessenen Verhaltenskodex, der als Richtlinie für alle Beschäftigten in den Kitas der AWO Schwaben gilt. „Die Fortbildung kommt gut an. Vom Schutzkon- zept versprechen wir uns noch mehr Sicherheit und Verlässlichkeit für Kinder, Eltern und pädago- gisches Personal. Alle wissen zweifelsfrei, welche Haltung im Umgang mit den Kindern gefordert ist und wo ganz klar Grenzen sind“, lautete die Zwischenbilanz von Silke Scherer, Vorstand für Kinder- und Jugendhilfe. –––––– 26
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