Geschenkt Thema: HILF DIR SELBST
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HILF DIR SELBST Journal der Schweriner Selbsthilfe Ausgabe 4 | 17. Jahrgang | Dezember • Januar • Februar 2019/20 Thema: Geschenkt
Editorial HILF DIR SELBST Liebe Leserin, Journal der Schweriner Selbsthilfe Ausgabe 4 | 17. Jahrgang | Dezember • Januar • Februar 2019/20 lieber Leser, das Editorial ist geschenkt, wenn es eh´ keiner liest und für die, die es doch tun, kann es ein Geschenk sein… so könnten wir die Ambiva- lenz von „schenken und beschenkt werden“ weiter treiben und tatsäch- lich beschäftigen wir uns genau mit Thema: dieser Frage in der Dezemberausga- Geschenkt be 2019. Foto: Gudrun Schulze In der Gastkolumne erzählt uns Jan Holze, wie die Ehrenamtsstiftung wildfremden Menschen zu Geschenk dazu beiträgt, dass Menschen neuen werden. Voraussetzung dafür sind Inhalt Mut schöpfen und sich engagieren. schönes Wetter, gute Laune und ge- Das Geschenk ist dabei ihr eigenes genseitige Offenheit und Respekt. Editorial Sabine Klemm�������� 2 Engagement, das durch die Unter- Das macht Mut! Gastkolumne Jan Holze������� 3 stützung genau die Wirkung entfal- Wir erfahren, wie wichtig Spenden Umfrage Die schönsten Geschenke� 4 tet, die sie sich wünschen. für den Wünsche-Wagen sind und wie Studie Sich selbst beschenken���� 6 Schenken hat offensichtlich et- beglückend es ist, Menschen ihren Thema Kindergeburtstag������� 7 was mit Aufmerksamkeit zu tun, für letzten Wunsch zu erfüllen. Es gibt Thema Selbstgemachtes������� 8 sich selbst und für andere, frem- Erfahrungsberichte aus den Selbst- Erfahrung de und nahe Menschen. Dazu le- hilfegruppen „Die zweite Chance“, Lebens-Geschenke����������� 9 sen wir von einer interessanten „Borderline“ und über das Leben mit Selbsthile Studie über die Bedeutung des der ganz seltenen Erkrankung „Zys- Selbstverständlichkeiten?������ 10 Sich-Selbst-Beschenkens. tenniere“. Der Leiter der Carl-Fried- Ehrenamt Grüne Damen und Herren������ 11 In unserer Umfrage erzählen rich-Flemming-Klinik, Prof. Broocks, Erfahrung uns Verkäufer*innen, was für sie erläutert die positive Wirkung des Deutsche Einheit, ein Geschenk?�� 12 das schönste Geschenk ist. Natür- Engagements in Selbsthilfegruppen Selbsthilfe lich muss es von Herzen kommen für den Umgang mit psychischen Eine zweite Chance���������� 13 und deshalb gibt es auch Anregun- und Abhängigkeitserkrankungen. Menschen��������������� 14 gen, etwas selbst herzustellen – bloß Das 30-jährige Jubiläum des Mau- Beschenkt oder gesegnet? „nichts Gekauftes!“. erfalls haben Kerstin und Hartmut für Menschen��������������� 15 Scheinbar ist das größte Ge- eine Korrespondenz genutzt und fra- Miteinander und füreinander da sein schenk in unserer relativen Über- gen: Ist die Deutsche Einheit ein Ge- Selbsthilfe��������������� 16 Erzählcafé lädt Frauen ein flussgesellschaft: Zeit, die wir mit- schenk? Silke Gajek beantwortet die- Menschen��������������� 17 einander verbringen. Zeit schenken se Frage mit einem eindeutigen Nein Ein Mann erfüllt Wünsche z. B. die Grünen Damen und Herren und lädt zu einem Erzählcafé für Selbsthilfe��������������� 18 oder Jugendliche, die Kinderfreizei- Frauen ein. Auch eine Frauenbande Leben mit einer Zystenniere ten betreuen. Ein Kind sagt uns: Das kann Hilfe zur Selbsthilfe leisten. KISS aktuell�������������� 19 größte Geschenk ist jemandem zu Seit dem 21. November 2019 gibt Drei Fragen an Prof. Broocks sagen, dass man ihn liebhat und ihm es in Schwerin 82 Stolpersteine für Service Neue Mitstreiterinnen��� 20 Gesundheit wünscht. Eine gute Idee Opfer der NS-Diktatur. In der Stadtin- Service Selbsthilfe-Infos������� 21 ist auch, ein Geschenk zu verschen- formation und in der KISS ist die neue Rätsel/Förderer������������ 22 ken und damit Bedürftigen zu helfen, Stolperstein-Broschüre erhältlich. So gesehen�������������� 23 oder wie im Verein Ma´an miteinan- Eine frohe Weihnachtszeit und ein Wohl verschenkt ist nicht verloren der und füreinander da zu sein. Da- gesundes neues Jahr wünscht Ihnen Impressum��������������� 24 ran schließt sich die Frage an, was Die nächste Zeitschrift eigentlich selbstverständlich erwar- Ihre Sabine Klemm erscheint Anfang März 2020 zum Thema „Aufgeräumt“. tet werden darf und was wirklich „geschenkt“ ist. Überraschend kann auch eine spontane Begegnung mit 2
Gastkolumne Selbsthilfe ist mehr als nur Selbst-Hilfe Als ich 2015 nach Gründung der Stif- willigte er ein. Ich fuhr zu ihm. Er er- und Kraft gewinnen. Und zum ande- tung die Aufgabe des Geschäftsfüh- zählte mir von seinem Lebensweg ren die Auswirkungen auf den Enga- rers der Ehrenamtsstiftung über- und welche Richtung dieser mit sei- gierten selbst; Herrn H. – ein Kerl wie nahm, wusste ich noch nicht, was ner Krankheit genommen hat. An- ein Baum, den seine Krankheit fast genau mich erwarten würde. Auf be- fänglich war er orientierungslos und umgehauen hätte. Sein Engagement stehende Erfahrungen konnte ich suchte Halt. Den fand er; in einer gibt ihm Halt, neue Lebensenergie nicht zurückgreifen. Aber mir war Selbsthilfegruppe. Das war wie ein und die Kraft zum Weitermachen. klar, es wird spannend. Die Stiftung Geschenk für ihn – endlich Leute, bei Schon für gesunde Leute wiegt so ein kann die gesamte Breite des Engage- denen man sich aufgefangen fühlt. Ehrenamt mitunter schwer auf den ments in allen Facetten unterstützen Mittlerweile leitet er die Gruppe und Schultern. Ich finde es unheimlich be- und fördern, da würde ich auf die un- hat es sich zur Aufgabe gemacht, an- eindruckend, was Herr H. trotzdem al- terschiedlichsten Menschen treffen – deren Menschen mit dem gleichen les auf die Beine stellt. Kein Weg zu sozial Engagierte, Tierliebhaber, Tech- Schicksal diesen Halt zu geben; in Be- weit, kein Projekt zu kompliziert. Ich nikbegeisterte, Umwelt-Aktivisten, ratungen, Gruppengesprächen und durfte lediglich für die Finanzierung Kulturenthusiasten, Dorfentwickler… Ausflügen. Jetzt hatte er eine größe- sorgen und konnte mich an seinen Und alle haben eins gemeinsam: Sie re Austausch-Veranstaltung vor, doch Erlebnissen und Erfahrungen – mit brennen für das, was sie tun. Ich bin ohne die Mittel für u.a. Materialkos- ihm –freuen. Seit einer Weile habe ich unheimlich dankbar, in meiner Arbeit ten ginge das nicht. Ich sagte ihm Un- nichts mehr von ihm gehört. Ob er so viele engagierte Leute zu treffen terstützung zu, er bekam sie und ich immer noch regelmäßig einmal in der und sie mit der Stiftung direkt unter- erhielt eine Einladung. Es wurde ein Woche für seine Selbsthilfegruppe da stützen zu können. Das hat man nicht spannendes Forum mit vielen Men- ist? Ich bin neugierig und ein wenig in jedem Job. schen, die das gleiche Schicksal er- besorgt, wie es ihm geht. Ich werde Einige dieser Begegnungen ha- leiden mussten. Und doch war die ihn mal wieder anrufen und fragen, ben sich mir stark eingeprägt. Weni- Stimmung so positiv und zugewandt. was wir als nächstes zusammen ma- ge Wochen, nachdem die Ehrenamts- Die Gespräche miteinander gaben al- chen können. stiftung ihren Betrieb aufgenommen len Kraft und Herrn H. Mut zum Wei- hatte, meldete sich ein Mann per Te- termachen. Wir vereinbarten weitere lefon bei mir; die Stimme von Herrn gemeinsame Projekte, kleinere Sa- H. klang rau. Wie ich später erfuhr, chen, die finanziell nicht aufwändig war dies Folge seiner Krankheit. Er be- waren, doch konnte damit so viel er- richtete mir, was er schon alles auf die reicht werden. In seinen Dankesmails Beine gestellt hatte und wie schwer es schrieb mir Herr H. später, dass er sich Selbsthilfegruppen haben, Unterstüt- durch die unkomplizierte Unterstüt- zungsleistungen zu bekommen. Er zung in seiner Arbeit bestätigt ge- hatte wenig Hoffnung, dass ich oder fühlt hat und wie wichtig das sei. Ich besser die Ehrenamtsstiftung ihm begriff, welche Kraft im Engagement dabei helfen könnten, da er schon liegen kann. so viele Enttäuschungen erlebt hat- Ein Geschenk für beide Seiten. te. Erkennbar erwartete er eine wei- Zum einen für die Menschen, für die tere Absage. Da ich es mir zu eigen sich Herr H. engagiert. Ohne ihn gäbe gemacht habe, die Menschen mög- es keinen Austausch unter Gleichge- lichst persönlich kennenzulernen, um sinnten, kein Auffangen, nicht die- zu verstehen, was sie antreibt, fragte se Form der menschlichen Wärme. Jan Holze ich ihn, ob ich vorbeikommen könn- Mit dem Engagement eines Einzel- Geschäftsführer der Ehrenamtsstiftung te auf einen Kaffee. Hörbar erstaunt, nen kann eine ganze Gruppe Mut Mecklenburg-Vorpommern 3
Umfrage Ges c h e n k t as is t fü r wen ein gutes G e- zeit“. D o ch w rüber ei h n ac h te n is t „Schenk-Hoch h en ei n e F re u de machen? Wo W Mensc i k ? W o m it k ann man anderen en st el lt en w ir Geschäftsleuten sch en se Fra g an si ch se lb st am meisten? Die re n L äden anbieten. freut m jeder A rt in ih lbst Geschenke Schwerin, die se Lilly und Vanessa , Weltladen Schwerin Was gibt es hier für Geschenke? Von süßen Kleinigkeiten über Schmuck und Klangschalen bis zu Körben und an- derem ausgefallenem Handwerk ist vieles dabei. Unser Kaffee und Tee ist auch sehr beliebt im Laden. Welches Geschenk finden Sie persönlich gut, welches nicht? Natürlich jede persönliche Aufmerksamkeit. Unsere Favoriten sind jedoch die de- korativen Kokosnussschalen, die Sonnengläser und verschiedene Schokoladen. Axel Göttsch, Ein guter Tag – Literatur und Co, Schwerin Hier gibt es Bücher, Kalender und ausgesuchte Spiele. Ein Geschenk sollte vom Herzen kommen und zu dem Beschenkten passen. Das Buch ist für mich das schönste Geschenk. Susanna Neetz, Keramikwerkstatt „Loza Fina“, Schwerin Wir fertigen vorwiegend leichtes Gebrauchsgeschirr an, welches in Kleinserien von uns auf der Töpferscheibe gedreht wird. Zu unserer täglichen Arbeit gehören Servicebestellungen und andere Kundenwünsche. Besonders gern werden unse- re kleinen Vasen verschenkt. Vor Jahren wünschte ich mir mal heiß und innig eine bestimmte CD und bekam diese dann unverhofft zu Weihnachten geschenkt. Meine große Freude darüber ist mir jetzt spontan wieder in Erinnerung gekommen. Foto: Kerstin Fischer Janet Buß, The Body Shop, Schwerin Wir haben eine Vielzahl toller Geschenkideen sowohl für Sie als auch für Ihn. Für jeden Anlass und jedes Budget ist hier das Richtige dabei. Und das zu 100 Prozent vegetarisch und ohne Tierversuche. Für mich persönlich sind „Rocket to the Stars“ besonders WERT-volle Geschen- ke.: Bei jedem Kauf eines Produkts von „Rocket to the Stars“ werden zwei Euro ge- spendet. Das Hilfsprojekt „Plan International“ setzt sich weltweit für die Rechte von Kindern ein. Volker Nothdurft, Goldschmiede VONO, Schwerin Uhren und Schmuck sind gerade zu Weihnachten Ge- schenke-Klassiker und werden gern zum Verschenken bei uns gekauft. Ich selbst freue mich am meisten über geschenkte Fa- milienzeit, wie beispielsweise einen gemeinsamen Musical-Besuch. 4
Umfrage Silvia Naffin, Kunst & Natur, Schwerin Von Honig, Kerzen, Filzschuhen über Keramik gibt es hundert r kleine schöne Dinge. Ich persönlich mag die Sprüche auf den in Metallschildern. „Die Leute lesen sich durchs Geschäft und er- freuen sich an den einzigartigen Sprüchen. Das finde ich sehr toll.“ Martina Menzel, Tuscherei, Schwerin: In der Tuscherei können Keramikrohlinge ganz individuell und persönlich bemalt werden. Von der Tasse bis zum Seifenspender wird jedes Keramikstück durch die eigene Gestaltung zum einzigartigen Geschenk. Ich habe mal ein eigenes Lied geschenkt bekommen, das war etwas ganz Be- sonderes. Zeitgeschenke für gemeinsame Unternehmungen oder Erlebnisse fin- de ich auch immer ganz besonders.“ Luise Gronostay, Kreativ Kaufhaus, Schwerin: Unser buntes Sortiment bietet viele Möglichkeiten für Geschenke. Zum Beispiel unsere witzigen Postkarten, handgemachten Taschen und Mützen sowie Schmuck. Verschenkt werden besonders gern Uni- kate. Am meisten freue ich mich über spontane, kleine Überraschungs- geschenke. Es muss nicht immer einen speziellen Anlass für Geschen- ke geben, finde ich. Weihnachtsmann, Hoher Norden: Ehrlich? Ich habe diese ganze Schenkerei so satt. Nicht nur weil ich mich mit meinen Kollegen wie Väterchen Frost, Santa Claus oder Papa Noel im- mer so abstrampeln muss, um alle Kinder zu beschenken. Nein, ich ärgere mich, dass wenige Kinder viel zu viel, die meisten aber wenig oder gar nichts be- kommen. Leider kann ich dagegen auch nicht viel ausrichten. Aber was sind die teuersten Autos, Puppenhäuser oder Smartphones gegen Liebe und Zeit? Bei- des kann ich leider nicht verschenken. Muss mich ja stets sputen. Deshalb wäre mein allerschönstes Geschenk, einmal mit einer netten Familie gemütlich Weihnachten zu feiern, mit Gänsebraten, Baum schmücken, Lieder singen – und vielleicht auch mal selbst ein klitzekleines Geschenk auszupacken. Ein Verschenke-Laden öffnet in der Friedrichstraße: Neben der bestehenden Textilbörse, Treffpunkt für jedermensch dar, lädt Sozialkaufhaus und Kleiderkammer zu Gesprächen ein und berührt unser können wir uns auf eine Neuheit in Bewusstsein in puncto nachhaltiges Schwerin freuen! In der Friedrichstra- Konsumverhalten. Unterstützer sind ße 9 öffnet demnächst ein Verschen- bei den Freiwilligen der BUNDjugend ke-Laden seine Türen. Das Beste: Je- MV herzlichst willkommen: Anpacken, der kann mitmachen. Im Unterschied Spenden, Vorbeischauen, Namensvor- zu bestehenden Treffpunkten müssen schlag machen. Seien Sie dabei, um hier keinerlei Bedürftigkeitsmerkmale den Laden möglich zu machen! erfüllt werden. Alle möglichen Dinge können abgegeben oder zur Wieder- Kontakt: Bundjugend MV verwertung mitgenommen werden. info@bundjugend-mv.de Dieser Laden stellt einen zentralen oder 03 85 / 52 13 39 – 16 5
Studie Foto: Kirsten Sievert Sei ein Egoist: Mach anderen Geschenke Eine Studie zum richtigen Schenken Weihnachten und Geburtstage, Thomsen (2015) beschreiben Luxus wiederum wird Bedeutung gestiftet, dort klingelt es zu allererst bei mir als das Geben von etwas wertvollem im Sinne von Zugehörigkeit, Stimmig- zum Thema „Geschenke“. Die über- an entfernte Andere, Fremde. Dazu keit, Signifikanz (in der Psychologie müdete Karin jagt nach Feierabend zählen sie eine breite Palette an Akti- der Schlüssel zum Glück!). durch Blume2000, Pralinenregale vitäten, beispielsweise dem Bettler ein - „Verteilen“ dient auch dem ge- und Weinfächer, drapiert alles zu- paar Euros zustecken, Blut oder Orga- meinschaftlichen Aspekt, es verbindet sammen, damit es halbwegs nach ne spenden, ein Kind adoptieren oder Menschen miteinander. Auf diesem gedankenvoll erlesenen Schätzen unterstützen, Geld spenden, sich eh- Wege werden Gefühle der Solidarität aussieht, unterschreibt dann auf renamtlich engagieren, Couchsurfing und der Verbundenheit generiert. Die der Karte, auch für ihren Mann und anbieten, Steuern bezahlen. wahrgenommene Zugehörigkeit zur die Kinder, letztendlich übergeben Geschenke an Fremde sind nicht Gemeinschaft steigt an und verändert alle zusammen auf der dritten Ge- reziprok, es wird also nichts im Gegen- uns selbst sowie den anderen. burtstagsrunde dieser Kalender- zug vom Beschenkten erwartet. Die- „Das reine Geschenk“ sollte freiwil- woche das Paket an die Kollegin- ses Konzept des Gebens nennt sich lig, desinteressiert und spontan sein, des Bruders-des Jungen, der mal „Verteilen“. Daraus zu schlussfolgern, keine Erwartungen oder Schulden auf ihren Hund aufgepasst hat, mit es handle sich um eine rein prosoziale, beinhalten. IMMER ist allerdings eine der Rechtfertigung vorab „Nur eine selbstlose Tat, wäre falsch. Eine egois- Art Selbstinteresse involviert – min- kleine Aufmerksamkeit“. tische Komponente wohnt auch dem destens im Sinne eines guten Gefühls „Verteilen“ inne. Verschiedene Prozes- (Mauss & Derrida, 1954). Ganze Bücher und Abhandlun- se laufen beim „Verteilen“ ab, von de- Ich denke, es ist von Vorteil sich gen beschäftigen sich mit der Psycho- nen Sie als Geber profitieren und im einzugestehen, dass Schenken nie- logie des Schenkens. Warum schen- Kern Ihrer Persönlichkeit beeinflusst mals selbstlos ist. Bei mir reduziert es ken wir eigentlich? Was sind gute und werden. den Stress, auch beim privaten Ver- schlechte Geschenke? Welche sind die - Menschen lernen sich selbst ken- schenken. Mit freier Überlegung und größten Fehler beim Geschenkkauf? nen durch Beobachtung und Pla- offenem Herzen gehe ich den Ge- Zwei Forscher aus Spanien und Däne- nung ihres Verhaltens. Veränderun- schenkkauf an. Motivation durchfließt mark untersuchten, wie das Beschen- gen der eigenen Identität vollziehen mich, wenn ich ein Ehrenamt ausführe ken Fremder uns Selbst von Grund auf sich. Schlussfolgerungen aus dem ei- und keinerlei Ängste ranken sich dar- verändern kann. genen Handeln können sein, ich bin um, ob meine Hilfe nützlich ist und an- Die Besorgungen zu Feierlichkei- „gut“, hilfreich, großzügig, umsichtig, kommt. Vielleicht führt gerade das im ten können in Stress versetzen, wenn freundlich, kümmere mich. Endeffekt zu den besten Resultaten? auch nicht zwangsläufig. Während - Geschenke an Fremde versetzen Erlauben Sie sich im Zuge des Fe- eine andere Art des Schenkens Freu- den Geber in positive Emotionen. Sie stes der Nächstenliebe also auch de, Sinnhaftigkeit und Verbindung mit verstärken das generelle Wohlbefin- Selbstliebe und Schenken sie sich der Menschheit beschert. Llamas und den und die Zufriedenheit. Dadurch glücklich! Loreen Christ 6
Thema Zu Großes für die Kleinen? Zu Weihnachten schenken sich Fami- dass keines benachteiligt wird. Glei- nur die Hälfte erfüllt. Damit war man lien alle gerne etwas. Jeder bekommt cher Wert, gleicher Preis. Kein Kind glücklich und hat Tage lang begeistert von jedem ein Geschenk. Sollte man soll neidisch auf das andere gucken. unter dem Weihnachtsbaum gespielt. zumindest meinen. Denn komischer- Das eine Kind wächst schnell und be- Heute werden die Kinder kaum weise halten sich manche oft nicht an kommt deswegen schon das zwei- noch überrascht. Egal, was sie auf- diese Regel, wenn es um die Kleins- te Paar Schuhe in vier Monaten? Egal. schreiben oder auf welches Spielzeug ten in der Familie geht. Als Außenste- Das andere Kind wächst zwar lang- sie vor Weihnachten zeigen, es wird hender bekommt man das Gefühl, der samer, aber bekommt trotzdem wel- ihnen mit sehr hoher Wahrscheinlich- Weihnachtsgeschenkestapel der Kin- che. Genauso schön, genauso teuer. keit gekauft. Für das Kind mag es der der wird von Jahr zu Jahr größer. Und Hauptsache, es muss nicht mit Neid Himmel auf Erden sein, aber ganz ehr- nicht nur das. Alles was vorher wun- und Tränen in den Augen auf das an- lich, ist das nicht zu viel? Zu viele Wün- derschön verpackt und mit kleinen dere Kind schauen. sche, zu viele Geschenke? Kärtchen versehen wurde, wird bin- Waren das noch Zeiten, in denen Ich finde es schade, dass Kinder so nen Minuten aufgerissen und begut- man sich über eine Barbie, ein Puz- überschüttet werden. Ist das der Sinn achtet. Sekunden später blinkt, hupt, zle und einen Schokoweihnachts- von Weihnachten? Eigentlich nicht. kräht und muht es und jeder weiß, mann gefreut hat. Man selber wusste Zusammen mit der Familie Zeit zu ver- jetzt ist endlich das neue Spielzeug- nicht, welches von den Geschenken, bringen, gemeinsam am Tisch zu sit- auto oder der neueste Plastik-Bauern- die vorher fleißig auf einen schön be- zen und das traditionelle Weihnachts- hof mit realen Geräuschen im Weih- malten Wunschzettel in Schönschrift essen zu genießen und vielleicht zwei, nachtssack gewesen. Das Kind ist geschrieben wurden, denn nun unter drei Geschenke auszupacken, sollte glücklich. dem Weihnachtsbaum liegen würde. doch für jeden genug sein. Das soll- Wenn es mehrere Kinder auf ein- Das waren noch richtige Weihnachts- te immer im Mittelpunkt stehen und mal zu beschenken gibt, wird natür- überraschungen. Es wurde von zehn nicht der Haufen Geschenkpapier, der lich genauestens darauf geachtet, aufgeschriebenen Wünschen auch den Weihnachtsbaum verdeckt.SU Ein Geschenk verschenken Joachim Ringelnatz Schenken Meinen 30. Geburtstag habe ich groß musste, konnten meine Eltern in der gefeiert. Ich dachte mir, dass natürlich Nähe bleiben, ohne riesige Summen Schenke groß oder klein, jeder meiner Gäste nachfragt, was ich für ein Hotel bezahlen zu müssen. Sie Aber immer gediegen. mir wünsche. Damit ich nicht völlig lebten in diesen Häusern mit Eltern, Wenn die Bedachten den Überblick verliere, habe ich vor- mit denen sie sich austauschen konn- Die Gaben wiegen, her schon darüber nachgedacht. Ich ten, in einer Art WG. Solange, bis es Sei Dein Gewissen rein. bin zu dem Entschluss gekommen, mir besser ging. Ich finde, diese Stif- dass ich keine großen Wünsche habe. tung macht eine tolle Arbeit, obwohl Schenke herzlich und frei. Gut, Geld kann man natürlich immer man McDonalds natürlich nicht gut Schenke dabei, gebrauchen, aber besonders krea- finden muss. Was in Dir wohnt tiv ist das nicht. Deswegen habe ich Zu meiner Geburtstagsfeier stellte An Meinung, Geschmack mir gedacht, ich wünsche mir etwas, ich eine Box auf, in die jeder Geld rein- und Humor, was anderen Menschen eine Freude legen konnte, wenn er wollte und wie So dass die eigene Freude zuvor macht. Ich habe Spenden gesammelt. viel er wollte. Es kamen 180 Euro zu- Dich reichlich belohnt. Für eine Stiftung, die auch schon mei- sammen und die Verantwortlichen ha- ner Familie geholfen hat. Die McDo- ben sich sehr gefreut. Ich kann es Ih- Schenke mit Geist ohne List. nalds Kinderstiftung. Sie baut Häuser, nen, liebe Leser, nur empfehlen. SU Sei eingedenk, in denen Familien von kranken Kin- Dass Dein Geschenk dern kostenlos wohnen können. Als Du selber bist. ich selbst als jüngeres Kind über Wo- chen im Herzzentrum Berlin bleiben ❦ 7
Thema Selbstgemachtes verschenken Es muss nicht immer das teuerste Geschenk sein, das zu Festen die größte Freude bereitet. Oft sind es die klei- nen, mit Liebe selbst gestalteten Präsente, die die Beschenkten glücklich machen. Anja Filips hat einige Ideen zusammengetragen. Wandgarderobe Eine Palette ist sehr schwer. Man kann sie auch einfach mit Brettern nachbauen. Vorteil: Sie ist leichter und ideal für kleine Flächen. Vorn fix Far- be drauf und Haken aufschrauben. Mit verschiedenen Variationen kann man Akzente setzen. Eine kleinere Ver- sion kann man als Schlüsselbrett gestalten. Licht aus einer Konservendose Eine einfache Idee: Alte Keks- oder Konservendosen nicht wegwerfen, sondern als Steh- oder Hängelicht umgestal- ten in vielen Varianten. In die Dose wird ein aufgemaltes Muster mit Hammer und Nagel eingestanzt. So entstehen schöne Muster. Wer möchte, kann sie mit bunten Farben anmalen. Selbst eingekocht Wie wäre es mit selbstgemachten Apfelvariationen? Ver- schiedene Geschmacksrichtungen können sehr anregend sein. Apfel einkochen mit Ingwer oder Zwiebeln. Passt auch sehr gut zu Fischgerichten. Ein Rumtopf, den man im Sommer aus saisonalen Früchten ansetzt, ist auch ein ganz besonderes Geschenk. Die Früchte reifen im Rum und wer- den bis zur Abfüllung gepflegt. Schlüsselbrett Bei einem Waldspaziergang an Weihnachten denken. Aus robusten Ästen lässt sich leicht ein Schlüsselbrett basteln. Eine Variation wäre mit bunten Farben. Ideal als Last Minu- te Geschenk. Zur Stabilisierung muss es nicht unbedingt ein Rahmen sein. Es sind auch zwei Leisten oben und un- ten machbar. 8
Gespräch auf der Bank oder Geschenk auf der Bank Elli und Billy bretzeln sich auch schon gewissen Alter gibt es nur das Thema selbstverständlich übernommen, ein mal auf. So mit elegantem Hut und Krankheiten? Elli hat keine Zukunfts- Stück Familie und Zusammensein als Sonnenbrille. Das macht Spaß, so durch angst. Sie sagt, schon diese Gedanken Fest gefeiert. Das Schönste ist das jetzt die Straßen zu schlendern. Natürlich allein würde sie nicht so lange leben zu sehen. Und überhaupt, es gab damals nur zu zweit, sonst könnte man noch lassen. Verwundert schauen sie mich wie heute Königsberger Klopse und andere Absichten hineininterpretieren. an, als ich ihnen von meinen Ängsten heute noch werden die Klöße wie bei Sie schmunzeln. Ich sehe die Beiden vor dem Älterwerden berichte. Und Bil- Oma gemacht. Es gibt eben Dinge, die auf dieser Bank sitzen. Es ist ein herrli- ly geht sogar ins Fitnessstudio, drei- kann man nicht so schnell ändern oder cher Sonnentag. Allein dieses Bild ist mal die Woche. Wow, denke ich, so oft austauschen wie ein neues Handy. Bald ein Geschenk. So friedlich erzählen sie schafft es wohl selten jemand. Irgend- haben wir Urlaub, sagt Billy, dafür waren miteinander, wie Teenager. Ist die Zeit wie hat man doch immer etwas an- sie auch schon ein schönes Kleid shop- stehen geblieben? In Sekundenschnel- deres zu tun. Nein, Billy sagt, die Re- pen. „Wir machen uns gern schön zu- le läuft ein Film vor meinen Augen ab, gelmäßigkeit hat sie gern in ihr Leben recht. Es ist ein Geschenk sich jeden Tag die schüchternen Teenager, die jun- eingebunden. Sich fit zu halten gibt ihr zu sehen, miteinander zu reden und in gen Frauen mit Kinderwagen und die das Gefühl, dass sie eine Aufgabe hat. der Stadt zu bummeln. All` die Dinge, die Großmütter mit ihren Kindern und En- Elli geht auch schon mal allein ins man zu tun noch in der Lage ist.“ Irgend- keln. Diese beiden Damen stehen für Kaffee. Es macht ihr nichts aus, was an- wie wird in mir der Wunsch geweckt, so das heutige Golden Age. Sie begrü- dere denken. Einfach nur den Moment etwas auch einmal sagen zu können, mit ßen mich herzlich, wollen sich in keine genießen und zu wissen, ich kann noch 82 Jahren. Ich lebe gerade in diesem Mo- Schublade stecken lassen. Voller Stolz machen, was ICH will. Und Weihnach- ment des Gespräches, hier und jetzt. Elly berichten sie mir aus ihrem Leben. ten ist es so schön, weil selbst die En- und Billy auch, jeden Tag. Und dieses Ge- Sie versprühen so viel Lebensfreude, kel alles so machen wie die Oma. Im fühl, das sie mir geben, ist für mich heute die ansteckt. Warum heißt es, ab einem Grunde werden die Rituale schon wie ein Geschenk. Anja Filips Das wertvollste Geschenk Warum schenkt man anderen überhaupt was? Wenn man anderen etwas schenkt, freut er sich darüber. Natürlich vergnügt er sich damit und probiert es sofort. Wann kann man anderen etwas schenken? Meistens sind es Feiertage wie Weihnachten, Ostern und Niko- laus. Es gibt aber auch einen anderen Tag, natürlich den Geburtstag. Was schenkt man seiner Familie? Kinder (5–10) wollen meistens Spielzeug wie Puppen oder Lego, Bauklötze oder Malbücher. Größere Kinder (10–14) wollen meistens Bücher zum Lesen oder ein Han- dy. Erwachsene freuen sich über ein Bild oder man sagt ihnen, dass man sie liebhat. Was ist das wertvollste Geschenk? Eigentlich könnte man denken, dass manche sagen: Geld oder wertvoller Schmuck. Nein. Das größte Geschenk ist jemandem zu sagen, dass man ihn liebhat und ihm Gesundheit wünscht. Finja, 11 Jahre 9
Selbsthilfe Geschenkt versus selbstverständlich Ich gebe „geschenkt“ in eine Internet- ein Mensch bei einem ande- suchmaschine ein und sogleich wer- ren Menschen ein Bedürfnis, den mir diverse Links von Kleinanzei- einen Wunsch, erkennt und gen angezeigt. Dort machen sich viele dieses und diesen erfüllt, in Leute die Mühe, ihre überflüssigen Sa- der Lage ist, diesen erfüllen chen trotz einigem Zeitaufwand zu fo- zu können, ohne dass ihm tografieren, zu beschreiben und gern selbst wirklich etwas fehlt. kostenlos an andere Menschen weiter- Dabei muss es nicht immer, zugeben. Auch ich habe das mit eige- wie im Beispiel der Kleinan- nen Dingen schon öfter gemacht oder zeigen, um stofflich wertige auch Freunde und Bekannte dazu Dinge gehen. animiert, wenn sie eigentlich gute, Das ganz große benötig- brauchbare Dinge, Möbel, was auch te Geschenk ist oftmals ZEIT. immer, in den Hausmüll geben, zum Alle Menschen, die sich um Recyclinghof fahren oder als Sperr- ihre Familien, Freunde, Be- müll anmelden wollten. Klar, die Ent- kannte, Kinder, Tiere, Natur sorgung geht schneller, ist auch mit und viele und vieles mehr keinerlei „Fremdkontakten“ verbun- kümmern und diese Bezie- den, aber diese Sachen werden dann hungsarbeiten pflegen, so- völlig unnötig vernichtet. Und das ist wie Jeder und Jede die sich doch echt ein großer Jammer, finde ehrenamtlich engagieren, schenken (ehrenamtliche) arbeitende In-Gang- ich. Angefangen beim Umweltschutz alle: wertvolle Zeit. Zeit für unsere Ge- Setzer*innen bei Gruppenneugrün- und aufgehört bei der persönlichen sellschaft und Gemeinschaft. Zeit für dungen, auch dieses Journal, diesen Freude, jemandem, der diese eine Sa- die Welt, die Umgebung, die Voraus- Text, würden Sie jetzt nicht lesen ohne che wirklich gern haben möchte oder setzungen, die wir unterstützen wol- das (ehrenamtlich) arbeitende Redak- sogar dringend braucht zu schenken len und die wir uns ein Stück weit mit tionsteam. Aber das ist doch: selbst- und die Freude im Gesicht des Be- ERARBEITEN wollen, um unser aller Le- verständlich! Denken sich bestimmt schenkten zu sehen. Da kann ich mir ben lebenswerter zu machen. einige Leser und Leserinnen. Nein. Das oftmals noch so große Gedanken für Leider - und ungerechter Weise, ist es nicht. Geburtstage oder Feste machen, die wie ich persönlich finde, werden die- Im krassen Gegensatz dazu stehen Freuden, die ich bereits durch online se „Geschenke“ so nicht oft gesehen oftmals Auszeichnungen, die ganz be- Inserate und die Abholer*innen erleb- und gewürdigt. Denn es gibt noch ei- sonders doll und kräftig ehrenamtlich te, waren besonders einprägsam für nen anderen Aspekt, der eng mit „ge- arbeitenden Menschen „verliehen“ be- mich. Und das nur, weil ich etwas nicht schenkt“ verbunden ist und das ist kommen. Diese Menschen arbeiten mehr haben wollte! Ich sehe auch, „selbstverständlich“. Selbstverständ- manchmal im grenzwertigen Bereich dass das Annehmen solcher Geschen- lich müssen „WIR UNS“ um ganz vie- bis hin zur Selbstaufgabe. Das, was ke manchmal Schamüberwindung les ehrenamtlich kümmern. („Selbst- über jedes verträgliche Maß hinaus- und Stärke braucht. verständlich“: Definition laut Duden: geht, wird dann oftmals „ausgezeich- Echtes Schenken kommt vom Her- was sich von selbst versteht (sodass je- net“. Mit einer Urkunde, einer Medail- zen und ist nicht an Bedingungen ge- mand keine Begründung geben, kei- le, einem Blumenstrauß, einem Buch knüpft, sondern ist ein ehrliches Ge- nen Grund nennen muss); ohne Frage; und – ganz wichtig! -einem Hände- ben des Schenkenden, der genauso natürlich) druck und einem schönen Foto. viel Freude am Schenken hat, wie der Zum Beispiel die Selbsthil- Das finde ich – mit Verlaub – ein- Beschenkte am Empfang. Das wäre fe in Schwerin, die „KISS“, würde es fach nur schäbig. Und denke mir wohl das Optimale als Definition. Oder nicht geben ohne einen (ehrenamt- – geschenkt! vielleicht wäre noch optimaler, wenn lich) arbeitenden Vorstand, ohne Kerstin Fischer 10
Ehrenamt „Wir nehmen uns Zeit“ Grüne Damen und Herren besuchen kranke Menschen Vor genau 50 Jahren gründete Bri- Patienten die Sicherheit, offen spre- Telefonkarte kümmert. Beim Besuchs- gitte Schröder, angeregt durch den chen zu können. Jemanden zu haben, dienst stehen Gespräche im Vorder- Volunteer Service in den USA, die der einem nahe, aber nicht zu nahe grund. Auf der Kinderstation wird den erste Evangelische Krankenhaus-Hil- steht, der Emotionen begreifen kann, kleinen Patienten vorgelesen oder mit fe (EKH) Deutschlands in Düsseldorf, zu dem aber keine besondere emoti- ihnen gespielt.“ In Alten- und Pflegehei- die sie 27 Jahre führte. Heute gibt es onale Bindung besteht - das ist für Pa- men hingegen gäbe es aufgrund der bundesweit ca. 8500 ehrenamtlich tienten sehr häufig eine gute Basis für längeren Begleitung eher eine persön- Tätige in rund 600 Einrichtungen, ein wohltuendes Gespräch. liche Bindung. Die Anforderungen sind darunter etwa 600 Herren. Katrin Springer ist die Landesbeauf- hoch, aber die Ehrenamtlichen wer- tragte für Mecklenburg-Vorpommern den auf ihren Einsatz gut vorbereitet. Seit 2004 engagieren sich die Grü- und war neun Jahre als Mitglied des Die Basisschulung bietet zunächst das nen Damen und Herren auch in unter- Bundesvorstandes der EHK aktiv. „Der- Rüstzeug. Zudem werden sie zum The- schiedlichen Bereichen der Helios Kli- zeit gibt es in MV etwa 160 Grüne Da- ma Kommunikation geschult, um auch niken Schwerin. Mit den Jahren kamen men und Herren, die in 15 Gruppen or- in unangenehmen Gesprächsverläufen das Augustenstift, ambulante Pflege- ganisiert sind. Allein in Schwerin sind professionell agieren zu können. Ein dienste und die Klinik in Leezen dazu. es ca. 60 Aktive.“ Sie, die gelernte OP- weiterer Schwerpunkt der Ausbildung Die Freiwilligen ergänzen die ärztlichen, Schwester, ist seit 2006 dabei und wur- ist das Thema Demenz. Wert legen die pflegerischen und seelsorgerischen Be- de bereits ein Jahr später mit der Ein- Einsatzleiter auf Verbindlichkeit. Drei mühungen um den ganzen Menschen. satzleitung bei Helios betraut. Befragt bis vier Stunden pro Woche sollen Die Heilung oder die Annahme von nach ihren persönlichen Beweggrün- möglich sein. Regelmäßigen Austausch Krankheit, Hilfsbedürftigkeit und einer den, antwortet sie: „Ich bin mit dem Eh- gibt es bei den monatlichen Gruppen- eventuell neuen Lebenssituation brau- renamt groß geworden, beide Eltern treffen. So es Bedarf gibt, kann auch chen über die gute professionelle Be- haben sich seinerzeit engagiert. Und Supervision angeboten werden. Das ratung hinaus den persönlichen Bei- so war es auch für mich immer wichtig, sei wichtig in Sachen Selbstfürsorge, so stand. Die Hilfe der Grünen Damen und der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Katrin Springer. In vielen Gruppen gibt Herren kann familiäre und persönliche Als die Kinder aus dem Haus waren und es darüber hinaus auch einen monat- Bindungen nicht ersetzen, sie kann je- ich nicht mehr für deren Schule und lichen Stammtisch, bei dem teilweise doch Stunden der Einsamkeit und des Chor aktiv war, suchte ich mir ein neu- auch eine Psychologin oder ein Kran- „Sich-allein-gelassen-Fühlens“ über- es Einsatzgebiet“. Fündig wurde sie bei kenhausseelsorger der Helios-Kliniken brücken. Ihre Schweigepflicht gibt dem der Evangelischen Krankenhaus-Hilfe. anwesend ist. Der Landesbeauftragten Ihr „Lohn“: die Dankbarkeit der zu Be- für MV ist eines noch ganz wichtig: Die treuenden und das Glück, Teil ihrer Ge- persönliche Wertschätzung. Alle Enga- schichte sein zu dürfen. gierten erhielten zum Geburtstag oder Die Arbeit als grüne Dame oder grü- Jubiläum bei der EHK Grüße, Urkunden ner Herr sei sehr anspruchsvoll, so Ka- oder kleine Geschenke. Kirsten Sievert trin Springer. Unabdingbar sei eine große psychische Belastbarkeit, damit Interessenten erreichen man die teilweise schweren Geschich- Katrin Springer per E-Mail: springer@ekh-deutschland.de oder ten nicht mit nach Hause nähme. Nur Mobil unter 0172 392 28 86 das gewähre ein gesundes Verhältnis zwischen Anteilnahme und Distanz, Spendenkonto des EKH e.v. denn es sei wichtig, sich in den Gesprä- IBAN: DE08 3506 0190 1560 0620 16 chen selbst zurück zu nehmen. Dabei BIC: GENODE D1 DKD KD Bank – die Bank für Kirche und gäbe es verschiedene Einsatzgebiete: Diakonie „Da ist der Lotsendienst, der die Pati- (alle Spender erhalten eine enten nach der Aufnahme auf die Stati- Zuwendungsbescheinigung) Grüne Dame Katrin Springer Foto: Kühnapfel on begleitet und sich eventuell um eine 11
Erfahrung Wurde uns nichts oder zu viel geschenkt? Ein Briefwechsel zwischen Ost und West Am 9. November jährte für sehr komplex. Vielleicht sich der Mauerfall zum 30. so komplex, dass man es gar Mal. Ein Jahr später folgte nicht so richtig und umfas- die deutsche Wiederver- send in Worte fassen kann. einigung. In den vergan- Gestern Abend war mir da- genen drei Jahrzehnten nach – ich wollte etwas kur- wurde niemandem etwas, zes und Prägnantes in Worte aber vielen sehr viel „ge- fassen, weil mich dieser Tag schenkt“. Ein Briefwechsel und überhaupt dieser ganze dazu von Hartmut Haker, Eine ganz normale Ost-West-Freundschaft verbindet Kerstin Fischer Prozess der Deutschen Einheit 1974 in Schwerin geboren und Hartmut Haker. Foto: David Amiri sehr bewegt. Ich weiß auch, und nun in Ratzeburg le- dass es viele Schicksale gibt, bend, und Kerstin Fischer, 1975 in konnten uns also ganz beruhigt freuen. viele leben wahrscheinlich in großen Kiel geboren und seit 15 Jahren in In der Folgezeit bekamen wir in unserer Nöten, für viele ist das Leben nicht leicht. Schwerin lebend. Klassenstufe drei neue Mitschüler*innen Da kann man sich schnell als Besserwis- aus den „neuen Bundesländern“. An- ser erheben. Das will ich aber nicht. Ich Liebe Kerstin! sonsten gab es keine Veränderungen in finde es wichtig, dass es Menschen gibt, Heute vor 29 Jahren hat sich unser Land meinem Leben damals in Kiel. die etwas sagen, und unser Land und wiedervereinigt – wenn ich die Bilder Ich lebe seit November 2004 in Schwe- diese Welt hoffentlich in eine gute Rich- von damals sehe, ist es wie ein Wunder. rin und das freiwillig und meistens recht tung bringen. Hartmut Manche sehen es heute nicht so. Ich bin gern. Da ich kontaktfreudig bin und in einer Familie aufgewachsen, in der viele ganz verschiedene Menschen in Lieber Hartmut, es eine Selbstverständlichkeit war, dass Schwerin mehr oder weniger kennen- genauso sehe ich das auch. Es ist schwie- sich Ost und West wiedervereinigen soll- lernen konnte, weiß ich nur zu gut um rig und „allumfänglich und gerecht“ ten. Ich finde, dass in unserem Land heu- die verschiedensten Gemengelagen der können wir es auch nicht in Worte fas- te viel zu negativ darüber geredet wird. Menschen. Ich habe das stets unkom- sen, da es um 17 Millionen Menschen Auch ich mit meiner Erkrankung kann mentiert gelassen. Eine Bewertung ei- geht. Ein jeder Mensch muss als Indivi- von Glück reden, dass ich in einem sol- ner Biografie, der individuellen Befind- duum gelten und insofern kann es kei- chen Land mit diesen medizinischen Er- lichkeit oder was auch immer steht mir nen „Abschlussbricht“, kein Urteil, keine rungenschaften lebe! Hartmut nicht zu. Jede und jeder lebt sein Leben. Leitlinien geben, da wir alle die Freiheit Damals wie heute. Nur dass die Men- haben, uns unsere Gedanken zu al- Hallo lieber Hartmut, schen hier einen extremen, für mich un- lem Vergangenen, der Gegenwart und vielen Dank, dass du mich an deinen vorstellbaren Bruch erlebten, erleben auch der Zukunft zu machen. Oder auch Gedanken teilhaben lässt. Ich sehe das mussten. Alles wurde komplett auf den nicht. Das bedeutet auch Freiheit. recht ähnlich. Gerade in dem Punkt der Kopf gestellt und von heute auf morgen Aber wir können und sollten zuhören. Berichterstattung in den verschiedens- war alles… anders. Nicht jede und nicht Können reden. Einander Zeit, Anerken- ten Medien. Allerdings muss „man“ sa- jeder hatte die Kraft, sich neu zu erfin- nung und Gehör schenken und versu- gen, dass es auch nicht leicht ist – da es den und noch mal ganz von vorn anzu- chen, nicht alles zu bewerten. Wenn immerhin um 17 Millionen Einzelschick- fangen. Auch ich bin dankbar, dass wir wir dem Nächsten zugetan sind, empa- sale dabei geht. Kein Westdeutscher in so einem tollen Land und sozialen Ge- thisch sind, oder es versuchen, ist etwas kann sich vorstellen, was damals in der sundheitswesen leben dürfen. Dazu bei- Gutes geschehen. Der Mensch braucht Wende- und Umbruchzeit so wirklich vor getragen habe ich nichts. Kerstin den Menschen. Vielleicht brauchen wir sich ging. Meine Familie und ich, damals mehr Menschen als Worte und mehr 14 Jahre alt, freuten uns unfassbar und Liebe Kerstin, Empathie als Fakten? waren sehr glücklich über den Mauer- vielen Dank für Deine Zeilen! Ich hal- Kerstin Fischer fall. Unser Alltag änderte sich nicht. Wir te die Probleme mit Ost und West auch 12
Selbsthilfe Organspender schenken Leben Zweite Chance durch Transplantation In Vorbereitung auf eine Bandschei- Patienten, die auf ein Herz war- ben-OP im Sommer 2003 in Plau stell- teten. Im Laufe der Monate te der Anästhesist Unregelmäßigkeiten wurden wir wie eine kleine Fa- bei meinem Herzschlag fest. Nach- milie. Wir haben viel Zeit mit- dem ein Kardiologe eine Ultraschall- einander verbracht, uns ge- Untersuchung durchgeführt hat, wur- genseitig Mut gemacht und den eine Herzmuskelschwäche (25 – 30 aufgebaut, wenn mal jemand Prozent Pumpleistung) sowie Chro- „durchhing“. nische Herzrhythmusstörungen und Jeden ersten Montag im Vorhofflimmern festgestellt. Nach di- Monat kam jemand von der versen Untersuchungen in der Herz- Selbsthilfegruppe (IUP) und klinik Karlsburg wurde ich erstmal auf sprach mit uns. Der junge Tabletten eingestellt. Meine Leistungs- Mann hatte knapp zwei Jah- fähigkeit war zwar zu dem Zeitraum re vorher selbst auf der Stati- schon eingeschränkt, aber ich konnte on gelegen und auf ein Herz ohne Probleme meiner Arbeit nachge- gewartet. Mit seiner Erfah- hen und sogar noch ein bisschen Sport rung konnte er uns viele Fra- treiben. gen beantworten. Was muss 2012 ist die Pumpleistung auf 20- bei der Ernährung beachtet 25 Prozent gesunken. Außerdem wa- werden? Wie schütze ich mich Holger Niehs gründete die SHG Zweite Chance durch ren die Herzrhythmusstörungen und in der Öffentlichkeit usw. Am Transplantation. das Vorhofflimmern so stark, dass ein 20. Dezember 2017 wurde ICD (Defibrillator mit Herzschrittma- festgestellt, dass meine Nieren versa- Unterstützung konnte ich am 4. De- cherfunktion) notwendig wurde. 2013 gen und es auch schon Probleme mit zember interessierte Mitstreiter für erhielt ich eine Absorptions-Therapie. der Leber gibt. Die Pumpleistung war die Selbsthilfegruppe „Zweite Chan- Während der Therapie kam es dann inzwischen auf 5 – 10 Prozent gesun- ce durch Transplantation“ gewinnen. zu einem Schlaganfall. Ab 2014 nahm ken. Die Implantierung einer Herzun- Bei uns sind alle Menschen willkom- meine Leistungsfähigkeit so weit ab, terstützungsmaschine (Kunstherz) war men, die auf ein Organ wie Herz, Nie- dass mich meine Kardiologin an das für den nächsten Tag geplant. Gegen re, Lunge oder Leber warten bzw. ein Deutsche Herzzentrum nach Berlin 20.30 Uhr geschah dann das ersehnte Organ bekommen haben. Natürlich überwies. Durch die sehr gute Betreu- Wunder. Für mich war ein Spenderherz sind auch deren Angehörige gern ge- ung dort konnte ich immer wieder „auf- unterwegs. Am 21. Dezember gegen sehen. Gesundheitsbedingt ist natür- gepäppelt“ werden. Im Dezember 2015 3.30 Uhr wurde ich in den OP-Saal ge- lich eine Fluktuation vorhanden. Daher waren dann die Werte so schlecht, dass schoben und bekam mein neues Herz. freuen wir uns über jeden Betroffenen, ich auf die Transplantationsliste gesetzt Durch das Nierenversagen musste ich der unsere Selbsthilfegruppe verstärkt. wurde. Ab August 2016 war dann die noch ein paar Wochen nach der Trans- Der Erfahrungsaustausch in der Grup- Leistung soweit runter, dass ich nicht plantation an die Dialyse. Als die Nieren pe ist selbst für Transplantierte, die mehr arbeiten konnte. Ab Februar wieder ihre Arbeit aufnahmen, konn- vor einigen Jahren ihr Organ bekom- 2017 wurde meine EU-Rente bewilligt. te ich Anfang Februar 2018 in die Reha men haben, interessant. Wir vertreten Mein Allgemeinzustand verschlech- und Anfang März endlich wieder nach bei öffentlichen Foren oder Podiums- terte sich rapide. Ich konnte an man- Hause und mein zweites Leben in vol- diskussionen die Interessen der Men- chen Tagen keine 100 Meter mehr am len Zügen genießen. schen, die auf eine Organspende ange- Stück laufen. Im September 2017 kam Da ich noch häufig an die Warte- wiesen sind. Holger Niehs ich auf die HU-Liste (Hochdringlich). Ab zeit im Krankenhaus und an die Selbst- dem Zeitpunkt wartete ich im Paulinen hilfegruppe denken musste, habe ich Bitte Unterstützen auch Sie uns. Krankenhaus in Berlin auf ein Herz. Wir im Herbst 2018 Kontakt zur KISS auf- Informieren Sie sich über den Organspende Ausweis. waren immer zwischen acht und zehn genommen. Mit deren tatkräftiger 13
Menschen Einhundertzwanzig Stunden geschenkt Jugendliche unterstützen Kinderkirchenfreizeit im Sommer Matti ist 10 und schiebt zusammen mitzuarbeiten.“ Matti ist verblüfft. Dein Mut ausreicht, dann gib anderen mit 39 anderen Kindern mühsam sein 120 Stunden kostbare Ferienstunden davon ab! Wenn Deine Hoffnung groß schweres Fahrrad durch den völlig - geschenkt. genug ist, dann hoffe für andere mit! versandeten Feldweg. Immer wieder Am nächsten Vormittag geht es um Schenke anderen Deine Zeit, Deine Fä- bleibt das Vorderrad stecken. Die Son- die Abrahamsgeschichte aus dem Al- higkeiten, Dein Interesse! Verschenke ne am mecklenburgischen Himmel ten Testament. Gott verspricht Abra- Dich selbst! brennt heiß auf den Acker nieder und ham, der mit seiner ganzen Sippe zu ei- Unser Land braucht Schenker. Men- bis zum nächsten Badesee sind es noch nem fremden Land aufbricht: Ich will schen, die nicht nur empfangen und drei Kilometer. Verschwitzt und entkräf- dich segnen und du sollst ein Segen behalten, sondern die abgeben und tet schmeißt er irgendwann sein Fahr- sein. In Kleingruppen überlegen die teilen. Menschen, deren Reichtum sich rad an den Wegrand und flucht laut. Kinder, womit wir in unserem Leben ge- darauf gründet, dass sie Nächstenlie- Das erste Mal ist Matti mit der Kirche segnet sind und wodurch wir zum Se- be und Annahme als Geschenk emp- unterwegs, zur Kinderfreizeit in den gen für andere Menschen werden kön- finden. Menschen, die großzügig sind, Sommerferien. Die meisten anderen nen. Die Ergebnisse halten die Kinder weil sie die Angst verloren haben, zu Kinder kennt er schon, von den Pfad- auf großen Plakaten fest und hängen kurz zu kommen. Menschen, die nicht findern und aus seiner Christenlehr- sie im Haus auf. Auf einem Plakat ent- nur danach fragen: „Was habe ich da- egruppe. Eigentlich ist alles sehr cool, decke ich, dass die Kinder den Satz um- von? Was bringt es mir?“, sondern die das Haus und auch das Programm. Nur formuliert haben: Ich will dich beschen- aus freien Stücken und aus vollem Her- diese Fahrradtour nervt echt. Plötzlich ken und du sollst ein Geschenk sein. zen fragen: Was brauchst Du? Was kann steht Johannes neben Matti und hebt Drumherum in Worten und Bildern Vie- ich für Dich tun? sein Fahrrad auf. „Los komm, ich hel- les, womit wir in unserem Leben be- Du bist beschenkt und Du sollst ein fe dir schieben!“, sagt Johannes. Mit ei- schenkt, womit wir gesegnet sind. Da Geschenk sein. Eines hat Matti jeden- nem Mal geht es ganz leicht - und lus- ist all das Schöne und Unbezahlbare zu falls in diesem Sommer gespürt; er wur- tig ist es auch. lesen und zu sehen, dass unser Leben de nicht betreut, er wurde beschenkt. Matti wundert sich ein wenig über reich und sinnvoll macht. Die Vielfalt Henrike Heydenreich- Ogilvie diesen Johannes und die anderen fünf der Dinge, durch die die Kinder sich ge- Gemeindepädagogin Jugendlichen, die bei der Freizeit als segnet und beschenkt fühlen, ist über- der ev. Kirchengemeinde Pinnow Teamer dabei sind. Alles Jugendliche wältigend. Ebenso die Ideen, wie jedes um die 16, die immer da sind: beim Ba- Kind und jeder Erwachsene zu einem den, beim Kochen, beim Singen, beim Segen für andere Menschen werden Fußballspielen und beim Zubettgehen kann. – immer. Sie sind echt nett und man Doch nicht immer fühlt sich un- kann richtig gut mit ihnen lachen und ser Leben wie ein Segen an. Es gibt Le- sie lesen sogar Gutenachtgeschichten benssituationen, in denen wir uns ganz vor. Das hat Matti noch nie erlebt mit und gar nicht beschenkt fühlen, Zeiten, Jugendlichen und er kann es nicht so die absolut nicht gesegnet erscheinen. ganz verstehen. Welch ein Geschenk kann es dann sein, Abends am Lagerfeuer will er es wenn einer mir abgibt von seiner Hoff- dann wissen: „Sag mal, Johannes, wie nung, seinem Trost, seiner Kraft. viel bekommst du eigentlich für die Denn der Segen Gottes ist keine ganze Sache hier? Ich mein, wie viel Sackgasse, sondern er befähigt uns, für die ganzen fünf Tage?“. Verwun- selbst zu einem Segen für andere zu dert lacht ihn der Teamer an: „Nichts. werden. Das klingt geradezu nach einer Das ist das schönste für mich in den Fe- Aufforderung: Wenn Du genug Kraft rien, als Teamer bei der Kinderfreizeit hast, wende Dich anderen zu! Wenn Henrike Heydenreich- Ogilvie 14
Menschen Miteinander leben, lernen und gestalten Schweriner Verein Ma‘an e.V. Unser Verein „Miteinander – Ma’an der Menschen waren gedeckt. Der Be- Ein großes Geschenk – für mich und e.V.“ beschäftigt sich mit den drei griff „Flüchtlingshilfe“ war nicht mehr andere Themenbereichen: Bildung, Kultur so recht passend für den Alltag und die und Sport. Wir sind offen für Men- Integrations- und Inklusionsarbeit, die Was mich persönlich am meisten be- schen aller Nationalitäten und för- die Flüchtlingshilfe Schwerin e.V. mehr eindruckt an dem regelmäßigen Kon- dern mit unseren Aktivitäten das und mehr im Wandel der Zeit leiste- takt und der Zusammenarbeit bei friedliche Zusammenleben und das te. 2016 wurde bereits „Miteinander – uns im Verein, sind die Lebensfreu- gegenseitige Verstehen in unserer Ma’an e.V.“ von einigen in der Flücht- de, die Begeisterungsfähigkeit sowie Stadt. lingshilfe Mitwirkenden gegründet, so die Energie, die meine Freunde und dass sich die Flüchtlingshilfe Schwerin Bekannten vielfach mitbringen. Mir Rückblick e.V. auflöste und ab 2019 in den Verein machen unsere Treffen Spaß und ich „Miteinander – Ma’an“ integrierte. Sy- schätze den inspirierenden Austausch In den Jahren 2015 und 2016 such- rer*innen hatten die Idee, den Verein mit Menschen aus anderen Kulturräu- ten viele Menschen aus anderen Län- zu gründen. Sie wollten vielfach von men sehr. Ich bemerke, wie sich mei- dern, vorwiegend aus Syrien, bei uns Anfang an helfen, sich einbringen und ne Wahrnehmung und mein gedank- in Schwerin Schutz. In Syrien war 2011 andere Geflüchtete unterstützen. licher Horizont positiv verändert und ein Bürgerkrieg ausgebrochen, der vie- erweitert haben im Laufe der Zeit. le Syrer*innen zur Flucht zwang, wenn Projekte Unsere Mitgliedertreffen sind immer sie überleben wollten. Sie flüchteten munter bunt. Es wird gelacht, gere- teilweise innerhalb des Landes und • Arabischunterricht immer sonntags det, diskutiert. Zusammen entwickeln trotzdem holte der Krieg sie immer In der „Sonntags:Schule!“ lernen ca. 150 wir daraus neue Ideen für zukünftige wieder ein. Die Nachbarländer nah- Kinder aus Arabisch sprechenden Fami- Projekte. men geflüchtete Syrer*innen anfangs lien im Alter zwischen 6 und 14 Jahren Wir freuen uns über interessier- auf, bis ihre jeweiligen Kapazitäten er- zusätzlich zum Schulunterricht an den te Menschen, die unseren Verein ken- schöpft waren. Danach gab es nichts Schweriner Schulen das Schreiben und nenlernen wollen und laden Sie herz- mehr. Dennoch schafften es viele Men- Lesen von ihrer Arabischen Mutterspra- lich zu einem Treffen bei uns ein. schen, zum Teil zu Fuß und immer mit che. Viele Familien wollen eines Tages Kerstin Fischer einer teuflisch gefährlichen Überfahrt nach Syrien zurückkehren. Eine Gene- im Schlauchboot übers Mittelmeer und ration, die dann nicht einmal die Lan- www.miteinander-maan.org wiederum anschließendem langen dessprache lesen und schreiben könn- kontakt@miteinander-maan.org Fußmarsch, bis zu uns nach Schwerin. te, wäre verloren. „Geflüchtete helfen Da waren sie nun. Manche mit kurzen Geflüchteten“ ist die Devise des Pro- Hosen, Flipflops an den Füßen bei 5 jekts, da die ehrenamtlichen Lehrkräfte Grad Außentemperatur und nichts da- vorwiegend aus Syrien stammen. bei, außer den wichtigsten Dokumen- ten und der Freude, erstmals irgendwo • Schwimmkurse für Kinder und Er- angekommen und in Sicherheit zu sein. wachsene aller Nationalitäten Viele Schweriner*innen wollten hel- fen und gründeten die Flüchtlingshilfe • Nähkurse, Computerkurse Schwerin e.V., auch um der (Stadt)Ver- waltung ehrenamtlich unterstützend • Miteinander gärtnern im Schreber- zur Seite zu stehen. garten-Verein (Projekt beendet) Ende 2018 hatten alle Syrer*innen, die ab 2015 in Schwerin eintrafen, eine • Regelmäßige Beteiligung an Musik- Wohnung, konnten Deutsch sprechen und Kulturveranstaltungen mit in- Miteinander in Frieden leben, das ist Anlie- und hatten jahreszeittaugliche Schuhe terkulturellem Charakter (Tanz der gen des Vereins Ma’an an den Füßen. Die Grundbedürfnisse Kulturen, Lesen international Foto: Claus Oellerking 15
Selbsthilfe war wahrlich kein Geschenk und noch Angst zu haben scheinen, ihnen könn- Wir kriegen viel weniger das, was dann für uns Frau- te ihr Wohlstand durch Geflüchtete en kam. Das, was der Herbst 89 für mich abhandenkommen. nichts geschenkt war, war Selbstermächtigung, Auf- „Frauen, bildet Banden!“ ist so ein bruch und das Überwinden von Angst. Spruch, den ich in letzter Zeit öfter höre Das gemeinsame Agieren, das Reden und der in mir eine Aufregung auslöst, Silke Gajek lädt in Schwerin Frauen an den Tischen in der Küche, das ge- die mich angespornt hat, ein Erzählca- zum Erzählcafé meinsame Demonstrieren und Konzep- fé hier in Schwerin mit anderen Frau- te entwickeln – das waren Momente, in en ins Leben zu rufen. Ich möchte nicht Die Veranstaltungen in Erinnerung denen wir mündig wurden, aufbegehr- weiter isoliert kämpfen für Frauenrech- an den Herbst werden fast immer ten, aufstanden, Momente, in denen te, Geburtshilfe oder die Südbahn. Ich aus männlicher Perspektive bespro- wir kreativ und selbstbestimmt wa- will, dass wir ins Gespräch kommen. chen und reflektiert. Auch wird der ren. Heute, 30 Jahre später frage ich Und eventuell ergeben sich daraus Ak- Mauerfall gerne als etwas stilisiert, mich- und das übrigens immer inten- tionen. Das, was mich treibt, ist die Tat- was das Ziel der Friedlichen Revolu- siver: Wo sind eigentlich die mutigen sache, dass ich nicht zuschauen will, tion war. Wer dabei war, weiß, dass Frauen meiner Generation heute, was wie unsere Ideale wieder einmal den das mitnichten so war. Ich mag mir denken sie und wie geht es ihnen? Was Bach runtergehen. In der Seminarreihe gar nicht vorstellen, wie die Lobhu- sind ihre aktuellen Vorhaben, was ha- „Kirche stärkt Demokratie“ habe ich an- deleien 2020 aussehen, wenn die ben sie die letzten 30 Jahre gemacht? dere Frauen kennengelernt, denen es Frauenperspektive meist ausge- Und geht es ihnen eigentlich auch so ähnlich geht. Sie werden das Erzählca- blendet bleibt. Zunehmend ärgert wie mir, dass sie nach Zusammenhalt fé mit mir gestalten. es mich, dass wir Frauen mit unseren und Aufbegehren lechzen und etwas Im tisch, Martinstraße 11, gibt es die Vorstellungen, Idealen, Wünschen der aktuellen Entwicklung dagegen- Möglichkeit sich zu treffen und anzu- oder auch Hoffnungen nicht vor- setzen wollen? Wir leben in einer Zeit fangen. Kaffee und Tee kann frau sich kommen und wenn, dann sind es die mit zunehmendem Rassismus, Rechts- dort kaufen. Geplant sind monatliche. Geschichten und Biografien, die all- extremismus, Antifeminismus und und Interessant wird dieses Format hoffent- gemein bekannt und Erfolgsstorys und. In einer Zeit, in der eine Partei in lich nicht nur für die Frauen meiner Ge- sind. Thüringen Wahlen gewinnt, obwohl ihr neration sein, sondern gerade auch für Spitzenkandidat Faschist genannt wer- die Jüngeren. Also Frauen, macht euch Die aktuelle Ausgabe ‚Hilf dir selbst!‘ be- den darf. Wir leben in einer Zeit, in der auf den Weg und bildet Banden – Frau- schäftigt sich mit Geschenken. Ich kann Menschen im Mittelmeer ersaufen und en, wir kriegen nichts geschenkt. nur sagen: Die Friedliche Revolution gleichzeitig Menschen in Deutschland Silke Gajek Durch die Bewilligung der Fördermit- Gemeinsam haben wir an diesem Wo- Inklusion gelebt tel von „Aktion Mensch“ sowie der Eh- chenende Inklusion gelebt – anstatt renamtsstiftung M-V, konnten wir un- darüber zu reden! Ein Gegenbesuch ist ser Projekt nun erfolgreich umsetzen. in Planung und wir freuen uns schon Reisebericht zum Projekt „Kunstin- Am 4. Oktober um 7 Uhr starteten jetzt darauf. Birgit Behrendt klusion“ des „freiraum26“ Schwerin wir in einem Kleinbus mit 19 Plätzen und der Hansestadt Brilon von Schwerin erwartungsvoll unse- re Fahrt nach Brilon ins Sauerland. Am Die Idee zu diesem Projekt entstand 6.Oktober fand der Höhepunkt unse- eher zufällig, als Frau Ortkemper-Wag- rer Reise statt. Um 11 Uhr eröffnete der ner vom „Sozialwerk St. Georg“ aus Bürgermeister von Brilon, Christoph Brilon bei einem Spaziergang durch Bartsch, im Rathaus unsere Gemein- Schwerin im Oktober 2018 im „frei- schaftsausstellung. Seine Eröffnungs- raum26“ landete, wo wir gerade eine rede war sehr berührend und gab uns neue Kunstausstellung eröffneten. Ein Zuversicht auf eine Ausweitung der langes Gespräch mit Frank Fuhrmann, schon guten Beziehungen. Da im gan- Kursleiter freies Malen im „freiraum26“, zen Ort überall Ausstellungsplakate weckte ihr Interesse an unserer Arbeit. hingen, kamen sehr viele interessierte Daraus wuchs die Idee, eine gemein- Besucher*innen. Wir wurden so herz- same Ausstellung im Rathaus von Bri- lich begrüßt und aufgenommen, dass Herzlich aufgenommen wurden die Schweriner lon zu organisieren. wir diese Tage nie vergessen werden. vom „freiraum26“ im sauerländischen Brilon. 16
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