FRAUEN Rundbrief 2-2014 - Landesfrauenrat Baden-Württemberg
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FRAUEN Rundbrief 2-2014 Inhalt 3 Vorwort: Manuela Rukavina 4f Gender Mainstreaming, Akzeptanz sexueller Vielfalt Beschluss des LFR-Delegiertentags vom 16. Mai 2014 17. Mai Internationaler Tag gegen Homophobie - Pressemitteilungen 6 ff Kommunalwahlen 25. Mai 2014 Frauenanteile in den neu gewählten Kommunalparlamenten Soll-Parität auf Kandidaturlisten - Reaktionen Andere Bundesländer Blick nach Frankreich 12 ff Reform des Landtagswahlrechts Landtagsveranstaltung 19. März 2014 Aus der Presseberichterstattung 15 Paritédiskussion auf Bundesebene Bericht von Dorothea Maisch 16 f Stimmen aus LFR-Mitgliedsverbänden Wahl-Nachlese und Ausblick - Frauen Union der CDU - Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen 18 f Frauen in Parlamenten weltweit Afrika Impressum 20 ff DOKUMENTATION Schwerpunkt: Seniorinnenpolitik Publikation des Landesfrauenrats Beschluss des LFR-Delegiertentags vom 16. Mai 2014 Juni 2014, Herausgeberin: LFR-Veranstaltung „Wie wir selbstbestimmt altern ...“ Landesfrauenrat Baden-Württemberg Hintergrundinformationen, Materialien, Hinweise Gymnasiumstr. 43, 70174 Stuttgart Tel 0711-621135 38 f Redaktion: Kampagne: Für eine Gesellschaft ohne Prostitution Claudia Sünder (verantw.) EU-Parlament setzt Zeichen für Freierbestrafung Anita Wiese Ministerin Altpeter geht voran für Freierbestrafung Nicht namentlich gekennzeichnete Artikel Bundesregierung: Stillstand bei Gesetzesnovellierung? sind von der Redaktion erstellt. 40 Globaler Gipfel gegen sexualisierte Kriegsgewalt Fotos: Landesfrauenrat Baden-Württemberg Druck: Rudolf-Sophien-Stift gGmbH, Stuttgart Diese Publikation gibt es auch zum kos- tenlosen Herunterladen im Internet unter www.landesfrauenrat-bw.de 2
FRAUEN Rundbrief 2-2014 Liebe Leserinnen, endlich Sommer! Nun wurde also gewählt und das Länd- Und noch ein hitzig diskutiertes Thema le kann lediglich maue Mini-Erfolge beschäftigt uns: „Für eine Gesellschaft Alles grünt, die Erdbeeren und Kirschen verzeichnen: ohne Prostitution“. schmecken herrlich, der blaue Himmel 1,9% mehr Frauen in den Gemeinderä- Wie Sie wissen setzt sich der LFR seit muntert auf - und die Sonne wärmt, ten - bei gerade mal 23,9% Frauenan- geraumer Zeit stark für ein Modell nach erhitzt und macht Schwitzen salonfä- teil insgesamt. schwedischem Vorbild ein. Hier haben hig. Die Welt scheint sich ein wenig wir nun glücklicherweise unsere Frau- gemächlicher zu drehen, weil man sich Soll-Parität auf Kandidaturlisten sieht enministerin Katrin Altpeter auf unserer wegen der sommerlichen Temperaturen für Parteien und Wählervereinigungen Seite, die sich hierzu klar positioniert häufiger im Standby-Modus fühlt. Jede derzeit so aus: hat. Lesen Sie mehr dazu ab Seite 38. Abkühlung ist willkommen und benötigt. 41 447 Männer zu 18 201 Frauen, ein Verhältnis von 2,3:1 Warum ich im Rundbrief des Lan- (und nicht 1:1). Nun bleibt mir noch, Sie zu ermun- desfrauenrats mit einer sommerlichen tern, sich ein Kaltgetränk Ihrer Wahl zu Beschreibung starte? Ganz einfach: Die ausführlichen Analysen, Zahlen und nehmen, ein schattiges Plätzchen zum weil wir aktuell ein sehr hitziges Thema die Namen der 22 Gemeinden mit 100% Lesen des Ihnen vorliegenden Rund- - nämlich die politische Partizipation Männeranteil finden Sie in diesem Heft briefs zu suchen und Ihnen einen schö- und Repräsentanz von Frauen - auf der ab Seite 6. nen Sommer zu wünschen - in dem Agenda haben; weil wir schweißtrei- Sie hoffentlich viel Kraft und Zuversicht bende Diskussionen dazu zu führen und Der zweite Schwerpunkt dieses Rund- tanken können! daran richtig zu „schaffen“ haben. briefs ist das Thema unseres letzten Denn: wenn wir alle gemeinsam daran Und das bei sommerlichen Tempera- Fachtages „Wie wir selbstbestimmt arbeiten wollen, dass sich die 52% turen. Das ist insofern hilfreich, als altern“ - ein Thema, das zumindest in wahlberechtigen Frauen ordentlich in dass die Sonne einem gute Laune und der Forschung aus Gender-Gesichts- unserer repräsentativen Demokratie Zuversicht geben kann, sowie die Hitze punkten nicht allzu präsent bearbeitet widerfinden sollen, brauchen wir viele temperamentvolle Menschen wie mich wird. kraftvolle Frauen, die sich auch vor vor zu viel Aufregung und „Hochdrehen“ Deshalb haben wir Frau Dr. Martina hitzigen Themen nicht scheuen! bewahrt. Wolfinger eingeladen und erfahren, warum Frauen mit dem Alter(n) un- So betrachtet ist es der perfekte Zeit- sichtbar werden. Danach haben wir In diesem Sinne, punkt, um die Auswertung der Kommu- „heiß“ und kräftig diskutiert, Erwartun- Ihre Manuela Rukavina nalwahlen zu beginnen. gen formuliert und Ideen gesammelt. Sie erinnern sich: die Politik hatte Zusammengekommen ist eine Doku- lediglich eine zahnlose Soll-Bestim- mentation der Ansätze, die für uns zum mung (zahnlos, weil ohne Sanktionen) Älterwerden dazu gehören und zwar in für die paritätische Besetzung der allen Alterskohorten - denn frau ist ja Kandidierenden-Listen beschlossen. nicht plötzlich und über Nacht alt. 3
FRAUEN Rundbrief 2-2014 LFR-Delegiertenversammlung 16. Mai 2014 RESOLUTION - Gender Mainstreaming ist notwendiges Instrument für die Entwicklung demokratischer Geschlechterverhältnisse - Akzeptanz sexueller Vielfalt und geschlechtlicher Identität Beschlossen von der Delegiertenversammlung des Landesfrauenrats am 16. Mai 2014 in Stuttgart Mit Empörung stellt der Dachverband der Sie definierte: Bildung muss eine geschlechtersensible Frauenverbände des Landes fest, dass die "Gender-Mainstreaming bedeutet, dass in Sexualaufklärung für alle Mädchen und Veranstalter der aktuellen Protestaktionen allen Phasen des politischen Prozesses Jungen selbstverständlich enthalten. gegen die Bildungspläne Baden-Württem- – Planung, Durchführung, Monitoring und In den Unterricht an den allgemeinbilden- berg mit ihrem Angriff zugleich auf Errun- Evaluation – der Geschlechterperspektive den Schulen des Landes und in die Bil- genschaften der Frauen- und Emanzipa- Rechnung getragen wird. Ziel ist die För- dungspläne gehören deshalb die Themen- tionsbewegung zielen und auf einen Kern derung der Gleichstellung von Frauen und felder biologisches Geschlecht, historisch/ europäischer Gleichstellungspolitik. Männern. Nach dem Gender-Mainstrea- gesellschaftlich definierte Geschlechter- ming-Konzept sind politische Maßnahmen rollen und auch die Strategie des Gender Durch die sprachliche Verbindung der stets daraufhin zu prüfen, wie sie sich auf Mainstreaming. Strategie der Geschlechtergerechtigkeit die Lebenssituation von Frauen und Män- Lehrkräfte an den allgemeinbildenden und mit einer „Sexualisierung“ von Kindern nern auswirken, und gegebenenfalls neu beruflichen Schulen müssen dazu ent- werden antifeministische Ressentiments, zu überdenken. Nur so kann Geschlech- sprechend in ihrer Ausbildung und ihrer antieuropäische Strömungen und diffuse tergleichstellung zu einer Realität im Le- beruflichen Weiterqualifizierung befähigt Ängste vor früher kindlicher Sexualität ben von Frauen und Männern werden. " werden. verknüpft: Wir erinnern die Landesregierung an ihre Das Europäische Konzept des Gender von ihren Vorgängerregierungen über- Mainstreaming, Frauenbewegung und Auf- nommene Selbstverpflichtung zur Imple- klärung werden hier zum Feind der Vater- mentierung von Gender Mainstreaming in Mutter-Kind-Familie erklärt, sie gefährde- der baden-württembergischen Landesver- ten den vermeintlich letzten geschützten waltung (aus 2002). Ministerien und die Raum für das Aufwachsen von Kindern. anderen Landesbehörden sind verpflichtet, Literatur-Tipp im Rahmen ihrer fachlichen Arbeit den auf Wir sehen in der Verbreitung derartigen Chancengleichheit abzielenden Ansatz des Andreas Kemper; Keimzelle der Gedanken-„Guts“ eine große Gefahr für Gender Mainstreaming umzusetzen. Dies Nation? Familien- und geschlechter- die Entwicklung einer demokratischen, betrifft auch die Bildungspolitik. politische Positionen der AfD – eine aufgeklärten und geschlechtergerechten Europa ist gerade in Deutschland ein Expertise der Friedrich-Ebert-Stiftung: BürgerInnengesellschaft. Motor für Gleichstellungspolitik. Im Vorfeld in http://library.fes.de/ Demonstrationen gegen den Bildungsplan der Wahlen zum Europäischen Parlament 2015 dienen rückwärtsgewandten Parteien müssen alle demokratischen Kräfte dies Auch in ZEIT-online – vom 15.04.2014 und Strömungen offenbar auch als Kata- deutlich und laut sagen. warnen Andreas Kemper und Roland lysator für eine antifeministische Mobi- Sieber vor der AfD als antifeministischer lisierung und sind vor der Europa-Wahl Politik für die Akzeptanz und homophober Kraft möglicherweise auch Teil eines parteipoli- geschlechtlicher Identität, sexueller „(…) Die sehr deutlichen Antworten tischen Kalküls. Vielfalt und für gleiche Rechte der Mitgliederbefragung zu geschlech- Dem muss in Worten und Taten – durch terpolitischen Themen gegen Gender- die Medien, die gesellschaftlichen Or- Der Landesfrauenrat spricht sich aus- Mainstreaming und Gleichstellungspolitik machen deutlich, dass offensichtlich auch ganisationen und die Landesregierung - drücklich dafür aus, dass Staat und staat- die Parteibasis antifeministisch und hete- deutlich begegnet werden. liche Bildungspolitik die gesellschaftliche ronormativ eingestellt ist. (...) Die radikale Wir fordern insbesondere die Landesre- Akzeptanz sexueller Vielfalt befördern. Kritik an jeder Form von Gleichstellungs- gierung und die großen gesellschaftlichen Kinder und Jugendliche haben bei der politik, von der AfD als “Genderismus” Organisationen im Land auf, das Prinzip Entwicklung ihrer eigenen sexuellen Iden- diffamiert, könnte zum dritten Markenzei- des Gender Mainstreaming deutlich zu tität und ihren Vorstellungen von Familien chen der Partei avancieren. (…) Ein neues vertreten und sichtbar umzusetzen. ein Recht auf vorurteilsfreie Information aber dazu passendes Phänomen sind die Wir erinnern daran, dass die Europäi- und auf ein pädagogisches Umfeld in der als antifeministisch und mindestens latent sche Union Gender Mainstreaming 1997 Schule, das ihre emotionale Sicherheit homophob einzuschätzenden Demonstra- im Amsterdamer Vertrag als verbindliche stärkt. tionen gegen den Bildungsplan 2015 der Aufgabe für die Mitgliedsstaaten der Euro- Schule muss dazu beitragen, dass Kinder grün-roten Landesregierung in Stuttgart, päischen Union festschrieb. und Jugendliche einen vorurteilsfreien an denen die AfD maßgeblich beteiligt ist.“ Umgang mit der eigenen und ande- ren sexuellen Identitäten entwickeln und Quelle: http://blog.zeit.de/stoerungsmel- Stereotype von Geschlechterrollen kritisch der/2014/04/15/die-afd-als-antifeministische- hinterfragen können. und-homophobe-kraft_15682 4
FRAUEN Rundbrief 2-2014 17. Mai 2014 - Internationaler Tag gegen Homophobie und Transphobie Landesfrauenrat für die Akzeptanz geschlechtlicher Identität, sexueller Vielfalt und für gleiche Rechte. Gender Mainstreaming als notwendiges Instrument für die Entwicklung demokratischer Geschlechterverhältnisse. Zum Internationalen Tag gegen Schule, das ihre emotionale Sicher- Mainstreaming ist notwendiges Instru- Homophobie und Transphobie am 17. heit stärkt“, heißt es im Beschluss der ment für die Entwicklung demokrati- Mai weist der Landesfrauenrat Baden- Frauenverbände. Ausdrücklich be- scher Geschlechterverhältnisse. Euro- Württemberg auf "besorgniserregende stärkt der Landesfrauenrat die Lan- pa ist für Deutschland ein Motor der Anzeichen" für eine tiefe Abneigung desregierung in ihrem Bestreben, die Gleichstellungspolitik. Im Vorfeld der gegen Vielfalt hin. Schwulen- und Themenfelder biologisches Geschlecht, Wahlen zum Europäischen Parlament lesbenfeindliche Tendenzen in vielen historisch/gesellschaftlich definierte muss dies deutlich und laut gesagt Bereichen der Gesellschaft müsse auch Geschlechterrollen und auch die Stra- werden“. durch eine Politik für die Akzeptanz tegie des Gender Mainstreaming in den Pressemitteilung des Landesfrauenrats 16.05.2014 geschlechtlicher Identität, sexueller Lehrplänen zu verankern. Vielfalt und für gleiche Rechte begegnet werden, so die Vorsitzende Angelika Mit großer Sorge stellt der Dachverband Klingel. der Frauenverbände des Landes fest, Der Dachverband von 51 Frauenver- dass die Veranstalter der Protestakti- bänden im Land spricht sich in seiner onen gegen die Bildungspläne Baden- Der Vorstand des Landesfrauenrates am heutigen Freitag beschlossenen Württemberg mit ihrem Angriff zugleich hat die Resolution des LFR-Delegier- Resolution ausdrücklich dafür aus, dass auf Errungenschaften der Frauen- und tentages an die zuständigen Minis- Staat und staatliche Bildungspolitik die Emanzipationsbewegung zielen und terien und an die Landtagsfraktionen gesellschaftliche Akzeptanz sexueller auf einen Kern europäischer Gleich- weitergeleitet. In seinem Begleit- Vielfalt befördern. Aber auch große stellungspolitik. Diese Gruppierungen schreiben hat der LFR die Landesre- freie Bildungsträger seien dazu aufge- verknüpften antifeministische Ressenti- gierung ausdrücklich ermutigt, an dem fordert. ments, antieuropäische Strömungen mit Kurs des Gender Mainstreaming und „Kinder und Jugendliche haben bei der diffusen Ängsten vor früher kindlicher dem Aktionsplan für Akzeptanz und Entwicklung ihrer eigenen Identität und Sexualität. gleiche Rechte festzuhalten. ihren Vorstellungen von Familien ein Nachdrücklich weist der Dachverband Die Landesregierung kann dabei auf Recht auf vorurteilsfreie Information und der Frauenverbände darauf hin: „Die die aktive Unterstützung der Frauen- auf ein pädagogisches Umfeld in der europäische Strategie des Gender verbände rechnen. Sozialministerium und Integrationsministerium Baden-Württemberg zum Tag gegen Homophobie Anlässlich des Tags gegen Homophobie nerin sagte Ministerin Altpeter: „Vor ein Kabinett beschlossen werden. Parallel erklärten Sozialministerin Katrin Altpeter paar Jahren wäre der Sieg von Conchita zu vier Beteiligungsworkshops fand eine und Integrationsministerin Bilkay Öney: Wurst nicht möglich gewesen. Insofern ist Onlinebefragung zur Lebenssituation „Die baden-württembergische Landes- ihre Wahl ein deutliches Zeichen für die lesbischer, schwuler, bisexueller, trans- regierung setzt sich für eine diskriminie- steigende Akzeptanz verschiedener sexu- sexueller, transgender, intersexueller und rungs- und angstfreie Gesellschaft ein, eller Identitäten in unserer Gesellschaft. queerer Menschen (LSBTTIQ) in Baden- in der Homophobie keinen Platz hat. Ministerin Öney ergänzte: „Gleichzeitig Württemberg statt. Wir werden weiterhin engagiert daran zeigen die vielen hasserfüllten Kom- Die Integrationsministerin betonte, dass arbeiten, dass es in unserem Land eine mentare im Internet, wie intolerant und Migrantinnen und Migranten oft aus tatsächliche Gleichstellung lesbischer, gewaltbereit leider immer noch viele Men- mehreren Gründen diskriminiert werden. schwuler, bisexueller, transgender, trans- schen gegenüber Schwulen und Lesben „Unsere Aufgabe ist es, die Menschen sexueller, intersexueller und queerer Men- sind. Mir ist Homophobie nicht Wurst.“ im Land für alle Formen von Doppel- schen gibt.“ Auch wenn durch Medienbe- stigmatisierung zu sensibilisieren. Da die richte über homosexuelle Menschen bei Ministerin Altpeter wies darauf hin, dass von Ausgrenzung Betroffenen häufig ihre einem Teil der Bevölkerung der Eindruck unter der Federführung des Sozialminis- Rechte nicht kennen, arbeiten Sozial- und entstanden sei, dass es in Deutschland teriums gemeinsam mit allen Ressorts Integrationsministerium gemeinsam an längst eine umfassende Gleichstellung zurzeit der Aktionsplan „Für Akzeptanz & Aufklärungsangeboten.“ Ein Beispiel ist gäbe, erlebten viele Menschen aufgrund gleiche Rechte in Baden-Württemberg“ die zeitnahe Herausgabe einer Broschüre ihrer sexuellen Identität noch oft Ableh- erarbeitet wird. Ziel ist es, nach wie vor zum Allgemeinen Gleichbehandlungsge- nung und Feindseligkeiten. Auch ihre An- bestehende Diskriminierungen in der setz. gehörigen und Familien würden oft unter Gesellschaft aufzudecken und konkre- Quelle: Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Diskriminierungen leiden. te Maßnahmen festzulegen, um diese Familie, Frauen und Senioren BW Mit Blick auf die diesjährige ESC-Gewin- abzubauen. Er soll im Frühjahr 2015 vom Pressemitteilung 15.05.2014 5
FRAUEN Rundbrief 2-2014 NACHLESE: kommunalwahl 25. mai 2014 Gemeinderatswahlen in Baden-Würt- In 22 der 1101 Gemeinden gibt es keine Frauen, 17 Frauen gehören dem Gemein- temberg: Frau im Gemeinderat. Dies sind folgende derat von Aalen an. geringer Anstieg des Frauenanteils - Gemeinden: Zweiflingen, Boxberg Stadt, Bei den Anteilen sind die fünf Spitzenrei- doch Frauen weiter vielerorts „Einzel- Mudau, Wörnersberg, Egesheim, Mühlin- ter: Ulm mit 47,5 %, Schwäbisch Gmünd kämpferinnen“ gen, Aitern, Hausen im Wiesental, Lotts- und Tübingen mit jeweils 45 % Frauen, tetten, Grafenberg, Jungingen, Breitingen, Aalen mit 41,5%, Stuttgart mit 35 %. Die vom Statistischen Landesamt veröf- Grundsheim, Unterstadion, Alleshausen, fentlichten vorläufigen Ergebnisse1 zeigen: Allmannsweiler, Betzenweiler, Moosburg, Um insgesamt rd. 2 % stieg der Frauen- Oggelshausen, Tiefenbach, Ostrach, Kreistagswahlen Baden-Württemberg anteil in den 1101 Gemeinderäten Baden- Herdwangen-Schönach. 2014: Anstieg um 2,9 % Württembergs. Zu den Gemeinderatswah- Teilweise - z.B. in Boxberg - standen gar len am 25. Mai 2014 bewarben sich in keine Frauen auf der einen gemeinsamen Nach den vorläufigen Ergebnissen der Baden-Württemberg insgesamt 59 648 Liste. Kreistagswahlen 2014 lag der Anteil der Personen, darunter waren 18 201 Frauen. In rd. 47 % der Gemeinderäte Baden- Frauen an den Kandidaturen landesweit Gegenüber den Gemeinderatswahlen Württembergs haben Frauen schon bei 30,2 Prozent. Von den insgesamt 2009 stieg somit der Frauenanteil unter zahlenmäßig einen schweren Stand: 14 701 Bewerberinnen und Bewerber den Kandidierenden von 28,7 Prozent auf Einzelkämpferinnen sind Frauen in 108 waren 4 447 Frauen. Gegenüber der 30,5 Prozent (+1,8 Prozentpunkte). Gemeinden, lediglich zu Zweit oder zu Kreistagswahlen 2009 bedeutet dies eine Dritt finden sich Frauen in 409 Gemein- Zunahme weiblicher Kandidaturen um 3,4 4 475 Frauen wurden insgesamt gewählt. deräten. Prozentpunkte. 2009 waren es 4 179. Unter den insge- In ebenfalls rd. 47 % (515) der Gemeinden Unter den 2 228 neu gewählten Kreisrä- samt 18 745 Gemeinderatsmitgliedern2 gibt es 4 bis 9 Frauen im Gemeinderat. ten sind 422 Frauen (bei den Kreistags- stellen Frauen nun 23,87 %. 2009 betrug Mindestens 10 Frauen gibt es in 47 Ge- wahlen fand ausschließlich Verhältniswahl ihr Anteil 21,97 %. meinderäten. statt). Ihr Anteil ist damit gegenüber 2009 1 Zahlenquelle: Statistisches Landesamt Baden- Württemberg. Die Daten für alle Gemeinden und Bei den absoluten Zahlen ist Spitzenreiter um 2,9 Prozentpunkte auf 18,9 Prozent Landkreise sind abrufbar unter: http://statistik-bw. de/Wahlen/Kommunalwahlen_2014/ mit 21 Frauen der Gemeinderat Stuttgart, gestiegen. 2 Verhältniswahl und Mehrheitswahl zusammenge- gefolgt von Ulm mit 19 Frauen, Schwä- rechnet. bisch Gmünd und Tübingen mit jeweils 18 Kreistagswahlen Baden-Württemberg 2014 Landkreis; Plätze im Kreistag insg. davon Frauen Frauen nach Parteien/ Wahlbeteili- (in Klammern Vergleichszahlen 2009) WählerInnenvereinigungen (WV) abs. gung insgs. abs. in v.H. in v.H. Alb-Donau-Kreis 59 (62) 11 (9) 18,6 (14,5) 4 CDU, 1 SPD, 3 Grüne, 3 WV 55,7 Biberach 59 (60) 10 (8) 16,9 (13,3) 3 CDU, 2 SPD, 5 WV (dar. 4 „Frauen in den Kreistag“) 52,2 Breisgau-Hochschwarzwald 69 (69) 16 (12) 23,2 (17,4) 3 CDU, 3 SPD, 1 FDP, 7 Grüne, 2 WV 54,6 Böblingen 84 (78) 21 (17) 25,0 (21,8) 5 CDU, 3 SPD, 1 FDP, 4 Grüne, 1 And., 7 WV (dar. 2 Frau- 49,1 enliste) Bodenseekreis 58 (62) 8 (11) 13,8 (17,7) 1 CDU, 1 SPD, 1 FDP, 2 Grüne, 3 WV 51,9 Calw 47 (53) 7 (7) 14,9 (13,2) 2 CDU, 2 SPD, 1 Grüne, 1 FDP, 1 WV 48,3 Emmendingen 52 (48) 10 (8) 19,2 (16,7) 4 SPD, 5 Grüne, 1 WV 51,5 Esslingen 96 (100) 21 (17) 21,9 (17,0) 4 CDU, 5 SPD, 8 Grüne, 4 WV 49,7 Enzkreis 55 (56) 7 (8) 12,7 (14,3) 1 CDU, 3 SPD, 3 Grüne 50,4 Göppingen 63 (65) 19 (12) 30,2 (18,5) 4 CDU, 5 SPD, 6 Grüne, 1 FDP, 3 WV 47 Heidenheim 47 (44) 3 (3) 6,4 (6,8) 1 CDU, 2 gem. Wahlvorschl. 43,8 6
FRAUEN Rundbrief 2-2014 Kreistagswahlen in Baden-Württemberg 2014 Landkreis; Plätze im Kreistag insg. davon Frauen Frauen nach Parteien/ Wahlbeteili- (in Klammern Vergleichszahlen 2009) WählerInnenvereinigungen (WV) abs. gung insgs. abs. in v.H. in v.H. Freudenstadt 39 (44) 4 (1) 10,3 (2,3) 1 CDU, 1 FDP, 2 WV (für „Frauen in den Kreistag“) 48,3 Heilbronn 74 (75) 13 (10) 17,6 (13,3) 3 CDU, 5 SPD, 3 Grüne, 2 gem Vorschl. 49,5 Hohenlohekreis 39 (40) 11 (8) 28,2 (20) 2 CDU, 1 FDP, 2 WV, 3 SPD, 3 Grüne 52,3 Karlsruhe 91 (91) 16 (11) 17,6 (12,1) 1 CDU, 4 SPD, 1 FDP, 8 Grüne, 2 WV 50,6 Konstanz 68 (68) 10 (12) 14,7 (17,6) 1 CDU, 2 SPD, 1 FDP, 5 Grüne, 1 WV 47,0 Lörrach 59 (59) 13 (11) 22 (18,6) 2 CDU, 3 SPD, 5 Grüne, 3 WV 45,7 Ludwigsburg 103 (98) 23(22) 22,3 (22,4) 4 CDU, 5 SPD, 4 FDP, 7 Grüne, 1 And., 2 WV 50,1 Main-Tauber 48 (48) 7 (3) 14,6 (6,3) 4 CDU, 2 SPD, 1 FDP 55,3 Neckar-Odenwald 46 (49) 8 (10) 17,4 (20,4) 1 CDU, 2 SPD, 4 Grüne, 1 WV 52,1 Ortenau 87 (88) 14 (9) 16,1 (10,2) 5 CDU, 3 SPD, 1 FDP, 3 Grüne, 2 WV 48,8 Ostalb 71 (76) 12 (17) 16,9 (22,4) 3 CDU, 6 SPD, 2 And, 1 WV 48,5 Rastatt 64 (67) 11 (9) 17,2 (13,4) 4 CDU, 2 SPD, 3 Grüne, 2 WV 46,8 Ravensburg 72 (72) 8 (5) 11,1 (6,9) 2 CDU, 1 SPD, 4 Grüne, 1 WV 49,9 Rems-Murr 88 (87) 20 (19) 22,7 (21,8) 3 CDU, 3 SPD, 7 Grüne, 3 gem.Vorschl, 3 WV, 1 And. 48,9 Reutlingen 69 (72) 18 (15) 26,1 (20,5) 5 CDU, 2 SPD, 3 Grüne, 7 WV, 1 And. 45,9 Rhein-Neckar 105 (103) 27 (19) 25,7 (18,4) 9 CDU, 5 SPD, 1 FDP, 6 Grüne, 1 And., 5 WV 51,4 Rottweil 43 (49) 3 (2) 7,0 (4,1) 1 SPD, 1 Grüne, 1 And. 49,6 Schwäbisch-Hall 58 (58) 7 (6) 12,1 (10,3) 2 CDU, 3 SPD, 2 Grüne 44,4 Schwarzwald-Baar 61 (64) 12 (8) 19,7 (12,5) 4 CDU, 3 SPD, 4 Grüne, 1 WV 46,2 Sigmaringen 42 (48) 5 (9) 11,9 (18,8) 2 CDU, 2 Grüne, 1 WV 52,1 Tübingen 62 (59) 17 (16) 27,4 (27,1) 3 CDU, 4 SPD, 7 Grüne, 2 gem. Vorschl. 1 WV 54,1 Tuttlingen 43 (47) 6 (9) 14,0 (19,1) 1 SPD, 5 WV 48,3 Waldshut 47 (53) 9 (10) 19,1 (18,9) 1 CDU, 3 SPD, 3 Grüne, 2 WV 48,7 Zollernalbkreis 60 (61) 15 (11) 25 (18) 6 CDU, 4 SPD, 1 Grüne, 4 WV 46,6 BADEN-WÜRTTEMBERG 422 18,9 (16,0) 96 CDU - Anteil 12,0%, 96 SPD - Anteil 24,1%, 49,5 insges. 2 228 (2 273) (364) 16 FDP - Anteil 15,0%, 120 Grüne - Anteil 43,3%, 8 And. - Anteil 10,4%, 9 gem. Wahlvorschl. - Anteil 22,0% , 77 WV - Anteil 14,7 % 7
FRAUEN Rundbrief 2-2014 NACHLESE: kommunalwahl 25. mai 2014 Gemeinderatswahlen: Kandidaturen von Frauen - Gewählte Frauen Statistisches Landesamt Baden-Württemberg - in seiner Pressemitteilung vom 10.06.2014: „Über den Erfolg von Frauen bei den Gemeinderatswahlen gibt die Gegenüberstellung des Frauenanteils an den Bewerbern mit dem Frau- enanteil an den Gewählten Aufschluss. Werden anteilsmäßig mehr Frauen gewählt, als ihr Anteil an den Kandidaturen beträgt, sind die Frauen erfolgreicher als die Männer. Umgekehrt sind Frauen weniger erfolgreich als Männer, wenn ihr Anteil an den Gewählten geringer ist als an den Bewerbern. In Baden-Württemberg betrug der Frauenanteil an den Bewerbern zu den Gemeinderatswahlen landesweit durchschnittlich bei 30,5 Prozent, der Frauenanteil an den Gewählten fiel hingegen mit 23,9 Prozent erheblich geringer aus. Damit bewarben sich Frauen bei den Gemeinderatswahlen 2014 nicht nur seltener um ein Mandat im Gemeinderat, sie wurden auch seltener gewählt als die männlichen Mit- bewerber. Das heißt, Frauen waren bei den Gemeinderatswahlen 2014 weniger erfolgreich als männliche Bewerber. So betrug der Anteil der Männer an den Bewerbern 69,5 Prozent, unter den Gewählten lag der Männeranteil mit 76,1 Prozent deutlich höher.“ Obwohl die Bewerberinnen bei allen Parteien und politischen Gruppierungen weniger erfolg- reich waren als die Männer, gibt es doch deutliche Unterschiede. Die Kandidatinnen der anderen Parteien sowie der GRÜNEN hatten im Vergleich zu den anderen Wahlvorschlägen den größten Wahlerfolg. Unter den Bewerbern der anderen Partei- en waren 28,6 Prozent Frauen, gewählt wurden 27,1 Prozent. * Quelle: Statistisches Landesamt BW, www. statistik-bw.de/Presse- mitt/2014207.asp Blick nach Frankreich In Frankreich wurde Richtung Parität weiter gearbeitet. Seit Mai 2013 gilt die Pari- Ergebnisse der Kommunalwahlen tätsanforderung für die Listen nämlich für alle Kommunen bereits ab 1000 Einwohne- in anderen Bundesländern rInnen (zuvor: ab 3 500). In Frankreich fanden im März 2014 die Kommunalwahlen statt. Im Ergebnis sind Die wenigsten Statistischen Landes- die französischen Kommunalparlamente nun mit durchschnittlich 59,7% Männern und ämter weisen überhaupt Landesergeb- 40,3% Frauen besetzt. Immerhin ein Anstieg des Frauenanteils um rund 5 % gegen- nisse zu Zahl und Anteil der gewählten über 2008. In den Kommunen (ab 1000 Einw.) beträgt der Frauenanteil nun 48,2 Frauen auf! %. Bei den kleineren Gemeinden (unter 1000) betrug der Frauenanteil auf den Listen Eine Ausnahme ist NRW1: lediglich 35,4 %; der Anteil der Frauen in den Räten dieser kleinen Kommunen beträgt Dort erbrachte die Wahl zu den Stadt- nun 34,9 %. räten der kreisfreien Städte und den Es gab insgesamt gleichwohl 20 000 mehr Kandidatinnen auf den Listen als 2008. Kreistagen der Kreise: Das franz. Innenministerium führt dies auf die Gesetzesänderung zurück. Von den insgesamt 3342 Gewählten Auch in Frankreich gibt es in Sachen Parité noch einiges zu tun: bei nur 17,1 % der sind 1024 Frauen (30,64 %), geringfü- Listen befand sich eine Frau auf dem Spitzenplatz, seit 2008 kaum eine Steigerung. gig mehr als 2009 (28,78 %). (Damals wurden 16,5 % der Listen von Frauen angeführt.) Großer Nachholbedarf auch 1 Quelle: www.wahlergebnisse.nrw.de/kom- bei den Bürgermeisterinnen. munalwahlen/2014/aktuell/a000000kw1400. html 8
FRAUEN Rundbrief 2-2014 KOMMUNALWAHLRECHT - wie weiter? Detaillierte Berichtspflicht Kommunalwahlgesetz Baden-Würt- unerlässlich! temberg § 9 (6) Die Wirkung der Soll-Regelung § 9 (6) „Männer und Frauen sollen gleicherma- Kommunalwahlgesetz muss sorgfältig ßen bei der Aufstellung eines Wahlvor- ausgewertet werden. Das versteht sich. schlags berücksichtigt werden. Dies kann Sicherheitshalber hat dennoch der LFR im insbesondere in der Weise erfolgen, dass Februar 2014 das Statistische Landesamt bei der Reihenfolge der Bewerberinnen und die Landeswahlleiterin angeschrieben. und Bewerber in den Wahlvorschlägen Wir schrieben: Für eine Daten-basierte Männer und Frauen abwechselnd be- Einschätzung der tatsächlichen Wirkung rücksichtigt werden. Die Beachtung der der neuen Soll-Vorschrift aus § 9 Kom- Sätze 1 und 2 ist nicht Voraussetzung für munalwahlgesetz halten wir eine Daten- die Zulassung eines Wahlvorschlags.“ erfassung für erforderlich, die genauere Auskünfte ermöglicht als die bisher veröf- Antwort Statistisches Landesamt auf Schreiben des LFR (April 2014) fentlichten Wahlstatistiken. Fazit: Eine „Lieferung, Erfassung und Auswertung“ der gewünschten Daten sei „grund- Insbesondere sollte bei der Erfassung des sätzlich möglich“, allerdings in Anbetracht der Kürze der Zeit offenbar zu aufwendig. Anteils der Kandidierenden und der Ge- Wörtlich: „Allerdings ist dieses Unterfangen sowohl bei den Datenlieferanten (den Gemein- wählten nach Geschlecht und Gemeinde- den, Kreisen und dem Verband Region Stuttgart) als auch im Statistischen Landesamt mit größenklassen auch mit erhoben werden, einem erheblichen Arbeitsaufwand verbunden und bedingt eine gründliche und langfristige auf welchen Kandidaturlisten das Reiß- Vorbereitung, um u.a. auch die Akzeptanz der Datenlieferanten für dieses Vorhaben zu verschlussprinzip grundsätzlich bzw. bis gewinnen. Da die Kommunalwahlen bereits Ende Mai stattfinden, sehen wir hierfür jedoch zu welchem Platz angewendet wurde. Die keinen zeitlichen Spielraum mehr.“ örtlichen Wahlleitungen und statistischen Abschließend werden wir ermuntert, das Statistische Landesamt „in dieser Sache im Ämter sollten hier entsprechende Auswer- Vorfeld der Kommunalwahlen 2019 (möglichst bis Anfang 2017) erneut zu kontaktieren“. tungen vornehmen, sobald die Listenauf- stellungen abgeschlossen sein werden. Kommentar des LFR: Die Soll-Bestimmung zur Besetzung der Kandidaturlisten gibt es seit einem Jahr, frau sollte meinen, dass seitdem Zeit genug war, die Vorbereitungen für eine Datenerhebung zu treffen ….Derartige Reaktionen lassen uns den notwendigen Respekt gegenüber dem Engagement der Frauenverbände vermissen. Wir sind we- sentlicher Teil der BürgerInnen-Gesellschaft – und werden erneut auf nächste Wahlen verwiesen und erneut in nächste Legislaturperioden. Wir haben die Antworten u.a. an die frauenpolitischen Sprecherinnen der Grünen und der SPD sowie an die Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung weiter- geleitet. Landtagsfraktion GRÜNE: Charlotte Schneidewind-Hartnagel MdL, SPD-Landtagsfraktion: frauenpolitische Sprecherin in ihrer Antwort an den LFR: Sabine Wölfle MdL, frauenpolitische „Zwischen den Regierungsfraktionen gab es in der Tat die Vereinbarung eine Evaluation Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion nach der Kommunalwahl 2014 vorzunehmen. So lautete auch die damalige gemeinsame macht mit einem Berichtsantrag (Drs. Pressemitteilung: „Die Regierungskoalition schlägt zur neuen gesetzlichen Regelung und 15/5271) den Ausgang der Wahlen wieder anderweitig verbesserten Rahmenbedingungen für die Kandidatur und Mandatsausübung zum Thema im Landtag. Insbesondere von Frauen eine Evaluation nach der Kommunalwahl 2014 vor.“ fragt sie nach der Verantwortung der die Die Fraktion GRÜNE hat sich im Anschluss daran für eine differenzierte Datenerhebungen Listen aufstellenden Parteien oder Verei- und eine umfassende Dokumentationspflicht der Kommunalwahlen 2014 in mehreren Ver- handlungsrunden stark gemacht. Das Vorhaben stieß auf massiven Widerstand in der SPD- nigungen. Fraktion. „Diese verhöhnen den Willen des Wie Sie wissen, haben auch wir uns mit dem Statistischen Landesamt in Verbindung ge- Gesetzgebers, wenn sie immer noch setzt. Auch dieses Gespräch brachte kein für die Fraktion GRÜNE zufriedenstellendes Resul- Wahlvorschläge einreichen, auf denen tat. Der Erlass für die Erfassung der Kommunalwahl wurde im Innenministerium erarbeitet. ausschließlich oder fast ausschließlich Das Innenministerium und die SPD-Landtagsfraktion lehnen auch weiterhin die von uns Männer verzeichnet sind“, so Wölfle. beworbene Einführung eine umfassende Dokumentationspflicht der Kommunalwahlen Die statistischen Befunde zeigten ganz 2014 ab. Wir werden uns nun in einem nächsten Schritt für eine wissenschaftlich begleitete klar, „welche Parteien und Vereinigungen Modellstudie in ausgewählten Kommunen starkmachen.“ bei der Frauenförderung noch allerhand Gisela Erler, Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung, Hausaufgaben zu erledigen haben“. versicherte mit Schreiben vom 26.05.2014: Quelle: SPD-Landtagsfraktion, Pressemitteilung „... In der Tat halte ich es für geboten, der Frage nach den Auswirkungen der Soll-Parität 10.06.2014 nachzugehen. Ich werde mich gerne dafür einsetzen, dass entsprechende Zahlen im Nach- gang erhoben werden und geprüft wird, ob und wenn ja mit welchen anderen wissenschaft- lichen Institutionen in dieser Frage kooperiert werden kann. ...“ 9
FRAUEN Rundbrief 2-2014 NACHLESE: Europawahl 25. mai 2014 wo wirksame Sanktionen bei der Nicht- Europawahl in Deutschland: einhaltung von Quoten vorgesehen seien, weniger Frauen im Parlament kämen Frauen eher zum Zuge. Dies zeige Im Vergleich zum Gesamtergebnis der sich am Beispiel der Sozialdemokraten, Europwahl ist das deutsche Ergebnis Deutscher Frauenrat: die von 189 Abgeordneten insgesamt 86 rückläufig: Brigitte Triems, Vorstandsmit- Im Schneckentempo zur Parität Frauen (46 Prozent) ins Brüsseler Parla- glied des Deutschen Frauenrats, rechnet ment schickten, während auf den Frakti- vor: „Von den insgesamt gewählten 96 Insgesamt 37 Prozent Frauen wurden onsbänken der Europäischen Volkspartei Abgeordneten sind 35 Frauen, das heißt Ende Mai ins EU-Parlament gewählt – (EVP) nur 65 Frauen (30 Prozent) Platz 36,5 Prozent. Das ist ein Rückschritt um gegenüber 2009 ein Anstieg um 1,25 nehmen werden. 1,5 Prozent, denn in der vorangegangenen Prozentpunkte. Wahlperiode waren es 38 Prozent.“ Deutlich vorne liegt in Sachen politischer Die meisten Frauen sitzen in den Frakti- Die Generalsekretärin der Europäischen Partizipation von Frauen die Europäische onsreihen der Linken (57 Prozent) und der Frauenlobby (EWL), Joanna Maycock, Linke (GUE/NGL): Sie hat die Parität Grünen (55 Prozent), gefolgt von der SPD beklagte den nur geringen Fortschritt in mit 51 Prozent weiblichen Abgeordneten (48 Prozent), der FDP (33 Prozent) und Richtung Geschlechterparität. In diesem mehr als erreicht. Der Frauenanteil in der CDU/CSU (insgesamt 21 Prozent). Schneckentempo würde es noch weitere der Fraktion der Liberalen (ALDE) beträgt aus: www.frauenrat.de 52 Jahre dauern, bis Parität im Europäi- 40 Prozent, der der Grünen liegt bei 37 schen Parlament erreicht sei. Prozent. Fakt ist, dass die konservativen und rechten Parteien im Vergleich zu den Unter den 11 gewählten MdEP-Abgeordneten aus Baden-Württemberg befinden Mitte-Links-Parteien beim Frauenanteil sich lediglich drei Frauen: deutlich hinterher hinken. Die EWL sieht CDU: Dr. Ingeborg Gräßle, Heidenheim an der Brenz hier einen klaren Zusammenhang: Dort, SPD: Evelyne Gebhardt, Schwäbisch Hall GRÜNE: Maria Heubuch, Leutkirch Wahlbeteiligung - wer nutzt seine Rechte - wer lässt sie brachliegen - und warum? Annäherungen in Zahlen und Hypothesen Das Statistische Landesamt B-W Bei Landtagswahlen war die Wahlbeteili- Frauen wählen – und sie nicht etwa schreibt zum „Indikator Wahlbeteiligung“ gung der Männer bei allen Landtagswah- durch Kumulieren und Panaschieren nach „Die Höhe der Wahlbeteiligung gilt als Maß len (auch 2011) höher als die der Frauen, vorne befördern -… Jedoch das ist nicht für Demokratiebewusstsein bzw. demokra- aber mit sinkendem Abstand und nur im belegbar. tisches Engagement. Geringe Wahlbeteili- Durchschnitt aller Altersgruppen. 2011 hat Es gibt 2014 in BW 4 475 weibliche gungen können mehrere Ursachen haben: sich die Differenz zwischen Männern und Gemeinderatsmitglieder, kandidiert hatten Sie können aus mangelndem politischen Frauen auf 2,3 Prozentpunkte verringert. 2014 landesweit 18 201 Frauen für Ge- Interesse resultieren, ein Ausdruck von Pro- Frauen zeigen in bestimmten Altersgrup- meinderäte. test unzufriedener Bürgerinnen und Bürger sein, aber auch ein Zeichen dafür, dass pen eine höhere Wahlaktivität als Männer die Wahl nicht als wichtig angesehen wird gleichen Alters. In den Altersgruppen Zur Wahlbeteteiligung der Erst- und (Low-Interest-Wahlen). Eine hohe Wahlbe- zwischen 30 und 49 Jahren lag die JungwählerInnen ermittelt das Statistische teiligung gilt als wünschenswert, weil sie Wahlbeteiligung von Frauen 2011 über der Landesamt derzeit von sich aus keine als Zeichen für Demokratiebewusstsein gilt von Männern. Deutlich geringer ist sie bei Angaben. und der Legitimation der Gewählten und den Seniorinnen über 70 und bei Jung- Es ist daher den Kommunen freigestellt, des demokratischen Staates dient.“1 wählerinnen. 1 ob sie eine entsprechende Wahlsta- tistik erstellen. Der Städtetag hat auf 1 Problematisch ist die geringe - und weiter Die Tatsache, dass der Anteil der Frauen Bitte der Landeszentrale für politische gesunkene Wahlbeteiligung. in den Kommunalparlamenten auch 2014 Bildung - Kampagne „Wählen ab 16“ 2014: 49,1 % bei den Gemeinderatswah- ihren Anteil unter den Kandidieren- seine Mitgliedskommunen, die über eine len bzw. 49,5 % bei den Kreistagswahlen. den unterschreitet kann die Vermutung sogenannte abgeschottete Statistikstelle (Landesdurchschnitte: 2009: 50,7 % nahelegen, dass auch Frauen weniger gemäß § 9 Landesstatistikgesetz verfü- 1999: 53 %, 1994: 66,7 %) gen, gebeten, die Wahlbeteiligung der 16- 1 www.statistik-bw.de Ergebnisse aus Statistisches Monatsheft Baden- und 17-Jährigen zu ermitteln. Württemberg 4/2012 Doch wer wählte wenig? Bei den Landtagswahlen von 1964 bis 2011 lag die Wahlbeteiligung der Jungwählerinnen von 18 bis 24 Die Wahlbeteiligung bei Gemeinderats- Jahren im Durchschnitt um gut 4 Prozentpunkte, die Wahlbeteiligung der Frauen im Alter von 60 Forts. S. 11 wahlen wird NICHT geschlechtsspezifisch und mehr Jahren sogar um durchschnittlich mehr als 9 Prozentpunkte unter der der gleichaltrigen erfasst. Männer. 10
FRAUEN Rundbrief 2-2014 Wahl-Nachlese Wahlbeteiligung - Annäherungen in Zahlen und Hypothesen Allgemeine Tendenzen und 3. Wahlbeteiligung und soziale Milieus Je mehr Haushalte in einem Stadtteil oder Hypothesen Die Milieuzugehörigkeit bestimmt die Höhe Stimmbezirk von Arbeitslosigkeit betroffen der Wahlbeteiligung. Dies belegen u.a. sind, umso geringer ist die Wahlbeteili- Zur Wahlbeteiligung liefert die Forschung sozialstrukturelle Merkmale der Wahlbetei- gung. Ähnlich negative Zusammenhänge allgemeine Befunde: ligung an den Europawahlen.3 mit der Wahlbeteiligung zeigen sich für In Wahlkreisen mit hoher Arbeitslosen- das Niveau der Schulabschlüsse, die 1. Wahlbeteiligung und Wahl-„Ebene“ quote in Baden-Württemberg lag die Qualität der Wohnlagen und die durch- - Höchste Wahlbeteiligung bei Bundes- Wahlbeteiligung an den Europawahlen bei schnittliche Kaufkraft der Haushalte. tagswahlen. unterdurchschnittlichen 49,1%, in Gebieten Die Bertelsmann-Stiftung sagt dazu: - Niedrigste bei Kommunal- und bei mit niedriger Arbeitslosenquote bei 53,3%. Das Wahlergebnis ist sozial nicht reprä- Europawahlen. Gebiete mit einem hohen AkademikerIn- sentativ! (Eine Demokratie der „Besser- Die Wahlbeteiligung bei Landtagswahlen nenanteil wiesen eine Wahlbeteiligung von verdienenden“) liegt in Baden-Württemberg durchgängig 53% auf, solche mit einem niedrigen Anteil Arbeitslosigkeit schadet der Demokratie. erheblich unter der bei Bundestagswah- hatten 51,9%. Leider erfasst auch diese Studie keinerlei len. In kleineren Gemeinden ist die Wahlbetei- Gender-Gesichtspunkte. Während sich an den Bundestagswahlen ligung höher als in größeren: Verstärken sich die Effekte prekärer seit 1949 im Durchschnitt gut 82 % der In Gemeinden bis 10 000 Einw. betei- Milieus und traditionelle Geschlechterrol- wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger ligten sich 2014 in Baden-Württemberg lenzuweisungen zu einer noch geringeren im Land beteiligten, waren es bei den 56,3% der Wahlberechtigten, in Gemein- Wahlbeteiligung von Frauen? Wahlen zum Landtag nur rund 68 %2 . den über 100 000 Einw. lediglich 49,3%. Eine naheliegende Annahme – jedoch hier Den Zusammenhang zwischen Besied- nicht untersucht. Wahlbeteiligung bei Kommunal- und Eu- lungsdichte, Gemeindegröße bzw. eher ropawahlen: ländlicher/städtischer Prägung und Wahl- In Politik und Zeitgeschichte/ Bundeszen- Kommunalwahl 2014: 49,1 % (2009: beteiligung belegen auch Ergebnise aus trale für politische Bildung (19.11.2013)6 50,7 %) anderen Bundesländern. Die Wahlbetei- schreibt Armin Schäfer zu den Gründen Europawahl 2014: 52 % (2009: 52,0 %) ligung ist in dünner besiedelten Gebieten der größeren Wahlabstinenz: etwas höher als in stärker verdichteten Die Gründe für eine im Vergleich zu 2. Bundesweiter Trend: genereller urbanen Gebieten.4 den bessergestellten Gruppen niedrigere Rückgang der Wahlbeteiligung Für Baden-Württemberg verweisen auch Wahlbeteiligung der sozial Schwachen Die Beteiligung bei allen Wahlarten liegt lokale Analysen zur Beteiligung an den liegen im geringeren politischen Interesse, heute niedriger als in früheren Jahrzehn- Europawahlen auf den Zusammenhang zu einer schwächeren Parteibindung, ten. Besonders stark fällt der Rückgang sozialen Milieus, Beispiel Stadt Stuttgart: dem mangelnden Zutrauen in eigene bei Kommunalwahlen aus. niedrigste Wahlbeteiligung mit 42,2% Kompetenzen und dem fehlenden Glau- Das Beteiligungsniveau heute ist niedriger im (Arbeiter-)Stadtbezirk Zuffenhausen, ben daran, durch politisches Engagement als jemals zuvor. höchste mit 62,6% in Degerloch. Noch etwas zu bewirken, sowie in der weniger Diese Befunde werfen Fragen auf. geringer war die Beteiligung bei den Kom- ausgeprägten gefühlten Verpflichtung, Zum Beispiel: munalwahlen: in Stuttgart-Zuffenhausen wählen zu müssen. - Werden primär die bundespolitischen beteiligten sich lediglich 36,1% der Wahl- Das wirft Fragen auf: Entscheidungen als relevant erlebt? berechtigten, in Sillenbuch 577 %. - Fühlen sich die Menschen machtlos Wird die Kommunalpolitik als nicht so als WählerInnen, ihre Stimmen quasi als entscheidend erlebt – und deshalb dort, Eine Bertelsmann-Stiftung Studie zur „wertlos“; wo am meisten Wahlmöglichkeit besteht, Wahlbeteiligung an der Bundestagswahl - nicht durch die Politik vertreten? nicht vom Wahlrecht Gebrauch gemacht? 2013 und sozialem Hintergrund5 gibt - Tragen Parteien durch ihre Strukturen, Gibt es Vorstellungen von BürgerIn- wichtige Hinweise und wirft weitergehende ihre Politik, ihre Kommunikation mit dazu nenpflichten, die über Wahlbeteiligung Fragen auf. Ergebnis: bei? entscheiden? Je prekärer die Lebensverhältnisse vor Schäfer warnt: Die Wahl- und Parteienforschung gibt Ort, desto weniger Menschen haben sich „Für die Demokratie besteht die Gefahr dazu Hinweise. an der Bundestagswahl 2013 beteiligt. einer niedrigen und sozial ungleichen Wenn Geschlechterrollen, die dem Mann Der soziale Status eines Stadtteils be- Wahlbeteiligung darin, dass die Politik sich die Sphäre des Politischen zuweisen, stimmt die Höhe der Wahlbeteiligung. an den sozial Bessergestellten orientieren könnte, die nicht nur weiterhin wählen, noch wirksam sind, müssten diese 3 Statistisches Landesamt BW, http://statistik-bw. sondern auch andere Wege nutzen, ihre Forschungen allerdings auch nach Ge- de/Wahlen/Europawahl_2014/GemGrKl.asp 4 Zum Beispiel Hamburg: siehe www.statistik-nord. Anliegen zur Sprache zu bringen, während schlechtern unterscheiden, was sie jedoch de/uploads/tx_standocuments/WA3_komplett_ sozial Benachteiligte weder das Eine noch kaum tun. BZ2014.pdf 5 Ausgewertet wurden dafür kleinräumige Daten das Andere in gleichem Umfang tun.“ aus 28 untersuchten Großstädten und 640 bun- 2 Quelle: Statistisches Monatsheft Baden-Württem- desweit repräsentativen Stimmbezirken, darunter 6 siehe www.bpb.de/apuz/172972/wahlbeteili- berg 4/2012 Stuttgart, Freiburg und Karlsruhe. gung-und-nichtwaehler?p=all 11
FRAUEN Rundbrief 2-2014 landtagswahlrecht endlich reformieren! „Typisch weiblich?! Wählen - und gewählt werden“ - 19. März 2014 März 2012: Mittendrin in der Gesell- Veranstaltung des Landtags Baden-Württemberg zum Internationalen Frauentag schaft und doch außen vor mit ihrer politischen Vertretung in Kommunal- parlamenten sind Frauen in Baden- Württemberg. Von der Veranstaltung am im Landtag, zu dem die stellver- tetende Landtagspräsidentin Brigitte Lösch MdL (Grüne) eingeladen hatte, ging der Impuls zur Kampagne des Landesfrauenrats für eine Änderung des Kommunalwahlgesetzes aus. Die Forderung: Aufnahme einer gesetz- lichen Verpflichtung Kandidaturlisten im Reißverschlussverfahren hälftig mit Frauen und Männern zu besetzen. 19. März 2014: das Landtagswahlrecht im Fokus. Die Zusammensetzung des Wie weiter mit dem Landtagswahlrecht? baden-württembergischen Landtags repräsentiert nicht den Querschnitt der Bevölkerung. Bis zur Landtagswahl 2016 ist keine Er- Doppel- und Dreifachbelastungen zu tun. Vor allem die Frauen fehlen! gänzung des Landtagswahlrechts um eine Teilweise auch mit fehlendem Kampf- Liste möglich, etwaige Aktionen zielen auf geist und mangelnder Risikobereitschaft. „Die Repräsentanz von Frauen in poli- die Landtagswahl 2021. Frauen benötigten taktischeres Vorgehen tischen Gremien ist unbefriedigend und Bei der Podiumsrunde nahm für den LFR und wirksame Netzwerke für den Erfolg hinkt den Ansprüchen einer gerechten die Erste Vorsitzende Angelika Klingel teil. vor Ort. Demokratie, in der sich die Vielfalt der Sie stellte abermals klar: Sabine Wölfle MdL/SPD verwies auf Gesellschaft spiegeln sollte, kräftig Frauen brauchen ein deutliches Signal Probleme bei der Gewinnung von mehr hinterher. Der Anteil von Frauen in der auch des Gesetzgebers: sie werden ge- Kandidatinnen für Gemeinderäte beson- Politik muss deshalb deutlich erhöht wollt! Dieses Signal gibt ein Paritégesetz! ders in ländlich geprägten Kommunen: werden“, betont Landtagsvizepräsiden- Frauen brauchen eine einladende politi- Historisch bedingt hinkten Frauen oft hin- tin Brigitte Lösch am 19. März 2014 im sche Kultur – dazu gehören auch Geset- terher, blockierten gar andere Frauen (wie Interimsplenarsaal bei der Veranstal- ze. machst Du das dann mit dem Kind …?). tung „Typisch weiblich?! Wählen – und Von den VertreterInnen der Fraktionen Männer, die weibl. Gemeinderäten den gewählt werden“. werden folgende Positionen formuliert: Rücken freihalten müssten als Vorbilder gelobt werden. Die geladenen VertreterInnen der Wis- Charlotte Schneidewind-Hartnagel MdL/ Unter Hinweis auf die niedrige Wahlbe- senschaft Prof. Dr. Dieter Roth von der Grüne und Brigitte Lösch MdL kündigten teiligung (50 %) in Kommunen beton- Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und an, dass die Fraktion Grüne dafür sorgen te Klingel: Frauen müssten erkennen Dr. Ina Bieber von der Goethe-Universität wollen, dass das Listenwahlrecht in der können, dass sie in der Kommune etwas Frankfurt am Main belegen: Interfraktionellen Arbeitsgruppe Wahlrecht verändern können – und wählen und sich Es liegt am Wahlsystem - und nicht etwa nochmals verhandelt wird. wählen lassen. Frauen brauchten „Vor- an einer Besonderheit der Frauen in bilder“, andere Frauen, die vorangehen; Baden-Württemberg, dass sie seit Jahr- Jochen Haußmann MdL/FDP informiert: müssten sich selbst aber auch trauen zu zehnten nicht angemessen im Landtag die FDP-Fraktion hat eine Beschlusslage kandidieren. Und ggf. auch auf einer part- vertreten sind. Ihre Voträge sind auf der zum Listenwahlrecht (jedoch ohne Quote); nerschaftlicheren Arbeitsteilung in ihrem Homepage des baden-württembergischen er gibt zu bedenken, dass bei Listenkan- privaten Umfeld bestehen. Landtags dokumentiert. 1 didaten eine starke Vernetzung innerhalb Und es liegt an den zumeist männli- der Partei erforderlich sei. Volksbegehren als Lösung? chen Abgeordneten, die um ihre Positi- onen in den Wahlkreisen fürchten, wenn Friedlinde Gurr-Hirsch MdL/CDU versi- Hierzu gab es engagierte Beiträge aus Wahlkreis-Plätze für Listen frei gemacht chert: auch die CDU habe begriffen, dass dem Publikum. werden müssten. Darauf wiesen vor allem sie Frauen nicht mehr ausblenden kann. Staatsrätin Gisela Erler berichtet ihren die sich an der Diskussion beteiligenden Frauen selbst allerdings seien auch zu ersten, sie irritierenden Eindruck vom Frauen aus dem Publikum hin. wenig in den Parteien vertreten. Noch Landtag BW: soviele Männer, kaum Frau- nie sei es so schwierig gewesen wie en … Die Männermehrheit im Landtag zu dieser Kommunalwahl Kandidatinnen werde sich nicht selbst abschaffen; 1 Die Dokumentationen ihrer Vorträge zum Herun- terladen unter: www.landtag-bw.de/cms/home/ zu gewinnen. Dies habe einerseits mit Forts. S. 13 aktuelles/ 12
FRAUEN Rundbrief 2-2014 landtagswahlrecht endlich reformieren! „Typisch weiblich?! Wählen - und gewählt werden“ nur Bürgerbeteiligung, ein Volksbegehren/ Volksentscheid könne den Druck erzeu- gen, das Wahlrecht zu ändern. Leni Breymaier/Verdi kritisiert nochmals vehement die Konsensvereinbarung der Fraktionsvorsitzenden. Frauen sollten sich nicht als allein zuständig für ein etwaiges Volksbegehren zugunsten einer Wahl- rechtsänderung sehen, diese sei Thema der ganzen Gesellschaft. Bis 2021 sollte es möglich sein, eine Änderung zu er- wirken. Gabriele Frenzer-Wolf/stellvertr. bei der Veranstaltung am 19. März im Landtag - Foto: LFR DGB-Vorsitzende informiert ergänzend: Die DGB-Forderung nach einer Listenwahl wurde auch von Männern verabschiedet, die DGB-Männer werden also eine Kam- pagne mittragen. Aus der Presseberichterstattung zur Begrüßung aber zuvor schon die Richtung ternommen, wenn auch nicht bezüglich der Veranstaltung am 19.03.2014 der späteren Diskussion vorgegeben: „Die Landtagswahlen – Lösch verwies darauf, Staatsanzeiger 21.03.2014 Repräsentanz von Frauen in politischen dass Baden-Württemberg als erstes Bundes- Gremien ist unbefriedigend und hinkt den Ansprüchen einer gerechten Demokratie, in land die geschlechtergerechte Aufstellung der Wahllisten zu den Kommunalwahlen der sich die Vielfalt der Gesellschaft spie- gesetzlich einfordere. Allerdings ist das nur von Ulrike Bäuerlein geln sollte, kräftig hinterher“, sagte Lösch. eine Soll-Bestimmung; und wie schwer es Landtagswahlrecht zementiert geringen war und ist, ausreichend Frauen zur einer Frauenanteil Wie die Landtagsvizepräsidentin ausführte, Kandidatur zu bewegen, darüber berichtete bieten Landesfrauenräte, Einrichtungen der Friedlinde Gurr-Hirsch, frauenpolitische Stuttgart. In keinem anderen Länderparla- politischen Bildung, Parteien und Frau- Sprecherin der CDU-Fraktion. ment sitzen anteilig so wenige Frauen wie enbeauftragte seit fast zwei Jahrzehnten Welchen Erfolg die „Soll-Bestimmung“ im Landtag von Baden-Württemberg – mit Fortbildungs- und Mentoringprogramme an letztlich hat, wird sich bei den nächsten 19,5 Prozent Frauenanteil unter den Ab- mit dem Ziel, mehr Frauen für die Übernah- Kommunalwahlen zeigen. Für die Land- geordneten ist der Südwesten Schlusslicht me von Mandaten zu gewinnen. Lösch legte tagswahlen jedoch sehen die meisten Dis- der gesamten Republik. Aber zu ändern dar, dass sie diese Maßnahmen begrüße, kutanten schwarz. Das bestehende Wahl- ist das wohl nur mit einer Änderung des fügte jedoch hinzu: „Ich bin aber gleichzei- system – ein Direktkandidat pro Wahlkreis Landtagswahlrechts – so zumindest ist das tig der festen Überzeugung, dass ohne ge- – zementiere die bestehenden Verhältnisse. einhellige Fazit der Veranstaltung „Typisch setzliche Quotenvergabe keine nachhaltigen Denn wo seit langen Jahren ein Mann ein weiblich?! Wählen - und gewählt werden“, und flächendeckenden Änderungen in der Mandat innehabe und im Wahlkreis keine die anlässlich des Internationalen Frauen- Repräsentanz von Frauen in Parlamenten Unzufriedenheit bestehe, gebe es keinen tags am Donnerstag im Landtag abgehalten zu erreichen sind. Der Anteil von Frauen Grund, ihn durch eine Frau zu ersetzen. wurde. in der Politik muss deshalb deutlich erhöht Schneidewind-Hartnagel zweifelt: „Das soll Rund 150 Frauen und eine Handvoll werden.“ dann der Landtag beschließen – 28 Frauen Männer – darunter der FDP-Abgeordnete und 111 Männer, von denen dann etwa Jochen Haußmann als frauenpolitischer Geschlechtergerechte Aufstellung der 60 ihren Wahlkreis an eine Frau verlieren Sprecher der liberalen Sieben-Mann-Frak- Wahllisten bloß Soll-Vorschrift würden?“ Die anschließend aufkommende tion – waren gekommen, um sich zunächst Wie schwer das in der Praxis zu erreichen Frage, was denn nun leichter zu ändern vom Heidelberger Sozialwissenschaftler ist, darüber debattierten zunächst in kleiner sei - das baden-württembergische Land- Dieter Roth, Mitbegründer der Forschungs- Runde die frauenpolitischen Sprecherinnen tagswahlrecht oder das Selbstverständnis gruppe Wahlen, sowie der Frankfurter Sozi- der Fraktionen, neben Haußmann (FDP) langjähriger männlicher Abgeordneter alwissenschaftlerin Ina Bieber aus deren Charlotte Schneidewind-Hartnagel (Grüne), – wollte weder Haußmann noch eine der Forschung berichten zu lassen, wie Frauen Sabine Wölfle (SPD) und Friedlinde Gurr- Mandatsträgerinnen beantworten. einerseits wählen und wann sie andererseits Hirsch (CDU), gemeinsam mit Angelika Auch Gisela Erler (Grüne), Staatsrätin für gewählt werden. Landtagsvizepräsiden- Klingel, der Vorsitzenden des Landesfrau- Bürgerbeteiligung, bezweifelt, dass man die tin Brigitte Lösch (Grüne) hatte bei der enrates. Kleine Schritte wurde ja bereits un- Männer dazu bringen könnte, Forts. S. 14 13
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