Mein schönstes Schuljahreserlebnis - des VBE Rheinland-Pfalz
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Rheinland-pfälzische Schule 07-08/2014 Zeitschrift des Verbandes Bildung und Erziehung Rheinland-Pfalz 03.07.2014 / 65. Jahrgang Mehr Gerechtigkeit wa(a)gen. Damit Lehrer nicht sitzen bleiben. Mein schönstes Schuljahreserlebnis n Wie Inklusion gelingen kann n S chülerzahlen 2014/2015: Ist Gesundschrumpfen angesagt?
–– Magazin Inhalt – – Kommentar 3 Magazin 4 Aktuell Thema 6 8 ––– Und jetzt erst ’mal Sommer … ––– kontrovers 15 Reportage 17 Termine 19 Medien 20 Recht & Beratung 21 Personalia 24 Aus den Kreisverbänden 25 Infos & Technik 27 Wir gratulieren 29 Rätsel 30 Impressum 03. Juli 2014, 65. Jahrgang Herausgeber Verband Bildung und Erziehung (VBE), Liebe Kolleginnen und Kollegen, Bundesverwaltungsgericht gegen die rhein- Landesverband Rheinland-Pfalz Adam-Karrillon-Str. 62, 55118 Mainz land-pfälzische Landesregierung ausgefoch- Telefon: 0 61 31-61 64 22, Telefax: 61 64 25 info@vbe-rp.de ein langes Schuljahr liegt (fast)hinter uns, ein ten wird. Dabei sollte immer im Hinterkopf Schuljahr, in dem Sie die Rheinland-pfälzische sein: Es geht nicht nur um die Kolleginnen Redaktion dieser Ausgabe: Hjalmar Brandt (verantwortlich) br Schule bei allen wichtigen Themen der Schul- und Kollegen an den Realschulen plus; dort ist h.brandt@vbe-rp.de und Berufspolitik begleiten und informieren die soziale Schieflage nur besonders offen- Dr. Markus Bachen mb durfte. In den Grundschulen hat uns beson- sichtlich. Es geht auch um die IGS, an der die (Veranstaltungen / Regionales) m.bachen@vbe-rp.de ders die überarbeitete Grundschulordnung Verhältnisse viel zu lange toleriert wurden, Sabine Drechsler sdr beschäftigt nebst Einführung der neuen Zeug- und es geht um alle Kolleginnen und Kollegen (Studium / Seminar / AdJ) s.drechsler@vbe-rp.de / adj@vbe-rp.de nisse mit Könnensprofilen. Wir hoffen, damit an Grundschulen. Was hier pädagogisch ge- unseren Beitrag zu Ihrer Arbeitsentlastung, für leistet wird, weiß (noch) kein Ministerium. Marlies Kulpe mkl (Bildungspolitik / Rubriken) mehr Zeit für Ihren Unterricht und zugunsten m.kulpe@vbe-rp.de einer besseren Verständlichkeit für alle Betei- Über all dem schwebt die Inklusion, und die- Klaus Schmidt kfs ligten geleistet zu haben. ser Schwebezustand wird wohl auch noch an- (Reportage / Berufspolitik / Zum Schluss) k.schmidt@vbe-rp.de halten, selbst wenn im neuen Schuljahr ein Frank Handstein fh Im Bereich der Sekundarstufe I haben wir uns novelliertes Schulgesetz gilt, in dem der ge- (Reportage / Recht) f.handstein@vbe-rp.de natürlich den Verwerfungen im Zuge der meinsame Unterricht – wie auch immer – fest- Schulstrukturreform gewidmet, ein Vorgang, geschrieben ist. Sabine Asal sa (Referentin für Mitgliederentwicklung) der seine Nachbeben hat (in diesem Heft auf s.asal@vbe-rp.de Seite 7 nachzulesen). Aber es waren auch die Aber das ist dann nach den großen Ferien, fast Fotos/Grafik: neuen pädagogischen Chancen, die aufzuzei- schon im Herbst. Und diese Ferien sollten Sie Jan Roeder: Titel, 3-5, 7-15, 17, 24 Rückseite: Typoly gen waren. erst einmal genießen und Kraft schöpfen. Wir Felix Koenig (via Wikimedia Commons): 25 Helga Stopperich: 11 (unten) als Redaktion tun es auch. Hjalmar Brandt: 2, 23, 26 Ein zentrales Thema war die Unterstützung des Rechtsstreits zugunsten der sozialen Ge- n Mit sommerlichen Grüßen Die RpS erscheint elfmal im Jahr. Ihre RpS-Redaktion Für VBE-Mitglieder ist der Bezugspreis durch den rechtigkeit unter den Lehrämtern (Mehr Ge- Mitgliedsbeitrag abgegolten. Nichtmitglieder bestellen beim Verlag zum Preis von 4,80 Euro rechtigkeit wa(a)gen!), der zurzeit vor dem vierteljährlich einschließlich Vermittlungsgebühren. Redaktionsschluss 21.07.2014 für Heft 09/2014. Unser Rätsel aus Heft 06/2014: Hier ist die Auflösung Den Inhalt namentlich gezeichneter Artikel verantworten deren Verfasser. Nachdruck ist nur mit Zustimmung der Redaktion und Quellenangabe zulässig. Für unverlangt eingesandte Manuskripte besteht keine Gewähr. 1 2 3 4 5 6 7 A U S W E I S T E L E F O N Gesamtherstellung, Anzeigenverwaltung 8 N I W O H R G I Gebrüder Wilke GmbH, Druckerei und Verlag Oberallener Weg 1, 59069 Hamm T M I C I 9 O A S E WO WO R T E S E L T E N E-Mail: info@wilke-gmbh.de 10 W A S G K E I T ISSN: 1869 3717 16 O 11 G 17 12 L E E R 13 18 E 19 14 S 15 E E 20 S I ND H A B E N S I E R E B E L L Z O T E E Die nächste RpS erscheint G EW I C H T 21 22 23 24 T N Y S I L B E G am 03.09.2014. 25 26 27 28 I U E C H O C E L L O 29 30 S H A H B N I 31 32 O D E L H T S 33 34 35 36 N R L W A A G E R E C H T 37 38 S B I T F R A 39 40 41 42 E N C S T R I E R 43 44 45 N H K G E Z W T C 46 47 F L U T L I C H T G Z W O W O R T E S E L T E N S I N D H A B E N S I E G E W I C H T 2 Rheinland-pfälzische Schule 07-08/2014
– VBE kompakt – Magazin – – Grundschulzeugnisse: Schülerentwicklung: Das Gefälle wird schwächer Hürde genommen? Der Schülerrückgang flacht sich im kommenden Schuljahr ab. Lag das Minus im vergangenen Sommer noch D wofür ie neue Grundschulordnung besiegelt, der VBE hartnäckig gekämpft hat: bei ca. 10.000 Schülerinnen und Schülern, wird es ab 01. August 2014 Verbalbeurteilung ja – aber in Form von Kom- bei ca. 7.000 erwartet. Die Entwick- petenzstufen, die jetzt Könnensprofile heißen. lung vollzieht sich nach Schularten sehr unterschiedlich: An Grundschu- Die Erfahrungen mit der „alten“ Grundschul- len gibt es Zuwachs, ebenso an den ordnung von 2008 haben gezeigt, dass die sei- IGS (u. a. auch durch strukturelle Um- nerzeit verpflichtend gewordenen Verbalbeur- wandlung), alle anderen Schularten teilungen als Kommunikationsmittel zwischen verlieren weiterhin – mehr oder weni- Lehrern, Eltern und Schülern nicht funktionie- ger. Bei den Realschulen plus setzt ren, dafür aber enorme Arbeitskraft binden. Sabine Mages sich der Trend fort. (Seite 7) Bestätigt wurde diese Einschätzung durch eine Verfügung gestellt. Für alle anderen Fächer wa- Die aktuelle Zahl vom VBE initiierte Umfrage im Jahr 2012 bei al- ren die Schulen jedoch selbst gefragt, schulei- Studienseminare bilden 2.407 neue len Grundschullehrerinnen und -lehrern, deren gene Könnensprofile zu entwickeln. Lehrerinnen und Lehrer aus Ergebnis überdeutlich gezeigt hat, dass sich An den 25 rheinland-pfälzischen Stu- die große Mehrheit für eine Änderung der Ver- Zur Unterstützung hat der VBE auch weiterhin dienseminaren werden zurzeit 2.407 balbeurteilungen hin zu einem Verfahren aus- Nägel mit Köpfen gemacht und für alle übrigen angehende Lehrerinnen und Lehrer sprach, in dem den erworbenen Kompetenzen Fächer an den Teilrahmenplänen orientierte ausgebildet. Diese Zahl ist gegen- entsprechende Beurteilungsstufen zugeordnet Könnensprofile erarbeitet. Diese wurden in über dem Vorjahr um 153 Personen werden. Hartnäckig setzte sich der VBE daher der Neuauflage der VBE-Publikation „Hilfen bzw. 6 Prozent gesunken. Die meisten für eine Änderung der Grundschulzeugnisse und Anregungen für die Arbeit in der Grund- Nachwuchskräfte bereiten sich auf ein und konnte sich letztlich durchsetzen. Zu- schule“ veröffentlicht und darüber hinaus im den Einsatz an Gymnasien (963), an mindest weitgehend – denn natürlich sollten Grundschulbereich vertretenen Zeugnispro- Grundschulen (528) sowie an berufs- die Könnensprofile auch in weiteren Klassen- grammherstellern zur Verfügung gestellt. Die- bildenden Schulen (283) vor. In der stufen gelten. Da es aber keine Einigkeit unter ser Fundus sollte den Schulen helfen, auszu- Zeit vom 1. Februar 2013 bis 31. Janu- den im Grundschulbereich vertretenen Ge- wählen, was für die eigene Schule als passend ar 2014 schlossen 1.408 Personen werkschaften gab, waren die Fortschrittsmög- empfunden wird oder – durch die Vorschläge ihre Lehrerausbildung erfolgreich mit lichkeiten begrenzt. angeregt – eigene Wege zu gehen. Auf zahlrei- dem zweiten Staatsexamen ab. Die chen Informationsveranstaltungen, die sehr Mehrzahl dieser neuen Lehrkräfte Zum Halbjahr 2014 griff die neue Grundschul- große Resonanz fanden, stellte der VBE die ist weiblich (71,1 Prozent). Insbeson- ordnung erstmalig. Das Lehrer-Schüler-Eltern- Broschüre vor und klärte VBE-Fragen zu den dere bei den Lehrkräften mit dem gespräch (LSE), das sich in Klassenstufe 2 neuen Grundschulzeugnissen. Lehramt für Grundschulen (93,5 Pro- sehr bewährt hatte, wurde auch auf die Klas- zent) dominieren Frauen. senstufen 3 und 4 ausgedehnt, mit kurzem Ge- Wer sich direkt auf den Weg gemacht hat, Kön- sprächsprotokoll sowie einem Notenzeugnis. nensprofile zu nutzen, konnte schnell feststel- Quelle: Statistisches Landesamt, Juni 2014 len, welch enorme Arbeitserleichterung hiermit Zum Schuljahresende 2013/2014 konnte jetzt für die Zukunft verbunden ist. Doch nicht nur erstmalig per Gesamtkonferenzbeschluss fest- das. Die Rückmeldungen zeigen auch, dass Wir haben Zeit für gelegt werden, ob die Schulgemeinschaft im 3. das Ziel, eine bessere, verständlichere Kommu- unsere Mitglieder und 4. Schuljahr die Möglichkeit der neuen nikation zwischen Lehrern, Eltern und Schülern Verbalbeurteilung in Form von standardisier- zu erreichen, erreicht wird. Noch Fragen? ten schuleigenen Könnensprofilen in vierfacher Die VBE-Landesgeschäftsstelle Stufung der Beurteilung nutzen möchte. Da Könnensprofile stets überarbeitet und an nimmt sich Zeit für Sie. den Schulen neu vereinbart werden können, Ihre direkte Ansprechpartnerin: Aller Anfang ist schwer, oder? Alles, was ohne werden die jetzigen Erfahrungen dazu führen, Sabine Asal ausreichenden zeitlichen Vorlauf zum ersten die Anwendung für die eigene Schule zu opti- Referentin für Mitgliederentwicklung Mal praktiziert werden muss, kann – trotz aller mieren. Ziel könnte sein, LSE und Zeugnisse Schwerpunkte: Vorfreude auf die ausstehende Arbeitserleich- formal und inhaltlich so aufeinander abzu- n Alles zur Mitgliedschaft im VBE Rheinland-Pfalz terung – zunächst einmal Ängste verursachen. stimmen, dass für alle Beteiligten größtmög- n Events an Unis und Das Ministerium hat zwar an den Bildungsstan- liche Transparenz herrscht. Studienseminaren dards und den Teilrahmenplänen orientierte n Tagungen, Fortbildungen und Könnensprofile für die Fächer Mathematik und Ein Schritt in die richtige Richtung ist getan, Messen Deutsch von Lehrkräften erarbeiten lassen und und eine Hürde ist genommen! Kontakt: n Sabine Mages Fon 0 61 31 61 64 22 den Schulen sozusagen als „Steinbruch“ zur E-Mail: s.asal@vbe-rp.de stellv. VBE-Landesvorsitzende Rheinland-pfälzische Schule 07-08/2014 3
– Magazin – Deutscher Schulpreis für Mädchen-Realschule D geht er mit 100 000 Euro dotierte Deutsche Schulpreis in diesem Jahr an eine Mädchen-Realschule in mit je 25 000 Euro an die Erich-Kästner-Schule in Ham- burg, die Römerstadtschule in Frankfurt/Main, das Ge- München. Die städtische Anne-Frank-Realschule leiste schwister-Scholl-Gymnasium in Lüdenscheid, das Regio- mit ihrem naturwissenschaftlichen Profil einen wichtigen nale Berufsbildungszentrum Wirtschaft in Kiel und an die Beitrag dazu, Mädchen für Mathematik, Informatik, Na- „SchlaU-Schule/Schulanaloger Unterricht für Flüchtlinge“ turwissenschaften und Technik zu begeistern und dem in München. Fachkräftemangel in diesen Berufen entgegenzuwirken, Internet: heißt es in der Begründung der Jury. – Infos Schulpreis: http://schulpreis.bosch-stiftung.de/ Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) content/language1/html/index.asp übergab am 6. Juni in Berlin zudem fünf weitere Preise n dpa Niedersachsens Kom- munen wollen Kosten für Inklusion einklagen M ehrere Kommunen in Niedersachsen wollen vor dem Staatsgerichtshof gegen das Land klagen, weil sie die Kosten für die Einführung der inklusiven Schule erstat- tet bekommen wollen. Dabei geht es etwa um Ausgaben für den Einbau von Fahrstühlen, aber auch Inklusionshel- fer werden die Kommunen in Niedersachsen Millionen kosten. „Insgesamt haben bisher 47 Städte und Gemein- den ihre Bereitschaft zur Klage erklärt. Daraus werden wir in den kommenden Tagen fünf bis sechs Kommunen aus- suchen, die die Klage einreichen werden“, sagte ein Spre- cher des Städtetags am 5. Juni in Hannover. Die Inklusion krempelt die Bildungsfinanzen um n dpa Skepsis nach Einigung über Bildungsfinanzen D dern ie Einigung der Regierungskoalition mit den Län- über die Bildungsmilliarden hat grundsätzliche 2016/17 ist die seit Langem erwartete Bafög-Reform vor- gesehen. RHEINLAND-PFALZ: Mit den zusätzlichen rund Bedenken ausgelöst. Kritiker aus Opposition und Bil- 35 Millionen Euro bei der Übernahme der Bafög-Kosten dungsszene bezweifeln, dass die Länder ihre mit der neu- durch den Bund will die Landesregierung Hochschulen en Bafög-Finanzierung angestrebte Entlastung in Höhe und den Ausbau der Inklusion unterstützen. Nach dem von 1,17 Milliarden Euro tatsächlich für Hochschulen und Willen von Rot-Grün sollen rund acht Millionen Euro in Schulen einsetzen werden. Die Bildungsexpertin Jutta All- den Ausbau des gemeinsamen Lernens behinderter und mendinger begrüßte zwar die vereinbarte Lockerung des nichtbehinderter Schüler fließen. Die verbleibenden 27 Kooperationsverbots für die Hochschulen. Für den Schul- Millionen Euro sollen zur Grundfinanzierung der Hoch- bereich wäre dies aber der „viel notwendigere Schritt“, schulen genutzt werden. Über den Vorschlag will die Lan- sagte sie im Deutschlandradio Kultur. Ähnlich äußerten desregierung mit den Kommunen verhandeln. sich die Bildungsgewerkschaften GEW und VBE. Unter- dessen hat in den Ländern die Debatte um die Verteilung Internet: der Mittel auf die Bildungsressorts begonnen. Nach der – Papier zur Aufteilung der Prioritären-Maßnahmen: nach monatelangem Ringen gefundenen Einigung zwi- http://dpaq.de/7X5Ia schen Koalitionsvertretern von Bund und Ländern über- – Koalitionsvertrag: http://dpaq.de/wUWVF nimmt der Bund vom kommenden Jahr an die Kosten für – 20. Bafög-Bericht Bundesregierung: das Bafög komplett. Das entlastet die Länder um 1,17 Mil- http://dpaq.de/7G2RG liarden Euro pro Jahr. Das freiwerdende Geld sollen sie in n dpa Bildung und Wissenschaft stecken. Zum Wintersemester 4 Rheinland-pfälzische Schule 07-08/2014
– Magazin – Handwerk wirbt um Studienabbrecher D gasse amit Studienabbrecher beruflich nicht in der Sack- landen, sollen sie vermehrt für eine hand- von diesen wechselten in eine duale Berufsausbildung – angesichts des steigenden Fachkräftebedarfs im Hand- werkliche Ausbildung begeistert werden. Den Wechsel werk deutlich zu wenige. 1984 seien es immerhin 36 Pro- sollen von 2015 an 15 regionale „Leuchtturm-Projekte“ zent gewesen. Wichtig sei zudem, durch bessere Bera- erleichtern, kündigte Bundesbildungsministerin Johanna tung schon früh Fehlentscheidungen am besten ganz zu Wanka (CDU) zusammen mit Handwerkspräsident Hans verhindern. Für das Programm „Neue Chancen in Hand- Peter Wollseifer in Berlin an. „Es geht auch darum, leis- werk, Handel und Industrie“, für das die Ausschreibung tungsstarke Jugendliche für eine Ausbildung zu gewin- noch läuft, stehen bis 2017 gut 13 Millionen Euro zur Ver- nen“, sagte die Ministerin. Sie wies darauf hin, dass rund fügung. Etwa die Hälfte davon soll vor allem kleinen Be- 28 Prozent aller Studierenden aufgeben. „Das sind trieben helfen, Studienaussteiger zu finden. 60 000 bis 75 000.“ Lediglich 22 Prozent (Stand: 2008) n dpa Lehrer ziehen gegen Arbeitszeiterhöhung vor Gericht I n ihrem Protest gegen die von Rot-Grün beschlosse- ne Mehrarbeit zünden die niedersächsischen Gymna- siallehrer die nächste Stufe: Nach Demonstrationen und geplanten Klassenfahrten-Boykotten wollen sie vor das Oberverwaltungsgericht Lüneburg ziehen. Am 27. Mai kün- digte der Philologenverband eine Normenkontrollklage von betroffenen Lehrern an. Die Landesregierung missach- te mit der Reform ihre Fürsorgepflicht gegenüber den Be- amten, heißt es in einem von dem Verband in Auftrag ge- gebenen Rechtsgutachten. Darüber hinaus verstoße die Erhöhung der Pflichtstundenzahl nur für Gymnasiallehrer gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes. Das Kabinett hatte am selben Tag die Änderung der Arbeitszeit- verordnung für Beamte an öffentlichen Schulen offiziell be- schlossen. Demnach müssen Lehrkräfte an Gymnasien, Abendgymnasien, Kollegs und Beruflichen Gymnasien ab Sommer eine Stunde mehr pro Woche unterrichten. Zudem wird die versprochene Stundenermäßigung für Lehrer ab 55 Jahren ausgesetzt. Mit der neuen Arbeitszeitverordnung spart das Land etwa 80 Millionen Euro ein, die an anderer Stelle in die Bildung fließen sollen. n Sie wissen schon: Bildungschancen sind Lebenschancen Jedes dritte Kind in Deutschland chancenarm D Deutschland ie Gegensätze beim Aufwachsen von Kindern in waren nach Einschätzung der Arbeits- Kinder und Jugendlichen in Familien auf, in denen großer Geldmangel das Alltagsleben prägt. 12 Prozent haben El- gemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe selten so groß tern ohne ausreichende Schulbildung. Und in 10 Prozent wie heute. Während zwei Drittel der Kinder ohne Sorgen der Familien haben die Eltern keine Arbeit. Besonders in einem stressfreien Familienklima groß würden, drohe häufig zählten im Ergebnis viele Kinder aus Migrantenfa- ein knappes Drittel der jungen Generation abgehängt zu milien zu den Bildungsverlierern der jungen Generation. werden, heißt es einer Untersuchung der Arbeitsgemein- Internet: schaft (AGJ). Hauptursachen dafür seien Bildungsmangel, – Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendhilfe: Arbeitslosigkeit und Geldsorgen der Eltern, teilte der Ver- http://dpaq.de/7X4Yp band am 27. Mai in Berlin mit. Für die Studie hat die AGJ – Deutscher Kinder- und Jugendhilfetag: bundesweit amtliche Statistiken der vergangenen 20 Jah- http://dpaq.de/XwbIc re ausgewertet. Danach wachsen heute 18 Prozent der n dpa Rheinland-pfälzische Schule 07-08/2014 5
– Aktuell – Anhebung des Pensionsalters: dbb rheinland-pfalz mahnt zur Vorsicht D ienenangekündigte gestaffelte Anhebung der allgemei- Pensionsaltersgrenze für Beamtinnen und Beam- genau prüfen. Es muss nicht alles Gold sein, was glänzt,“ sagte die dbb Landesvorsitzende. te im Landes- und Kommunaldienst bewertet der dbb rhein- land-pfalz als faktische Pensionskürzung. Bei der „wir- Der dbb rheinland-pfalz setzt sich unter anderem ein für kungsgleichen Übertragung“ von Maßnahmen aus der Korrekturen bei den Versorgungsabschlägen. Bislang müs- gesetzlichen Rentenversicherung auf die eigenständige Be- sen Beamte bei einem Ruhestandsbeginn vor Erreichung amtenversorgung müsse man Vorsicht walten lassen, um der beamtenrechtlichen Altersgrenze einen Versorgungsab- soziale Symmetrie zu sichern, so die dbb Landesvorsitzen- schlag von bis zu 10,8 Prozent hinnehmen, auch wenn sie de Lilli Lenz mit Blick auf den vom rheinland-pfälzischen eine Dienstzeit von 45 und mehr Jahren zurückgelegt ha- Ministerrat nun ins gesetzliche Anhörungsverfahren gege- ben. Unter den Vorzeichen des Gesetzentwurfs hält die Ge- benen Gesetzentwurf. werkschaft einen abschlagsfreien Ruhestand mit dem voll- endeten 63. Lebensjahr für unabdingbar. Wichtig ist den Ergebnis der Entwicklung dürfe keinesfalls sein, dass im- Mitgliedsgewerkschaften und -verbänden des dbb rhein- mer mehr Beamte immer später mit immer höheren Ab- land-pfalz auch, dass mehr für die Gesunderhaltung und al- schlägen in den Ruhestand gehen, sagte die dbb Landes- tersgerechte Beschäftigung im öffentlichen Dienst getan chefin. Lilli Lenz: „Rosinenpickerei darf es nicht geben, bei wird. der der Gesetzgeber nur das aus dem Rentenrecht über- nimmt, was allein für den Landeshaushalt gut ist. Gerech- Lilli Lenz: „Wenn Beamte länger arbeiten sollen, dann muss tigkeit ist keine Einbahnstraße. Wir werden im Rahmen des der Dienstherr es ihnen auch mit einer entsprechenden Ar- Beteiligungsverfahrens fordern, Beamte gleichermaßen an beitsplatzgestaltung ermöglichen. Man kann eben bei solch den Verbesserungen im Rentenrecht zu beteiligen.“ wichtigen gesellschaftlichen Gestaltungsproblemen nicht nur ans Sparen denken.“ Für den dbb geht es dabei insbesondere um die sogenann- te Mütterrente. Zwischen 2016 und 2029 soll das allgemeine Pensionsalter „Gerecht wäre für uns, wenn alle Mütter unabhängig von wie auch schon in anderen Ländern und beim Bund je nach ihrem Beruf von der Neuregelung profitieren und wenn zum Geburtsdatum des Beamten gestaffelt jahrgangsabhängig Beispiel die Anpassung von Besoldung und Versorgung der erhöht werden, sodass die Pensionierung später erfolgt. Beamten der Tarifentwicklung im öffentlichen Landesdienst Der Abschlag bei vorzeitigen Pensionierungen soll steigen. folgt. Andernfalls kommt es zu einer Mehrfachabkoppe- lung. In diesem Zusammenhang werden wir auch die beab- n dbb sichtigte Übertragung des FALTER-Teilzeitarbeitsmodells VBE zum Bildungsbericht 2014 Hausaufgaben in Sachen Inklusion nicht gemacht „ Inklusion ist als Auftrag in der Politik angekommen“, sagt VBE-Bundesvorsitzender Udo Beckmann anläss- nicht das Wohl der Haushalte.“ Aus den Zahlen gehe nicht hervor, inwieweit für den Unterricht in inklusiven Klassen lich des aktuellen nationalen Bildungsberichts. „Doch eine mehr Lehrpersonen und Sonderpädagogen zur Verfügung tragfähige gemeinsame Finanzierung durch Bund, Länder stehen. Beckmann warnt, die Ressourcen sonderpädagogi- und Kommunen fehlt bis heute.“ Vor diesem Hintergrund scher Förderung dürften nicht heruntergefahren werden, sei die statistische Zunahme von Schülern mit sonderpäda- vielmehr müssten die nötigen Ressourcen in vollem Maße gogischem Förderbedarf an allgemeinen Schulen mit Vor- bei den allgemeinen Schulen ankommen. „Inklusion ist sicht zu bewerten, so Beckmann. nicht schneller durch die Schließung von Förderschulen zu haben“, betont Beckmann. „Der VBE lehnt derlei ‚einfache „Das gemeinsame Lernen von Schülern mit und ohne Han- Lösungen‘ ab. Wir fordern einen breiten Dialog aller Betrof- dicaps muss für jeden einzelnen Schüler einen Vorteil brin- fenen, damit die Sorgen und Nöte endlich auf den Tisch gen. Das Maß gelingender Inklusion ist das Kindeswohl und kommen und von der Politik ernstgenommen werden.“ 6 Rheinland-pfälzische Schule 07-08/2014
– Aktuell – Der VBE unterstützt ausdrücklich die Forderung, dass ins- der Lehreraus-, -fort- und -weiterbildung in den Fokus zu besondere im Schulbereich zu klären ist, wo welche Schü- rücken. „Der VBE dringt auf sonderpädagogische Module lerinnen und Schüler inkludiert und wo Sondereinrichtun- als Teil aller Lehramtsstudiengänge. Das darf aber kein Frei- gen zumindest in Teilen erhalten bleiben sollten. brief sein, die Sonderpädagogik-Ausbildung einzuschrän- ken. Regelpädagogik und Sonderpädagogik dürfen nicht Beckmann weiter: „Ein Beleg dafür, wie die Lehrer mit der gegeneinander ausgespielt werden. Ein inklusives Schul- Inklusion allein gelassen werden, ist die Tatsache, dass die system braucht mehr Sonderpädagogen als bisher.“ KMK fünf Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behinderten- rechtskonvention Handlungsbedarf in der Lehrerbildung n RED entdeckt.“ Es sei mehr als überfällig, Inklusion endlich in Schülerzahlen 2014/2015: Ist Gesundschrumpfen angesagt? K urz vor Ende eines Schuljahres kommen die Schüler- zahlprognosen für das nächste Schuljahr auf den auf die „Transferleistun- gen“ im Zuge auslaufen- Tisch, wie auch jetzt wieder für 2014/2015. Diese Progno- der Realschulen plus sen haben Folgen für die Personalplanung. und aufsteigender Inte- grierter Realschulen zu Zunächst ist festzuhalten, dass sich der Rückgang der buchen. Der Rest, und Schülerzahlen offensichtlich abflacht. Waren es in diesem das sind dann noch im- Schuljahr 2013/2014 noch knapp 10.000 Schüler/-innen mer 5.000 Schüler/-in- weniger als im Schuljahr zuvor, so wird für das nächste mit nen, gehen allein auf das einem weiteren Rückgang von knapp 7.000 Schülerinnen Konto des Schülerrück- und Schülern zu rechnen sein. Die Verteilung dieses gesam- gangs im Verein mit dem ten Rückgangs ist allerdings – wie zu erwarten – wiederum Schulwahlverhalten der nach Schularten höchst unterschiedlich. Zuwächse sind nur Eltern. an Grundschulen (nur plus 0,5 %, aber immerhin) und an Integrierten Gesamtschulen (plus 3,6 %) zu verzeichnen; Als der VBE Zahlen wie alle anderen Schularten verlieren Schülerinnen und Schü- diese im letzten Jahr öf- ler, und das höchst unterschiedlich. fentlich diskutiert hat, wurde er schwer ge- Der Auftrag für alle Schulen: Chancengleichheit Besonders gravierend ist der Rückgang der Schülerzahlen scholten: Vom Bildungsministerium, das die Entwicklung – wie im vergangenen Schuljahr – an den Realschulen plus. mit einem demografischen Ausgleich erklärte; und von an- Mehr noch: Im Vergleich zur Prognose für 2013/2014 hat deren Berufsverbänden wegen Miesmacherei: Der VBE wür- sich der Rückgang sogar leicht beschleunigt. So wird für de die Realschule plus „kaputt reden“. Die neue Prognose 2014/2015 mit einem Rückgang der Zahlen um gut 5.600 zeigt: Mitnichten. Der Trend hält an, der Umbau in der Se- Schüler/-innen gerechnet (2013/2014: knapp 5.400 Schü- kundarstufe I beschleunigt sich sogar. Davor die Augen zu ler), das Ganze aber auf einer schmaleren Grundgesamt- verschließen, ist entweder blauäugig oder opportunistisch, heit. Der Clou: Dieser erwartete Rückgang an Realschulen vermutlich aber beides zugleich. plus ist größer als der Gesamtrückgang an allgemeinbilden- den Schulen insgesamt. Ein Ausgleich auf das höhere Ni- Es scheint, als habe man angesichts dieser Entwicklung, die veau des Gesamtrückgangs gelingt nur mit den Zuwächsen sich vermutlich fortsetzen wird, die Parole „Gesund- an Grundschulen und Integrierten Gesamtschulen. schrumpfen!“ ausgegeben. Man kann das auch einfach „laufen lassen“ nennen. Angesichts der strukturellen Nach- Nun ist berechtigterweise einzuwenden, dass einige Real- teile, die die Realschule plus nach wie vor hat, könnte man schulen plus auslaufen und (völlig) zu Integrierten Gesamt- das durchaus als schulpolitisch riskant bezeichnen. Die ein- schulen werden. Es werden also Schülerinnen und Schüler zige Alternative – wenn man die Realschule plus wirklich von der Realschule plus quasi umgewidmet in Integrierte dauerhaft erhalten will – dürfte sein: Sie muss konkurrenz- Gesamtschulen. Das gilt übrigens auch für die Lehrkräfte, fähiger werden in der Sekundarstufe I. Und das bedeutet: die (hausintern) versetzt werden. Nimmt man diese Verset- Ihr Abschlussangebot muss gleichwertig werden. Die Eltern zungen als Bezugsgröße (man rechnet mit ca. 25 Kollegin- wollen nach der Grundschule nicht entscheiden, ob ihr Kind nen und Kollegen zum nächsten Schuljahr) und bezieht sie Facharbeiter oder Fachanwalt wird. Sie wollen die Offenheit anteilmäßig auf die Schülerpopulation, sind – nach dieser der Bildungswege und keine (vermeintlichen) Sackgassen. groben Überschlagsrechnung – maximal 10 % (also ca. 560 Schüler/-innen ) des Schülerrückgangs an Realschulen plus n br Rheinland-pfälzische Schule 07-08/2014 7
– Thema – Schwa Na rz se in G chdem wir in weiß den 1. esellsc der 9. h K hen w Weltkrieg aftslehre a las- an. A i r d arübe b e u sproch sführlich n rz e über d s c h l i e ß e n d u s a m m e n e n h a t t e n , s eren E s p rach ine DV a- Was is in D t dir vo drücke. Fr en wir in d -Reihe geblie m 1. W age an er Kla ben eltk ein sse d a s s ? Antwor t: rieg noch in en Schüler ein? S Nix! L : schwa chüle ehrer: Erinnerung rzweiß r : Der F W i . i l m w e kann nix. Kla Da kapiert ar in us Sch man ja midt Wer kennt es nicht, jenes berühmt-berüchtigte Aufsatzthema „Mein schönstes Ferienerlebnis“? Generationen von Schüle- rinnen und Schülern haben unter dieser Überschrift berichtet, wie sie die für viele schönste Zeit des Jahres verbracht haben. Die Redaktion der „Rheinland-pfälzischen Schule“ hat dieses Thema sozusagen auf den Kopf gestellt und zum Ende dieses langen Schuljahres für alle Kolleginnen und Kollegen neu formuliert: Mein schönstes Schuljahreserlebnis Viele Kolleginnen und Kollegen bzw. Kollegien haben uns den erbetenen kleinen Text zugesandt und uns mitgeteilt, an welches Ereignis sie sich besonders gern erinnern, welches Erlebnis dem Schulalltag einen besonderen Kick gegeben hat oder über welchen Gag sie besonders lachen konnten. Wobei – ganz im Ernst – das Lachen zuweilen im Halse stecken bleibt. Im Folgenden veröffentlichen wir eine Auswahl der Einsendungen. Wir bedanken uns sehr herzlich bei allen Kolleginnen und Kollegen, die uns ihr spezielles Erlebnis aus dem Schuljahr 2013/2014 mitgeteilt haben. Wir sind sicher: Auch das kommende Schuljahr hält wieder manches Ereignis bereit, das ein besonderes ist. Aber eben – so ist das in jedem Alltag – nicht nur. Umso besser, wenn wir darüber unseren Humor nicht verlieren. n RED Erster Platz beim „Leseraben“ Das schönste Erlebnis dieses Schuljahres war der Besuch schrieben die Erlebnisse auf. Zum Schluss wurden die gan- des echten Leseraben aus Ravensburg in der Grundschule zen Geschichten zu einem Buch gebunden. Die Oma eines Offenbach in der Klasse 2c. Die Klasse belegte mit ihrer Ge- Kindes fertigte für den Leseraben sogar ein maßgeschnei- schichte „Sportabenteuer mit dem Leseraben“ beim Ge- dertes Trikot an. Insgesamt 620 Geschichten gingen bei schichtenschreibwettbewerb der Stiftung Lesen zum The- dem Wettbewerb ein, bei dem die Klasse 2c am Ende als ma „Welche Sporterlebnisse könnte der Leserabe unter- Sieger hervorging. Den Beitrag kann man im Internet unter nehmen?“ den 1. Platz. www.stiftung-lesen.de/leserabe ansehen. Belohnt wurde die Klasse mit einem riesengroßen Buch- und Spielepaket. Die Handpuppe „Der Leserabe“ begleitete einige der Kinder Außerdem hat der echte Leserabe sein Kommen in die zu ihren Sportarten und musste so einiges ausprobieren. Grundschule Offenbach angekündigt. Auf diesen Besuch Das ganze wurde auf Fotos festgehalten und die Kinder wartet die Klasse nun ganz gespannt. n Felicitas Kern 8 Rheinland-pfälzische Schule 07-08/2014
– Thema – [itsmir] schmücken. Bei Konferenzen wurde es vom Tisch geräumt Erster Schultag, ich habe gerade frisch die Klassenleitung und thronte kritisch über dem schwarzen Brett und bei Kor- einer Berufsreifeklasse übernommen. Um das Eis zu bre- rekturen sowie an manchem langen Nachmittag leistete es chen, frage ich (weil bewährt) nach den Ferienerlebnissen mir Gesellschaft, wenn sonst keine Seele mehr in der Schu- der Schüler, speziell ob jemand im Ausland war. le war. B. meldet sich und sagt, er sei in der Türkei gewesen. Ich: Ah, wo denn da? Eines Tages kam ich aus dem Unterricht und sah, dass ein Er: Izmir (sprich [itsmir]). kunstschaffender Kollege die transparente Tüte, in die es Ich: Wird das nicht Izmir (sprich [izmir]) ausgesprochen? gepackt war, bemalt hatte. Ich erschien nun als Wild- Er: Äh, … ja. west-Pokerspieler mit schwarzem Gehrock und einer Ich: Sprichst Du den türkisch? ziemlich verwegenen Augenklappe. Er: Äh, nicht so wirklich. Ich: Erzähl den anderen mal davon. Wo liegt denn Izmir? Ich fand das nicht schlecht gelungen, nur Er: Weiß nicht. war es eben nicht auf der Leinwand Ich: Aber Du warst doch da! selbst zu sehen. Also bat ich ihn, Beste Er: Schon, aber woher soll ich das wissen? Da is Wasser. Nägel mit Köpfen zu machen und Eine E Ze eine a x-Schülerin iten Also Meer. das Porträt tatsächlich zu ver- musst ndere Stadt , die wege e n Ich: Aha. Und welches? fremden. Einzige Bedingung: letzte , postet bei meine 9. Kla Umzug in r Schu facebo s se ver Zeiten ltag ok la Er: Das Schwarze Meer? Man sollte mich noch erkennen vermis . Ich werde : Und heute ssen rer ve s en. De die be ist me Ich: Bist Du da sicher? können. rmis n ge ste K in da für sen und die chilltesten lasse aller Er: Nein. mich w Mensc Klasse nleh- are hen Ich: B., was machst Du eigentlich, wenn plötzlich Außerirdi- Der Kollege nahm die Heraus- nie ve n und sind , die imme rgesse und d r Bernd n kön ie ich sche Deine Eltern entführen und Du bist mutterseelenallein forderung an, verriet aber Neuha nte! us in der Türkei? nicht, was denn aus „mir“ Er (grübelt, dann aber entschlossen mit leuchtenden Au- werden würde. Einige Tage gen): Urlaub! n Klaus Kleuser vergingen, ohne dass sich et- was tat. Neulich morgens war Ich bin …! ich spät dran und ging direkt in den Klassen- Ein ungeliebtes Ritual, das immer wieder Aufregung in ei- raum, ohne erst im Lehrerzimmer vorbeizuschauen. Als nen ohnehin turbulenten Vormittag bringt: die Schulfoto- ich in der ersten großen Pause hereinkam, traute ich mei- grafie. Einige Wochen später – ich habe schon nicht mehr nen Augen nicht. Ich hatte vieles erwartet und befürchtet, daran gedacht – erhielten wir von dem Atelier ungefragt aber mit dem, was der Kollege aus meinem Portrait ge- und zusätzlich zu dem gewöhnlichen Bildersatz vermittels macht hatte, überraschte er mich völlig. Computertechnik zu „Bleistiftzeichnungen“ abstrahierte Fotos im Format 30 x 40 cm. Was die Schüler nicht abnah- Auf einem „Altar“, der aus einem Bistrotisch mit weißer men, schickten wir zurück. Tischdecke bestand, lehnte, gerahmt von zwei brennen- Offensichtlich nicht alle. Ein Bild von mir bereicherte sehr den weißen Kerzen, ein Gemälde von mir in Acryl auf Lein- lange meinen Platz im Lehrerzimmer. So lange, tatsächlich, wand in einem vergoldeten Rahmen. Ich – ganz in weiß – dass einige Kollegen sich den Spaß machten, es mal hier, mit einer goldgeränderten Brille – war … Papst! mal dort aufzuhängen oder es an Fasching mit Girlanden zu n Frank Handstein Teacher O f Zum 31. Ja The Worl nuar 2014 d rendariat ha ner letzte an der IGS Wörr be ich das Refe- 9er Engli n Stunde organis stadt beendet. In s dem beka chkurses ein Üb ierten die Schüle mei- m ich von err rm te mit Un te ihnen ein aschungsfrühstü eines e ck Zusatz: „ rschriften aller Sch handgemachte A . Außer- For the b ülerinnen bschiedsk hepunkt est ar- stellte ein English teacher und Schüler mit d Ich hatte se of th em den Schü lbstgebackener v e world“. Den Hö lern mal g eganer K und sie h aben esagt, d uchen da - wirklich e es zu verwenden ass ich Veganer b r. in toller u g in nd rühren ewusst. Das war der Absch Tobias Re ied! h Rheinland-pfälzische Schule 07-08/2014 9
– Thema – nkret Mathe kieo Klasse: d Frage an Wa s is t -4+5? nger! s S c h ü le rs: Schwa blem? e ro Antwort d itte? Hast du‘n P dem re ri n : W ie b S tr ic h auf Streitgespräch Leh ? Ein Nö, wieso Schwanger! Schüler: h e iß t: bahnte sich die Röhrchen rin: Upps Lösung an: Sie Lehre e Stahl wollten alle wieder Christian miteinander in der Pau- se am Treffpunkt Baum „Schule spielen“, um wichtige Re- geln einzuüben. In diesem Moment kam unsere Schulleiterin hinzu und suchte die Klassenlehrerin, der sie eine neue Schülerin aus Polen vorstellen wollte. Dabei waren außer dem neu- en Mädchen Sarina noch ihre Mutter mit einem Baby auf dem Arm und eine deutschsprechende Tante. Alle mach- ten einen sehr zurückhaltenden Eindruck, besonders die „Neue“. Verständlich, wenn man von jetzt auf nachher nicht nur die Schule, sondern auch das Land, die Kultur, die Sprache wechselt. Eines Tages Der meist sehr lebhafte Junge eingewanderter Eltern, Als die Mädchen hörten, dass Sarina zu ihnen in die Klasse Schüler der vierten Klasse, der durchaus auch untere solle und kein Deutsch spricht außer dem Satz: „ Ich heiße Klassenstufen besuchen könnte, bei dem man nie weiß, Sarina“, wurde sie von einer warmen Dusche der vier Mäd- ob sein Schweigen in bestimmten Situationen Unauf- chen begrüßt, umringt und eingeladen, mit ihnen in ihre Pau- merksamkeit, Desinteresse oder Unverständnis zu ver- senschule zu kommen, da könne sie schnell Deutsch lernen. danken ist und der selten erkennen lässt, wie er auf die „Wir helfen dir dabei, du kommst zu uns in unsere Schule tastenden Versuche, ihn zu motivieren und einzubezie- und wir lernen Deutsch mit dir!“ war der eindeutige Tenor. hen, reagiert, trägt eines Tages ein T-Shirt mit der Auf- schrift: „ONE DAY I WILL BE YOUR BOSS“. Wir Erwachsenen standen zuerst einmal sprachlos dem be- n Benedikt Maria Trappen obachteten Geschehen gegenüber und staunten nicht schlecht über die unerwartete Welle der Hilfsbereitschaft. Erste Hilfe im Streit Ich war richtig stolz auf die vier Mädchen, hatten sie sich Unter den schönsten Erlebnissen, die ich mit den Grund- doch einige Minuten zuvor noch mächtig in der „Wolle“. schülern immer wieder bei der Streitschlichtung habe, ist Alle sichtlich bewegt, sagte die Tante: „ Das habe ich nicht dieses gerade letzte Woche, Donnerstag vor Pfingsten, erwartet – bei uns in Polen heißt es immer, dass unsere passiert. Vier Mädchen hatten Streit und baten mich um Kinder von den deutschen Kindern in der Schule geschla- Hilfe. Als Lehrerin und Mediatorin an unserer Schule bin gen werden. Ich hatte solche Angst um Sarina und nun so ich es gewohnt, dass viele Kinder mich ansprechen und etwas, das ist einfach … und es verschlug ihr die Sprache um Hilfe bei Streitigkeiten bitten. Weil kein Schulsaal frei vor lauter Tränen der Rührung. Sarina stand überrascht, war um die „Erste Hilfe im Streit“ durchzuführen, setzte aber sichtlich erleichtert zwischen den umarmenden Mäd- ich mich mit ihnen kurzerhand in einen Sitzkreis ins Gras chen und darf sich nun freuen, wenn sie Dienstag nach zwischen unsere Pavillons. Nach ungefähr 15 Minuten Pfingsten zum ersten Mal in die neue Klasse kommt. Frage an I m Dunst (bei Koble eine Schülerin zu nz): Woh m Rhein Schülerin in fließt dieser Flu Na gut, a : Na, weit ss? ber wo fl er eben. ießt das Schülerin Wass : Nach Bo er letztlich hin? nn, Köln. Un Die Schü d dann? leri Es verdun n: Keine Ahnung. stet wa Wolfgang hrscheinlich. Weiß 10 Rheinland-pfälzische Schule 07-08/2014
– Thema – Ein S t ü c k c h e Ic h u n te rr ic h te n Süßes Schwerp e unktschu in z w e it e s S c h u schöner le , was nic lj a h r a n sind Mom ht imm e in e r gentlich e eher nerv nte wie dieser ein er leicht ist. Um hatte en ig began e h e ute Morg so dlic n: E Klopfen d h mit der Stillarb s war 8.30 Uhr, u en, der e i- ie Tür öff eit begon n d meine nete und n Klasse fröhlich h erein husc eine Mutt en, als sich nach er ungefr k übergeb en, dass hte, um ih re agt und w urzem über die sie wohl r Tochter wortreic ie immer Störung w eben h ihr Fr mir stum ollte ich si erst gekauft hatt ühstück zu e gerade e. V m ein kle nem „Me ines Stück zurechtweis erärgert rci“ aufs ch e n Schoko en, als sie Pult legte lade mit … ei- Heike Rit te (*“Erst-Hilfe im Streit“ heißen 5 Schritte aus der Inter- vention des Bensberger Mediationsmodells (BMM), die man überall in der Pause, im Flur, und wie man sieht, auch erfolgreich im Gras durchführen kann. Ganz nebenbei und unbeabsichtigt führen sie zu völkerverständigenden, bereichernden Nebeneffekten ): HERZLICH WILLKOMMEN SARINA n Ulla Püttmann, L Einer floh Letzte Woche sollten sich meine Schüler mit dem histori- schen Text „Der Hirt von Oggersheim“ beschäftigen. Das Als eines der 23 geschlüpften Küken starb, waren wir sehr Schmunzeln, Grinsen und „Gackern“ beim stillen Erlesen, betroffen und traurig. Wir bereiteten seine Beerdigung mit endgültig aber das „Losprusten“ und ausgelassene La- allem was dazu gehört vor. Die anderen Küken durften chen beim lauten Vorlesen der Einleitung zeigte mir, dass noch eine Woche bei uns bleiben, dann mussten wir leider sich meine Schüler doch äußerst intensiv mit dem Inhalt von ihnen Abschied nehmen. des Gelesenen auseinandersetzen. Da spielt dann auch die Groß- und Kleinschreibung nur noch eine untergeord- Diese Projekttage waren für uns alle – auch für die anderen nete Rolle. Klassen, die uns ständig besuchten – sehr beeindruckend. Sie werden uns lange in guter Erinnerung bleiben. „Es war im Dreißigjährigen Kriege, als ein Trupp spani- scher Reiter bis in die Nähe des Städtchens Oggersheim n Cedrik, Maximilian N., Gjemile, Felicitas, kam. Kaum hörten seine Bewohner davon, als sie auch Karina, Michelle, Tobias, Helene, Sören, Lucas, schon ihre Habe zusammenrafften und die Flucht ergriffen. Maximilian K., Lea, Helga Stopperich und Katrin Holz Nur ein einziger floh nicht, und das war Hans Warsch, der Hirt von Oggersheim. ...“ – Es war der Floh, der die Kinder so amüsierte. n Stefanie Laubenstein Das Leben ist ein Hühnerstall In Zusammenarbeit und mit großer Unterstützung eines heimischen Geflügelzuchtbetriebes im Asbacher Land führte die Klasse 1/2 der Maximilian-Kolbe-Schule Rhein- brohl im Mai die Projekttage „Vom Ei zum Küken“ durch. Herr Freund von der Geflügelzucht stellte in unserem Klas- senzimmer einen Brutschrank mit 30 befruchteten Eiern auf. Nach einer Woche konnten wir hautnah miterleben und beobachten, wie die ersten Küken schlüpften. Bei einigen mussten wir sogar Geburtshilfe leisten. Es machte uns nichts aus, sogar am Wochenende für die Küken in die Schule zu kommen. Wir mussten ihnen das Trinken bei- bringen, sie füttern, die Temperatur und Luftfeuchtigkeit im Kükenheim kontrollieren und dieses ausmisten, um nur die wichtigsten Arbeiten zu nennen. Da ist Leben im Hühnerstall! Rheinland-pfälzische Schule 07-08/2014 11
„ – Thema – Scholas reformari posse in melius.“ „Die Schulen können zum Besseren reformiert werden.“ J. A. Comenius, 1657 Vom Traum zur Wirklichkeit – wie Inklusion gelingen kann D iedienen Pädagogik und die sie fördernde Bildungspolitik dem Wohl von Kindern und Jugendlichen, 2. Zur obersten Maxime Das erwähnte Gutachten und die sich daran anschließen- vermeiden unnötigen Streit, vor allem den auf Kosten der de Diskussion nahmen die Defizite der damaligen Hilfs- nachfolgenden Generationen, und sind deshalb in einer bzw. Sonderschulen zum Anlass, eine konsequente, aber Demokratie konsensorientiert, suchen Kompromisse und behutsame Reform des Sonderschulwesens zu fordern balancieren berechtigte Gegensätze (Antinomien) so aus, und einzuleiten, was aber nur in minimalen Ausmaßen dass die aus ihnen sich artikulierenden ‚guten Gründe’ gelang und bis zur sogenannten Behindertenrechtskon- maßgebend werden – zum Wohle aller. Das war und ist vention von 2006 (beim deutschen Ratifikationsverfah- ihre Handlungsmaxime im Umgang mit verschiedenen ren) weitgehend unbeachtet geblieben ist, sodass die Religionen, Kulturen, Sprachen, Ethnien etc. ebenso wie meisten Mängel (wie die „Abschiebung“, die „Versäu- bei der schulischen Bildung von Menschen mit Behinde- lung“, die soziale „Isolation“ oder manche diskriminie- rungen. rende „Klinifizierung“) bis heute nicht beseitigt sind. Aus diesem Grund gilt es, die damalige oberste Maxime in Er- Diese grundlegende Einstellung erlaubt folgende zehn innerung zu rufen, die da lautete: Gebt behinderten und 1. Hinweise: von Behinderung bedrohten Schülern so viel Integration wie möglich und so viel separate Förderungen wie not- Zur Begrifflichkeit 3. wendig! Als der Ausschuss Sonderpädagogik des Deutschen Bil- dungsrates nach 4-jähriger Arbeit 1973 sein Gutachten Zur anthropologisch-pädago- „Zur pädagogischen Förderung behinderter und von Be- gischen Fundierung hinderung bedrohter Kinder und Jugendlicher“ vorlegte, Diese vorausgegangene Maxime war übrigens auch dem hatte ich das Glück, bei dem Ausschussvorsitzenden, dem Schulstreit Gesamtschule vs. Gymnasium bekömmlich, Bochumer Pädagogen Jakob Muth, studieren und ihm denn man einigte sich (vor allem in NRW) auf die Formel: später assistieren zu dürfen. Wir sprachen damals von In- Lasst die Schüler so lange wie möglich beieinander und tegration, wohl wissend, dass darin das lateinische Verb trennt sie so früh wie notwendig! Da die Menschen ver- integrare steckt: jemanden/etwas einbeziehen, wieder- schieden und doch auf communitarity angewiesen sind, herstellen, aus Unterschieden ein Ganzes formen. So ge- bleiben Differenzen und Gemeinsamkeiten die beiden an- sehen bedeutet Integration die Eingliederung von Ver- tinomisch aufeinander bezogenen Dimensionen ihres Da- schiedenartigem, aber Gleichwertigem. Demgegenüber seins: Jedem ist das Seine zu geben (suum cuique), aber steckt in dem Substantiv Inklusion das Verb includere: je- nicht allen dasselbe, lautet die Forderung, denn jedes Indi- manden/etwas einschließen – ob zum Schutz oder aus viduum ist einzig bzw. verschiedenartig, aber gleichwertig. Strafe ergibt der Kontext. Und das Schlagwort „all inclusive“ war vor 40 Jahren noch völlig unbekannt. Erst diese Aussage erlaubt es, von Gesundheit und Krank- Wer also heute von der Inklusion behinderter Schü- heit oder von Hochbegabung und Behinderung zu spre- ler spricht, hat die helfenden und heilenden chen, solange diese Unterschiede keine Wertungen nach Absichten, die im Begriff der Integration ste- sich ziehen. Just diese gilt es, auch mithilfe einer integrie- cken, ebenso mit zu bedenken wie renden Inklusionspädagogik zu verunmöglichen. Umge- ihre Bescheidenheit, die jede kehrt nimmt man Behinderungen nicht ernst, wenn man Totalität und Übertreibung ihre Bezeichnungen diskreditiert, sogar verbieten will. zu meiden ver- sucht. Deshalb Die einzelnen Syndrome innerhalb der klassischen sieben sollten wir in Zu- Behinderungsarten (Lernschwierigkeiten, Geistige Beein- kunft von einer trächtigungen, Sozial-emotionale Entwicklungsstörungen, integrierenden In- Sprach- und Sprechschwierigkeiten, Körperbehinderun- klusion sprechen. gen, Sinnesbeeinträchtigungen beim Sehen sowie beim Hören) mögen verbesserungswürdig sein, sie als diag- nostische Begriffe aber auszumerzen, ändert nichts an ih- 12 Rheinland-pfälzische Schule 07-08/2014
– Magazin – Thema – rer leidigen Realität. Der Autor ist z. B. aufgrund einer re- zessiv vererbten Störung (wie etwa 3 bis 5 % aller männ- lichen Wesen) von der sog. Dyschromasie, der Farbenblindheit, gekennzeichnet, die viele Behinderun- gen nach sich zieht, die aber nicht dadurch behoben oder auch nur abgeschwächt werden, dass man ihre Bezeich- nung ächtet. Was würde vergleichbar die deutsche Ärzte- schaft sagen, wenn wir allen Krankenhauspatienten ihre Krankheitsbezeichnungen nähmen und alle auf einer Ein- heitsstation mit derselben Therapie behandelten? Den Herzkranken nicht anders als das Unfallopfer … Dabei ist es sicherlich mehr als eine Anmerkung wert, auf die Tatsache hinzuweisen, dass die Anzahl der verhal- tensauffälligen bzw. -gestörten Kinder und Jugendlichen enorm zugenommen hat und offensichtlich weiter zu- 5. nimmt. Von daher ist jede Pädagogische Anthropologie auf die Verschiedenartigkeit und auf die Gleichwertigkeit Zur Lehreraus- und -weiterbildung 4. aller Menschen verwiesen. Noch völlig ungeklärt ist das Problem, mit welchen Kom- Zur Ressourcenbereitstellung petenzen Lehrkräfte ausgestattet sein und werden müs- Als gleich zu Beginn meines Gründungsrektorats (1998- sen, die in den gewünschten Schulen „lehren, erziehen, 2002) der Evangelischen Gesamtschule Gelsenkirchen beraten, beurteilen und innovieren“ sollen – um aus ei- seitens der Schulträgerin massiv die Forderung an mich nem weiteren Gutachten des Deutschen Bildungsrates herangetragen wurde, auch körperbehinderte Schüler (aus dem „Strukturplan für das Bildungswesen“) zu zitie- aufzunehmen, habe ich diese ebenfalls vehement be- ren. Ohne eine völlige Neukonzeption der deutschen Leh- grüßt, aber an die Bedingung geknüpft, dass die räumli- rerbildung ist die Inklusionspädagogik zum Scheitern chen Voraussetzungen ebenso erfüllt sein müssen wie verurteilt. Denn mit einem bloßen „Inklusionsschein“ für die personellen und sächlichen. Nachträglich hat sich die- alle Lehrer, nach einem 2- oder 4-stündigen Seminar, ist se Bedingungsbindung (speziell für diese behinderten genauso wenig zu erreichen wie mit dem sog. „Migrati- Schüler) als ausgesprochen not-wendig erwiesen. onsschein“, den z. B. die Berliner Hochschulen bzw. Uni- versitäten in den 80er- und 90er-Jahren zu ermöglichen Niemand fordert andere z. B. auf, ein Haus zu bauen, hatten. gibt ihm aber weder ein geeignetes Grundstück noch einen Bauetat und erforderliche Arbeitskräfte. Deshalb Deshalb bleibt es eine unabdingbare Forderung, der In- ist es geradezu absurd, wenn der jetzt vorliegende Ge- klusionsreform eine ihr adäquate Lehreraus- und vor al- setzentwurf der Landesregierung von RP den Ressour- lem -weiterbildung zuzuordnen, wenn innerhalb der mehr cenvorbehalt im § 3, Abs. 5 des alten Schulgesetzes als 700.000 Lehrkräfte in fast 35.000 allgemeinbildenden aufhebt, der bekanntlich die gemeinsame Beschulung Schulen nicht extremer Widerstand oder auch Resignati- 6. von Schülern „mit und ohne Behinderungen von der on und Verzweiflung entfacht werden sollen. Schaffung ausreichender sächlicher, räumlicher und personeller Bedingungen“ abhängig machte. Wer dies Zur Wissenschaftlichen tut, betreibt eine scheinheilige Symbolpolitik (im besse- Begleitforschung ren) oder/und schadet behinderten und nichtbehinder- Wer eine Reform installiert, ohne ihre Voraussetzungen, ten Kindern und Jugendlichen (im schlechteren Fall). Die ihre Verläufe und Effekte zu prüfen, geht mit einer Wün- integrierenden Inklusionsschulen („Schwerpunktschu- schelrute spazieren und wird, früher oder später, von sei- len“), das belegen u. a. die Gutachten meines früheren nen Gegnern der Lächerlichkeit anheimgegeben. Wenn Essener Kollegen Klaus Klemm, werden mehr Ressour- heutzutage durch die Politik, bes. durch die OECD, alles cen erfordern als das allzu früh selektierende geglieder- Mögliche (auch viel Nutzloses) evaluiert, akkreditiert, te Schulwesen. rankidisiert, falsifiziert und verifiziert wird, mutet es schon grotesk an, dass die wohl größte und folgenreichs- Eine so umfassende Reform des deutschen Schulwe- te Reform, die das deutsche Bildungswesen zu unterneh- sens in Richtung eines integrierenden Systems kann men beginnt, wenn sie diese gleichsam mit erkenntnis- demzufolge nur erfolgreich sein, wenn es die dazu nöti- blinden Augen zu verwirklichen trachtet. Selbst partielle gen Ressourcen bereitstellt – übrigens auch allen Betei- und temporäre Begleitforschungen in bestimmten Schu- ligten genügend Zeit zum Umdenken und Neuhandeln len sind aber bisher in keinem Reformdesign zu entde- einräumt. cken. Rheinland-pfälzische Schule 07-08/2014 13
– Thema – Wo diese Absicherungen und Kontrolldaten ausbleiben, Deshalb wird die Verwirklichung einer integrierenden In- kann keine Reform empirisch, sondern nur ideologisch klusion manche Förderschule überflüssig machen, aber 7. legitimiert werden, d. h.: erfolgreich sein. alle Regelschulen für bestimmte Behinderungen öffnen und dennoch spezielle Förderzentren für Schwer- und Zur Realisation 8. Mehrfachbehinderte weiterhin anbieten. Wenn die Formel: „So viel Integration wie möglich und so viel Separation wie nötig“, akzeptiert wird, dann hat sie Zum Elternrecht drei praktische Folgen: Heike Schmoll, Deutschlands wohl kompetenteste Bil- n Ein großer Teil der Schüler, die jetzt noch in den mehr dungsjournalistin, wies (am 20. Mai 2014) in einem Leit- als 2.000 Sonder- bzw. Förderschulen unterrichtet wer- artikel der FAZ auf das Dilemma zwischen Elternwunsch den, kann unter Bereitstellung notwendiger Ressour- und schulischer Verantwortung hin – vor allem dann, cen in den sogenannten Regelschulen erfolgreich un- wenn Eltern eine totale Inklusion fordern, wo eine partiel- terrichtet werden. Das trifft besonders auf körperbe- le dem Wohl des Kindes mehr entspräche. Dahinter steckt hinderte und sinnesbeeinträchtigte Schüler zu. häufig die Haltung, dass nicht sein soll, was nicht sein n Diesen nur mit geringen Abstrichen als voll integrier- darf. Ein Kind mit Down-Syndrom oder Enzephalitis kann baren Schülern treten jene zur Seite, die mit Bedacht aber kein Abitur bestehen und später Mathematik studie- teilweise am regulären Unterricht teilnehmen können, ren. Deshalb sollten die Eltern bei der Wahl der geeigne- weil sie nur partiell und temporär der besonderen Hil- ten Schule für ihre Kinder zwar die letzte Verantwortung, 9. fe, Förderung und alternativen Unterrichtung bedür- aber nicht das alleinige Entscheidungsrecht haben. fen. Ein geistig behindertes Kind z. B. kann und soll nicht so lange gefördert werden, bis es ‚normal’ ist, Zum Konnexitätsprinzip sondern bedarf in vielen Bereichen eines anderen Un- Neulich fuhr eine Gruppe behinderter Jugendlicher mit terrichts als die meisten seiner Mitschüler, kann aber, zwei Betreuern in einem Kleinbus zum Pokalendspiel sagen wir, am regulären Sport-, Kunst- und Werkunter- nach Berlin – zur Freude aller. Denn niemand musste ein- richt mit seinen Klassenkameraden auf seine Weise räumen, dass der Bus keine TÜV-Plakette und kaum Ben- ebenso teilnehmen wie der an einer Legasthenie und/ zin im Tank hatte, dass die beiden Fahrer keinen Führer- oder Dyskalkulie leidende Schüler, der eben ‚nur’ in schein besaßen und auch den Proviant vergessen hatten, der Rechtschreibung und/oder ‚nur’ in der Mathematik aber die Strecke Dortmund – Berlin in höchstens zwei separate Hilfen benötigt. Stunden zurücklegen sollten … Kurz: Reformen kosten n Und drittens gibt es jene behinderten Kinder und Ju- Geld, benötigen Zeit und die Akzeptanz einer größtmög- gendlichen, deren Schweregrad ihrer Beeinträchtigun- lichen Mehrheit, wenn sie gelingen sollen. Wer gegen gen oder deren Mehrfachbehinderung durchgängig das auch in der rheinland-pfälzischen Verfassung veran- eine spezielle Förderung zwingend not-wendig ma- kerte Konnexitätsprinzip verstößt, schadet letztlich den chen. Gerade diese Schüler würden durch eine totale Behinderten und der Reform ihrer zu verbessernden 10. Inklusion in eine Regelschule nicht nur die Emotionali- Schulen. tät ihrer peer-group verlieren, sondern auch die ihnen absolut notwendige professionelle Spezialhilfe, die Zur weiteren keine Regelschule weder heute noch morgen aufzu- Auseinandersetzungskultur bringen vermag. An der Inklusionspädagogik beteiligen sich ganz unter- schiedliche Gruppen mit z. T. divergenten Interessen, die häufig nur latent geäußert werden: Schüler, Eltern, Ver- bände, Politiker, Wissenschaftler, Medien u. a. m. Und nicht immer wird offen gesagt, was man eigentlich will. Manche wollen ihre Besitzstände wahren, andere nicht wahrhaben, was leider (!) Realität ist. Es gibt „Inklusionisten“, die – nachdem die Gesamtschu- le das Gymnasium nicht zu ersetzen vermochte – jetzt eine neue Chance wittern, mithilfe der UN-Resolution nun doch die „Einheitsschule“ einführen zu können. Und wir lesen dickleibige Bücher (wie das gerade erschienene von Kersten Reich) über „Inklusive Didaktik“, in denen ernsthaft behauptet wird, „Behinderungen sind immer Zuschreibungen aus einer angeblichen Normalität her- aus“ (S. 36), mit anderen Worten: Sehen-Können ist nur angeblich normal und Blind-Sein eine bloße Zuschrei- bung. Wer hingegen auf den Bedingungen einer integrie- renden Inklusion beharrt und bei deren Verweigerung das 14 Rheinland-pfälzische Schule 07-08/2014
Sie können auch lesen