Hearing4all Die Zukunft des Hörens - www.hearing4all.de
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Ich finde es herausragend, dass der Exzellenzcluster die Belange 1 Schallleitungsschwerhörigkeit/Mittelohr- der Betroffenen verstehen möchte und uns über die aktuellen Ergebnisse schwerhörigkeit – Lässt sich grundsätzlich und Zukunftsvisionen informiert. Wir glauben fest daran, dass der Cluster operativ behandeln. Je nach genauer Ursache 3 durch kontinuierliche Forschungstätigkeit sein Ziel „Hören für alle“ zum kann diese vom Trommelfellschnitt bis zum 2 Wohle aller Betroffenen erreichen wird.“ Einsatz passiver Prothesen reichen. 1 Dr. Harald Seidler, Präsident Deutscher Schwerhörigenbund e.V. 2 Innenohrschwerhörigkeit – Lässt sich mit Hörsystemen ausgleichen. Je nach Schwere- Bild: Medical Art Inc /Shutterstock.com grad mit konventionellen Hörsystemen, teil- oder vollimplantierbaren Hörsystemen, oder Cochlea Imlantaten. Die Zukunft des Hörens 3 Gehörlosigkeit – Ist der Hörnerv nicht intakt, kommt unter Umständen ein zentalauditori- sches Implantat wie das Hirnstammimplantat Der Exzellenzcluster Hearing4all (ABI) oder Mittelhirnimplantat (AMI) in Frage. M it mehr als 15 Millionen Betroffenen ist Schwerhörigkeit in Deutschland eine Volkskrankheit. Den größten Anteil ma- chen Lärmschwerhörigkeit und Schwerhörigkeit im Alter aus. Aufgrund des demographischen sondere das Hören bei Störgeräuschen und das Richtungshören sind für alle Betroffenen eine gro- ße Herausforderung. Durch den technologischen Fortschritt und die Änderung des Nutzerverhaltens sowie gesteigerten individuellen Ansprüchen ist die bigen akustischen Szenarien – zu beheben und die Grundlage für individuell angepasste Hörsysteme von übermorgen zu schaffen, werden im Exzel- lenzcluster innovative Signalverarbeitungsalgo- rithmen und Stimulationsmethoden (akustisch, Projektarbeit im Exzellenzcluster weiter zusam- mengewachsen. Strukturen, wie die dauerhafte Einrichtung neuer Professuren oder eine „Joint Re- search Academy“ zur Nachwuchsförderung in die- sem Bereich, konnten aufgebaut werden. Dank der Wandels steigt die Anzahl der Betroffenen stetig. Nachfrage nach einer individualisierten Hörprä- mechanisch, neuronal und optisch) entwickelt, die Clusterförderung verfügen die Standorte über neue sentation stark angestiegen. Allerdings bleibt der den Informationsverlust des geschädigten Gehörs Großgeräte und Labore (wie z.B. ein 3D-Virtual Re- Gut hören und verstehen ist von außerordentlich tatsächliche Nutzen der neuen Technologien für ausgleichen. Modelle, die die Hörleistung von Pa- ality Lab), die nun entscheidend zur Erforschung großer Bedeutung. Unser aktivstes Sinnesorgan – viele (potenzielle) Nutzer noch stark limitiert, weil tienten mit verschiedenen Hörhilfen vorhersagen, der relevanten Fragestellungen beitragen. 2 das Gehör – ist entscheidend für Kommunikation, die Techniken weder optimal an den einzelnen Nut- optimieren die Auswahl der Versorgung. Neue An- 3 Orientierung und Sicherheit. Dennoch wird das Ge- zer noch an die jeweilige akustisch herausfordern- passkonzepte sowie die Anpassung der Funktio- Der translationale Gedanke ist dem Exzellenzclus- hör häufig als Sinn zweiter Klasse betrachtet. Erst de Umgebungssituation angepasst sind. nalität des Hörsystems durch den Träger erhöhen ter immanent. Die untersuchten Fragestellungen wenn sich das Gehör verschlechtert, wird bemerkt, den individuellen Nutzen der Versorgung. haben ihren Ursprung in ungelösten klinischen welch tragende Rolle das Hören in der alltäglichen Der Exzellenzcluster Hearing4all hat sich zum Ziel und praktischen Problemen. Die enge und pro- Kommunikation spielt. Menschen mit unversorg- gesetzt, eine Verbesserung des Hörens für alle Ar- 3. Um das „Hören für alle“ Wirklichkeit werden zu duktive Kooperation mit der Industrie wurde in den tem Hörverlust fühlen sich oft isoliert und leiden ten und Grade von Schwerhörigkeit zu erreichen. lassen, muss auch der Teil der Bevölkerung be- vergangenen fünf Jahren weiter ausgebaut. Diese häufiger an Depressionen und Schlaflosigkeit. Ne- Hier gilt es zunächst einmal, Hören und Hörstörun- rücksichtigt werden, der einen altersbezogenen enge Kooperation wird auch in den jährlichen in- ben dem nicht zu beziffernden Verlust an Lebens- gen besser zu verstehen. Dabei reicht es nicht aus, fortschreitenden Hörverlust hat, der aber noch ternationalen Hearing4all-Symposien deutlich, zu qualität entsteht auch ein volkswirtschaftlichen sich nur mit dem Ohr zu befassen. Das Ohr ist nur nicht diagnostiziert ist („subklinische“ Bevölke- denen neben hochkarätigen WissenschaftlerInnen Schaden z.B. durch Arbeitsunfähigkeit oder Früh- die erste Station einer sehr komplexen Hörbahn, rung). Indem Technologie, die ursprünglich im aus aller Welt auch Vertreter aus der Industrie re- pensionierung bei den Betroffenen. die über den Hörnerv und verschiedene auditori- Bereich technischer Hörhilfen entwickelt wurde, gelmäßig beitragen. sche Zentren im Gehirn bis in den Kortex reicht, in konventionelle Unterhaltungselektronik (Mobil- Hörstörung: Die unterschätzte Herausforderung also den Bereich der bewussten Wahrnehmung. telefone, Videokonferenzsysteme, Fernsehgeräte) In dieser Broschüre stellen wir Ihnen exemplarisch Hörstörungen können in allen Bereichen des Ge- Um eine optimale Versorgung für alle zu gewähr- eingebaut wird, erarbeitet der Exzellenzcluster Lö- zwölf der über 100 Einzel-Projekte vor, die die Hör- hörs und Gehirns auftreten und jeder Hörverlust ist leisten, arbeiten die Forscher des Exzellenzcluster sungen, die einen derartigen Hörverlust frühzeitig forschung und damit auch die kommunikative Si- individuell. Je nach Art und Ausmaß des Hörver- an Lösungen für die folgenden drei grundlegenden auffangen. Dadurch wird dem subklinischen Teil tuation von uns allen entscheidend vorangebracht lustes gibt es verschiedene Möglichkeiten diesen Probleme: der Bevölkerung ein gewisses Maß an Behandlung haben. zu kompensieren. Bei mittelgradigem Hörverlust zuteil, bevor die peripheren Hörstörungen zu Fol- kommen in der Regel Hörgeräte zum Einsatz. Bei 1. Konventionelle Diagnosemethoden können oft geschäden bei der zentralen Hörverarbeitung füh- Weiter denken – Hearing4all 2.0 hochgradiger Schwerhörigkeit und völliger Taub- nicht die genaue Ursache und Pathophysiologie ren können. Erfolgreiche Konzepte weiter zu denken, erarbei- heit sind Hörimplantate, insbesondere Cochlea-Im- des Hörverlusts eines Patienten bestimmen. Der tete Strukturen zu nutzen und Zukunftskonzepte plantate, eine mögliche Lösung. Für Menschen, Exzellenzcluster entwickelt eine theoretisch fun- Zukunft hören – es geht voran zu entwickeln – das macht für uns erfolgreiche die keinen funktionierenden Hörnerv mehr haben dierte Diagnostik, der ein vereinheitlichtes funkti- Das Ziel des interdisziplinären Exzellenzclusters Forschung aus. Im aktuell laufenden Exzellenz- (z.B. nach Tumorentfernung), können Hirnstam- onales auditorisches Modell zugrunde liegt, um so „Hearing4all“ ist das Hören für alle. Das bedeutet cluster haben wir wichtige Bausteine für bessere mimplantate und seit neuestem auch Mittelhir- zu einem besseren Verständnis des individuellen vor allem bessere Kommunikation für jeden ein- Diagnostik, Hörsysteme und assistive Technologien nimplantate eingesetzt werden. Nur mit einer wis- Gehörs zu gelangen. Auf Basis von Experimenten zelnen. Durch eine Verbesserung der individuellen entwickelt, darauf aufbauend wollen wir speziell senschaftlich fundierten Diagnostik kann unter der an Mensch und Tier, sowohl mit invasiven als auch Hördiagnostik und der entsprechend angepassten auf die Bedürfnisse von Betroffenen zugeschnitte- Vielfalt technischer Hilfsmittel die Auswahl für eine mit nicht-invasiven Methoden, werden neue Diag- Versorgung mit persönlichen Hörhilfen haben die ne Lösungen für alle Formen der Schwerhörigkeit optimale Versorgung getroffen werden. nosemethoden entwickelt, um die individuelle Be- WissenschaftlerInnen in den vergangenen 5 Jah- umsetzen. So kommen wir von einem empirischen, handlung der Betroffenen zu verbessern. ren große Erfolge erzielt. Die schon seit 2006 in subjektiven Ansatz zu einer modernen, datenge- Obwohl seit fast einem Jahrhundert an techni- der Audiologie Initiative Niedersachen (AIN) und trieben Wissenschaft und Präzisionsmedizin mit schen Lösungen für Schwerhörige gearbeitet wird, 2. Um die Defizite der heutigen Hörhilfen – insbe- im Auditory Valley verbundenen Universitäten und einem hohen Standard. Damit rückt das Ziel „Hö- sind viele Probleme noch nicht behoben. Insbe- sondere die Störgeräuschunterdrückung in belie- Forschungsinstitutionen sind durch die intensive ren für alle“ noch ein Stück näher. Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird in den Texten nur die männliche Form verwendet. Die weibliche Form ist selbstverständlich immer mit eingeschlossen.
Abbildung1: CAFPAS – eine compu- Das Hören verstehen tergestützte Methode, die Ärzten bei Diagnostik und Behandlung helfend zur Seite stehen soll. Modelle für die Hörsysteme von übermorgen W issenschaftliche Modelle sind ein unver- ten in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Dr. Birger Aber wie genau kann eine Diagnostik von Einzel- Um langfristig zu einer „audiologischen Präzisi- zichtbares Mittel zur Gewinnung neuer Kollmeier ein Modell zur binauralen Signalverar- komponenten des Hörverlusts erfolgen? Dazu ons-Medizin“ mit exakter, individualisierter Diag- Erkenntnisse. Ihre Hauptfunktion ist die beitung, d. h. wie das vom linken und rechten Ohr werden im Exzellenzcluster neue klinisch-dia- nostik und der Kombination auch unvollständiger Erklärung und Voraussage von Phänomenen. Das ankommende Hörsignal im Kopf miteinander ver- gnostische Verfahren wie z. B. der Oldenburger audiologischer Daten von verschiedenen Kliniken mittel- bis langfristige Ziel des Exzellenzclusters rechnet wird, um Störschall zu unterdrücken und Satztest im Störschall oder die binaurale (beid- in einem „Big Data“-Konzept zu gelangen, verfolgt Hearing4all ist es, Modell-Entwicklungen in „in- Nutzschall gezielt zu verstärken und damit eine seitige) Lautheitsskalierung mit einer Reihe die Doktorandin Mareike Buhl (AG Kollmeier und telligente“, Situations-angepasste und individuell bessere Sprachverständlichkeit im Störschall zu weiterer klinisch-audiologischer Messverfahren Lücke) das neue Konzept der „Common Audiolo- anpassbare Hörlösungen zu integrieren, die nach erzielen. Dieses „effektive“ Modell eignet sich kombiniert und statistisch, aber auch durch klini- gical Functional Parameters“ (CAFPAS), bei denen dem Prinzip des „Model in the Loop“ in der jewei- besonders gut für die spätere Integration in ein sche Diagnostik-Modelle ausgewertet und inter- mit wenigen aussagekräftigen Zwischenvariablen 4 ligen Hör-Situation bereits den nächsten notwen- „intelligentes“ Hörgerät oder Hörimplantat, um pretiert. eine universelle, kompakte Repräsentation der 5 digen Schritt des Hörgeräts vorausberechnen, damit die bisher noch nicht zufriedenstellend ge- audiologischen Befunde aus verschiedensten Da- den der Nutzer im nächsten Moment brauchen löste Problematik des „Cocktail-Party-Effekts“ Die Doktorandinnen Meike Thaden und Anja Gie- tenbasen erreicht wird. Sie soll als Grundlage der wird. Für solche „Übermorgen-Hörsysteme“ sind bei Hörsystemträgern zu verbessern. seler identifizieren beispielsweise in einer großen gezielten Hördiagnostik und Empfehlung und Er- die im Exzellencluster entwickelten und validier- klinischen Stichprobe von Patienten mit einer folgsvorhersage einer bestimmten Behandlungs- ten Hörmodelle mit zugehöriger Hördiagnostik Im „Framework for Auditory Discrimination Expe- Vielzahl audiologischer Befunddaten diejenigen methode (z. B. Versorgung mit einem Hörgerät) die absolute, unabdingbare Voraussetzung. riments“ (FADE-Modell), das von Juniorprofessor Hauptkomponenten, mit denen sich die Patienten dienen. Abbildung 1 zeigt schematisch das Modell Marc René Schädler maßgeblich entwickelt wur- am meisten unterscheiden. Sie sollen als wich- einer kompakten Darstellung aus den verfügba- Das Modell von Dr. Go Ashida beschäftigt sich de und Elemente aus der Psychoakustik, Sprach- tigste Bestandteile einer zukünftigen zielgenau- ren Daten der möglichen audiologischen Tests, mit der Frage, welche zellulären Eigenschaf- perzeptions-Forschung und der automatischen eren Hördiagnostik möglichst effizient erfasst die sich einfach verstehen lässt und trotzdem ge- ten und Mechanismen dafür verantwortlich Spracherkennung mit maschinellem Lernen ver- werden. eignet ist, um daraus Befunde und Diagnosen ab- sind, dass unser Gehirn eine so hohe räum- bindet, werden eine ganze Reihe von Hörfunkti- zuleiten. Diese computergestützte Methode soll liche Auflösung für unterschiedliche Schall- onen mit demselben Modellansatz und auf der Mit einem ähnlichen Ansatz ist es der Arbeits- Ärzten bei Diagnostik und Behandlung helfend einfallsrichtungen erreichen kann. Die möglichst Basis von sehr wenigen, allgemein gültigen Hör- gruppe von Prof. Dr. Andreas Büchner in einem zur Seite stehen. In einer weiteren Anwendung genaue Beschreibung neuronaler Repräsentatio- prinzipien mit erstaunlich hoher Genauigkeit be- Projekt von Dr. Sabine Haumann sogar möglich, kann der Weg auch umgekehrt gegangen werden nen akustischer Signale ist für die Codierung und schrieben. So kann die Innenohrschwerhörigkeit den Erfolg einer Cochlea-Implant-Operation und und zeigen, welche audiologischen Test am bes- individuelle Anpassung implantierbarer Hörsys- beim individuellen Patienten in mehrere Kom- anschließender Rehabilitationsmaßnahme bei ten für die Differenzierung bestimmter Diagnosen teme wie z. B. Cochlea-Implantaten wichtig. In ponenten aufgetrennt werden, die jeweils einen Erwachsenen anhand weniger, audiologisch ex- geeignet sind. der Arebistgruppe von Jun.-Prof. Dr. Waldo No- spezifischen Einfluss auf das Hörvermögen ha- akt erfasster Messdaten, wie z.B. dem Hörvermö- gueira werden die optimalen Stimulationsmuster ben und unterschiedlicher Rehabilitations-Stra- gen im Störschall vor der Operation, aber auch Ansprechpartner für Cochlea-Implantate mit direkter elektrischer tegien bedürfen. Mit dem Modell FADE steht der dem sozioökonomische Hintergrund des Patien- Prof. Dr. Dr. Birger Kollmeier Stimulation des Hörnervs entwickelt, die einen Exzellencluster an der Schwelle zum klinischen ten, vorherzusagen. Carl von Ossietzky Universität Oldenburg möglichst naturgetreuen Höreindruck bei den Einsatz eines universellen und präzisen Vorher- birger.kollmeier@uni-oldenburg.de CI-Nutzern hervorrufen sollen. sagesystems für die klinische Hördiagnostik. Zentrale Publikationen Weniger auf die genaue neuronale Codierung, dafür mehr auf die exakte Beschreibung der Schädler, M. R., Warzybok, A., Ewert, S. D., and Kollmeier, B. (2016). A simulation framework for menschlichen Wahrnehmung zielen dagegen „ef- auditory discrimination experiments: Revealing the importance of across-frequency processing in fektive“ Modelle der Hörsignalverarbeitung ab, bei speech perception. The Journal of the Acoustical Society of America, 139(5):2708–2722. denen die Schallverarbeitung im Gehör durch eine Reihe von physiologischen, psychoakustischen Birger Kollmeier, Thomas Lenarz, Anna Warzybok, Marc R. Schädler, Sabine Haumann, Thomas und audiologischen Verarbeitungsprozessen des Brand & Jörg Lücke (2016): Auditory profile and common audiological functional parameters Menschen beschrieben wird. Dr. Thomas Brand (CAFPAs): From diagnostics to machine-learning-based evidence, Proc. ARO, San Diego und der Doktorand Christopher Hauth entwickel- Experimente sind wichtig, um das Hören zu verstehen.
Abbildung 2: Beidseitige Aktivierung Von Menschen und (Renn)Mäusen des Colliculus inferior (Kerngebiet in der zentralen Hörbahn) bei Wüs- tenrennmäusen durch akustische PET-Bildgebung als diagnostisches Tool Stimulation (Spalte a). Rechtes Bild (b): Wüstenrennmaus im psychoakus- tischen Verhaltensexperiment setzt D sich in Position und wartet auf das ie Positronenemissionstomographie (PET) gern ein radioaktiv markiertes Zuckermolekül Signal. ist ein modernes bildgebendes Verfahren (18F-Fluordeoxyglukose) sowie mit kurzlebigem in der Medizin, mit dem durch Reize ausge- Sauerstoff (15O) markiertes Wasser eingesetzt. GABAergen Systems (GABA = Gammaaminobut- forschung. Gemeinsam mit der Arbeitsgruppe löste Hirnaktivität im Menschen sichtbar gemacht Die PET-Methode kommt insbesondere bei Pati- tersäure), im Alter oder bei plastischen Verän- von Prof. Georg Klump (Universität Oldenburg) werden kann. Mit minimalen Substanzmengen an enten mit Hörimplantaten zum Einsatz, da diese derungen der Verarbeitung nach Einsetzen eines wird die Veränderung der Hörverarbeitung bei al- radioaktiven Biomarkern lässt sich die Aktivität wegen besonderer Risiken durch das Magnetfeld Hörimplantats von besonderer Bedeutung. tersbedingtem Hörverlust durch Vergleich junger von Nervengewebe oder die Signalübertragung nicht mit der ohne radioaktive Strahlung aus- und alter Tiere mittels PET und in Verhaltensex- durch Botenstoffe im Gehirn darzustellen. Die in kommenden funktionalen Kernspintomographie Ziel der Arbeitsgruppe von Prof. Georg Berding perimenten untersucht. Die PET-Messungen in der PET verwendeten Biomarker beinhalten einen (fMRT) untersucht werden können. (Medizinische Hochschule Hannover) ist es, das der präklinischen molekularen Bildgebung der 6 Positronen-Strahler, dessen Verteilung im Gehirn 7 Verständnis zur Pathophysiologie von Hörstö- Medizinischen Hochschule Hannover zeigen klare mittels Emissionstomographie erfasst werden Durch die Entwicklung neuer Detektormateria- rungen und der Wiederherstellung des Hörver- Aktivierungsmuster im Mittelhirn (Colliculus infe- kann. In der klinischen Hörforschung werden lien und Messelektronik konnte die Messemp- mögens durch Implantate zu verbessern. Hierfür rior). Damit lassen sich die Prozesse der Hörver- findlichkeit der PET in den werden vor und nach Implantation bei Patienten arbeitung im zentralen Nervensystem darstellen letzten 20 Jahren etwa um objektive Messungen zur Aktivierung in Regionen (Abbildung 2). Wie beim Menschen kann auch im einen Faktor 10 gesteigert des Hörsystems und funktional verbundenen Hir- Tier die Wahrnehmung in psychoakustischen Ex- werden. Ein weiterer tech- narealen mittels PET durchgeführt. Eine Studie perimenten untersucht werden (z.B. Tolnai et al. nischer Durchbruch konnte von Patienten mit unterschiedlichen Hörimplan- 2017) und durch Kombination mit den PET-Mes- im Hinblick auf eine Minia- tat-Typen (Cochlea-, Hirnstamm- bzw. Mittel- sungen z.B. der Bezug zwischen der sich mit dem turisierung der Detektoren hirn-Implantat) zeigte einen Zusammenhang des Alter verändernden Wahrnehmungsleistung und und deren räumliches Auf- mit dem Implantat erzielten Sprachverständnis- den zugrunde liegenden Aktivierungsmustern im lösungsvermögen erzielt ses und der Aktivierung im oberen Schläfenlap- Gehirn hergestellt werden. werden. Bei einer Auflö- pen (Abbildung 1, Berding et al. 2015). sung im Millimeterbereich Ansprechpartner eröffnen diese Geräte nun PET-Messungen zur Aktivierung des Hörsystems Prof. Dr. med. Georg Berding erstmals die Möglichkeit, sowie der Ausprägung GABAerger Signalver- Medizinische Hochschule Hannover nicht nur beim Menschen arbeitung sind auch bei kleinen Nagetieren wie berding.georg@mh-hannover.de sondern auch bei Model- Ratte und Wüstenrennmaus möglich. Letztere lorganismen der Hörfor- überlappt im Frequenzbereich des empfindlichen Prof. Dr. Georg Klump schung, wie z.B. Wüsten- Hörens mit dem Menschen und ist daher ein gut Carl von Ossietzky Universität Oldenburg rennmäusen, gezielt die geeignetes Tiermodell für die translationale Hör- georg.klump@uni-oldenburg.de Aktivität in einzelnen Re- gionen des Hörsystems zu messen. Auch können Zentrale Publikationen molekulare Strukturen und Botenstoffe für die Si- Berding G, Wilke F, Rode T, Haense C, Joseph G, Meyer GJ, Mamach M, Lenarz M, Geworski L, gnalübertragung zwischen Bengel FM, Lenarz T, Lim HH. Positron Emission Tomography Imaging Reveals Auditory and Fron- Nervenzellen mittels PET tal Cortical Regions Involved with Speech Perception and Loudness Adaptation. PLoS One. 2015 quantitativ regional ge- Jun 5;10(6):e0128743. doi: 10.1371/journal.pone.0128743. messen werden. Für die Hörforschung sind z.B. Tolnai S, Beutelmann R, Klump GM. Exploring Binaural Hearing in Gerbils (Meriones unguicula- Veränderungen hemmend tus) Using Virtual Headphones. PLoS One. 2017 Apr 10; 12(4): e0175142. Abbildung 1: Beidseitige Aktivierung der Hörregion im Schläfenlappen durch Sti- wirkender Signalübertra- doi: 10.1371/journal.pone.0175142 mulation mit Sprache über ein auditorisches Mittelhirnimplantat. gungssysteme, wie z.B. des
Doppelt hält besser EAS Masking Abbildung 2: Wahrnehmungsschwellwerte bei elektrischer und akkustischer Maskierung D Die Ergebnisse zeigen, dass es eine Asymmetrie zwischen elektrischer und akustischer Maskierung gibt. Dies as Cochlea-Implantat (CI) ist eine implan- bisherigen Ergebnisse die Erwartungen aber nur könnte ein Hinweis auf den Ursprung des fundamentalen psychoakustischen Phänomens der Maskierung sein, tierbare Innenohrprothese, die es hoch- teilweise. Einige Patienten verlassen sich aus- sowohl für CI-Träger als auch für das normalhörende System. gradig Schwerhörenden oder Ertaubten schließlich auf die elektrische Stimulation des CIs untersucht. Einerseits wird analysiert, ob es zu Stimulation und akustischer Maskierung. In Ab- ermöglicht, Klänge zu hören und Sprache zu ver- und nutzen die zusätzliche akustische Stimulati- einer Anhebung der akustischen Hörschwellen bildung 2 rechts erkennt man, dass der Maskie- stehen. Von einem hinter dem Ohr getragenen on nicht. Auch die Eingewöhnungsphase bis zum kommt, wenn gleichzeitig elektrische Reize prä- rungseffekt des akustischen Signals über das Sprachprozessor werden akustische Signale auf- Erlangen des maximalen Sprachverständnisses sentiert werden (elektrische Maskierung). Umge- gesamte gemessene Frequenzspektrum von ca. genommen, digitalisiert, verarbeitet und drahtlos scheint bei einer EAS Versorgung schwieriger kehrt wird die Auswirkung akustischer Reize auf 6 Oktaven nahezu konstant bleibt. Allerdings fällt an das Implantat übertragen. Das CI übernimmt zu sein als bei einer reinen CI Versorgung. Man die elektrische Stimulation untersucht (akusti- die Anhebung der Schwelle geringer aus als bei dann die Funktion des Innenohrs, indem es den geht davon aus, dass die elektrischen Reize zeit- sche Maskierung). Die Lage der einzelnen Elek- akustischer Stimulation und elektrischer Maskie- 8 Hörnerv direkt elektrisch stimuliert. versetzt aber auch örtlich diffus die natürlichen, 9 trodenkontakte in der Cochlea lässt sich in einer rung. akustischen Reize überlagern (maskieren). Digitalen Volumentomographie erkennen. Mittels Viele Menschen, die ein CI benötigen, leiden un- der Greenwood-Gleichung lässt sich daraus die Bisher wurde Maskierung bei simultan präsen- ter einem hochgradigen Hörverlust im Hochton- Ziel des Projektes ist es, dieses Phänomen bes- wahrgenommene Tonhöhe für jeden Elektroden- tierten Reizen untersucht. Für eine umfangreiche bereich, verfügen im Tieftonbereich aber noch ser zu verstehen, um in Zukunft Stimulationsal- kontakt ermitteln. Bei der elektrischen Maskie- Charakterisierung sind weitere Untersuchungen über ausreichendes Restgehör. Für diese Pati- gorithmen zu entwickeln, mit denen elektrische rung werden nun akustische Töne mit bekannter notwendig, wie z.B. die Präsentation nicht-simul- enten eignet sich eine relativ neue Strategie der und akustische Stimulation deutlich gewinnbrin- Frequenz einzeln präsentiert. Für jeden akusti- taner Reize und der Einfluss der Maskierung auf Implantatversorgung, die Kombination aus elek- gender miteinander kombiniert werden können. schen Ton werden dann Tonwahrnehmungen auf das Sprachverstehen bei EAS-Versorgung. Die trischer Stimulation über das Cochlea-Implantat Um dies zu erreichen, ist die genaue Charakte- elektrischem Weg über einzelne Elektrodenkon- gewonnenen Erkenntnisse sind vielversprechend und akustischer Stimulation des Resthörvermö- risierung von Maskierungseffekten notwendig. take erzeugt und die erforderliche Mindestlaut- für verschiedene Bereiche der Hörforschung, an- gens über ein Hörgerät (elektrisch-akustische Hierfür werden an der Medizinische Hochschule stärke (Hörschwelle) für den akustisch erzeugten gefangen vom fundamentalen Verständnis akus- Stimulation, EAS). Es ist zu erwarten, dass die- Hannover Messverfahren entwickelt und Studien Ton bestimmt. tischer Maskierung des Hörsystems bis hin zu se Patientengruppe gerade in schwierigen Hör- durchgeführt: In psychoakustischen Experimen- klinisch relevanten Anwendungen wie die Verbes- situationen von der parallelen Stimulation des ten wird die Wahrnehmung bei simultaner Sti- Man würde erwarten, dass die Schwelle für die serung der Klangqualität von EAS-Systemen und Resthörvermögens profitiert. Leider erfüllen die mulation von akustischen und elektrischen Reize Wahrnehmung der akustischen Stimulation umso die Entwicklung neuer Sprachverarbeitungsstra- höher liegt, je näher der elektrisch erzeugte Ton tegien, mit denen elektrische und akustische Sti- an der Frequenz des akustischen liegt. In Abbil- mulation deutlich gewinnbringender miteinander dung 2 links erkennt man, dass dies tatsächlich kombiniert werden können. der Fall ist und dass die Hörschwelle für das akustisch erzeugte Signal über 1 bis 2 Oktaven- Ansprechpartner unterschiede zum elektrisch erzeugten maskie- Jun. Prof. Dr.-Ing. Waldo Nogueira renden Signals auf praktisch Null abnimmt. Medizinische Hochschule Hannover Interessant ist nun das Pendant bei elektrischer nogueiravazquez.waldo@mh-hannover.de Zentrale Publikationen B. Krüger, A. Büchner, W. Nogueira (2017), Simultaneous Masking between Electric and Acoustic Stimulation in Cochlear Implant Users with Low Frequency Hearing, Hearing Research, https:// doi.org/10.1016/j.heares.2017.06.014 M. Imsiecke, B. Krüger, A. Büchner, T. Lenarz, W. Nogueira, Electric-acoustic forward masking in Cochlear Implant users with ipsilateral residual hearing, Hearing Research, (Submitted October Abbildung 1: A): Skizze einer EAS-Implantatversorgung. B) typisches Audiogramm eines Patienten, der für diese 2017) Strategie in Frage kommt. Hochgradige Schwerhörigkeit im Hochtonbereich und Restgehör im Tieftonbereich.
Abbildung 1: Lautheitsbewertung von natürli- „Das ist mir zu laut! chen Signalen durch eine Gruppe Normalhörender (N = 11, grün) und eine Gruppe schwerhörender Neues Anpasskonzept für Hörgeräte Probanden (N = 18, blau). H eutige Hörgeräte sind Hochleistungscom- Im Rahmen eines Forschungsprojekts im Exzel- manche Schwerhörenden werden die Signale als dige Lautheitssummation werden momentan im puter auf kleinstem Raum. Die integrierten lenzcluster Hearing4all wurde gezeigt, dass eine leiser wahrgenommen, wohingegen für andere Bereich der Hörgeräteanpassung in der Praxis Signalverarbeitungsalgorithmen reduzie- Hauptursache darin liegt, dass viele Hörgeräte- Schwerhörende das Signal als lauter und da- nicht erfasst und können auch nicht aus beste- ren Hintergrundgeräusche, erkennen, in welcher träger mit zu hohen Verstärkungswerten versorgt mit als „zu laut“ bewertet wurde. Diese erhöhte henden diagnostischen Messungen wie dem Au- akustischen Situation man sich befindet und ver- werden, was auf einer etablierten, aber – wie sich Lautheitswahrnehmung ist auf eine erhöhte bi- diogramm abgeleitet werden. Deshalb wird das stärken die Sprache des Gesprächspartners, um herausstellt – nicht ganz korrekten Modellvor- naurale Lautheitssummation für breitbandige trueLOUDNESS-Anpasskonzept im Rahmen von den Hörverlust entsprechend zu kompensieren. stellung zur Lautheitswahrnehmung beruht. Es Signale zurückzuführen, die nur sichtbar wird, Forschungsprojekten weiterentwickelt, mit dem Zur individuellen Anpassung der Verstärkungs- wurde nachgewiesen, dass Sinustöne, die sich als wenn man beide Ohren gleichzeitig vermisst. Hier Ziel, das Anpassverfahren so weiter zu entwi- werte in einem Hörgerät werden Berechnungsvor- Standardsignale zur Messung der Hörschwelle muss man individuell bestimmen, ob das Hörge- ckeln, dass es als Medizinprodukt für Akustiker 10 schriften genutzt, die die Hörschwelle des Patien- durchgesetzt haben, nicht geeignet sind, um das rät die Signale noch verstärken sollte oder aber zur Verfügung steht. Damit werden die Möglich- 11 ten als Eingabewert verwenden. Die Hörschwelle Lautheitsempfinden für breitbandige Signale wie sogar abschwächen müsste, damit ein normales keiten geschaffen, dass jeder Schwerhörender entspricht dem Pegel, bei dem Töne gerade eben Sprache vorherzusagen. Insbesondere beim Hö- Lautheitsempfinden wieder hergestellt wird. Ba- die Chance hat, sich mit den neusten Anpassme- noch wahrgenommen werden. Die Anpasskon- ren mit beiden Ohren werden große Unterschie- sierend auf binauralen breitbandigen Lautheits- thoden aus der Forschung versorgen zu lassen. zepte haben das Ziel, den Hörverlust zu kompen- de zwischen Patienten mit sehr ähnlichen Hör- messungen, die diese natürlichen Signale bes- Das Ziel ist, dass schon zu Beginn der Versorgung sieren und die Sprachverständlichkeit zu verbes- schwellen gemessen. ser abbilden, wurde ein neues lautheitsbasiertes das Hörgerät mit der trueLOUDNESS-Anpassung sern. Hörgeräteträger erfahren nachweislich eine Anpasskonzept „trueLOUDNESS“ entwickelt, das auf deutlich besser individuell abgestimmten verbesserte Kommunikation. Aber trotz stetiger In Abbbildung 1 sind unversorgte Lautheitsmes- diese individuelle Unterschiede berücksichtigt Verstärkungswerten eingestellt wird, als es bis- Weiterentwicklung der Anpasskonzepte wird das sungen von Normalhörenden und Schwerhö- und die individuell „richtigen“ Verstärkungswerte her mit Hörschwellen-basierten Anpasskonzep- Empfinden von lauten Signalen mit Hörgeräten renden gezeigt. Für Signale mit einem geringen anwendet. Patienten, deren simulierte Hörgerä- ten möglich ist. Das entwickelte Anpassverfahren immer noch schlechter bewertet im Vergleich zur Pegel sieht man, dass die Signale von Schwer- te mit trueLOUDNESS angepasst wurden, zeigen verbessert nicht nur die Hörgeräte-Anpassung Situation ohne Hörgerät: Etwa 20% der Hörgerä- hörenden als leiser wahrgenommen werden als nach der Versorgung wieder ein natürliches Laut- bei den ca. 22% lautheitsempfindlichen Hörge- teträger sind unzufrieden mit dem Hörkomfort bei von Normalhörenden. Bei Signalen mit einem heitsempfinden. Dabei unterscheiden sich die er- räteträgern, sondern empfiehlt auch deutlich lauten Signalen („Das ist mir zu laut!“). hohen Pegel ist das Bild nicht einheitlich. Für mittelten Verstärkungswerte von trueLOUDNESS höhere Verstärkungswerte als konventionelle sehr deutlich von den etablierten Anpasskon- Anpassungen für die Hörgeräteträger mit einem zepten. Bei einigen Probanden war eine negative unempfindlichen Gehör (ca. 17%). Verstärkung notwendig, um ein natürliches Laut- heitsempfinden zu erreichen. Andere Probanden zeigten Verstärkungswerte deutlich oberhalb der etablierten Anpasskonzepte, damit ein natürli- ches Lautheitsempfinden erreicht wurde. Ansprechpartner Dr. Dirk Oetting Diese für die Anpassung von Hörgeräten wichti- HörTech gGmbH gen Informationen über die binaurale breitban- d.oetting@hoertech.de © shutterstock.com / TunedIn by Westend61 Zentrale Publikationen Oetting, D., Hohmann V., Appell, J.-E., Kollmeier B., Ewert S. D. (2016) Restoring loudness percep- tion in hearing-impaired listeners, (submitted to Ear and Hearing) Oetting, D., Hohmann V., Appell, J.-E., Kollmeier B., Ewert S. D. (2016) Spectral and binaural loud- ness summation in hearing-impaired listeners. Hearing Research 335, 179-192. Beim Hören mit zwei Ohren sind die Lautheits-Unterschiede größer als erwartet.
Das geht unter die Haut Darstellung eines geschlossenen Regelkreises. Links Epidurale Ableitungen zur Feinansteuerung des CI im Bild die Aufzeichnung der Signale, der sich in die- ser Projektstufe besonders gewidmet wird. A ktuell hat ein Cochlea-Implantat (CI)-Trä- nicht wegdrehen, oder er möchte einer leise Noch bequemer und praktischer für den Pati- Vergleich wird parallel mit dem klinischen Stan- ger nur wenige Möglichkeiten, sein CI im sprechenden Person zuhören, während der au- enten ist es, wenn die Messelektroden unter der dardaufbau gemessen. Dies geschieht über Kle- Alltag an die aktuelle Hörsituation an- tomatische Erkennungsalgorithmus des CI eine Haut oder sogar unter dem Knochen angebracht beelektroden, die auf der Stirn und hinter den Oh- zupassen. Er kann letztlich – je nach Hersteller laut sprechende Person auswählt. sind. In diesem Fall muss der Patient nichts hin- ren auf die Haut geklebt werden. Nach mehreren – mit oder ohne Fernbedienung verschiedene ter seinem Ohr tragen. Auch kann dabei eine we- Tagen können die Messelektroden ohne erneute Einstellungen wie z.B. Lautstärke und Mikrofon- Forscher des Exzellenzclusters Hearing4all ha- sentlich bessere Signalqualität erwartet werden Narkose entfernt werden, da die Form der Elek- empfindlichkeit ändern oder bestimmte Vorver- ben sich nun zum Ziel gesetzt, eine Technologie zu als bei einer Messung auf der Haut. Diese Varian- troden komplett glatt ist. Für den Patienten fühlt arbeitungsalgorithmen auswählen, z.B. für Mu- entwickeln, mit denen die Implantate oder Hörge- te bietet sich insbesondere im Falle von CIs an, da sich das in etwa so an wie das Ziehen eines Drai- sik oder Sprache. Dies ist jedoch für kurzfristige räte per Gedankenkraft des Nutzers schnell auf hier sowieso ein operativer Eingriff vorgenommen nageschlauches nach einer Blinddarmoperation. 12 Anpassungen sehr unpraktisch, beispielsweise die jeweilige Situation eingestellt werden können. wird, so dass in derselben Operation auch direkt Bis jetzt wurde die Studie mit neun Patienten 13 für Gruppenunterhaltungen, wo der CI-Träger zu- Hierfür soll über ein Brain-Computer-Interface die Messelektroden implantiert werden können. durchgeführt. Im Vergleich zum klinischen Stan- nächst einer bestimmten Person zuhören möch- (BCI) ein auditorischer Regelkreis realisiert wer- Gegebenfalls können diese Messelektroden di- dardaufbau zeigte sich bei allen neun Patienten te, dann aber einer anderen Person. Das normale den: durch Messungen der elektrischen Aktivität rekt in das CI integriert werden. In einem ersten auf den epiduralen Messelektroden eine deutlich Gehör kann hier den gewünschten Sprecher aus- des Gehirns soll z.B. erfasst werden, welchem Schritt muss jedoch untersucht werden, ob der bessere Signalqualität mit weniger Störungen. wählen und verstärken sowie alle anderen (in dem Gesprächspartner der Hörgeräte- oder CI-Trä- Ansatz so gut funktioniert wie erhofft. Die erwarteten Reizantworten fielen bei allen Moment unerwünschten) Sprecher ausblenden. ger zuhören möchte, um daraufhin das CI auto- Patienten klarer aus und konnten auch bei nied- matisch einzustellen. Die Arbeitsgruppe um Prof. Das Projekt ist die weltweit erste Machbarkeits- rigeren Stimulationsintensitäten nachgewiesen Es gibt bereits heute in den CIs automatische An- Debener im Exzellenzcluster verwendet hierzu studie, bei der neben dem CI drei einzelne Mess- werden. passungen, z.B. wird mit Richtmikrofonen derje- ein unauffälliges C-förmiges Multisensorarray, lektroden unter dem Knochen auf der Hirnhaut nige Sprecher verstärkt, in dessen Richtung der welches hinter dem Ohr aufgeklebt wird und zur („epidural“) aufgelegt werden. Die exakten Po- Im nächsten Schritt sollen unter Anwendung un- CI-Träger seinen Kopf dreht. Allerdings haben Ansteuerung von Hörgeräten verwendet werden sitionen der drei Elektroden werden am Tag vor terschiedlicher akustischer Reize die optimalen auch diese Systeme im Alltag noch Schwächen. soll. der Operation anhand der Bildgebung (Magnetre- Positionen für die zu implantierenden Elektro- Beispielsweise darf der CI-Träger seinen Kopf sonanztomographie, MRT) festgelegt und in der den herausgefunden werden. In Zukunft sollen Operation navigationsgestützt aufgesucht. Die Messelektroden direkt an das CI angeschlossen drei Kabel werden dann durch die Haut hinaus- werden mit dem Ziel, einen voll integrierten ge- geführt. schlossenen auditorischen Regelkreis zu erhal- ten. In den Tagen nach der Operation werden Studi- enmessungen durchgeführt, in denen das CI mit Ansprechpartner akustischen Reizen stimuliert wird und über die Dr. Sabine Haumann, epiduralen Messelektroden die entsprechende Medizinische Hochschule Hannover elektrische Hirnaktivität gemessen wird. Zum haumann.sabine@mh-hannover.de Zentrale Publikationen S. Haumann, G. Bauernfeind, M.G. Bleichner, M.J. Teschner, S. Debener, T. Lenarz (2016): Epidural Recordings of Auditory Evoked Potentials in Cochlear Implant Users – First Experiences. Journal of Otology & Rhinology 5(5), DOI: 10.4172/2324-8785.1000292. S. Haumann, G. Bauernfeind, M. Bleichner, M. Teschner, S. Debener, T. Lenarz (2016). Track U. Intraoperative Ansicht: Hier wurde ein CI auf einer rechten Seite eingesetzt. Im Bild sind die drei Messelekt- Epidural Recordings of Auditory Evoked Potentials in Cochlear Implant Users – First Cases. Jour- rodenkabel für die Messpositionen „Cranial anterior“, „Cranial medial“ und „Cranial posterior“ zu sehen. Die nal of Biomedical Engineering 61(s240), DOI: 10.1515/bmt-2016-5019 eigentlichen Messkontakte liegen bereits unter dem Knochen.
Kampf dem Nachhall Wahrnehmungsexperimente zeigten, dass die entwickel- ten Algorithmen sowohl die Sprachverständlichkeit ver- Binaurale Geräuschunterdrückung und Enthallung für Hörgeräte bessern als auch den räumlichen Höreindruck erhalten. B ei vielen Anwendungen für sprachliche gnalverarbeitung, da alle Mikrofonsignale beider rithmen zu integrieren, wodurch die Leistung für werb „REVERB challenge“ bezüglich der Gesamt- Kommunikation, wie z.B. in Hörgeräten, Hörgeräte genutzt werden können, als auch im komplexe und hoch zeitvariante akustische Sze- sprachqualität die besten Bewertungen – ein sprachgesteuerten Systemen und in der Hinblick auf die räumliche Wahrnehmung, da es nen weiter verbessert wird. Weiterhin erforschen Ergebnis, mit dem wir äußerst zufrieden waren. Freisprechtelefonie, befinden sich die Mikrofo- dem auditorischen System ermöglicht, binaurale Prof. Doclo und sein Team die Einbindung exter- Weiterhin entwickelten wir für die Sprachenthal- ne typischerweise in einem großen Abstand zum Information auszunutzen. „Obwohl viele beste- ner Mikrofone, die z.B. auf einem Tisch liegen lung mit mehreren Mikrofonen einen Lösungsan- Sprecher. Deshalb enthalten die aufgezeichneten hende Algorithmen zur binauralen Sprachverbes- und zusätzlich zu den Mikrofonen des Hörgeräts satz, der auf mehrkanaliger linearer Prädiktion Mikrofonsignale nicht nur die gewünschte Spra- serung Störgeräusche und Nachhall ziemlich gut benutzt werden. Die ersten Ergebnisse bezüglich beruht und die Spärlichkeit von Sprachsignalen in che, sondern auch Umgebungsgeräusche und unterdrücken können, erhalten sie oftmals nicht der Störgeräuschreduzierung sowie der Erhal- der Zeit-Frequenzebene ausnutzt. Anhand dieses Nachhall. Störgeräusche und Nachhall haben die binauralen Merkmale aller Schallquellen ei- tung der binauralen Merkmale sind vielverspre- Ansatzes können wir die Nachhallkomponenten 14 eine verminderte Sprachqualität und Sprach- ner akustischen Szene,“ erläutert Doclo. Dies ist chend. schätzen und von den halligen Mikrofonsignalen 15 verständlichkeit zur Folge, nicht nur für hör- eindeutig unerwünscht, da der Höreindruck der subtrahieren, was zu beeindruckenden Ergebnis- geschädigte, sondern auch für normalhörende akustischen Szene dann verzerrt wiedergegeben Neben Störgeräuschen ist Nachhall ein weite- sen führt.“ Menschen. Auch bei der automatischen Sprach- wird, was in einigen Situationen (z.B. im Verkehr) rer wichtiger Faktor, der die Sprachqualität bei erkennung beeinträchtigen Störgeräusche und sogar gefährlich sein kann. Kürzlich ist es den sprachlicher Kommunikation aus einiger Ent- Seit letztem Jahr können diese Algorithmen in ei- Nachhall die Leistungsfähigkeit. Forschern gelungen, Algorithmen zur binauralen fernung beeinflusst. Er wird durch akustische nem neuen Akustiklabor mit variabler Nachhall- Geräuschunterdrückung zu entwickeln, die so- Reflektionen, z.B. von den Wänden eines Raums, zeit im NESSY-Gebäude in Oldenburg getestet Prof. Dr. Simon Doclo und sein Team entwickelten wohl die binauralen Merkmale des Zielsprechers verursacht. Das Ziel von Algorithmen zur Ent- werden. Mit rotierbaren Panelen mit absorbieren- im Rahmen des Exzellenzclusters verschiedene als auch die binauralen Merkmale der Restgeräu- hallung ist es, das Sprachsignal „blind“ aus den dem Material auf der einen Seite und reflektie- Algorithmen zur Sprachverbesserung, um diese sche erhalten. Die Parameter dieser Algorithmen halligen Mikrofonaufnahmen zu schätzen. „Da rendem Material auf der anderen Seite kann die Probleme zu lösen. Speziell im Bereich der bin- wurden auf der Basis von psychoakustischen Kri- offensichtlich weder das reine Sprachsignal noch Nachhallzeit innerhalb von wenigen Minuten von auralen Geräuschunterdrückung und Enthallung terien optimiert und Wahrnehmungsexperimen- der Nachhall in der Praxis bekannt sind, galt die 0,2 s auf 1,2 s geändert werden. „Es gibt nur we- bei Hörgeräten wurden in den letzten Jahren te zeigten, dass die entwickelten Algorithmen Enthallung bis vor ein paar Jahren als ein sehr nige Labore weltweit, in denen die Nachhallzeit in wichtige Erfolge erzielt. sowohl die Sprachverständlichkeit verbessern schwieriges Problem der akustischen Signalver- einer so großen Spanne so schnell verändert wer- als auch den räumlichen Höreindruck erhalten. arbeitung,“, so Doclo. „In den letzten Jahren gab den kann,“ erklärt Doclo. „Aus diesem Grund ist Das Tragen von Hörgeräten in beiden Ohren bietet Aktuelle Forschung hat das Ziel, die rechnerge- es einige wichtige Fortschritte, nicht nur in un- dieses Labor für die Weiterentwicklung und Va- einen wichtigen Vorteil, sowohl hinsichtlich der Si- stützte akustische Szenenanalyse in diese Algo- serer Arbeitsgruppe, sondern auch bei anderen lidierung unserer Algorithmen äußerst wichtig.“ Forschungsgruppen weltweit. Zur Sprachenthal- lung mit einem einzigen Mikrofon entwickelten wir zusammen mit der Fraunhofer Projektgrup- Ansprechpartner pe für Hör-, Sprach- und Audiotechnologie einen Prof. Dr. Simon Doclo spektral-temporalen Filteralgorithmus. Dieser Carl von Ossietzky Universität Oldenburg Algorithmus erhielt im internationalen Wettbe- simon.doclo@uni-oldenburg.de Zentrale Publikationen D. Marquardt, V. Hohmann, S. Doclo, Interaural Coherence Preservation in Multi-channel Wiener Filtering Based Noise Reduction for Binaural Hearing Aids, IEEE/ACM Trans. Audio, Speech and Language Processing, vol. 23, no. 12, pp. 2162-2176, Dec. 2015. A. Jukic, T. van Waterschoot, T. Gerkmann, S. Doclo, A general framework for incorporating time-fre- quency domain sparsity in multi-channel speech dereverberation, Journal of the Audio Engineering Society, vol. 65, no. 1/2, Jan./Feb. 2017, pp. 17-30. Akustisches Labors mit variabler Nachhallzeit
Klein aber „oho“ Der KAVUAKA Hörgeräte-Prozessor Der Chip hat eine Fläche von ungefähr 3.5 mm2. D urch kontinuierliche Forschung und neue leistung des Prozessors zu optimieren. Es konnte teriebetrieb getestet werden. Die Entwicklungs- technologische Entwicklungen werden gezeigt werden, dass KAVUAKA effizienter rech- plattform bietet eine Bluetooth-Schnittstelle zur die Signalprozessoren digitaler Hörgerä- net als vergleichbare Hörgeräte-Prozessoren. Da drahtlosen Kommunikation mit dem Hörgerät tesysteme immer leistungsfähiger und energie- ein Hörgeräteprozessor durch unterschiedliche über Smartphone oder Tablet. Auf diese Weise effizienter. Dadurch wird der Einsatz neuartiger Priorisierung der Optimierungsziele in Form von können beispielsweise die Algorithmen gesteu- und rechenintensiver Algorithmen für effektivere Rechenleistung, Verlustleistung und Chipfläche ert werden. Es gibt des Weiteren die Möglichkeit, Signalverarbeitung möglich. Das Hörgerät der unterschiedlich optimiert werden kann, ist in die- den aktuellen Stromverbrauch des Prozessors im Zukunft soll intelligenter werden, beispielweise sem Projekt ein System-on-Chip (SoC) entworfen laufenden Betrieb zu ermitteln. relevante sprechende Personen in komplexen worden. Das entwickelte System-on-Chip ist als 16 akustischen Umgebungen erkennen und heraus- Blockschaltbild in Abbildung 1 gezeigt. In der letzten Phase des Projekts wird das SoC 17 filtern, um die individuelle Hörfähigkeit des Hör- mit den vier KAVAUKA Prozessoren als Chip ge- geräteträgers weiter zu verbessern. Damit ein Das SoC besteht aus vier unterschiedlich opti- fertigt. Die verwendete Chip-Technologie ist für solches Hörgerätesystem unter den limitieren- Abbildung 2: Rapid Prototyping System Test des KA- mierten Versionen des KAVUAKA-Prozessors. eine niedrige Verlustleistung ausgelegt und hat VUAKA SoC mit dem Lokalisierungsalgorithmus aus den Faktoren wie der geringen Batterielaufzeit Diese können separat oder gleichzeitig aktiviert eine Strukturgröße von 40 nm. Der Chip hat eine dem Cluster unter realen Bedingung. und den einschränkenden kleinen Bauformen die werden, um die Rechenleistung zu erhöhen oder Fläche von ungefähr 3.5 mm2. Die Leistungsauf- geforderte Rechenleistung bereitstellt, wurde im erfolgte durch das Einfügen komplexer angepass- die Verlustleistung zu minimieren. Um Fehler in nahme wird wenige tausendstel Watt betragen. Exzellenzcluster Hearing4all erforscht, wie die ter Instruktionen in den Basisinstruktionssatz. der Architektur zu vermeiden, ist der SoC unter Die in diesem Projekt durchgeführte Forschung Prozessorarchitektur eines Hörgerätesystems Nennenswerte Erweiterungen sind eine Multipli- realen Bedingungen mit Algorithmen aus dem und deren Ergebnisse rund um das Thema Hör- anhand der Algorithmen konzipiert und optimiert kations-Additions-Einheit, die sowohl mit reellen Cluster getestet worden, indem der SoC mit geräteprozessor können dann mit dem Chip, als werden kann. als auch mit komplexen Zahlen rechnen kann, Dummy-Hörgeräten verbunden wurde und typi- fertiges Produkt, gezeigt werden. Architekturen für Verlustleistungsoptimierungen sche Hörsituationen nachgestellt worden sind Der in diesem Projekt entwickelte Hörgerä- bei Registerzugriffen und ein Audio-Interface für (Abbildung 2). te-Prozessor KAVUAKA ist ein sogenannter appli- eine geringe Latenz. Während der Entwicklungs- Ansprechpartner kationsspezifischer Instruktionssatz-Prozessor phase von KAVUAKA sind viele Entwurfsraumun- Der gesamte SoC wurde in diesem Fall mit Hil- Prof. Dr.-Ing. Holger Blume (ASIP). Die generische Basisprozessorarchitektur tersuchungen mit Hilfe von Simulationen durch- fe eines Rapid Prototyping Systems emuliert und Leibniz Universität Hannover wurde anhand der im Cluster entwickelten Algo- geführt worden, um anhand der verschiedenen mit einer eigenständig dafür entwickelten Hörge- blume@ims.uni-hannover.de rithmen angepasst und optimiert. Die Anpassung Algorithmen die Rechenleistung und die Verlust- räte-Entwicklungsplatform gekoppelt, um sämt- liche Funktionalität zu testen. Zur Fertigstellung Jun.-Prof. Dr.-Ing. Guillermo Payá Vayá des SoC als Chip kann dieser mit der Entwick- Leibniz Universität Hannover lungsplattform und Dummy-Hörgeräten im Bat- guipava@ims.uni-hannover.de Zentrale Publikationen Gerlach, L.; Marquardt, D.; Payá Vayá, G.; Liu, S.; Weißbrich, M.; Doclo, S.; Blume, H. (2017): Analy- zing the Trade-Off between Power Consumption and Beamforming Algorithm Performance using a Hearing Aid ASIP, 2017 International Conference on Embedded Computer Systems: Architectures, Modeling, and Simulation (SAMOS XVII), IEEE Seifert, C.; Thiemann, J.; Gerlach, L.; Volkmar, T.; Payá-Vayá, G.; Blume, H.; van de Par, S. (2017): Real-Time Implementation of a GMM-Based Binaural Localization Algorithm on a VLIW-SIMD Processor, International Conference on Multimedia and Expo (ICME) 2017, IEEE DOI: 10.1109/ Abbildung 1: Der KAVUAKA System-on-Chip (SoC) bestehend aus vier einzelnen KAVUAKA Prozessoren. ICME.2017.8019478
Es geht rund Selbstkrümmender Versuchsschaft einer CI-Elektrode im 1:1-Modell der menschlichen Cochlea. Unmittelbar Hydrogelelektrode – ein neuer Ansatz zur Realisierung nach dem Einsetzen/der Insertion (links) und nach 7 Tagen (rechts). Man sieht, dass sicht die Elektrode deutlich besser anschmiegt. einer atraumatischen Elektrode C ochlea-Implantate vermögen Menschen mit Wand der Scala Tympani des Innenohrs. Dadurch ren Rands positioniert ist. Beim Einführen in die Kontakt mit einem CI-Elektrodenhersteller ge- hochgradiger innenohrbedingter Schwer- ist die Entfernung der Elektroden zum Hörnerven Scala Tympani quillt das Hydrogel durch die dort sucht haben. Gemeinsam mit Advanced Bionics hörigkeit, durch eine elektrische Stimu- größer, als wenn sich die Elektrode an die Innen- vorhandene Perilymphflüssigkeit auf und indu- haben wir unseren Aktuationsmechanismus in lation im Innenohr ein künstliches Hören zu er- seite der Scala Tympani anschmiegen würde. ziert den sogenannten intrinsischen bimorphen einen konventionellen Fertigungsprozess einbin- möglichen. So kann nach entsprechender Ein- Ferner besteht die Gefahr, dass der Elekroden- Biegeeffekt. Man kann sich das ähnlich vorstel- den können. Gemeinsam ließ sich der Nachweis gewöhnung und gezieltem Training häufig ein träger an bestimmten Stellen empfindliche bio- len wie bei einem Bimetallstreifen, bei dem durch dafür erbringen, dass sich herkömmliche CI mit akzeptables Sprachverstehen erreicht werden. logische Strukturen verletzt und damit ein häufig Erwärmung eine Krümmung hervorgerufen wird, Platinplättchen und -drähten in die geforderte noch vorhandenes Restgehör abhanden kommt. was in elektrischen Geräten häufig als wärmege- Krümmung bewegen lassen. Obwohl das menschliche Gehör über mehr als Weiterentwicklungen von Implantaten durch die steuerter Schalter zum Einsatz kommt. 18 3500 unterschiedliche Frequenzkanäle verfügt, Hersteller widmen sich insbesondere dem me- Natürlich sind solche Translationsphasen der 19 ist die Frequenzauflösung bei der Stimulation chanischen Verhalten bei der Einführung in die Da ein eigenständiges Hydrogelkompartiment in biomedizinischen Geräteentwicklung immer mit über ein Cochlea-Implantat bescheiden. Selbst Cochlea, und versuchen, den Elektrodenschaft so Bezug auf die Haltbarkeit als zu gering eingestuft zusätzlichen Fragestellungen verbunden. Mit der wenn Implantate bis zu 22 stimulierende Elekt- zu konstruieren, dass das Risiko einer Verletzung wurde – es sollte über die gesamte Lebenssdauer kürzlich erfolgten Berufung der Gruppe an das roden enthalten, ist die Anzahl gleichzeitg aktiver geringer wird (sog. atraumatische Elektrode). des Patienten seine Funktion bewahren – wurde Hannoversche Fraunhofer-Institut ITEM arbeiten Kanäle auf maximal 8 limitiert. Die Begrenzung Moderne Elektrodenschäfte verfügen deshalb ein Verfahren entwickelt, mit dem es gelingt, bei die Forscher nun gemeinsam an den Aspekten der der Wahrnehmung unterschiedlicher Tonhöhen über eine gewisse Vorbiegung und werden über der Fertigung des Silikonmantels das Hydrogel in Biokompatibilität, die sich aus der Vermischung liegt also nicht in der zu geringen Anzahl elek- ein Führungsstilett eingeführt. Dabei schmiegt den äußeren Teil des Mantels einzumischen. Auf verschiedener Materialien ergeben, an der Lang- trischer Kontakte begründet. Vielmehr wird die sich der Elektrodenschaft aber nur partiell an ei- diese Weise kann das Hydrogel fest im Silikon ver- zeitstabilität, der letzten fehlenden Krümmung Frequenzauflösung durch die Überlagerung der nigen Punkten an den Modiolus an. Ein Elektro- ankert werden, so dass es sich nicht mit der Zeit der Elektrodenspitze und – für die Zukunft – an elektrischen Felder der einzelnen Elektroden- denschaft, der sich über die gesamte Länge an ablöst. Dabei bestand aber das grundsätzliche der Möglichkeit einer automatisierten Fertigung kotakte beschränkt. Dabei spielt die Entfernung den Modiolus anschmiegt, konnte bisher bei kei- Problem, dass sich ein hydrophobes Material wie selbstkrümmender CI-Schäfte auf Grundlage von der Elektrodenkontakte zu den zu stimulierenden ner Elektrode realisiert werden. Silikon nicht mit einem hydrophilen Material wie individuellen anatomischen Patientendaten. Spiralganglien des Hörnerven, der entlang der Hydrogel vermischen lässt. Das Problem konn- zentralen Schneckenachse (Modiolus) verläuft, Unser Ansatz besteht nun darin, das Quellverhal- te dadurch gelöst werden, dass das Hydrogel in eine große Rolle. ten eines Hydrogels, das in Kontakt mit Wasser Form eines trockenen Pulvers in das Silikon-Pre- Ansprechpartner steht, gezielt zu nutzen, um eine krümmende polymer eingebracht wird. Durch fortschrittliche Prof. Dr. Theodor Doll Auch wenn sie gezielt auf geringe Steifigkeit hin Bewegung des Elektrodenschafts zu bewirken. Mahltechniken konnten wir Mikroteilchenfrakti- Medizinische Hochschule Hannover optimiert wurden, so widersetzen sich herkömm- Hierbei ist es uns gelungen, ein Hydrogel-Kom- onen von Hydrogelpulvern erreichen, mit denen Doll.theodor@mh-hannover.de liche CI-Elektrodenschäfte bei der Implantation partiment in einen CI-Schaft auf Silikonbasis ein- sich sowohl die Wasseraufnahme als auch die der Biegung und schmiegen sich an die äußere zubringen, und zwar so, dass es nahe des äuße- Homogenität der Krümmung kontrollieren ließen. Dipl.-Ing. Jan Stieghorst Das Verhalten unserer Hydrogelelektrodenschäf- Medizinische Hochschule Hannover te ist dermaßen vielversprechend, dass wir den stieghorst.jan@mh-hannover.de Zentrale Publikationen Stieghorst J, Doll T.: Dispersed Hydrogel Actuator for Modiolar Hugging Cochlear Implant Electro- de Arrays. IEEE Trans Biomed Eng. 2016 Nov;63(11):2294-2300. Epub 2016 Feb 3. Stieghorst J, Tegtmeier K, Aliuos P, Zernetsch H, Glasmacher B, Doll T: Self-bending hydrogel actuation for electrode shafts in cochlear implants. PHYSICAL STATUS SOLIDI A- APPLICATION Mit Advanced Bionics neuentwickelte CI-Elektrode mit Hydrogel-Aktor für modioläres Anschmiegen. (Bild mit AND MATERIAL SCIENCE. Volume 211, Issue 6, June 2014, Pages 1455–1461 freundlicher Genehmigung der Advanced Bionics GmbH, Hannover) :
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