JOURNAL 21 WINTER 2021 - Naturstiftung David
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JOURNAL 21 WINTER 2021 Größeres Naturschutzgebiet? Nachgefragt bei Ministerin Siegesmund.....Seite 6 Teichsanierung am Frauenkreuz Baggern für den Artenschutz ....................... Seite 8 Naturführer zertifiziert Botschafter für die Hohe Schrecke ........... Seite 16 Ausflugsziel Langenroda Backöfen und Festkultur.......................Seite 26 Preisrätsel ...................................Seite 31 Herausgegeben von der Naturstiftung David und dem Verein „Hohe Schrecke – Alter Wald mit Zukunft“
ZU DI E SE M H E FT Liebe Anwohnerinnen, liebe Anwohner, liebe Gäste, liebe Leserin, lieber Leser, die Schritte knirschen, es riecht nach Schnee und der Atemhauch ist als Nebel- wölkchen vor den Gesichtern zu sehen: Winterzeit in der Hohen Schrecke. Wer- den wir in diesem Jahr solche Eindrücke erleben können? Oder setzt sich die Ten- denz der letzten Jahre fort, in denen sich selbst der Januar wie ein November an- fühlte und im Februar schon Frühlings- gefühle aufkamen? Der Klimawandel und seine in der Region spürbaren Folgen schweben über diesem Heft: Was bedeutet die Erderwärmung für den Naturschutz im Wald – wenn die Sommertrockenheit zum Fichtensterben führt und auch die Winter nicht mehr ausreichend Niederschlag brin- gen? Ein Interview mit dem Forstamtslei- ter berichtet davon. Ins Gespräch gekom- men sind wir auch mit Umweltministerin Anja Siegesmund. Sie beantwortet Fragen aus der Region zur geplanten Erweiterung der Naturschutzgebietes. Die allgegenwärtige Corona-Pandemie hinterließ im letzten halben Jahr auch in der Hohen Schrecke deutliche Spuren. Ne- gative aber auch positive: Plötzlich ist die nähere Umgebung für viele wieder interes- sant geworden, und damit auch die Hohe Schrecke. Sie können lesen, wie gut Ra- benswaldweg und Hängeseilbrücke ange- nommen werden. Kulturhistorisch Interes- sierte erfahren vieles über Langenroda und über die Zwiebelmetropole Heldrungen. Dieses Heft liefert Ihnen aber auch Ein- blicke in die Arbeit von Munitionsbergern und Landschaftsgestaltern, die gemeinsam einen Teich für den Artenschutz sanieren. Viel Freude beim Lesen wünschen Naturstiftung David Hohe Schrecke – Alter Wald mit Zukunft e. V. 2 Hohe Schrecke Journal | Nr. 21
GRU SSWORT Foto: Sandra Mulzer Liebe Leserin, lieber Leser, wenn ich ganz ehrlich zu Ihnen sein darf: Bis vor fünf Jahren hatte ich noch nie etwas von der Hohen Schrecke gehört. Doch als ich 2016 von der Naturstiftung David einge- laden wurde, mir diesen urwüchsigen Wald, Das Hohe-Schrecke-Projekt hat uns auf An- die tollen Streubostwiesen und die abwechs- hieb sehr gut gefallen: Hier wirken regionale lungsreiche Landschaft mit ihren harmo- Akteure und Naturschutz zusammen, um bei- nisch eingebetteten Dörfern anzuschauen, des voranzubringen – den Schutz der Lebens- war ich sofort begeistert! räume und Arten sowie eine damit in Ein- Adrian Johst, Geschäftsführer der Natur- klang stehende Regionalentwicklung. Hinzu stiftung David, sprach mich damals als Vor- kommt natürlich die Tatsache, dass die Hohe sitzende des Vorstands der Regina Bauer Schrecke ein Eldorado für viele seltene Tiere Stiftung an und fragte, ob wir hier unter- ist. Sie gilt als einer der fledermausreichsten stützend tätig werden können. Um bedrohte Wälder Deutschlands, sogar die anspruchs- Tiere zu schützen, hat Regina Bauer 2010 in volle Mopsfledermaus kommt hier vor. Auch München eine gemeinnützige Stiftung ge- die Zahl der nachgewiesenen Urwald-Käfer, gründet und diese als Erbin ihres Vermö- die nur in besonders alten Wäldern zu finden gens eingesetzt. Dem Wunsch der Stifterin sind, ist mit zwanzig Arten rekordverdächtig folgend, setzt sich die Regina Bauer Stiftung hoch. Ebenso sind Wildkatze, Schwarzstorch für eine Welt ein, in der Tiere als unsere und Schwarzspecht in der Hohen Schrecke Mitgeschöpfe Anspruch auf Unversehrtheit zu Hause. Um den Lebensraum dieser selten und ein artgerechtes Leben haben. Im Vor- gewordenen Tiere langfristig zu schützen, stand der Stiftung waren wir uns schnell ei- beteiligen wir uns gern mit einer finanziel- nig, dass Maßnahmen zum Schutz bedroh- len Unterstützung: Seit 2018 gibt die Regina ter Tierarten langfristig gefördert werden Bauer Stiftung jährlich 20.000 Euro in die Re- und die östlichen Länder den Förderschwer- gion, um Artenschutzmaßnahmen umzuset- punkt bilden sollen. Denn hier gibt es oft zen – wie beispielsweise das Errichten von noch phantastische, naturnahe Landschaf- Hirschkäferwiegen, die Sicherung von Fle- ten mit vielen seltenen Arten. Gleichzeitig dermausquartieren oder die Sanierung von ist es aber auch deutlich schwerer als im Sü- Teichen als Lebensraum für Libellen und den und Westen der Republik, Spendenka- Molche. Ich bin davon überzeugt, dass diese pital und Fördermittel für den Erhalt dieses Gelder ganz im Sinne unserer Stifterin in Naturreichtums einzuwerben. der Hohen Schrecke gut angelegt sind. Per- sönlich wünsche ich allen Akteuren vor Ort weiterhin gutes Gelingen und bin schon jetzt gespannt auf meinen nächsten Besuch in Nordthüringen. Ich freue mich, dass Sie, liebe Leserinnen und Leser, die Entwicklungen in und um die Hohe Schrecke ebenso interessiert verfol- gen und wünsche Ihnen viel Freude mit der neuen Ausgabe des Journals. Henriette Berg Vorstandsvorsitzende Regina Bauer Stiftung Foto: Thomas Stephan Hohe Schrecke Journal | Nr. 21 3
A KTU E L L E S Ein Jahr Hängeseilbrücke Sie war nicht unumstritten, sie war nicht billig und sie war eine Hoffnung für die Region: Seit einem Jahr können nun auf der Hängeseilbrücke Wanderer in luftiger Höhe das Bärental überqueren. Nach Abschluss der Wandersaison ist es Zeit für eine erste Bilanz. Wahrscheinlich gibt es wenige Menschen, trieben, erklärt Hertwig. „Konkrete Zah- Schuchardt. Als passionierte Jägerin und die so häufig zur neuen Hängeseilbrücke len erhalten wir erst, seit im Frühjahr der Mitglied der Jagdgenossenschaft sieht sie laufen wie Peter Dorsch. Als Wanderfüh Parkscheinautomat in Braunsroda in Be- die Brücke nach wie vor kritisch. Leider rer war er in der Hauptwandersaison trieb genommen wurde.“ Allein in den käme es immer wieder vor, dass Besucher zwischen Juni und September fast jeden Monaten Mai bis September seien pro vom Weg abkommen oder noch nach der zweiten Tag an der Brücke. Dorsch ge- Monat über 1.000 Parktickets verkauft Dämmerung im Wald unterwegs seien. hört zu jenen, die den Bau von Anfang worden. „Insgesamt gehen wir davon aus, „Aus Sicherheitsgründen ist eine Beja- an begrüßt haben. Als es dann aber im dass zwischen 50.000 und 60.000 Perso- gung, zu der wir als Jäger ja verpflich- vergangenen Oktober so richtig losging, nen die Brücke besucht haben“, so Hert- tet sind, im Umfeld der Brücke daher da war er von dem Ansturm überrascht: wig. Damit sei der von einigen befürch- kaum mehr möglich.“ Besonders ärgert „Wir wurden ja regelrecht überrannt. Da tete Massenansturm ausgeblieben. Für die Frau aus Reinsdorf das rücksichts- habe ich damals gedacht, vielleicht ha- Dagmar Dittmer, Vorsitzende des Hohe- lose Verhalten mancher Wanderer, die ben die Skeptiker doch Recht gehabt mit Schrecke-Vereins, sind die Zahlen ein Be- einfach quer über den Acker laufen oder ihren Befürchtungen und die trampeln leg dafür, dass das Konzept Hängeseil- ihre Hunde nicht anleinen. „Laut Thürin- uns jetzt den Wald kaputt“. Doch wenn brücke aufgegangen ist. „Wir haben von ger Waldgesetz gibt es eine klare Leinen- Dorsch heute auf die vergangenen Mo- Anfang an betont, dass wir keinen Mas- pflicht, die im gesamten Wald gilt.“, be- nate zurückblickt, dann überwiegt für sen- und Eventtourismus in der Hohen tont Schuchardt. Zugleich räumt sie ein, ihn das Positive. Besonders freut ihn, Schrecke wollen.“ Ein besonders wichti- dass sich viele Wanderer vorbildhaft ver- dass kein Müll im Wald herum liegt: „Die ger Punkt sei, dass die Brücke erwan- halten würden. Und sie spricht auch ein Leute sind wirklich unwahrscheinlich dert werden muss und nicht direkt mit Lob aus: „Für so viele Besucher gibt es er- verantwortungsvoll.“ dem Auto angefahren werden kann. staunlich wenig Müll, der liegen bleibt.“ Massenansturm blieb aus Gebote auch durchsetzen Rettungswege sichern Fest steht, dass die Hängeseilbrücke sehr Allerdings versuchen doch ein paar We- In die Schlagzeilen geriet die Brücke Ende gut angenommen wird. Das Besucher- nige trotz bestehender Verbote mit ih- August. Ein Wanderer wurde von einer aufkommen sei seit der Eröffnung sehr rem Auto direkt bis an die Brücke heran- Hornisse gestochen und erhielt einen al- groß, sagt Anna Hertwig vom Planungs- zufahren. „Wer keine Erlaubnis hat und lergischen Schock. Der herbeigerufene büro IPU in Erfurt, das sich im Auftrag trotzdem durch den Wald fährt, begeht- Rettungsdienst konnte eine Schranke des Hohe-Schrecke-Vereins um die tou- eine Ordnungswidrigkeit“, erklärt Forst- nicht passieren und nur auf Umwegen ristische Vermarktung der Brücke küm- amtsleiter Uli Klüßendorf. Er verweist den Wanderer bergen. Eigentlich hätte mert. Aufgrund des ersten Lockdowns darauf, dass man es in der Regel aber der Rettungsdienst den passenden Schran- gab es den größten Besucheransturm um zunächst bei einer Ermahnung belasse. kenschlüssel dabeihaben müssen, erklärt Pfingsten herum. Danach habe ganz of- Die meisten Leute zeigten sich einsichtig Dagmar Dittmer vom Verein Hohe Schre- fensichtlich auch der MDR-Fernsehfilm und kehrten wieder um. Dass die Brücke cke. „Wir haben den Vorfall zum Anlass über die Hängeseilbrücke viele Besucher immer wieder direkt angefahren werde genommen und mit allen Beteiligten un- in die Hohe Schrecke gelockt. In einigen liege auch daran, dass man sich in Reins- ser bestehendes Rettungskonzept überar- Foto: Stefan Schwill Internetforen ist von über 100.000 Be- dorf noch nicht auf ein Durchfahrtsver- beitet. Dabei haben wir unter anderem si- suchern die Rede. Das sei deutlich über- bot habe einigen können, erklärt Madlen chergestellt, dass sich alle Schranken mit 4 Hohe Schrecke Journal | Nr. 21
Instagram-Fotos oben: alina_koeberling, bastis.crazy.world, fotoliebe1.3, kristin_paulii, steffi_itsme | unten: thueringen_entdecken, onzebelgjavier_and_friends, _flography_, stefanb1982, about_sophie.21 einem Dreikantschlüssel öffnen lassen.“ quer durch den Ort fahren und überall mehr so viel von der Hängeseilbrücke Außerdem arbeite man derzeit an einem parken.“, erklärt Dittmer. „Wir freuen uns sprechen, sondern von der Hohen Schre- Leit- und Kennzeichnungssystem. „So hier besonders über die Unterstützung cke als Ganzes. „Wir vom Hohe-Schrecke können wir gewährleisten, dass die betref- der Vereine aus den umliegenden Orten, -Verein sehen die Brücke nicht als einzel- fende Person im Notfall besser gefunden die sich dieser Aufgabe annehmen.“ Im nes Highlight, sondern als Teil des Wan- werden kann“, betont Dittmer. Trotz sol- Gegenzug erhalten die Vereine einen Teil derwegesystems in der Hohen Schrecke.“, cher anfänglichen Schwierigkeiten freut der Einnahmen aus dem Parkscheinauto- betont Dittmer und hofft darauf, dass die sich Dittmer, dass die Brücke so gut ange- mat und können damit ihre Vereinskasse Brücke weiterhin ein touristischer Ma- nommen werde. Durch die Hängeseilbrü- aufbessern. Wenn es nach der Vorsitzen- gnet bleibt, sich jedoch gleichzeitig die cke habe die Hohe Schrecke bundesweit den des Hohe-Schrecke-Vereins ginge, Aufregung um die Brücke in den kom- Bekanntheit erlangt. „Das stellt uns aber dann würde man in Zukunft gar nicht menden Jahren etwas legen werde. zugleich vor Herausforderungen“, ergänzt Dittmer. In Braunsroda gibt es noch einiges zu tun Herausforderungen, vor denen vor al- lem Braunsroda mit seinen 80 Einwoh- nern steht. Denn der kürzeste Weg zur Hängeseilbrücke führt die meisten Besu- cher über den kleinen Ort, der gleich hin- ter der Autobahnabfahrt liegt. In den ers- ten Wochen nach der Eröffnung war das Dorf oft zugeparkt. Es fehlten Schilder und Toiletten. Die Situation in Brauns- roda, so räumt Dagmar Dittmer ein, sei auch heute noch nicht zufriedenstellend. „Aber als Verein können wir ja auch nicht einfach entscheiden, wo und wie gebaut wird“, gibt Dittmer zu bedenken, „Es gibt in Deutschland planungsrechtliche Vor- schriften, die man nicht einfach umge- hen kann. Als Verein müssen wir mit den verschiedenen Eigentümern, den Förder- mittelgebern und der Kommune zusam- menarbeiten. Das kostet Zeit.“ Sobald die Eigentumsfrage geklärt sei, werde es in Braunsroda einen ausgeschilderten Wan- derparkplatz mit fest installierten Toilet- tencontainern geben, verspricht die Ver- einsvorsitzende. „Wir sind da mitten in den Verhandlungen. Aber es geht voran.“ Vereine helfen In der Zwischenzeit lässt der Verein die Anwohner von Braunsroda jedoch nicht Foto: Stephan Arnold im Regen stehen. „Wir haben Parkeinwei- ser organisiert, die am Wochenende da- für sorgen, dass die Leute nicht kreuz und Hohe Schrecke Journal | Nr. 21 5
N AC H G E FRAGT Verfahren zur Erweiterung des Naturschutzgebietes Hohe Schrecke Das bestehende Naturschutzgebiet Hohe Schrecke soll vergrößert werden und einen neuen Verordnungstext erhalten. Noch bis 8. Februar 2021 läuft das Auslegungs- und Anhörungs- verfahren. Die Naturstiftung David und den Hohe-Schrecke-Verein haben hierzu viele Nach- fragen erreicht. Einige davon haben wir an das Thüringer Umweltministerium weitergeleitet und Umweltministerin Anja Siegesmund um Antworten gebeten. genauso wichtig ist die Festlegung aller Wie wird mit den Hinweisen oder den Ausnahmen und zulässiger Handlungen. Einwendungen der Bürgerinnen und Bür- Das schafft Transparenz und Rechtssi- ger umgegangen? Gibt es überhaupt die cherheit für alle. Möglichkeit, an dem Verordnungsentwurf noch etwas zu verändern? Warum erfolgt die Erweiterung des Na- Die laufende öffentliche Auslegung bzw. turschutzgebietes gerade jetzt in der Co- die Beteiligungsmöglichkeit über das In- rona-Zeit? Welche Möglichkeiten haben ternet ist dafür da, alle Anregungen, Hin- die Bürgerinnen und Bürger sich über weise, Kritik und Bedenken der Bürge- die neue Verordnung zu informieren und rinnen und Bürger aufzunehmen. Das sich am Verfahren zu beteiligen? zuständige TLUBN wird jede fristgerecht Das Verfahren zur Unterschutzstellung eingegangene Stellungnahme prüfen ist im Thüringer Naturschutzgesetz ge- und auswerten. Und ja, wenn die Kritik, regelt. Es umfasst eine Beteiligung aller Bedenken oder Anregungen berechtigt Ein Teil der Hohen Schrecke ist bereits Träger öffentlicher Belange – wie bei- oder sinnvoll sind, dann wird der Verord- seit 2004 als Naturschutzgebiet ausgewie- spielsweise Kommunen, Landratsämter, nungsentwurf weiterentwickelt. sen. Warum soll das bestehende Natur- Forst- und Landwirtschaftsverwaltung – schutzgebiet deutlich vergrößert werden? und eine öffentliche Auslegung der Ver- Bekommen diejenigen, die sich an das Mit unseren Naturschutzgebieten erhal- ordnung mit den Karten in den Landrats- TLUBN gewandt haben eine schriftliche ten und schützen wir die naturschutzfach- ämtern und im TLUBN - dem Thüringer Antwort? lich wertvollen Gebiete und Landschaften Landesamt für Umwelt, Bergbau und Na- Alle Einwände oder Hinweise, die Ein- Thüringens; sie sind das Tafelsilber des turschutz. Zusätzlich werden die Unter- gang in das Abwägungsprotokoll fin- Naturschutzes in unserem Freistaat. In lagen im Internet zur Einsichtnahme für den, werden gegenüber den Absendern der Hohen Schrecke wurden im Rahmen jedermann eingestellt. Eine Information schriftlich und mit Auszug aus dem Pro- des Naturschutzgroßprojektes von 2009 und Diskussion der Verordnungsinhalte tokoll beantwortet. Ich kann Ihnen versi- bis 2012 neue, umfassende Kartierungen ist damit möglich und ausdrücklich ge- chern, dass in dem Verfahren nichts ver- durchgeführt und eine Analyse des Ge- wünscht – unabhängig von Corona. Die loren geht und jeder eine Antwort erhält, samtgebietes vorgenommen. Die unab- Einbindung aller Bürgerinnen und Bür- wie das TLUBN mit seinen Bedenken hängigen Fachleute haben damals nach- ger ist kein Selbstzweck, sondern ein An- oder Hinweisen umgegangen ist. gewiesen, dass die Hohe Schrecke und gebot, das gerne angenommen werden ihre Übergangsbereiche eine besonders sollte. Das TLUBN wird der Bürgerbetei- In der Tagespresse wird Herr Dr. Strau- schützenswerte Naturausstattung mit vie- ligung mehr Zeit als vorgeschrieben ein- binger von der Hatzfeldt-Wildenburg- len seltenen und oftmals landes- und räumen, so dass Bürgerinnen und Bürger schen Forstverwaltung zitiert, dass man bundesweit gefährdeten Arten aufweist. ihre Hinweise, Kritik oder Bedenken bis als Waldbesitzer nicht mitgenommen Nicht ohne Grund reden wir hier über ein zum 8. Februar 2021 äußern können. Le- und „einfach überrollt“ wurde. Gebiet von gesamtstaatlich-repräsentati- diglich die sonst in Thüringen angebo- Diese Aussage in dem Presseartikel kann ver Bedeutung. Deshalb liegt es auf der tenen Bürgerversammlungen zu Beginn ich nicht bestätigen. Das TLUBN hat alle Hand und ist konsequent, jetzt das beste- der öffentlichen Auslegung konnten we- Kommunen an der Hohen Schrecke und hende Naturschutzgebiet zu vergrößern. gen Corona leider nicht stattfinden. Aber die größeren Waldbesitzer vorab über alle Kommunen und die größeren Land- den geplanten Verordnungsentwurf und Warum wird der Verordnungstext neu nutzer wurden im Vorfeld vom TLUBN dessen Inhalte informiert. Insbesondere geschrieben? informiert. Die Ausweisung oder Ver- Herr Dr. Straubinger wusste seit mehre- Wenn ein Naturschutzgebiet ausgewie- größerung eines Naturschutzgebietes ist ren Jahren, dass eine Vergrößerung des sen oder vergrößert wird, müssen der keine geheime Aktion. Wir sollten den Naturschutzgebietes geplant ist. Zudem Foto: Andreas Pöcking Verordnungstext und die Abgrenzungs- Blick auch nicht allein auf die kritischen hat er hierzu selbst, vor der öffentlichen karten entsprechend angepasst werden. Stimmen einengen. Ich kann mir durch- Auslegung, Gespräche mit dem TLUBN In der Verordnung sind nicht nur der aus vorstellen, dass sich auch die Befür- geführt. Schutzzweck zu definieren und erforder- worter einer Schutzgebietserweiterung liche Regeln zu formulieren. Mindestens zu Wort melden werden. 6 Hohe Schrecke Journal | Nr. 21
Es gibt Befürchtungen, dass die Waldbe- Gibt es Einschränkungen bei der land- wirtschaftung in der Hohen Schrecke zu- wirtschaftlichen Flächennutzung oder der künftig nicht mehr möglich ist oder stark Nutzung von Förderprogrammen? eingeschränkt sei. Ist dem so? Landwirtschaftlich genutzte Flächen sol- Auch das kann ich so nicht bestätigen. In len nur im notwendigen, eher geringerem gebotes reagieren würden. Nicht zuletzt dem Verordnungsentwurf sind drei Ka- Umfang in das Naturschutzgebiet inte- zählt zu einem guten Erholungsangebot tegorien vorgesehen. Erstens die soge- griert werden. Die Nutzung von Acker- eine gute Besucherlenkung. Daher blei- nannten Prozessschutzflächen, auf denen und Grünlandflächen im Rahmen der gu- ben Informationstafeln und Wegebeschil- keine forstliche Nutzung mehr stattfin- ten fachlichen Praxis bleibt grundsätz- derungen natürlich zulässig. den soll. Hier sind keine privaten Wald- lich zulässig. Für im Naturschutzgebiet besitzer betroffen, es sei denn, sie haben liegende Flächen können auch weiterhin sich ausdrücklich damit einverstanden Förderanträge – beispielsweise im Kultur- erklärt und dafür bereits einen finanziel- landschaftsprogramm (KULAP) – gestellt len Ausgleich erhalten. werden. Dann gibt es eine Kategorie mit be- Die Verfahrensunterlagen für die Er sonderen Auflagen für die Waldbewirt- Steht die Naturschutzgebietsausweisung weiterung des Naturschutzgebietes schaftung. Diese Auflagen waren bei den nicht der touristischen Entwicklung ent- Hohe Schrecke sind im Internet betroffenen Privatwaldbesitzern aber be- gegen? Darf man im Wald überhaupt (www.tlubn.thueringen.de – hier un- reits Bestandteil des Kaufvertrages oder noch spazieren gehen? ter Service/Anhörungs- und Ausle- die Waldeigentümer haben sich mit der Natürlich darf und soll man weiterhin gungsverfahren/Naturschutz/Aus- Naturstiftung David als Trägerin des Na- spazieren gehen. Ich selbst habe mich legung NSG „Hohe Schrecke“) einseh- turschutzgroßprojektes freiwillig vertrag- mit der Hängeseilbrücke im Bärental für bar und liegen bis zum 8. Februar Foto: Thomas Stephan (1), pixabay (1) lich gebunden. eine touristische Aufwertung der Ho- 2021 auch in den Landratsämtern Die dritte Kategorie umfasst alle an- hen Schrecke eingesetzt. Mit Erfolg wie des Kyffhäuserkreises und des Land- deren Waldflächen. Hier ist und bleibt die Besucherzahlen zeigen. Ich kann mir kreises Sömmerda, sowie im Thürin- die „ordnungsgemäße forstwirtschaftlich auch einen Verzicht auf das Wegegebot ger Landesamt für Umwelt, Bergbau Nutzung“ bei Beachtung des Schutzzwe- vorstellen wie es im Nationalpark Hai- und Naturschutz (TLUBN) in Wei- ckes zulässig und bedarf auch keiner ge- nich seit Jahren erfolgreich gelebt wird. mar öffentlich aus. sonderten behördlichen Zustimmung. Ich bin gespannt wie Waldeigentümer oder Jäger auf den Verzicht des Wege- Hohe Schrecke Journal | Nr. 21 7
R EPORTAG E Auspumpen, Sondieren, Abdichten – Teichsanierung am Frauenkreuz In den vergangenen Jahren wurden schon mehrere Gewässer in der Hohen Schrecke aus naturschutzfachlichen Gründen saniert. Diesmal war die Aufgabe jedoch voller spezieller Herausforderungen. Von der Planung über die Finanzierung bis hin zur Umsetzung. Als Dierk Conrady an diesem November- sagt Markus Scholz. Er ist Geschäftsfüh- Idee“, lacht Dierk Conrady, „fast wie bei Vormittag beim Frauenkreuzteich am rer der Firma Koch aus Oranienburg. In uns in Stade damals.“ Conrady ist an der Rande des ehemaligen Schießplatzes ein- einem Ausschreibungsprozess hatte die Elbe zwischen Hamburg und Cuxhaven trifft, wird gerade ein etwa 10 Zentimeter Firma aus Brandenburg den Zuschlag für aufgewachsen. Jeder kleine Ort hatte dort dicker Industrieschlauch über den Damm die Suche und Bergung möglicher Mu- einen Hafen. Wenn das Wasser sich zu- gezogen. So einer wie man ihn beim Ab- nition erhalten. Im Hintergrund stapfen rückzog, erzählt er, dann seien sie als pumpen von Klärgruben verwendet. Die zwei Männer zwischen Teich und Wald- Kinder auf selbstgebauten Holzschlitten Firma Höwner aus Riethgen bei Söm- kante mit Metalldetektoren über das mit über den Schlick gerudert, um Aale zu merda hat damit gerade den Teich hin- Stubben bestandene und mit dicken Äs- fangen. Nach dem gleichen Prinzip soll term Damm leergepumpt. Ihr Job ist ten übersäte Gelände. Das Piepen ihrer nun hier nach Munition gesucht werden. für heute getan. Er ist die Basis für das, Sonden ist bis hierher zu hören. An meh- Denn selbst mit Wathosen wäre es kaum was nun folgen soll: Die Suche nach al- reren Stellen markieren Pflöcke und ne- möglich, überall den meterdicken Schlick ter Munition und – wenn nötig – deren onfarbene Sprayflecken die Stellen, an auf dem Teichgrund zu betreten: Man Bergung. Der Biologe Conrady stellt sich denen die Zeigernadeln der Geräte aus- würde schlicht feststecken bleiben oder den Landschaftsbauern und Munitions- schlugen – dort muss nachgegraben wer- gar versinken. bergern vor. Bisher kennt er sie nur vom den. „Als nächstes messen wir das Such- Telefon. feld im Teich ein und dann schauen Spuren aus der Sowjetzeit wir mal, wie die Schlickrutsche funktio- Während Péntek die sensiblen Sensoren Aktion Schlickrutsche niert.“ Unten am Teich ist der Geophysi- auf der Schlickrutsche montiert, nutzt Gemeinsam gehen die Herren ein paar ker András Péntek dabei, Pflöcke in den sein Kollege Markus Scholz die Zeit, um Schritte auf den Damm. Von dort blickt Schlamm zu schlagen und mit dem Roll- mit gehörigem Sicherheitsabstand an man auf den etwa 40 x 20 Meter großen maß ein Geviert abzutragen, 360 Quad- den mit Farbspray markierten Stellen Fotos: Dr. Dierk Conrady und schlammigen Teichboden. In der ratmeter groß. Aus drei zusammenge- am Teichufer zu graben. Schnell kommt Mitte drückt schon wieder Wasser aus schraubten Mörtelwannen haben die ein kleiner Haufen Schrott zusammen: der im Untergrund befindlichen Quelle Munitionsberger ein Gefährt gebaut, Erst vier halbmeterlange angespitzte nach. „Rings um den Teich haben wir mit dem sie gefahrlos ihre Sonden über Winkeleisen. Vielleicht waren das mal soweit sondiert, nur dort wo die Holz- den Schlammboden des abgepumpten Heringe von einem Mannschaftszelt? haufen liegen müssen wir nochmal ran“, Teiches ziehen können. „Das war meine Dann eine Handvoll 20 Zentimeter lange 8 Hohe Schrecke Journal | Nr. 21
und 6 Zentimeter dicke verrostete Hül- ten im Wald und an so abgelegenen Stel- sen. Auch das keine Munition aus der len kosten halt Zeit. Zeit, als hier die Sowjetarmee einen Pan- zerübungsplatz betrieb. „Vielleicht sind Seilschafts-Kraftakt das Bolzen oder Wälzlagerteile von Pan- für die Rasterfahndung zerketten?“, mutmaßt Scholz, dessen in Inzwischen hat András Péntek alles vor- Oranienburg nördlich von Berlin ansäs- bereitet für die Sondierung im Schlamm. siger Betrieb schon zahlreiche Entmuni- An langen Seilen ziehen zwei Mann die tionierungen ehemaliger Militärgelände Schlickrutsche über den Teich und wen- durchgeführt hat, ob nun in Branden- den das Gefährt. Dann ziehen es ihre bei- burg, Mecklenburg-Vorpommern oder den Kollegen möglichst gleichmäßig zu- Thüringen. rück ans andere Ufer. Auf diese Weise Von fern rumpelt indessen das Ge- entsteht ein Raster im Schlamm – und räusch eines Kettenbaggers heran und ein digitales Raster im Chip, der die Da- erinnert an die Zeiten, als hier die Pan- ten der drei parallel montierten Sonden zer in Kolonnen durch die Dörfer fuh- speichert. Es dauert gut anderthalb Stun- ren, die Gläser in den Schränken zitterten den, bis die Schlickrutsche die gesamte und die Leute zusammenzuckten, wenn Fläche abgefahren hat. Die Männer kom- die Übungsschüsse durch die Stille hall- men dabei ganz schön ins Schwitzen, zu- ten. „Zum Glück ist das vorbei“, meint mal an diesem ungewöhnlich milden No- Manuel Höwner, der sich noch erinnern vembertag sogar ab und an die Sonne kann, dass die Hohe Schrecke militäri- durchkommt. sches Sperrgebiet war. Höwner hat den „Das alles ist nur die Vorarbeit“, sagt Termin heute benutzt, um das weitere Dierk Conrady am Rand des Gesche- Vorgehen mit dem Auftraggeber Dierk hens. „Ein kostspieliger, aber notwendi- Conrady von der Naturstiftung David ger Teil der Teichsanierung.“ Der Teich abzustimmen. Denn nach der Entmuni- ist über die Jahre verschlammt und klei- tionierung ist seine Garten- und Land- ner geworden. Als ein Windstoß die gel- schaftsbaufirma für die eigentliche Re- ben Blätter von den Birken und Eichen naturierung des Teiches verantwortlich, ringsum ins Wasser weht, sieht man au- und da gibt es etliche Details vor Ort zu genfällig warum das so ist. Außerdem besprechen. Jetzt muss der Unternehmer sei der Damm durch den Bewuchs löch- aus Sömmerda aber noch warten bis der rig geworden – er müsse mit speziellen Bagger ankommt. Denn an dem führt Lehmm atten abgedichtet werden, um Fotos: Tobias Barth kein Weg vorbei auf den schmalen Forst- den Wasserspiegel wieder steigen zu las- straßen. Als der 15-Tonner endlich da ist, sen, erklärt der auf Wald-und Offenland- meint der Baggerfahrer lapidar: „35 Mi- lebensräume spezialisierte Biologe der nuten, und das im Schnellgang!“ Arbei- Naturstiftung David. Hohe Schrecke Journal | Nr. 21 9
Lieblingsplätze für Libellen entschlammt, die wuchernden Ufer- Blaugrüne Mosaikjungfer heißt eine pflanzen entfernt und das Umfeld frei- Libelle, die hierzulande gestellt. Bereits im nächsten Sommer im Sommer und wird sich sehr wahrscheinlich eine ar- Länderübergreifende Herbst an Gewäs- tenreichere Gemeinschaft einstellen, Abstimmung sern aller Art gese- die diese nährstoffarmen Bedingun- Eine Herausforderung für Planung und hen werden kann. gen braucht. Dann treten vor allem an- Finanzierung war die Tatsache, dass Sie stellt nur geringe spruchsvollere Arten auf. Ein typischer durch den Teich die Landesgrenze zwi- Ansprüche und über- Vertreter ist der Blauschil- schen Thüringen und Sachsen-Anhalt lebt selbst an Tüm- lernde Plattbauch (Foto), eine verläuft. Der Damm liegt in Thüringen. peln und schlickrei- Libellenart mit einem abge- Hier erfolgte in der Vergangenheit auch chen Pfuhlen, wie der flachten Hinterleib, die vor schon eine Munitionsbergung (siehe Teich am Frauen- allem vegetationslose, schlam- auch Journal Nr. 14). Große Teile des kreuz vor der marme Tümpel besiedelt. Im noch nicht nach Munition untersuchten Sanierung einer Laufe der nächsten Jahrzehnte Teiches aber liegen im Nachbarland. Für war. Hohe Nährstoff bilden sich dann wieder die Planung der Gewässerrenaturierung einträge durch dichtste- Ufervegetation und Wasser- hieß das: Unterschiedliche Eigentümer hende Bäume hatten über pflanzen. Es beginnt eine und Behörden beider Bundesländer um viele Jahre die Bedingungen für spannende Abfolge ver- Zustimmung bitten. Besonders schwie- andere Arten zunehmend ver- schiedener artenreicher rig gestaltete sich die Finanzierung: „Das schlechtert. Jetzt ist der Teichboden Libellen-Gemeinschaften. Naturschutzgroßprojekt läuft nur in Thüringen. Die Fördergelder dürfen wir deshalb nicht für Maßnahmen in Sach- sen-Anhalt ausgeben“, erläutert Dierk Conrady. Gleichzeitig lasse sich aber auch nicht nur ein halber Teich sanie- ren. Gelöst wurde das Problem mit einer Förderung der Stiftung Umwelt – Natur – Klimaschutz des Landes Sachsen-An- halt. „Dafür sind wir sehr dankbar – al- lerdings hat uns allein die Klärung der Finanzierung fast ein Jahr gekostet“, er- innert sich der Stiftungsmitarbeiter. Inzwischen hat András Péntek die Da- ten aus dem Sonden-Chip ausgelesen und von der Software am Laptop bear- beiten lassen. Auf dem Bildschirm sind sehr schön die Stellen zu sehen, an de- nen die Messwerte Metall im Schlick des Teiches vermuten lassen. Teilweise lie- 10 Hohe Schrecke Journal | Nr. 21
gen sie so weit im Inneren, dass der Bag- mehrfach bis an die Oberschenkel im ger mit seinem langen Greifer zum Ein- Schlick, als er Stämme positioniert und Weitere Teichsanierungen satz kommen muss. den Bagger dirigiert. Schließlich – in- Der Frauenkreuzteich ist nicht zwischen hat der Baggerfahrer schon die die erste Teichsanierung im Na- Knüppeldamm Strahler seiner Maschine angeschaltet – turschutzgroßprojekt. Im Win- und schlurfende Stiefel reicht der Schaufelarm bis an die mar- ter 2014/15 wurde am Pfingstfleck Als der Geräteführer den Bagger um den kierte Stelle heran und holt schlurfend oberhalb von Hauteroda gearbei- Teich herum fahren will, wird schnell das lehmige, nach Moder riechende Ma- tet (siehe Journal 13). Dort speist klar: Ein Knüppeldamm muss her. Denn terial aus dem Gelände heraus und legt der Helderbach eine Löschwasser der schwere Bagger droht im schlammi- es auf die Seite. Sofort kommt einer mit entnahmestelle, die als Speicher- gen Uferbereich zu versinken. Die Män- der Sonde und siehe: Es piept. Laut und becken zugleich dem Hochwasser- ner laden meterlange Baumstämme in heftig. Diesmal ist es ein simples Stück schutz dient. Schwemmsand, Laub die Baggerschaufel und schleppen noch Draht. „Naja, immerhin beweist es, dass und Pflanzenbesatz hatten fast zur längere Stämme heran. Sie liegen von die Sonde funktioniert“, meint Scholz Verlandung des Teiches geführt. den Fällarbeiten hier, die auf einer Seite lakonisch, ehe er zwecks Kontrollgang Ein Auffangbecken mit Flachwas- des Teiches im Vorfeld gemacht worden noch mal in den Teich steigt, um nach- serzone wurde geschaffen, der un- sind, um langfristig den Laubeintrag zusondieren. Alles sauber. Die letzte Ver- tere, größere Teil des Teiches frei in den Teich klein zu halten und eine dachtsstelle fördert dann noch einen al- geräumt. Inzwischen nehmen Li- Lichtung zu schaffen. Der Bagger ent- ten rostigen Sonnenschirmständer ans bellen und Amphibien das Ge- lädt seine Schaufel im Uferschlick. Die Licht – dann sind alle sondierten Punkte wässer wieder gut an. Die reichen Männer bauen einen etwa 7 Meter lan- abgearbeitet. Alle sind erleichtert. In den Amphibienvorkommen locken in gen Damm, auf dem sich das tonnen- nächsten Tagen kann nun die eigent- nahezu jedem Frühjahr auch den schwere Gerät dann langsam vorantastet, liche Teichsanierung durch die Firma Schwarzstorch an. immer wieder prüfend und verdichtend Höwner beginnen, die jetzt sicher und Im Winter 2016/17 ging es dann die Schaufel und das Vorderschild ein- ohne Angst vor Sprengmitteln arbeiten weiter mit drei Teichen oberhalb setzend. Inzwischen ist es bewölkt und kann. „Vielleicht“, sagt Dierk Conrady bei von Kleinroda (siehe Journal 16). langsam setzt Dämmerung ein an die- der Abfahrt, „siedelt sich hier schon im Leider nur mit bedingtem Erfolg. sem kurzen Novembertag. Aber weil nächsten Jahr die wunderschöne Platt- Aufgrund eines Fehlers in der es grundsätzlich so gut lief heute, wol- bauch-Libelle an – keine drei Kilometer Deckschicht verlor der Dorfteich len alle noch an diesem ersten von zwei von hier entfernt konnten wir sie nach- sehr schnell sein Wasser. Hier wird geplanten Tagen fertig werden. Markus weisen“. in Kürze nachgebessert – so dass Scholz versinkt mit seiner Wathose der Teich dann hoffentlich ab dem Frühjahr 2021 wieder eine ausrei- chend große Wasserfläche hat. Auch oberhalb von Langenroda steht ein Teich im Blickpunkt. Nach- dem der Teich jetzt in das Förderge- biet des Naturschutzgroßprojektes aufgenommen worden ist, soll im Jahr 2021 dort ebenfalls die Sanie- rung der Deckschicht erfolgen. Auf dem Arbeitsplan des Natur- schutzgroßprojektes steht außer- dem noch die Renaturierung des Teiches im Hirschbachtal. Hier wird mit einer Umsetzung im Jahr 2022 gerechnet. Fotos: Tobias Barth, LIBELLE (3), alslutsky/shutterstock.com (1) Die Sanierung des Frauenkreuzteiches wurde zusätzlich zur Förderung des Naturschutzgroßprojektes auch mit Mitteln der Stiftung Umwelt – Natur – Klimaschutz des Landes Sachsen- Anhalt finanziert. Hohe Schrecke Journal | Nr. 21 11
R EPORTAG E Obstexperten zu Besuch Sie kennen sich aus mit Bestimmung und systematischer Einteilung der Obstsorten. Und ent- decken doch immer wieder Neues. Einmal im Jahr treffen sich die Thüringer Pomologen zum Austausch in interessanten Regionen – diesmal in der Hohen Schrecke. Auf dem Wanderparkplatz am Ortsein- Rintisch erklärt die Besonderheiten der fen austauschen, wie Weinkenner über gang von Hauteroda ist an diesem Sams- kleinen Kirschbaumplantage. Es handelt verschiedene Weine. Egal ob es dabei um tagmorgen Anfang September kein Platz sich um seltene Kirschsorten, wie sie zum Kirschen, Birnen oder Äpfel geht. mehr frei. Hier und dort gibt es ein gro- Teil nur hier in der Hohen Schrecke vor- ßes Hallo – viele kennen sich. Jemand hat kommen. Die Exkursionsteilnehmer be- ein provisorisches kleines Frühstück-Buf- schauen die Bäume mit fachmännischen fet aufgebaut. Es gibt Kaffee und Tee aus Blicken. Und schon bald entspinnt sich großen Thermoskannen. Nachdem sich eine rege Diskussion über die richtige alle gestärkt haben, heißt Ingo Rintisch Pflege und Zucht von Kirschbäumen. Be- seine Gäste willkommen und erklärt kurz griffe wie 80er Böden, Unterlagen oder den Tagesablauf. Rintisch ist Leiter einer Wickelmannschutz bleiben für den Au- Baumschule in Herbsleben und wie die ßenstehenden zunächst unverständlich. meisten, die sich hier zusammenfinden, Doch auf dem Weg zur nächsten Station Mitglied im Thüringer Pomologen-Ver- der Wanderung bietet sich reichlich Gele- ein. Die Pomologie ist die Lehre der Obst- genheit, etwas mehr über die Kunst der sorten und des Obstbaus. Der Name geht Obstbaumzucht zu lernen. Eine Sache auf den lateinischen Namen Pomona, die wird im Gespräch sehr schnell deutlich: Göttin der Gartenfrüchte zurück. Einmal Insgesamt gibt es viel mehr Obstsorten Von äußeren im Jahr treffen sich die Vereinsmitglieder als wir aus den Supermarktregalen ken- und inneren Werten zu einem gemeinsamen Ausflug in Thü- nen. Wer hätte zum Beispiel gedacht, Jeder, der schon einmal einen Apfel am ringen. Diesmal hat sich der Verein hier- dass man allein in der Hohen Schrecke Wegrand gepflückt hat, kennt wahr- für die Hohe Schrecke ausgesucht. Viele weit über 50 verschiedene Süßkirschsor- scheinlich das Gefühl: Der Apfel trägt sind zum ersten Mal hier. ten finden kann? Und jede dieser Sor- vielleicht schon ein paar Druckstellen ten hat einen ganz eigenen Charakter, und hat meist keine Idealmaße – aber er Seltene Kirschsorten unterscheidet sich in Form, Farbe, Fes- schmeckt intensiv nach Apfel. Allein in Zu Fuß geht es zunächst zum nahe ge- tigkeit und nicht zuletzt im Geschmack. Deutschland gibt es über 2.000 verschie- legenen Ochsenberg. Ende 2019 wurden Über das Thema Geschmack können sich dene Apfelsorten. Doch im Supermarkt- hier im Auftrag der Naturstiftung David Pomologen so ausgiebig und mit einem regal sucht man diese Vielfalt meist ver- 80 junge Kirschbäume angepflanzt. Ingo ähnlich umfassenden Arsenal an Begrif- geblich. Nur sieben Hauptsorten werden 12 Hohe Schrecke Journal | Nr. 21
in Deutschland regelmäßig im Handel angeboten. Sie alle wurden auf ein ein- heitliches Maß gezüchtet, damit sie leicht zu ernten sind und vor allem möglichst lang jung, frisch und strahlend aussehen. Doch diese Bilderbuchäpfel schmecken dann oft auch ein wenig langweilig. Vielen Pomologen, wie Gerd Ulm, lie- gen die alten Obstbaumsorten am Her- zen. Nicht nur, weil sie besser schmecken, sondern weil sie oft eine lange Geschichte haben. Viele Sorten gibt es schon seit weit über 100 Jahren. Das Wissen um sie ist ein kulturelles Erbe, das es zu bewah- ren gilt. Dem Pomologen aus Neustadt im Harz geht es wie vielen hier – sie wurden bereits früh mit der Leidenschaft für den Obstbau angesteckt. Bei Gerd Ulm war es der Großvater, der zahlreiche Obstbäume hatte und den Enkel nach der Schule mit auf die Streuobstwiese nahm. Rückkehr zur alten Liebe Später absolvierte Gerd Ulm eine Lehre im Gartenbau, spezialisierte sich auf Obstan- bau. Doch dann kam die Liebe dazwi- schen. Er wechselt den Beruf, arbeitet viele Jahre in einem Autohaus. Erst jetzt im Ru- hestand kann er sich wieder voll und ganz seiner alten Leidenschaft widmen. Vor ei- nigen Jahren erwarb er eine vier Hektar große Streuobstwiese. Seitdem vermark- tet er seine eigenen Äpfel. Wirtschaftlich ist das Geschäft nicht. Wichtiger sei ihm, dass er es immer wieder schaffe, junge Leute für die Obstbaumzucht zu begeis- tern. „Als ich vor sieben Jahren dem Po- mologenverein beigetreten bin, da habe ich mit meinen über 50 Jahren den Alters- durchschnitt nach unten gesprengt“, er- innert er sich: „Es freut mich, dass heute auch jungen Menschen Mitglieder sind.“ Zu ihnen gehört Tom Leukefeld, der mit Frau und kleiner Tochter an dem Aus- Mostbirnen im Wald kommen können, hat Ingo Rintisch ex- flug teilnimmt. Anders als die meisten der Mittlerweile haben die Exkursionsteil- tra Birnenmost mitgebracht. Das Ge- Gäste beschäftigt sich der junge Mann aus nehmer eine weitere Station des Ausflugs tränk schmeckt ein wenig wie Apfelwein, Drei Gleichen bei Gotha nicht nur in sei- erreicht. Etwa einen Kilometer nordöst- leicht säuerlich aber sehr erfrischend. An- ner Freizeit mit dem Anbau von Obst. Er lich von Hauteroda befindet sich mitten schließend geht es zurück zum Ausgangs- arbeitet als Baumpfleger und hat sich da- im Wald eine ca. ein Hektar große Lich- punkt des Ausfluges. Ingo Rintisch ist bei auf den Obstbaumschnitt spezialisiert. tung. Die Fläche wurde vor zwei Jahren zufrieden. Die Resonanz sei ungewöhn- Unter dem Motto „Gutes aus alten Zeiten“ im Rahmen des Naturschutzgroßprojek- lich groß gewesen: Über 30 Teilnehmer gibt er sein Wissen auch in Schnittkursen tes gerodet. Im letzten Jahr wurden dort – mehr als sonst wären diesmal bei dem weiter. Bereits während seines Studiums dann 15 verschiedene Mostbirnensorten Jahrestreffen dabei gewesen. Für Pomolo- Fotos: David Johst (4), Stephan Arnold (1) als Gartenbauingenieur begann er damit, angepflanzt. Später sollen die Früchte gen jedenfalls hat die Hohe Schrecke viel alte Obstsorten zu sammeln – bis heute einmal zu Birnenmost verarbeitet wer- zu bieten. Auch das Wetter hat an diesem hat er über 1.000 verschiedene Sorten ge- den. Ingo Rintisch erklärt die Beson- Samstag mitgespielt. Entgegen der Vor- funden, die meisten davon in Thüringen. derheiten der Birnensorten. Die Bäume hersage regnet es nicht. Und so sitzen am Er freut sich über die Möglichkeit, sich wachsen besonders gut und schnell. Ende alle Teilnehmer bei Kaffee und Ku- mit anderen Obstbegeisterten auszutau- Schon jetzt nach nicht einmal einem Jahr chen im Gutshof von Bismarck: Genug schen. Dabei könne er auch immer wieder ragen die Kronen teilweise weit über den Zeit, ausführlich zu fachsimpeln und die von den Erfahrungen der Älteren profitie- Verbissschutz hinaus. Damit alle schon Eindrücke des Tages Revue passieren zu ren, so der Baumpfleger. einmal einen kleinen Vorgeschmack be- lassen. Hohe Schrecke Journal | Nr. 21 13
I NTERVI EW „Man konnte die Käfer fressen hören.“ Uli Klüßendorf leitet von Sondershausen aus die Revieran gelegenheiten auch für den Wald in der Hohen Schrecke. Wir sprachen mit dem Amtsleiter von ThüringenForst über Trockenheit und Borkenkäfer, über Kahlschläge und gelingenden Waldumbau im Klimawandel. Die Wälder in der Hohen Schrecke muss- Schockiert Sie das Baumsterben? Was bedeutet das für Sie und auch für die ten wie überall in Deutschland mit dem Also wir haben einen Teppich von grü- privaten Waldbesitzer? Das Forstamt hat dritten trockenen Sommer in Folge klar- nen Nadeln im Wald gehabt. Das hatte ja die Aufsichtspflicht. kommen, mit drastischen Folgen insbe- ich so in meiner langjährigen Berufslauf- Der Preis für Fichtenholz ist jetzt inner- sondere für die Fichte. Kommt – maka- bahn noch nicht erlebt. Die Nadeln wirft halb von zwei Jahren praktisch auf ein ber gefragt – das schnelle Absterben der der Baum als letzte Schutzreaktion ganz Drittel gefallen. Die Märkte sind durch Fichte nicht dem Waldumbau entgegen? schnell ab. Wir haben auch eine derart das plötzliche Überangebot im Moment Wir wissen, dass die Fichte in der Re- hohe Zahl an Käfern in den Beständen, zu. Sie haben also die Kosten für die Holz gion hier nicht heimisch ist. Sie braucht dass man sie hat fressen hören. Der An- ernte, aber kein Ertrag aus ihrem Fichten- hohe Niederschläge und ist deshalb von flug war so stark, dass der Fichtenkäfer holz und dazu im schlechtesten Fall auch Natur aus eher in den höheren Lagen der auch andere Baumarten befällt und ver- noch eine Kahlfläche, die sie nach dem Mittelgebirge anzutreffen. Denn ihre fla- sucht, sich da einzubohren. Schockieren- Gesetz innerhalb von sechs Jahren wieder chen Wurzeln können das tieferliegende der aber ist für mich das Buchensterben. aufforsten müssen. Da sind alle Waldbe- Wasser nicht erreichen. Trotzdem ist his- Wenn Sie mich vor zehn Jahren gefragt sitzer in einer sehr schwierigen Situation. torisch bedingt auch hier in Nordthürin- hätten, hätte ich immer gesagt, dass die gen zehn, zwölf Prozent des Waldes mit Buche eine sehr klimaangepasst Baum Wie prägt das den Wald von morgen? Fichten bestockt. Die Fichte war nun mal art ist. Der Baum hat ein tolles Wurzel- Wir haben in der Region baumartenrei- das Nutzholz vergangener Epochen. Diese system und erreicht dann auch immer che Laubmischwälder. Das ist eine sehr Bestände verschwinden jetzt, und zwar Wasser. Dass selbst diese Baumart jetzt gute Voraussetzung für Waldumbau. Im schnell. Zu schnell. Denn als Förster pla- so schnell ausfällt, ist für uns wirklich Landesforst wirtschaften wir in der Regel nen wir langfristig und haben auch den überraschend. Man muss aber auch wis- ohnehin schon in Richtung Dauerwald Waldumbau vorausschauend geplant. Un- sen: Die Buche ist erst seit etwa 6.000 – das heißt, dass auf einer Fläche junge, ter dem Schirm der alten Fichten sollte in Jahren hier so prägend. Das hängt mit mittelalte und alte Bäume nebeneinander den nächsten Dekaden ein neuer Misch- der menschlichen Besiedlung zusam- stehen. Und normalerweise setzen wir wald wachsen. Jetzt aber musste es nach men. Die Buche wurde gefördert als Lie- auf die natürliche Verjüngung, auch auf Trockenheit und Borkenkäferbefall zu ferant für das Schweinefutter im Hute- den neu entstandenen Kahlflächen. Da Kahlschlägen kommen. Damit sind auch wald. Offenbar reicht der Wassermangel wird Birkensamen anwehen, Ahorn mit- in der Hohen Schrecke großflächig Frei- über drei Sommer, um von der Krone fliegen, die Esche wird sich verbreiten, al- flächen entstanden – ein völlig anderes herab ganz schnell die Altbäume auszu- les von allein. Die Buche wird wohl nicht Waldbild. trocknen. mehr die große Rolle spielen. Es wird 14 Hohe Schrecke Journal | Nr. 21
eine größere Vielfalt werden. Wenn wir Wie sehen Sie generell das Zusammen- aber bestimmte Baumarten wie beispiels- spiel der Akteure in Sachen Naturschutz? weise die Eiche haben wollen, dann wer- In der Zusammenarbeit gibt es über die den wir auch um Pflanzungen nicht her- Jahre ein Auf und Ab. Es gab zu einzel- umkommen. nen Punkten auch einmal Verstimmun- gen. Aber insgesamt sind alle Seiten im- Vielerorts wird mit importierten Baumar- mer wieder aufeinander zugegangen und ten experimentiert. Auch in der Hohen haben dann auch im Konsens die Dinge Schrecke? geregelt. Wir gehen davon aus, dass wir bis 2050 vielleicht sogar vier Grad Erderwärmung Können Sie das etwas konkreter fassen? haben. Aber selbst dann wird es in Thü- Wir vom Forstamt Sondershausen be- ringen und auch in der Hohen Strecke so treuen und bewirtschaften Wälder in ei- sein, dass wir immer noch Waldgesell- ner naturschutzfachlich hoch interessan- schaften haben mit unseren einheimi- ten Region. Hier haben sich durch die schen Baumarten. Darauf setzen wir. Wir interessante Geologie, das trocken-warme brauchen keine fremdländischen Baum Klima und die intensive menschliche arten in großer Zahl. Nutzung der Landschaft einzigartige Le- bensräume entwickelt. Dementsprechend Gibt es da ein abgestimmtes Vorgehen haben wir Förster viel Erfahrung im Um- lich kommt jetzt noch die Angst vor der von ThüringenForst mit den privaten gang mit behördlichen als auch ehren- Afrikanischen Schweinepest. Ich glaube, Waldbesitzern? amtlichen Arten- und Naturschützern. Im wir müssen noch mehr Druck aufbauen Jeder Waldbesitzer hat ein bisschen ein Gespräch stellt man schnell fest, dass die und alle Waldbesitzer davon überzeugen, eigenes Konzept. Das sehe ich grundsätz- Ziele nicht weit auseinander liegen. Be- noch mehr als bisher zu jagen. lich positiv. Denn unterschiedliche Be- stimmten Argumentationsketten können wirtschaftung ermöglicht unterschied- wir aber manchmal nicht folgen. Mitunter Zuletzt: Neben dem Waldumbau berührt liche Waldbestände und damit in der wird mit dem Vorkommen von seltenen Sie natürlich auch das Thema Tourismus Summe auch die für die Klimaanpassung Tier- oder Pflanzenarten die Notwendig- in der Hohen Schrecke. Welches Fazit notwendige Vielfalt. Hinzu kommen die keit von besonderen Schutzmaßnahmen ziehen Sie hier nach zehn Jahren Natur- waldbaulichen Eckpunkte, auf die wir begründet. Allerdings sind viele Arten ge- schutzgroßprojekt? uns im Zuge des Naturschutzgroßprojek- rade wegen der Nutzung durch den Men- Ja, das war auch so ein dickes Brett, das tes geeinigt haben. Die sehen zum Bei- schen hier. Der beste Schutz für lichtlie- wir gebohrt haben – gemeinsam mit der spiel weite Abstände für Rückegassen vor bende Orchideen ist beispielsweise die Naturstiftung David und den Waldbesit- um den Waldboden zu schonen – 40 Me- weiter nachhaltige Nutzung des Waldes zern. Da hatten wir den gleichen Ansatz. ter statt der bisherigen 20 Meter. Wir als und Offenlandes. Aktuell sind wir besorgt Es gab in der Hohen Schrecke viel zu viele ThüringenForst setzen diese Eckpunkte über die geplante Erweiterung des Natur- ausgewiesene Wanderwege. Das war un- nach wie vor um. Bedauerlicherweise gibt schutzgebietes. Warum ist das erforder- übersichtlich für die Besucher und gleich- es dafür für uns bis heute entgegen frühe- lich? In der neuen Verordnung sind zahl- zeitig sehr aufwändig zu unterhalten. rer Ankündigungen keine finanzielle Ent- reiche für die Waldbesitzer nur schwer Hier ist es gelungen, eine für alle Seiten schädigung. Denn die Bewirtschaftungs- verständliche Regelungen vorgesehen. gute Lösung nach dem Motto „Weniger ist auflagen bedeuten für den Waldbesitzer Die Holzeinschlagsaison soll verkürzt mehr“ umzusetzen. Jetzt werden Wander- Mehraufwendungen und Mindereinnah werden, die Brennholznutzung, Maschi- wege in hoher Qualität angeboten. Mein men. Von daher wäre es wichtig alle neneinsätze oder die Holzabfuhr würden persönlicher Eindruck ist aber, dass es – Waldbesitzer, die sich daran halten, auch erschwert. Das wird vor allem für die pri- abgesehen von der Gegend um die Hänge- finanziell zu entschädigen. vaten und kommunalen Waldbesitzer zu- seilbrücke – bisher noch nicht gelungen sätzlichen Aufwand bringen. ist, die Hohe Schrecke zum Wanderge- biet zu machen wie etwa den Rennsteig Fotos: Thomas Stephan (1), Melanie Kleinod, Naturstiftung David (2) Sind sie zufrieden mit dem Wildbestand im Thüringer Wald. Die Besucher der Uli Klüßendorf in der Hohen Schrecke? Hohen Schrecke sind wirklich die sehr Das Waldgebiet liegt inmitten von land- Naturinteressierten, die ganz gezielt kom- » Dipl.-Forstingenieur, TU Dresden, wirtschaftlich intensiv genutzten Flächen. men, um diesen Wald zu besuchen. Den Abschluss 1989, Es ist eine Waldinsel in der Ackerebene. in Anführungsstrichen normalen Tou- » Jahrgang 1961, Vater von zwei Das Wild hat dort ganzjährig Futter, im risten findet man hier nicht. Das liegt si- Kindern, ein Sohn, eine Tochter Winter gute Deckung und findet dort cherlich auch an der Infrastruktur. Der » seit 1991 Leiter Forstliche Wirt- Eicheln und Bucheckern. Harte Win- Gast möchte Ferienwohnungen, Gaststät- schaftsberatung Nordthüringen ter haben wir nicht mehr. Das sind also ten und dergleichen vorfinden – und die (Beratung privater Waldbesitzer) hervorragende Bedingungen für die Ent- gibt es hier kaum. » seit 1995 Forstamtsleiter Sonders- wicklung des Wildes. Im Wald haben wir hausen/Oldisleben derzeit zu viel davon. Unser Ansatz ist Die Fragen stellte Tobias Barth. eine scharfe Bejagung und die Regulie- rung der Wildbestände auf ein Maß, dass der Wald natürlich wachsen kann. Zusätz- Hohe Schrecke Journal | Nr. 21 15
A KTU E LLE S Botschafter für die Hohe Schrecke Zum dritten Mal wurden in der Hohen Schrecke Zertifzierte Natur- und Landschaftsführer ausgebildet. Trotz der Corona-Pandemie konnten alle Teilnehmenden ihre Ausbildung erfolg- reich beenden. Thomas Pohler vom Heimatbund Thü- nehmen. In seiner kurzen Ansprache be- sehr zur Akzeptanz des Naturschutzgroß- ringen ist die Erleichterung anzumerken. tont Pohler, dass die Corona-Zeit gezeigt projektes beigetragen.“ Bereits in den Jah- „Dass wir heute ihren erfolgreichen Ab- habe, wie wichtig der inländische Touris- ren 2011 und 2015 waren zertifizierte Na- schluss der Ausbildung zum Zertifizier- mus sei: „Sie haben eine sehr wichtige tur- und Landschaftsführer ausgebildet ten Natur- und Landschaftsführer feiern Funktion dabei.“ worden (siehe Journal Nr. 8 und 15). können, hat nicht zuletzt an Ihnen gele- gen“, würdigt Pohler das Engagement der Die Region bekannter machen Teil einer landesweiten frisch ausgebildeten Naturführer: „Sie Ein Anliegen, das auch Adrian Johst, Ge- Ausbildung haben ihre Sache trotz Corona toll ge- schäftsführer der Naturstiftung David, Insgesamt elf Teilnehmerinnen und Teil- macht“. Fast alle der insgesamt elf Teil- wichtig ist. Die Region überregional be- nehmer haben den Kurs in diesem Jahr nehmerinnen und Teilnehmer haben kannter machen und gleichzeitig Natur- absolviert. Die Ausbildung wurde vom sich an diesem sonnigen Samstagmor- schutz und Regionalentwicklung zusam- Heimatbund Thüringen organisiert, von gen im September oberhalb von Garn- menzubringen – das sei von Beginn an der Europäischen Union sowie dem Land bach zusammengefunden, um ihre Zer- das Ziel der Naturstiftung mit dem Na- Thüringen gefördert und ist Teil eines tifikate in Empfang zu turschutzgroßprojekt gewesen. „Sie als landesweiten Projektes. „Wir suchen thü- zukünftige Wanderführer“, betont Johst, ringenweit Menschen, die sich als Bot- „sind dicht an den Besuchern dran und schafter ihrer Region verstehen“, fasst bekommen ein unmittelbares Feedback. Projektkoordinator Pohler die Grundidee Scheuen Sie sich nicht davor, uns von der der Ausbildung zusammen. Dabei gehe Stiftung den Spiegel vorzuhalten. Wir es vor allem darum, einen nachhaltigen sind auf Rückmeldungen angewiesen. Tourismus zu fördern. Projekte wie der Zeigen Sie uns gerne auch, was wir viel- Nationalpark Hainich, die Gipskarstland- leicht noch besser machen können. Wir schaft im Südharz oder das Naturschutz- sehen Sie als wichtige Partner.“ Der Stif- großprojekt Hohe Schrecke zeigten, dass tungsgeschäftsführer bedankt sich bei Naturschutz und Regionalentwicklung dieser Gelegenheit auch bei all denen, die sich gegenseitig befruchten könnten. schon seit vielen Jahren als Natur- und Landschaftsführer tätig sind: „Ihr Enga- gement hat in den vergangenen Jahren Fotos: FLOPX PHOTOGRAPHY 16 Hohe Schrecke Journal | Nr. 21
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