Konturen - Rückblick auf das Jubiläumsjahr Vom Feiern und gemeinschaftlichem Engagement - Burg Rothenfels
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konturen Rothenfelser Burgbrief 02/2020 Rückblick auf das Jubiläumsjahr Vom Feiern und gemeinschaftlichem Engagement Mit Abstand und Masken Über die weiteren Auswirkungen eines Virus Bereit für die Zukunft Satzungsänderung des Vereins
BILDUNG Editorial 3 Jubiläum 2019 – in Fragen und Antworten Rückblick auf das Jubiläumsjahr Wenn das Leben dir Zitronen gibt von Mathilde Schaab-Hench und Niklas Krieg – dann mach Limonade draus! So 8 Was uns die Erde Gutes spendet von Tobias Nicklas wie das gleichnamige Bier klassi- scherweise mit Zitronenscheibe ser- 10 KOLUMNE DES BURGPFARRERS viert wird, liefert uns das Corona- Wieder zu Atem kommen Virus immer wieder neu Gründe, das Gesicht zu von Joachim Negel verziehen. Die entscheidende Frage ist der Umgang damit. So wie Veronika Schwarzenböck sich den 11 LYRIK-ECKE Gedichtauszug sichtbarsten und umstrittensten Ausdruck der Ein- schränkungen – die Mund- und Nasenschutzmaske – von Christian Lehnert genommen und das Burglogo aufgestickt hat, so ha- 13 GESCHICHTE 1919: Erstes Quickborn-Treffen ben wir auch hier auf der Burg versucht, den Um- ständen unseren Stempel aufzudrücken und das von Wilhelm Wörlein Beste daraus zu machen. Vorträge wurden digitali- siert, Gebete und Gottesdienste mit Gesang in den Literaturhinweis Burghof verlegt. Kinder- und Familienprogramme zum Aufsatz von Winfried Mogge für die Ferien wurden aus der Taufe gehoben und 14 Kinder- und Familienangebote auf Burg Rothenfels von Susann Frischkorn und Magdalena Kneisel Verwaltung und Küche haben sich von Gruppen- auf Einzel- und Familienbuchungen umgestellt. Bei all den Anpassungen an die geänderten Anforde- 16 Goethe und der Islam Bericht zur Rothenfelser Islam-Tagung 2020 rungen unserer Gäste und der Umsetzung von Hy- gienevorgaben können wir seit September auf die von Eugen Henrich Unterstützung unserer neuen wirtschaftlichen Lei- 17 Für die Zukunftsfähigkeit der Burg Bericht des Jugendausschusses terin Susanne Stöhr zählen, die wir sehr herzlich hier auf unserer Burg begrüßen. von Christopher Dalitz Geänderten Bedingungen wurde auch die Sat- zung des Vereins angepasst, wie wir in diesem Heft GÄSTE, HAUS & TEAM erfahren. Und für die Zukunft ändern wird sich der Rhythmus, in dem Sie die konturen in den Händen 18 Über die weiteren Auswirkungen eines Virus von Claudia Hamelbeck halten. So werden Sie aus organisatorischen Grün- den ab kommendem Jahr unseren konturen- und 20 Wunscharbeitsplatz Burg Vorstellung der neuen Wirtschaftlichen Leiterin Programmversand im März und September erhal- ten. Die Einladung zur Mitgliederversammlung der von Anette Konrad Vereinigung der Freunde von Burg Rothenfels e. V. finden Sie daher auch erst in der nächsten Ausgabe und nicht, wie gewohnt, in dieser. BURGVEREIN Wenn es also wieder Zitronen gibt – beißen Sie rein! Das Vitamin C können wir jetzt im Winter alle 21 Bericht von der Mitgliederversammlung von Regina Werbick gebrauchen. 22 Gereift in die Zukunft von Brigitte Hutt Ihr 23 Gesucht! Aufruf für das Archiv von Anette Konrad Verstorbene Mitglieder n Phillip Fuhrmann ist Bildungsreferent und Leiter des Bildungsbüros der Burg Rothenfels. 24 Informationen zum Verein Kontakt, Mitgliedschaft, Impressum konturen 02/2020 2 Titelfoto: Veronika Schwarzenböck
EIN BLICK ZURÜCK NACH VORN Das Jahr 2020 wird in die Geschichte eingehen. Nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt ist die Corona-Pandemie mit ihren Folgen das alles bestimmende Thema – leider auch auf Burg Rothenfels. Dabei sollte doch eigentlich das vergangene Jahr 2019 seine Spuren hinterlassen. Ein Jahr, das ganz im Zeichen des 100-jährigen Jubiläums von Burg Rothenfels im Besitz der Vereinigung stand. Manche denken sich: Wie gut, dass die Burg im Jahr 1919 und nicht ein Jahr später erworben wurde. Wie auch immer: Wir schauen zurück auf ein schönes und abwechslungsreiches Jahr und sind dankbar, dass wir die 100 Jahre ausgelassen und ohne Sorgen feiern konnten. Jubiläum 2019 – in Fragen und Antworten Die ehemalige Vorsitzende der Vereinigung Mathilde Schaab-Hench und der amtierende Abendstimmung im Burghof zum Burgratssprecher Niklas Krieg schauen auf das Jahr zurück und ziehen ein Resümee. Festakt am 23. Februar 2019. Was waren die Höhepunkte auf der Burg im dieses besondere Jahr. Immer wenn jetzt die Glocke Jubiläumsjahr? geläutet wird, können wir uns daran erinnern, dass Mathilde Schaab-Hench (MSH): Das Jahr war ge- die Burg schon seit über einhundert Jahren in unse- prägt von einigen Höhepunkten. Sicherlich stechen rem Besitz ist und dass auch seit über 100 Jahren ge- der Festakt im Februar, in unmittelbarer zeitlicher nau an diesem Ort Gottesdienst gefeiert wird. Nähe zum ursprünglichen Kauftermin der Burg, und das Jugendfestival im Sommer in besonderer Weise Was waren deine persönlichen Höhepunkte? heraus. Beide Veranstaltungen liefen, verglichen Niklas Krieg (NK): Mein persönlicher Höhe- mit unserem alljährlichen Bildungsprogramm, au- punkt war ein kleiner Moment auf dem Jugendfes- ßer der Reihe und waren wirklich einmalig für ge- tival. Am Samstagabend stand nau dieses Jahr geplant worden. Einmalig war auch als letzte Band des Festivals ein Mitarbeitendenfest mit 100 ehemaligen und der- das Duo „Hundreds“ auf der Wir sind dankbar, dass zeitigen Mitarbeiter*innen auf der Burg, bei dem so Bühne. Die Elektropopband wir die 100 Jahre aus- viel Freude im Raum war, dass alle spüren konnten, ist neben der Musik für ihre dass für viele die Burg auch ein wertgeschätzter Ar- aufwendigen Lichtshows be- gelassen und ohne beitsplatz war und ist. Ein durch und durch außerge- kannt. Die Momentaufnahme, Sorgen feiern konnten. wöhnlicher Höhepunkt und zugleich auch in Gegen- die sich aus dem Mix aus Mu- wart und Zukunft weiterhin sichtbar ist unsere neue sik, dem Lichtspektakel, dem hinter der Bühne lie- Kapellenglocke. Dass wir diese zum Abschluss des genden und mit Strahlern illuminierten Westpalas Jubiläums in einem feierlichen Gottesdienst weihen und dem erleuchteten Bergfried ergab, werde ich konnten, bleibt wohl die nachhaltigste Erinnerung an wohl noch lange in meiner Erinnerung behalten. 3 konturen 02/2020
In diesem Moment war außerdem klar, dass die Ver- allem dieses Engagement vieler ist, das uns durch anstaltung alles in allem erfolgreich und nach Plan die vergangenen 100 Jahre getragen hat. verlaufen war … MSH: Für das Jubiläumsbuch galt es zuerst in MSH: Für mich war es, das Jubiläumsbuch in kleiner Runde ein Konzept und eine Gliederung zu Händen zu halten, der Festvortag von Lisi Mül- finden, dann habe ich ca. 70 Menschen um kleine ler und das Happy Birthday von unserem Oster- oder große Beiträge angeschrieben, davon haben Jazz-AK dazu. Aber auch die sich 40 beteiligt, dann ging es Mitarbeit im Helferteam beim um Terminerinnerungen und Festival, weil unsere Hilfe als Korrekturen, später ums Lay- „Aufsicht“ nicht wirklich ge- out und um neue Fotos, die braucht wurde (weil alles so noch nicht alle aus unseren locker und mit der nötigen Veröffentlichungen bekannt Sorgfalt lief). Wir durften er- sind. Gut, dass wir unter un- leben, dass die Burg jung seren Mitgliedern professio- ist und zu feiern weiß. Und nelle Mitarbeiter*innen fan- noch ein Moment: als wir die den, Lektorinnen, Fotografen neue Glocke das erste Mal und viele mehr. Dann wurde anschlugen. mit dem Verlag verhandelt, und trotz aller Luft, die ein- Wer hat bei der Vorbereitung geplant war, konnten wir mitgemacht? Wie lief das? das Drucklegungsdatum nur NK: Die Vorbereitungen mit nächtlichen Arbeitsstun- für das Jubiläumsjahr liefen den halten. Es war uns aber über einige Jahre. Ich erin- sehr wichtig, eine über das nere mich daran, dass wir be- Jubiläum hinaus bleibende reits 2017 erstmalig im Vor- Momentaufnahme für die stand und Burgrat über das 100 Jahre zu schaffen. Jubiläum sprachen. Von au- Insgesamt wurden die Ak- ßen ist das manchmal gar tivitäten im Jubiläumsjahr nicht so ersichtlich, aber von vielen Menschen ge- viele Projekte brauchen eine meinsam geschultert. Die bisweilen sehr lange Vorlauf- größte Gruppe war sicherlich zeit. Das betrifft im Besonde- das Helferteam auf dem Fes- ren die Veranstaltungen, für tival. Hervorzuheben ist die die man sich eine finanzielle gute Zusammenarbeit zwi- Förderung erhofft, in unse- schen den Ehrenamtlichen rem Jubiläum also zum Bei- Oben: Dr. Mathilde Schaab-Hench und Niklas Krieg und Hauptamtlichen vor Ort. mit dem Jubiläumsbuch beim Festakt im Februar spiel das Festival. Das Kon- 2019. Unten: Musikalische Begleitung des Festakts Zwar lag vor allem die kon- zept für das Festival wurde durch den Jazz-AK. zeptionelle Arbeit im Ehren- zunächst in mehreren Run- amt, aber gerade in der fina- den mit den Verantwortlichen innerhalb der len Planung und Umsetzung erwiesen sich unsere Burggremien diskutiert. Anschließend gab es Ge- Mitarbeiter*innen auf der Burg als unverzichtbare spräche mit etlichen Partnern und möglichen För- Mitstreiter*innen. Das war ein gutes Miteinander! derern, Anträge, E-Mails und viele Stunden der Überzeu- Was hat am meisten Arbeit gemacht? Es ist das Engagement gungsarbeit. Dass sich die be- NK: Ganz klar das Festival. Dadurch, dass es vieler, das uns durch harrliche Arbeit gelohnt hat, wirklich noch keine vergleichbare Veranstal- die vergangenen 100 ist unbestritten. Immens hoch tung auf der Burg gab und es einfach unheim- war vor allem der ehrenamt- lich viel zu bedenken gab, brauchte es hier in Jahre getragen hat. liche Einsatz. Diesen konnten den Planungen am meisten Zeit und Energie. Ge- wir bei unseren Zuschussgebern rade beim Festival gingen die Planungen über mit über 10.000 Euro beziffern. Allein diese die Burg hinaus, etwa im Kontakt mit den Be- Zahl zeigt, wie wertvoll das ehrenamtliche Enga- hörden. Solche Genehmigungsverfahren und Ab- gement auf der Burg ist, auch unabhängig vom stimmungen kennen wir eigentlich nur von un- Jubiläum. Ein weiterer Beleg dafür, dass es vor seren Bauvorhaben, aber nicht im Rahmen von konturen 02/2020 4 Foto oben: Frank Zagel. Foto unten: Dominik Meixner
Veranstaltungen. Das war sicher eine besondere unseren Burgthemen vermitteln. Rothenfels war Erfahrung, arbeitsintensiv, aber lehrreich. in der Region sicher zum Teil sehr wenig wahr- MSH: Für mich das Buch und die Suche nach genommen. Das ist jetzt Adressen von Ehemaligen und von Einzuladenden. ganz anders und wir sind ge- Eine tolle Gelegenheit, Aber auch Pressetexte und Interviews. spannt, welche Früchte das trägt. Ein kleines, aber wert- die Burg weit über Wer wurde erreicht? volles Ergebnis war schon fränkische Grenzen NK: Tatsächlich hatten wir uns mit Blick auf die letztes Jahr die bessere An- Teilnehmendenzahlen aller Veranstaltungen bis- bindung der Burg an den öf- bekannt zu machen weilen etwas höhere Ziele gesteckt. Aber unterm fentlichen Busverkehr, was Strich sind wir doch sehr zufrieden. Schauen wir auch den Bürgern von Bergrothenfels nutzt. vor allem auf die Menschen, die zu unseren Veran- Aber auch für Zuschüsse im Kulturbereich staltungen gekommen sind, können wir konstatie- und zu Baumaßnahmen haben wir mächtige ren, dass es einige „neue Gesichter“ gab. Auf der Fürsprecher gefunden. theologischen Tagung zum Ende des Jubiläums- jahres waren es vor allem die jungen Theologin- Was war enttäuschend? nen und Theologen, die zum Großteil erstmalig auf NK: Eine richtige Enttäuschung gab es im Jubi- der Burg waren. Auf dem Festival gab es über 70 läumsjahr nicht. Persönlich hätte ich mir hier und Dauergäste, Jugendliche dort mehr Gäste bzw. und junge Erwachsene, Teilnehmer*innen ge- die unser Burggelände wünscht. Aber unsere neu kennengelernt ha- Entscheidung, mehrere ben. Und auf dem Fest- Veranstaltungen über akt ist es uns gelungen, das Jahr verteilt anzu- so manchen regiona- bieten, führte sicher len und überregionalen auch dazu, dass einige Verantwortungsträger nur gezielt zu einem (wieder) auf die Burg bestimmten Anlass ge- zu locken. Da kön- kommen sind. nen wir wirklich sehr MSH: Für mich war zufrieden sein. es zuerst enttäuschend, MSH: Positiv über- dass wir für alles, was rascht hat uns auch wir zum ersten Mal tun das mediale Echo. Es wollten, so viele Zwei- gab insbesondere in felnde und Schwarzse- den regionalen Me- hende beruhigen muss- dien ein hohes Inter- ten. Im Nachhinein esse an unseren Feier- muss ich darüber jetzt lichkeiten. Dabei war oft grinsen und gebe al- die fast halbstündige len, die auf der Burg Radioreportage „Die Neues ausprobieren Burg der Gläubigen – mit: Wagt es! Es geht 100 Jahre Bildungs- viel mehr, als die meis- stätte Burg Rothenfels“ ten denken. Enttäuscht im Bayerischen Rund- hat mich auch, dass funk eine tolle Gele- Impressionen vom Jugendfestival „Schere-Stein-Musik“. man in unserer Medien- genheit, die Burg weit struktur nicht über Bay- über fränkische Grenzen bekannt zu machen. Die ern und die katholische Welt hinaus kam, um von Reportage lässt sich auch heute noch im Internet der Burg zu berichten. nachhören. Auch für das Festival konnten wir mit dem Bayerischen Rundfunk zusammenarbeiten. Habt ihr Ideen, was der „Langzeit-Ertrag“ sein Überregional war der Artikel auf katholisch.de könnte? der weitreichendste. Vielen Politiker*innen aus MSH: Wir sind sehr dankbar, dass wir diese Burg der Region konnten wir durch unsere Veranstal- besitzen. Wir blicken nun schon auf einen Erfah- tungen einen lebendigen Eindruck von uns und rungsschatz von 100 Jahren zurück, das gibt eine Fotos: Jörn Peters 5 konturen 02/2020
starke Rückendeckung für unser heutiges Tun. Welche Themensetzungen bleiben? Gibt es Themen, Das Miteinander der Generationen gelingt der- Projekte, Erfahrungen, die weiter verfolgt werden zeit gut, man möchte einander begegnen. Für sollten? unsere Feiern, auch Gottes- MSH: Inhaltlicher Ertrag ist das sichere Wis- dienste, aber genauso für unsere sen, dass es Freundschaften sind, die das Netz bil- Wir sind ein leben- Diskussionen und persönlichen den, das die Burg trägt. Damit dieses Netz wächst, diger Ort, dessen Gespräche, für alles musische braucht es fortdauernd die Suche nach guter zeit- Lebensadern wei- Tun und für die Pflege unse- gemäßer Gastfreundschaft – gerade für Fremde, für rer kostbaren Burgfreundschaf- Neue. Da Gastfreundschaft den Frieden sichert, ist terhin pulsieren. ten braucht es das aufmerksame das nicht nur ein internes Thema, sondern auch ein und verantwortungsvolle Zu- politisches, woran wir arbeiten sollten. Die Burg ist sammentun von ganz vielen und von ganz ver- ein junger Ort mit einem Charisma für junge Leute schiedenen. Um das in weiteren Jahrzehnten zu seit 100 Jahren. Die verschiedenen Kreise, beispiels- erhalten, sollten wir den nachkommenden jun- weise die Quickborn-Jugend, die Ostertagungsju- gen Leuten immer wieder die Chance einräumen, gend und andere, hatten wenig Kontakt bisher und die Burg für sich zu wenig Wissen von- entdecken und mit einander. Am deut- ihren Eigenheiten zu lichsten haben wir am füllen. Festival gesehen, wie NK: Mein persön- wertvoll es ist, wenn licher „Langzeit-Er- man einander kennt trag“ ist die Erfah- und etwas miteinan- rung, dass wir die der tut. Viele Teilneh- vergangenen Jahre mende bei der Jubilä- nicht nur überlebt umstagung haben mir haben oder heute sehr bewegt berichtet, einfach ein Haus dass sie keinen an- sind, das (noch) deren Ort haben, an „funktioniert“, son- dem sie sich so per- dern viel mehr ein sönlich und aus tie- lebendiger Ort, des- fer, eigener Erfahrung sen Lebensadern über ihren Glaubens- weiterhin pulsie- weg mitteilen können, ren. In vielen Verei- und auch ihre Nöte nen oder Verbänden und Zweifel einbrin- gibt es den Punkt, an gen können. Das ging dem versucht wird, auch über zwei, drei das Leben auf Bie- Generationen, mit ei- gen und Brechen auf- ner Nähe und Ernst- recht zu erhalten. So haftigkeit, die vie- ist es auf Burg Ro- len wertvoll ist. Das thenfels nicht. Das sollten wir weiter er- kann uns Mut ma- möglichen. Noch An- chen, besonders der- fang des Jahres dachte zeit, wo die wirt- ich, dieses Jubiläum schaftlichen Fragen Oben: Thomas Arnold während des Plenums im Rahmen der war doch irgend- in den Vordergrund Jubiläumstagung. Unten: neue Glocke der Burgkapelle am Vorabend wie unwirklich rund rücken und die nä- der Glockenweihe. und glatt und ohne here Zukunft unge- Konflikte. Erstaunt wiss bleibt. Die Erfahrungen des vergangenen haben wir Näheres von Verlust und Wiederge- Jahres können uns jedenfalls als Beleg da- winn, Beschlagnahme 1939 und Rückgabe der für dienen, dass wir nicht nur feiern können, Burg 1950 gehört. Über so viele Jahre hat die sondern dass wir vor allem eine belastbare, Burggemeinschaft ihre Burg nicht vergessen und weil aktive und unheimlich vielseitig begabte nicht aufgegeben. Dieses Wissen kann uns jetzt Gemeinschaft sind. in der bedrohlichen Corona-Situation nähren. konturen 02/2020 6 Fotos: Dominik Meixner
Hoffentlich haben wir einen langen Atem, und hof- Haus, das lebendig wird wie ein Leib, wenn wir fentlich brauchen wir ihn nicht so lange elf Jahre nach innen gehn, um recht vor Gott zu stehn.“ wie damals. NK: Vor allem mit Blick auf die Bildungsarbeit Wie kam die Burg in ihrer Geschichte durch dunkle bleibt mir die Theologische Tagung „Essenzen künf- Stunden und was kann das für die Corona-Krise heißen? tigen Christseins“ im Gedächtnis. Die Erfahrung, MSH: Die Burg hatte in der NS-Zeit viel dunklere dass wir mit jungen Theologinnen und Theologen im Stunden als jetzt mit Corona. Wir leben nicht in ei- Gespräch waren und eben diese jungen Christ*innen ner der Burg feindlichen Diktatur und müssen unsere Freunde nicht in den Krieg ziehen lassen. Die Ge- Es sind die Menschen, die hier diese meinschaft hat selbst in den Zeiten der Verfolgung lebendig im Verborgenen zusammengehalten und Atmosphäre schaffen. einander gestützt. Ähnlich konnten wir jetzt, so- lange die Burg geschlossen war, und können wir in die entscheidenden Impulsgebenden waren, ist für Zukunft unsere Kontakte untereinander lebendig mich eine zentrale Erfahrung. Auch auf der Burg sind halten: mit langen Telefonaten, Video-Konferenzen wir an vielen Stellen noch die typischen „Akademie- – ob nur unter Freunden oder vom Bildungsbüro or- formate“ gewohnt, in denen erfahrene und etablierte ganisiert und mit Inhalten gefüllt – Tanzen zu Anlei- Persönlichkeiten eingeladen werden. Ich frage mich, tungen per Zoom, Besuchen untereinander und im- ob wir die Debatten auf der Burg nicht zukünftig mer wieder Fahrten zur Burg, sobald und so oft das vor allem durch die jungen Stimmen in der Wissen- möglich ist. Feiern wir Hausgottesdienste. Rothenfel- schafts- und Arbeitswelt beleben können. Vielleicht ser können das fast alle oder wagen es, es zu probie- folgt das etwas den jugendbewegten Anfängen. Das ren. Bis 1952 war die Burg noch von Flüchtlingen be- Gespräch der jungen Idealist*innen und der älte- legt, sie war völlig heruntergewirtschaftet ren, lebenserfahrenen Generation sollten wir wie- und die Menschen im Land waren arm, Die Burg wird der stärker aufs Podium bringen. Ob es dann immer aber die Burg wieder renoviert haben die theologischen Fragestellungen sind, ist fraglich, sie doch. Und so hoffen wir, dass alle gebraucht und aber dass das christliche Profil des Ortes wesentlich Freund*innen auch jetzt mithelfen, wenn wird lebendig ist, hat sich auch im Jubiläumsjahr wieder erwiesen. die Burg durch fehlende Einnahmemög- Ich habe auch den Eindruck, dass gerade die jungen lichkeiten über ein oder vielleicht auch sein und bleiben. Menschen nach einer authentischen und nachhalti- eineinhalb Jahre finanziell in Bedräng- gen Lebensgestaltung suchen und Orte brauchen, die nis kommt. Wir werden das hoffentlich mit unseren ihnen nicht nur Inspiration geben, sondern an denen Spenden überstehen. Die Burg wird gebraucht und diese ebenso gelebt wird. wird lebendig sein und bleiben. Die Pfingsttagung stand unter dem Titel „Freund- Abschließend: Für uns beide war das Jubiläum schaft“. Und auch auf unserer neuen Kapellenglo- viel Arbeit. Aber noch mehr war es auch ein Glück, cke steht neben dem Schlagwort „Frieden“ die dass gerade wir in unserer jeweiligen Funktion auf „Gastfreundschaft“. Die Gemeinschaft der Burg, der Burg die Möglichkeit hatten, so ein großes Fest- die Freundschaften, die von der Burg weg und auf jahr zu gestalten und inhaltlich mit zu prägen. Die die Burg hinführen, sind zentral und werden auch Zusammenarbeit hat dabei nicht nur Spaß gemacht, den zukünftigen Fragestellungen auf Burg Rothen- sondern war tatsächlich ein wirklich freundschaftli- fels ein wichtiges Fundament geben. Auch oder ge- ches Projekt – typisch Rothenfels. rade jetzt, in der Corona-Krisenzeit, erweist sich doch die Burg als freundschaftsstiftender Ort und wichtiger Bezugspunkt für viele. Nun mag die eine n Mathilde Schaab-Hench ist Ärztin oder der andere sagen, dass dies freundschaftliche für Allgemeinmedizin und Homöopathie und zusammenführende Moment eine originäre Ei- und war von 2007 bis 2019 Vorsitzende genart des Ortes ist. Nein. Es sind die Menschen, der Vereinigung der Freunde von Burg wir als Vereinigungsmitglieder und Freund*innen Rothenfels e.V. der Burg, die hier eben diese Atmosphäre schaf- n Niklas Krieg arbeitet als Referent für fen, in Gastfreundschaft und Friede. An Pfingsten Katholikentage beim Zentralkomitee der haben wir ein Lied von Huub Oosterhuis gesun- Deutschen Katholiken. Der Theologe und gen, dessen Verse etwas von dem wiederzugeben Musikpädagoge kam erstmals über die scheinen: „Dach überm Kopf, Menschen zu bergen, Jugendtagung 2013 auf die Burg. Seit 2016 Tür, die zur Stille offen steht. Mauern wie Haut, ist er Sprecher des Burgrats. Fenster wie Augen spähen und hoffen auf den Tag. 7 konturen 02/2020
Im Voraus. Ein biblisch inspiriertes Glaubensbekenntnis: liegende Aussage hin zu übersetzen. Doch bereits 1. Diese Welt ist mehr als das, was wir zählen, mes- ihre Bilder an sich sind aussagekräftig. Betrachten sen und wiegen können. Die Dinge, die wir nicht wir nur das Gleichnis vom Wachsen der Saat (Mk zählen, messen und wiegen können, sind ent- 4,26–29). Laut Mk 4,26 „wirft ein Mensch den Sa- scheidend, wenn es um die Frage geht, ob Leben men auf die Erde“: Damit jedoch ist die Tätigkeit glücken kann. des Menschen als wenigstens vorläufig beendet be- 2. Sie ist nicht allein Produkt bloßen Zufalls. Viel- schrieben. Seine Rolle beschränkt sich darauf, zu mehr bricht sich da, wo sich Zufall zu zeigen schlafen und wieder aufzustehen (Mk 4,27). Zu scheint, die bleibende Kreativität einer im Letz- schlafen und wieder aufzustehen! Welche Provo- ten unfassbaren „Größe“ Bahn, auf die diese kation! Doch lassen wir uns provozieren, denn ge- Welt letztlich zurückgeht. nau hier dürfte die Pointe des Gleichnisses liegen: 3. Wir nennen diese „Größe“ Gott. Selbst einem Tun, bei dem wir in die Natur eingrei- 4. Gott interessiert sich für diese Welt und in un- fen, sie zu kontrollieren scheinen, wohnt ein Aspekt fassbarer Weise für Menschen. Er zeigt sich ih- inne, in dem diese ein Gegenüber bleibt, das uns nen in verschiedenster Weise, ja drängt sich ih- letztlich entzogen ist. Selbst wo wir meinen, einen nen auf. Wir verstehen dieses Weltverhältnis Prozess durch unser (vielleicht mühevolles) Tun in Gottes trotz allen Unheils als eine unergründ- Gang zu bringen, heißt dies nicht, dass wir das Ent- liche Liebe, die zutiefst in das Wesen Gottes scheidende kontrollieren. Denn so selbstverständ- hineinführt. lich das Keimen und das Wachsen des Samens ist, 5. Diesen Gott zu erkennen ist am besten über das es ist nicht der Mensch, der dies bewirkt. Er weiß menschliche Antlitz Jesu von Nazareth möglich. zwar, dass dies geschieht, er weiß aber nicht, wie 6. Dieser Gott ist heute in gleicher Weise wie zu bi- dies möglich ist (Mk 4,27). Das Gleichnis sagt ganz blischen Zeiten erkennbar – die Wirklichkeit die- deutlich: Es ist die Erde, welche „von selbst“ Frucht ser Welt ist sakramental. trägt (Mk 4,28). Der Begriff „von selbst“ steht si- cher nicht zufällig im Zentrum des Gleichnisses, Was uns die welches anschließend dieses Wachsen mit einer Folge von Bildern entfaltet (Mk 4,28): „Von selbst bringt die Erde Frucht hervor, erst Gras, dann eine Ähre, dann volles Erde Gutes spendet Korn in der Ähre.“ Erst dann, wenn die Frucht reif ist, ist wieder die Tätigkeit Die Bibel als Aufmerksamkeitsschule des Menschen gefragt: Er „schickt die Sichel aus, denn die Erntezeit ist da“ (Mk 4,29). Das Gleichnis für die Geschenke der Schöpfung setzt am Alltäglichen an. Seine besondere Darstel- lung des Alltäglichen jedoch sensibilisiert dafür, wie D ie entscheidende These des folgenden Bei- wenig selbstverständlich das Selbstverständliche ist. trags ist: Die Bibel ist ein Buch, das uns Das machbar Scheinende wird in das Licht des Ge- zu einem neuen Blick auf die Welt erzie- heimnisvollen, nicht Fassbaren gerückt: Der Mensch hen möchte und damit in der Lage ist, Bildungs- weiß nicht, wie es zum Keimen und Wachsen sei- prozesse freizusetzen. Sie möchte uns die Augen ner Saat kommt (Mk 4,27)! Auch heute, wo wir so für die eben beschriebene „Sakramentalität der viel mehr über die Welt zu wissen scheinen, hat sich Wirklichkeit“ öffnen, das heißt, die Idee vermit- dies grundsätzlich nicht gewandelt: Selbst wo wir es teln, dass hinter der Oberfläche der Dinge, die wir in unserem Handeln beeinflussen, ändern, es unter- zählen, messen, wiegen und greifen können, mehr stützen oder auch beenden, das Leben, das um uns und Entscheidendes zu finden ist. Die Bibel er- entsteht und vergeht, bleibt grundsätzlich unver- zeugt so ein Narrativ, das eine Weltsicht vermit- fügbar. Das Neue Testament deutet dies nicht mit telt, wie wir sie eben angedeutet haben. Mit ande- Hilfe eines „Mutter-Erde-Mythos“, sondern möchte ren Worten: Sich wirklich auf die Bibel einlassen die Augen dafür öffnen, dass sich im scheinbar Un- erfordert „umzudenken“ und die Welt in neuem scheinbaren Gottes Herrschaft schon jetzt wunder- Licht zu betrachten. Zwei Beispiele aus den Evan- bar ereignet. gelien sollen diesen Gedanken illustrieren. Beispiel 2: Auch die Erzählungen des Evan- Beispiel 1: Wenn wir Gleichnisse lesen, sind wir geliums über Jesus können solche Aufmerksam- zunächst einmal versucht, sie auf eine hinter ihnen keit wecken. Ich konzentriere mich auf die Oster- konturen 02/2020 8
erzählung des Markusevangeliums. Dieses mündet Fazit in eine knappe Erzählung von den Frauen am lee- Die Bibel kann unseren Blick auf die Welt ändern, ren Grab und schließlich in ein abruptes Ende, das wenn wir uns darauf einlassen. Sie will bei ihren Ausleger*innen bis heute beschäftigt (Mk 16,8). Leser*innen Bildungsprozesse eröffnen, den An- Mk 16,9–20 gehört nicht zum ursprünglichen Text! stoß geben, selbständig über das eigene Verhält- Es ist auffallend, dass die Passage mit mehreren Zeit- nis zur Welt nachzudenken, umzudenken und die angaben einsetzt: „als der Sabbat vorüber war“ (Mk Welt mit neuen Augen zu betrachten. Meine Bei- 16,1), „ganz früh am Morgen am ersten Tag der Wo- spiele eröffnen nur eine kleine Perspektive auf che“ (Mk 16,2) und „als die Sonne aufging“ (Mk das, was möglich ist, wenn wir die Bibel in der 16,2). Das scheint überflüssig. Bei genauem Hinse- beschriebenen Weise ernst nehmen. Sie bietet uns hen jedoch kommt jeder der drei Zeitangaben eine etwas andere Funktion zu. Die erste zeigt, dass die Frauen mit ihrer Tätigkeit aus Rücksicht auf die Sab- batruhe bis zum Ende des Sabbats, also bis zum Samstagabend, warten mussten. Die zweite ergibt sich aus der Tatsache, dass eine Nachtaktion wenig Sinn gehabt haben dürfte, dass die Frauen also den frühestmöglichen Zeitpunkt wählten, um zum Grab zu gehen. Die dritte schließlich ändert die Wahrneh- mung der Szene: Als pure Zeitangabe ist sie überflüs- sig. So lesen wir gern über sie hinweg. Doch haben wir damit wirklich ernst genommen, was uns über den Karfreitag erzählt wurde, über die Schöpfung, die bei Jesu Kreuzigung aus den Fugen gerät? Dass an diesem Morgen – nach der dreistündigen karfrei- täglichen Finsternis mitten am Tag (Mk 15,33), die die Schöpfungsordnung von Licht und Finsternis aus dem Lot zu bringen schien, nach dem Tod des Got- tessohns, der als Ereignis der Endzeit verstanden wurde – wie an jedem anderen Tag seit Beginn der Schöpfung (vgl. Gen 1,5) die Sonne aufgeht, ist al- keine Rezepte für jede Lebenslage, aber versucht Ostermorgen les andere als selbstverständlich. Bitte verstehen Sie unsere Aufmerksamkeit, unsere Achtsamkeit auf 2020 auf Burg mich nicht falsch: Es geht mir nicht um die Frage, was Wesentliches, auf das Wunderbare zu lenken – Rothenfels. denn historisch wie passiert ist. Ich möchte die Lo- nicht das kleine Wunder, sondern das große Wun- gik dieser Erzählung ganz ernst nehmen. Wenn der der. In einer Welt, von der wir eben wieder neu und Text dies bewusst wahrnimmt, ja seine Leser*innen schockhaft lernen müssen, dass wir sie nicht in der dies wahrnehmen lässt, heißt dies, dass hier bereits Weise kontrollieren, wie wir uns gerne vormachen ein flüchtiger Hinweis gegeben wird, dass die Finster- würden, ist das vielleicht wichtiger denn je. nis des Karfreitags nun überwunden ist. Das Gegen- über von Licht des Ostermorgens nach der Dunkel- Wichtige Gedanken dieses Beitrags finden sich ausführlicher und in heit des Freitags steht auch für eine Wende innerhalb Variation auch in T. Nicklas, Transparent für Gottes Wirken. Natur der Jesus-Christus-Erzählung des Evangelisten Mar- in den synoptischen Evangelien, in: Jahrbuch für Biblische Theolo- kus. Diese wird wenige Verse später durch die Rede gie 2019 [erscheint 2020/21] sowie ders., Bibel lesen – Die Welt des Jünglings auf den Punkt gebracht. Jesus bleibt mit anderen Augen wahrnehmen, in: Szönyi Etelka (Hg.), Bibliaértel- mezés – korok, módszerek, kontextusok. Bibelauslegung: Epochen, für Markus weiterhin der sehnsüchtig erwartete Ab- Methoden, Kontexte. Biblical interpretation – Eras, Methods, Con- wesende, und doch geht er voraus nach Galiläa und texts. Festschrift György Benyik zum achtundsechzigsten Geburtstag, wird als der Auferweckte nicht nur für die Jünger zu Szeged 2020, 161–172. sehen sein (Mk 16,7) – daran ändert auch die Flucht der Frauen (Mk 16,8) nichts. Das nicht explizit er- zählbare, Leben spendende Handeln Gottes an sei- n Tobias Nicklas ist Professor für nem Sohn wird in der Rede des Jünglings am Grab Exegese und Hermeneutik des Neuen offenbart, im Motiv von der aufgehenden Sonne je- Testaments und Leiter des Centre for doch erzählend vorbereitet. Und gleichzeitig erlaubt Advanced Studies „Jenseits des Kanons“ es auch uns das Aufgehen der Sonne – jedes Aufge- an der Universität Regensburg. hen der Sonne – mit dem Ostermorgen zu verbinden. 9 konturen 02/2020
KOLUMNE Wieder zu Atem kommen Pfingsten in pandemischen Zeiten T he doors being locked, ein Rausch, der das Leben beflü- Neologismen, die da in den letz- they were shut down for gelt: „Ich will alles, und zwar so- ten Monaten über uns gekom- fear – so beginnt in der fort“, wie es in einem Schlager men sind, im Spiegel christlicher King-James-Bible die Geschichte aus den frühen 1980er Jahren Frömmigkeitstradition etwas ge- der Begegnung des auferstande- heißt. Und mit einem Mal dann: nauer an. Vielleicht verhilft uns nen Christus mit dem ungläubi- „The doors being locked“. Eine das ja zu ein wenig Orientierung: gen Thomas. (Joh 20,19) Bei ver- Zeit herber Erinnerung an den schlossenen Türen, so fing alles schwierigen Segen von Endlich- I. Quarantäne an, die Inku- keit, Begrenzung, Vorenthalt. Kaum jemand erinnert daran, Eine Zeit herber bations- und Nun öffnen sich die Tore. Das dass das deutsch ausgesprochene Austragungs- erste Corona-Gewitter verzieht Wort Quarantäne mittelfranzö- Erinnerung an den zeit der frühen sich, und doch: Was mag in den sischer Herkunft ist (quaran- schwierigen Segen von Kirche zwi- kommenden Monaten und Jah- taine) und nichts anderes meint schen Ostern ren noch alles auf uns zukom- als die Zahl Vierzig, auf latei- Endlichkeit, Begren- und Pfings- men? – Wir wissen es nicht. Ge- nisch: „Quadragesima“. Wer in zung, Vorenthalt ten. Dann die nau so wenig, wie wir wissen, Quarantäne geschickt wird, geht Geisteswehen, wohin sich unsere Gesellschaft auf Tauchstation, und zwar vier- die Türen sprangen auf, die Jün- und unsere Kirche in den kom- zig Tage lang. Solche Zeiten der ger traten ans Licht einer ver- menden Jahren entwickeln wer- Absonderung bzw. Ausgrenzung dutzten Öffentlichkeit; Geburts- den. Wir ahnen nur, dass weitere gibt es biblisch zuhauf: Vierzig fest dessen, was man bald schon Abschiede bevorstehen, auch Jahre ist Israel unterwegs in das „Kirche“ nennen wird. von Lebenslügen der Gesell- Gelobte Land, vierzig Tage hält Vor elf Wochen begann eine schaft und der Kirche, wo sie zu sich Jesus fastend und betend in andere Inkubationszeit hinter hoch gepokert, sich selber etwas der Wüste auf, den inneren und verschlossenen Türen, eine Zeit vorgemacht haben: im Pathos äußeren Dämonen ausgesetzt; der „atemberaubenden“ Ein- ständiger Steigerung, des schein- schränkungen, der Einübung in Distanz, der Reduzierung aller bar unendlichen Fortschrittes, der unbeschränkten Bewegungs- Wer in Quarantäne Kontakte, ein Anhalten des Le- freiheiten und ebenso „total“ geschickt wird, geht bens-, Wirtschafts- und Gesell- schaftsflusses; ein Einschnitt, garantierten Prävention und Si- cherung. Wir wollten wohl zu vierzig Tage lang auf der vielen als Fluch erschien, viel und Widersprüchliches zu- Tauchstation. denn alle wollten alles perfekt, gleich. Kein Wunder, dass die uneingeschränkt: nur nichts ver- Erde genug vom Menschen hat vierzig Tage sind es, die der passen. Alles war auf Liquidi- und zurückschlägt. Ob man so Auferstandene mit seinen Jün- tät, Steigerung, Vernetzung, Öff- reden darf? Schauen wir uns gern verkehrt, bevor er in den nung, Globalisierung getrimmt, ein paar von den merkwürdigen Himmel aufgenommen wird. konturen 02/2020 10
Quarantäne ist ein Ausnahme- len das Jahr 2020 „nach Christi wirke durch Ansteckung. Es ver- zustand, den man leicht auch re- Geburt“). Eine Unterbrechung, breite sich anonym-schleichend, ligiös deuten kann: die damals die Christusgestalt während das Gute bezeugt, ge- Wo alle Welt in Klausur geht, ankündigte, ohne die unsere Ge- deutet und anerkannt werden sogar die Kanzlerin, erscheint schichte nur schwerlich denkbar müsse, in einem verletzlichen das klösterliche Leben auf ein- wäre. Und vielleicht relativiert und mutigen Akt der Freiheit, mal brandaktuell. Da ist ein sich auch im jetzigen Geschehen worin der Mensch mit sich, der manches, das wir für unver- Welt und den anderen etwas an- Lassen wir uns aufstören zichtbar hielten, und bahnt fangen könne, auch dort, wo er sich eine modifizierte Welt- anscheinend am Ende sei. Und von der Unterbrechung? sicht und Lebenspraxis an, darin werde auch an die Freiheit die uns Endlichen gemäßer der anderen appelliert, sie dürfe Traum gelöster Ruhe, aber auch und unserem kleinen Planeten aufatmen und neu beginnen. – bedrängender Stille, bedrohlich dienlicher wäre. – Oder sollte es Wovon haben wir uns anstecken und wohltätig zugleich. Viel- am Ende so sein, dass es zu ei- lassen in den vergangenen Wo- leicht vernehmen wir hier die ner unfruchtbaren Stillstellung chen und Monaten? Von der all- leiseren Stimmen in uns selbst, kommt, wie ja auch die Feier gemeinen Depression und Mut- der anderen, der Natur, eines der Kar- und Ostertage in die- losigkeit, von den kursierenden Buches, gar eines Gottes, der sem Jahr weitenteils und welt- Verschwörungstheorien (gegen uns in all dem etwas zuraunen weit einfach so ausgefallen ist, die ja selbst hochrangige Kir- und von dem wir uns etwas ge- ein kulturgeschichtlich einzigar- chenmänner nicht immun sind), sagt sein lassen möchten. tiger Bruch. Lassen wir uns auf- oder von der Tapferkeit, der So- stören von der Unterbrechung, lidarität, dem Einsatzwillen so II. Lockdown die uns da zugemutet wurde? vieler unbekannter wunderba- „Unterbrechung“ – die kürzeste Oder stellen wir fest, dass wir rer Menschen? Definition von Religion, so die eigentlich auch ganz gut „ohne“ politisch-prophetisch getönte leben können? IV. Maske Theologie von Dorothee Sölle Einem Menschen in die Augen und Johann Baptist Metz. Dass III. Ansteckung schauen, sein Antlitz sehen, dem es nicht so weitergeht wie bis- Das Leben erhält und versehrt Tag ein Gesicht geben, das sind her, dass da etwas heilsam ein- sich durch Übertragung. Es Redewendungen, die bricht in unser Leben (katast- übertragen sich Computer- und deutlich machen, rophä, so das griechische Wort Krankheitsviren, Atmosphären, wie sehr wir auf Deshalb können dafür), dass da uns etwas auf an- Vorurteile, Stimmungen, Ge- das offene Gesicht wir auch nie dere Geleise führt, gar in ein Ge- lobtes Land, ist die Verheißung, rüchte. Es werden Reliquien, Geldsummen, Werte übertra- angewiesen sind, das eigene wie das der wirklich masken- aus der sich die biblische Bot- gen, aber auch Sprachen, Ge- anderen. Es ist das frei leben. schaft seit Jahrtausenden speist. dichte, Projektionen und Er- Mienenspiel, das ei- „O Heiland reiß die Himmel fahrungen im therapeutischen nem Menschen ein Gesicht ver- auf“ – aus dieser Unterbrechung Prozess. Der französische Philo- leiht. Dagegen die Maske ver- der Zeit ist eine ganz neue Zeit- soph Paul Ricœur hat einmal ge- mummt uns. Ob jemand die rechnung entstanden (wir zäh- meint, das Unheilvolle und Böse Zähne zusammenbeißt, die Nase rümpft, den Mund ver- zieht, das alles ist nicht mehr sichtbar. – Wie viele ambiva- LYRIK-ECKE lente Empfindungen sich mit der Maske verbinden! Die Maske spielt mit der Differenz von Sein „Der Gott, den es nicht gibt, in mir ein dunkler Riß, und Schein, Abstand und Nähe, ist meiner Seele nah, sooft ich ihn vermiß.“ der Vertauschung der Rollen, der Infragestellung kultureller Normen – man denke nur an die Christian Lehnert, Cherubinischer Staub, Gedichte, griechische Tragödie oder den Suhrkamp Verlag Berlin, 2018. Karneval. Das lateinische Wort „Person“ meint ja ursprünglich 11 konturen 02/2020
nichts anderes als die die Pfarreiangehörigen Theatermaske. Wir dem Künstler Chris- tragen Masken, wir toph Brech zur Ver- spielen Theater vor fügung gestellt haben. uns und den ande- Diese Hunderte Lun- ren, es geht gar nicht genflügel, vielfach ne- anders, weil niemand beneinander gestellt, sagen kann, wer er erzeugen den Eindruck wirklich ist. Solches von chorig aufgereih- weiß nur Gott. Selig ten Engelsflügeln – ein der Mensch, der sich großes freies Atmen, Ihm anzuvertrauen man hört förmlich, wie weiß, denn der bibli- da der frische Wind, sche Gott, so heißt es, der jubelnde Gesang komme, weil Er in sich durch die Lungen geht. lauter und klar sei, Plötzlich ist er da, der ohne Masken aus: „Ich Geist, der uns frei wer- bin der ich bin und als den lässt und schön. solcher bei Euch“. Das, liebe Freunde und (Ex 3,14ff.) Jesus, der Freundinnen, wäre ein Nazarener, wird als Pfingsten, wie wir es die Verdichtung die- jetzt brauchten! Und ser Gegenwart ange- so danke ich Gott, dass schaut, als die „vera heute hier im Hof un- icon“, das wahre In- serer Burg Rothenfels bild des Menschen zum ersten Mal seit und seines Gottes. elf Wochen wieder der In ihm ist eine Lau- Gesang sich erhebt, terkeit am Werk, die aus vollem Herzen uns unerschwinglich ist, da wir das alles nicht genug, wird der und aus voller Seele, mit vollge- auf seltsame Weise uns sel- unter großen Schmerzen her- pumpten Lungen: ber fremd und verborgen sind. vorgeächzte Satz des schwarzen Deshalb können wir auch nie Amerikaners George Floyd zum omm herab, Du heiliger Geist, K wirklich maskenfrei leben – das Leitmotiv dieser Tage: „ I can’t Leben aus dem Tod verheißt, ist unsere Not, aber vielleicht breathe!“ Mit einem Mal wird Löse, was in sich erstarrt. auch unser Spielraum in dieser deutlich: Nicht die Natur – wir Heile du, wo Krankheit quält, endlichen Welt. selber sind es, die einander den Lenke, was den Weg verfehlt. Atem abschneiden; systemische Köstlich Labsal in der Not. V. Lungenflügel Ungerechtigkeit und tiefe Vorur- Es gibt Koinzidenzen, die sind teilsstrukturen potenzieren, was Amen, Halleluja so verblüffend, dass man nicht uns eine geschundene Natur vor mehr an den Zufall glauben die Füße wirft. Freie Nachschrift der am Pfingstsonntag im Und da setzt sie nun ein, die Burghof gehaltenen Predigt. – Ich entlehne einzelne Formulierungen dem von Elmar große Überraschung: In eben Plötzlich ist er da, der diesen atemlosen Tagen werden Salmann OSB und Marcel Albert OSB, Abtei Gerleve, geführten „Corona-Blog“, der jetzt Geist, der uns frei in München in der Pfarrkirche als Buch veröffentlicht ist unter dem Titel: Heilig Kreuz im Stadtteil Gie- 77 Tage Ausnahme Leben. Wie ein Virus werden lässt und schön. sing neue Kirchenfenster einge- uns auf andere Gedanken brachte (Vorwort Monika Grütters), Münsterschwarzach 2020. weiht, die Zeitungen haben groß mag. Das Corona-Virus greift die berichtet, allen fiel auf, was für Lungen an, es führt zu gravie- ein Hoffnungssymbol sich da n Joachim Negel ist Professor für renden Pneumonieattacken, das plötzlich anbietet – und was zei- Fundamentaltheologie an der Univer- Atmen fällt zusehends schwerer, gen die Fenster? Hunderte von sität Fribourg und seit Pfingsten 2018 wie oft müssen die Betroffenen blau eingefärbten Lungenflü- Burgpfarrer auf Rothenfels. intubiert werden – und als wäre geln, Röntgenaufnahmen, die konturen 02/2020 12 Foto Pfarrkirche Heilig Kreuz, München-Giesing: Wolfgang Pulfer
GESCHICHTE 1919: Erstes Quickborn-Treffen Wilhelm Wörlein, Vater von Sigrun Hamelbeck und Großvater von Claudia Hamelbeck, hat uns die Kopie einer Postkarte überliefert, seine Schrift transkribiert (bis auf einen Satz, den er selbst nicht mehr verstanden hat) und schrieb in seinen Lebenserinnerungen dazu: D ies ist der schriftliche Beleg für die Teilnahme meiner Geschwister Mathilde und Hugo und meiner Teilnahme als dreizehneinhalb- jähriger Bub am ersten Quick- born-Treffen auf Burg Rothenfels im August 1919. Und so schrieb ich nach Hause: Liebe Eltern! Wir sind glücklich auf der Burg angekommen. Wir wa- ren von den ersten. Im Burg- bau sind sie noch nicht so weit voran. Darum helfen wir auch dazu. Die Kost, die wir bekom- men, ist nicht schlecht. Der Tag kommt ungefähr auf 1,5 – 2 M. Wir können uns satt essen. Brot (3 Pfund) kostet haben. Am Abend haben wir Sing-Sang. Meine 65 Pf. Fleischmarken brauchen wir keine. 1 Löffel (?) waren schon am ersten Tag kaputt. Zum Ar- Essen reicht mir (ohne Fleisch 20 Pf., mit Fleisch beiten erhalten wir extra Soldatenkittel. Alle 40 Pf.). 1 Tasse Kaffee mit Milch 10 Pf. Vater soll Sprachen sind vertreten, und auch Mädchen sind mir schreiben, was ich für 1 Pfund Kartoffeln, schon ziemlich da. Ich bin gesund und wohlauf. 1 Pfund Graupen, 1 Pfund Haferflocken, 1 Pfund Schicke mir bitte 5 M. Kaffee verlangen darf. Wenn du kommen willst, richte es auf Samstag früh ein, weil wir Mittwoch, Viele Grüße von Wilhelm und Hugo Donnerstag, Freitag, Samstag früh Exerzitien Gut angekommen, Gruß Mathilde Literaturhinweis: ausgerechnet auf eine alte Der Aufsatz ist im „Wert- Burg? Auf all diese Fragen heimer Jahrbuch 2018“ Wie war das damals, 1919, gibt Winfried Mogge in zu finden, das im Som- als der Quickborn die Burg seinem Aufsatz „Stolzes mer 2020 erschienen ist. kaufte? Wie sah es mit der Staunen über solch herr- Es ist zu beziehen über: Finanzierung und der Reno- lichen Besitz – Burg Ro- Historischer Verein Wert- vierung aus? Und vor allem: thenfels: Neubeginn vor heim, c/o Archivverbund Was zog einen Bund enga- 100 Jahren“ ausführ- Main-Tauber, Bronnbach gierter junger Menschen lich und fundiert Antwort. Nr. 19, 97877 Wertheim. 13 konturen 02/2020
Mitten im Spätsommer – die Äpfel reifen auf den Bäumen und freudiges Kinderlachen liegt in der Luft. Bis zu acht Familien genießen entspannte Sommertage bei der neu ins Leben gerufenen Burgzeit auf Burg Rothenfels. Parallel dazu findet ein eigenes Sommerangebot für die Kinder aus der Umgebung statt. Mit einem abwechslungsreichen Tagesprogramm zieht der Kräutertag an Mariä Himmelfahrt bekannte Gesichter und auch Neulinge auf die Burg. Burgzeit Nicht nur Vater, Mutter, Kind, auch Großeltern Heroen der Pfeil-und-Bogen-Ära. Getreu seinem gönnen sich eine Auszeit mit ihren Enkelkindern Motto „Jeder kann schießen“ lehrt er die Familien bei der Burgzeit. Dabei steht nicht nur der Ur- die Kunst des intuitiven Bogenschießens. Am Nach- laub mit der eigenen Familie im Mittelpunkt, son- mittag geht die Reise ins Mittelalter weiter: Stan- dern auch das Gemeinschaftsgefüge einer Famili- desgerecht entwerfen die Kinder ihr eigenes Wap- enfreizeit: „Neue Burgfreundschaften entstehen pen und übertragen dieses auf die vorbereiteten Kinder- und Famili auf und der Abschied bei Abreise fällt schwer“, Holzrohlinge. Aufgeregt und vol- berichtet Simone Poppe, die ihren Bundesfreiwilli- ler Tatendrang greifen die klei- gendienst auf der Burg leistet. nen Ritter zu ihren fast fertigen Von Montag bis Freitag erwartet die Familien Schilden und toben farbenfroh ein buntes Programm, mit genügend Zeit für Aus- durch den Burggarten. Als krö- flüge oder um die Seele im Barockgarten baumeln nender Abschluss besucht Falk- zu lassen. Während die Familien am Montag die ner Walter Reinhart die Familien am Donnerstag- Burg erobern und zahlreiche verborgene Ecken und abend. Mit im Gepäck: Greifvögel in allen Größen Winkel erkunden, beginnt am Dienstag der Aus- und Farben. Neben Babyeulen im Wäschekorb steu- flugsreigen zur Schäferin. Selina Tausch vom Läm- ern Steinkauz, Schneeeule und Falke ihren Flug merhof berichtet nicht nur über ihre tägliche Ar- über das Burggelände. beit rund um Schafe, Wasserbüffel und Galloways Das Abenteuer geht weiter: Vom 5. Oktober bis – auch die praktische Übung im Tiere füttern führt 6. November 2020 wird das Ferienprogramm für bei Alt und Jung zum verzückten Seufzen. Am Mitt- Familien unter dem Namen „Burg-Abenteuer“ neu woch tauchen die Familien mit Markus Wessely in aufgelegt. Als Herbstbonus komplettiert ein fürst- die Welt des Mittelalters ein. In traditioneller Tracht liches Rittermahl an einer rustikal gedeckten Tafel erinnert er mit seiner ruhigen, besonnenen Art an das Erlebnis Burg. n konturen 02/2020 14 Foto rechts: Julia Bauer
Ferienprogramm auf Burg Rothenfels Tobende Kinder rennen über aller Hygienieschutzvorgaben nen Kenntnisse über Naturzu- das Kopfsteinpflaster – auf dem stattfinden kann. sammenhänge praktisch an: Die Weg zum Speisesaal, auf dem In der ersten Woche suchen Kettenreaktionen werden als Weg zum Sportplatz oder zu- sich die Naturdetektive ihren Riesendomino verdeutlicht. rück zum Gruppenraum. 40 Kin- Weg durch Wiesen und Wäl- In der zweiten Woche bevöl- der im Alter von sechs bis zwölf der, entdecken Lamas und Al- kern Ritterinnen und Knappen Jahren erleben in Kleingrup- pakas und trotzen – vom Re- die Burg und wappnen sich, um pen ein spannendes Ferienpro- gen überrascht – dem Wetter. im finsteren Mittelalter zu über- gramm, das dank aufwendiger, Neben dem Basteln eigener leben. Sie backen Brot, bauen hingebungsvoller Planung und Spiele aus recycelten Materia- sich eigene Katapulte und mes- Organisation unter Einhaltung lien wenden sie ihre erworbe- sen sich im Burgturnier. Ne- enangebote ben der Kunst des Schreibens und Buchbindens erproben sie sich im Bogenschießen. Spiel und Spaß runden das Sommer- angebot ab. n Burg Rothenfels „Die Kraft der Kräuter erleben“ Familien-Kräuter-Tag an Mariä Himmelfahrt Anlässlich des Brauchs, an Mariä Himmelfahrt Kräuterbuschen zu binden, lud die Burg zu einem Tag für die ganze Familie zum Thema Kräuter ein. Gestresste Eltern konn- ten sich nach Home-Office und Home-Schooling Zeit für sich neh- men, um einem lehrreichen und un- terhaltsamen Vortrag zu Geschichte Würmer auf Wiesen und im Waldbo- und Heilkräfte der Wunderpflan- und Mythen um die Kräuterweihe den, ausgestattet mit Entdeckerwes- zen führte zu allerlei Erstaunen. und das Binden der Kräuterbuschen ten, Becherlupe und Bestimmungs- Das Kinderferienprogramm und zu lauschen – oder bei Yoga Ruhe buch. Bei einer Kräuterwanderung der Familien-Kräuter-Tag wurden und Entspannung zu finden. Wäh- an den Mainwiesen konnten dann durch die Kooperation der Kirchli- renddessen erkundeten die Kinder von jedem selbst Kräuter ent- chen Jugendarbeit (kja) Regional- zusammen mit Führerinnen des deckt, gesammelt und gebunden stelle Main-Spessart, des pastora- Naturparks Spessart das geheime werden. Das hinzugelernte Wissen len Raums Marktheidenfeld und Leben der Pflanzen, Insekten und um die vielfältigen Anwendungen der Burg Rothenfels ermöglicht. n n Susann Frischkorn, Magdalena Kneisel, Mitarbeiterinnen im Bildungsbüro Foto 1 und 3 oben: Katrin Fuchs. Foto 1 unten: Reinhold Grimm 15 konturen 02/2020
Impressionen der Rothenfelser Islam-Tagung 2020: Analog und digital begegneten sich die Referenten Professor Karl-Josef Kuschel und Professor Ahmad Milad Karimi. Eine ganz besondere Atmosphäre entstand durch die Kalligraphien von Shahid Alam und die Klänge der orientalischen Musik von Judith Bomheuer-Kuschel und Torsten Haag. Goethe und der Islam Islam-Tagung 2020 auf Burg Rothenfels D ie diesjährige Islamtagung auf Burg Rothen- In vielen Gedichten zeigt sich, dass Goethe sich fels fand vom 18. bis 20. September statt. dem Dichter Hafis als seelenverwandt empfand, ja Es war die erste größere Vortragstagung, ab- sogar als Zwilling. Für ihn als Poeten war die Frei- gesehen von der Jugendtagung, die nach dem Lock- heit des Denkens wesentlich. down auf Burg Rothenfels wieder möglich wurde, Goethe findet in der Auseinandersetzung mit wenn auch unter organisatorischen Einschränkungen dem Islam zu einer Art Weltfrömmigkeit, die offen wegen der Corona-Pandemie. Unter anderem war und auf der Suche nach Sinn ist, mehr noch, die be- die Teilnehmendenzahl auf 35 Personen beschränkt. reit ist zu einer Verantwortung für die Welt, ohne Professor Karl-Josef Kuschel, der auch in den ihr zu verfallen. Der Sinn des Menschen ist, aus der vergangenen Jahren die Islam-Tagungen auf Burg Liebe zu leben und dem Schönen zu begegnen – Rothenfels betreut hatte, hatte für dieses Jahr das denn Gott ist schön. Ihn will er finden trunken vom Thema „Goethe und der Islam“ vorgeschlagen, im- göttlichen Urgrund. mer auf der Suche nach neuen Ansätzen für ein ver- Auf der Suche nach dem, was Goethe unter Islam tiefendes Verständnis des Islam und für eine Basis, verstand, fand Professor Kuschel in Goethes Texten das Gespräch zwischen Okzident und Orient zu er- viele Beispiele: leichtern und zu vertiefen. Professor Ahmad Milad Karimi stellte in einem Dort, im Reinen und im Rechten, ersten Referat die Persönlichkeit und das Werk des will ich menschlichen Geschlechten Dichters Hafis vor – geboren 1325 und gestorben In des Ursprungs Tiefen dringen. 1390. Leider konnte Professor Karimi wegen der Wo sie noch von Gott empfingen Corona-Pandemie nicht persönlich anwesend sein. Himmelslehr in Erdensprachen Sein Vortrag und die folgende Aussprache wurden und sich nicht den Kopf zerbrachen deshalb per Video übertragen. Hafis schuf ein Meisterwerk der Literatur und In einem letzten Referat berichtete Professor Spiritualität. Posthum wurde sein Hauptwerk, Karimi über einen der bedeutendsten Denker der sein „Diwan“, veröffentlicht. islamischen Welt des 20. Jahrhunderts: Muhammad Erleichterung und Professor Kuschel erläuterte in Iqbal. Auch er war ein Poet, aber auch Philosoph, einem weiteren Referat, wie Jo- Theologe und politisch engagiert, ein Denker, der Vertiefung des Ge- hann Wolfgang von Goethe mit sich mit dem Fremden auseinandersetzte und den sprächs zwischen 65 Jahren an eine Übersetzung heute so notwendigen interkulturellen Austausch des „Diwan“ von Hafis kam. unterstützte. Okzident und Orient Er war fasziniert von der Poe- Die diesjährige Tagung hat erstmalig eine ganz sie des Werkes und fand mit der besondere Ausprägung erfahren, indem neben den Beschäftigung an diesem Werk zu einem neuen, ei- Vorträgen vor allem künstlerische Beiträge der Ta- genen kreativen Schaffensschub. Es entstand ein gung einen besonderen Charakter verliehen. einzigartiger Dialog zwischen einem christlich Mit Musik aus dem alten Orient verzauber- und einem muslimisch geprägten Poeten. Aus der ten Judith Bomheuer-Kuschel und Torsten Haag. Sammlung der in dieser Zeit verfassten Gedichte Es ist eine Musik, die schon immer zu thera- entstand Goethes „West-östlicher Divan“. peutischen Ritualen erklungen war und die auf konturen 02/2020 16 Foto oben rechts: Dorothee Henrich
besondere Weise die Psy- der Bilder schufen eine besondere Atmosphäre che berührt und beru- und einen emotionalen Zugang zu den Texten. higt. Die Musiker setz- Am Abend des zweiten Seminartages hat ten Instrumente ein, die Shahid Alam für alle Teilnehmenden sichtbar das aus dem Orient stam- Entstehen einer Kalligraphie vorgestellt und ge- men wie Rehab, eine Pfer- zeigt, wie er mit ruhiger Hand die Feder führt – ein dehaargeige und die Ney, eine Schilfrohrflöte, meditativer Vorgang. Nicht Schnelligkeit, sondern sowie verschiedene Lauten. Auf dieser Ta- Genauigkeit und – ja – geradezu Ehrfurcht vor gung eröffnete diese Musik eine andere, eine oder auch Ergriffenheit von dem zu gestaltenden tiefere Art des Empfindens. Text, waren spürbar. Shahid Alam, ein Kalligraph aus Lahore, Pakistan, stammend und seit vielen Jahren in n Eugen Henrich kommt seit den 80er Deutschland lebend, hatte 13 großformatige Kal- Jahren regelmäßig mit seiner Familie zur ligraphien mitgebracht, die während der ganzen Ostertagung auf Burg Rothenfels. Er war Tagung ausgestellt und präsent waren. Jede Kalli- viele Jahre engagiertes Mitglied im graphie hatte Texte aus dem Koran und auch von Burgrat. Goethe zur Grundlage. Die leuchtenden Farben Für die Zukunftsfähigkeit der Burg Der Jugendausschuss stellt sich vor Wir sind junge Erwachsene, meinsam vertreten wir die An- denen die Burg Rothenfels als Ju- sicht, dass es wichtig ist, proaktiv D er Jugendausschuss wur- gendherberge, Tagungshaus und und mutig zu sein, um zukunfts- de vom ersten Jugend- Ort der gelebten Ökumene wich- fähig zu bleiben und gemeinsam bildungsreferenten der tig ist, und setzen uns für Zu- neue Wege zu gehen. Burg Rothenfels, Michael Bier- kunftsfähigkeit und Aktualität der Einer dieser Wege ist der kürz- meier, 2017 ins Leben gerufen. vielfältigen Angebote ein. Zwei- lich online gegangene Instagram- In Zusammenarbeit und engem mal im Jahr treffen wir uns auf der Account. Instagram ist eine der Kontakt mit der derzeitigen Ju- Burg, um Pläne und Ideen zu ent- größten Social-Media-Plattfor- gendbildungsreferentin Magda- wickeln und zu diskutieren. Diese men, auf der vor allem visuelle lena Kneisel wirken wir bei der werden über die*den amtieren- Inhalte wie Fotos und Videos ge- Entwicklung und Durchführung den Jugendbildungsreferent*in teilt werden. Wir erhoffen uns von Tagungsprogramm und An- und anwesende Mitglieder aus hiermit, unsere Jugendarbeit bes- geboten für Kinder, Jugendliche dem Burgrat an die entsprechen- ser zu bewerben und auch der und junge Erwachsene auf Burg den Stellen weitergeleitet. bestehenden Burgjugend eine Rothenfels ehrenamtlich mit. Es geht hierbei um Möglich- Plattform zum Vernetzen zu bie- Das Gremium fungiert au- keiten der Vernetzung der Burg ten. Sie können sich unter www. ßerdem als Ansprechpartner für jugendarbeit mit der regionalen instagram.com/burgjugend_ro- den Burgrat, wenn es um die Be- Jugendarbeit, Ideen für neue Ta- thenfels selbst ein Bild machen. lange und Bedürfnisse der Ju- gungen und Konzepte für attrak- Mitglieder im Jugendaus- gendlichen auf der Burg geht. tive Angebote für junge Leute schuss (Stand August 2020): Beispiele sind die Anschaffung wie zum Beispiel die Freundes- Johann Beckmann, Mirjam neuer Materialien wie Outdoor- kreisangebote, aber auch um die Franz, Matilda Franz, Jonas spiele oder die Inneneinrichtung Schaffung eines Wir-Gefühls in- Horn, Lea Biermann, Jonas des Ehringhauses. nerhalb der jungen Mitglieder Honermann, Jan-Lukas Henn, Neue Mitglieder sind herz- der Vereinigung der Freunde von Fionula Herbst, Magdalena Knei- lich willkommen, wobei wir aus Burg Rothenfels e.V. sel (Jugendbildungsreferentin), Gründen der Arbeitsfähigkeit Unsere Mitglieder sind junge Niklas Krieg (Burgratssprecher), und eines verantwortungsvol- Menschen, die die Burg Rothen- Christopher Dalitz (Mitglied im len Umgangs mit Ressourcen auf fels bei verschiedenen Tagungen Burgrat), Veronika Schwarzen- eine ungefähr gleichbleibende kennengelernt haben und auch böck (Mitglied im Burgrat). Mitgliederzahl achten. selbst aktiv mitgestalten. Ge- n Christopher Dalitz 17 konturen 02/2020
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