LEBEN IM LANDKREIS NEUMARKT - Ausgabe Frühjahr/Sommer 2021 - Die Sulz lebt!
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
21 jahr/Sommer 20 Ausg abe Früh s Kostenlo LEBEN IM LANDKREIS NEUMARKT Die Sulz lebt! Regionale Produkte „auf „Brauen ist unserer Familie einen Klick“ im Blick auf den Leib geschnitten“ Seite 12 Seite 51 Seite 64
-2- ansporn Frühjahr/Sommer 2021 Inhalt EDITORIAL Seite 3 n AKTUELLES WGGenossenschaft gegründet Seite 4 n NATUR + LANDSCHAFT Hirnlose Schleimer – ganz besondere Wesen Seite 6 Die Sulz lebt! Seite 12 Baum des Jahres 2020 + 2021 Seite 18 n JUGEND Kommunale Jugendarbeit – Projekt- und Netzwerkarbeit, auch in Zeiten von Corona! Seite 24 n TOURISMUS Mittelalterliche Stadt Berching folgt der Slow-Bewegung Seite 26 2020 - Touristisches Krisenjahr und Wanderoffensive Seite 28 53. Touristikertreffen des Landkreises Neumarkt i.d.OPf. Seite 31 n GESUNDHEIT + SOZIALES René Klinger tritt seinen Posten als neuer Vorstand für das Klinikum Neumarkt an Seite 32 Gesundheitscampus in Parsberg nimmt Gestalt an Seite 33 n SENIOREN Die neuen Seniorenbeauftragten*innen in der Kommunalwahlperiode 2020 bis 2026 im Landkreis Neumarkt i.d.OPf. Seite 34 ärbern – arbern – oawan an der „Sprachmischstelle“ Seite 40 n ENERGIE + KLIMASCHUTZ Energiewende mit Bürgerbeteiligung Seite 43 n REGIONALMANAGEMENT ARGE 10 auf Erfolgskurs Seite 45 Bio-Getreidelager Harenzhofen– Druschfrüchte qualitätserhaltend lagern und regional vermarkten Seite 47 Regionale Produkte „auf einen Klick“ im Blick Seite 51 Die Fragebogenaktion der MINT-Region: Hat sich etwas bewegt? Seite 55 n WIRTSCHAFT 16 Startups beteiligten sich an der 1. Startup Challenge des Digitalen Gründerzentrums Parsberg Seite 57 Parsberger Unternehmerinnen sagen Plastik den Kampf an Seite 58 UnternehmerSchule 2021 Seite 59 Monatliche Sprechtage für Existenzgründer, Jungunternehmer und Betriebe Seite 59 Digitales Gründerzentrum erfolgreich gestartet – positives Zwischenfazit nach dem ersten Jahr Seite 60 n NACHGEDACHT Wie: Frei? Seite 62 n abSeitz Kranke Pflege Seite 63 n Menschen im Landkreis „Brauen ist unserer Familie auf den Leib geschnitten” Seite 64 Impressum Seite 68 Titelfoto: Archiv Stadt Berching
ansporn Frühjahr/Sommer 2021 -3- Editorial Liebe Leserinnen und Leser, seit dem Beginn der Corona-Pandemie wurde und wird nahezu weltweit das Leben jedes Einzelnen in ungeahntem Ausmaß eingeschränkt und reglementiert, um da- durch letztlich genau dieses Leben schützen zu können. „Lockdown“ ist längst zum Synonym eines nie dagewesenen Experiments geworden, in dem man viele Rechte beschneidet, um mit dieser Strategie die weitere Verbreitung des Virus und seiner Varianten möglichst zu unterbrechen. Ob, wann und in welchem Maße dies letztlich zum Erfolg führen wird, kann niemand vorhersagen. Wir haben uns daran gewöhnt, nur noch von einer Verlängerung des Lockdowns zur nächsten zu denken, langfristige Pläne mag kaum jemand noch machen, zu ungewiss ist die Lage. Dennoch ist, ungeachtet aller sich mehrenden Öffnungsdiskussionen, die gesellschaft- liche Akzeptanz unserer weit reichenden „Freiheits-(rechte)beraubung“ erstaunlich stabil. Denn die Nebenwirkungen, nicht nur die aktuellen, sind zahlreich, heftig und in ihrem ganzen Ausmaß oft noch gar nicht abzusehen: Wie viele wirtschaftliche Existen- zen werden vernichtet? Wie viele Kinder aus ohnehin benachteiligter sozialer Herkunft werden zu uneinholbar abgehängten Bildungsverlierern? Wie viele schwerwiegende Erkrankungen wurden im Schatten von Corona nicht mehr oder zu spät behandelt? Zahlreiche Fragen, deren konkrete Beantwortung noch lange dauern kann. Fest steht jedoch schon jetzt, dass wir für die Eindämmung der Pandemie einen hohen Preis zahlen werden. Und dazu bereit sind, weil er (vielleicht) alternativlos ist. Ohne dies zynisch zu meinen, haben die Lockdowns jedoch auch positive Seiten. So ist in vielen Ländern der C02-Ausstoß im vergangenen Jahr signifikant gesunken, da Wirtschaftsleistung, Energieverbrauch, Mobilität etc. deutlich reduziert waren. Im Hin- blick auf den Klimawandel ist das also eher eine gute Nachricht, aber auch nur eine Momentaufnahme. Steht doch zu erwarten, dass nach dem erhofften Sieg über das Virus die meisten Menschen wieder zu ihrer ursprünglichen Lebensweise zurückkeh- ren werden, soweit es ihnen möglich ist. Laut Umweltbundesamt ist bis zum Jahr 2100 von einem mittleren globalen Tempera- turanstieg zwischen 1,8 (mit einer Schwankungsbreite von 1,1-2,9) und 4,0 (mit einer Schwankungsbreite von 2,4-6,4) Grad Celsius auszugehen. Eine solche Temperatu- ränderung wäre größer als alle während der letzten Jahrhunderte beobachteten na- türlichen Temperaturschwankungen. Sie erfolgt mit einer Schnelligkeit, wie sie in den letzten 10.000 Jahren nicht vorkam und wird ohne Gegensteuern in einer Klimakatast- rophe münden, deren Ausmaß wohl Covid-19 noch bei weitem übertreffen würde, weil unsere Lebensgrundlagen insgesamt massiv gefährdet und zerstört werden. Das Wissen darüber ist schon lange da. Viel Zeit bleibt uns nicht mehr. Und doch bleibt unser Handeln in Sachen Klimarettung weitgehend im Unverbindlichen, wäh- rend wir die Bekämpfung eines kleinen Virus mit kompromissloser Entschlossenheit durchführen. Nur ein kleiner Teil dieser Entschlossenheit würde dem Klima schon wei- terhelfen … Roland Hadwiger Redaktion ANSPORN
Aktuell -4- ansporn Frühjahr/Sommer 2021 Bereits am 18.03.2019 stellten Dietmar Blaß von Baden-Württembergischen Genossenschaftsver- band und Michael Vogel von der Jurenergie eG aus Neumarkt das Thema in der AG MINT vor. Die AG MINT ist das mehrmals jährliche Treffen von engagierten Schulleiter*innen, Lehrkräften, Wirtschaftsvertretern etc., in dem immer wieder neue und frische Themen in die MINT-Region ein- gebracht werden sollen. Abstimmung per Handzeichen Foto: P: Buttenhauser Aus der ursprünglichen Idee einer schulartüber- greifenden Genossenschaft mit dem Geschäfts- modell erneuerbare Energie ist zwar nichts gewor- den – dafür aber eine tatsächliche eSG mit dem Geschäftsmodell „Hausaufgabenheft WGG“. Ein langer Weg also, doch nun war es geschafft. Das Besondere an einer Schülergenossenschaft ist, dass hier Verantwortung und Entscheidungen auf viele Schultern verteilt werden. Eine Genossen- schaft baut auf Kommunikation, Kooperation und demokratische Mitbestimmung auf. Das sind auch in der Schule zentrale Bildungsziele. „Die Arbeit in diesem Projekt bietet also besondere Lernchan- cen im Hinblick auf Demokratieerziehung und kon- kretem Lebensbezug“, so Philipp Dull, der diese WGGenossenschaft Initiative als Wirtschaftslehrer am WGG betreut. gegründet Neuland für das Willibald-Gluck-Gymnasium: am 25.11.2020 gründete sich die „WGGenos- senschaft eSG“. Dass diese Idee bis zur Rea- lisierung kam, war am 05.11.2019 beim ersten Treffen in der REGINA GmbH, an dem noch das MINT-Management die Feder führte, nicht vorherzusehen. Eine umfangreiche Tagesordnung war abzuarbeiten.
ansporn Frühjahr/Sommer 2021 -5- Aktuell umfangreiche Tagesordnung und eine 7-seitige Satzung der nachhaltigen Schülergenossenschaft mit dem Namen „WGGenossenschaft eSG“. Alles von den Schüler*innen selbst ausgearbeitet. Man konnte den Stolz der Ansprechpartner in den Au- gen der Steuerungsgruppen-Vertreter richtig se- hen – trotz coronabedingter Maske. Der neu gewählte Aufsichtsrat. Niklas Pfeiffer erläutert den Satzungsentwurf Vor allem in der Startphase benötigt eine Schülerge- Foto P Buttenhauser nossenschaft professionelle Begleitung, dies erfolgt üblicherweise durch eine Partnergenossenschaft aus dem realen Wirtschaftsleben. Im Falle der WG- Genossenschaft esG haben sich sogar zwei Partner zur tatkräftigen Unterstützung gefunden, nämlich die Bürgerenergiegenossenschaft Jurenergie eG und die Raiffeisenbank Neumarkt eG Der neu gewählte Vorstand Und wie in einer „richtigen“ Genossenschaft wurde von der Gründungsversammlung ein Vorstand und ein Aufsichtsrat gewählt. Beide Gremien nehmen die ihnen durch die Satzung zugewiesenen Aufga- ben wahr und vertreten die Genossenschaft nach außen. Schulleiter Bernhard Schiffer begrüßt alle Versammlungsteil- nehmer. Tatkräftig unterstützt wird die Initiative von Herrn Schiffer, Direktor am WGG, der das Thema einfach In der Gründungsversammlung lobte Michael Vo- nicht aus den Augen verloren hat, von der Raif- gel, der Vorstand der Jurenergie eG die anwesen- feisenbank Neumarkt, der Bürgergenossenschaft den Schüler*innen des Willibald-Gluck-Gymnasi- Jurenergie e.G, dem Digitalen Gründerzentrum ums: „Ich finde es toll, dass ihr euch so engagiert Parsberg, dem Genossenschaftsverband Bayern – und in den Bewerbungsunterlagen macht sich e.V., sowie ursächlich eben vom MINT-Manage- das auch gut!“. ment der REGINA GmbH. Bei der Gründungsversammlung lief alles sauber strukturiert wie bei einem großen Unternehmen Petra Buttenhauser ab: Es gab eine förmliche Einladung, eine (äußerst) Regina GmbH
Natur + Landschaft -6- ansporn Frühjahr/Sommer 2021 Blutmilchpilz (Lycogala epidendrum) aus der Gattung der Myxomyceten – ein Schleimpilz. In unseren Wäldern hausen zauberhafte Wesen, die nicht von dieser Welt zu sein scheinen. Die so- genannten Schleimpilze zählen zu den bizarrsten Schöpfungen der Evolution. Sie sind weder Pilz, Hirnlose noch Tier, noch Pflanze. Sie besiedeln fast jeden Winkel der Erde und lösen schwierige Aufgaben, Schleimer – bilden komplexe Gemeinschaften und bestehen meist nur aus einer einzigen Zelle. Und das schon seit fast einer Milliarde Jahre. ganz An einen Spülschwamm erinnert Fuligo septica. In der Mitte der 1970er Jahre schaffte er es als besondere „Alien-Invasion“ auf die Titelseite amerika- nischer Zeitungen. Die Wesen Schleimpilze haben sich damals in Parks und Gärten ausge- breitet und wurden An was haben Sie gedacht, als Sie die Über- von Feuerwehrleuten schrift gelesen haben? Genau. Aber hier geht beseitigt, kehrten aber es um etwas ganz anderes. in doppelter Anzahl und Größe zurück. Erst einem herbeige- rufenen Biologen ge- lang es, die Bevölke- Gelbe Lohblüte oder Hexenbutter (Fuligo septica) rung zu beruhigen.
ansporn Frühjahr/Sommer 2021 -7- Natur + Landschaft Sie werden sich vielleicht schon gewundert ha- ben, was da im Garten auf dem Komposthaufen oder Totholz, im Wald auf Moos oder Rindenhau- fen sich befindet. Beim genauen Hinsehen fällt auf, dass das Wesen sich fortbewegt hat. Pflan- zen und Pilze können sich ja nicht fortbewegen. Es muss also etwas anderes sein. Es handelt sich hierbei um Schleimpilze oder Myxomyceten, die irdische Gesetze und Gewissheiten infrage stel- len. Als Gestaltenwandler sind sie mal gefräßige Monster, mal anmutige Schönheiten. Sie denken ohne Hirn und lösen binnen Tagen Aufgaben, Durch Schleimspuren ist die Fortbewegung erkennbar. die Menschen oft jahrelang beschäftigt haben. Sie wachsen oft zu quadratmetergroßen Gebil- den heran, bleiben aber ein Leben lang Einzeller. Sie sind eine der merkwürdigsten Wesen, die die Evolution hervorgebracht hat. Wahrscheinlich ge- hören sie zu den Urahnen höherer Lebensformen, infolge des Landganges vor knapp einer Milliarde Jahren. Also Hunderte von Millionen Jahren bevor Pflanzen und Tiere das Land eroberten. Fast jeder Winkel der Erde wird von ihnen besie- delt. Etwa 1000 Spezies sind bekannt und sind von Schneefeldern bis in Sandwüsten anzutref- fen. Den allermeisten Menschen bleiben diese Wesen verborgen, denn es braucht meist hoch- auflösende Mikroskope um ihre Verwandlungs- Wie ein Netz überzieht der Schleimpilz auf der Suche nach künste zu entdecken. Die meiste Zeit verbringen Nahrung die Nadelstreu. sie als Tausendstel Millimeter kleine Sporen, um anschließend als Wesen sich kriechend vor allem Naturkundler vergangener Jahrhunderte meinten, auf dem Waldboden, in Laubstreu- oder Totholz- diese sonderbaren Formen kämen den Pilzen am haufen zu bewegen. Es bilden sich grellfarbene nächsten, darum der Name. Andere ordneten sie Kleckse, die Waldspaziergänger eher als Erbro- in das Tierreich ein. Erst durch jüngerer Genfor- chenes von Tieren fehldeuten. Aber wer sollte da- schung wurde festgestellt, dass sie im Stamm- rin Extravaganz erkennen, Intelligenz, überhaupt baum des Lebens einen eigenen Zweig bilden. ein Lebewesen? Lange haben sich Wissenschaftler nicht für die In Deutschland hat Karlheinz Baumann in drei Myxomyceten interessiert, weil zu merkwürdig. Büchern diese Gattung mit etwa 400 Arten be- Ein Irrtum, wie sich später herausstellte. schrieben und mit herrlichen Fotos ergänzt. Sie stellen ein Standardwerk der wissenschaftlichen Forschung über Schleimpilze dar. Das Werk wur- de aber nicht von Biologen verfasst, sondern von Hobbyforschern. Da sich kein Verlag für dieses Thema interessierte, wurden die Bücher im Ei- genverlag für 150.000 € selbst finanziert. In dem Film „Als wären sie nicht von dieser Welt“ wird das Leben der Schleimpilze auf eindrucksvolle Weise dargestellt, vor allem wie der Weg durch den Irrgarten gefunden wird. Fadenstäubling (Stemonitis axifera)
ansporn Frühjahr/Sommer 2021 -9- Natur + Landschaft Als Winzlinge keimen sie aus Sporen, manche von ihnen besitzen Geiseln, tauchen in den feuch- ten Erdboden ab. Dort suchen sie nach Bakteri- en, die Hauptnahrung am Lebensbeginn. Andere Schleimpilze bewegen sich mit füßchengleichen Ausstülpungen voran. In regelmäßigen Abstän- den teilen sich die Zellkerne, ohne dass sich die Zelle selbst verdoppelt. Sie wachsen dann oft zu handgroßen Gebilden heran und bleiben weiter eine einzige Zelle. Es sind Organismen, die als primitiv bezeichnet werden, ohne Sinnes- und Steuerorgane. Sie nehmen aber die Umgebung Die Lohblüte wandert über einen Moosteppich. (Fuligo septica) wahr und bewegen sich gezielt darin. Stößt ein Schleimer auf Essbares, wälzt er sich in diese Richtung mit einer Geschwindigkeit von etwa ei- nem Zentimeter pro Stunde. Enzymartige Blasen übernehmen die Aufgabe der Zersetzung. Nur bei anhaltender Trockenheit verfällt der Schleimpilz in eine Art Trockenstarre, was über Jahre dauern kann. Beim nächsten Regenguss saugen sich die Myxomyceten voll und leben wieder auf. Dank robuster Zellwände können manche Schleimpilze über viele Jahrzehnte ruhen um dann wieder neu zu entstehen. Die einzellige Lohblüte (Fuligo septica) mit der Struktur eines Putzschwammes. In Japan wurden mit Schleimpilzen Versuche unter- nommen, das Verkehrsnetz von Tokio und seinen Nachbarstädten mit Haferflocken zu simulieren. Dabei wurde festgestellt, dass es dem Schleimpilz ziemlich genau gelang, dass es fast genau dem Schienennetz im Großraum Tokio entsprach. Die Trassen wurden sogar noch effizienter dargestellt, als Trassenplaner sich in jahrzehntelanger Arbeit ausgedacht haben. Da könnten wir ja in Deutsch- Blutmilchpilz (Lycogala epidendrum) neben Schneckenhaus land Schleimpilze als kostenlose Berater für eine auf zersetztem Holz. effiziente Verkehrsplanung einsetzen. Setzt man Physarum polycephalum in ein Laby- rinth, findet der schlaue Schleimer einen Weg hin- durch zum Futterhaufen. Besonders beliebt als Nahrungsquelle für den Laborversuch sind Hafer- flocken. Dabei findet der schlaue Schleimer den Weg durch das Labyrinth, sendet Probesträn- ge um die Ecken und Kanten herum, lässt eine Schleimspur hinter sich. Erreicht er das Ziel, zieht er die ganze Zelle nach. Die Einzeller legen dabei Fähigkeiten an den Tag, die man auch viel höher entwickelten Lebewesen nicht unbedingt zutrau- en würde. Stemonitopsis typhina auf Totholz.
Natur + Landschaft - 10 - ansporn Frühjahr/Sommer 2021 Wie Experimente zeigten, sind Myxomyceten so- früher ausgerottet. Eine Wiedereinbürgerung ge- gar in der Lage, zu lernen und ihr Wissen weiter- staltet sich auch wegen zum Teil erheblicher Wi- zugeben, zum Beispiel beim Überwinden von Hin- derstände recht schwierig. Obwohl zur Verbesse- dernissen. Das einstige Desinteresse gegenüber rung der Lebenssituation dieser Arten und deren Schleimpilzen hat in den vergangenen Jahren Lebensräume viele gute Vorschläge gemacht umgeschlagen zu einem Hype. Forscher erhoffen werden, hapert es an der Umsetzung. sich Erkenntnisgewinne, weil die Schleimpilze so Nun taucht so ein kleiner Virus beim Menschen anders sind. Es wird wissenschaftlich versucht, auf, der in einer noch nie gekannten Form den den Übergang von Ein- zu Vielzellern erklären zu Menschen befällt und zu schweren Schäden führt können, um ein wichtiges Kapitel der Evolutions- oder gar den Tod zur Folge hat. Der Virus macht geschichte fortzuschreiben. dadurch den Rang des Menschen streitig, über Was kann nun der Mensch von den ersten ur- allem erhaben zu sein. Ob es gelingt, auch die- sprünglichen Lebewesen lernen? Prof. Harald sen Virus zu besiegen ist derzeit noch unklar. Ob Lesch hat die Entwicklungsgeschichte der Erde Impfungen den gewünschten Erfolg bringen, wird anhand der Größe eines Fußballfeldes erklärt. sich erst zeigen. Bisher wurde der Pandemie al- Wenn man von einem Tor zum anderen geht, war lerdings nicht mit dem nötigen Ernst begegnet. zuerst die Erde, die sich formte und stabilisiert. Außerdem ist noch nicht genau bekannt wie der Nach und nach entwickelte sich Leben und wur- Infektionsweg vonstattengeht. Die bisherigen de durch die unterschiedliche Zusammensetzung Maßnahmen führten offensichtlich nicht zu dem der Gase geprägt. Auf den letzten Metern im geg- gewünschten Erfolg. Das bedeutet aufgrund nerischen Strafraum entwickelten sich nach dem der Einschränkungen bereits für viele Menschen Aussterben der Dinosaurier Säugetiere. Erst auf durch Arbeitslosigkeit den finanziellen Ruin mit den letzten Zentimetern vor der Torlinie tauchte ungewissem Ausgang. Es wird behauptet, dass der Mensch auf. Trotz der sehr kurzen Zeit hat der wenn es dem Menschen schlecht geht, der Er- Mensch die Erde so verändert wie kein anderes findergeist auflebt. Scheinbar geht es uns noch Lebewesen. Durch die technische Entwicklung nicht so schlecht, denn die Umsetzung von guten wurden Bodenschätze in großem Maße abge- Ideen lässt in der Pandemie noch auf sich warten. baut. Zur Herstellung von Metallen konnte man Nun ist zu beobachten, dass es viele Menschen zuerst nur Holz verwenden, was schon eine ge- gibt, die in ihrer Hilflosigkeit auf die Straße gehen waltige Veränderung in unserer Landschaft be- und ihren Unmut über die geforderten Beschrän- deutete. Zeitweise gab es in Bayern kaum mehr kungen zum Ausdruck bringen. Dazu passt der Wald. Erst durch den Abbau und die Verwertung Spruch des Kabarettisten Dieter Hildebrandt, der der Kohle ging es durch gezielte Aufforstungen einst sagte: Und die dürfen wählen? Ja, sie ha- dem Wald wieder besser. ben gewählt. Nun sitzen welche, wo sie keiner Die Kohleverbrennung führte aber zu einer gewal- haben möchte. Da hilft es auch nicht, wenn man tigen Luftverschmutzung. Durch die massenhafte wie der Teufel mit seinem Pferdefuß stampfend Herstellung von Waffen durch Kohle kam es zu das Rednerpult im Parlament verlässt, weil man zwei verheerenden Weltkriegen im 20. Jahrhun- kein Gehör findet. Auch in den Medien, Internet- dert. Beim späteren Wiederaufbau wurde durch plattformen werden abstruse Gedanken massen- ergiebige Funde die Energieverwendung nach haft verbreitet. Wahrheit wird zur Lüge, Lüge zur und nach auf Erdöl und Erdgas umgestellt. Die Wahrheit um es vereinfacht auszudrücken. Dem- Industrie entwickelte sich dadurch rasant zu ei- nach wäre alles nur eine „Infaketion“? Wir müs- nem heute noch nicht abzusehenden Ausmaß. sen aufpassen, dass wenn die Intelligenz versagt, Die Weltbevölkerung stieg auf eine bisher nicht nicht die Dummheit das Regiment übernimmt. bekannte Größe. Durch den Siedlungsdruck, die Aber das hilft alles nichts, wenn wir uns den He- Ausbeutung von Bodenschätzen und das Ver- rausforderungen nicht stellen und stattdessen brennen von fossilen Brennstoffen hat sich die durch den herrschenden Ungeist die Situation Atmosphäre verändert und wurden zum Teil gro- noch verschlimmern. Wähnen sich manche in ei- ße Schäden an der Natur angerichtet. Dem Men- ner Diktatur, ohne scheinbar zu wissen was das schen gefährlich werdende Tiere wurden schon wirklich ist, und lassen den braunen geistigen
ansporn Frühjahr/Sommer 2021 - 11 - Natur + Landschaft Muff von 1000 Jahren wieder aus der Flasche, weisen, um diese zu verstehen. Denn in der Natur der schon genug Unheil anrichtete. Tauchen da hat alles seinen Sinn. Nur müssen wir das auch plötzlich Querdenker auf. Sie sind Menschen, die verstehen wollen. Wenn nicht, wird die eigentliche eigenständig und originell denken und deren Ide- Pandemie, der menschliche „Gierus“, das größ- en und Ansichten oft nicht verstanden oder ak- te Problem mit all seinen schlimmen Folgen sein. zeptiert werden. Sie halten sich zwar dafür, haben Kann man letztendlich nichts dagegen machen, aber vergessen, dass in diesem Wort das Wort weil der Mensch einfach so ist? Zumindest wird „-denken“ steht, was bei ihrer Verhaltensweise auch den Schleimpilzen eine gewisse Gier bei der vermisst wird. Drücken sich hier nur Lebensängs- Nahrungssuche nachgesagt. Schäden für die Na- te aus oder soll unsere Gesellschaft destabilisiert tur entstehen in diesem Fall für die Natur nicht. Es werden? Da fällt einem ein dazu passendes Zitat handelt sich dabei um ein perfektes natürliches ein: Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen ha- Recyclingsystem, wie dies dem Menschen bisher ben und den Mund halten! in keiner Weise gelungen ist zu realisieren. Was unterscheidet nun unsere Schleimer von den Menschen? Sie haben etwas, um über einen so langen Zeitraum ohne Hirn zu überleben. Davon hat der Mensch zwar genug, ist aber scheinbar nicht in der Lage es so zu gebrauchen, dass das Überleben für die Zukunft gesichert ist. Durch die derzeitige Pandemie werden andere größe- re Probleme auf die lange Bank geschoben und scheinen nicht mehr wichtig zu sein. Klima, Ur- waldabholzung, Vermüllen der Landschaft und Meere, Verkehrsprobleme, Chemieeinsatz in der Landwirtschaft, Fleischproduktion und vieles mehr treten in den Hintergrund. Der Flächen- fraß mit unwiederbringlicher Versiegelung des Fadenstäubling. (Stemonitis axifera) Bodens, hohem Landschaftsverbrauch und Ver- schandelung derselben stellt eine Kriegsführung Wenn es Ihnen persönlich einmal nicht so gut gegen die Natur dar. Im Landkreis Neumarkt fin- geht und sie im Wald solche rätselhaften Schlei- det derzeit ein regelrechtes Wettrüsten unter den mer entdecken, machen Sie sich Gedanken, wie Gemeinden statt. Heben da Gemeinderäte bei diese so lange ohne Hirn überleben konnten. Das der Abstimmung mit Freuden die Hand, wenn es würde auch uns helfen. Denn wenn wir beim Bei- wieder um neue Ansiedlungen von Gewerbe geht, spiel Fußballfeld bleiben, sind wir vor die Tatsa- bei dem im Vorfeld viel versprochen wird und man che gestellt, ob wir den Ball wirklich einmal im den Verlockungen nicht widerstehen kann. Natür- Netz sehen oder nicht. Es sollte unser Ziel sein. lich bewegt sich alles im gesetzlichen Rahmen. Aber wir können nicht noch Jahrmillionen war- Flächenfraß? – doch nicht in unserer Gemeinde. ten, bis uns die Evolution zu einer anderen Hand- Hauptsache, es spült viel Geld in die Gemeinde- lungsweise hin entwickelt. Zum Abschluss noch kasse. Jetzt wäre Zeit darüber nachzudenken, ein Satz eines Freundes, der fast jeden Tag beruf- was man nicht nur ändern kann, sondern drin- lich in der Natur ist: Die Natur ist voll im Wandel. gend muss, um Spätfolgen zu vermeiden, die von Das ist alles sehr spannend und der Mensch ge- den Entscheidungsträgern heute nicht beachtet langt langsam an die Grenzen seines Tuns. Dem werden. Denn sie wissen nicht, was sie der Na- ist nichts mehr hinzuzufügen. tur antun. Alibi-Ersatzmaßnahmen sind meist nur eine Augenwischerei. Christian Wolf Selbst wenn der Virus überstanden sein wird, geht dann alles wieder so weiter wie bisher und wird all das Versäumte schnell wieder nachgeholt? Man kann immer wieder auf die Reaktion der Natur hin-
Natur + Landschaft - 12 - ansporn Frühjahr/Sommer 2021 Die Blauflügelige Prachtlibelle gilt als Indikator für saubere Gewässer. Vor den Renaturierungen kam sie an der Sulz nicht vor. (Foto: Georg Knipfer) Umrahmt von Zeugenbergen erstreckt sich das Sulztal als ebene, offene Landschaft im Westen und Südwesten von Neumarkt. Die Sulz entspringt an den Südhängen des Tyrolsbergs und fließt in Nord-Süd-Richtung durch den westlichen Teil des Landkreises Neumarkt i.d.OPf., bis sie schließlich südlich von Berching in den Main-Donau-Kanal mündet. Mit der Flurbereinigung in den 1960er Jahren veränderte sich das Sulztal grundlegend. Die Die Sulz samt Nebengewässern wurde komplett begradigt und floss seitdem als befestigtes Ge- rinne durch eine von intensiver Landwirtschaft ge- prägte Landschaft. Sulz lebt! Beispielhafte ökologische Umgestaltung der begradigten Sulz mit Nebengewässern Vorher: Befestigte und begradigte Sulz bei Wettenhofen (Foto: LPV Neumarkt)
ansporn Frühjahr/Sommer 2021 - 13 - Natur + Landschaft Nachher: Sulz bei Sondersfeld nach der Renaturierung (Foto: LPV Neumarkt) Bereits seit 1997 führt der Landschaftspflegever- der Sulz eine umfassende Aufnahme der Pflan- band Neumarkt i. d. OPf. unter dem Motto „Die zen und ausgewählter Tiergruppen vorgenom- Sulz lebt!“ zusammen mit den Anliegergemeinden men, mit dem Ergebnis: Die Sulz lebt (wieder)! Im Berngau, Freystadt, Mühlhausen und Sengenthal Zuge der Erhebung konnten an den damals neun ökologische Umgestaltungsmaßnahmen durch. renaturierten Abschnitten insgesamt 268 Pflan- Stück für Stück wird die Sulz samt ihrer Zuflüsse zen- und 148 Tierarten nachgewiesen werden. im Gebiet zwischen Berngau, Wettenhofen und Darunter insgesamt 20 Arten, die auf der Roten Reichertshofen aus ihrem engen Korsett befreit Liste der gefährdeten Tier- und Pflanzenarten und Raum für eine natürliche, eigendynamische Bayerns (ohne Vorwarnliste) geführt werden. Die Gewässerentwicklung geschaffen. Mittlerweile Erfolgskontrolle zeigt einen deutlichen Anstieg ist die Sulz in 13 Abschnitten auf zwölf Kilome- der Artenvielfalt aufgrund der bisher durchgeführ- tern Lauflänge naturnah umgestaltet. Insgesamt ten Renaturierungsmaßnahmen auf. Der überwie- 31 Hektar sind in die Renaturierungsmaßnahmen gende Teil der bedrohten Tier- und Pflanzenarten mit einbezogen und stehen nun wieder als natür- muss nach der Renaturierung in das Gebiet ein- licher Hochwasserrückhalteraum und wertvoller gewandert sein, denn vorher waren Vorkommen Lebensraum für die Tier- und Pflanzenwelt zur dieser Arten am Oberlauf der Sulz nicht bekannt. Verfügung. Im Frühling und Sommer 2020 wurde die Erfas- sung der Tier- und Pflanzenarten an den alten und Die Sulz lebt neuen renaturierten Bereichen der Sulz und Lach Seit Beginn des Vorhabens wird die Entwick- wiederholt. An den inzwischen 13 umgestalteten lung der renaturierten Bereiche dokumentiert. Abschnitten konnten insgesamt 306 Pflanzen- So wurden bereits 1997/1999 erste Erfassungen und 197 Tierarten erfasst werden. Davon sind ausgewählter Tierarten an den frühen Renaturie- 44 Arten auf der Roten Liste Bayern (ohne Vor- rungsabschnitten durchgeführt. 2008 wurde dann warnliste) geführt. Die Zahlen zeigen, dass sich erstmals an allen bis dato renaturierten Bereichen inzwischen wieder ein erstaunliches Spektrum
Natur + Landschaft - 14 - ansporn Frühjahr/Sommer 2021 1997/1998 2013/2014 1999 2003 2018/2019 2000 2000 2009/2010 2006 2000 und 5 2002/2003 2010/2011 2004 renaturierte Abschnitte mit Jahr der Umsetzung
ansporn Frühjahr/Sommer 2021 - 15 - Natur + Landschaft Der stark gefährdete Wegerich-Scheckenfalter profitiert von der extensiven Bewirtschaftung der Wiesen entlang der Sulz (Foto: Georg Knipfer) an Tier- und Pflanzenarten an der Sulz und ihren randstreifen typische Arten der feuchten Hoch Nebengewässern angesiedelt haben. Besonders staudenfluren ein, während sich in Bereichen mit erfreulich ist, dass eine Vielzahl an gefährdeten angeschwemmten Sandüberlagerungen Arten Arten hier wieder einen geeigneten Lebensraum der trockenen Sand-Magerrasen etablieren. Im gefunden hat. Laufe der Zeit kommen vermehrt Gehölze auf, die sich ohne menschlichen Eingriff hin zu Auwald- Die Sulz im Wandel bereichen entwickeln. So verändert sich die der Die Renaturierung der Sulz geht nicht von heute Bach mit seinen Ufern und Randbereichen über auf morgen. Nur dort, wo Flächen zur Verfügung die Jahre und dabei auch die Tier- und Pflanzen- stehen oder angekauft werden können, kann auch welt. renaturiert werden, denn ein naturnaher Bach braucht viel Platz. Aufgrund der zeitlichen Staf- Anspruchsvolle Libellen finden wieder einen felung der Umsetzung gibt es an der Sulz und an Lebensraum der Lach Renaturierungsabschnitte unterschied- Besonders Libellen reagieren sehr schnell positiv lichster Entwicklungsstadien. Die Wiederholung auf Renaturierungsmaßnahmen an Bächen. Die der Erfolgskontrolle im Jahr 2020 bildet genau Erfolgskontrolle 2008 zeigte einen sprunghaften diesen Umstand ab: Die Sulz ist im Wandel! Anstieg der Libellenarten entlang der renaturier- Direkt nach der Umsetzung der Maßnahmen be- ten Abschnitte von ausgangs wenigen, haupt- siedeln sogenannte Pionierarten die renaturierten sächlich anspruchslosen Arten auf insgesamt 33, Bereiche. Durch den Eingriff bestehen zu Beginn darunter viele hochwertige Fließgewässerarten. noch viele offene Bodenstellen mit Sandbänken, Die Blauflügelige Prachtlibelle kam beispielswei- auf denen einzelne Pflanzen und Tiere erst lang- se bis Ende der 1990er Jahre am Oberlauf der sam Fuß fassen. Durch natürliche Sukzession Sulz nicht vor. Mittlerweile zählt sie hier zu den stellen sich dann mit der Zeit an den Gewässer- häufigen Fließgewässerarten. Da besonders ihre
Natur + Landschaft - 16 - ansporn Frühjahr/Sommer 2021 Larven recht hohe Ansprüche an ihren Lebens- lichen Nutzung im Umfeld der Renaturierungen. raum stellen, gilt die Art als Indikator für saube- Durch eine extensive Bewirtschaftung der Wiesen re Gewässer. Die Renaturierungsmaßnahmen in der Aue sollen sich langfristig wieder für den fördern die Selbstreinigungskraft der Sulz und Lebensraum typische, artenreiche zweischürige führen zu einer verbesserten Wasserqualität. Das Talwiesen entwickeln. Die Vegetationsaufnahmen fördert die Artenvielfalt im und am Gewässer. im Jahr 2020 zeigen, dass die Wiesenflächen im Auch bei der Erfassung 2020 konnten wieder 33 Gebiet bereits deutlich magerer und blütenreicher Libellenarten nachgewiesen werden, doch im Ver- geworden sind. Dadurch besiedeln zunehmend gleich ist eine leichte Verschiebung innerhalb des auch seltenere Arten das obere Sulztal. Der in Artenspektrums erkennbar. Aus vielfältigen Grün- Bayern stark gefährdete Wegerich-Scheckenfalter den, wie zum Beispiel das Fehlen von Bereichen hat sich beispielsweise inzwischen an fast allen mit Pionierstadien und offenen Bodenstellen auf- Renaturierungsabschnitten der Sulz und Lach an- grund der natürlichen Sukzession, dem flächen- gesiedelt. haften Aufstau des Bibers an vielen Bereichen der Sulz und eine durch die Trockenheit der letzten Jahre bedingte, verminderte Abflussmenge, ist ein leichter Rückgang bei den Libellenarten der Fließgewässer zu verzeichnen. Die Libellenarten der neugeschaffenen Feuchtmulden verzeich- nen hingegen weiterhin eine positive Entwick- lung. 2020 konnte beispielsweise erstmals die stark gefährdete Kleine Binsenjungfer an der Sulz westlich von Berngau nachgewiesen werden. Die anspruchsvolle Art profitiert von den im Rahmen der Renaturierung angelegten Tümpeln und Mul- Der Kiebitz brütet in den angrenzenden Feuchtwiesen entlang den entlang der Sulz und Lach. der renaturierten Sulz und Lach (Foto: Verena Rupprecht) Positive Entwicklung bei den Brutvögeln Bereits die Erfassung von 2008 verdeutlichte, wie stark Brutvögel von den Renaturierungsmaßnah- men profitieren. Viele Arten, die vorher an der Sulz keine geeigneten Brutmöglichkeiten vorfanden, sind zurückgekehrt. Damals konnten 40 Brutvo- gelarten nachgewiesen werden, darunter auch einige stark bedrohte Arten wie Kiebitz, Rebhuhn oder Eisvogel. Die Erfassung 2020 zeigt mit 55 nachgewiesenen Brutvogelarten einen weiterhin positiven Trend 2020 konnte die stark gefährdete Kleine Binsenjungfer an der auf. Erfreulich ist, dass typische Feldbrüter wie Sulz erstmals nachgewiesen werden. Sie profitiert von den Kiebitz, Rebhuhn, Wachtel und Feldlerche in ähn- im Rahmen der Renaturierung angelegten Mulden lichen Beständen wie 2008 vorkommen. Diese (Foto: Georg Knipfer) Arten weisen landesweit starke Rückgänge auf Extensivgrünland fördert Vielfalt der Tagfalter und sind auf der Roten Liste als gefährdet einge- Auch das Monitoring der Tagfalter zeigt eine po- stuft. An den renaturierten Abschnitten der Sulz sitive Bestandsentwicklung auf. 2008 konnten und der Lach profitieren sie unter anderem von bereits 30 Schmetterlingsarten nachgewiesen der extensiven Bewirtschaftung der angrenzen- werden, 2020 sind es sogar 40 Arten, die die Re- den Wiesen. naturierungsabschnitte und die angrenzenden Durch die Renaturierungen entstehen komplexe Wiesen besiedeln. Die Tagfalter profitieren hierbei Biotope mit einer höheren Strukturvielfalt und besonders von der Umstellung der landwirtschaft- einem Mosaik unterschiedlicher Lebensräume.
ansporn Frühjahr/Sommer 2021 - 17 - Natur + Landschaft Dies spiegelt sich auch in den Untersuchungs- tenden Fließgewässerabschnitte. Es ist eine ab- ergebnissen wider. Neben den Brutvögeln des wechslungsreiche, erlebnisreiche Bachlandschaft Extensivgrünlands besiedeln vermehrt gehölz- entstanden, die einen vielfältigen Lebensraum für besiedelnde Arten und Arten der Stauden- und viele Tier- und Pflanzenarten bietet. Durch die Hochstaudenfluren die Uferbereiche der Sulz und Renaturierung sind zahlreiche Tritt stein biotope Lach. Viele dieser Vogelarten kamen vorher nicht als wichtige Elemente für den Biotopverbund im oder nur sporadisch im Gebiet vor. Der in Bay- Sulztal entstanden. ern auf der Vorwarnliste geführte Neuntöter ist Die zukünftige Entwicklung der Artenvielfalt ist beispielsweise inzwischen an fast allen Renatu- dabei stark von der Pflege der renaturierten Be- rierungsabschnitten der Sulz und Lach zu finden. reiche abhängig. Durch gezielte Maßnahmen sol- Die Art bevorzugt halboffene, durch Gebüsch- len zukünftig verschiedene Sukzessionsstadien gruppen strukturierte Landschaften, die genü- und Lebensraumtypen erhalten beziehungsweise gend exponierte Sitzwarten für die Jagd bieten. wieder neu geschaffen werden, um den unter- Diese findet er ausreichend in den üppigen Hoch- schiedlichen Ansprüchen der verschiedenen Ar- staudenfluren und aufkommenden Gehölzen ent- ten gerecht zu werden. lang der Renaturierungsabschnitte. Besonders erfreulich ist der Neunachweis des stark gefähr- deten Wendehals an der Lach bei Reichertshofen. Die Renaturierungsabschnitte werden auch von vielen durchziehenden Vogelarten, wie Silberrei- her oder Bekassine, und von Nahrungsgästen wie Rotmilan, Rohrweihe oder Baumfalke aufgesucht. Besonders erfreulich ist der Nachweis des sehr seltenen Wen- dehals an der Lach bei Reichertshofen (Foto: Georg Knipfer) Und auch der Mensch profitiert von den Renaturie- rungen durch eine verbesserte Gewässerstruktur, einen natürlichen Hochwasserrückhalt und einen erheblich gestiegenen Erholungswert des Sulztals durch eine lebendigere Landschaft. Ob zu Fuß oder mit dem Fahrrad - überzeugen Sie sich selbst! Die Ergebnisse der Kartierung und Infos zum Projekt „Die Sulz lebt!“ sind in einem neu aufgelegten Info- blatt des Landschaftspflegeverbands anschaulich aufbereitet. Der Flyer steht zum Download auf der Homepage des Landschaftspflegeverbands Neu- markt i. d. OPf. e. V. (www.lpv-neumarkt.de) zur Ver- fügung und ist zudem in der Geschäftsstelle (Neuer Markt, Nürnberger Straße 2a, 92318 Neumarkt; Te- Der Neuntöter findet wieder genügend exponierte Sitzwarten lefon: 09181/ 470-311) sowie in den Rathäusern der zur Jagd an der renaturierten Sulz (Foto: Hubert Schraml) Projektgemeinden Berngau, Freystadt, Mühlhausen Wichtige Biotopverbundsachse entsteht und Sengenthal erhältlich. Aus floristischer und faunistischer Sicht ergibt sich eine erhebliche Aufwertung der renaturierten und Tina Koschatzky ehemals naturschutzfachlich nahezu unbedeu- Landschaftspflegeverband Neumarkt i.d.OPf. e.V.
Natur + Landschaft - 18 - ansporn Frühjahr/Sommer 2021 Die Gewöhnliche Robinie (Robinia pseudoacacia) – Baum des Jahres 2020 In ihrer nordamerikanischen Heimat, den Wäldern der südlichen Appalachen und des Ozark-Plate- aus westlich des Mississippis, ist sie eine unter vielen Baumarten – eine, die sich nicht beson- ders hervortut. Lediglich nach einem Brand oder Sturm – da ist sie der Pionier, der die verwüstete Fläche schnell und meist vollständig besiedelt, um dann nach zwei bis drei Jahrzehnten den üb- rigen dort heimischen Baumarten nach und nach wieder ihren Platz einzuräumen. In Deutschland wurden die ersten Robinien 1670 gepflanzt. Robinien besiedeln sehr schnell selbst die un- wirtlichsten Lebensräume. Das Geheimnis ih- res Erfolges steckt unter der Erde. Sogenannte Knöllchen-Bakterien, die an der Wurzel leben, fixieren Luftstickstoff, und dieser reichert sich im Boden an. Diese Eigenschaft ist typisch für Hül- senfrüchtler (Leguminosen). Für stickstoffarme Gewöhnliche Robinie Naturräume wie Magerrasen oder Binnendünen ist das ein Problem, da die Anreicherung speziali- sierte Pflanzenarten verdrängt und sich stattdes- sen „Allerweltsarten“ ansiedeln. Die Robinie ist außerdem im Stande, sich durch Wurzelschöss- linge vegetativ zu vermehren, die letztlich zu einer Verdichtung bereits bestehender Bestände führt, und hat unliebsame Dornen. Mit 0,1 Prozent ist der Anteil der Robinie in deut- schen Wäldern verschwindend gering und soll es auch bleiben. Doch wo die Baumart sich etabliert hat, ist sie nahezu unverwüstlich. Die Robinie steht daher auf der Liste der Baum des Jahres invasiven Baumar- ten. Tolerant ge- 2020 + 2021 genüber Salz und Luftverschmutzung, kommt die Robinie mit städtischem Kli- Der Baum des Jahres hat 2020 Pandemie be- ma und schwierigen dingt nicht rechtzeitig den Weg in unser AN- Bodenverhältnissen SPORN-Magazin gefunden. Christian Wolf stellt gut zurecht. Imker Ihnen daher in einer Doppelausgabe den Baum lieben die Robinie, des Jahres 2021 und seinen Vorgänger aus dem da die cremewei- Jahr 2020 vor. ßen Blüten reichlich Robinienwald in Neumarkt am Nektar geben. Weinberg Richtung Lähr.
ansporn Frühjahr/Sommer 2021 - 19 - Natur + Landschaft Die gelegentlich mit der Akazie verwechselte Robinie – deshalb auch „Scheinakazie“ genannt – zierte im 17. Jahrhundert zunächst Barockgär- ten und Parks. Bald fand sie aufgrund ihres unge- wöhnlich harten Holzes Verwendung im Gruben- bau. Als Pionierbaumart beeindruckt sie durch ungewöhnlich schnelles Wachstum in den ersten Lebensjahrzehnten. Ihr zähes Holz ist sehr witte- rungsbeständig und damit auch im Freien gut ver- wendbar, zum Beispiel für den Bau von Brücken, Gartenmöbeln, Spielplatzgeräten und Terrassen. Robinie im Siedlungsbereich. ter unter den heimischen Hölzern, was Langlebig- keit und Energiegehalt betrifft. Es wird auch be- reits nach neuen Mög- lichkeiten geforscht und getestet. Dabei geht es um Kurzumtriebsplanta- gen auf landwirtschaft- lichen Grenzertragsbö- den und auf Flächen, die Robinie in Paris 1601 gepflanzt. der Braunkohletagebau Borke der Robinie. hinterlassen hat. Und Diese 1601 gepflanzte Robinie steht am Square es geht auch um effizi- Rene Viviani-Montebello unweit der Notre Dame entere Nutzungsmodelle für solche Robinienbe- in Paris. Die Baumhöhe beträgt ca. 11 Meter bei stände, die in den Wäldern bereits seit langem einem Stammumfang von 3,85 Meter, und sie ist vorhandenen sind, aber die holzwirtschaftlichen auch der älteste Baum in Paris. Erwartungen bislang enttäuscht haben. Die Robinie als Baumart zur Überwindung der Mit Blick auf die fortschreitende Klimaerwärmung Klimaerwärmung ist keine gute Wahl. Denn dazu könnte die Robinie nun nach über 300 Jahren er- braucht man Jahrzehnte um die Schadflächen neut zum Hoffnungsträger werden. Ist sie doch er- aufzuforsten. Außerdem, was wollen wir über- staunlich hitze- und trockenheitstolerant, wächst haupt mit dieser Baumart? Es bleibt nur der Weg, ungewöhnlich schnell, und ihr Holz ist Spitzenrei-
Natur + Landschaft - 20 - ansporn Frühjahr/Sommer 2021 Die Stechpalme wirkt wie eine Exotin in unserer mitteleuropäischen Landschaft. Alle heimischen Laubbäume werfen hier im Herbst ihre Blätter ab. Die Stechpalme tut es nicht. Sie ist immergrün und behält ihre Blätter sommers wie winters, jedes über drei Jahre und länger. Ungewöhnlich sind auch ihre satt dunkelgrün glänzenden Blätter. Sie sind led- rig-steif und haben einen welligen und mit unange- nehm spitzen Stacheln bewehrten Blattrand. Diese Beschaffenheit haben sie aber nur im unteren Be- reich. Aus dem Äser des Wildes entwachsen, wer- den die Blätter glattrandig ohne Stacheln. Knorrige alte Robinie. Nicht wenige werden sich fragen, ob sie über- die notwendigen Maßnahmen zur Klimaverbesse- haupt ein Baum ist. Man kennt sie doch eher als rung zu schaffen, damit auch heimische Baumar- ein strauchartiges Gehölz in Laubwäldern, meist ten wieder gut wachsen können. Dabei wird es ein, zwei Meter, gelegentlich auch mal bis zu fünf möglicherweise zu einer Verschiebung der Bau- Meter hoch, doch eher in die Breite gehend, um- martenzusammensetzung in unseren Wäldern geben von Ablegern aus bewurzelten Seitenästen kommen. Fremdländische Baumarten als Ersatz und ausgetriebenen Wurzelsprossen. Die Antwort für angestammte autochthone Arten zu pflanzen, ist einfach: Die Stechpalme kann beides – Baum ist keine Lösung der Klimaprobleme. oder Strauch sein – abhängig von den Lichtver- hältnissen. Auf sehr lichten Waldstandorten oder in Die Stechpalme Grünanlagen oder Gärten – dort kann man sie se- (Ilex aquifolia) – hen, hoch aufgeschossen, oft mit einem geraden, Baum des Jahres 2021 bis in die Spitze ziehenden Stamm, vom Wuchs her an die kegelförmige Gestalt von Nadelbäumen erinnernd. Zehn Meter, seltener auch bis fünfzehn Meter hoch können sie hier werden. Die Stechpal- me – wenn auch nicht gerade ein Gigant – ist somit doch zweifelsohne ein Baum. Früchte der Gemeinen Stechpalme. Die kugeligen, 7-10 mm breiten, gestielten Stein- früchte sind ab Juli grün, später leuchtend rot. Vö- gel, vor allem Drosseln, aber auch Tauben fressen sie, allerdings eher als Notnahrung; die Früchte blei- ben daher nach milden Wintern oft bis zur nächsten Blüte und länger am Baum. Die Steinfrüchte sind auch in geringen Mengen für den Menschen giftig Gemeine Stechpalme (Ilex aquifolia) aus Thome Flora. und können zu mittelschweren Vergiftungen führen.
ansporn Frühjahr/Sommer 2021 - 21 - Natur + Landschaft Die Ostgrenze ihrer natürlichen Verbreitung zieht sich in Deutschland diagonal etwa von der Oder- mündung bis ins Saarland. Weiter südlich kommt sie noch in voneinander getrennten Wuchsgebie- ten im Pfälzerwald, im Schwarzwald und am Nor- drand der Alpen vor. Aber ansonsten ist es der Stechpalme jenseits dieser Linie für ein dauer- haftes Überleben in der freien Natur oft zu frostig oder zu trocken. Aber auch diesseits der Linie braucht sie meist den klimatischen Schutz höherer Bäume. Man trifft sie daher in Deutschland nur recht selten und vereinzelt auf Heiden und anderen baumfrei- en Flächen an. Lediglich in England und Irland mit ihrem rundum atlantischen Klima gibt es auch Stechpalmenbestände, die ohne jegliche schüt- zende Baumschicht gut zurechtkommen. Ilex auf der Unteren Lauchalpe bei Steibis im Allgäu auf 1070 m. Die Stechpalme wuchs schon vor über zwei Mil- lionen Jahren hier auf diesem damals allerdings deutlich wärmeren Kontinent, und zwar in einer subtropischen Waldgesellschaft, wie sie heute in Europa nur noch auf den geologisch bereits zu Afrika gehörenden Kanarischen Inseln zu finden ist. Die Stechpalme ist aber trotz des sich abküh- lenden Klimas in Europa geblieben. Sie hat sich in die sich ändernden Lebensverhältnisse eingelebt und nur während der periodisch auftretenden Eis- zeiten in den Südwesten der Iberischen Halbin- sel zurückgezogen. Eine Exotin ist sie also nicht, aber doch immerhin ein bemerkenswertes Relikt aus einem anderen Erdzeitalter. Stechpalme vor dem Schloss in Trippstadt Aus dem harten, zähen und gut polierfähigen Ilexholz werden zum Beispiel Schirm- und Geh- stöcke gefertigt. Franz Liszt hatte einen, Johann Wolfgang von Goethe sogar zwei schmucke Spa- zierstöcke, die aus kräftigen, nicht entrindeten Stechpalmen-Schösslingen gefertigt waren. Sie Stechpalme in der Rheinaue bei Umkirch in Baden-Württemberg. sind im Goethe-Haus in Weimar zu besichtigen.
Natur + Landschaft - 22 - ansporn Frühjahr/Sommer 2021 Insgesamt ist das zunächst weiß-grünliche, spä- gel vier Blütenblätter. In den Blüten ist das jeweils ter grau-weiße Stechpalmenholz gut geeignet für andere Geschlecht (Staubgefäße, Griffel) in ver- Drechsel-, Furnier- und Intarsienarbeiten. Da es kümmerter Form noch zu erkennen. Die Bestäu- sich gut und dauerhaft schwarz beizen lässt, wird bung findet durch Käfer, Fliegen, Schwebfliegen, es auch als Ebenholzersatz verwendet. Früher Wespen und Bienen statt. wurde es wegen seiner Härte und Zähigkeit auch für Zahnräder, Flaschenzüge und Werkzeugstiele verwendet. Gepflanzte Stechpalme auf dem Friedhof in Wappersdorf. Ilex von Matthioli 1580 Die Stechpalme ist zweihäusig, d.h., männliche Es gibt heute eine kaum überschaubare Fülle und weibliche Blüten befinden sich auf getrenn- von Gartenformen der Stechpalme. Meist sind es ten Bäumen; Blütenknospen stehen dicht ge- weibliche Sorten, damit sie auch die dekorativen drängt in den Blattachseln. Die Stechpalme blüht roten Früchte im Herbst und Winter tragen. In der im Mai, gelegentlich bis in den Juni hinein. Ihre Oberpfalz gibt es keine natürliche Verbreitung der Blüten sind bis etwa 8 mm groß, weiß, meist zart Stechpalme. Sie kommt bei uns nur in Gärten und rötlich oder cremefarben, und haben in der Re- Parks vor. In dichten Laubwäldern entwickelt sich der im- mergrüne Baum strauchförmig bis 5 m, oft zu ei- nem Gebüsch aus Wurzelsprossen und sich be- wurzelten Seitenzweigen auswachsend; in lichten Laubwäldern und im Freistand baumförmig bis 10, selten 15 m hoch und mit einem Stammum- fang, der nur selten 1 m überschreitet; durchge- hender gerader Stamm, Seitenäste fast waage- recht; kegelförmiger Kronenhabitus, bei alternden Briefmarke aus Däne- Weihnachtsbriefmarke aus Slo- mark mit Ilex. wenien. Bäumen oval.
ansporn Frühjahr/Sommer 2021 - 23 - Natur + Landschaft Die Blätter sind wechselständig, 6-8 cm lang und offensichtlich am wohlsten. Dort gibt es Exemp- gestielt (ca. 1-1,5 cm); die Blattoberfläche le- lare, die über 20 Meter hoch sind, und mehrere derartig, dunkelgrün und stark glänzend und an Methusalems, die wohl um die 500 Jahre alt sind. der Unterseite heller. Im unteren Kronenbereich In der heutigen menschengemachten Klimaerwär- sind die Blattränder unverwechselbar mit bis zu mung wird die Stechpalme zur Krisengewinnerin. sechzehn Blattstacheln, meist abwechselnd nach In den letzten drei, vier Jahrzehnten hat sie sich oben und nach unten zeigend, besetzt. Weiter bereits in West-Norwegen entlang der Westküste oben nehmen die Stacheln meist nach und nach weiter nach Norden und in Dänemark weiter nach ab bis hin zu völlig glattrandigen, lorbeerartigen Osten ausbreiten können. Sie hat den Sprung rü- Blättern. ber nach Südschweden geschafft. Und von ihren Vorkommen an der deutschen Osteeküste aus er- schließen sie sich mittlerweile bereits jenseits der Odermündung in Polen neue Lebensräume. Aber nicht nur an den Grenzen ihres Verbrei- tungsgebietes, sondern auch innerhalb ihres natürlichen Vorkommens wird sie von dieser Kli- maveränderung wohl profitieren. Denn als im- mergrünes, höchst schattentolerantes Unterholz in Laubwäldern läuft ihre Fotosynthese am wir- kungsvollsten in den lichtreichen Monaten des Winterhalbjahres, wenn diese Wälder ohne Laub dastehen. Lediglich an Frosttagen findet keine Fotosynthese statt. Da nun aber infolge der Kli- maveränderung die Winter milder werden und die Frühjahrstemperaturen eher ansteigen, wird das der Stechpalme sicherlich einen Vitalitätsschub bringen. Ob und wie stark sich dies auf die Aus- breitung und Dichte der Stechpalmenvorkommen innerhalb der Wälder auswirken wird, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen. Christian Wolf Newlands Grove. Eine mächtige Stechpalme wächst in Südengland in dem Eibenwald von Newlands Grove in etwa 2 m Höhe aus dem Innern einer mächtigen Eibe empor. Sind es schon sensationelle starke Eiben, aber ein Ilex dieser Dimension, noch dazu auf ei- nem anderen Baum mit Innenwurzel in der Eibe wachsend, ist eine ganz besondere Rarität. Harry-Potter-Fans werden es wissen, dass Harrys magischer Zauberstab aus einem geschnitzten Ast einer Stechpalme bestand. In Irland und England mit ihrem rundum vom At- lantik geprägten Klima fühlt sich die Stechpalme
Jugend - 24 - ansporn Frühjahr / Sommer 2021 Zusammen mit unseren zahlreichen Kooperati- onspartnern stellen wir uns aber dieser Heraus- forderung und planen optimistisch für die Zukunft. Zentrales Element dabei waren und sind die Hygie- ne- und Schutzkonzepte der Bayerischen Jugend- arbeit, die u.a. auf den Webseiten der Kommuna- len Jugendarbeit (www.koja-neumarkt.de) und des Kreisjugendrings Neumarkt (www.kjr-neumarkt.de) nachzulesen sind. Projekt „Mini Landkreis Neumarkt“ Diese zurzeit notwendigen Vorsichtsmaßnahmen erlauben es uns auch, neue Projekte vorzuplanen: so arbeitet die Kommunale Jugendarbeit momen- tan an dem Konzept für einen „Mini Landkreis Neumarkt“. Angelehnt an die bekannten Veranstal- tungen „Mini München“ und „Mini Regensburg“ wollen auch wir im Landkreis Neumarkt dieses Kommunale attraktive Bildungsprogramm für unsere jüngeren Landkreisbewohner*innen anbieten. Zusammen Jugendarbeit – mit den Jugendbeauftragten in den Gemeinden werden wir in den ersten beiden Sommerferien- wochen (02.-13.08.2021) diese Art von Spieleland- Projekt- und kreis umsetzen. Netzwerkarbeit, auch in Zeiten von Corona! Eigentlich wollte ich nicht (auch noch) über Corona schreiben: viele Menschen, Angedacht ist dabei u.a. die Zusammenarbeit darunter auch Kinder und Ju- mit örtlichen Unternehmen aus den Bereichen gendliche, sind dem Thema Handwerk, Industrie und Dienstleistungen. Wir überdrüssig oder leiden dar- von der Kommunalen Jugendarbeit setzen dabei unter. Seit knapp einem Jahr ist aber Coro- auf die alt bewährte Methode der „Win-Win Situ- na unser ständiger Begleiter, weiterhin gibt ation“. So haben die Unternehmen die Möglich- es neue Meldungen aus Politik und Wissen- keit, im Kontakt mit jungen Menschen soziales schaft, und alles hat natürlich Einwirkungen Engagement zu steigern, umgekehrt profitieren auf die Jugendarbeit. Somit kommen auch die Kinder von Einsichten in diverse Berufsfelder. wir als Jugendarbeiter nicht an Corona vor- Ebenso sind die Vereine und Verbände im Land- bei, das Thema beschäftigt uns und ist/bleibt kreis Neumarkt herzlich eingeladen am „Mini zum jetzigen Zeitpunkt eine Herausforderung. Landkreis Neumarkt“ mitzuarbeiten. Bei dieser Kooperationsmöglichkeit erhofft sich die Kom- munale Jugendarbeit sehr gute Synergieeffekte: zum einen ist bei den Vereinen und Verbänden
ansporn Frühjahr / Sommer 2021 - 25 - Jugend ein großes pädagogisches Knowhow und viel zwei Generationennetzwerkerinnen zum Wohle Empathie vorhanden, im Gegenzug können die und im Interesse unserer Kinder und Jugendli- Vereine und Verbände Nachwuchsarbeit betrei- chen. ben, in dem sie auf ihre Angebote hinweisen. Netzwerkarbeit Neben der Projektarbeit ist die Kommunale Ju- gendarbeit originär dafür zuständig, sich um die notwendigen Dienste und Einrichtungen der Ju- gendarbeit in einem Landkreis zu kümmern. Hier geht es also um die Entwicklung und den Erhalt von Strukturen und Netzwerken von Jugendarbeit und Jugendpolitik, hier ein kleiner Einblick: für die Kommunale Jugendarbeit im Landratsamt Neu- markt ist die Zusammenarbeit mit den Gemein- den von großer Bedeutung. Zentrale Ansprech- Bild: Oliver Schmidt partner für die Kommunale Jugendarbeit sind die Jugendbeauftragten, die im Landkreis Neumarkt Es lässt sich festhalten, dass an Stellen wo aus Vertreter*innen der Kommunalpolitik und aus hauptamtliches Personal in der Kinder- und Ju- Vertreter*innen der Gemeindeverwaltungen be- gendarbeit das Ehrenamt unterstützt, ein deutli- stehen. Im Interesse und im Auftrag sowohl der cher Mehrwert zu erkennen ist. Die Interessen der Kinder/Jugendlichen selbst, als auch der Funkti- Kinder und Jugendlichen werden verstärkt gehört onsträger der Jugendarbeit vor Ort, arbeiten sie und zur Umsetzung gebracht. In diesem Sinne zusammen und bringen die notwendigen Themen wünschen wir uns natürlich eine möglichst flä- voran. Die Jugendbeauftragten werden von der chendeckende Ausstattung hauptamtlicher Un- KOJA geschult und betreut, Inhalte dabei sind terstützung im Landkreis Neumarkt, die auch in z.B. Fördermöglichkeiten, Jugendschutz, Offene Krisenzeiten wie unter Corona Entlastung bietet. Kinder- und Jugendarbeit, Vereinsarbeit, Ehren- amt, Partizipation, Planung von Jugendarbeit und Wie immer gilt: Anfragen, Rückmeldungen und Strukturförderung. Ideen sind bei uns jederzeit gern gesehen, Kommunale Jugendarbeit Neumarkt, Dr.-Grundler-Str.9, 92318 Neumarkt, Tel.: 09181/470 428 oder 470 438, Mail: koja@landkreis-neumarkt.de, Web: www.koja-neumarkt.de Oliver Schmidt Kreisjugendpfleger – Kommunale Jugendarbeit Zunehmend an Bedeutung gewinnt das Thema Qualitätsentwicklung in der Kinder- und Jugend- arbeit, beispielhaft sei hier auf die Lokalen Kin- der- und Jugendpläne verwiesen, die wesentlich mit Hilfe der Gemeindlichen Jugendpfleger*innen umgesetzt und evaluiert werden. Im Landkreis Neumarkt arbeiten mittlerweile in vier Kommunen Gemeindliche Jugendpfleger*innen (aktuell sind drei Stellen ausgeschrieben!), sechs hauptamtli- che Treffmitarbeiterinnen, drei Streetworker und
Sie können auch lesen