Lehren und Lernen mit sozialen Medien - Hochschullehrerbund

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Lehren und Lernen mit sozialen Medien - Hochschullehrerbund
Ausgabe 02-2018

                                                      FÜR ANWENDUNGSBEZOGENE WISSENSCHAFT UND KUNST

     Lehren und Lernen
     mit sozialen Medien

Campusnotizen               hlb aktuell                     Aus Wissenschaft           Wissenswertes
Zellforschung im Weltraum   Neue Regelungen im              & Politik                  Urteil zur Konsumtion von
                            Urheberrecht ab 1. März         Hochschulzugang für        Berufungsleistungsbezügen
                                                            beruflich Qualifizierte

                       6                         18                               30                     34
Lehren und Lernen mit sozialen Medien - Hochschullehrerbund
2     Inhalt

    Campusnotizen                           Titelthema:                                hlb aktuell
4 HAW Hamburg: Modell für
                                            Lehren und Lernen                       20 Modernisierung des
  kompetenzorientierte Lehre im             mit sozialen Medien                        Urheberrechts: Neues
  Kommunikationsbereich                                                                Urheberrechtsgesetz für die
                                                                                       Wissenschaft gilt ab 1. März
5 Hochschule Niederrhein: Projekt
  Brutbeobachtung in Nistkästen                                                     21 hlb intern: Führungs-
                                         8 Ein bisschen Krimi hilft beim               kräftenachwuchs | Von Jochen
    Ostbayerische Technische               Lernen – Strafrecht per                     Struwe, Vizepräsident der hlb -
    Hochschulen: Projekt der               Animationsvideo | Von Prof. Dr.             Bundesvereinigung, Stv. hlb -
    Weiterbildung „OTH mind“               Ruth Linssen und Adam Khalaf                Landesvorsitzender RP
    erhält erneut 2,5 Millionen Euro
    Fördermitteln                        12 Aktivierende Lehre mit Apps –
                                            Erfahrungen aus dem Bereich des
6 Ernst-Abbe-Hochschule Jena:               bilanziellen Rechnungswesens |             Wissenswertes
  Herausforderung Raumfahrttechnik          Von Prof. Dr. Knut Henkel, Dirk
    FH Lübeck: Landtag macht Weg frei       Kersting und Prof. Dr. Gerrit Brösel    34 Alles, was Recht ist
    für erste Technische Hochschule in   16 Mit Heimatklängen und Finger-           35 Neue Bücher von Kolleginnen
    Schleswig-Holstein                      Yoga gegen Hass und Hetze im               und Kollegen
7 Hochschule Pforzheim: Social-             Netz | Von Prof. Dr. Claudia Brözel
                                                                                    36 Neuberufene
  Collaboration-Plattform als               und Henriette Pflug
  Lernumgebung für Leadership-
  Vorlesung
                                                                                       Standards
                                            Aus Wissenschaft
                                            & Politik                               3 Editorial
    Fachaufsätze
                                                                                    32 Leserbrief
                                         30 Hessen: Modellversuch zum
22 Zwei Welten im Innenleben der            Hochschulzugang für beruflich           33 Autorinnen und Autoren gesucht
   neuen deutschen Hochschule? |            Qualifizierte feiert Erfolge               & Impressum
   Von Dr. Peter-Georg Albrecht
                                         31 FIBS und HIS-HE: Start für Studie zur   38 Stellenanzeigen
26 Kooperation meets Interaktion            Entwicklung des Hochschulsystems in
   – Veranstaltungen mit                                                            40 hlb Seminartermine 2018
                                            Zeiten der Digitalisierung
   Praxispartnern im Fach
   Mobilitätsmanagement | Von               Sachsen: Alle staatlichen
   Prof. Dr. Christoph Menzel und           Hochschulen vereinbaren Regelungen
   Karsten Künnecke                         für bessere Beschäftigung

                                         Gesundheitsmanagement
                                         für Studierende
                                         Die Techniker Krankenkasse und die Landesvereinigung für Gesundheit
                                         und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen beleuchten gute Ansätze
                                         und Praxiserfahrungen im duz SPECIAL, das dieser Ausgabe beiliegt.

                                                                                                                  02 | 2018 DNH
Lehren und Lernen mit sozialen Medien - Hochschullehrerbund
Editorial      3

                                    Nur Spielkram? – Machen
                                    wir was daraus!
                                    Vermutlich haben alle von uns irgendwann schon einmal am eigenen
                                    Leibe erlebt, dass soziale Medien zu Zeitfressern werden können. Vie-
                                    lerorts haben sie inzwischen aber auch schon einen festen Platz bei der
                                    Unterstützung von Lehrveranstaltungen erobert.

                                                                         Ob Studierende mobile Geräte wie Smart-           Es kann aber auch zum Unterrichts-
                                                                         phone, Tablet & Co. in die Lehrveran-             thema werden, dass Studierende
                                                                         staltung mitbringen und zwischendurch             gemeinsam in einem sozialen Netz-
                                            Foto: hlb/Judith Wallerius

                                                                         auch „schnell mal eben“ benutzen, ist             werk aktiv werden und dort inhalt-
                                                                         schon lange keine Frage mehr. Es passiert         liche Beiträge leisten.
                                                                         einfach. Bereits vor zwei Jahren wurde in
                                                                         dieser Zeitschrift eine Studie vorgestellt,       Für jede dieser Herangehensweisen
                                                                         aus der hervorging, dass diese SmartDe-        finden Sie im vorliegenden Heft der DNH
                      Christoph Maas                                     vices aber keineswegs nur der Unterhal-        ein Beispiel:
                                                                         tung und Ablenkung dienen, sondern
                                                                         durchaus auch zur Unterstützung des               Ruth Linssen und Adam Khalaf haben
                                                                         Lernprozesses eingesetzt werden.*              das Thema Strafrecht für Studierende der
                                                                                                                        Sozialen Arbeit in Videos aufbereitet, die
                                                                           Doch warum eigentlich sollten wir es         sie auf der Plattform YouTube bereitstellen.
                                                                         spontanen Einfällen der Studierenden           Ihr Ziel ist es, hiermit einen Einstieg in die
                                                                         überlassen, ob und wie elektronische           Arbeit mit Texten zu schaffen (Seite 8).
                                                                         Hilfsmittel in der Lehre Nutzen stiften?
                                                                         Das muss doch auch planvoller gehen!             Knut Henkel, Dirk Kersting und Gerrit
                                                                                                                        Brösel üben mit ihren Studierenden den
                                                                           In der Tat werden in unseren Hoch-           Stoff des bilanziellen Rechnungswesens
                                                                         schulen schon zahlreiche Ansätze prakti-       mit einer App, die in der Semestergruppe
                                                                         ziert, die auf dem gezielten Einsatz sozia-    den sportlichen Ehrgeiz weckt (Seite 12).
                                                                         ler Medien basieren. Dabei können ganz
                                                                         unterschiedliche Szenarios zugrunde               Die Studierenden von Claudia Brözel
                                                                         gelegt werden:                                 und Henriette Pflug entwickeln eine
                                                                             Im vergleichsweise einfachsten Fall        Social-Media-Kampagne gegen Hass im
                                                                             werden auf einer Plattform Lehrmate-       Internet. Im Rahmen einer Lehrveranstal-
                                                                             rialien bereitgestellt. Zugriff, Nutzung   tung über Online-Marketing beteiligen sie
                                                                             (beispielsweise das Abspielen eines        sich damit an einem Wettbewerb, der von
                                                                             Podcasts) und Kommentierung sind           Facebook ausgeschrieben wird (Seite 16).
                                                                             von der Lehrperson steuerbar.
                                                                             Wenn mehrere Teilnehmerinnen und             In den „Campusnotizen“ lesen Sie, wie
                                                                             Teilnehmer einer Lehrveranstaltung auf     an der Hochschule Pforzheim der Einsatz
                                                                             dasselbe Material zugreifen können,        einer Social-Collaboration-Plattform in
                                                                             lassen sich kooperative oder wettbe-       der Lehre erprobt wird (Seite 7).
                                                                             werbliche Spiele realisieren (Gamifica-
                                                                             tion).                                       Ob eines der Beispiele auch Ihre Fanta-
  * Ulrich Dittler und Christian Kreindl:
     SmartDevices in der Vorlesung:                                          Ebenso sind dann Diskussionsrunden         sie anregt und Sie auf Gedanken für Ihre
     unterstützendes Lernmittel oder                                         oder das gemeinsame Lösen gestellter       Lehrveranstaltung bringt? Überraschen
     störende Ablenkung?, DNH 4/2016,                                        Aufgaben möglich.                          würde es mich jedenfalls nicht.
     106–109

                                                                                                                                               Ihr Christoph Maas

DNH 02 | 2018
Lehren und Lernen mit sozialen Medien - Hochschullehrerbund
4     Campusnotizen

                          HAW Hamburg

                        Modell für kompetenzorientierte Lehre
                        im Kommunikationsbereich
Foto: Sebastian Isacu

                                                                                                      Foto: Sebastian Isacu

                        Der HAW-Newsroom: Hier lernen pro Jahrgang 24 Studierende alles über digitale Studiengangsleiter Christian Stöcker (r.) im Gespräch mit Studierenden
                        Kommunikation – im tagesaktuellen Praxisbetrieb.

                        Wenn man dem neuen Master-Studi-                      sichtbar, sei es ein Erklärvideo zur deut-            einer HAW-Professorin der Fakultät Life
                        engang „Digitale Kommunikation“ der                   schen Tischfußballmeisterschaft oder ein              Sciences als Expertin.
                        Hamburger Hochschule für Angewandte                   Feature über Schwarzarbeit, ein Quiz über
                        Wissenschaften (HAW Hamburg) besucht,                 Hamburger Redensarten oder ein Liveti-                  Peer Learning ist im HAW-Newsroom
                        bietet sich ein etwas anderes Bild, als man           cker zu den Ausschreitungen am Rande                  zentral: Die in einem aufwendigen
                        es an einer Hochschule vielleicht erwar-              des G20-Gipfels im Sommer 2017.                       Auswahlverfahren geprüften Studieren-
                        ten würde. Statt Hörsaal- oder Seminar-                                                                     den bringen unterschiedliches Vorwissen
                        raumatmosphäre erlebt man den – manch-                  Begleitet wird die Arbeit im Newsroom               mit, sei es aus dem Hörfunk-, Print- oder
                        mal durchaus hektischen – Arbeitsalltag               von erfahrenen Journalistinnen und Jour-              Bewegtbildjournalismus, aus der Unter-
                        einer Redaktion im Großraumbüro. Die                  nalisten – publiziert wird nur, was ein               nehmenskommunikation, der Werbung
                        Studierenden sitzen an in Sechsergruppen              Mitarbeiter der Hochschule abgenom-                   oder den sozialen Medien. Der Wissens-
                        angeordneten Arbeitsplätzen, auf jedem                men hat. Den Studiengang leitet Prof. Dr.             transfer unter den Studierenden geschieht
                        Tisch stehen zwei große PC-Monitore, viele            Christian Stöcker, der viele Jahre Redak-             in der täglichen Arbeit ebenso beiläufig wie
                        davon hochkant. Dazwischen Kaffeetas-                 teur und später Ressortleiter bei SPIEGEL             der Kompetenzerwerb, denn alle Studieren-
                        sen, Mobiltelefone, Notizzettel und hin               ONLINE war.                                           den sind mal Chef vom Dienst, mal Social-
                        und wieder mal ein Kaktus oder kleiner                                                                      Media-Redakteur, mal mit Nachrichten-
                        Talisman. Hier wird gearbeitet, das ist auf             Der Mediencampus Finkenau der                       schreiben befasst und mal als Rechercheur
                        den ersten Blick klar – aber auch studiert?           HAW ist für diese Art der Lehre ein idea-             oder Reporterin im Einsatz. So entsteht
                                                                              les Umfeld, denn in der Fakultät Design,              ein umfassendes Bild von den diversen
                          Der HAW-Newsroom am Kompetenz-                      Medien, Information, in der der neue                  Rollen, die in der digitalen Kommunika-
                        zentrum CCCOM, in dem die Lehrveran-                  Studiengang angesiedelt ist, wird auch                tion auszufüllen sind, sei es in einer jour-
                        staltungen des neuen Masters stattfinden,             Suchmaschinenforschung betrieben, App-                nalistischen Redaktion oder in einem der
                        folgt dem sogenannten Teaching-Hospital-              Entwickler und Designer werden ausgebil-              modernen Newsrooms, die viele Unter-
                        Modell, das zuerst an US-amerikanischen               det, Illustratoren, Animationsfachleute,              nehmen anderer Branchen mittlerweile
                        Journalistenschulen eingeführt wurde.                 Fotografen, Fachleute für Virtuelle Reali-            als Kommunikationszentralen einführen.
                        Die Studierenden produzieren während                  tät und Spieleentwickler. Department-
                        ihres ersten Studienjahrs an fünf Tagen               übergreifende Kooperationen bieten sich                 Im zweiten Studienjahr führen die
                        pro Woche ein tagesaktuelles Magazin.                 da an und ermöglichen interdisziplinäre               Studierenden jeweils in Zusammenar-
                        Es heißt FINK.HAMBURG und berichtet                   Teamarbeit, auf die viele Absolventen auch            beit mit Unternehmen oder Organisati-
                        über Themen aus der Stadt und von der                 in der Arbeitswelt von morgen angewie-                onen Praxisprojekte durch. Die Partner
                        HAW selbst, und zwar digital, cross- und              sen sein werden.                                      reichen von SPIEGEL ONLINE bis zum
                        multimedial. Parallel ist das Magazin in                                                                    „Hamburger Abendblatt“, von Greenpeace
                        einschlägigen Social-Media-Kanälen von                  Die Schwerpunktthemen der Berichter-                bis Beiersdorf. So werden gleichzeitig erste
                        Facebook bis Twitter vertreten.                       stattung sind die Stadt Hamburg und die               wichtige Kontakte zu möglichen Arbeitge-
                                                                              HAW – aus dem Blickwinkel und mit den                 bern geknüpft.
                          Der Live-Betrieb ist für Studieren-                 konkreten Themensetzungen der Studie-
                        de wie Lehrende Ansporn und Heraus-                   renden selbst, von Porträts von Obdachlo-             Christian Stöcker
                        forderung: Alles, was publiziert wird, ist            sen bis hin zur Geschichte über die wahren
                        sofort für ein potenziell globales Publikum           Qualitäten angeblicher „Superfoods“ mit                  fink.hamburg

                                                                                                                                                                       02 | 2018 DNH
Lehren und Lernen mit sozialen Medien - Hochschullehrerbund
5

  Hochschule Niederrhein

Projekt Brutbeobachtung in Nistkästen
In Kooperation mit der Bischöflichen                                                             Die Software für die internetgestützte
Marienschule in Mönchengladbach, der                                                           Beobachtung wurde in mehreren Semes-
Astrid Lindgren Schule in Willich und                                                          terarbeiten von Wirtschaftsinformatik-
der Justizvollzugsanstalt (JVA) in Willich                                                     Studenten der Hochschule Niederrhein in
entwickelt die Hochschule Niederrhein                                                          Mönchengladbach entwickelt. „Das Projekt
Bausätze für Nistkästen, die es ermögli-                                                       hat neben dem praktischen Bausatz noch
chen, den Brutvorgang über das Inter-                                                          zwei weitere positive Aspekte für Hochschul-
net zu beobachten. Gefördert wird das                                                          lehre und Transfer“, sagt Projektleiter Prof.
Projekt von der Heinz-Sielmann-Stiftung.                                                       Dr. Claus Brell. „Die Studierenden lernen an
Auch die Telekom hat zusätzliche Mittel                                                        einem lebensnahen Praxisbeispiel Program-

                                                                                                                                                                                                Foto: Hochschule Niederrhein
als Spende bereitgestellt.                                                                     mierung im Umfeld des Internet-of-Things.
                                                                                               Außerdem profitieren die Schüler durch die
  Frank Jansen, stellvertretender Werk-                                                        praxisorientierten Raspberry-Pi-Workshops.“
dienstleiter der Justizvollzugsanstalt in
Willich-Anrath, freut sich, dass die JVA einen                                                   Das Gesamtsystem besteht aus einem Nist-
Beitrag zu dem Projekt leisten kann. „Es ist                                                   kasten, der spezielle Vorrichtungen für die
                                                                                                                                               Prof. Dr. Claus Brell mit dem neuen
wichtig, dass unsere Inhaftierten während                                                      Infrarotkamera, einen Linux-Kleinrechner
                                                                                                                                               Luxusnistkasten. Für die Elektronik werden
der Haftzeit etwas Sinnvolles tun und lernen.                                                  Raspberry Pi, UMTS-Datenverbindung und          Halterungen aus dem 3-D-Drucker verwendet.
Dazu haben wir eine Schreinerwerkstatt, in                                                     zusätzliche Messelektronik enthält, sowie aus
der wir die Prototypen für das Hochschul-                                                      einer autarken Energieversorgung aus Solar-
projekt erstellen können.“ Über die Internet-                                                  panel, Speicherakku und Spannungskon-           in Tönisvorst und der Hochschulcampus
adresse Knastladen.de werden die Produkte                                                      vertern. Als Aufstellungsorte für die Proto-    in Mönchengladbach geplant.
der Vollzugsanstalten in Nordrhein-Westfa-                                                     typen sind die Astrid Lindgren Schule in
len vertrieben.                                                                                Willich, ein Baum in einem Kreisverkehr                           Hochschule Niederrhein

  Ostbayerische Technische Hochschulen

Projekt der Weiterbildung „OTH mind“ erhält
erneut 2,5 Millionen Euro Fördermittel
                                                       Foto: Michael Hellwig, OTH Regensburg

                                                                                               akademischen Weiterbildung damit bis Ende       weiter verstetigen und ausbauen können.
                                                                                               Juli 2020 bewilligte Zuwendungen in Höhe        Weiterbildung auf akademischem Niveau ist
                                                                                               von 2,5 Millionen Euro zur Verfügung, die je    ein Megatrend der Zukunft. Um dem stei-
                                                                                               zur Hälfte an die OTH Regensburg und die        genden Bedarf nach innovativen Weiter-
                                                                                               OTH Amberg-Weiden gehen. Prof. Dr. Wolf-        bildungsinhalten gerecht zu werden, sind
                                                                                               gang Baier, Präsident der OTH Regensburg,       explizite Fördermittel eine willkommene
                                                                                               und Prof. Dr. Andrea Klug, Präsidentin der      und auch zwingend notwendige Ressour-
                                                                                               OTH Amberg-Weiden, haben anlässlich der         ce für Hochschulen.“ Seine Amtskollegin
Die Präsidenten der beiden Hochschulen                                                         Weiterförderung eine neuerliche Kooperati-      an der OTH Amberg-Weiden, Präsidentin
unterschreiben anlässlich der zweiten Förderrunde                                              onsvereinbarung unterzeichnet. Das Projekt      Andrea Klug, verweist auf die Bedeutung für
ihres Verbundprojekts „OTH mind“ eine                                                          „OTH mind“ richtet sich, wie in der ersten      die regionale Wirtschaft: „Die Verbesserung
Kooperationsvereinbarung: (v. l.) Prof. Dr. Wolfgang                                           Förderphase, vor allem an beruflich Qualifi-    der Durchlässigkeit zwischen hochschu-
Baier, OTH Regensburg, Prof. Dr. Andrea Klug, OTH                                              zierte, Berufstätige und Studienzweifler. Die   lischer und beruflicher Bildung ist ein wich-
Amberg-Weiden.
                                                                                               modularen Bildungsangebote ermöglichen          tiges Thema in der Wissens- und Bildungs-
                                                                                               den unterschiedlichen Zielgruppen, sich vor     region Oberpfalz. In der ersten Förderphase
„OTH mind“, das „modulare innovative                                                           Ort nach individuellen Bedürfnissen, aber       haben wir bereits einige Maßnahmen auf
Netzwerk für Durchlässigkeit“, ist am 1.                                                       auch praxis- und bedarfsorientiert akade-       den Weg gebracht. Durch die erneute Förde-
Februar 2018 in die zweite Förderrunde                                                         misch weiterbilden zu können.                   rung können wir unsere Ambitionen der
gestartet: Das Verbundprojekt von OTH                                                                                                          stetigen Weiterentwicklung unserer akade-
Regensburg und OTH Amberg-Weiden wird                                                            Prof. Dr. Wolfgang Baier, Präsident der       mischen Bildungsangebote für die Fach- und
für einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren                                                      OTH Regensburg, unterstreicht die Wichtig-      Führungskräfte in unserer Region zusätzlich
vom Bundesministerium für Bildung und                                                          keit der Weiterförderungszusage aus Berlin:     vorantreiben.“
Forschung (BMBF) weiter bezuschusst. Für                                                       „Es freut uns sehr, dass wir in den kommen-
das neue Vorhaben stehen dem Projekt zur                                                       den zweieinhalb Jahren die Projektthemen                                  OTH Regensburg

DNH 02 | 2018
Lehren und Lernen mit sozialen Medien - Hochschullehrerbund
6    Campusnotizen

                 Ernst-Abbe-Hochschule Jena

               Herausforderung Raumfahrttechnik
                                     Anfang Dezem-           junge Wissenschaftlerin über die Vorbe-
                                     ber des vergange-       reitungsarbeiten. „In der Schwerelosigkeit
                                     nen Jahres reiste       wirken enorme Kräfte auf den Menschen
                                     Sabrina Herbst,         wie auf die Technik. Das bedeutet, dass
                                     Doktorandin der         die technischen Systeme komplexe Anfor-
                                     Ernst-Abbe-Hoch-        derungen erfüllen müssen. Beispielsweise
Foto: privat

                                     schule Jena und         muss der Austritt jeglicher Flüssigkeiten
                                     der Universität         verhindert werden.“

                                                                                                            Foto: NASA
                                     Magdeburg, zum
               Sabrina Herbst
                                     Kennedy Space             Die bisherigen Forschungen der Wissen-
               unterstützte Projekte
                                     Center nach Flori-      schaftler haben gezeigt, dass die Schwe-                    Bergung der Dragon-Kapsel (Raumschiff) nach der
               auf dem Kennedy Space
                                     da. Dort war sie        relosigkeit in jedem Falle Einfluss auf                     Rückkehr am 13. Januar 2018
               Center in Florida
                                     an den Vorbe-           Immunzellen hat. Jetzt erwartet das Team
                                     reitungen eines         mit Spannung die Ergebnisse der ISS,
               Forschungsprojektes des Deutschen             deren Auswertung nach der kürzlichen
               Zentrums für Luft- und Raumfahrt              Rückkehr des Testsystems begonnen hat.
               beteiligt, bei dem Immunzellen auf der
               internationalen Raumstation ISS unter            Sabrina Herbst erinnert sich, dass sie im
               Weltraumbedingungen getestet werden           Team auf dem Kennedy Space Center auch
               sollten.                                      als Kommunikatorin einsprang: „Die Züri-
                                                             cher und Magdeburger Wissenschaftler

                                                                                                            Foto: NASA
                 Die Zellen wurden in Testbehälter in        sind Mediziner und Biologen. Die Kolle-
               ein Dragon-Raumschiff eingesetzt, das         gen, die den Einbau der Testbehälter in die
               mit einer Rakete vom Typ Falcon 9 zur ISS     Rakete verantworten, sind Maschinenbau-
                                                                                                                         Start der Falcon 9 am 15. Dezember 2017
               gebracht wurde. Beim Zusammenbau der          er. Da gibt es schon die ersten Unterschiede
               Behälter, einem modularen System, das         bei den Fachbegriffen. Durch meine mehr-
               unter anderem die Sterilität jedes Bauteils   jährige Arbeit in der Forschungsgruppe                      die ISS erneut begleiten zu dürfen. Nicht
               erfordert, unterstützte die 27-Jährige.       von Prof. Ullrich und Prof. Engelmann                       nur, weil die Forschungsergebnisse für die
               „Immunzellen müssen unter einer gleich-       und durch meinen Masterabschluss als                        Medizin, die Biologie und die Raumfahrt
               bleibenden Temperatur von 37 Grad             Wirtschaftsingenieurin verstehe ich beide                   gleichermaßen bedeutend sind. „Die Erde
               Celsius in einer Wärmebox transportiert       ‚Sprachen‘ und konnte oft ‚übersetzen‘.“                    als großes Ganzes zu betrachten“, meint
               und in einem exakt definierten Zeitfens-                                                                  sie, „ist nicht nur eine Philosophie, das
               ter zeitnah vor dem Start in die Rake-         Sabrina Herbst wünscht sich, die                           ist eine Herausforderung.“
               te montiert werden. Das ist ein Prozess,      Vorbereitungen für die geplanten neuen
               bei dem nichts schiefgehen darf“, so die      Versuchsreihen mit Immunzellen für                                                              EAH Jena

                 FH Lübeck

               Landtag macht Weg frei für erste Tech-
               nische Hochschule in Schleswig-Holstein
               Der Landtag des Landes Schleswig-Holstein     profiladäquate Bezeichnung, insbesonde-                     der fachlichen Schwerpunkte Technik,
               hat mit der Entscheidung über den Entwurf     re die Bezeichnung ‚Technische Hoch-                        Naturwissenschaften, Wirtschaft und
               eines Gesetzes zur Änderung des Hoch-         schule‘ führen, wenn sie nach ihrem                         Architektur am Standort Lübeck könnte
               schulgesetzes für die Umbenennung der         Fächerspektrum und ihrer Leistungsfä-                       so zukunftsorientiert und überregional ge-
               Fachhochschule Lübeck in „Technische          higkeit dieser Bezeichnung entsprechen                      stärkt werden. Durch die Umbenennung
               Hochschule Lübeck“ den Weg freigemacht.       und in der Art ihrer Kooperationen auf                      wird zudem eine qualitative Weiterent-
                                                             einschlägige Wissenschaft und Wirtschaft                    wicklung des wissenschaftlichen Stand-
                 Der gemeinsame Antrag der Fraktionen        ausgerichtet sind.“                                         ortes in Lübeck unterstrichen, der im
               von CDU, Bündnis90/Die Grünen und                                                                         Jahr 2018 auf eine 210-jährige Geschich-
               FDP hatte folgenden Wortlaut:                    Begründet wurde der Antrag zur Namens-                   te zurückblicken kann. Die Hochschule
                                                             änderung damit, dass „das wissenschaft-                     selbst feiert im Jahr 2019 ihr fünfzigjäh-
                 „Mit Zustimmung des Ministeriums            liche Profil Schleswig-Holsteins sowohl                     riges Bestehen.“
               können die Fachhochschulen anstelle der       national als auch international damit
               gesetzlichen Bezeichnung … eine andere        unterstrichen wird. Die besondere Qualität                                                     FH Lübeck

                                                                                                                                                           02 | 2018 DNH
Lehren und Lernen mit sozialen Medien - Hochschullehrerbund
7

  Hochschule Pforzheim

Social-Collaboration-Plattform als
Lernumgebung für Leadership-Vorlesung
                                                                                                                      In der Evaluation berichteten Studie-
                                                                                                                   rende insbesondere über positive moti-
                                                                                                                   vationale Effekte durch die Auswahlmög-
                                                                                                                   lichkeiten bei den vertiefenden Inhalten
                                                                                                                   (Personalisierung), die Sichtbarkeit der
                                                                                                                   eigenen Beiträge für alle sowie durch
                                                                                                                   die Möglichkeit der Bewertung (“Likes”)
                                                                                                                   der Beiträge der Kommilitonen. Darüber
                                                                                                                   hinaus erlebten sie es als positiv, durch die
                                                                                                                   Kommentare der anderen neue Perspekti-

                                                                         Foto: Hochschule Pforzheim/Jan Foelsing
                                                                                                                   ven auf ihre eigenen Beiträge zu erhalten
                                                                                                                   und auch mit der Dozentin innerhalb der
                                                                                                                   Plattform kommunizieren zu können. Als
                                                                                                                   herausfordernd wurden jedoch die unge-
                                                                                                                   wohnte Gestaltung der Plattform und die
                                                                                                                   Vielzahl der Beiträge über das Semester
                                                                                                                   hinweg erlebt.

                                                                                                                      In Organisationen zeichnet sich aktu-
                                                                                                                   ell ein Paradigmenwechsel im Lernen ab:
Gesellschaftliche und technologische          Lernformate gestaltet sein müssen, um                                von lehr- und instruktionszentrierten
Entwicklungen verändern die Art der           die Zusammenarbeit und den Austausch                                 Ansätzen zu kollaborativ-lernerzentrier-
Kommunikation, der Zusammenarbeit             (Social Learning) über eine solche Platt-                            ten Ansätzen, bei denen Lernen direkt in
und des Lernens, wobei insbesondere sozi-     form bestmöglich zu unterstützen.                                    den Arbeitsprozess integriert ist. Befördert
ale Netzwerke zunehmend an Bedeutung                                                                               wurde dieser Wandel auf technologischer
gewinnen. Unternehmen sehen in sozi-            Eine erste Umsetzung wurde in einer                                Seite maßgeblich durch Social-Collabo-
alen Netzwerken z. B. großes Potenzial,       interdisziplinären Wahlpflichtveranstal-                             ration-Plattformen. Auch im Hochschul-
ihre interne Zusammenarbeit zu fördern        tung zum Thema Leadership erprobt,                                   kontext können diese Plattformen sinn-
und Mitarbeitende voneinander lernen zu       unterstützt durch das Social Collaborati-                            voll eingesetzt werden. Ihre Nutzung mit
lassen. So entstanden Social-Collaboration-   on Tool Coyo. Bei der Konzeption waren                               darauf abgestimmter Didaktik ermög-
Plattformen, z. B. MS Yammer, SAP Jam,        insbesondere drei Herausforderungen zu                               licht es, Studierende noch besser auf eine
u. a., die sich aktuell zu ganzheitlichen     beachten: sehr heterogene Wissensstän-                               Arbeitswelt vorzubereiten, in der Innovati-
Zusammenarbeits-, Kommunikations- und         de und Lerninteressen, hohe Teilnehmer-                              onen in Zusammenarbeit und Netzwerken
Lernlösungen entwickeln. Sie haben unter-     zahl sowie eine hohe Interaktionshürde                               entstehen. Anstelle klassischer Lernma-
schiedliche Schwerpunkte und integrie-        durch Englisch als Unterrichtssprache. Um                            nagementsysteme können sie dann einge-
ren Technologien wie Blogs, Wikis, Foren,     diesen Herausforderungen zu begegnen,                                setzt werden, wenn zusätzliche technische
Newsfeeds, Social Tagging, Filesharing und    wurden u. a. zwei didaktische Elemente                               Elemente, z. B. Tests, Zertifikate etc., inte-
Instant Messaging, um bislang genutzte        integriert und über die Social-Collabora-                            griert werden.
Kommunikations- und Collaboration-            tion-Plattform abgebildet:
Tools zu konsolidieren. Die Erfahrungen       1. Personalisiertes Lernen: Auf Basis                                                   Prof. Dr. Anja Schmitz,
in Organisationen zeigen allerdings, dass        gemeinsam durchgeführter interak-                                    Professorin für Personalmanagement
ein erfolgreicher Einsatz dieser Tools auch      tiver Vorlesungseinheiten konnten                                                Prof. Dr. Joachim Schuler,
neue Lernkonzepte erfordert.                     die Studierenden einen aus drei unter-                                 Professor für Wirtschaftsinformatik
                                                 schiedlichen Lernpfaden zur vertiefen-                                                          Jan Foelsing,
  Mit der Frage, wie diese Tools in der          den, selbst gesteuerten Bearbeitung                                     Teilprojektverantwortlicher für das
Lehre eingesetzt und Studierende auf             auswählen.                                                                Thema Social Collaboration und
die betriebliche Anwendung vorberei-                                                                                                   moderne Lernformen
tet werden können, beschäftigen sich          2. Kollaboratives Lernen: Im Anschluss                                          Jeweils Hochschule Pforzheim
verschiedene Professoren und Mitarbei-           an die Bearbeitung der individuellen
ter der HS Pforzheim seit 2017 in einem          Lernpfade stellten die Lernenden ihre
BMBF-geförderten Projekt (Förderkenn-            persönlichen Reflexionen auf der Social-
zeichen: 01PL12001) zum Thema Social             Collaboration-Plattform zur Diskussion,                                  Die Meldungen in dieser Rubrik,
Collaboration. Ziel des Projektes ist zum        bearbeiteten Aufgabenstellungen zur                                            soweit sie nicht namentlich
einen die Identifikation einer für den           Vorbereitung auf die Klausur in einer                                       gekennzeichnet sind, basieren
Hochschulkontext passenden Plattform,            Kleingruppe und kommentierten bzw.                                      auf Pressemitteilungen der jeweils
zum anderen soll ermittelt werden, wie           ergänzten die Beiträge der anderen.                                              genannten Institutionen.

DNH 02 | 2018
Lehren und Lernen mit sozialen Medien - Hochschullehrerbund
8   Titel: Lehren und Lernen mit sozialen Medien

Ein bisschen Krimi hilft beim Lernen –
Strafrecht per Animationsvideo
Lesen fällt vielen Studierenden schwer, vor allem bei Fachtexten. Die Videos von Linssen
Law Learning verlassen die üblichen Pfade der Lehrvideos und wollen Lust auf Lesen und
auf Strafrecht machen. | Von Prof. Dr. Ruth Linssen und Adam Khalaf

                                                       Unleugbar haben sich Studierende, die        gewisse inhaltliche Tiefe zu erreichen oder
                                                       Zielgruppe von Hochschullehre, in den        Komplexität abzubilden, benötigt man
                                                       letzten Jahrzehnten verändert. Ein erheb-    dabei gemeinhin mehr als 160 Zeichen.
                                                       licher Faktor bei dieser Veränderung sind
                                                       die sogenannten „Neuen Medien“. Das            Es ist belegt, dass „um mit und aus
                                                       Angebot für Smartphones, Tablets und         Texten zu lernen, ein gutes Textverständ-
                Foto: privat

                                                       Co. und deren Nutzung wirken sich            nis (...) notwendig“ ist (Renkl, 2015, S.
                                                       auf die Erwartungen und Motivation           11). Eigene Untersuchungen deuten
                                                       der Studienanfänger ebenso wie auf die       darauf hin, dass in bestimmten Kontex-
                      Prof. Dr. Ruth Linssen           von ihnen mitgebrachten Grundkompe-          ten ein erheblicher Teil der Studienan-
                                                       tenzen aus. So überrascht es viele Studi-    fänger Lesekompetenzen (Sinnentnahme
      Professorin für Soziologie und Recht             enanfänger, dass Lesen eine der zentralen    und Lesegeschwindigkeit) aufweist, die
                                                       Anforderungen des Studiums ist. Wenig        dies erschweren können (Linssen, Meyer
                         linssen@fh-muenster.de        verwunderlich, wenn man sich vor Augen       & Wieland 2016).
                                                       führt, dass das Lesen langer, oft schwie-
                                                       riger Studientexte 24 Stunden am Tag in        Den Studierenden im Studium mehr
                                                       Aufmerksamkeitskonkurrenz zu Messen-         Gelegenheit zu geben, Lesen und Text-
                                                       gernachrichten von Smartphones und           verständnis zu üben, könnte Abhilfe
                                                       bewegten Bildern auf Videoplattformen        schaffen. Dazu reicht es nicht aus, statt
                                                       steht (Statista 2017). Da die Studierenden   300 nun 600 Seiten anzugeben, die bis
                                                       das Lesen langer, inhaltlich anspruchs-      zum nächsten Seminartermin zu lesen
                                                       voller Texte aus ihrer Mediensozialisation   sind. Denn die Motivation, also das
                Foto: privat

                                                       weniger gewöhnt sind, haben sie dement-      „Wissen wollen“, die Erfolgserlebnisse
                                                       sprechend wenig Übung darin und finden       beim Lesen üben und das „Verstehen“
                                                       in der Folge auch wenig Spaß daran, weil     sind entscheidend (vgl. Schiefele, Schaff-
                               Adam Khalaf, M. A.
                                                       die Erfolgserlebnisse im Sinne (schnellen)   ner 2015). Genau hier setzt das hier vorge-
           Wissenschaftlicher Mitarbeiter              Verstehens rar gesät sind. Man könnte        stellte Konzept von Linssen Law Learning
                                                       diese Gemengelage auch zusammenfas-          (LLL) an.
                               khalaf@fh-muenster.de   sen mit: Studierende lesen heute weni-
                                                       ger lange, weniger gern und weniger gut
                       Fachhochschule Münster          als früher (vgl. Preußer, Sennewald 2012).   Kurzvideos zur Förderung der
                       Fachbereich Sozialwesen                                                      Lesekompetenz?
                                  Hüfferstr. 27          Dies ist insofern bedenklich, als dass
                                48149 Münster          Lesen generell zu den „rezeptiven“ und       Linssen Law Learning (LLL), das sind frei
                                                       bedeutendsten Lernformen gehört. Unab-       verfügbare Kurzvideos zu Themen des
               www.fh-muenster.de/fb10                 hängig vom Medium (Bildschirm oder           Strafrechts für Studierende der Sozialen
                                                       Papier) findet Wissensvermittlung – nicht    Arbeit bei YouTube. Sie sind gekoppelt mit
                                                       nur im Studium – immer noch zu einem         Übungstexten bzw. Literaturverweisen.
                                                       Großteil durch Texte statt. Und um eine      Es mag zunächst etwas widersprüchlich

                                                                                                                                   02| 2018 DNH
Lehren und Lernen mit sozialen Medien - Hochschullehrerbund
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                                                                                                                  Foto: rawpixel/123rf.com
anmuten, ausgerechnet mit Kurzvideos Lesekompe-           Textverstehens (Lesekompetenzvermittlung). Da auf
tenzen und Lernmotivation fördern zu wollen. Das          das Lesen wissenschaftlicher Texte abgezielt wurde,
klingt wie „den Teufel mit dem Beelzebub austrei-         sollen implizit auch Reflexions- und Recherchekom-
ben“ – schließlich wurden oben u. a. Kurzvideos           petenzen geschult werden. Thematisch wird das aus
als mögliche Ursache mangelnder Lesekompetenz             Studierendensicht anschauliche Strafrecht fokussiert.
ausgemacht.                                               Die Realisation des Konzepts wurde durch Landes-
                                                          mittel des Landes NRW zur Verbesserung der Qualität
  Plausibel wird das Ganze, wenn man sich die             der Lehre an der Fachhochschule Münster finanziert.
spezifische Idee hinter LLL ansieht: Die Videos
wurden gemacht für Studierende der Sozialen Arbeit.          LLL besteht aus ca. drei bis sechs Minuten langen
Aufgrund der Ausrichtung ihres Studienfachs auf           Videosequenzen, da auch bei Lehrvideos kurze deut-
konkrete soziale Phänomene fällt ihnen häufig das         lich häufiger vollständig rezipiert werden als lange
Verstehen und die Auseinandersetzung mit den als          (Langworthy 2017). In kleinen animierten Sequen-
abstrakt empfundenen juristischen Texten besonders        zen werden strafbare Handlungen dargestellt und
schwer. Die für juristische Texte erforderliche präzise   gefragt, ob und in welcher Hinsicht überhaupt eine
argumentative Textarbeit wird von Studierenden gern       Straftat vorliegt (Einblendung StGB und Begründung,
einmal zugunsten leichter konsumierbarer Rezep-           weshalb z. B. § 242 Strafgesetzbuch zutrifft und kein
tionsformen vernachlässigt. Anders ausgedrückt:           anderer Paragraf), zum anderen wird auf Begleittexte
Googeln fällt leichter, als einen Gesetzeskommen-         verwiesen. Die Links zu den Videos finden Sie am
tar zu verstehen.                                         Ende des Beitrags.

  Demgegenüber belegen jedoch Erfahrungen aus
Gerichtsbesuchen, dass das Interesse der Studieren-       Didaktischer Einsatz von LLL
den durch anschauliche, konkrete Einzelfälle sehr
wohl zu wecken ist. Dies motiviert dann durchaus          Die Videos von LLL sollen Studierenden den Zugang
zum arbeitsaufwendigen Übertrag des konkreten             zu Inhalten erleichtern, indem zunächst ein Grund-
Falls auf die abstrakte Ebene rechtlicher Regelungen.     verständnis für fachliche und fachsprachliche Zusam-
Dies zeigt beispielhaft: Motivation und Interesse sind    menhänge geschaffen wird. Darüber hinaus regen
wichtige Voraussetzungen für Lernprozesse (Schie-         Filme „vielfach zum Lesen und zum Herstellen von
fele, Schaffner 2015) und die Motivation, Textar-         Beziehungen zwischen [beiden Medienformen] an“
beit zu leisten, wird erhöht, wenn der Inhalt bereits     (Preußer, Sennewald 2012, S. 122). Hinzu kommt,
durch andere, einfacher zu rezipierende Kanäle als        dass unbekannte Inhalte effektiver gelernt werden
interessant wahrgenommen wurde, beispielsweise            können, wenn mehrere Sinne (verbal/nonverbal)
der „Kinofilm als Anregung zum Lesen“ (Preußer,           gleichzeitig angesprochen werden (Lin, 2016). Zu den
Sennewald 2012, S. 123).                                  Videos werden jeweils mehrere (Lehrbuch-)Texte und
                                                          Aufgaben/Fragen zur Verfügung gestellt. Die Videos
  Daher ist das Ziel von LLL die Vermittlung von          sind also kein Ersatz für andere Materialien, sondern
Motivation zum Lesen juristischer Texte sowie das         erfüllen eigene Zwecke. In der didaktischen Konzepti-
Einüben einer Leseroutine zur Erleichterung des           on heben sie sich damit von anderen Videoformaten

DNH 02 | 2018
Lehren und Lernen mit sozialen Medien - Hochschullehrerbund
10 Titel: Lehren und Lernen mit sozialen Medien

„Generell ist der Vorteil von
Videos aber auch, dass sie
sich ja gerade besonders
eignen, um pausiert und ggf.
abschnittweise wiederholt zu
werden, und daher
                                                          Foto: Steffen Flügel / PhilosoFilm
unterschiedlichen Lerntempi
und -bedürfnissen gerecht
werden können.“

wie Vorlesungsaufzeichnungen oder Erklärvideos,                                                „Gleichheit vor dem Gesetz“ werden Personen visu-
die eher als Ersatz zum Lesen von Texten dienen, ab.                                           ell ausgeklammert und treten nur durch ihre Hand-
                                                                                               lungen in Erscheinung. Durch diese hochkonstruierte
   Es hat sich gezeigt, dass die Videos auch eine zwei-                                        Darstellung ergibt sich wahrnehmungstechnisch eine
te Funktion erfüllen, und zwar als hilfreicher Diskus-                                         besonders fokussierte Aufmerksamkeit des Betrach-
sionsansatz für den Präsenzunterricht: Die relativ                                             ters auf das Geschehen. Da je nach Konzentrations-
schnell geschnittenen Videos enthalten viele Details,                                          niveau in diesem Rezeptionsmodus alles bedeutsam
die beim einmaligen Sehen ohne Vorkenntnisse nicht                                             erscheint und Details ungewöhnlich hervortreten,
zwangsläufig alle auf Anhieb erfasst werden können.                                            werden bewusst in der realen Welt unwichtige Infor-
Bei der Besprechung der Videos und Begleitmateri-                                              mationen eingearbeitet: Zum einen soll hier über den
alien im Seminar schafft dies regelmäßig Anlässe                                               Verlauf der Folge(n) die Fähigkeit geschult werden,
zur Diskussion über Details und Auslegungsfragen.                                              wichtige und eventuell relevante von unwichtigen
Lehrende können stärker die Rolle der Moderation                                               Details zu trennen (juristisches Denken). Zum anderen
übernehmen als die des Inputgebenden. Der eigent-                                              werden diese Details auch zur Unterhaltung genutzt.
liche Seminargedanke des qualifizierten Austausches                                            Teil des Konzeptes ist es, hier gelegentlich Dinge einzu-
und des gemeinsamen Erarbeitens tritt somit wieder                                             arbeiten, die analog zu juristisch relevanten Fakten
stärker in den Vordergrund.                                                                    leicht übersehen werden könnten, zum anderen bieten
                                                                                               diese erste Ansatzpunkte für studentische Gespräche
                                                                                               („Hast du das gesehen…?“) zu den Lehrfilmen.
Inhaltliches und gestalterisches Konzept von LLL
                                                                                                  Nicht zuletzt wird hier auch ein wichtiges Schlag-
Die Kombination von Unterhaltungscharakter bei                                                 wort der Unterhaltungsfilm-Branche auf den Lehr-
gleichzeitig hoher Informationsdichte ermuntert zur                                            film übertragen: der „Replay-Value“ – also der
intensiven Auseinandersetzung mit Details, die sich                                            Anreiz, das Video noch mal anzusehen. Die hohe
nicht beim ersten Anschauen direkt erschließen und                                             Informationsdichte ist also nicht allein auf relevante
in der Diskussion sowohl zwischen den Studieren-                                               juristische Inhalte beschränkt, was schnell überladen
den als auch im Seminarzusammenhang aufgegriffen                                               wirken könnte, sondern schafft durch Bezüge zum
werden können und „das Eis brechen“, sich mit ande-                                            Geschehen eine lebensnahe, realistische Atmosphä-
ren, weniger unterhaltenden Medien, wie Fachtex-                                               re. Die juristische Welt soll durch Visualisieren und
ten, einem weiteren Studium der Inhalte zu widmen.                                             Reduzieren mit den Texten und ihrer Lesart vertraut
                                                                                               machen. Dies geschieht im Einzelnen dadurch, dass
   Daraus resultierten folgende Leitideen zur Gestal-                                          der Primärtext in seine zu prüfenden Sachverhalte
tung der Videos: Zwei Welten stehen im wechselsei-                                             zerlegt wird und in Bezug zur realen Welt gesetzt wird.
tigen Bezug: die reale Welt und die juristische Welt.                                          Dies erleichtert den Studenten nicht nur die Bearbei-
Beide Welten erfahren eine visuelle Reduktion (Vogel-                                          tung der zur jeweiligen Einheit gehörigen Texte und
perspektive) analog der Reduktion auf Fakten in der                                            Aufgaben, sondern fördert allgemein die Kompe-
juristischen Betrachtung. Gemäß dem Grundsatz                                                  tenz im Umgang mit juristischen Texten. Die das

                                                                                                                                                           02| 2018 DNH
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Video abschließende Fragestellung, in der ein Detail                    Videos seien eine „große Verständnishilfe“, denn
der Situation verändert wird, ohne aber die Folgen                      Themen würden „greifbarer“ durch die Aufbereitung
für den Fall aufzulösen, erleichtert den Zugang zum                     und generell seien solche Videos ein „guter Einstieg“
Begleittext, da der Studierende diesen nun nicht nur                    in ein Seminar. In Gruppendiskussionen wurden diese
mit einem gewissen ersten Grundverständnis der                          Aussagen bestätigt. Insgesamt legen die bisherigen
Zusammenhänge, sondern auch mit einer relevanten                        Evaluationsergebnisse nahe, dass die Videos den inten-
Fragestellung im Kopf rezipieren kann.                                  dierten Zweck erfüllen, den Einstieg in ein als schwie-
                                                                        rig wahrgenommenes Thema zu erleichtern.

LLL aus Sicht der Studierenden
                                                                        Fazit
Seit dem Sommersemester 2017 werden die Lern-
videos in verschiedenen Seminaren eingesetzt. Im                        Die Videos von LLL machen nicht alle Studierenden
Rahmen dieser Veranstaltungen erfolgten Evaluati-                       der Sozialen Arbeit zu Jura-Fans. Aber gerade Studie-
onen der subjektiven Bewertung des Nutzens durch                        rende, denen es schwerfällt, mit juristischen Fachtex-
die Studierenden, die die Grundlage der oben genann-                    ten zu arbeiten, motivieren die Videos offensichtlich,
ten Aussagen zum Erfolg des Einsatzes sind und hier                     sich mit der Materie überhaupt auseinanderzusetzen
kurz zusammengefasst werden sollen:                                     und an den empfohlenen Lehrbuchtexten ihre Lese-
                                                                        kompetenzen zu schulen. Dies wird auch erreicht,
  Die Videos werden in Fragebögen von den Studie-                       weil die Relevanz juristischer Kompetenzen in der
renden weit überwiegend als interessant eingestuft.                     Praxis der Sozialen Arbeit in den Videos aufgegrif-
Die meisten Studierenden sind der Auffassung, durch                     fen wird. Videos wie die der LLL-Reihe als Ergänzung
die Videos auch etwas gelernt zu haben, und haben                       zu Seminaren können insgesamt zu einem besse-
die empfohlenen Texte zu den Videos gelesen. Etwa                       ren Lernerlebnis für beide Seiten, Studierende und
die Hälfte der Studierenden stimmt dabei auch der                       Lehrende, beitragen.
Aussage zu, dass die Videos sie motivieren, die Texte
zu lesen. Die Informationsmenge und die Geschwin-
digkeit der Videos werden von einigen als etwas bzw.                    Links zu den frei verfügbaren Videos auf dem
viel zu schnell bewertet und das meist, wenn die                        YouTube-Kanal der FH Münster:
Texte nicht gelesen wurden. Dies ist gewollt, denn die
Videos sollen das Lesen keinesfalls ersetzen.                           Fall 1: Tatbestandsmäßigkeit
                                                                           https://youtu.be/PR0Q8kYNHGQ
   Generell ist der Vorteil von Videos aber auch, dass
sie sich ja gerade besonders eignen, um pausiert                        Fall 2: Versuch und Vollendung
und ggf. abschnittweise wiederholt zu werden, und                          https://youtu.be/e99sCgu0rR4
daher unterschiedlichen Lerntempi und -bedürfnissen
gerecht werden können. Die Videos wurden in den                         Fall 3: Drogen und Justizgrundsätze
freien Antworten mehrfach als „Lernhilfe“ bezeichnet                       https://youtu.be/Z9HR6oC1890
und als „nützlich“, damit die Inhalte besser „hängen
bleiben“, die „Konzentration aufrechterhalten“ wird                     Fall 4: Jugend- vs. Erwachsenenstrafrecht
und „Appetit“ machen auf das Thema Recht. Die                              https://youtu.be/_unwTIx4Eio

  Literatur
  Langworthy, Sara: Do You YouTube? The Power of Brief Educational Videos for Extension (2017): Online unter: https://www.
     joe.org/joe/2017april/iw1.php – Abruf am 04.11.2017.

  Lin, Lu-Fang (2016): The impact of video-based Materials in […] english text comprehension. NTOC, Taiwan.

  Linssen, Ruth; Meyer, Maike; Wieland, Norbert (2016): „Sprache ist die Basis der Grundlage des Fundaments ...“ zu Sprach-
      und Lesekompetenzen von Studierenden. In: Die Neue Hochschule. Zeitschrift für anwendungsbezogene Wissenschaft und
      Kunst, Band 56, Heft 3 2016.

  Preußer, Ulrike; Sennewald, Nadja (2012): Literale Kompetenzentwicklung an der Hochschule. Bern: Lang.

  Renkl, Alexander (2015): Wissenserwerb. In: Wild, Elke; Möller, Jens (Hrsg.): Pädagogische Psychologie. Berlin, Heidelberg:
     Springer-Verlag. 2. Auflage. S. 3–24.

  Schiefele, Ulrike; Schaffner, E. (2015): Motivation. In: Wild, Elke; Möller, Jens (Hrsg.). Pädagogische Psychologie. Berlin, Heidel-
     berg: Springer-Verlag. 2. Auflage. S. 153–175.

  Statista (2017): Welche dieser Geräte und Medien nutzt Du täglich oder mehrmals pro Woche? Statista. Verfügbar unter https://
     de.statista.com/statistik/daten/studie/29153/umfrage/mediennutzung-durch-jugendliche-in-der-freizeit/ Abruf am 04.11.2017.

DNH 02 | 2018
12 Titel: Lehren und Lernen mit sozialen Medien

Aktivierende Lehre mit Apps –
Erfahrungen aus dem Bereich des
bilanziellen Rechnungswesens
Die Reflexion von vermitteltem Fachwissen im Bereich des „Bilanziellen
Rechnungswesens“ spielerisch zu unterstützen, ist seit rund sechs Jahren
die Grundidee der Bilanz-Quiz-App „Wer wird Bilanzierungs-Experte?“.
| Von Prof. Dr. Knut Henkel, Dirk Kersting und Prof. Dr. Gerrit Brösel

Ein neues Semester mit neuen Grundstudiumsveran-           Sommersemester 2017 die Idee, in der Grundstudi-
staltungen steht an. Der Hörsaal ist bis auf den letzten   umsveranstaltung „Bilanzielles Rechnungswesen“
Platz mit erwartungsvollen Studierenden gefüllt. Fast      von Prof. Knut Henkel an der Hochschule Emden/
jeder Studierende hat sein Smartphone vor sich auf         Leer eine Gamification-App in die Lehre2 einzubin-
dem Tisch liegen; manche nutzen es auch während der        den. Konkret wurde die App „Wer wird Bilanzierungs-
Vorlesung, um z. B. die neusten Einträge auf Whats-        Experte?“ verwendet (NWB Verlag 2017a).
App zu checken. Die Begeisterung der Studierenden
für die anstehende Vorlesung hält sich allerdings in
Grenzen. Es handelt sich um eine Pflichtveranstal-
tung während des Grundstudiums. An der müssen
die Studierenden teilnehmen, weil das Fach auf dem
Stundenplan steht, aber vielleicht nicht, weil sie unbe-
dingt großes Interesse an dem Fach haben.

Die Idee

Die Studierenden sollen bei der Lehrveranstaltung
dort abgeholt werden, wo sie sich im Alltag befin-
den. Man kann es kritisieren, dass auch Studierende
ständig ihre Smartphones benutzen, und dies auch
zum Teil in den Vorlesungen. Auf der anderen Seite
– wer von den Dozierenden benutzt heutzutage kein
Smartphone und hat selbst nicht auch schon einmal
bei Fortbildungen oder Besprechungen zwischen-
durch die jüngsten Mails gecheckt oder eine Whats-
App-Nachricht geschrieben? Wenn also die stän-
dige Nutzung eines Smartphones zum (Hochschul-)
Alltag der heutigen Studierenden gehört, stellt sich
die Frage, inwiefern man das Smartphone in die Lehre
einbinden kann.

  Da man gerade bei Veranstaltungen des Grundstu-
diums häufig an dem klassischen – und oft von den
Studierenden als langweilig empfundenen – Fron-
talunterricht nicht vorbeikommt, stellt sich zudem
die Frage, inwiefern man alternative Lernmethoden
in die Vorlesung integrieren kann. Eine solche alter-
native Lernmethode stellt der sogenannte Gamifica-
tion-Ansatz1 dar, bei dem spielerisch neues Wissen
vermittelt bzw. vertieft wird. Hieraus entstand im         Abb. 1: Beispiel einer Frage

                                                                                                                 02| 2018 DNH
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„Wenn also die ständige Nutzung
eines Smartphones zum (Hochschul-)

                                                                                                                     Foto: privat
Alltag der heutigen Studierenden
gehört, stellt sich die Frage, inwiefern                                                     Prof. Dr. Knut Henkel
                                                                                             Hochschule Emden/Leer
man das Smartphone in die Lehre                                                              Fachbereich Wirtschaft
                                                                                             Lehrstuhl für Bilanzielles Rechnungswesen
einbinden kann.“                                                                             und Betriebliche Steuerlehre
                                                                                             Constantiaplatz 4
                                                                                             26723 Emden

                                                                                             knut.henkel@hs-emden-leer.de

Die App                                       und Apple-Geräte heruntergeladen. Gleich-
                                              wohl nutzte sich der Reiz des Spiels schnell
Tür an Tür saßen Professor Gerrit Brösel      ab; Weiterentwicklungen mussten her.

                                                                                                                     Foto: NWB Verlag
und Professor Gernot Brähler an der TU        Frühzeitig wurde klar, dass sich die Attrak-
Ilmenau. In welchem Büro genau die Idee       tivität steigern ließ, indem man Spielern
zu der App entstand, lässt sich nicht mehr    die Möglichkeit gibt, sich anhand erspielter
rekonstruieren. Aber sie überzeugte Dirk      Punkte (Abbildung 1, Punkt 1) miteinander
Kersting vom NWB Verlag sofort. Gemein-       zu messen: zunächst über eine allgemeine
                                                                                             Dirk Kersting
sam mit den App-Entwicklern der Agentur       Highscore-Liste, später über geschlossene
                                                                                             NWB Verlag
von id.on sowie den Professoren Brösel und    Spielgruppen. Das verbesserte dann noch-
Brähler entstand u. a. die Quiz-App zu dem    mals die Einsatzmöglichkeiten der App in
                                                                                             Leitung BWL und steuerliche Ausbildung
Thema „Bilanzierung“, welche die Spieler      der Hochschullehre.                            Eschstr. 22
schnell fesselt (FernUniversität in Hagen).                                                  44629 Herne

   Gespielt werden jeweils bis zu 15 Frage-                                                  d.kersting@nwb.de
runden, bei denen die Teilnehmer aus
jeweils vier Möglichkeiten (Abbildung 1,
                                                                                                                     Foto: FernUniversität in Hagen/Welsch

Punkt 3) die richtige Antwort auswählen
müssen. Dabei erhöht sich der Schwie-
rigkeitsgrad der Fragen (Abbildung 1,         Abb. 2: QR-Code für iTunes und Android
Punkt 2) mit steigender Rundenzahl. Wer
alle fünfzehn Fragen richtig beantwor-
tet, hat über die Gewinnstufen von u.         Der Einsatz in der Hochschullehre
a. „Bilanzierungsmuffel“ und „Master of
Doppikdesaster“ (Abbildung 1, Punkt 0)        Im Sommersemester 2017 stellte Prof.
die End-Gewinnstufe des „Bilanzierungs-       Knut Henkel in seiner Grundstudiums-
                                                                                             Univ.-Prof. Dr. rer. pol. habil. Gerrit Brösel
Experten“ erreicht. Weiß der Spieler die      veranstaltung „Bilanzielles Rechnungswe-
                                                                                             FernUniversität in Hagen
Antwort nicht, stehen zudem drei Joker        sen“ an der Hochschule Emden/Leer in
zur Verfügung (Abbildung 1, Punkt 4). Bei     der ersten Vorlesung den ca. 80 Studieren-
                                                                                             Fakultät für Wirtschaftswissenschaft
den insgesamt über 500 Fragen und somit       den die Gamification-Idee mit der Quiz-        Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre,
über 2.000 vorgegebenen Antwortmög-           App „Wer wird Bilanzierungs-Experte?“          insbesondere Wirtschaftsprüfung
lichkeiten kommt auch der Humor nicht         vor (Hochschule Emden/Leer 2017a). Ca.         Universitätsstraße 41
zu kurz. So erinnert die Bilanzierungs-App    60 Studierende luden sich daraufhin die        58097 Hagen
die Spieler beispielsweise daran, dass ein    App auf ihr Smartphone und beteiligten
Gewinn vor Zinsen und Steuern weder als       sich das Semester über an dem Spiel und        gerrit.broesel@fernuni-hagen.de
„EWARSTEINER“ noch als „EVELTINS“,            maßen sich mit ihren Kommilitonen.
sondern als „EBIT“ bezeichnet wird.           Auch um einen Anreiz zu schaffen, dass
                                              gesamte Semester mit der App am Ball zu
   Die Downloadzahlen übertrafen sämt-        bleiben, wurden für die drei Erstplatzierten
liche Erwartungen; inzwischen wurde die       am Ende des Semesters attraktive Preise aus
Bilanz-App über 30.000 Mal auf Android        dem Hochschulshop ausgelobt.

DNH 02 | 2018
14 Titel: Lehren und Lernen mit sozialen Medien

                                                         Semester (Hochschule Emden/Leer 2017b). Insgesamt
                                                         nahmen ca. 60 Studierende teil und spielten über drei
                                                         Monate insgesamt 8.630 Spiele. Der Dozent landete
                                                         hingegen abgeschlagen auf dem 24. Platz. Das lag
                                                         wohl vor allem an der knapp bemessenen Zeit, die
                                                         ihm zum Spielen zur Verfügung stand.

                                                         Die Technik

                                                         Technisch stellte sich zu Beginn des Semesters die
                                                         Frage, wie ein Smartphone an den Beamer angeschlos-
                                                         sen werden kann, sodass man den Studierenden die
                                                         Smartphoneoberfläche mit der zu spielenden App
                                                         auch auf der Leinwand zeigen kann. Dies funktioniert
                                                         technisch zum Beispiel mithilfe eines sogenannten
                                                         Wireless Display Adapters (WDA), mit dem das Bild
                                                         vom Smartphone auf der Leinwand gespiegelt werden
                                                         kann. Oft funktioniert heute noch der Anschluss an
                                                         einen Beamer über einen VGA-Port. Neben dem WDA
                                                         benötigt man für die Kopplung des Smartphones mit
                                                         dem Beamer noch zwei Adapter sowie eine Power Bank
                                                         für die Stromversorgung des WDA. Diese vier Hard-
                                                         wareteile kosten insgesamt ca. 70 Euro, sind z. B. übers
                                                         Internet schnell bestellt und auch ohne großes tech-
                                                         nisches Vorwissen angeschlossen.

                                                           Eine einfache Anleitung zum Anschließen des
                                                         WDA befindet sich auf YouTube (Klinge). Mit dieser
                                                         relativ simplen technischen Lösung können die
                                                         Studierenden mit ihren Smartphones auch noch
                                                         für andere interaktive Formate in die Lehre einge-
                                                         bunden werden. Denkbar ist das Durchführen von
Abb. 3: Ranking am Ende des Semesters                    Rollenspielen. Die Studierenden simulieren dabei in
                                                         Kleingruppen z. B. Bewerbungsgespräche, die sie mit
  Es wurde eine eigene geschlossene Spielgruppe          ihren Handys aufnehmen. In der Vorlesung kann
eingerichtet (Abbildung 3, Punkt 0), der sich im Laufe   jede Gruppe dann eines ihrer Handys mit dem WDA
des Semesters auch noch weitere Studierende aus den      koppeln und ihr Rollenspiel über die Leinwand dem
höheren Semestern des Schwerpunktfaches „Rech-           Dozenten und den Kommilitonen zeigen.
nungswesen“ anschlossen. Anhand der Benutzerna-
men (Abbildung 3, Punkt 1) war zu erkennen, aus
welchem Kurs die Studierenden kamen, sodass sich         Ergänzend
im Laufe des Semesters auch ein kleiner Wettbewerb
zwischen den unterschiedlichen Kursen ergab.             Über den Gamification-Ansatz, in diesem Fall umge-
                                                         setzt mit einer Bilanzierungs-Quiz-App, können Teile
  Zu Beginn einer jeden Vorlesung spielte der Dozent     der Studierenden auf spielerische Weise an ein neues
mit den Studierenden „zum Warmwerden“ ein paar           Thema herangeführt werden. Natürlich ersetzt der
Runden auf der App. Hierzu wurde das Smartphone          Einsatz einer solchen App aber nicht die klassische
des Dozenten an den Beamer angeschlossen, sodass         Vor- und Nachbereitung einer Vorlesung sowie das
alle Studierenden die anstehende Frage und die           Lernen für die Klausur. Hierzu wurde in dem oben
möglichen Antworten über die Leinwand mitverfol-         beschriebenen Beispiel der Hochschule Emden/Leer
gen konnten. Ansonsten spielten die teilnehmenden        des Sommersemesters 2017 ergänzend ein fachlich
Studierenden außerhalb der Vorlesungszeit mit der        anspruchsvolleres Online-Trainingstool (NWB Verlag
App und überbrückten so u. a. Leerzeiten an der          2017b) eingesetzt, welches über 200 Aufgaben aus dem
Hochschule und Fahrzeiten zur oder von der Hoch-         Bereich des Bilanziellen Rechnungswesens als Multi-
schule mit öffentlichen Verkehrsmitteln.                 ple-Choice-, Lückentext- oder Zuordnungsaufgaben
                                                         enthält. Hiermit konnten die Studierenden Teile des
  Am Ende des Semesters sicherte sich ein Studie-        Vorlesungsstoffes ebenfalls mit technischer Unter-
render aus dem vierten Semester mit einer Punkt-         stützung ansprechend nacharbeiten und sich damit
zahl von 13.328.290 den ersten Platz (Abbildung 3,       auch auf die Klausur vorbereiten. Während die App
Punkt 1) vor einem Studierenden aus dem zweiten          kostenlos zur Verfügung steht, war für die Nutzung
Semester und einer Kommilitonin aus dem vierten          des Trainingstools eine entsprechende Nutzungslizenz

                                                                                                                    02| 2018 DNH
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zu erwerben. Da der Einsatz des Trainingstools der                 Verwendung der App in der Vorlesung ist anfangs
Verbesserung der Qualität der Lehre und der Studi-                 einmal die technische Hürde bezüglich des Koppelns
enbedingungen diente, konnte die entsprechende                     des Smartphones mit dem Beamer zu nehmen. Sind die
Nutzungslizenz aus Studienqualitätsmitteln des                     entsprechenden kleineren Hardwareteile erst einmal
Landes Niedersachsen finanziert werden.                            angeschafft und das Koppeln vor der ersten Vorlesung
                                                                   ein paar Mal ausprobiert, ist der technische Aufwand
   Die technische Anbindung und das Freischalten                   für die Nutzung des Smartphones in den folgenden
dieses Online-Trainingstools erfolgte sehr smart. Eine             Veranstaltungen überschaubar. Bei der Finanzierung
Freischaltung musste nicht aufwendig auf Einzelnutzer-             von kleineren Sachgeschenken für die Erstplatzierten
ebene organisiert werden, sondern erfolgte direkt auf              aus Hochschulgeldern sind die entsprechenden Hoch-
Ebene bestimmter Kurse auf der – von der Hochschu-                 schulverwaltungsvorschriften zu berücksichtigen. Für
le Emden/Leer eingesetzten – Online-Lernplattform                  die Finanzierung von Apps bzw. Trainingstools stehen
„Moodle“. Für jede Vorlesung aus dem Bereich des                   eventuell Hochschulgelder zur Verfügung.
Bilanziellen Rechnungswesens existiert in Moodle
ein Kurs, für den sich die Studierenden anmelden                     Auch wenn die Nutzung einer Gamification-App
müssen. Aus diesen relevanten Moodlekursen erfolgt                 das klassische Lernen von Lerninhalten nicht ersetzt,
jeweils eine Verlinkung auf den NWB-Server und                     kann sie für Studierende eine willkommene Alterna-
somit auf das Online-Trainingstool, ohne dass sich                 tive sein, an ein neues Themengebiet herangeführt
die Studierenden hierfür noch explizit einloggen                   zu werden. Ein fachlich anspruchsvolles Online-
müssen.                                                            Trainingstool kann beispielsweise ergänzend für das
                                                                   Lernen des Vorlesungsstoffes und zur Klausurvorbe-
                                                                   reitung eingesetzt werden. Aufgrund der positiven
Lessons Learned                                                    Erfahrungen werden sowohl die Bilanz-Quiz-App
                                                                   als auch das Online-Trainingstool auch im nächs-
Das Feedback der Studierenden sowohl zu der                        ten Semester wieder Gegenstand der Lehre im Fach
verwendeten App als auch zum Online-Trainingstool                  „Bilanzielles Rechnungswesen“ an der Hochschule
war durchweg positiv. Die Handhabung der beiden                    Emden/Leer sein. Auch der Fragenbestand der App
Anwendungen war intuitiv und einfach. Bei der                      wurde mittlerweile auf über 600 Fragen erhöht.

  Literatur
  Deterding, Sebastian; Dixon, Dan; Khaled, Rilla; Nacke, Lennart: From Game Design Elements to Gamefulness: Defining „Gami-
     fication”. In: MindTrek’ 11, September 28–30, 2011, Tampere, Finland. S. 9–15.

  FernUniversität in Hagen, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Wirt-
     schaftsprüfung: Apps des Lehrstuhls, www.fernuni-hagen.de/wirtschaftspruefung/studium/apps.shtml, Abruf am 01.01.2018.

  Hochschule Emden/Leer 2017a, Fachbereich Wirtschaft: Spannende News aus der Lehre am FBW, 04.04.2017, m.facebook.
    com/story.php?story_fbid=1311684928877753&substory_index=0&id=172199699492954), Abruf am 01.01.2018,

  Hochschule Emden/Leer 2017b, Fachbereich Wirtschaft: App „Wer wird Bilanzierungs-Experte?“, 30.06.2017, facebook.com/
    wirtschaft.emden/photos/pcb.1399665013413077/1399662170080028/?type=3, Abruf am 01.01.2018.

  Klinge, Jan-Martin: Halbtagsblog, Kann man problemlos in der Schule ein Smartphone/Tablet mit dem Beamer verbinden?,
      13.05.2016, halbtagsblog.de/2016/05/13/7794/, Abruf am 01.01.2018.

  Kotthaus, Christoph; Ludwig, Thomas: Zocken in der Fabrikhalle, http://www.uni-siegen.de/start/news/forschungsnews/799913.
     html, Abruf am 09.01.2018.

  NWB Verlag 2017a: Wer wird Experte – Kostenlose Quiz-Apps, mit denen Sie Ihr Fachwissen zum Thema Bilanzierung und Steu-
    ern testen und attraktive Preise gewinnen können, nwb.de/de-de/service/07_ms_quiz%20apps?ts=636504000883197013,
    Abruf am 01.01.2018.

  NWB Verlag 2017b: Online-Training mit über 200 Aufgaben und Lösungen zum Buch „Bilanzierung nach Handels- und Steu-
    errecht“ von Meyer/Theile, shop.nwb.de/en/Artikel/B/60508N.aspx, Abruf am 01.01.2018.

  Robra-Bissantz, Susanne; Eckardt, Linda: Game-based Learning. In: Das Wirtschaftsstudium (WISU), 1/18, S. 52 ff.
  1 „Gamification as the use of game design elements in non-game contexts”, Deterding u. a., S. 9, siehe zu der Thematik
    auch Robra-Bissantz/Eckardt.
  2 Bezüglich eines Beispiels des Einsatzes des Gamification-Ansatzes in der Praxis siehe Kotthaus/Ludwig.

DNH 02 | 2018
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