Lehren und Lernen mit sozialen Medien - Hochschullehrerbund
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Ausgabe 02-2018 FÜR ANWENDUNGSBEZOGENE WISSENSCHAFT UND KUNST Lehren und Lernen mit sozialen Medien Campusnotizen hlb aktuell Aus Wissenschaft Wissenswertes Zellforschung im Weltraum Neue Regelungen im & Politik Urteil zur Konsumtion von Urheberrecht ab 1. März Hochschulzugang für Berufungsleistungsbezügen beruflich Qualifizierte 6 18 30 34
2 Inhalt Campusnotizen Titelthema: hlb aktuell 4 HAW Hamburg: Modell für Lehren und Lernen 20 Modernisierung des kompetenzorientierte Lehre im mit sozialen Medien Urheberrechts: Neues Kommunikationsbereich Urheberrechtsgesetz für die Wissenschaft gilt ab 1. März 5 Hochschule Niederrhein: Projekt Brutbeobachtung in Nistkästen 21 hlb intern: Führungs- 8 Ein bisschen Krimi hilft beim kräftenachwuchs | Von Jochen Ostbayerische Technische Lernen – Strafrecht per Struwe, Vizepräsident der hlb - Hochschulen: Projekt der Animationsvideo | Von Prof. Dr. Bundesvereinigung, Stv. hlb - Weiterbildung „OTH mind“ Ruth Linssen und Adam Khalaf Landesvorsitzender RP erhält erneut 2,5 Millionen Euro Fördermitteln 12 Aktivierende Lehre mit Apps – Erfahrungen aus dem Bereich des 6 Ernst-Abbe-Hochschule Jena: bilanziellen Rechnungswesens | Wissenswertes Herausforderung Raumfahrttechnik Von Prof. Dr. Knut Henkel, Dirk FH Lübeck: Landtag macht Weg frei Kersting und Prof. Dr. Gerrit Brösel 34 Alles, was Recht ist für erste Technische Hochschule in 16 Mit Heimatklängen und Finger- 35 Neue Bücher von Kolleginnen Schleswig-Holstein Yoga gegen Hass und Hetze im und Kollegen 7 Hochschule Pforzheim: Social- Netz | Von Prof. Dr. Claudia Brözel 36 Neuberufene Collaboration-Plattform als und Henriette Pflug Lernumgebung für Leadership- Vorlesung Standards Aus Wissenschaft & Politik 3 Editorial Fachaufsätze 32 Leserbrief 30 Hessen: Modellversuch zum 22 Zwei Welten im Innenleben der Hochschulzugang für beruflich 33 Autorinnen und Autoren gesucht neuen deutschen Hochschule? | Qualifizierte feiert Erfolge & Impressum Von Dr. Peter-Georg Albrecht 31 FIBS und HIS-HE: Start für Studie zur 38 Stellenanzeigen 26 Kooperation meets Interaktion Entwicklung des Hochschulsystems in – Veranstaltungen mit 40 hlb Seminartermine 2018 Zeiten der Digitalisierung Praxispartnern im Fach Mobilitätsmanagement | Von Sachsen: Alle staatlichen Prof. Dr. Christoph Menzel und Hochschulen vereinbaren Regelungen Karsten Künnecke für bessere Beschäftigung Gesundheitsmanagement für Studierende Die Techniker Krankenkasse und die Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen beleuchten gute Ansätze und Praxiserfahrungen im duz SPECIAL, das dieser Ausgabe beiliegt. 02 | 2018 DNH
Editorial 3 Nur Spielkram? – Machen wir was daraus! Vermutlich haben alle von uns irgendwann schon einmal am eigenen Leibe erlebt, dass soziale Medien zu Zeitfressern werden können. Vie- lerorts haben sie inzwischen aber auch schon einen festen Platz bei der Unterstützung von Lehrveranstaltungen erobert. Ob Studierende mobile Geräte wie Smart- Es kann aber auch zum Unterrichts- phone, Tablet & Co. in die Lehrveran- thema werden, dass Studierende staltung mitbringen und zwischendurch gemeinsam in einem sozialen Netz- Foto: hlb/Judith Wallerius auch „schnell mal eben“ benutzen, ist werk aktiv werden und dort inhalt- schon lange keine Frage mehr. Es passiert liche Beiträge leisten. einfach. Bereits vor zwei Jahren wurde in dieser Zeitschrift eine Studie vorgestellt, Für jede dieser Herangehensweisen aus der hervorging, dass diese SmartDe- finden Sie im vorliegenden Heft der DNH Christoph Maas vices aber keineswegs nur der Unterhal- ein Beispiel: tung und Ablenkung dienen, sondern durchaus auch zur Unterstützung des Ruth Linssen und Adam Khalaf haben Lernprozesses eingesetzt werden.* das Thema Strafrecht für Studierende der Sozialen Arbeit in Videos aufbereitet, die Doch warum eigentlich sollten wir es sie auf der Plattform YouTube bereitstellen. spontanen Einfällen der Studierenden Ihr Ziel ist es, hiermit einen Einstieg in die überlassen, ob und wie elektronische Arbeit mit Texten zu schaffen (Seite 8). Hilfsmittel in der Lehre Nutzen stiften? Das muss doch auch planvoller gehen! Knut Henkel, Dirk Kersting und Gerrit Brösel üben mit ihren Studierenden den In der Tat werden in unseren Hoch- Stoff des bilanziellen Rechnungswesens schulen schon zahlreiche Ansätze prakti- mit einer App, die in der Semestergruppe ziert, die auf dem gezielten Einsatz sozia- den sportlichen Ehrgeiz weckt (Seite 12). ler Medien basieren. Dabei können ganz unterschiedliche Szenarios zugrunde Die Studierenden von Claudia Brözel gelegt werden: und Henriette Pflug entwickeln eine Im vergleichsweise einfachsten Fall Social-Media-Kampagne gegen Hass im werden auf einer Plattform Lehrmate- Internet. Im Rahmen einer Lehrveranstal- rialien bereitgestellt. Zugriff, Nutzung tung über Online-Marketing beteiligen sie (beispielsweise das Abspielen eines sich damit an einem Wettbewerb, der von Podcasts) und Kommentierung sind Facebook ausgeschrieben wird (Seite 16). von der Lehrperson steuerbar. Wenn mehrere Teilnehmerinnen und In den „Campusnotizen“ lesen Sie, wie Teilnehmer einer Lehrveranstaltung auf an der Hochschule Pforzheim der Einsatz dasselbe Material zugreifen können, einer Social-Collaboration-Plattform in lassen sich kooperative oder wettbe- der Lehre erprobt wird (Seite 7). werbliche Spiele realisieren (Gamifica- tion). Ob eines der Beispiele auch Ihre Fanta- * Ulrich Dittler und Christian Kreindl: SmartDevices in der Vorlesung: Ebenso sind dann Diskussionsrunden sie anregt und Sie auf Gedanken für Ihre unterstützendes Lernmittel oder oder das gemeinsame Lösen gestellter Lehrveranstaltung bringt? Überraschen störende Ablenkung?, DNH 4/2016, Aufgaben möglich. würde es mich jedenfalls nicht. 106–109 Ihr Christoph Maas DNH 02 | 2018
4 Campusnotizen HAW Hamburg Modell für kompetenzorientierte Lehre im Kommunikationsbereich Foto: Sebastian Isacu Foto: Sebastian Isacu Der HAW-Newsroom: Hier lernen pro Jahrgang 24 Studierende alles über digitale Studiengangsleiter Christian Stöcker (r.) im Gespräch mit Studierenden Kommunikation – im tagesaktuellen Praxisbetrieb. Wenn man dem neuen Master-Studi- sichtbar, sei es ein Erklärvideo zur deut- einer HAW-Professorin der Fakultät Life engang „Digitale Kommunikation“ der schen Tischfußballmeisterschaft oder ein Sciences als Expertin. Hamburger Hochschule für Angewandte Feature über Schwarzarbeit, ein Quiz über Wissenschaften (HAW Hamburg) besucht, Hamburger Redensarten oder ein Liveti- Peer Learning ist im HAW-Newsroom bietet sich ein etwas anderes Bild, als man cker zu den Ausschreitungen am Rande zentral: Die in einem aufwendigen es an einer Hochschule vielleicht erwar- des G20-Gipfels im Sommer 2017. Auswahlverfahren geprüften Studieren- ten würde. Statt Hörsaal- oder Seminar- den bringen unterschiedliches Vorwissen raumatmosphäre erlebt man den – manch- Begleitet wird die Arbeit im Newsroom mit, sei es aus dem Hörfunk-, Print- oder mal durchaus hektischen – Arbeitsalltag von erfahrenen Journalistinnen und Jour- Bewegtbildjournalismus, aus der Unter- einer Redaktion im Großraumbüro. Die nalisten – publiziert wird nur, was ein nehmenskommunikation, der Werbung Studierenden sitzen an in Sechsergruppen Mitarbeiter der Hochschule abgenom- oder den sozialen Medien. Der Wissens- angeordneten Arbeitsplätzen, auf jedem men hat. Den Studiengang leitet Prof. Dr. transfer unter den Studierenden geschieht Tisch stehen zwei große PC-Monitore, viele Christian Stöcker, der viele Jahre Redak- in der täglichen Arbeit ebenso beiläufig wie davon hochkant. Dazwischen Kaffeetas- teur und später Ressortleiter bei SPIEGEL der Kompetenzerwerb, denn alle Studieren- sen, Mobiltelefone, Notizzettel und hin ONLINE war. den sind mal Chef vom Dienst, mal Social- und wieder mal ein Kaktus oder kleiner Media-Redakteur, mal mit Nachrichten- Talisman. Hier wird gearbeitet, das ist auf Der Mediencampus Finkenau der schreiben befasst und mal als Rechercheur den ersten Blick klar – aber auch studiert? HAW ist für diese Art der Lehre ein idea- oder Reporterin im Einsatz. So entsteht les Umfeld, denn in der Fakultät Design, ein umfassendes Bild von den diversen Der HAW-Newsroom am Kompetenz- Medien, Information, in der der neue Rollen, die in der digitalen Kommunika- zentrum CCCOM, in dem die Lehrveran- Studiengang angesiedelt ist, wird auch tion auszufüllen sind, sei es in einer jour- staltungen des neuen Masters stattfinden, Suchmaschinenforschung betrieben, App- nalistischen Redaktion oder in einem der folgt dem sogenannten Teaching-Hospital- Entwickler und Designer werden ausgebil- modernen Newsrooms, die viele Unter- Modell, das zuerst an US-amerikanischen det, Illustratoren, Animationsfachleute, nehmen anderer Branchen mittlerweile Journalistenschulen eingeführt wurde. Fotografen, Fachleute für Virtuelle Reali- als Kommunikationszentralen einführen. Die Studierenden produzieren während tät und Spieleentwickler. Department- ihres ersten Studienjahrs an fünf Tagen übergreifende Kooperationen bieten sich Im zweiten Studienjahr führen die pro Woche ein tagesaktuelles Magazin. da an und ermöglichen interdisziplinäre Studierenden jeweils in Zusammenar- Es heißt FINK.HAMBURG und berichtet Teamarbeit, auf die viele Absolventen auch beit mit Unternehmen oder Organisati- über Themen aus der Stadt und von der in der Arbeitswelt von morgen angewie- onen Praxisprojekte durch. Die Partner HAW selbst, und zwar digital, cross- und sen sein werden. reichen von SPIEGEL ONLINE bis zum multimedial. Parallel ist das Magazin in „Hamburger Abendblatt“, von Greenpeace einschlägigen Social-Media-Kanälen von Die Schwerpunktthemen der Berichter- bis Beiersdorf. So werden gleichzeitig erste Facebook bis Twitter vertreten. stattung sind die Stadt Hamburg und die wichtige Kontakte zu möglichen Arbeitge- HAW – aus dem Blickwinkel und mit den bern geknüpft. Der Live-Betrieb ist für Studieren- konkreten Themensetzungen der Studie- de wie Lehrende Ansporn und Heraus- renden selbst, von Porträts von Obdachlo- Christian Stöcker forderung: Alles, was publiziert wird, ist sen bis hin zur Geschichte über die wahren sofort für ein potenziell globales Publikum Qualitäten angeblicher „Superfoods“ mit fink.hamburg 02 | 2018 DNH
5 Hochschule Niederrhein Projekt Brutbeobachtung in Nistkästen In Kooperation mit der Bischöflichen Die Software für die internetgestützte Marienschule in Mönchengladbach, der Beobachtung wurde in mehreren Semes- Astrid Lindgren Schule in Willich und terarbeiten von Wirtschaftsinformatik- der Justizvollzugsanstalt (JVA) in Willich Studenten der Hochschule Niederrhein in entwickelt die Hochschule Niederrhein Mönchengladbach entwickelt. „Das Projekt Bausätze für Nistkästen, die es ermögli- hat neben dem praktischen Bausatz noch chen, den Brutvorgang über das Inter- zwei weitere positive Aspekte für Hochschul- net zu beobachten. Gefördert wird das lehre und Transfer“, sagt Projektleiter Prof. Projekt von der Heinz-Sielmann-Stiftung. Dr. Claus Brell. „Die Studierenden lernen an Auch die Telekom hat zusätzliche Mittel einem lebensnahen Praxisbeispiel Program- Foto: Hochschule Niederrhein als Spende bereitgestellt. mierung im Umfeld des Internet-of-Things. Außerdem profitieren die Schüler durch die Frank Jansen, stellvertretender Werk- praxisorientierten Raspberry-Pi-Workshops.“ dienstleiter der Justizvollzugsanstalt in Willich-Anrath, freut sich, dass die JVA einen Das Gesamtsystem besteht aus einem Nist- Beitrag zu dem Projekt leisten kann. „Es ist kasten, der spezielle Vorrichtungen für die Prof. Dr. Claus Brell mit dem neuen wichtig, dass unsere Inhaftierten während Infrarotkamera, einen Linux-Kleinrechner Luxusnistkasten. Für die Elektronik werden der Haftzeit etwas Sinnvolles tun und lernen. Raspberry Pi, UMTS-Datenverbindung und Halterungen aus dem 3-D-Drucker verwendet. Dazu haben wir eine Schreinerwerkstatt, in zusätzliche Messelektronik enthält, sowie aus der wir die Prototypen für das Hochschul- einer autarken Energieversorgung aus Solar- projekt erstellen können.“ Über die Internet- panel, Speicherakku und Spannungskon- in Tönisvorst und der Hochschulcampus adresse Knastladen.de werden die Produkte vertern. Als Aufstellungsorte für die Proto- in Mönchengladbach geplant. der Vollzugsanstalten in Nordrhein-Westfa- typen sind die Astrid Lindgren Schule in len vertrieben. Willich, ein Baum in einem Kreisverkehr Hochschule Niederrhein Ostbayerische Technische Hochschulen Projekt der Weiterbildung „OTH mind“ erhält erneut 2,5 Millionen Euro Fördermittel Foto: Michael Hellwig, OTH Regensburg akademischen Weiterbildung damit bis Ende weiter verstetigen und ausbauen können. Juli 2020 bewilligte Zuwendungen in Höhe Weiterbildung auf akademischem Niveau ist von 2,5 Millionen Euro zur Verfügung, die je ein Megatrend der Zukunft. Um dem stei- zur Hälfte an die OTH Regensburg und die genden Bedarf nach innovativen Weiter- OTH Amberg-Weiden gehen. Prof. Dr. Wolf- bildungsinhalten gerecht zu werden, sind gang Baier, Präsident der OTH Regensburg, explizite Fördermittel eine willkommene und Prof. Dr. Andrea Klug, Präsidentin der und auch zwingend notwendige Ressour- OTH Amberg-Weiden, haben anlässlich der ce für Hochschulen.“ Seine Amtskollegin Die Präsidenten der beiden Hochschulen Weiterförderung eine neuerliche Kooperati- an der OTH Amberg-Weiden, Präsidentin unterschreiben anlässlich der zweiten Förderrunde onsvereinbarung unterzeichnet. Das Projekt Andrea Klug, verweist auf die Bedeutung für ihres Verbundprojekts „OTH mind“ eine „OTH mind“ richtet sich, wie in der ersten die regionale Wirtschaft: „Die Verbesserung Kooperationsvereinbarung: (v. l.) Prof. Dr. Wolfgang Förderphase, vor allem an beruflich Qualifi- der Durchlässigkeit zwischen hochschu- Baier, OTH Regensburg, Prof. Dr. Andrea Klug, OTH zierte, Berufstätige und Studienzweifler. Die lischer und beruflicher Bildung ist ein wich- Amberg-Weiden. modularen Bildungsangebote ermöglichen tiges Thema in der Wissens- und Bildungs- den unterschiedlichen Zielgruppen, sich vor region Oberpfalz. In der ersten Förderphase „OTH mind“, das „modulare innovative Ort nach individuellen Bedürfnissen, aber haben wir bereits einige Maßnahmen auf Netzwerk für Durchlässigkeit“, ist am 1. auch praxis- und bedarfsorientiert akade- den Weg gebracht. Durch die erneute Förde- Februar 2018 in die zweite Förderrunde misch weiterbilden zu können. rung können wir unsere Ambitionen der gestartet: Das Verbundprojekt von OTH stetigen Weiterentwicklung unserer akade- Regensburg und OTH Amberg-Weiden wird Prof. Dr. Wolfgang Baier, Präsident der mischen Bildungsangebote für die Fach- und für einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren OTH Regensburg, unterstreicht die Wichtig- Führungskräfte in unserer Region zusätzlich vom Bundesministerium für Bildung und keit der Weiterförderungszusage aus Berlin: vorantreiben.“ Forschung (BMBF) weiter bezuschusst. Für „Es freut uns sehr, dass wir in den kommen- das neue Vorhaben stehen dem Projekt zur den zweieinhalb Jahren die Projektthemen OTH Regensburg DNH 02 | 2018
6 Campusnotizen Ernst-Abbe-Hochschule Jena Herausforderung Raumfahrttechnik Anfang Dezem- junge Wissenschaftlerin über die Vorbe- ber des vergange- reitungsarbeiten. „In der Schwerelosigkeit nen Jahres reiste wirken enorme Kräfte auf den Menschen Sabrina Herbst, wie auf die Technik. Das bedeutet, dass Doktorandin der die technischen Systeme komplexe Anfor- Ernst-Abbe-Hoch- derungen erfüllen müssen. Beispielsweise Foto: privat schule Jena und muss der Austritt jeglicher Flüssigkeiten der Universität verhindert werden.“ Foto: NASA Magdeburg, zum Sabrina Herbst Kennedy Space Die bisherigen Forschungen der Wissen- unterstützte Projekte Center nach Flori- schaftler haben gezeigt, dass die Schwe- Bergung der Dragon-Kapsel (Raumschiff) nach der auf dem Kennedy Space da. Dort war sie relosigkeit in jedem Falle Einfluss auf Rückkehr am 13. Januar 2018 Center in Florida an den Vorbe- Immunzellen hat. Jetzt erwartet das Team reitungen eines mit Spannung die Ergebnisse der ISS, Forschungsprojektes des Deutschen deren Auswertung nach der kürzlichen Zentrums für Luft- und Raumfahrt Rückkehr des Testsystems begonnen hat. beteiligt, bei dem Immunzellen auf der internationalen Raumstation ISS unter Sabrina Herbst erinnert sich, dass sie im Weltraumbedingungen getestet werden Team auf dem Kennedy Space Center auch sollten. als Kommunikatorin einsprang: „Die Züri- cher und Magdeburger Wissenschaftler Foto: NASA Die Zellen wurden in Testbehälter in sind Mediziner und Biologen. Die Kolle- ein Dragon-Raumschiff eingesetzt, das gen, die den Einbau der Testbehälter in die mit einer Rakete vom Typ Falcon 9 zur ISS Rakete verantworten, sind Maschinenbau- Start der Falcon 9 am 15. Dezember 2017 gebracht wurde. Beim Zusammenbau der er. Da gibt es schon die ersten Unterschiede Behälter, einem modularen System, das bei den Fachbegriffen. Durch meine mehr- unter anderem die Sterilität jedes Bauteils jährige Arbeit in der Forschungsgruppe die ISS erneut begleiten zu dürfen. Nicht erfordert, unterstützte die 27-Jährige. von Prof. Ullrich und Prof. Engelmann nur, weil die Forschungsergebnisse für die „Immunzellen müssen unter einer gleich- und durch meinen Masterabschluss als Medizin, die Biologie und die Raumfahrt bleibenden Temperatur von 37 Grad Wirtschaftsingenieurin verstehe ich beide gleichermaßen bedeutend sind. „Die Erde Celsius in einer Wärmebox transportiert ‚Sprachen‘ und konnte oft ‚übersetzen‘.“ als großes Ganzes zu betrachten“, meint und in einem exakt definierten Zeitfens- sie, „ist nicht nur eine Philosophie, das ter zeitnah vor dem Start in die Rake- Sabrina Herbst wünscht sich, die ist eine Herausforderung.“ te montiert werden. Das ist ein Prozess, Vorbereitungen für die geplanten neuen bei dem nichts schiefgehen darf“, so die Versuchsreihen mit Immunzellen für EAH Jena FH Lübeck Landtag macht Weg frei für erste Tech- nische Hochschule in Schleswig-Holstein Der Landtag des Landes Schleswig-Holstein profiladäquate Bezeichnung, insbesonde- der fachlichen Schwerpunkte Technik, hat mit der Entscheidung über den Entwurf re die Bezeichnung ‚Technische Hoch- Naturwissenschaften, Wirtschaft und eines Gesetzes zur Änderung des Hoch- schule‘ führen, wenn sie nach ihrem Architektur am Standort Lübeck könnte schulgesetzes für die Umbenennung der Fächerspektrum und ihrer Leistungsfä- so zukunftsorientiert und überregional ge- Fachhochschule Lübeck in „Technische higkeit dieser Bezeichnung entsprechen stärkt werden. Durch die Umbenennung Hochschule Lübeck“ den Weg freigemacht. und in der Art ihrer Kooperationen auf wird zudem eine qualitative Weiterent- einschlägige Wissenschaft und Wirtschaft wicklung des wissenschaftlichen Stand- Der gemeinsame Antrag der Fraktionen ausgerichtet sind.“ ortes in Lübeck unterstrichen, der im von CDU, Bündnis90/Die Grünen und Jahr 2018 auf eine 210-jährige Geschich- FDP hatte folgenden Wortlaut: Begründet wurde der Antrag zur Namens- te zurückblicken kann. Die Hochschule änderung damit, dass „das wissenschaft- selbst feiert im Jahr 2019 ihr fünfzigjäh- „Mit Zustimmung des Ministeriums liche Profil Schleswig-Holsteins sowohl riges Bestehen.“ können die Fachhochschulen anstelle der national als auch international damit gesetzlichen Bezeichnung … eine andere unterstrichen wird. Die besondere Qualität FH Lübeck 02 | 2018 DNH
7 Hochschule Pforzheim Social-Collaboration-Plattform als Lernumgebung für Leadership-Vorlesung In der Evaluation berichteten Studie- rende insbesondere über positive moti- vationale Effekte durch die Auswahlmög- lichkeiten bei den vertiefenden Inhalten (Personalisierung), die Sichtbarkeit der eigenen Beiträge für alle sowie durch die Möglichkeit der Bewertung (“Likes”) der Beiträge der Kommilitonen. Darüber hinaus erlebten sie es als positiv, durch die Kommentare der anderen neue Perspekti- Foto: Hochschule Pforzheim/Jan Foelsing ven auf ihre eigenen Beiträge zu erhalten und auch mit der Dozentin innerhalb der Plattform kommunizieren zu können. Als herausfordernd wurden jedoch die unge- wohnte Gestaltung der Plattform und die Vielzahl der Beiträge über das Semester hinweg erlebt. In Organisationen zeichnet sich aktu- ell ein Paradigmenwechsel im Lernen ab: Gesellschaftliche und technologische Lernformate gestaltet sein müssen, um von lehr- und instruktionszentrierten Entwicklungen verändern die Art der die Zusammenarbeit und den Austausch Ansätzen zu kollaborativ-lernerzentrier- Kommunikation, der Zusammenarbeit (Social Learning) über eine solche Platt- ten Ansätzen, bei denen Lernen direkt in und des Lernens, wobei insbesondere sozi- form bestmöglich zu unterstützen. den Arbeitsprozess integriert ist. Befördert ale Netzwerke zunehmend an Bedeutung wurde dieser Wandel auf technologischer gewinnen. Unternehmen sehen in sozi- Eine erste Umsetzung wurde in einer Seite maßgeblich durch Social-Collabo- alen Netzwerken z. B. großes Potenzial, interdisziplinären Wahlpflichtveranstal- ration-Plattformen. Auch im Hochschul- ihre interne Zusammenarbeit zu fördern tung zum Thema Leadership erprobt, kontext können diese Plattformen sinn- und Mitarbeitende voneinander lernen zu unterstützt durch das Social Collaborati- voll eingesetzt werden. Ihre Nutzung mit lassen. So entstanden Social-Collaboration- on Tool Coyo. Bei der Konzeption waren darauf abgestimmter Didaktik ermög- Plattformen, z. B. MS Yammer, SAP Jam, insbesondere drei Herausforderungen zu licht es, Studierende noch besser auf eine u. a., die sich aktuell zu ganzheitlichen beachten: sehr heterogene Wissensstän- Arbeitswelt vorzubereiten, in der Innovati- Zusammenarbeits-, Kommunikations- und de und Lerninteressen, hohe Teilnehmer- onen in Zusammenarbeit und Netzwerken Lernlösungen entwickeln. Sie haben unter- zahl sowie eine hohe Interaktionshürde entstehen. Anstelle klassischer Lernma- schiedliche Schwerpunkte und integrie- durch Englisch als Unterrichtssprache. Um nagementsysteme können sie dann einge- ren Technologien wie Blogs, Wikis, Foren, diesen Herausforderungen zu begegnen, setzt werden, wenn zusätzliche technische Newsfeeds, Social Tagging, Filesharing und wurden u. a. zwei didaktische Elemente Elemente, z. B. Tests, Zertifikate etc., inte- Instant Messaging, um bislang genutzte integriert und über die Social-Collabora- griert werden. Kommunikations- und Collaboration- tion-Plattform abgebildet: Tools zu konsolidieren. Die Erfahrungen 1. Personalisiertes Lernen: Auf Basis Prof. Dr. Anja Schmitz, in Organisationen zeigen allerdings, dass gemeinsam durchgeführter interak- Professorin für Personalmanagement ein erfolgreicher Einsatz dieser Tools auch tiver Vorlesungseinheiten konnten Prof. Dr. Joachim Schuler, neue Lernkonzepte erfordert. die Studierenden einen aus drei unter- Professor für Wirtschaftsinformatik schiedlichen Lernpfaden zur vertiefen- Jan Foelsing, Mit der Frage, wie diese Tools in der den, selbst gesteuerten Bearbeitung Teilprojektverantwortlicher für das Lehre eingesetzt und Studierende auf auswählen. Thema Social Collaboration und die betriebliche Anwendung vorberei- moderne Lernformen tet werden können, beschäftigen sich 2. Kollaboratives Lernen: Im Anschluss Jeweils Hochschule Pforzheim verschiedene Professoren und Mitarbei- an die Bearbeitung der individuellen ter der HS Pforzheim seit 2017 in einem Lernpfade stellten die Lernenden ihre BMBF-geförderten Projekt (Förderkenn- persönlichen Reflexionen auf der Social- zeichen: 01PL12001) zum Thema Social Collaboration-Plattform zur Diskussion, Die Meldungen in dieser Rubrik, Collaboration. Ziel des Projektes ist zum bearbeiteten Aufgabenstellungen zur soweit sie nicht namentlich einen die Identifikation einer für den Vorbereitung auf die Klausur in einer gekennzeichnet sind, basieren Hochschulkontext passenden Plattform, Kleingruppe und kommentierten bzw. auf Pressemitteilungen der jeweils zum anderen soll ermittelt werden, wie ergänzten die Beiträge der anderen. genannten Institutionen. DNH 02 | 2018
8 Titel: Lehren und Lernen mit sozialen Medien Ein bisschen Krimi hilft beim Lernen – Strafrecht per Animationsvideo Lesen fällt vielen Studierenden schwer, vor allem bei Fachtexten. Die Videos von Linssen Law Learning verlassen die üblichen Pfade der Lehrvideos und wollen Lust auf Lesen und auf Strafrecht machen. | Von Prof. Dr. Ruth Linssen und Adam Khalaf Unleugbar haben sich Studierende, die gewisse inhaltliche Tiefe zu erreichen oder Zielgruppe von Hochschullehre, in den Komplexität abzubilden, benötigt man letzten Jahrzehnten verändert. Ein erheb- dabei gemeinhin mehr als 160 Zeichen. licher Faktor bei dieser Veränderung sind die sogenannten „Neuen Medien“. Das Es ist belegt, dass „um mit und aus Angebot für Smartphones, Tablets und Texten zu lernen, ein gutes Textverständ- Foto: privat Co. und deren Nutzung wirken sich nis (...) notwendig“ ist (Renkl, 2015, S. auf die Erwartungen und Motivation 11). Eigene Untersuchungen deuten der Studienanfänger ebenso wie auf die darauf hin, dass in bestimmten Kontex- Prof. Dr. Ruth Linssen von ihnen mitgebrachten Grundkompe- ten ein erheblicher Teil der Studienan- tenzen aus. So überrascht es viele Studi- fänger Lesekompetenzen (Sinnentnahme Professorin für Soziologie und Recht enanfänger, dass Lesen eine der zentralen und Lesegeschwindigkeit) aufweist, die Anforderungen des Studiums ist. Wenig dies erschweren können (Linssen, Meyer linssen@fh-muenster.de verwunderlich, wenn man sich vor Augen & Wieland 2016). führt, dass das Lesen langer, oft schwie- riger Studientexte 24 Stunden am Tag in Den Studierenden im Studium mehr Aufmerksamkeitskonkurrenz zu Messen- Gelegenheit zu geben, Lesen und Text- gernachrichten von Smartphones und verständnis zu üben, könnte Abhilfe bewegten Bildern auf Videoplattformen schaffen. Dazu reicht es nicht aus, statt steht (Statista 2017). Da die Studierenden 300 nun 600 Seiten anzugeben, die bis das Lesen langer, inhaltlich anspruchs- zum nächsten Seminartermin zu lesen voller Texte aus ihrer Mediensozialisation sind. Denn die Motivation, also das Foto: privat weniger gewöhnt sind, haben sie dement- „Wissen wollen“, die Erfolgserlebnisse sprechend wenig Übung darin und finden beim Lesen üben und das „Verstehen“ in der Folge auch wenig Spaß daran, weil sind entscheidend (vgl. Schiefele, Schaff- Adam Khalaf, M. A. die Erfolgserlebnisse im Sinne (schnellen) ner 2015). Genau hier setzt das hier vorge- Wissenschaftlicher Mitarbeiter Verstehens rar gesät sind. Man könnte stellte Konzept von Linssen Law Learning diese Gemengelage auch zusammenfas- (LLL) an. khalaf@fh-muenster.de sen mit: Studierende lesen heute weni- ger lange, weniger gern und weniger gut Fachhochschule Münster als früher (vgl. Preußer, Sennewald 2012). Kurzvideos zur Förderung der Fachbereich Sozialwesen Lesekompetenz? Hüfferstr. 27 Dies ist insofern bedenklich, als dass 48149 Münster Lesen generell zu den „rezeptiven“ und Linssen Law Learning (LLL), das sind frei bedeutendsten Lernformen gehört. Unab- verfügbare Kurzvideos zu Themen des www.fh-muenster.de/fb10 hängig vom Medium (Bildschirm oder Strafrechts für Studierende der Sozialen Papier) findet Wissensvermittlung – nicht Arbeit bei YouTube. Sie sind gekoppelt mit nur im Studium – immer noch zu einem Übungstexten bzw. Literaturverweisen. Großteil durch Texte statt. Und um eine Es mag zunächst etwas widersprüchlich 02| 2018 DNH
9 Foto: rawpixel/123rf.com anmuten, ausgerechnet mit Kurzvideos Lesekompe- Textverstehens (Lesekompetenzvermittlung). Da auf tenzen und Lernmotivation fördern zu wollen. Das das Lesen wissenschaftlicher Texte abgezielt wurde, klingt wie „den Teufel mit dem Beelzebub austrei- sollen implizit auch Reflexions- und Recherchekom- ben“ – schließlich wurden oben u. a. Kurzvideos petenzen geschult werden. Thematisch wird das aus als mögliche Ursache mangelnder Lesekompetenz Studierendensicht anschauliche Strafrecht fokussiert. ausgemacht. Die Realisation des Konzepts wurde durch Landes- mittel des Landes NRW zur Verbesserung der Qualität Plausibel wird das Ganze, wenn man sich die der Lehre an der Fachhochschule Münster finanziert. spezifische Idee hinter LLL ansieht: Die Videos wurden gemacht für Studierende der Sozialen Arbeit. LLL besteht aus ca. drei bis sechs Minuten langen Aufgrund der Ausrichtung ihres Studienfachs auf Videosequenzen, da auch bei Lehrvideos kurze deut- konkrete soziale Phänomene fällt ihnen häufig das lich häufiger vollständig rezipiert werden als lange Verstehen und die Auseinandersetzung mit den als (Langworthy 2017). In kleinen animierten Sequen- abstrakt empfundenen juristischen Texten besonders zen werden strafbare Handlungen dargestellt und schwer. Die für juristische Texte erforderliche präzise gefragt, ob und in welcher Hinsicht überhaupt eine argumentative Textarbeit wird von Studierenden gern Straftat vorliegt (Einblendung StGB und Begründung, einmal zugunsten leichter konsumierbarer Rezep- weshalb z. B. § 242 Strafgesetzbuch zutrifft und kein tionsformen vernachlässigt. Anders ausgedrückt: anderer Paragraf), zum anderen wird auf Begleittexte Googeln fällt leichter, als einen Gesetzeskommen- verwiesen. Die Links zu den Videos finden Sie am tar zu verstehen. Ende des Beitrags. Demgegenüber belegen jedoch Erfahrungen aus Gerichtsbesuchen, dass das Interesse der Studieren- Didaktischer Einsatz von LLL den durch anschauliche, konkrete Einzelfälle sehr wohl zu wecken ist. Dies motiviert dann durchaus Die Videos von LLL sollen Studierenden den Zugang zum arbeitsaufwendigen Übertrag des konkreten zu Inhalten erleichtern, indem zunächst ein Grund- Falls auf die abstrakte Ebene rechtlicher Regelungen. verständnis für fachliche und fachsprachliche Zusam- Dies zeigt beispielhaft: Motivation und Interesse sind menhänge geschaffen wird. Darüber hinaus regen wichtige Voraussetzungen für Lernprozesse (Schie- Filme „vielfach zum Lesen und zum Herstellen von fele, Schaffner 2015) und die Motivation, Textar- Beziehungen zwischen [beiden Medienformen] an“ beit zu leisten, wird erhöht, wenn der Inhalt bereits (Preußer, Sennewald 2012, S. 122). Hinzu kommt, durch andere, einfacher zu rezipierende Kanäle als dass unbekannte Inhalte effektiver gelernt werden interessant wahrgenommen wurde, beispielsweise können, wenn mehrere Sinne (verbal/nonverbal) der „Kinofilm als Anregung zum Lesen“ (Preußer, gleichzeitig angesprochen werden (Lin, 2016). Zu den Sennewald 2012, S. 123). Videos werden jeweils mehrere (Lehrbuch-)Texte und Aufgaben/Fragen zur Verfügung gestellt. Die Videos Daher ist das Ziel von LLL die Vermittlung von sind also kein Ersatz für andere Materialien, sondern Motivation zum Lesen juristischer Texte sowie das erfüllen eigene Zwecke. In der didaktischen Konzepti- Einüben einer Leseroutine zur Erleichterung des on heben sie sich damit von anderen Videoformaten DNH 02 | 2018
10 Titel: Lehren und Lernen mit sozialen Medien „Generell ist der Vorteil von Videos aber auch, dass sie sich ja gerade besonders eignen, um pausiert und ggf. abschnittweise wiederholt zu werden, und daher Foto: Steffen Flügel / PhilosoFilm unterschiedlichen Lerntempi und -bedürfnissen gerecht werden können.“ wie Vorlesungsaufzeichnungen oder Erklärvideos, „Gleichheit vor dem Gesetz“ werden Personen visu- die eher als Ersatz zum Lesen von Texten dienen, ab. ell ausgeklammert und treten nur durch ihre Hand- lungen in Erscheinung. Durch diese hochkonstruierte Es hat sich gezeigt, dass die Videos auch eine zwei- Darstellung ergibt sich wahrnehmungstechnisch eine te Funktion erfüllen, und zwar als hilfreicher Diskus- besonders fokussierte Aufmerksamkeit des Betrach- sionsansatz für den Präsenzunterricht: Die relativ ters auf das Geschehen. Da je nach Konzentrations- schnell geschnittenen Videos enthalten viele Details, niveau in diesem Rezeptionsmodus alles bedeutsam die beim einmaligen Sehen ohne Vorkenntnisse nicht erscheint und Details ungewöhnlich hervortreten, zwangsläufig alle auf Anhieb erfasst werden können. werden bewusst in der realen Welt unwichtige Infor- Bei der Besprechung der Videos und Begleitmateri- mationen eingearbeitet: Zum einen soll hier über den alien im Seminar schafft dies regelmäßig Anlässe Verlauf der Folge(n) die Fähigkeit geschult werden, zur Diskussion über Details und Auslegungsfragen. wichtige und eventuell relevante von unwichtigen Lehrende können stärker die Rolle der Moderation Details zu trennen (juristisches Denken). Zum anderen übernehmen als die des Inputgebenden. Der eigent- werden diese Details auch zur Unterhaltung genutzt. liche Seminargedanke des qualifizierten Austausches Teil des Konzeptes ist es, hier gelegentlich Dinge einzu- und des gemeinsamen Erarbeitens tritt somit wieder arbeiten, die analog zu juristisch relevanten Fakten stärker in den Vordergrund. leicht übersehen werden könnten, zum anderen bieten diese erste Ansatzpunkte für studentische Gespräche („Hast du das gesehen…?“) zu den Lehrfilmen. Inhaltliches und gestalterisches Konzept von LLL Nicht zuletzt wird hier auch ein wichtiges Schlag- Die Kombination von Unterhaltungscharakter bei wort der Unterhaltungsfilm-Branche auf den Lehr- gleichzeitig hoher Informationsdichte ermuntert zur film übertragen: der „Replay-Value“ – also der intensiven Auseinandersetzung mit Details, die sich Anreiz, das Video noch mal anzusehen. Die hohe nicht beim ersten Anschauen direkt erschließen und Informationsdichte ist also nicht allein auf relevante in der Diskussion sowohl zwischen den Studieren- juristische Inhalte beschränkt, was schnell überladen den als auch im Seminarzusammenhang aufgegriffen wirken könnte, sondern schafft durch Bezüge zum werden können und „das Eis brechen“, sich mit ande- Geschehen eine lebensnahe, realistische Atmosphä- ren, weniger unterhaltenden Medien, wie Fachtex- re. Die juristische Welt soll durch Visualisieren und ten, einem weiteren Studium der Inhalte zu widmen. Reduzieren mit den Texten und ihrer Lesart vertraut machen. Dies geschieht im Einzelnen dadurch, dass Daraus resultierten folgende Leitideen zur Gestal- der Primärtext in seine zu prüfenden Sachverhalte tung der Videos: Zwei Welten stehen im wechselsei- zerlegt wird und in Bezug zur realen Welt gesetzt wird. tigen Bezug: die reale Welt und die juristische Welt. Dies erleichtert den Studenten nicht nur die Bearbei- Beide Welten erfahren eine visuelle Reduktion (Vogel- tung der zur jeweiligen Einheit gehörigen Texte und perspektive) analog der Reduktion auf Fakten in der Aufgaben, sondern fördert allgemein die Kompe- juristischen Betrachtung. Gemäß dem Grundsatz tenz im Umgang mit juristischen Texten. Die das 02| 2018 DNH
11 Video abschließende Fragestellung, in der ein Detail Videos seien eine „große Verständnishilfe“, denn der Situation verändert wird, ohne aber die Folgen Themen würden „greifbarer“ durch die Aufbereitung für den Fall aufzulösen, erleichtert den Zugang zum und generell seien solche Videos ein „guter Einstieg“ Begleittext, da der Studierende diesen nun nicht nur in ein Seminar. In Gruppendiskussionen wurden diese mit einem gewissen ersten Grundverständnis der Aussagen bestätigt. Insgesamt legen die bisherigen Zusammenhänge, sondern auch mit einer relevanten Evaluationsergebnisse nahe, dass die Videos den inten- Fragestellung im Kopf rezipieren kann. dierten Zweck erfüllen, den Einstieg in ein als schwie- rig wahrgenommenes Thema zu erleichtern. LLL aus Sicht der Studierenden Fazit Seit dem Sommersemester 2017 werden die Lern- videos in verschiedenen Seminaren eingesetzt. Im Die Videos von LLL machen nicht alle Studierenden Rahmen dieser Veranstaltungen erfolgten Evaluati- der Sozialen Arbeit zu Jura-Fans. Aber gerade Studie- onen der subjektiven Bewertung des Nutzens durch rende, denen es schwerfällt, mit juristischen Fachtex- die Studierenden, die die Grundlage der oben genann- ten zu arbeiten, motivieren die Videos offensichtlich, ten Aussagen zum Erfolg des Einsatzes sind und hier sich mit der Materie überhaupt auseinanderzusetzen kurz zusammengefasst werden sollen: und an den empfohlenen Lehrbuchtexten ihre Lese- kompetenzen zu schulen. Dies wird auch erreicht, Die Videos werden in Fragebögen von den Studie- weil die Relevanz juristischer Kompetenzen in der renden weit überwiegend als interessant eingestuft. Praxis der Sozialen Arbeit in den Videos aufgegrif- Die meisten Studierenden sind der Auffassung, durch fen wird. Videos wie die der LLL-Reihe als Ergänzung die Videos auch etwas gelernt zu haben, und haben zu Seminaren können insgesamt zu einem besse- die empfohlenen Texte zu den Videos gelesen. Etwa ren Lernerlebnis für beide Seiten, Studierende und die Hälfte der Studierenden stimmt dabei auch der Lehrende, beitragen. Aussage zu, dass die Videos sie motivieren, die Texte zu lesen. Die Informationsmenge und die Geschwin- digkeit der Videos werden von einigen als etwas bzw. Links zu den frei verfügbaren Videos auf dem viel zu schnell bewertet und das meist, wenn die YouTube-Kanal der FH Münster: Texte nicht gelesen wurden. Dies ist gewollt, denn die Videos sollen das Lesen keinesfalls ersetzen. Fall 1: Tatbestandsmäßigkeit https://youtu.be/PR0Q8kYNHGQ Generell ist der Vorteil von Videos aber auch, dass sie sich ja gerade besonders eignen, um pausiert Fall 2: Versuch und Vollendung und ggf. abschnittweise wiederholt zu werden, und https://youtu.be/e99sCgu0rR4 daher unterschiedlichen Lerntempi und -bedürfnissen gerecht werden können. Die Videos wurden in den Fall 3: Drogen und Justizgrundsätze freien Antworten mehrfach als „Lernhilfe“ bezeichnet https://youtu.be/Z9HR6oC1890 und als „nützlich“, damit die Inhalte besser „hängen bleiben“, die „Konzentration aufrechterhalten“ wird Fall 4: Jugend- vs. Erwachsenenstrafrecht und „Appetit“ machen auf das Thema Recht. Die https://youtu.be/_unwTIx4Eio Literatur Langworthy, Sara: Do You YouTube? The Power of Brief Educational Videos for Extension (2017): Online unter: https://www. joe.org/joe/2017april/iw1.php – Abruf am 04.11.2017. Lin, Lu-Fang (2016): The impact of video-based Materials in […] english text comprehension. NTOC, Taiwan. Linssen, Ruth; Meyer, Maike; Wieland, Norbert (2016): „Sprache ist die Basis der Grundlage des Fundaments ...“ zu Sprach- und Lesekompetenzen von Studierenden. In: Die Neue Hochschule. Zeitschrift für anwendungsbezogene Wissenschaft und Kunst, Band 56, Heft 3 2016. Preußer, Ulrike; Sennewald, Nadja (2012): Literale Kompetenzentwicklung an der Hochschule. Bern: Lang. Renkl, Alexander (2015): Wissenserwerb. In: Wild, Elke; Möller, Jens (Hrsg.): Pädagogische Psychologie. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag. 2. Auflage. S. 3–24. Schiefele, Ulrike; Schaffner, E. (2015): Motivation. In: Wild, Elke; Möller, Jens (Hrsg.). Pädagogische Psychologie. Berlin, Heidel- berg: Springer-Verlag. 2. Auflage. S. 153–175. Statista (2017): Welche dieser Geräte und Medien nutzt Du täglich oder mehrmals pro Woche? Statista. Verfügbar unter https:// de.statista.com/statistik/daten/studie/29153/umfrage/mediennutzung-durch-jugendliche-in-der-freizeit/ Abruf am 04.11.2017. DNH 02 | 2018
12 Titel: Lehren und Lernen mit sozialen Medien Aktivierende Lehre mit Apps – Erfahrungen aus dem Bereich des bilanziellen Rechnungswesens Die Reflexion von vermitteltem Fachwissen im Bereich des „Bilanziellen Rechnungswesens“ spielerisch zu unterstützen, ist seit rund sechs Jahren die Grundidee der Bilanz-Quiz-App „Wer wird Bilanzierungs-Experte?“. | Von Prof. Dr. Knut Henkel, Dirk Kersting und Prof. Dr. Gerrit Brösel Ein neues Semester mit neuen Grundstudiumsveran- Sommersemester 2017 die Idee, in der Grundstudi- staltungen steht an. Der Hörsaal ist bis auf den letzten umsveranstaltung „Bilanzielles Rechnungswesen“ Platz mit erwartungsvollen Studierenden gefüllt. Fast von Prof. Knut Henkel an der Hochschule Emden/ jeder Studierende hat sein Smartphone vor sich auf Leer eine Gamification-App in die Lehre2 einzubin- dem Tisch liegen; manche nutzen es auch während der den. Konkret wurde die App „Wer wird Bilanzierungs- Vorlesung, um z. B. die neusten Einträge auf Whats- Experte?“ verwendet (NWB Verlag 2017a). App zu checken. Die Begeisterung der Studierenden für die anstehende Vorlesung hält sich allerdings in Grenzen. Es handelt sich um eine Pflichtveranstal- tung während des Grundstudiums. An der müssen die Studierenden teilnehmen, weil das Fach auf dem Stundenplan steht, aber vielleicht nicht, weil sie unbe- dingt großes Interesse an dem Fach haben. Die Idee Die Studierenden sollen bei der Lehrveranstaltung dort abgeholt werden, wo sie sich im Alltag befin- den. Man kann es kritisieren, dass auch Studierende ständig ihre Smartphones benutzen, und dies auch zum Teil in den Vorlesungen. Auf der anderen Seite – wer von den Dozierenden benutzt heutzutage kein Smartphone und hat selbst nicht auch schon einmal bei Fortbildungen oder Besprechungen zwischen- durch die jüngsten Mails gecheckt oder eine Whats- App-Nachricht geschrieben? Wenn also die stän- dige Nutzung eines Smartphones zum (Hochschul-) Alltag der heutigen Studierenden gehört, stellt sich die Frage, inwiefern man das Smartphone in die Lehre einbinden kann. Da man gerade bei Veranstaltungen des Grundstu- diums häufig an dem klassischen – und oft von den Studierenden als langweilig empfundenen – Fron- talunterricht nicht vorbeikommt, stellt sich zudem die Frage, inwiefern man alternative Lernmethoden in die Vorlesung integrieren kann. Eine solche alter- native Lernmethode stellt der sogenannte Gamifica- tion-Ansatz1 dar, bei dem spielerisch neues Wissen vermittelt bzw. vertieft wird. Hieraus entstand im Abb. 1: Beispiel einer Frage 02| 2018 DNH
13 „Wenn also die ständige Nutzung eines Smartphones zum (Hochschul-) Foto: privat Alltag der heutigen Studierenden gehört, stellt sich die Frage, inwiefern Prof. Dr. Knut Henkel Hochschule Emden/Leer man das Smartphone in die Lehre Fachbereich Wirtschaft Lehrstuhl für Bilanzielles Rechnungswesen einbinden kann.“ und Betriebliche Steuerlehre Constantiaplatz 4 26723 Emden knut.henkel@hs-emden-leer.de Die App und Apple-Geräte heruntergeladen. Gleich- wohl nutzte sich der Reiz des Spiels schnell Tür an Tür saßen Professor Gerrit Brösel ab; Weiterentwicklungen mussten her. Foto: NWB Verlag und Professor Gernot Brähler an der TU Frühzeitig wurde klar, dass sich die Attrak- Ilmenau. In welchem Büro genau die Idee tivität steigern ließ, indem man Spielern zu der App entstand, lässt sich nicht mehr die Möglichkeit gibt, sich anhand erspielter rekonstruieren. Aber sie überzeugte Dirk Punkte (Abbildung 1, Punkt 1) miteinander Kersting vom NWB Verlag sofort. Gemein- zu messen: zunächst über eine allgemeine Dirk Kersting sam mit den App-Entwicklern der Agentur Highscore-Liste, später über geschlossene NWB Verlag von id.on sowie den Professoren Brösel und Spielgruppen. Das verbesserte dann noch- Brähler entstand u. a. die Quiz-App zu dem mals die Einsatzmöglichkeiten der App in Leitung BWL und steuerliche Ausbildung Thema „Bilanzierung“, welche die Spieler der Hochschullehre. Eschstr. 22 schnell fesselt (FernUniversität in Hagen). 44629 Herne Gespielt werden jeweils bis zu 15 Frage- d.kersting@nwb.de runden, bei denen die Teilnehmer aus jeweils vier Möglichkeiten (Abbildung 1, Foto: FernUniversität in Hagen/Welsch Punkt 3) die richtige Antwort auswählen müssen. Dabei erhöht sich der Schwie- rigkeitsgrad der Fragen (Abbildung 1, Abb. 2: QR-Code für iTunes und Android Punkt 2) mit steigender Rundenzahl. Wer alle fünfzehn Fragen richtig beantwor- tet, hat über die Gewinnstufen von u. Der Einsatz in der Hochschullehre a. „Bilanzierungsmuffel“ und „Master of Doppikdesaster“ (Abbildung 1, Punkt 0) Im Sommersemester 2017 stellte Prof. die End-Gewinnstufe des „Bilanzierungs- Knut Henkel in seiner Grundstudiums- Univ.-Prof. Dr. rer. pol. habil. Gerrit Brösel Experten“ erreicht. Weiß der Spieler die veranstaltung „Bilanzielles Rechnungswe- FernUniversität in Hagen Antwort nicht, stehen zudem drei Joker sen“ an der Hochschule Emden/Leer in zur Verfügung (Abbildung 1, Punkt 4). Bei der ersten Vorlesung den ca. 80 Studieren- Fakultät für Wirtschaftswissenschaft den insgesamt über 500 Fragen und somit den die Gamification-Idee mit der Quiz- Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, über 2.000 vorgegebenen Antwortmög- App „Wer wird Bilanzierungs-Experte?“ insbesondere Wirtschaftsprüfung lichkeiten kommt auch der Humor nicht vor (Hochschule Emden/Leer 2017a). Ca. Universitätsstraße 41 zu kurz. So erinnert die Bilanzierungs-App 60 Studierende luden sich daraufhin die 58097 Hagen die Spieler beispielsweise daran, dass ein App auf ihr Smartphone und beteiligten Gewinn vor Zinsen und Steuern weder als sich das Semester über an dem Spiel und gerrit.broesel@fernuni-hagen.de „EWARSTEINER“ noch als „EVELTINS“, maßen sich mit ihren Kommilitonen. sondern als „EBIT“ bezeichnet wird. Auch um einen Anreiz zu schaffen, dass gesamte Semester mit der App am Ball zu Die Downloadzahlen übertrafen sämt- bleiben, wurden für die drei Erstplatzierten liche Erwartungen; inzwischen wurde die am Ende des Semesters attraktive Preise aus Bilanz-App über 30.000 Mal auf Android dem Hochschulshop ausgelobt. DNH 02 | 2018
14 Titel: Lehren und Lernen mit sozialen Medien Semester (Hochschule Emden/Leer 2017b). Insgesamt nahmen ca. 60 Studierende teil und spielten über drei Monate insgesamt 8.630 Spiele. Der Dozent landete hingegen abgeschlagen auf dem 24. Platz. Das lag wohl vor allem an der knapp bemessenen Zeit, die ihm zum Spielen zur Verfügung stand. Die Technik Technisch stellte sich zu Beginn des Semesters die Frage, wie ein Smartphone an den Beamer angeschlos- sen werden kann, sodass man den Studierenden die Smartphoneoberfläche mit der zu spielenden App auch auf der Leinwand zeigen kann. Dies funktioniert technisch zum Beispiel mithilfe eines sogenannten Wireless Display Adapters (WDA), mit dem das Bild vom Smartphone auf der Leinwand gespiegelt werden kann. Oft funktioniert heute noch der Anschluss an einen Beamer über einen VGA-Port. Neben dem WDA benötigt man für die Kopplung des Smartphones mit dem Beamer noch zwei Adapter sowie eine Power Bank für die Stromversorgung des WDA. Diese vier Hard- wareteile kosten insgesamt ca. 70 Euro, sind z. B. übers Internet schnell bestellt und auch ohne großes tech- nisches Vorwissen angeschlossen. Eine einfache Anleitung zum Anschließen des WDA befindet sich auf YouTube (Klinge). Mit dieser relativ simplen technischen Lösung können die Studierenden mit ihren Smartphones auch noch für andere interaktive Formate in die Lehre einge- bunden werden. Denkbar ist das Durchführen von Abb. 3: Ranking am Ende des Semesters Rollenspielen. Die Studierenden simulieren dabei in Kleingruppen z. B. Bewerbungsgespräche, die sie mit Es wurde eine eigene geschlossene Spielgruppe ihren Handys aufnehmen. In der Vorlesung kann eingerichtet (Abbildung 3, Punkt 0), der sich im Laufe jede Gruppe dann eines ihrer Handys mit dem WDA des Semesters auch noch weitere Studierende aus den koppeln und ihr Rollenspiel über die Leinwand dem höheren Semestern des Schwerpunktfaches „Rech- Dozenten und den Kommilitonen zeigen. nungswesen“ anschlossen. Anhand der Benutzerna- men (Abbildung 3, Punkt 1) war zu erkennen, aus welchem Kurs die Studierenden kamen, sodass sich Ergänzend im Laufe des Semesters auch ein kleiner Wettbewerb zwischen den unterschiedlichen Kursen ergab. Über den Gamification-Ansatz, in diesem Fall umge- setzt mit einer Bilanzierungs-Quiz-App, können Teile Zu Beginn einer jeden Vorlesung spielte der Dozent der Studierenden auf spielerische Weise an ein neues mit den Studierenden „zum Warmwerden“ ein paar Thema herangeführt werden. Natürlich ersetzt der Runden auf der App. Hierzu wurde das Smartphone Einsatz einer solchen App aber nicht die klassische des Dozenten an den Beamer angeschlossen, sodass Vor- und Nachbereitung einer Vorlesung sowie das alle Studierenden die anstehende Frage und die Lernen für die Klausur. Hierzu wurde in dem oben möglichen Antworten über die Leinwand mitverfol- beschriebenen Beispiel der Hochschule Emden/Leer gen konnten. Ansonsten spielten die teilnehmenden des Sommersemesters 2017 ergänzend ein fachlich Studierenden außerhalb der Vorlesungszeit mit der anspruchsvolleres Online-Trainingstool (NWB Verlag App und überbrückten so u. a. Leerzeiten an der 2017b) eingesetzt, welches über 200 Aufgaben aus dem Hochschule und Fahrzeiten zur oder von der Hoch- Bereich des Bilanziellen Rechnungswesens als Multi- schule mit öffentlichen Verkehrsmitteln. ple-Choice-, Lückentext- oder Zuordnungsaufgaben enthält. Hiermit konnten die Studierenden Teile des Am Ende des Semesters sicherte sich ein Studie- Vorlesungsstoffes ebenfalls mit technischer Unter- render aus dem vierten Semester mit einer Punkt- stützung ansprechend nacharbeiten und sich damit zahl von 13.328.290 den ersten Platz (Abbildung 3, auch auf die Klausur vorbereiten. Während die App Punkt 1) vor einem Studierenden aus dem zweiten kostenlos zur Verfügung steht, war für die Nutzung Semester und einer Kommilitonin aus dem vierten des Trainingstools eine entsprechende Nutzungslizenz 02| 2018 DNH
15 zu erwerben. Da der Einsatz des Trainingstools der Verwendung der App in der Vorlesung ist anfangs Verbesserung der Qualität der Lehre und der Studi- einmal die technische Hürde bezüglich des Koppelns enbedingungen diente, konnte die entsprechende des Smartphones mit dem Beamer zu nehmen. Sind die Nutzungslizenz aus Studienqualitätsmitteln des entsprechenden kleineren Hardwareteile erst einmal Landes Niedersachsen finanziert werden. angeschafft und das Koppeln vor der ersten Vorlesung ein paar Mal ausprobiert, ist der technische Aufwand Die technische Anbindung und das Freischalten für die Nutzung des Smartphones in den folgenden dieses Online-Trainingstools erfolgte sehr smart. Eine Veranstaltungen überschaubar. Bei der Finanzierung Freischaltung musste nicht aufwendig auf Einzelnutzer- von kleineren Sachgeschenken für die Erstplatzierten ebene organisiert werden, sondern erfolgte direkt auf aus Hochschulgeldern sind die entsprechenden Hoch- Ebene bestimmter Kurse auf der – von der Hochschu- schulverwaltungsvorschriften zu berücksichtigen. Für le Emden/Leer eingesetzten – Online-Lernplattform die Finanzierung von Apps bzw. Trainingstools stehen „Moodle“. Für jede Vorlesung aus dem Bereich des eventuell Hochschulgelder zur Verfügung. Bilanziellen Rechnungswesens existiert in Moodle ein Kurs, für den sich die Studierenden anmelden Auch wenn die Nutzung einer Gamification-App müssen. Aus diesen relevanten Moodlekursen erfolgt das klassische Lernen von Lerninhalten nicht ersetzt, jeweils eine Verlinkung auf den NWB-Server und kann sie für Studierende eine willkommene Alterna- somit auf das Online-Trainingstool, ohne dass sich tive sein, an ein neues Themengebiet herangeführt die Studierenden hierfür noch explizit einloggen zu werden. Ein fachlich anspruchsvolles Online- müssen. Trainingstool kann beispielsweise ergänzend für das Lernen des Vorlesungsstoffes und zur Klausurvorbe- reitung eingesetzt werden. Aufgrund der positiven Lessons Learned Erfahrungen werden sowohl die Bilanz-Quiz-App als auch das Online-Trainingstool auch im nächs- Das Feedback der Studierenden sowohl zu der ten Semester wieder Gegenstand der Lehre im Fach verwendeten App als auch zum Online-Trainingstool „Bilanzielles Rechnungswesen“ an der Hochschule war durchweg positiv. Die Handhabung der beiden Emden/Leer sein. Auch der Fragenbestand der App Anwendungen war intuitiv und einfach. Bei der wurde mittlerweile auf über 600 Fragen erhöht. Literatur Deterding, Sebastian; Dixon, Dan; Khaled, Rilla; Nacke, Lennart: From Game Design Elements to Gamefulness: Defining „Gami- fication”. In: MindTrek’ 11, September 28–30, 2011, Tampere, Finland. S. 9–15. FernUniversität in Hagen, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Wirt- schaftsprüfung: Apps des Lehrstuhls, www.fernuni-hagen.de/wirtschaftspruefung/studium/apps.shtml, Abruf am 01.01.2018. Hochschule Emden/Leer 2017a, Fachbereich Wirtschaft: Spannende News aus der Lehre am FBW, 04.04.2017, m.facebook. com/story.php?story_fbid=1311684928877753&substory_index=0&id=172199699492954), Abruf am 01.01.2018, Hochschule Emden/Leer 2017b, Fachbereich Wirtschaft: App „Wer wird Bilanzierungs-Experte?“, 30.06.2017, facebook.com/ wirtschaft.emden/photos/pcb.1399665013413077/1399662170080028/?type=3, Abruf am 01.01.2018. Klinge, Jan-Martin: Halbtagsblog, Kann man problemlos in der Schule ein Smartphone/Tablet mit dem Beamer verbinden?, 13.05.2016, halbtagsblog.de/2016/05/13/7794/, Abruf am 01.01.2018. Kotthaus, Christoph; Ludwig, Thomas: Zocken in der Fabrikhalle, http://www.uni-siegen.de/start/news/forschungsnews/799913. html, Abruf am 09.01.2018. NWB Verlag 2017a: Wer wird Experte – Kostenlose Quiz-Apps, mit denen Sie Ihr Fachwissen zum Thema Bilanzierung und Steu- ern testen und attraktive Preise gewinnen können, nwb.de/de-de/service/07_ms_quiz%20apps?ts=636504000883197013, Abruf am 01.01.2018. NWB Verlag 2017b: Online-Training mit über 200 Aufgaben und Lösungen zum Buch „Bilanzierung nach Handels- und Steu- errecht“ von Meyer/Theile, shop.nwb.de/en/Artikel/B/60508N.aspx, Abruf am 01.01.2018. Robra-Bissantz, Susanne; Eckardt, Linda: Game-based Learning. In: Das Wirtschaftsstudium (WISU), 1/18, S. 52 ff. 1 „Gamification as the use of game design elements in non-game contexts”, Deterding u. a., S. 9, siehe zu der Thematik auch Robra-Bissantz/Eckardt. 2 Bezüglich eines Beispiels des Einsatzes des Gamification-Ansatzes in der Praxis siehe Kotthaus/Ludwig. DNH 02 | 2018
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