Leitfaden Bike+Ride Für eine erfolgreiche Verknüpfung von Öffentlichem Verkehr und Fahrrad - aktivmobil BW

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Leitfaden Bike+Ride Für eine erfolgreiche Verknüpfung von Öffentlichem Verkehr und Fahrrad - aktivmobil BW
Leitfaden Bike+Ride
Für eine erfolgreiche Verknüpfung von
Öffentlichem Verkehr und Fahrrad
Leitfaden Bike+Ride Für eine erfolgreiche Verknüpfung von Öffentlichem Verkehr und Fahrrad - aktivmobil BW
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Leitfaden Bike+Ride Für eine erfolgreiche Verknüpfung von Öffentlichem Verkehr und Fahrrad - aktivmobil BW
Vorwort
Sehr geehrte Damen und Herren,                zentraler Bedeutung. Für Fahrrad und Öf-
                                              fentlichen Verkehr ist ein gutes Angebot
bis 2030 wollen wir die Mobilität in          an Bike+Ride eine klassische Win-Win-Si-
­Baden-Württemberg nachhaltig gestalten.      tuation. Durch Bike+Ride-Stellplätze
 Dafür brauchen wir eine echte Verkehrs-      wird der Einzugsbereich von Haltestellen
 wende, die ambitionierte und systemän-       deutlich erweitert und es können neue
 dernde Ziele im Blick behält, wie die Ver-   Fahrgäste gewonnen werden. Außerdem
 doppelung des Öffentlichen Verkehrs, die     haben die Radfahrerinnen und Radfahrer
 Reduktion des städtischen Kfz-Verkehrs       eine Möglichkeit, ihr Fahrrad sicher abzu-
 um ein Drittel sowie die Erhöhung der        stellen.
 selbstaktiven Wege zu Fuß oder mit dem
 Rad auf jede zweite Strecke.                 Baden-Württemberg hat einen großen
                                              Nachholbedarf an Fahrradstationen und
Mit der RadSTRATEGIE hat die Landes-          insgesamt an einem flächendeckenden
regierung 2016 die konzeptionelle und         Bike+Ride-Angebot. Mit der Rad­
strategische Grundlage für die Radver-        STRATEGIE verfolgen wir nun das Ziel,
kehrsförderung in Baden-Württemberg           dass pro Jahr 5.000 zusätzliche Bike+Ride-­
gelegt. Die Kombination von Öffentlichem      Parkplätze geschaffen werden.
Verkehr und Fahrrad ist dabei ein zentra-
les Instrument.                               Der vorliegende Leitfaden vermittelt ei-
                                              nen Überblick über Bike+Ride und hilft bei
Nicht nur in ländlichen Regionen sind         der bedarfsgerechten Planung und beim
Fahrrad und Pedelec auf der sogenannten       nutzerorientierten Betrieb. Die Broschüre
ersten oder letzten „Meile“ eine optimale     soll motivieren und dabei unterstützen,
Ergänzung zu öffentlichen Verkehrsmit-        das Thema Bike+Ride ambitioniert anzu-
teln. Auch für mittlere und lange Strecken    gehen – damit in Zukunft noch mehr Men-
ist die Verknüpfung von Öffentlichem          schen auf die Kombination Fahrrad und
Verkehr und Fahrrad eine leistungsstarke      Öffentlicher Verkehr setzen können und
Alternative zum Auto.                         so die nachhaltige Mobilität der Zukunft
                                              Gestalt annimmt.
Die einfachste und wichtigste Form dieser
Verknüpfung sind Bike+Ride-Anlagen, also      Mit freundlichen Grüßen
sichere, witterungsgeschützte Fahrrad­
abstellmöglichkeiten an Haltestellen und
Bahnhöfen. Egal ob einfache Fahrradbügel
an Bushaltestellen oder vollautomatische      Winfried Hermann MdL
Fahrradparkhäuser und Radstationen an         Minister für Verkehr des Landes
Bahnhöfen, Bike+Ride-­ Anlagen sind für       Baden-Württemberg
die nachhaltige Mobilität der Zukunft von

                                                                                            3
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Impressum
    Auftraggeber

                    NVBW – Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg mbH
                    Wilhelmsplatz 11, 70182 Stuttgart

                    Im Auftrag des Ministeriums für Verkehr Baden-Württemberg

    Auftragnehmer   Planungsbüro VIA eG
                    Marspfortengasse 6
                    50667 Köln
                    www.viakoeln.de

                    Planersocietät
                    Gutenbergstraße 34
                    44139 Dortmund
                    www.planersocietaet.de

                    büro thiemann-linden stadt & verkehr
                    Carl-Justi-Straße 21
                    53121 Bonn

    Bearbeitung     Andrea Fromberg, Peter Gwiasda, Philipp Hölderich, Lorenz Redicker,
                    Gernot Steinberg, Jörg Thiemann-Linden, Dominik Tönnes
                    Für die NVBW als Projektleiter: Günter Rasch, Markus Streng

                    Stand: November 2019

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Mehr als nur ein Verkehrsmittel
    Wo früher ein Verkehrsmittel genutzt wur-    Öffentlichem Verkehr und Fahrrad und
    de, werden heute viele genutzt: Immer        besonders durch Bike+Ride (B+R): Der Ein-
    mehr Menschen verknüpfen auf ihren Rei-      zugsbereich von Haltestellen wird deut-
    sewegen verschiedene Verkehrsmittel. In      lich erweitert und es werden neue Fahr-
    der Regel werden dabei Autofahrten ganz      gäste gewonnen.
    oder zumindest teilweise ersetzt. Dieser
    Trend bei der Verkehrsmittelwahl schont      Die B+R-Nutzerinnen und -Nutzer haben
    die Umwelt, schützt das Klima, entlastet     vielfältige Ansprüche, sowohl an die An-
    den Verkehr und steigert die Lebensqua-      lage selbst als auch an deren Erreichbar-
    lität in unseren Städten und Gemeinden.      keit. Die Fahrräder werden in der Regel
                                                 für einen längeren Zeitraum, gegebenen-
    Ein Hindernis für den Wechsel vom Auto       falls über Nacht, an den Haltestellen ab-
    auf nachhaltige Verkehrsträger sind häu-     gestellt. Daher spielen Witterungs- und
    fig die Umstiege zwischen den Verkehrs-      Diebstahlschutz bei der Planung und beim
    mitteln. Wichtige Verknüpfungspunkte,        Bau von B+R-Anlagen eine wichtige Rolle.
    um vom einen auf den anderen Verkehrs­­
    träger umzusteigen, sind Haltestellen im     Das Land Baden-Württemberg unterstützt
    öffentlichen Fern- und Nahverkehr.           Städte und Gemeinden beim Bau von
                                                 B+R-Anlagen an Haltestellen des Öffent-
    Dabei spielt die Verknüpfung mit dem         lichen Personennahverkehrs (ÖPNV) aus
    Fahrrad über Bike+Ride-Anlagen eine im-      Mitteln des Landesgemeindeverkehrs­
    mer größere Rolle. Mit dem Fahrrad oder      finanzierungsgesetzes (LGVFG).
    Pedelec wird eine Haltestelle des Öffent-
    lichen Verkehrs angefahren. Es wird dort     Der vorliegende Leitfaden vermittelt ei-
    abgestellt und die Fahrt zum Beispiel mit    nen Überblick über die verschiedenen
    einem Regionalzug, einer U-Bahn oder         Anlagentypen, den Stellplatzbedarf, die
    einem Bus fortgesetzt. Auch an der Ziel-     Nutzeransprüche sowie zu Fragen der Fi-
    haltestelle heißt es: Verkehrsmittel wech-   nanzierung und Fördermöglichkeiten. Eine
    seln. Entweder auf ein eventuell zweites     besonders konkrete Hilfestellung leistet
    geparktes Fahrrad oder möglicherweise        der Leitfaden für die bedarfsgerechte Pla-
    ein Mietrad (Bikesharing) – oder der Weg     nung und den nutzerorientierten Betrieb
    zum Ziel wird zu Fuß fortgesetzt.            von B+R-Anlagen. Auch zeigt der Leitfa-
                                                 den anhand einer Sammlung gelungener
    Verkehrsbetriebe und -verbünde profitie-     Beispiele, wie B+R ein Erfolgsmodell sein
    ren vielfältig durch die Verknüpfung von     kann.

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1 Die Sicht der Akteure                                                                        Größerer Einzugsbereich

                                                                                               B+R vergrößert im Ver­­gleich zum
1.1 Was die Nutzer wünschen                                                                    Fußverkehr die Ein­zugs­bereiche
                                                                                               von Haltestellen des ÖPNV auf bis

D   ie Nutzung von Bike+Ride hat viele
    Vorteile. So kann durch das Fahrrad
die Flexibilität in der Fläche mit schnellen
                                               Der Trend hin zu immer hochwertigeren
                                               Fahrrädern und Pedelecs lässt auch bei
                                               Bike+Ride die Nachfrage nach abschließ-
                                                                                               zu fünf Kilometer, Pedelecs erwei-
                                                                                               tern diesen Radius sogar auf bis
                                                                                               zu acht Kilometer. Über B+R kann
und bequemen Verbindungen im öffentli-         baren bzw. bewachten Anlagen steigen.           der Vor- und/oder Nachtransport
chen Verkehr auf der Strecke kombiniert        Auch wenn in vielen Fällen das Fahrrad          individualisiert werden, wenn der
werden. Das bedeutet:                          beim örtlichen Fahrradhändler gewartet          Öffentliche Verkehr nicht für alle
                                               und das Pedelec zu Hause aufgeladen             Verkehrszwecke oder Zeiten ein
  • mehr Flexibilität                          wird, besteht häufig eine Nachfrage nach        optimales Angebot bietet. Für
  • Zeitersparnis                              zusätzlichen Serviceleistungen bei der          mittlere und lange Wegelängen ist
  • Kostenvorteile gegenüber dem Auto          B+R-Anlage. Dies ist insbesondere bei ho-       die Kombination von Fahrrad und
  • sichere Abstellmöglichkeit für teure       hen Nutzerzahlen der Fall oder auch, wenn       öffentlichen Verkehrsmitteln bei
    Fahrräder und Pedelecs                     sich kein Zweiradfachbetrieb vor Ort be-        bestimmten Reisezwecken eine
  • gesundheitsfördernde Wirkung durch         findet. Daher lohnt es sich, bei der Pla-       leistungsstarke Alternative zum
    mehr Bewegung im Alltag                    nung die örtlichen Verhältnisse genauer         eigenen Pkw.
                                               zu analysieren.
Reisezeitersparnisse kommen vor al-
lem dann zustande, wenn der Vor- oder          Hinsichtlich der Kundenansprache ist zu
Nachtransport mit dem Fahrrad schneller        beachten, dass die Vortransportnutzen-
als mit anderen Verkehrsmitteln bewäl-         den vor Ort leben und damit auch über die
tigt werden kann oder wenn individuelle        örtlichen Kommunikationswege ansprech-
Umsteigezeiten im Öffentlichen Verkehr         bar sind (z.B. Lokalzeitung, Radiosender,
nicht ideal aufeinander abgestimmt sind.       Plakate an ÖPNV-Haltepunkten, Direkt-
Nutzerinnen und Nutzer, die beispiels-         ansprache/Infostand).
weise die Verkehrsmittel Fahrrad und
Bahn nutzen, sind somit weniger auf            Andere Ansprüche im Nachtransport
festgelegte Abfahrtszeiten innerhalb des       Als Nachtransport wird die Weiterfahrt
ÖPNV angewiesen. Das B+R-System ist            mit dem Fahrrad von der Zielhaltestelle
hinsichtlich der Reisezeiten auf vielen Re-    zum eigentlichen Ziel bezeichnet. Im
lationen und für bestimmte Reisezwecke
eine attraktive Alternative zum privaten
Pkw. Dafür müssen die Rahmenbedingun-          Möglichkeiten zur Verknüpfung von Rad und ÖPNV
gen natürlich den Bedürfnissen der Nutze-
                                                 Fahrradparken
rinnen und Nutzer entsprechen.
                                                 a. Im Vortransport (privates Rad)
Vortransport, Nachtransport & Co.
Die verschiedenen Kombinationsmöglich-
keiten von Fahrrad und Öffentlichem Ver-
kehr verdeutlichen den Umfang der Anfor-
derungen. So können Fahrräder jeweils am
Start- oder Ziel­ort oder an beiden zugleich     b. Im Nachtransport (privates Rad)
genutzt werden. Alternativ kann jeweils
auch ein Leihrad/Bikesharing-Rad anstelle
des eigenen Rades genutzt werden.

Die Fahrt von zu Hause zum Bahnhof be-
                                                 c. Im Vor- und Nachtransport (privates Rad)
zeichnet man als Vortransport. Diese Form
der B+R-Nutzung ist am weitesten verbrei-
tet. Der wesentliche Vorteil ist, dass das
eigene Rad für den Weg zum Bahnhof ein-
gesetzt werden kann. Für diese Zielgruppe
ist ein garantiertes, diebstahlsicheres und      d. Nutzung von Fahrradverleihsystemen im Vor- und/oder Nachtransport
wettergeschütztes Fahrradparken in mög-
lichst kurzer Entfernung zum Bahnsteig
bzw. der Haltestelle wichtig.

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Nachtransport sind die Rahmenbedin-           Die Gruppe der Nutzerinnen und Nutzer
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                                           haltestelle ist ein Fahrrad zur Weiterfahrt   aus Pendlerinnen und Pendlern, die am
                                           notwendig: ein eigenes Zweitrad, ein Be-      besten durch betriebliches Mobilitätsma-
                                           triebsrad oder ein Leihrad. Außerdem wird     nagement an ihrem Arbeitsplatz zu errei-
                                           das Fahrrad über Nacht und über das Wo-       chen sind.
                                           chenende oder die Urlaubszeit abgestellt.
                                           Besonders wichtig sind also:                  Gelegentliche Nutzerinnen und Nutzer
                                                                                         Eine besondere Form von Nachtransport-
                                             • Diebstahlsicherheit                       nutzenden stellen Besucherinnen und Be-
                                             • Schutz vor Vandalismus                    sucher dar. Wie andere, die nur gelegent-
                                                                                         lich eine B+R-Anlage nutzen, sind sie in
                                           Hier besteht im Vergleich zum Vortrans-       der Regel auf flexibel buchbare Mieträder
                                           port ein deutlich höherer Bedarf an ab-       angewiesen. Diese sollten leicht auffind-
                                           schließbaren oder bewachten Anlagen.          bar sein. Daher sollte an Hauptbahnhöfen
                                           Auch Lademöglichkeiten können sinnvoll        immer ein Angebot an Leihrädern an zent-
                                           sein, da nicht alle Nutzerinnen und Nutzer    raler Stelle vorhanden sein. Beachtet wer-
                                           von B+R-Anlagen am Arbeitsplatz eine La-      den sollte zudem: Wer ein Rad mitbringt,
                                           demöglichkeit haben.                          hat gegebenenfalls Interesse an Repara-
                                                                                         tur- und Serviceleistungen rund ums Rad.

                                           1.2 Wie Kommunen profitieren

    1 Auto = 10 Fahrräder                  F  ür Kommunen bietet B+R durch eine
                                              stärkere Nutzung von Fahrrad und Öf-
                                           fentlichem Verkehr viele Vorteile:
                                                                                         Bike+Ride nützt dem Klima
                                                                                         Durch die Verknüpfung und Optimierung
                                                                                         der beiden klimafreundlichen Verkehrs­
    Ein abgestelltes Fahrrad benötigt                                                    träger Öffentlicher Verkehr und Fahrrad
    mit 1 bis 1,5 m2 nur ein Zehntel der     • Entlastung der Verkehrsinfrastruktur      kann ein großer Verlagerungseffekt vom
    Fläche eines geparkten Autos. Das          vom fahrenden und vom ruhenden            Auto auf Bike+Ride erzielt werden. Damit
    heißt: Auf einem Pkw-Stellplatz            Autoverkehr                               leistet B+R einen wichtigen Beitrag zur
    finden zehn Fahrräder Platz! Damit       • weiterer Ausbau der Infrastruktur für     Reduktion der Treibhausgasemissionen in
    können die Abstellflächen für              Pkw eventuell überflüssig                 den Kommunen und zum Klimaschutz.
    Individualverkehrsmittel deutlich        • weniger Emissionen (Treibhausgas,
    reduziert werden. Selbst unter der         Lärm und Luftschadstoffe)                 Aus diesem Grund hat die Landesregie-
    Annahme der Vollauslastung eines         • ungeordnetes („wildes“) Parken von        rung im Entwurf des neuen Integrierten
    Pkw mit fünf Personen ist der              Fahrrädern wird deutlich verringert       Energie- und Klimaschutzkonzepts (IEKK)
    Flächenbedarf von fünf abgestell-        • Flächengewinn: ein Auto benötigt          die Schaffung von 100.000 zusätzlichen
    ten Fahrrädern nur halb so groß.           soviel Platz wie zehn Fahrräder           B+R-Stellplätzen als Ziel formuliert. Damit
    Diese Flächen­einsparung eröffnet        • Beitrag zu einer attraktiveren Gestal-    soll auf dem Weg zur nachhaltigen Ver-
    den Kommunen attraktive Chan-              tung eines Bahnhofs-/Haltestellen-        kehrswende bis 2030 ein Beitrag zur Ver-
    cen – beispielsweise für weitere           umfeldes oder des Betriebsareals          doppelung sowohl des Radverkehrs­anteils
    Mobilitätsdienstleistungen.              • Imagegewinn                               als auch der Fahrgastzahlen im Öffentli-
                                                                                         chen Verkehr geleistet werden.

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Leitfaden Bike+Ride Für eine erfolgreiche Verknüpfung von Öffentlichem Verkehr und Fahrrad - aktivmobil BW
1.3 Warum B+R Verkehrsbetrieben hilft

V    on einem guten B+R-Angebot profitie-
     ren Verkehrsbetriebe und -verbünde
vielfältig. Öffentlicher Verkehr und Fahr-
                                             zeugen der Bahn zu weniger Kapazitäts-
                                             problemen und Verzögerungen durch
                                             längeres Ein- und Aussteigen kommt.
rad sind in einer für die Bike+Ride-Nutze-
rinnen und Nutzer attraktiven intermoda-     Neue und zufriedenere Fahrgäste
len Verknüpfung eine ansprechende und        Innerhalb und insbesondere auch außer-
umweltfreundliche Alternative zum priva-     halb von Ballungsräumen kann B+R für hö-
ten Pkw. Verkehrsbetriebe profitieren vor    here Fahrgastpotenziale sorgen. Dort, wo
allem von vier Punkten:                      im Öffentlichen Verkehr für den Vor- oder
                                             Nachtransport zeitliche oder räumliche
  • Erweiterung der Einzugsbereiche von      Lücken bestehen, oder dort, wo der Weg
    Haltestellen und Bahnhöfen               zur Haltestelle mit dem Fahrrad schneller
    (vgl. Kasten Seite 7)                    zurückgelegt werden kann, können durch
  • Entlastung in Spitzenstunden             ein gutes B+R-Angebot in Kombination
  • neue und zufriedenere Fahrgäste          mit einem attraktiven Radverkehrsnetz
  • Imagegewinn                              neue und auch zufriedenere Fahrgäste
                                             gewonnen werden. Denn mit der Nutzung
Entlastung in Spitzenstunden                 des Fahrrads im Vor- und Nachtransport
Analog zum Straßennetz ist auch im           können die Vorteile bei der Reisezeit und
ÖPNV in der Regel in den Spitzenstun-        Flexibilität in der Nutzung der öffentli-
den des Berufs- und Ausbildungsverkehrs      chen Verkehre gesteigert werden.
die Nachfrage am höchsten. So stößt der
Öffentliche Verkehr vor allem in Ballungs-   Imagegewinn
räumen an seine Kapazitätsgrenzen. In        Optimal profitieren Verkehrsbetriebe und
diesen Fällen kann während der kritischen    -verbünde, wenn sie den Fahrgästen at-
Hauptverkehrszeit die Bike+Ride-Nutzung      traktive B+R-Rahmenbedingungen bieten
am Start- und Zielort einen Beitrag zur      und sich selbst als integrierte Mobilitäts-
Entlastung des ÖPNV leisten. Beispiels-      dienstleister verstehen. Dies kann zu einer
weise wenn auf dem Weg zur oder von der      Imageverbesserung und Profilierung füh-
Haltestelle mit B+R-Anlage das Rad an-       ren und erhöht damit allgemein die Ak-
stelle eines Busses genutzt wird.            zeptanz des Öffentlichen Verkehrs in der
                                             Bevölkerung.
Zudem entfällt vielfach die Fahrradmit-
nahme im Zug, sodass es in den Fahr-

                                                                                           9
Leitfaden Bike+Ride Für eine erfolgreiche Verknüpfung von Öffentlichem Verkehr und Fahrrad - aktivmobil BW
2 Qualitätsstandards
                                        von B+R-Anlagen
                                        2.1 Grundanforderungen und Empfehlungen

                                        D    ie Attraktivität von B+R-Anlagen ist
                                             ein wesentlicher Baustein bei der För-
                                        derung kombinierter Verkehre. Bereits in
                                                                                        2.1.1 Allgemeines

                                                                                        Grundanforderungen
                                        den Hinweisen zum Fahrradparken der             Folgende Punkte sind bei jeder Planung
                                        Forschungsgesellschaft für Straßen- und         und Umsetzung von B+R-Anlagen zu be-
                                        Verkehrswesen e. V. (FGSV) von 2012 wird        rücksichtigen:
                                        deutlich, dass neben den allgemeinen
                                        Grundanforderungen an Fahrradabstellan-           • Standsicherheit (durch einen Anlehn-
                                        lagen auch nutzungsspezifische Einzelan-            bügel)
                                        forderungen zu berücksichtigen sind. Das          • Diebstahlschutz (Anschließmöglich-
                                        greifen das Landesgemeindeverkehrsfi-               keit für den Fahrradrahmen oder
     Einheitliche Datenschnittstelle    nanzierungsgesetz (LGVFG) sowie die                 Unterbringung in einer abschließba-
                                        Landesbauordnung (LBO) Baden-Würt-                  ren Box oder Sammelanlage)
     Die Digitalisierung hat dazu       temberg mit den jeweils dazugehörigen             • ausreichendes Platzangebot je Stell-
     geführt, dass beim Betrieb einer   Verwaltungsvorschriften auf – und auch              platz zuzüglich der erforderlichen
     B+R-Anlage immer häufiger          dieser Leitfaden: Er nennt in Kapitel 2.1 die       Erschließungsflächen (vgl. Kap. 2.2.1)
     Daten gesammelt werden. Diese      Grundanforderungen und Empfehlungen,
     Daten, zum Beispiel über freie     die für alle B+R-Anlagen gelten. In Kapitel     Diese Anforderungen sind für eine Viel-
     Plätze in B+R-Anlagen, sollen an   2.2 werden typspezifische Anforderungen         zahl von Fahrradtypen zu erfüllen.
     eine einheitliche Schnittstelle    und Empfehlungen aufgeführt.
     übergeben werden. So können                                                        Die Herstellung einfacher Vorderradstän-
     diese Daten auch von anderen       Zu unterscheiden ist zwischen Grundan-          der ist unzulässig.
     Mobilitätsdienstleistern wie       forderungen für B+R-Anlagen, deren Erfül-
     Eisenbahn-Unternehmen genutzt      lung zugleich Fördervoraussetzung nach          Empfehlungen
     und beispielsweise über Apps an    LGVFG ist, und nicht förderrelevanten           Sofern digitale Daten beim Betrieb einer
     potenzielle B+R-Nutzerinnen und    Empfehlungen. Die Umsetzung der Emp-            B+R-Anlage gesammelt werden, sollen
     Nutzer weitergegeben werden.       fehlungen ist wünschenswert im Sinne ei-        diese an eine einheitliche Datenschnitt-
                                        nes erfolgreichen Ausbaus von B+R.              stelle übergeben werden (siehe Kasten).

                                                                                        2.1.2 Lage und Zugänglichkeit

                                                                                        Grundanforderungen

                                                                                          • B+R-Anlagen müssen so hergestellt
                                                                                            werden, dass sie ebenerdig oder über
                                                                                            Rampen barrierefrei zugänglich sind.
                                                                                          • B+R-Anlagen sollen der Haltestelle
                                                                                            direkt zugeordnet sein und müssen
                                                                                            über das Radverkehrsnetz
                                                                                             • verkehrssicher,
                                                                                             • ungehindert und
                                                                                             • auf kurzem Weg erreichbar sein.

                                                                                        Je näher und sicht­barer die B+R-Anlage an
                                                                                        eine Haltestelle gebaut wird, desto größer
                                                                                        ist die Akzeptanz der Nutzerinnen und
                                                                                        Nutzer. Die Lage ist daher zentrales Krite-
                                                                                        rium für die Nutzung. Die attraktive Ver-
                                                                                        knüpfung zwischen Fahrrad und Öffentli-
                                                                                        chem Verkehr – zwischen Abstellen und
                                                                                        Einsteigen – darf möglichst wenig Zeit in
                                                                                        Anspruch nehmen.

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Empfehlungen                                    • Anlage soll vom Anfahrtsweg zum
Für die weiteren Empfehlungen zur Lage            Bahnhof/zur Haltestelle aus sichtbar             Platz in der Wartehalle
von B+R-Anlagen gilt es, drei Aspekte zu          sein. Ist dies nicht gegeben, ist eine
berücksichtigen:                                  gut sichtbare Wegweisung nötig.                  Insbesondere kleine Anlagen las-
                                                • Bei größeren Haltestellen oder                   sen sich in vielen Fällen direkt der
  • Entfernung                                    Bahnhöfen, die von mehreren Seiten               Haltestelle zuordnen, teilweise so-
  • Einbindung der Anlage in das kom-             erreichbar sind, soll das Stellplatz­            gar in die Wartehalle inte­grieren.
    munale Radverkehrsnetz                        angebot entsprechend aufgeteilt                  Bei größeren Anlagen sind meist
  • Sicherheit                                    werden. Dies ist unbedingt erforder-             größere Abstände erforderlich.
                                                  lich, wenn keine fahrbare Verbindung             Hier ist die direkte Zuordnung zu
Hinsichtlich der Entfernung zum Bahn-             zwischen beiden Seiten besteht.                  den Zufahrtswegen wichtig.
steig oder zur Haltestelle gelten folgende      • B+R-Stellplätze sollen generell näher
Empfehlungen:                                     zum Haltepunkt als P+R-Stellplätze
                                                  angeordnet sein.
  • Kleinanlagen (XXS und XS, vgl. Kap.         • Hauptzugangswege des Fußver-
    3.1) sollen in unmittelbarer Nähe             kehrs sollen nach Möglichkeit nicht
    zur Bus- oder Stadtbahnhaltestelle            gekreuzt werden.
    angeordnet werden.                          • Werden Anlagen unterschiedlichen
  • Anlagen mittlerer Größe an Bahnhö-            Standards angeboten (Fahrradhalter;
    fen (S und M, vgl Kap. 3.1), die nicht        abschließbare Anlagen, Fahrradpark-
    direkt am Bahnsteig angeordnet wer-           häuser), kann dies durch Weg-
    den können, sollen an den Zufahrts-           weisung im Umfeld des Bahnhofs
    bzw. Zugangswegen zu den Bahnstei-            verdeutlicht werden.
    gen angeordnet werden. Von dort             • Bei größeren Verknüpfungsanlagen,
    zum Bahnsteig sollte die Entfernung           insbesondere an Busbahnhöfen, Hol-
    maximal 50 Meter betragen.                    und Bring-Spuren sowie P+R-Plätzen,
  • Bei großen Anlagen (L bis XXL, vgl.           ist auf eine eindeutige, gut erkenn-
    Kap. 3.1), besonders bei Fahrradpark-         bare Radverkehrsführung zu achten.
    häusern und Fahrradstationen, wer-
    den in der Regel Zugangswege bis          Wenn die Schnittstelle zum Öffentlichen
    100 Meter zum Bahnsteig akzeptiert.       Verkehr in ausreichender Form Bestand-
  • Bei entsprechendem Bedarf sollen          teil der kommunalen Wegweisung des
    die Stellplätze an Bus- und Stadt-        Radverkehrs ist und den landesweiten An-
    bahnhaltestellen an jeder Richtungs-      forderungen entspricht, wird nicht davon
    haltestelle angeordnet werden.            ausgegangen, dass eine separate Weg-
  • Zentrale Anlagen für beide Richtun-       weisung notwendig ist. Im näheren Um-
    gen sind sinnvoll, wenn nur auf einer     feld der Haltestelle kann eine ergänzende
    Seite Radverkehrswege bestehen.           Wegweisung jedoch zweckdienlich sein,
  • Bei einseitigen Anlagen sind Ze-          wenn die eigentliche B+R-Anlage nicht
    brastreifen zu prüfen. Empfehlens-        ausreichend sichtbar ist. Hier sind sowohl
    wert ist hier ein Standort in der Nähe    klassische Beschilderungen, aber auch
    des Bahnsteiges der morgendlichen         Markierungen bzw. Piktogramme denkbar.
    Lastrichtung, da die ÖPNV-Kunden
    dann besonders zeitsensibel sind.
  • Zeitverluste, z.B. durch das Queren
    stark befahrener Straßen, sollen
    vermieden werden.

Hinsichtlich der Einbindung der Anlage in
das kommunale Radverkehrsnetz gelten
diese Empfehlungen:

  • Anlage soll möglichst an der Zufahrt
    zum Bahnhof liegen oder direkt am
    Bahnsteig und darf keine zusätzli-
    chen Umwege erfordern.
  • Anlage soll direkt anfahrbar sein, also
    nicht nur über Treppen, Umlaufsper-
    ren oder Schiebestrecken erreichbar
    sein.                                     Ein Piktogramm weist auf die B+R-Anlage am Bahnhof Lahr hin.

                                                                                                                                          11
Zur Sicherheit gilt diese Empfehlung:        Hier ist es möglich, diese in einem erwei-
     Lastenräder & Co                                                                       terten Fahrgastunterstand unterzubrin-
                                                  • Die Anlage sollte sich an einer         gen.
     Lastenräder und Fahrräder mit                  zentralen, gut einsehbaren Stelle
     Anhängern erfordern mehr Fläche                befinden. Hohe soziale Kontrolle ver-   Bei der Nachrüstung vorhandener Halte-
     in den Abstellanlagen. Ein Grund­              bessert die objektive wie subjektive    stellen mit B+R-Kleinanlagen (XXS oder
     angebot an größeren Stellplätzen               Sicherheit.                             XS, vgl. Kap. 3.1) kann zunächst auch ganz
     für solche Sonderfahrräder ist                                                         auf eine Überdachung verzichtet werden.
     für Anlagen ab der Größe M (vgl.                                                       Die Bereitstellung eines Fahrgastunter-
     Kap. 3.1) empfohlen. Mindestens           2.1.3 Größe der Anlage                       standes hat Priorität. Ausnahmen für
     fünf Prozent der frei zugänglichen                                                     Kleinanlagen gelten auch, wenn die Errich-
     Abstellanlagen sollen für Spezial­        Grundanforderung                             tung eines Witterungsschutzes innerört-
     fahrräder nutzbar und entspre-            Die Zahl und Beschaffenheit von B+R-An-      lich städtebaulich oder aus Gründen des
     chend beschildert sein.                   lagen muss sich nach Art, Größe und Lage     Denkmalschutzes problematisch ist.
                                               der Anlage nach dem regelmäßig zu er-
      • Stellplatz-Maße:                       wartenden Bedarf (notwendige Stellplät-      Empfehlungen
        Länge 3 Meter,                         ze) richten. Hierzu sind Bedarfsabschät-     Folgende Empfehlungen soll eine Über-
        Breite 1,2 Meter                       zungen zu erstellen (vgl. Kap. 3.1).         dachung für B+R-Standorte erfüllen:
      • Möglichkeit zum Anschlie-                                                             • überdachte Stellplätze liegen in un-
        ßen des Rahmens                        Empfehlungen                                     mittelbarer Nähe zur Haltestelle bzw.
      • Schließfächer mit Stroman-             Ab Anlagen der Größe M (vgl. Kap. 3.1)           zum Zugang der Haltestelle
        schluss zum Aufladen von               sollten Plätze für Lastenräder u.ä. vorge-     • transparente Gestaltung zur Gewähr-
        Akkus (Empfehlung)                     halten werden (siehe Kasten links).              leistung sozialer Kontrolle
                                                                                              • funktionierende Entwässerung (keine
     Neben Stellplätzen für große Rad-                                                          Pfützenbildung)
     typen erlangen Abstellmöglich-            2.1.4 Witterungsschutz                         • ausreichender Dachüberstand
     keiten für Elektrokleinstfahrzeuge                                                         (75 Zentimeter) zur Vermeidung von
     Bedeutung. Hier muss die weitere          Grundanforderungen                               schräg einfallendem Regen
     Entwicklung abgewartet werden.            Witterungsschutz, also vor allem der           • ausreichende Dachneigung zur
                                               Schutz vor Regen und Schnee, ist wichtig,        Entwässerung und Selbstreinigung
                                               da an B+R-Anlagen lange, das ganze Jahr          des Daches
                                               über und bei jedem Wetter geparkt wird.        • dauerhafte, weitgehend vandalis-
                                               Mindestens 75 Prozent der B+R-Stellplätze        mussichere Konstruktion
                                               müssen deshalb überdacht sein.                 • Mindesthöhe der Überdachungen
                                                                                                von 2,2 Meter
                                               Ausgenommen davon sind lediglich Klein-        • Dachbegrünung
                                               anlagen (Größe XXS und XS; vgl. Kap. 3.1).     • Photovoltaikanlage auf größeren
                                                                                                Dachflächen

                                                                                            2.1.5 Beleuchtung

                                                                                            Grundanforderungen
                                                                                            überdachte Anlagen müssen beleuchtet
                                                                                            sein. Bei ausreichender Umgebungsbe-
                                                                                            leuchtung kann in der Regel auf eine weitere
                                                                                            Beleuchtung der Anlage verzichtet werden

                                                                                            Gründe für eine ausreichende Beleuch-
                                                                                            tung sind:

                                                                                              • Schutz gegen Vandalismus
                                                                                              • höhere soziale Sicherheit
                                                                                              • bessere Handhabung beim Abstell-
                                                                                                vorgang

                                                                                            Empfehlungen
                                                                                            Die Beleuchtung sollte dynamisch und be-
                                                                                            darfsgesteuert geregelt sein.
Überdachte Bügelhalter in wechselnder Hoch-/Tiefaufstellung am Bahnhof Lahr

12
2.2 Typen von Radabstellanlagen
 2.2.1 Anlehnbügel                                   • Möglichkeit, den Rahmen anzuschlie-
                                                       ßen

E   in Anlehnbügel (oder Fahrradhalter)
    ist die einfachste Form einer Abstell-
 anlage und Basis für viele Abstellanlagen
                                                     • Kompatibilität mit unterschiedlichen
                                                       Fahrradgrößen und -typen
                                                     • Stellplatz muss eine Mindestlänge
 gleich welcher Größe.                                 von 2 Metern zuzüglich der erforder-
                                                       lichen Fahrgassen und Rangierflä-               Hoch-/Tiefaufstellung
 Einsatzbedingungen                                    chen aufweisen
 An Standorten mit geringer B+R-Nach-                • Abstand zwischen den Fahrradhal-                Die Verwendung von Haltern mit
 frage (XXS und XS, vgl. Kap. 3.1) bilden              tern beträgt bei Einzelaufstellung              Hoch-/Tiefaufstellung bringt eine
 Fahrradhalter oft das alleinige Angebot.              mindestens 0,8 Meter                            Kapazitätserweiterung, weil eine
 Möglich ist die Einzel- oder Doppelaufstel-         • Abstand zwischen den Fahrradhal-                engere Aufstellung möglich ist,
 lung (ein oder zwei Fahrräder je Halter).             tern beträgt bei Doppelaufstellung              hat aber hinsichtlich Diebstahl-
                                                       mindestens 1 Meter                              sicherheit und Standfestigkeit
 Grundanforderungen                                                                                    Nachteile. Halter mit Hoch-/
 Die „Hinweise zum Fahrradparken“ der           Empfehlungen                                           Tiefaufstellung sind in bewach-
 FGSV definieren die technischen Min-           Wünschenswert im Sinne einer guten                     ten Fahrradparkhäusern oder
 destanforderungen an Abstellanlagen im         Zugänglichkeit sind nach FGSV folgende                 in Bereichen mit guter sozialer
 Hinblick auf den Halt der Fahrräder, die       Abstände bei Fahrradhaltern:                           Kontrolle einsetzbar. Als Grund-
 Zugänglichkeit und den Diebstahlschutz:                                                               ausstattung einer B+R-Anlage
                                                     • Einzelaufstellung: 1,2 Meter                    ist der klassische Fahrradbügel
      • Anlehnpunkt zur Schaffung von                • Doppelaufstellung: 1,5 Meter                    vorzuziehen.
        Standfestigkeit

 Abstände für Fahrradhalter

      Einzelaufstellung                                                      Doppelaufstellung

        Mindestabstand (jeweils in cm)   Empfehlenswerter Abstand                 Mindestabstand                  Empfehlenswerter Abstand
             80         80        80           120           120                      100        100                  150           150
200

              25        25        25     65            65          65                       65                                 95
                   55        55                55            55                       55         55                    55            55
Diese B+R-Anlage in Hamburg kombiniert ein-
                                                                                                        fache und doppelstöckige Fahrradhalter

                                                 2.2.2 Doppelstöckige Anlage                     Einsatzbedingungen:

                                                 Aufgrund der steigenden Nachfrage nach            • in geschlossenen Räumen, z.B. Fahr-
                                                 Bike+Ride, kombiniert mit einer begrenz-            radparkhäuser
                                                 ten Flächenverfügbarkeit an vielen Stand-         • innerhalb von Unterführungen,
                                                 orten, wird verstärkt dazu übergegangen,            Gebäuden wie Bahnhofshallen und
                                                 doppelstöckige Anlagen mit Fahrradhal-              ähnlich geschützten Situationen
                                                 tern zur Steigerung des frei zugänglichen         • versehen mit einer Einhausung, z.B.
                                                 Fahrradpark­angebots anzubieten. Die Ak-            als Teil einer abschließbaren Anlage
                                                 zeptanz der oberen Abstellplätze durch            • versehen mit einer Überdachung
                                                 die Nutzerinnen und Nutzer ist in der               oder als Teil einer Überdachung, z.B.
                                                 Regel gegeben, wenn das Einstellen durch            an Busbahnhöfen
                                                 Teleskopeinzüge erleichtert wird.
                                                                                                 Grundanforderungen
                                                 Die Anlagen verdoppeln nahezu die Kapa-         Basis für Doppelstockanlagen sind An-
                                                 zität für das Fahrradparken auf derselben       lehnbügel, wobei die entsprechenden Ab-
                                                 Fläche. Ihr Nachteil ist die optische Do-       stände einzuhalten sind (vgl. Kap. 2.2.1).
                                                 minanz und Barrierewirkung der Anlagen.         Darüber hinaus gelten folgende Anforde-
                                                 Dies erschwert insbesondere die Einbin-         rungen:
                                                 dung in städtebaulich sensiblen Situatio-
                                                 nen.                                              • bequeme Bedienung der oberen
                                                                                                     Ebene durch einen leichtgängigen
                                                                                                     Teleskopauszug
                                                                                                   • Fahrgassenbreite von mindestens
                                                                                                     2,50 Metern
                                                                                                   • Höhe der Überdachung: mindestens
                                                                                                     2,75 Meter
                                                                                                   • Vermeidung oder Verkleidung scharf-
                                                                                                     kantiger Bauteile

                                                                                                 Empfehlungen:

                                                                                                   • zusätzlicher Komfort durch Gas-
                                                                                                     druckstoßdämpfer, die die Handha-
                                                                                                     bung der oberen Schiene erleichtern
                                                                                                   • verkürzte Wartungsintervalle im
                                                                                                     Vergleich zu einstöckigen Abstellan-
                                                                                                     lagen (Schmieren beweglicher Teile,
Die Bedienung doppelstöckiger Fahrradständer – hier eine Anlage in Frankfurt – erfordert keine       Kontrolle der Mechanik)
sonderliche Kraftanstrengung.

14
Aufkleber für Seitenwand/Bediensäule, 100x80cm

2.2.3 Fahrradbox
Fahrradboxen bieten optimalen Witte-                                        www.bikeandridebox.de
rungsschutz bei zugleich weitgehendem
Diebstahl- und Vandalismusschutz. Die
Boxen sind in der Regel kostenpflichtig
                                                                          BUCHEN UND ABRECHNEN –                                                         PARKEN IN DER BOX OBEN
                                                                          SO FUNKTIONIERT´S.
und für einen begrenzten Nutzerkreis                                          Über die Website „Bike and Ride Box“ eine passende Radparkanlage suchen.
                                                                                                                                                         1.           2.

zugänglich. Die unentgeltliche Nutzung                                        Eine freie Box buchen und die Mietdauer wählen.
                                                                              Direkt bezahlen.
(z. B. über Pfandsysteme) hat sich nicht                                      Der Zugangscode wird per SMS oder Mail zugeschickt.
                                                                           5. Den Code direkt an der Radparkanlage eingegeben.
bewährt, da häufig eine Fremd- oder                                        6. Das Rad in der nummerierten, persönlichen Box parken.
                                                                                                                                                         3.           4.

Nichtnutzung festgestellt wurde. Ein Zu-
gang über Schlüssel ist bei Verlust auf-
wändig, deshalb werden heute digitale                                                                                                                    5.           6.

Zugänge über Codekarten-, Transponder-
oder ­  Handy-Code-Systeme bevorzugt.
Diese ermöglichen zudem eine statisti-                                                                                                                   7.

sche Auswertung der Nutzung. Besonders
werbewirksam ist die Integration in Abo-
                                                                                                                                                         PARKEN IN DER BOX UNTEN
karten des Öffentlichen Verkehrs.                                                                                                                        1.            2.

Die standardmäßige Ausstattung mit
Steckdosen zum Aufladen von Pedelecs ist                                                                                                                 3.

nicht erforderlich. Eine Nachfrage besteht                           Anleitung zur Bedienung einer doppelstöckigen Fahrradbox
hauptsächlich dann, wenn im Nachtrans-
port das Fahrrad nicht am Zielort, z. B. am
Arbeitsplatz, aufgeladen werden kann.                       sich die Nutzung positiv entwickelt)
                                                       • Führungsschienen für das Einstellen
Einsatzbedingungen                                          des Fahrrades
Fahrradboxen bilden das Ergänzungsange-                • einfache Aufbewahrungsmöglichkei-
bot zu Fahrradhaltern an Standorten mit                     ten für Regenkleidung, Helm etc.
kleiner bis mittlerer B+R-Nachfrage (ins-              • Schließsysteme sollen durch zeitge-
besondere Größenklassen S und M, vgl.                       mäße Zugangssysteme eine effektive
Kap. 3.1).                                                  Bewirtschaftung ermöglichen
                                      Kunde:           •    Hinweis
                                                       Kienzler             an der
                                                                  Stadtmobiliar           Anlage, wie Fahr-
                                                                                    Hausach
Grundanforderungen:                   Projekt:         Bike+Ride
                                                            radboxen Box Beschriftung
                                                                              gemietet werden können
                                      Datum:           01.04.2015
                                      Bearbeiter: Manuela   (gegebenenfalls
                                                                   Lehmann                 zusätzlich mit
  • Fahrradboxen für Standardfahrrä- Datenpfad: U:/Kienzler          Stadtmobiliar /B+R Box
                                                            QR-Code-Verweis                    zu entsprechender
                                      Dieser Entwurf ist urheberrechtlich geschützt. Eine Weitergabe ist grundsätzlich nicht gestattet.
     der müssen folgende Mindestmaße                        Homepage)
     aufweisen:                                        • 20 bis 30 Prozent der Boxen mit
      • Breite:		    850 mm                                 Strom­anschluss (passende Ladege-
      • Länge:      2050 mm                                 räte deponieren Nutzerinnen und
      • Höhe:		1250 mm                                      Nutzer selbst)
  • Boxen müssen massiven Einbruchs-
     versuchen standhalten
  • Bei doppelstöckig angeordneten
     Boxen braucht es oben ausziehbare,
                                                                                                                                                                                   Fahrradboxen in
     neigbare Parkschienen.
                                                                                                                                                                                          Bruchsal
  • Es darf keine Öffnungen geben, die
     das Entwenden von Ausrüstung oder
     Fahrradteilen ermöglichen.
  • Umgebung muss regelmäßig gerei-
     nigt werden.

Empfehlungen:

   • Fahrradboxen zur Sicherung im Bo-
     den verankern
   • größere Abmessungen für die
     Aufnahme von Sonderfahrrädern
     (kleinere Abmessungen für Elektro­
     kleinstfahrzeuge oder Tretroller, falls

                                                                                                                                                                                         15
Die Sammelanlage einer Radstation am
                                                                      Bahnhof Schwerte (Ruhr)

     2.2.4 Fahrradsammelanlage                      • Kameraüberwachung der Anlage
                                                    • Hinweis an der Anlage, wie ein Stell-
     Fahrradsammelanlagen bieten einen ge-            platz gemietet werden kann (ggf. mit
     meinschaftlich genutzten, abschließbaren         QR-Code-Verweis zu entsprechender
     Raum. Dieser kann als eingezäunte Abstel-        Homepage)
     lanlage eigenständig angeordnet oder ein       • Vernetzung mit elektronischen Ange-
     abschließbarer Teil eines Fahrradparkhau-        boten anderer Mobilitätsdienstleister
     ses sein.                                        sowie Verkehrsunternehmen

     Einsatzbedingungen
     Fahrradsammelanlagen sind bei mittlerer
     Nachfrage einsetzbar, also in den Größen-
     ordnungen von S bis L (vgl. Kap. 3.1). Bei
     sehr großen Anlagen (XL/XXL) sind sie als
     Ergänzung, z.B. als Zweitanlage oder als
     abgeschlossene Teilbereiche eines Fahr-
     radparkhauses, sinnvoll.

     Grundanforderungen

       • Ausstattung mit Fahrradhaltern
       • wirksame Begrenzung des Nutzer-
         kreises durch geeignete Zugangs-
         systeme (für die Funktionsfähigkeit
         erforderlich, Art der Schließsysteme
         kann ausgewählt werden)
       • Beleuchtung

     Empfehlungen

       • Schließsysteme mit zeitlich begrenz-
         ten Zugangscodes
       • Schließsysteme mit personalisierba-
         ren Zugangscodes                         Blick auf eine Parkbox im Radhaus Offenburg

16
2.2.5 Fahrradparkhaus/-halle

Ein Fahrradparkhaus mit überdachten
Fahrradhaltern auf einer oder mehreren
Etagen bietet Witterungsschutz bei meist
geringem Flächenbedarf. Viele Fahrrad-
parkhäuser verfügen zudem mindestens
über einen abgegrenzten Bereich, der nur
einem eingeschränkten Nutzerkreis zu-
gänglich ist. Vereinzelt lassen sich Räume
im Bahnhofsgebäude nutzen, auch Varian-
ten in großzügig dimensionierten Bahn-
hofsunterführungen sind denkbar (wie         Blick in ein Fahrradparkhaus am Hauptbahnhof Karlsruhe
zum Beispiel in Karlsruhe oder Pforzheim
umgesetzt).                                  Einsatzbedingungen
                                             Automatisches Fahrradparken ist bei mitt-
Einsatzbedingungen                           lerer bis großer Nachfrage (also den Grö-
Ein Fahrradparkhaus hat seinen Einsatz-      ßen M bis XXL, vgl. Kap. 3.1) geeignet.
bereich an aufkommensstarken Standor-
ten der Größenklassen M bis L (vgl. Kap.     Grundanforderungen:
3.1) sowie als Bestandteil oder Ergänzung
einer Fahrradstation auch an sehr großen       • maximal 60 Sekunden Zugriffszeit
B+R-Anlagen (Größenklasse XL und XXL).           bei Annahme und Ausgabe
                                               • ständige Verfügbarkeit durch stö-
Grundanforderungen:                              rungsarme Technik und vertraglich
                                                 abgesicherte, regelmäßige Wartung
  • erforderliche Rangierflächen
    zwischen den Reihen parkender            Empfehlungen:
    Fahrräder:
     • Senkrechtparken: mind. 1,8 m            • auch in Spitzenzeiten ausreichend
     • Schrägparken: mindestens 1,5 m            Annahme- und Ausgabestellen
  • Rampen in Fahrradparkhäusern               • Kombination mit digitalen ÖV-Zeit-
    dürfen nicht mehr als sechs Prozent          karten und Abos oder als Mobilitäts­
    Steigung aufweisen                           chipkarte für Stammkunden des
  • Anlagen ab Größe L (vgl. Kap. 3.1):          Öffentlichen (Nah-)Verkehrs
    Anzeige der Auslastung mit Hinweis         • Buchungsmöglichkeiten über Mobi-
    auf freie Plätze (bei kleinen Anlagen        litäts-Apps
    ab Größe S empfohlen)                      • Anzeige der Auslastung mit Hinweis
                                                 auf freie Plätze und Datenübermitt-
Empfehlungen:                                    lung via Schnittstelle z.B. zur Anzeige
                                                 der Auslastung in Apps
                                                                                                      Das vollautomatische und nachts hell
  • helle und transparente Gestaltung
                                                                                                         erleuchtete Radhaus in Offenburg
  • Kameraüberwachung der Anlage

2.2.6 Automatisches
Parksystem
Automatische Fahrradparksysteme sind
bei geringen Personalkosten rund um die
Uhr verfügbar. Selbst eingeschossige An-
lagen benötigen aufgrund der automati-
schen Platzzuweisung und -verwaltung
deutlich weniger Fläche als konventionelle
Anlagen. Solche Systeme können die Fahr-
räder nach der Übergabe – zum Beispiel in
Boxen oder frei auf Radschienen – aufbe-
wahren und sie auf diese Weise größtmög-
lich vor Wetter, Vandalismus und Dieb-
stahl schützen.

                                                                                                                                17
Die Radstation in Freiburg

     2.2.7 Fahrradstation                        gesichertes Fahrradparkhaus oder eine
                                                 Radhalle ohne Beschränkung der Öff-
     Fahrrad- oder Velostationen bieten neben    nungszeiten. Es gelten folgende Grund­
     der kostenpflichtigen, bewachten bzw. ge-   anforderungen:
     schützten Abstellmöglichkeit für Fahrrä-
     der auch Dienstleistungen rund ums Rad        • erforderliche Rangierflächen
     an, in der Regel zumindest einen Repara-        zwischen den Reihen parkender
     turservice und einen Fahrradverleih.            Fahrräder:
                                                       • Senkrechtparken: mind. 1,8 m
     Der Begriff Radstation ist eine vom ADFC          • Schrägparken: mindestens 1,5 m
     Nordrhein-Westfalen geschützte Wort-          • Rampen in Fahrradparkhäusern:
     Bild-Marke. Radstationen werden auch            nicht mehr als sechs Prozent Stei-
     außerhalb von Nordrhein-Westfalen durch         gung
     den ADFC zertifiziert, wie in Ludwigsburg     • Anzeige der Auslastung mit Hinweis
     oder Kirchheim/Teck.                            auf freie Plätze und Datenübermitt-
                                                     lung via Schnittstelle z.B. zur Anzeige
     Einsatzbedingungen                              der Auslastung in Apps
     Fahrradstationen stellen für das Fahrrad-
     parken den besten Service dar. Sie bieten   Gewerbliche Serviceleistungen wie Repa-
     an eher größeren Bahnhöfen künftig den      ratur, Radpflege und -verleih ergeben das
     Standard für eine attraktive Kombination    komplette Angebot einer Fahrradstation.
     aus wettergeschütztem, zugangsgesicher-
     tem Abstellen, Wartungs-/Reparaturser-      Empfehlungen:
     vice und Fahrradvermietung – gebündelt
     an einem Ort. Nicht selten werden sie         • helle und transparente Gestaltung
     durch weitere Mobilitäts- und Informati-      • Kameraüberwachung der Anlage
     onsangebote für Pendlerinnen und Pend-
     ler sowie für den Tourismus ergänzt. In     Genutzt werden die Dienstleistungen vor
     Nordrhein-Westfalen werden auch an          allem von Pendlerinnen und Pendlern des
     vielen Kleinstadtbahnhöfen Radstationen     Öffentlichen Verkehrs zum Radfahren
     erfolgreich betrieben.                      vom Bahnhof zum Arbeitsort. Sie profitie-
                                                 ren einerseits vom Serviceangebot direkt
     Grundanforderungen                          an der Haltestelle und wissen andererseits
     Basis der Fahrradstation ist ein zugangs-   ihr Rad nachts sicher abgestellt.

18
Betreiber bzw. Träger (vgl. Kap. 4) einer      werden. Nach einer Befragung der Fahr-
Fahrradstation mit Personalpräsenz sind        radstationsbetreiber in Nordrhein-West-
in der Regel entweder der Fahrradfach-         falen stellen Reparatur und Verkauf in der
handel (der damit auch Geld verdienen          Regel die Haupteinnahmequelle dar – we-
kann, da meist auch das Radgeschäft in-        niger die Einnahmen aus dem Fahrradpar-
tegriert ist), freie Träger der Wohlfahrts-    ken. Die finanzielle Tragfähigkeit hängt
pflege mit ihren Qualifizierungsmaßnah-        vom Service, also der gewerblichen Seite
men oder kommunale Betriebe mit Bezug          der Fahrradstation, ab.
zur Mobilität. Einen Betreiber zu finden
gestaltet sich mitunter als Herausforde-       Unter den Aspekten der einfachen Nut-
rung. Deshalb ist es wichtig, dass die Pla-    zung, der Radverkehrsförderung und des
nung der baulichen Einrichtung mit einem       Gemeingebrauchs der Infrastruktur gibt
Betriebskonzept Hand in Hand geht.             es in den Niederlanden eine Debatte über
                                               kostenloses Fahrradparken. Im größten
Finanzierung von Fahrradstationen              Fahrradparkhaus der Welt in Utrecht kos-
Die Baukosten von Fahrradstationen vari-       ten die jeweils ersten 24 Stunden nichts,
ieren erheblich, je nach Ausgangssituation     anschließend fallen 1,25 Euro pro Tag an.
(Grunderwerb, bauliche Voraussetzung,
Qualität u.ä.) und der Preis­entwicklung im    Voraussetzung für die Förderung
Bausektor. In Deutschland betragen die         Die Verwaltungsvorschrift zum Landes-
Kosten pro Stellplatz zwischen 1.250 und       gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz
6.800 Euro bei einem gemittelten Satz von      Baden-Württemberg (VwV-LGVFG) setzt
3.000 Euro (in den Niederlanden werden         folgende Bedingungen zur Förderung von
teils fünfstellige Beträge pro Stellplatz      Fahrradstationen:
ausgegeben).
                                                 • Verknüpfung Fahrrad und ÖPNV (als
Auch die Betriebskosten variieren erheb-           B+R-Anlage)
lich. Sie setzen sich zusammen aus:              • Mindestens 100 Fahrräder abstellbar
                                                 • Mindestens folgende angeschlossene
  •   Personal (meist höchster Posten)             Dienstleistungen:
  •   Material (z.B. für Dienstleistungen)           • Bewachung
  •   Energie                                        • Witterungsschutz
  •   Reinigung                                      • Pannenhilfe, Wartung, Reparatur
  •   Wartung                                        • Fahrradvermietung
  •   Marketing                                  • tragfähiges Betreiberkonzept für die
  •   ggf. Miete                                   angeschlossenen Dienstleistungen
  •   ggf. Abschreibungen

Empfohlene Tarife
Empfehlenswert sind Tarife wie beispiels-
weise in Mannheim:

  • 1 Euro pro Tag
  • 10 Euro pro Monat
  • 60 Euro pro Jahr

Andere Stationen haben ähnliche Tarife:

  • Freiburg:        1/10/80 Euro
  • Karlsruhe:       1/8,50/75 Euro

Aber auch solche einfach gestalteten,
günstigen Preise stoßen nur teilweise auf
Akzeptanz und das Rad wird dann weiter-
hin außerhalb der Fahrradstation abge-
stellt. Praktikern zufolge kann jedoch – bei
großem Volumen und geringem Personal-
aufwand durch Zugangskontrolle und Vi-
deoüberwachung – der Betrieb aus den
Nutzergebühren kostendeckend gestaltet         Fahrradreparaturen gehören zum Service einer Radstation

                                                                                                         19
Die Radstation in Freiburg beheimatet auch einen eigenständigen Fahrradverleih

     2.2.8 Kombination von
                                                      eine Fahrradparkhalle oder Sammelboxen
     B+R-Angeboten                                    betreiben oder verwalten.
     Gerade an größeren Bahnhöfen und Hal-
     tepunkten ist eine Kombination verschie-         Das Gebäude einer Radstation kann auch
     dener B+R-Angebote eher die Regel als            für weitere mehr oder weniger verkehrs­
     die Ausnahme: Eine Fahrradstation am             affine Nutzungen verwendet werden ­ –
     Haupteingang eines Bahnhofs, eine Fahr-          wie etwa in Freiburg. Dort gibt es ober-
     radhalle an einem Zweitausgang, dazu             halb der Fahrradstation neben einem
     Sammelboxen, überdachte, aber nicht              eigenständigen Radverleih auch eine
     bewachte Fahrradhalter und nicht über-           Bahnagentur, einen Schalter der Deut-
     dachte Halter bieten allen Radfahrerinnen        schen Bahn, Räume örtlicher Verkehrsbe-
     und Radfahrern eine breite Auswahl zum           triebe, ein Touristikunternehmen sowie
     Abstellen und ggf. zur Nutzung von Ser-          Geschäftsstellen von ADFC und VCD. Auf
     viceangeboten. Der Betreiber einer Rad-          dem Dach der Fahrradstation wurde ein
     station kann dabei weitere Angebote wie          Café untergebracht.

     Pumpstation an der Radstation Velö in Lörrach

20
Angebote einer Mobilitätsstation                                         Angebote einer Mobilitätsstation mit Fahrradstadion
  Im Fahrradsegment ohne Servicepersonal                                   Im Fahrradsegment mit Servicepersonal

                                                                                                  Fernbus          Service rund ums Rad:
                                                                                                                   Pannenhilfe, Reparatur,
            ZOB                                                                                                    Wartung, Beratung
                                                    (automatisches)                ZOB
                                                    Fahrradparken                                                               (automatisches)
                                                                                                                                Fahrradparken
  Park
  +Ride                           über-
                       ÖPNV-    dachtes                                                           ÖPNV-     Fahrrad-
                       Knoten                           E-Bike             Park                   Knoten                            E-Bike
                                Fahrrad-                Fahrradbox         +Ride                             station                Fahrradbox
                        punkt    parken                                                            punkt
   Taxi
                                                    Fahrradverleih                                                            Fahrradverleih
                                                    (ohne Personal)                Taxi                                       (mit Personal)
   Car-Sharing

                                              ggf. weitere/                                   Car-Sharing         ggf. weitere/
                                              andere Angebote                                                     andere Angebote
     ggf. weitere/                                                              ggf. weitere/
     andere Angebote                                                            andere Angebote

2.3 Einbindung in Mobilitätsstationen

D    er Aufbau von Mobilitätsstationen an
     ÖPNV-Knotenpunkten ist ein wesent-
liches Handlungsfeld zur Verknüpfung der
                                               heitlichen Gestaltung wird mit den Mo-
                                               bilitätsstationen und ihren Angeboten
                                               für nachhaltige Mobilität geworben. Die
Verkehrsträger des Umweltverbundes.            Mobilitätsstationen unterstützen durch
Eine Mobilitätsstation bündelt verschie-       ihr vielfältiges Angebot ein multimodales
dene Angebote von Mobilitätsdienst-            Verkehrsverhalten.
leistern räumlich an einem Standort und
verknüpft die Verkehrsträger des Umwelt-       Die fortschreitende Digitalisierung hat auf
verbunds optimal. In der Regel bildet der      die Entwicklung der multi- und intermoda-
ÖPNV das Rückgrat des Mobilitätsange-          len Mobilitätsangebote und Mobilitätssta-
botes. Nach dem LGVFG sind Mobilitäts-         tionen einen großen Einfluss. In Offenburg
stationen (dort bezeichnet als „multimo-       beispielsweise gewährt die sogenannte
dale Knoten“) förderfähig.                     Einfach-Mobil-Chipkarte Zugang zu allen
                                               Dienstleistungen der Mobilitätsstationen.
Wesentliche Bestandteile einer Mobili-
tätsstation sind Rad­ verleih­
                             systeme und       Fahrradstationen, die mit Personal im Ser-
Carsharing-Angebote. Oftmals ergänzen          vicebereich besetzt sind, können durch
Dienstleistungen wie E-Ladesäulen und          Mobilitätsstationen ergänzt werden und
Schließfächer das Angebot. So hat Offen-       somit die inter- und multimodale Mobi-
burg unter dem Markennamen „Einfach            litätsangebotspalette an einem Bahnhof
Mobil“ vier Mobilitätsstationen eingerich-     oder einer Haltestelle deutlich erweitern.
tet und plant weitere. Sie bieten Platz für    An Mobilitätsstationen werden B+R-An-
Bike- und Carsharing sowie Abstell­anlagen     gebote in der Regel ohne Personal be-
für private Fahrräder. Außerdem werden         reitgestellt und die dort angebotenen
Pedelecs und Lastenräder vermietet.            Dienstleistungen automatisiert erbracht.
                                               Ausnahmen sind Mobilitätsstationen an
Viele Varianten                                Fahrradstationen.
Abhängig von der Lage einer Mobili-                                                                          Mobilitätsstation in Offenburg
tätsstation bzw. der Bedeutung des
ÖPNV-Haltepunkts kann das Angebot
variieren. Gerade bei größeren Mobilitäts-
stationen an Bahnhöfen oder bedeuten-
den Haltepunkten und in zentralen Lagen
spielt die Aufenthaltsfunktion und damit
die Aufenthaltsqualität eine große Rolle.
Auch kleinere dezentrale Mobilitätsstatio-
nen, beispielsweise in Stadtteilzentren mit
bedarfsgerechtem Angebot, können in ei-
nem Gesamtkonzept ein wichtiges Ange-
bot für die nachhaltige Mobilität schaffen.
Mit einer prominenten, in der Regel ein-

                                                                                                                                         21
3 Richtwerte und
     Bedarfsabschätzung
     D    ie Ausgestaltung einer B+R-Station
          ist abhängig vom Stellplatzbedarf und
     von den jeweils vorherrschenden Nutzer-
                                                  Nachfrage entsprechende Kombination
                                                  ausreichend dimensionierter Abstelltypen
                                                  bereitstellen zu können. Diese Vorgehens-
     gruppen. Zunächst wird die Größenklasse      weise ist eine wesentliche Grundlage zur
     bestimmt. Diese kann von ein paar An-        Planung der Anlage, zur Beantragung von
     lehnhaltern an der Bushaltestelle bis zu     Fördermitteln und zum erfolgreichen Be-
     mehreren tausend Stellplätzen reichen. Zu    trieb der Anlagen.
     beachten ist dabei: Radverkehrsplanung
     ist Angebotsplanung. Bei der Bestimmung      Zur Abschätzung bzw. Berechnung des
     der Größenklasse ist also nicht von der      B+R-Bedarfs kommen in Abhängigkeit
     Ist-Situation auszugehen, vielmehr ist die   von der Haltestellenkategorie zwei un-
     Zielsetzung für den Radverkehrsanteil        terschiedliche Verfahren zum Einsatz (vgl.
     entscheidend.                                Kap. 3.2). Die Größe der Anlagen an Bus-
                                                  und Stadtbahnhaltestellen wird mit einem
     Die Größenklasse sagt allerdings noch        qualitativen Verfahren abgeschätzt. An
     nichts über die Ausgestaltung der B+R-An-    Bahnhöfen des regionalen und überregi-
     lage und insbesondere über die Zusam-        onalen Schienenverkehrs wird der Bedarf
     mensetzung der Anlagentypen aus: Diese       anhand des Radverkehrsanteils, der Ein-
     werden mit Blick auf die vorherrschen-       und Aussteigerzahlen sowie weiterer Fak-
     den Nutzergruppen angepasst. Das ist         toren berechnet.
     wichtig, um den Nutzergruppen eine der

     3.1 Größenklassen und Nutzergruppen
     G    rundlage für die Bedarfsabschätzung
          bilden acht Haltestellenkategorien,
     die nach Art des Angebots und der Verbin-
                                                  B+R-Nachfrage innerhalb einer Haltestel-
                                                  lenkategorie erheblich variieren kann.

     dungsqualität unterschieden werden (vgl.     Zudem muss das B+R-Angebot an ver-
     Tabelle unten). Demgegenüber stehen          schiedene Nutzergruppen (Vortransport,
     B+R-Größenklassen (von XXS über M und        Nachtransport usw.; Typ a bis d; Tabelle
     L bis XXL benannt). Diese Größenklassen      S. 23) angepasst werden. Die Tabelle auf
     können den Haltestellenkategorien nicht      Seite 24 fasst die beiden ersten Tabellen
     unmittelbar zugeordnet werden, da die        zusammen.

     Haltestellenkategorien
      Art des           Verbindungsqualität       Haltestellenkategorien
      Angebots
                        Stadtverkehr              1 Stadtbus
                        Regionalverkehr           2 Regionalbus (Schnellbus)
      Busverkehr
                                                  3 Busbahnhof und Umstiegspunkt mit mehr
                                                    als 20 Abfahrten in der Spitzenstunde
                        Stadtverkehr              4 Stadtbahn
                        Regionalverkehr           5 S-Bahn
                                                  6 Regionaler Schienenverkehr
      Schienenverkehr                               (RB-/RE-Halt)
                                                  7 Regionaler Eisenbahnknoten /
                                                    wichtiger RE-Halt
                        Fernverkehr               8 Überregionaler Eisenbahnknoten

22
3.1.1 B+R-Größenklassen                           • bei B+R-Typ b: größerer Anteil ab-
                                                    schließbarer Anlagen
B+R-Basisangebot (XXS)                            • bei B+R-Typ c: Fahrradvermietung
                                                    vorsehen (i.d.R. ohne Personal)
  • geeignet für: Bushaltestellen mit ge-
    ringem B+R-Bedarf, innerstädtische         B+R-Schwerpunkt (L)
    Stadtbahnhaltestellen
  • im Einzugsbereich ist meist Wohnen            • geeignet für: wichtige Verknüp-
    dominant: B+R im Vortransport                   fungspunkte des Regionalverkehrs,
  • bis zu sechs Stellplätze in frei zu-            Haltepunkte des Fernverkehrs in
    gänglichen Abstellanlagen                       Mittelzentren
  • nur in begründeten Ausnahmefällen             • 300 bis 1.000 Stellplätze
    überhaupt kein B+R-Basisangebotot             • meist B+R-Typ b: zentrale, teils abge-
                                                    schlossene Parkanlage (Fahrradboxen
B+R-Basisangebot (XS)                               reichen nicht aus)
                                                  • bei B+R-Typ c: Fahrradvermietung,
  • geeignet für: Regionalbushalte-                 möglichst personell unterstützte
    stellen, Stadtbahnhaltestellen mit              Serviceangebote
    entsprechendem Potenzial                      • B+R-Typ d: mehr abgeschlossene und
  • bis zu 20 Stellplätze in frei zugängli-         videoüberwachte Fahrradparkmög-
    chen Abstellanlagen                             lichkeiten
  • möglichst mit Witterungsschutz
    (Standard bei Typ a/Vortransport,          B+R-Hotspot (XL)
    siehe 3.1.2, Tabelle unten)
  • an Haltestellen im gewerblich ge-             • geeignet für: wichtige Bahnhöfe des
    prägten Umfeld einzelne Fahrradbo-              Schienenfernverkehrs und schnellen
    xen sinnvoll (Typ b)                            Regionalverkehrs (zugleich Knoten-
                                                    punkte des Nahverkehrs)
B+R-Basisangebot (S)                              • über 1.000 Stellplätze
                                                  • zentrale, überwachte Abstellanlagen
  • geeignet für: aufkommensstarke Re-            • möglichst Serviceangebote
    gionalbus- und Stadtbahnhaltestel-            • bei B+R-Typ c: Fahrradvermietung
    len, Regional- und S-Bahnbahnhöfe             • klassische Einsatzfelder für Fahrrad-
  • überwiegend Wohnumfeld: bis zu                  stationen
    50 Stellplätze in frei zugänglichen
    Abstellanlagen                             Bike+Ride-Großanlagen (XXL)
  • mindestens 75 Prozent mit Witte-
    rungsschutz                                   • wie XL, jedoch mindestens 3000
  • ergänzt durch Fahrradboxen oder                 Stellplätze für Fahrräder
    Stellplätze in Fahrradkäfigen
                                               Im Bestand existieren in Baden-Würt-
B+R-Standardangebot (M)                        temberg nur Haltestellen bis zur Größen-
                                               klasse XL. Einige Bahnhöfe haben Ent-
  • geeignet für: Endhaltestellen der          wicklungsmöglichkeiten zu XXL-Anlagen.
    Stadtbahn, S-Bahn- und RE-Halte-
    punkte, wichtige RB-Haltepunkte
  • bis zu 300 Stellplätze                     3.1.2 B+R-Nutzergruppen
  • bei B+R-Typ a: vor allem frei zugäng-
    liche Anlagen mit Witterungsschutz,        Den Nutzergruppen werden Präferenzen
    ergänzt durch Fahrradboxen oder            für bestimmte B+R-Angebote zugeordnet
    Sammelanlagen                              (siehe Tabelle unten).

 Funktionale Bike+Ride-Typen

 Den Nutzergruppen werden Präferenzen für bestimmte B+R-Angebote zugeordnet:

 Funktionaler B+R-Typ a              Typ b                             Typ c                            Typ d

 dominiert vom Vortransport          sowohl Vor- wie Nachtransport     neben Vor- und Nachtransport     Typ b in Verbindung mit
 Kernangebot: frei zugängliches,     mehr begrenzt zugängliches        viel Freizeitverkehr/Tourismus   besonderen Verkehrserzeugern
 kostenfreies Fahrradparken          Fahrradparken (30 bis 40          verstärkte Nachfrage nach        (Hochschulen, große Arbeit­
                                     Prozent)                          Leihrädern/Service/Beratung/     geber, Freizeiteinrichtungen)
 20 Prozent abschließbare
 Anlagen als Ergänzung               mehr Service wie Fahrrad-         Information                      Nachtransport dominiert,
                                     reparatur und Leihräder                                            individuelle Lösungen
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