MartinsEch Pfarrbrief Weihnachten / Winter 2022 - Krippengeschichten Pro und Contra Regenbogenfahne - Seelsorgebereich St. Martin Rheinbach
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MartinsEch Pfarrbrief · Weihnachten / Winter 2022 ✸ Krippengeschichten ✸ ✸ Pro und Contra Regenbogenfahne ✸ ✸ Neueröffnung der Bücherei ✸
Inhalt Grußwort des Pfarrers 3 Margarete Hardenberg zum 100. Geburtstag – 4 Schöpferin der Weihnachtskrippe Die Krippe aus Ruanda 6 Krippentouren einst und jetzt 7 Debatte über die Regenbogenfahne 8 Einführung von Kaplan Stephan Wirgowski – 21 und Beauftragung von Simon Beranek als Pastoralreferent Interview mit Kaplan Stephan Wirgowski 22 Aus dem Ökumenischen Arbeitskreis 25 Wichtige Termine im Advent 2022 in St. Martin Rheinbach 26 Kirchenmusik in St. Martin für ALLE?! 27 Die Sternsingeraktion 2023 31 Die Bücherei erstrahlt in neuem Glanz + Buchtipps 32 Mehr als eine Notlösung – Gottesdienste an der Waldkapelle 36 Denkmalwert von St. Mariä Himmelfahrt in Merzbach anerkannt 38 Zum aktuellen Stand nach den Flutschäden in der Pfarrei 42 Kartoffelfest in Neukirchen 45 Kirmes in Neukirchen 46 Mach et joot, Carlos – Du bleibst in unseren Herzen 46 Simon Beranek feierlich zum Pastoralreferenten beauftragt 48 Dankesworte vom Pastoralreferenten an die Pfarrgemeinde 49 Feierliche Wiedereröffnung des Untergeschosses 50 der Öffentlichen Bücherei St. Martin Kirche ohne Bänke – Ein Kirchenjahr zum Ausprobieren 52 40-jähriges Dienstjubiläum von Claudia Löwer-Lenau 55 KjG-Ferienfreizeit 2022 in Süsel 55 Stand der KjG auf der Rheinbacher Herbstkirmes 57 Kleiderstube der Pfarrcaritas St. Martin 58 Friedensgebete für die Ukraine und andere Kriege in der Welt 59 Stellenanzeige: Erzieher/in – Fachkraft 60 Firmvorbereitung 2022/2023 61 Sommerlager 2022 der Kallenturm Pfadis 62 Veranstaltungen der kfd 63 Aktuell in Kiruhura 65 Unsere Partnerschaft mit einer Gemeinde in Ruanda 66 © Foto: Alain Audet, Pixabay Kirche träumen 67 Pinnwand 68 Weihnachtsgottesdienste 2022 72 Silvester-/Neujahrsgottesdienste 2022/2023 74 Impressum 75 Krippensonntag 76 2
Grußwort des Pfarrers Liebe Schwestern und Brüder, liebe Leserinnen und Leser, diese Zeilen entstehen in einer schwie- rigen Zeit. Ein großer Teil unseres Pas- toralteams (mich eingeschlossen) ist an Corona erkrankt und muss wenigstens die eigenen vier Wände hüten. Wir steu- Pfarrer Bernhard Dobelke ern auf einen weiteren Winter und ein Weihnachtsfest unter Corona-Bedin- © Foto: Privat gungen zu. Obwohl viele geglaubt und gehofft haben, dass dieses Jahr wieder „normal“ sein könnte – so wie früher – aber immer noch niemand sagen. Diese steht z.B. die Planung der Weihnachts- offenen Fragen und ungelösten Proble- gottesdienste unter dem Vorbehalt der me belasten viele Menschen in unserer Pandemie-Entwicklung. Pfarrei und unseren Gemeinden. Aber Trotz aller Bemühungen und Gebete wenigstens versuchen wir immer noch, um den Frieden herrscht immer noch miteinander darüber zu sprechen. Krieg in Europa. Auch wenn die Bom- Unser Pfarrgemeinderat hat in diesem ben nicht in unserer unmittelbaren Nähe Herbst zu Aussprachen über wichtige fallen, spüren wir doch die Folgen und Fragen eingeladen, und insgesamt ha- Einschränkungen. Unser Lebensunter- ben auch erfreulich viele Menschen sich halt ist für alle teurer geworden. Auch daran beteiligt. Auch dieser Pfarrbrief aus Rücksicht und Solidarität prüft der versteht sich als eine Fortsetzung man- Kirchenvorstand, welche Empfehlungen cher Diskussionen, indem einzelne Men- des erzbischöflichen Generalvikariats schen aus der Pfarrei, oder Gruppen aus bei uns zur Anwendung kommen. Ohne unseren Gemeinden ihre Gedanken dazu diese Ergebnisse schon bis ins Detail zu anderen mitteilen. Nur wenn wir vonei- kennen ist sicher: es wird nicht alles so nander wissen, können wir aufeinander einfach und gemütlich wie sonst. reagieren und einander akzeptieren. Nicht zuletzt sind die vielen Fragen Liebe Schwestern und Brüder, liebe zur Zukunft unserer Kirche, unseres Leserinnen und Leser, die Zeiten sind Bistums und unserer Pfarrei immer noch schwierig. Aber es bleibt für mich auf ungelöst. Es gibt zwar den Vorschlag, jeden Fall ein Grund zur Hoffnung. Das dass Rheinbach und Swisttal sich einan- ist die Botschaft des kommenden Weih- der annähern sollen. Wie das geht und nachtsfestes: Gott wird Mensch. Wir was damit im Detail gemeint ist, kann Menschen mit unseren kleinen und gro- 3
ßen Sorgen sind Gott nicht egal. Er teilt für uns alle. Im Namen aller im Pas- unser Leben mit uns. Er macht sich klein toralteam wünsche ich Ihnen, allen die für uns, damit wir mit ihm groß wer- zu Ihnen gehören und die Ihnen wich- den können. Vergessen wir über alle be- tig sind, eine gnadenreiche Adventszeit, rechtigten Sorgen und Ängste, über alle ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein Fragen und Nöte diese gute Nachricht g utes und gesundes Jahr 2023. nicht. Feiern wir auch in diesem Jahr Weihnachten, denn es ist die Hoffnung Ihr Pfarrer Bernhard Dobelke Margarete Hardenberg zum 100. Geburtstag Künstlerin und Schöpferin der Weihnachtskrippe von Sankt Martin K rippen gehören zu jedem Weih- nachtsfest dazu, ob zu Hause als kleinere oder in den Kirchen als große Kernstadt mit ihren Fachwerkgebäuden. Neben den handgefertigten Figuren der Heiligen Familie, Hirten und Drei Kö- Weihnachtskrippen. Einen ganz beson- nige zeigt sie auch die Ärmsten, die zur deren Platz unter der großen Vielzahl Krippe kommen. nimmt die Krippe in St. Martin in der Den Auftrag, eine neue Krippe zu Rheinbacher Kernstadt ein. Die Schöp- schaffen, erhielt Margarete Hardenberg ferin der handgefertigten Figuren ist im August 1993 vom damaligen Pfarrer, Margarete Hardenberg. Ende August Pallottiner-Pater Rüdiger Kiefer, und den konnte sie ihren 100. Geburtstag feiern. Gremien der Gemeinde. Mindestens 70 Wir gratulieren Margarete Hardenberg Zentimeter groß sollten die Figuren sein. von Herzen und wünschen ihr Gottes Die Figuren wurden alle aus Holzmehl Segen. geschaffen, weil es sich gut modellieren Ihre Weihnachtskrippe bereitet uns und ausbessern lässt. Gut eine Woche seit fast drei Jahrzehnten in jedem Jahr brauchte sie im Schnitt für eine der be- aufs Neue große Freude. Auch in den weglichen Figuren mit den oft sehr fili- kommenden Jahrzehnten werden die Be- granen Details und dem komplizierten sucherinnen und Besucher jeden Alters Innenleben. Das besteht unter anderem diese künstlerische Krippe bewundern, aus einem ganz speziellen holzhaltigen die sich durch ein Alleinstellungsmerk- Modelliermehl, Leim, Holz, Watte und mal auszeichnet: Kulisse für die Weih- Stoff sowie aus einem Kupferdrahtge- nachtsgeschichte ist die Rheinbacher stell mit Schrauben, das dafür sorgt, 4
Margarete Hardenberg vor den von ihr gefertigten Krippenfiguren dass die Figuren immer wieder in ande- berg. So entstanden ein indianisches ren Posen stehen, sitzen oder auch knien Ehepaar mit Kind aus Amerika, zwei können. Straßenkinder aus Brasilien, aus Afrika Dank mancher Nachtarbeit und der eine Mutter mit zwei Kindern, die sich Unterstützung von Helferinnen und aus dem Bürgerkrieg in Ruanda gerettet Helfern konnte sie kurz vor dem Weih- hatten, und eine Großmutter mit einem nachtsfest die ersten elf Figuren fertig- verwundeten Jungen aus dem Bosnien- stellen: Maria, Josef, das Jesuskind, der Krieg. Aus Asien kam noch eine Inde- Verkündigungsengel, vier Hirten und rin mit Kind dazu und aus Südost-Asien die drei Könige aus dem Morgenland. eine Reisarbeiterin mit Sohn. Doch der Dabei allein beließ sie es aber nicht: Blick ging nicht nur ins Ausland, son- Auch die Ärmsten dieser Welt, vor al- dern auch in die Gesellschaft vor Ort. lem Kinder, erhielten ihren Platz in So entstanden ein obdachloser Bettler dieser Krippe. „Von Beginn an hatte und zwei arbeits- und obdachlose Ju- ich die Idee, die Ärmsten aus aller Welt gendliche. Der Bettler sitzt auf der Stra- rund um das Jesuskind zu versammeln. ße, vor ihm liegt seine Mütze. Und es Denn der Engel von Bethlehem ist ja gibt immer ein paar Besucher, die so- auch nicht den Reichen in den Palästen gar einige Cent-Münzen in die Mütze erschienen, sondern den Ärmsten auf werfen. Und eines Tages war die Mütze den Feldern“, so Margarete Harden- weg. Margarete Hardenberg schuf eine 5
neue und „verankerte“ sie mit einem Wichtige Elemente sind der Stall und Nagel im Krippenboden. die Hintergrundbilder. Bis 2001 war das Eine ganz besondere Figur kommt eine wüstenartige Landschaft nach Vor- seit 1997 dazu: Vinzenz Pallotti kommt bildern aus dem Heiligen Land. Dann immer zu seinem Gedenk- und Todes- kam der Wunsch nach einer rheinischen tag am 22. Januar an die Krippe. Ein Fachwerk-Kulisse mit einem Blick in die Wunsch von Pater Leo Wiszniewsky. So Felder der Voreifel. wird am 22. Januar auch das rund 40 Aufgebaut wird die Krippe in jedem Jahre lange Wirken der Pallottiner in der Jahr zum Adventsbeginn von einem Leitung der Pfarrei gewürdigt. Kreis der „Rheinbacher Krippenbauer“. Neben den Menschen gehören natür- Als „lebendige Krippe“ wird sie in den lich auch ganz viele Tiere zur Krippe: dann folgenden Wochen mehrmals auf- Schafe, Ochs und Esel und seit 2000 ein und umgebaut. Dromedar, die größte aller Figuren, und Text und Foto: seit 2012 ein Hirtenhund. Gerda Saxler-Schmidt Die Krippe aus Ruanda Die hölzernen Figuren sind in ruandischer Art von einem dorti- gen Künstler geschnitzt. Bei genauem Hinsehen kann man an der knienden Maria das traditionelle breite Haarband er- kennen, das die Frauen besonders bei festlichen Gelegenheiten anle- gen. Josef steht mit seinem langen Stab daneben. Die Hirten tragen eine typi- sche, oben spitz zulaufende und S eit einigen Jahren wird in der Weih- nachtszeit im Kiruhura – Fenster in der Rheinbacher Pfarrkirche eine schützende Kopfbedeckung aus großen Blättern. So ist unsere Partnerpfarrei während kleine ruandische Krippe aufgestellt, der Weihnachtszeit ein wenig mehr sicht- ein privates Mitbringsel von einem un- bar in unserer Kirche. serer Besuche in unserer Partnerpfarrei Kiruhura. Text und Foto: Maria Kabira 6
Krippentouren einst und jetzt D ie erste Weihnachtskrippe, an die ich mich erinnere, war die meiner Eltern. Sie ähnelte einem der Viehunter- stände, wie sie auf vielen Weiden zu fin- den sind. Ein Hirte, einige Schafe, Maria und Josef sowie ein Jesuskind in einer Krippe bildeten das biblische Ensemble. Das Besondere waren die verwendeten Maßstäbe: Denn die Figuren waren im Maßstab 1:20 modelliert – bis auf das Kind in der Krippe. Hier war mit 1:10 ein doppelt so großer Maßstab gewählt, so dass Jesus deutlich hervorstach. Ob es sich dabei um den Versuch handelte, sei- ne Bedeutung zu visualisieren? Wir wohnten damals in Köln. So kam es, dass mein Vater mit einem meiner Corona macht auch vor der Krippe nicht Halt Freunde und mir eine Krippentour durch die Kölner Innenstadt machte. Ich muss den Krippen faszinieren zu lassen. Seit- zehn Jahre alt gewesen sein. Leider weiß dem ist die jährliche Krippentour durch ich nicht mehr, welche der vielen Krip- Köln ein Muss, auch wenn wir seit 22 pen wir uns anschauten. Im Gedächtnis Jahren in Rheinbach wohnen. Mit einem geblieben ist mir unser Mittagessen. Wir gewissen Sendungsbewusstsein locke ich kehrten beim Früh in der Nähe vom Dom Freunde, Nachbarn und eine Erstkom- ein. Mein Vater dachte wohl, dass an ei- muniongruppe, uns zu begleiten. nem kalten Wintertag eine heiße Suppe Auch wenn es im Kern um immer die- das Richtige für uns wäre. Jedenfalls be- selbe Geschichte geht, inszenieren die kam ich eine ungarische Ochsenschwanz- Krippenbauer die Situation sehr unter- suppe – mit einer so extremen Schärfe, schiedlich. Dafür hier nur einige Beispie- dass ich bis heute nie wieder einen Löffel le: kölsches Milieu in St. Maria in Lys- in eine solche Suppe getaucht habe. kirchen, Plüschtiere in St. Maria in der Nichtsdestotrotz war mein Interesse Kupfergasse, Bezug zum Kreuzesstod an Weihnachtskrippen geweckt. Kaum in St. Kolumba, Konzentration auf das passte unsere Tochter in einen Fahrrad- Wesentliche in Groß St. Martin, Adolph kindersitz, radelten meine Frau und ich Kolping als Krippenfigur in der Minori- mit ihr in der Weihnachtszeit von unse- tenkirche, eine kölsche Brauereikrippe rer Kölner Wohnung aus zu den Kirchen mit einem „lateinischen“ Scherzspruch der Innen- und Südstadt, um uns von in St. Andreas (mehr sei hier nicht ver- 7
raten), ein riesiges orientalisches Pano- bekommen. Nehmen Sie sich Zeit und rama im Dom usw. schauen Sie sich lieber eine Krippe we- Manchmal prägen besondere Anläs- niger an; die können Sie ja beim nächs- se das Erscheinungsbild. So fand sich ten Mal ansteuern. Beachten Sie auch die zu Weihnachten 2015/2016 hier und Architektur und Ausschmückung der da das Thema Flüchtlinge wieder. Seit Kirchen, etwa die der nach schwersten 2020 beeinflusst Corona das Gesche- Kriegszerstörungen wieder aufgebau- hen. Ich bin sicher, der Ukrainekrieg und ten romanischen Kirchen, die barocke seine Folgen werden demnächst thema- Pracht von St. Mariä Himmelfahrt oder tisiert. die „schwarze Madonna“ in St. Maria in Für diejenigen, die dieser Artikel neu- der Kupfergasse. Runden Sie Ihre Tour gierig gemacht hat, gibt es hier noch kulinarisch nicht mit Ochsenschwanz- einige Tipps: Um Gottesdienste nicht suppe, sondern in einem der vielen ge- zu stören, empfiehlt sich der Besuch an mütlichen Kölner Traditionscafés ab. Werktagen vor- bis -nachmittags. Gehen Sie kurz nach dem Dreikönigsfest, damit Text: Dr. Bernhard Hohn; Sie auch dessen Namensgeber zu sehen Foto: Gabriele Hohn Debatte über die Regenbogenfahne Liebe Leserinnen und Leser, in Rheinbach, wollen ein Zeichen setzen für eine tolerante, offene Kirche, in der schon lange nicht mehr hat ein Thema Menschen unterschiedliche sexuelle Orien- für so viele Diskussionen in unserer tierungen haben und alle willkommen sind. Pfarrei gesorgt wie die Regenbogenfah- Das Symbol des Regenbogens steht seit je- ne vor der Kirche. her für Vielfalt und Frieden. Die Regen- Daher – und weil uns viele Zuschrif- bogenfahne, die in den nächsten Wochen ten dazu erreicht haben – wollen wir vor der Pfarrkirche in Rheinbach hängen dieser Debatte auch breiten Raum ge- wird, soll auch ein sichtbares Zeichen für ben in diesem MartinsEcho! (Wer sich den Frieden in der Ukraine sein.“ nicht dafür interessiert, kann natürlich Schon einige Tage später war die Re- auch direkt auf Seite 21 weiterlesen.) genbogenfahne nach einer mehrheitli- Zur Erinnerung: Die kfd hatte im chen Entscheidung des Pastoralteams Frühjahr die Fahne vor der Kirche ge- wieder abgehängt worden. Der Grund: hisst und dazu unter anderem erklärt: einige Gemeindemitglieder, die in der „Wir, das Leitungsteam der Katholi- Regenbogenfahne ein politisches State- schen Frauengemeinschaft kfd St. Martin ment sehen, hatten sich beschwert. 8
Hissen der Regenbogenfahne vor St. Martin © Foto: Saxler-Schmidt Kurz zum historischen Hintergrund: kehrter Reihenfolge, also mit den Rottö- In der Bibel und auch in nicht-christ- nen oben und den Blautönen unten. lichen Kulturen steht der Regenbogen als Auf den folgenden Seiten finden Zeichen für die Verbindung zwischen den Sie eine kurze Zusammenfassung der Menschen und Gott und für den Frieden. Pfarrversammlung zum Thema Regen- Auf der klassischen Regenbogenfahne als bogenfahne am 29. September. Danach Friedenssymbol finden sich die gleichen folgen einige Zuschriften, die wir aus sieben Farben, wie man sie im Regenbo- Ihren Kreisen erhalten haben: gen in der Natur erkennen kann. Sie gilt aber zunehmend auch als Zeichen für Pfarrversammlung zur Toleranz und Akzeptanz der Vielfalt von Regenbogenfahne Lebensformen – wozu auch ein Leben als homosexueller Mensch oder als Angehö- Mehr als 90 Gemeindemitglieder waren riger einer anderen sexuellen Minder- am 29. September der Einladung von heit gehört. Seit den 1970er Jahren hat Pfarrgemeinderat und Pastoralteam zur sich dafür eine Regenbogenfahne mit nur Aussprache über die Regenbogenfahne sechs Farben etabliert – und das in umge- gefolgt. Moderiert wurde das Gespräch 9
in der Pfarrkirche St. Martin durch Ge- Rainer Perschel erklärte, er habe die meindereferentin Ulla Stollenwerk von Aktion anfangs sehr begrüßt. Aber der Abteilung Pastorale Begleitung im dann habe er sich schwer getan damit, Generalvikariat. dass es eine Aktion „alleine der kfd“ Nach der Aussprache kündigte Pfarrer war. Sinnvoller wäre es aus seiner Sicht Bernhard Dobelke an, dass die Gremi- gewesen, wenn die Aktion vorher in der en Pfarrgemeinderat, Pastoralteam und Gemeinde abgestimmt worden wäre: Kirchenvorstand im nächsten Schritt „Ich vermisse die Kommunikation und Überlegungen anstellen werden, welche die Vernetzung in der Gemeinde“. Schlüsse aus der Versammlung zu zie- Ein Familienvater, der nach eigener hen seien. Dazu zähle auch, wie andere Aussage eine „neutrale Position“ ein- Zeichen und Symbole gefunden werden nimmt, fragte: „Grenzt die Aktion nicht könnten. Es gelte, Ideen zu entwickeln, ein wenig an Bigotterie?“ Denn die of- wie wir immer mehr „eine einladende fizielle Lehrmeinung der katholischen Gemeinde werden“ könnten. Kirche sei immer noch eine andere. Im Katechismus stehe weiter, dass ein ho- Hier in Kurzfassung einige Stimmen mosexueller Mensch enthaltsam leben vom Abend: müsse. Er stellte die Frage, „ob sich Kir- che nicht insgesamt erst viel stärker än- Birgit Keil, Mit-Initiatorin der kfd- dern muss, bevor sie eine solche Fahne Aktion Regenbogenfahne, wies auf den aufhängt“? Bezug zur überregionalen Aktion „Out Ulla Isaza von der kfd: „Kirche än- InChurch“ hin, in der sich 125 Mitar- dert sich, wenn wir uns von unten än- beitende der Kirche als queer (Das engli- dern. Alle sind bei uns willkommen. sche Wort „queer“ ist ein Sammelbegriff Nur das ist es, was die Fahne vor unse- für sexuelle Minderheiten, unter denen rer Kirche ausdrücken soll.“ Homosexuelle die größte Gruppe sind.) Ein weiteres kfd-Mitglied erinnerte „wie Gott uns schuf“ geoutet und sich an das Reformprojekt Synodaler Weg, für „eine Kirche ohne Angst“ eingesetzt bei dem eine Abstimmung über die haben. Die kfd habe mit der Regenbo- Forderung nach einer neuen Sexual- genfahne ein Zeichen setzen wollen, moral der katholischen Kirche an einer dass alle Menschen sich so willkommen Sperrminorität konservativer Bischöfe fühlen sollen, wie sie sind. gescheitert war. Sie wies auf den Vor- Tobias Weber verlas eine abge- sitzenden der Bischofskonferenz, Bi- stimmte Erklärung der Pfadfinder der schof Georg Bätzing, hin, der gesagt DPSG, die mit einer großen Gruppe habe, dass die Mehrheit der deutschen Jugendlicher vertreten waren: „Wir un- Bischöfe und der Laien Reformen wolle, terstützen die Regenbogenfahne, weil während nur eine Minderheit dagegen wir als Pfadfinder für das Miteinander sei. Der „alte Naturbegriff“ sei auch vom von Menschen aller Couleur sind.“ (Ge- wissenschaftlichen Standpunkt nicht samte Erklärung siehe unten). mehr zu halten. Kirche müsse „mit den 10
Menschen gehen. Wenn wir auf ein Abhängen der Fahne als ganz schlimme Schreiben aus Rom warten, warten wir Sache empfunden, nur weil sich einige ewig.“ Außerdem sei beim Synodalen dagegen gewandt haben. Dies fügt un- Weg ein Text verabschiedet worden – serer Kirche schweren Schaden zu.“ auch mit der Zustimmung von rund 80 Tobias Weber, DPSG: „Ich als hete- Prozent der Bischöfe – der einen ande- rosexueller Mann habe noch nie Dis- ren Umgang mit sexuellen Minderhei- kriminierung von queeren Menschen ten fordere und deren Akzeptanz. erfahren.“ Durchaus aber gebe es Dis- Maria Hofer: „Ich habe die Regen- kriminierung von queeren durch hete- bogenfahne als Zeichen der Offenheit rosexuelle Menschen. von Kirche empfunden und als Hoff- Frau von Loë findet es bedenklich, nungszeichen, dass Dinge sich ändern. wenn Pubertierende, ohne über die gra- Ich war sehr enttäuscht, dass die Fahne vierenden gesundheitlichen Folgen in- abgehängt wurde als Reaktion auf ein- formiert zu sein, sich einer Geschlechts- zelne Kritiker.“ umwandlung unterziehen. In anderen Karin Ganser-Hillgruber vom Pfarr- Ländern laufen gegen solche Kliniken gemeinderat sprach sich gegen die Re- bereits Sammelklagen. Jesus ist für alle genbogenfahne aus. Sie stehe für eine Menschen gestorben. Deshalb verdient kämpferisch-ideologische Bewegung, jeder Mensch unsere Achtung. Symbol nicht als Symbol von Offenheit und Lie- dafür ist das Kreuz und sicher nicht die be von Gott zu den Menschen. Sie ste- LGBTQ-Regenbogenfahne, deren Ideo- he vielmehr für Ausgrenzung, denn die logie nicht tolerant ist. Farben der Regenbogenfahne stünden Anna Maria Hofer, KjG: „Jesus ist für für bestimmte sexuelle Identitäten. Es alle gestorben. Das Problem ist: Kirche gebe sogar noch weitere Überarbeitun- lebt das nicht. Nicht-Heterosexuelle gen, damit noch mehr Orientierungen fühlen sich nicht gesehen in der Kir- hinzukommen könnten. Nicht vertre- che.“ Sie wies auf den Katechismus hin, ten sei vor allem die große Mehrheit der in dem immer noch stehe, dass homo- Heterosexuellen. Für diese würden nur sexuelle Menschen enthaltsam leben die Farben schwarz-grau-weiß verwen- müssten: „Die Regenbogenfahne muss det. Das sei verletzend, weil es sugge- vor der Kirche hängen, um zu zeigen, riere, dass „das bunte Leben“ nur in der dass auch queere Menschen willkom- nicht-heterosexuellen Welt stattfinde. men sind.“ Sie lud ein, gemeinsam ein Symbol zu Max Gehmeyr, Messdiener, Organist entwickeln, das christliche Werte wider und Pfarrgemeinderat: „Selbst wenn die spiegele. Kirche das offiziell anders sieht, sollten Mark Grüner verwies auf die Bibel- wir als Gemeinde ein Zeichen setzen und stelle in Genesis, wo Gott gegenüber mit der Regenbogenfahne zum Ausdruck Noah den Regenbogen als Zeichen des bringen: alle Menschen sind bei uns will- Bundes zwischen ihm und allen Wesen kommen. Dass dadurch andere ausge- auf der Erde bezeichne: „Ich habe das schlossen würden, das ist Quatsch.“ 11
Karin Ganser-Hillgruber: „Ich habe Einladung, dass wir offen sind für alle. Anrufe von Menschen bekommen, die Im Sinne von katholisch gleich allum- sagen, dass sie aufgrund der Fahne nicht fassend.“ mehr in die Kirche gehen können. Diese Pastoralreferent Simon Beranek Menschen stehen auf der Grundlage der sieht einen Unterschied zwischen Tole- Auffassung der Amtskirche und fühlen ranz und Akzeptanz, für ihn kommt es sich jetzt ihrerseits ausgegrenzt durch auf Akzeptanz an: „Für mich ist die Re- die Regenbogenfahne. Die Fahne steht genbogenfahne ein Symbol dafür, dass für eine bestimmte Ideologie, die nicht die queeren Menschen nicht nur tole- immer friedlich ist. Ich sehe die Gefahr riert, sondern akzeptiert werden.“ der Spaltung in der Gemeinde selbst Andreas Respondek: „Ich bin froh, und in der deutschen Kirche, die sich dass die Regenbogenfahne dazu geführt aus der Weltkirche herauslöst.“ hat, dass wir in der Gemeinde mitein- Ein Mann aus Schweinheim: „Pro- ander sprechen. Wir haben seit etwa 10 blem ist: wir alle wollen queere Men- Jahren eine Zerrissenheit in der Gemein- schen aufnehmen, wissen aber, dass die de und harte Zeiten durchlebt. Jetzt gilt Regenbogenfahne ein Symbol für eine es, Brücken über Risse zu b auen.“ Ideologie ist, deren Werte ich als Ka- Simon Kempf, KjG, gab ein State- tholik nicht mittragen kann, denn sie ment für die KjG-Leitung ab (siehe un- steht zum Beispiel auch für Abtreibun- ten). gen. Die Fahne bringt mehr Spaltung.“ Lorenz Dierschke sagte, es gelte mehr Kristian Limbach, Kirchenvorstand: Ideen zu entwickeln als nur die Fahne „Ich sehe die Regenbogenfahne als aufzuhängen (Näheres siehe unten). Einladung. Ob 6 oder 7 Farben, das ist nachrangig. Ich sehe die Fahne nicht als Bericht und Kurzfassungen: Zeichen für eine Ideologie, sondern als Gerda Saxler-Schmidt Zuschriften an das Martinsecho: Maria Kabira: Die Regenbogenfahne, die für einige und sogar tätlich angegriffen werden, Zeit vor unserer Kirche hing, wurde wie zurzeit oft aus den Nachrichten zu wieder abgehängt. Schade. Die Regen- erfahren ist. Und das nur, weil sie in ih- bogenfahne steht für Toleranz und Ak- rer sexuellen Identität anders sind oder zeptanz der Vielfalt der menschlichen sich anders fühlen als die Mehrheit der Lebensformen. Bevölkerung. Dieses Symbol drückt die Solidarität So etwas sucht sich niemand aus oder aus mit allen den Menschen, die immer entscheidet sich dafür. Schon längst ist noch schief angesehen, diskriminiert wissenschaftlich erwiesen, dass es in 12
der Tat Menschen gibt, die mit solchen sich selbst bei einem Zöllner ein, der Anlagen geboren werden. zur damaligen Zeit zu den schlimmsten Auch unsere Kirche macht diesen Sündern zählte. Mehr noch, er beruft ihn Menschen das Leben schwer. In der Ak- sogar in seinen engen Freundeskreis. Er tion „Out in Church“ vor einigen Mona- weigert sich auch, die Ehebrecherin zu ten machten kirchliche Mitarbeiter auf verurteilen, die von selbstgerechten Ge- ihr ganz persönliches Leiden aufmerk- setzestreuen vor ihn gezerrt wird. Auch sam, weil sie sich endlich nicht mehr mit der Frau am Jakobsbrunnen redet er, verstecken wollen. Mit großem Mut zu der er als anständiger Jude eigentlich riskierten sie damit auch, ihren Arbeits- den Kontakt meiden sollte. platz zu verlieren, eventuell auch noch In diesem Sinne sollten also auch wir mehr. allen Menschen vorurteilsfrei entge- Ist das wirklich nötig in einer Kirche, gentreten, ganz abgesehen davon, dass die sich auf Jesus beruft? Jesus, der sich das auch ohne kirchlichen Hintergrund ausnahmslos und ohne Vorurteile allen geboten ist. Menschen zuwendet. Sicher gibt es auch schlimme und in- Aus den Evangelien erfahren wir, wie akzeptable Auswüchse im Zeichen die- er sich einer Prostituierten zuwendet, ser Fahne. Die gibt und gab es aber auch sich sogar von ihr die Füße waschen lässt, in unserer Kirche im Zeichen des Kreu- und seinen sich als besserer Mensch füh- zes. Gerade in der aktuellen Situation lenden Gastgeber zurechtweist. Er lädt wird und wurde so manches schlimme Aussprache zur Regenbogenfahne © Foto: Saxler-Schmidt 13
Verbrechen mit manchmal unheilbaren Hiermit sollte sich die Gemeinde Folgen für die Betroffenen sichtbar, be- nicht gemein machen, indem sie die- sonders auch zum Thema Sexualmoral se Fahne aufhängt, sondern bewusst und Machtmissbrauch. ein eigenes christliches Zeichen suchen Gerade jetzt, wo diskriminierendes und finden, das die christlichen Werte Verhalten, unter anderem auch im Na- der Achtung, Wertschätzung und des men der Kirche, zur Sprache gebracht Schutzes aller Menschen und des res- wird, finde ich es wichtig, als Gemein- pektvollen Miteinanders in der Gemein- de ein Zeichen der Solidarität zu setzen schaft der Kirche als Ausdruck der Liebe mit der betroffenen Minderheit, entwe- Gottes zu den Menschen sichtbar macht. der mit dieser speziellen Regenbogen- Dies kann der im Alten Testament über- fahne oder auch auf andere Art. lieferte gekrümmte Regenbogen mit sei- Die Farben der Regenbogenfahne nen sieben Farben sein, der sinnbildlich haben alle eine positive Bedeutung, wie für den Bund Gottes mit den Menschen im Internet zu lesen ist: als Liebesbündnis steht. Rot steht für das Leben, Orange für Die Kirche steht allen Menschen Heilung, Gelb symbolisiert die Sonne, für die Feier der Gottesdienste, Eucha- Grün die Natur, Blau steht für Harmo- ristie und der Seelsorge offen. Hierfür nie, Violett für Spiritualität. kommt es nicht auf die sexuelle Identi- tät oder Orientierung an. Im Gegenteil Karin Ganser-Hillgruber: sind diese Merkmale für die kirchliche Die Gemeinde braucht Einigung, um Gemeinschaft der Gläubigen zunächst schwierige Zeiten gemeinsam zu be- ohne Bedeutung: „Ihr seid alle durch stehen. Dafür ist ein kirchenfernes Zei- den Glauben Söhne Gottes in Christus chen, das die Gemeinde in Anhänger Jesus. […] Es gibt nicht mehr Juden und und Kritiker spaltet, nicht geeignet. Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Die sogenannte Regenbogenfahne Mann und Frau“ (Galater-Brief 3,28). mit den sechs waagerechten Farbstreifen Davon zu unterscheiden ist die rot – orange – gelb – grün – indigoblau – Frage der moralischen Würdigung violett, welche am Fahnenmast vor der menschlichen Verhaltens. Dabei sind Kirche aufgezogen war, ist das Symbol alle Menschen aufgerufen, sich zu prü- der LGBTQ-Bewegung. Sie fordert nicht fen und ihr Verhalten am Maßstab der nur Offenheit und Toleranz, sondern kirchlichen Ordnung auszurichten. Akzeptanz für die nicht binären, nicht Gerade im Hinblick auf die katholi- heterosexuellen Identitäten und steht sche Morallehre werden derzeit ins- für eine Ideologie, welche von der Be- besondere in Deutschland erbitterte wegung teilweise in aggressiv-kämpferi- Diskussionen geführt. Dabei sollten scher Weise und mit Mitteln durchsetzt, wir hier in Deutschland als Katholi- die nicht dem christlichen Menschenbild ken nicht vergessen, dass wir in einer und dem Gebot der Gottes- und Nächs- weltumspannenden Gemeinschaft ste- tenliebe entsprechen. hen, von denen wir nur ein sehr klei- 14
ner, aber lauter und streitlustiger Teil nicht heterosexuellen oder geschiede- sind, der sich nicht anmaßen sollte, nen Paare. Oder dass zwar die Kirche den vielen anderen Katholiken auf der bei Priestern alles Mögliche hinnimmt Welt Vorgaben zu machen oder sich als oder versteckt, aber der „falsche“ Le- Lehrmeister aufzuspielen. Die Lösung bensentwurf von Laien ein Kündi- von Streitfragen in der Kirche kann gungsgrund sein kann. Hier ist die Kir- nur eine weltweit einheitliche sein; che weit entfernt davon, die Menschen deutsche Sonderwege führen in die so zu akzeptieren, wie Gott sie geschaf- Irre. fen und gewollt hat. Eine Gemeinde braucht einigende Ich habe mich gefreut, als auf Initi- Zeichen zur Versöhnung. Lassen Sie uns ative der kfd, also getragen von einer gemeinsam nach einem Kompromiss großen Gruppierung unserer Gemein- suchen, der das gemeinsame Anliegen de, an unserer Pfarrkirche die Regen- der Inklusion ausdrückt, ohne Gemein- bogenfahne aufgehängt wurde. Sie war demitglieder in Glaubens- und Gewis- für mich ein mutiges Zeichen, dass wir senskrisen zu stürzen! als Gemeinde, als Kirche vor Ort, offen sein wollen für alle Menschen, egal wie Maria Hofer: sie leben und lieben. Sie war ein hoff- Eine Regenbogenfahne vor unserer nungsvolles Zeichen für eine aufbre- Kirche? Natürlich! Eine Regenbogen- chende und alle Menschen wertschät- fahne vor der Kirche – sollte das nicht zende Kirche, für eine Kirche, die – Jesu eigentlich ein Zeichen sein, das selbst- Botschaft von der Liebe zum Nächsten verständlich das Denken unserer Kirche entsprechend – näher am Leben, an den ausdrückt? Bedürfnissen und dem Denken der Men- Der Regenbogen als Symbol des Bun- schen ist als die sich an alte Macht und des zwischen Gott und den Menschen, autoritäres Denken klammernde und nur gerne genutzt als Bild bei der Erstkom- mit sich selbst beschäftigte Bischofskir- munion, die Buntheit der Regenbogen- che – gerade im Erzbistum Köln. farben als Bild für die Vielfalt der Schöp- Die Fahne war ein Symbol, dass es fung und die Vielfalt der Menschen, die doch noch Hoffnung gibt auf eine of- Gott geschaffen hat. In diesem breiten fene und veränderungsbereite Kirche – Farbspektrum findet doch jeder und zumindest auf regionaler Ebene. jede irgendwo den individuell passenden Leider hat dieser Mut offenbar der Platz. Und jedes kleinste Farbpartikel- Kritik weniger Einzelner nicht stand- chen wird gebraucht, um einen bunten gehalten: die Fahne wurde nach Be- Regenbogen zu erschaffen. schwerden Einzelner wieder abgehängt. Leider erfahren viele Christ*innen, Bleibt also doch die ausgrenzende und dass die Kirche sie und ihre Lebensent- wertende Kirche stärker als eine Kirche, würfe nicht akzeptiert, dass die Kirche die der Nächstenliebe entsprechend alle zwar Pferde, Autos und Feuerwehrge- Menschen in ihrer von Gott gegebenen bäude zu segnen erlaubt, aber keine (unterschiedlichen) Art in gleicher Wei- 15
se liebt und anerkennt? Ich möchte das Erwachsenen unserer Pfarrgemeinde, nicht glauben. komme ich immer wieder in Gewis- Ich wünsche mir eine mutige, offene senskonflikte – gerade da, wo es gilt die Kirche, die darauf vertraut, dass ihre Werte und den Glauben unserer Kirche Botschaft von Liebe und Frieden unter- zu verteidigen. Ich stehe zu meiner Kir- einander kein krampfhaftes Festklam- che, in der ich aufgewachsen und an der mern am „So-war-es-schon-immer“ ich gewachsen bin. Verstehen sie mich nötig hat. Und wo, wenn nicht vor Ort, da nicht falsch. kann ein „Den-Menschen-auf-Augen- An dieser Stelle möchte ich meinen höhe-Begegnen“ anfangen? Konflikt aber erläutern: Ich führe viele Gespräche mit Jugendlichen und jungen Simon Beranek Erwachsenen, die sich mir gegenüber Seit einigen Monaten führen wir nun in outen. Die mich in persönlichen Gesprä- unserer Pfarrgemeinde eine sehr ange- chen fragen, wie die Kirche ihre Lebens- heizte, lebendige Debatte zum Thema weise und Orientierung bewertet und „Regenbogenfahne“. Ein sehr wichti- sieht. Was soll ich diesen jungen Men- ger, längst überfälliger und gelungener schen sagen? Soll ich ihnen sagen, was Schritt auf dem Weg dieser Debatte im Katechismus unserer Kirche steht? war die Pfarrversammlung am 29. Sep- Soll ich ihnen sagen, dass ihre sexuelle tember. Die Beteiligung von über 90 Orientierung „in sich nicht in Ordnung Menschen hat gezeigt, wie brisant, aber ist“ (Katechismus Nr. 2357)? Soll ich sie eben auch wichtig dieses Thema für zur Keuschheit aufrufen (Katechismus viele in unserer Pfarrgemeinde ist. Nr. 2359)? Oder soll ich ihnen sagen, Ein tolles und bemerkenswertes Zei- wie es die Instruktion Persona huma- chen an diesem Abend war für mich, na der Glaubenskongregation von 1975 dass wir viele Jugendliche und junge formuliert, dass Homosexualität (heu- Erwachsene in unserer Pfarrkirche ver- te um weitere sexuelle Orientierungen sammelt sahen. Jugendliche und junge zu ergänzen) ein Missbrauch der Ge- Erwachsene, die aktiv an unserer – an schlechtskraft ist, die objektiv ungeord- ihrer – Kirche mitgestalten möchten. net und durch sexuelle Enthaltsamkeit Die – trotz aller Negativschlagzeilen zu vermeiden sei? und Skandale – in die Kirche kamen, um Liebe Pfarreimitglieder – das kann ich sich aktiv an der Gestaltung der Pfarrge- nicht und das werde ich nicht. Ich möch- meinde zu beteiligen. Für mich als Seel- te als Seelsorger nicht mit einem erho- sorger wunderschön zu sehen. benen Zeigefinder über Menschen und Ich möchte nun die Debatte oder die deren Lebensweisen urteilen. Ich möchte Pfarrversammlung nicht weiter bewer- alle so annehmen, tolerieren und vor al- ten, sondern einmal ganz persönlich – lem akzeptieren, wie sie sind. Was ich an als Mitarbeitender im Pastoralen Dienst dieser Stelle noch einmal betonen möch- – ein paar Gedanken äußern. Als Seel- te: Wir sprechen in unserer Kirche oft sorger für die Jugendlichen und jungen von Toleranz – das ist gut und wichtig. 16
Allerdings ist Toleranz ohne Akzeptanz die LGBTQ-Bewegung (Lesben, Schwu- – so meine persönliche Meinung – nichts le, Bisexuelle, Transgender, Queer) die- wert. Wenn ich einen Menschen tole- ses Logos bemächtigt und will die Zwei- riere, dann bin ich damit einverstanden, geschlechtlichkeit des Menschen (Mann dass er existiert. Wenn ich ihn akzeptie- und Frau) in ein soziales Geschlecht re, dann sehe ich ihn als Mitmenschen, (Gender) umdefinieren, wonach jeder den ich annehme, den ich akzeptiere, wie sein Geschlecht selbst wählen bezie- er ist, und urteile nicht über ihn. hungsweise ändern kann. Mit dieser Genau aus diesen Gründen ist mir Agenda soll nun unsere Gesellschaft und dieses Thema so wichtig. Wir dürfen sollen insbesondere Kinder und Jugend- davon ausgehen, wenn wir auf die Hei- liche zwangsbeglückt werden. Mit allen lige Schrift Bezug nehmen, dass alle Konsequenzen. Menschen Ebenbild Gottes sind. Alle Ein kurzes Googeln wirft viele kriti- Menschen. Gott hat uns so geschaffen, sche Fragen auf – zum Beispiel: wie wir sind. Für mich ist es daher ein Welche Nebenwirkungen und Spät- wichtiges und mutmachendes Zeichen, folgen haben Geschlechtsumwandlun- wenn wir eine Regenbogenfahne zei- gen bei Jugendlichen? Was ist mit Mög- gen. Nicht irgendeinen Regenbogen – lichkeiten der Rückgängigmachung? diesen Regenbogen. Nebenbei: Was machen die Unmen- gen von Hormonen, die da verabreicht Marie Thérèse von Loë werden und dann im Grundwasser lan- (Schweinheim): den, mit der Umwelt? Die Regenbogenfahne gibt vor, für Tole- Wer verdient wie viel Geld im Zu- ranz, Vielfalt und gegen Hass und Aus- sammenhang mit Geschlechtsumwand- grenzung zu stehen. Inzwischen hat sich lungen etc.? 17
Warum wird die Tavistock Gender mich freuen, wenn es inhaltlich wieder Klinik in London geschlossen? Warum mehr um das Evangelium gehen würde. die Sammelklage gegen diese Klinik? Denn ich sehe die Aufgabe der Kirche In der Kritik heißt es zum Beispiel, in NUR in der Verkündigung des Evange- der Klinik habe man viel zu schnell liums und nicht in politischen Positio- und leichtfertig Operationen zur Ge- nierungen. Ich würde dafür plädieren, schlechtsumwandlung gemacht. die Regenbogenfahne nicht mehr zu Warum ist die LGBTQ-Lobby so hissen. wenig tolerant? Ich denke zum Beispiel an die Biologin Marie-Luise Vollbrecht, Lorenz Dierschke: der (zunächst) ein Vortrag verweigert Flagge zeigen: Ich war beim Pfarrkon- wurde an der Berliner Uni, weil sie über vent in der Sankt-Martin-Kirche am die biologische Zwei-Geschlechtlich- 29. September. keit des Menschen reden wollte. … Mit so vielen Anwesenden hatte ich Wer immer sich namens der katho- nicht gerechnet. Insbesondere Frauen- lischen Kirche der Regenbogenfahne gemeinschaft kfd und Katholische jun- bedient, sollte über all diese Fragen gut ge Gemeinde KjG waren zahlreich ver- nachdenken. Inzwischen zeichnet sich treten. weltweit langsam ein gewisses Um- Überraschenderweise waren die denken ab. Es ist zu erwarten, dass das Stimmen für die Abnahme der Re- Pendel irgendwann zurückschlagen und genbogenfahne, die den Anlass für die mit aller Wucht jene Menschen tref- abendliche Diskussion lieferte, deutlich fen wird, die auf die Gender-Ideologie in der Minderzahl. hereingefallen sind. Dann wird es Zeit Als die Argumente vorgetragen wa- sein, dass wir Christen uns schützend ren, blieb die Frage offen, was nun in der vor diese Menschen stellen. Aber bes- Sache weiter geschehen werde. Pfarrer ser nicht mehr unter dem Zeichen des Dobelke verwies auf die Zuständigkeit Regenbogens, sondern unter dem des der Gremien Pastoralteam, Pfarrge- Kreuzes. meinderat und Kirchenvorstand. Leider blieb mir völlig unklar, welche Assunta Hohenberg, geb. von Loë Positionen dort vertreten werden. Nie- (Schweinheim): mand gab bei seinem Statement die Zu- Meiner Meinung nach sollte die Kirche gehörigkeit zu Pfarrgemeinderat oder keine politischen Symbole verwenden. Kirchenvorstand zu erkennen. Die Regenbogenfahne ist das Zeichen Auf meine Anfragen im Vorfeld hatte der LGBT-Community, welche absur- mir der Kirchenvorstand seine Nicht- de politische Vorstellungen hat (z. B. zuständigkeit erklärt. Von Pastoralteam das neue Selbstbestimmungsgesetz). und Pfarrgemeinderat kam gar keine Mir ist auch nicht wirklich klar, war- Antwort. um es in der Pfarrei einen Diskurs über Mein Resümee: Es ist (endlich) ge- die Regenbogenfahne gibt. Ich würde lungen, zu einem zentralen Thema un- 18
seres Glaubens – nämlich „Wie gehe ich wegen zu verurteilender Missbrauchs- mit meinem/meiner Nächsten um, der/ skandale, aber auch wegen der stei- die anders ist als ich?“ – in ein offenes genden Fokussierung auf einen immer Gespräch zu kommen. kleiner werdenden Kern. Hier schlägt Dass sich die gewählten Gremien und das Abhängen der Fahne weiter in die das Pastoralteam dabei bedeckt halten, gleiche Kerbe. Da es wenige einzel- ist ein Armutszeugnis. ne Beschwerden gab, wurde die Fahne Wenn es bei Worten bleibt, nicht aber abgehängt. Die große Menge an Leu- Nächstenliebe auch praktisch in unse- ten (viele auch aus unserem Kreis), die rer Gemeinde durch Offenheit, Toleranz schon lange nicht mehr in die Kirche und Akzeptanz anderen, die mir fremd kommen, scheinen uns hier komplett erscheinen, gegenüber gelebt wird, dann übersehen zu werden. hilft uns auch ein Stück Stoff nicht auf Natürlich: wir kommen nicht alle den Weg der Christusnachfolge. wieder in die Kirche, sobald eine Fahne hängt – insbesondere, wenn die Fahne Leitungsrunde der KjG: von Teilen des Pastoralteams nur ge- Aktuelle Schätzungen gehen davon duldet, aber nicht wirklich unterstützt aus, dass sich gut sieben Prozent der wird – aber ein solches Zeichen wäre ein Deutschen (vermutlich auch weltweit, erster Schritt, um aufeinander zuzuge- wenn es überall akzeptiert wäre) zur hen. Auf eine Gruppe, die vermutlich LGBTIQ+ Community zählen. Das ist weit größer ist als die der Beschwerde- erst einmal nur eine Zahl, aber aus un- führenden gegen die Fahne. seren Bekanntenkreisen und auch bei Als letztes möchten wir noch er- uns in der KjG zählen sich mehrere Per- wähnen, dass es uns nicht einzig und sonen dazu. allein um die Fahne geht. Diese ist nur Und entgegen der Meinung eini- ein Symbol. Wie oben geschrieben, ger Kritiker*innen handelt es sich reicht das Aufhängen der Fahne nicht, hier um liebe, nette Menschen – um um alle Probleme zu lösen. Darüber hi- Freund*innen. Sie unterscheiden sich naus freuen wir uns auch über andere außer in ihrer sexuellen Orientierung/ offene Symbole und öffentliche Ges- Identität nicht von heterosexuellen/bi- ten der Toleranz und Offenheit. Dies nären Personen. Diese Leute fühlen sich sind Aktionen und Taten, die auch und jedoch von der Kirche durchweg ausge- insbesondere auf Pfarreiebene gesche- stoßen und vernachlässigt. Hier hätten hen können, gesehen werden und vie- wir uns sehr gefreut, wenn zumindest in len Leuten zeigen können, dass sie ge- Rheinbach das Zeichen der Solidarität schätzt werden. hängen geblieben wäre. Es wäre zumin- dest ein Schritt in die richtige Richtung Deutsche Pfadfinderschaft gewesen. St. Georg (DPSG): Die Kirche verliert aktuell deutsch- In der Ordnung der DPSG steht zum landweit Mitglieder, hauptsächlich Thema: „Sie [die Pfadfinder*innen] 19
sind tolerant und offen gegenüber an- als Geschwister.“ Daher unterstützen deren Kulturen, Nationen und Religi- wir als DPSG Rheinbach das Aufhängen onen, Menschen jeden Geschlechts, der Regenbogenflagge vor der katholi- mit und ohne Behinderung und unter- schen Kirche in Rheinbach. Wir ver- schiedlicher sexueller Orientierungen. stehen sie als ein Zeichen der Offenheit Menschen mit anderen Lebensentwür- gegenüber allen Geschlechteridentifi- fen erfahren sie als Bereicherung für die kationen und Lebensentwürfen. Dieses eigene Lebensgestaltung.“ Zeichen vor einer katholischen Kir- Das erste der Pfadfinder*innen ge che zu zeigen, sehen wir als Willkom- setze der DPSG lautet: „Als Pfadfinder* mensgruß an all jene Menschen, die in begegne ich allen Menschen mit Re- sich bisher nicht willkommen gefühlt spekt und habe alle Pfadfinder*innen haben. Wichtiger Hinweis zu Themen und Terminen in diesem Martinsecho Liebe Leserinnen und Leser, von den ungewöhnlichen Zeiten und Umständen ist auch die Produktion dieses Pfarrbriefs wieder betroffen. Vieles bleibt aufgrund der weiter aktuellen Corona-Lage unge- wiss, so dass wir Ihnen nicht garantieren können, dass die im MartinsEcho genannten Termine weiterhin aktuell sind. Andere Themen wie die exakten Planungen zu Weihnachten konnten noch nicht abgeschlossen werden bis zum Redaktions- schluss. Stand der Dinge ist Mitte Oktober – bis zum Verteilen des Hefts zu Beginn des Advents kann also noch einiges passieren. Bitte sehen Sie uns daher mögliche Fehler nach und informieren Sie sich gerade bei den Terminen sicherheitshalber aktuell – z. B. in den Pfarrnachrichten, den Schaukästen oder auf der Home- page: www.katholische-kirche-rheinbach.de . 20
Einführung von Kaplan Stephan Wirgowski … und Feier der Beauftragung von Simon Beranek als Pastoralreferent A m 4. September gab es gleich doppelt Grund zum Feiern: Zum einen wurde die Beauftragung von Si- mon Beranek als Pastoralreferent (siehe Interview) in der Gemeinde nachgefeiert – zum anderen feierte Stephan Wirgow- ski seine erste Sonntagsmesse als neuer Kaplan in unserer Pfarrei. Simon bedankte sich vor allem für die Begleitung bisher durch die Zeit seiner Ausbildung. Er freue sich, dass er weiter hierbleiben darf – „auch wenn niemand weiß, wie lange“. Zugleich betonte er, wie schön es sei, dass „so viele gekommen sind – auch aus den Dörfern – und dass wir damit zeigen, dass wir eins sind und zusammenge- Kaplan Thibault Milongo, Pastoralreferent hören“. Simon Beranek, Kaplan Stephan Wirgowski, Kaplan Stephan Wirgowski stellte sich Pfarrer Bernhard Dobelke (v.l.n.r.) am Ende des Gottesdienstes kurz vor. Dabei erwähnte er auch, dass jemand, Nach der Messe gab es noch Gele- der mit 42 Jahren seine zweite Stelle als genheit, bei Würstchen und Getränken Kaplan antritt, ja auch ein nicht-kirchli- auf dem Kirchplatz zu gratulieren und ches „Vorleben“ hatte. Er war zunächst als erste Gespräche mit dem neuen Kaplan Kaufmann im Groß- und Einzelhandel zu führen. tätig. Dabei wäre er beinahe schon ein- Mehr zu ihm erfahren Sie jederzeit mal in Rheinbach gelandet – beim Obst im persönlichen Gespräch und auch im und Gemüse im Handelshof. Außerdem ebenfalls hier abgedruckten Interview erzählte er, dass er eine besondere Be- mit ihm. ziehung zur Feuerwehr habe. Dort hatte Wir wünschen Kaplan Wirgowski er gearbeitet anstelle des Wehrdienstes. einen guten Start und eine tolle Zeit Jetzt wolle er vor allem erst einmal die hier in Rheinbach! Menschen hier kennenlernen und mit ih- nen zusammen den Glauben leben. Text und Foto: Gottfried Bohl 21
„Als Priester Gott und den Menschen dienen – ich kann mir nichts Schöneres vorstellen“ Interview mit Kaplan Stephan Wirgowski Martinsecho (ME): Kaplan Wirgowski, Groß- und Außenhandel – und das auch als Sie sich hier in der Gemeinde vor- durchgezogen. gestellt haben, haben Sie gesagt: Wenn ME: Weil es das Richtige war? man mit 42 seine zweite Kaplansstelle KSW: Damals sicher. Die Arbeit hat antritt, gab es auch ein Vorleben. Was mir viel Spaß gemacht. Mit jeder Menge sollte man über dieses Vorleben wissen? Abwechslung und immer mit Menschen Kaplan Stephan Wirgowski (KSW): zu tun. Ich wäre ja damals fast sogar in Oh je, wo soll ich anfangen? Ich bin in Rheinbach gelandet, im Handelshof, als Haan aufgewachsen, auf einem kleinen Abteilungsleiter Obst und Gemüse. Spä- Bauernhof; mit meiner Schwester, mei- ter war ich dann in der Personalabteilung nen Eltern und Großeltern. Dann bin ich in Köln beschäftigt, dort war ich Sachbe- nach der Realschule auf die dreijährige arbeiter und für zwei Filialen zuständig. Höhere Handelsschule gegangen mit ME: Aber immer noch kein Priester dem Schwerpunkt Wirtschaft und Ver- oder auf dem Weg dahin … waltung. Nach zwei Jahren bin ich dann KSW: Das ist auch eine etwas län- aber mit dem Fachabitur abgegangen. gere Geschichte … Vielleicht muss ich Ich hatte einfach die Schule satt und damit anfangen, dass ich immer schon wollte in den Beruf kommen. Am liebs- gerne zur Kirche gegangen bin, beson- ten mit den Händen arbeiten. Das war al- ders gerne mit meinem Opa. Als Kind les sehr spontan, kurz vor den Sommer- habe ich auch schon mal überlegt, ob ich ferien. Und dann habe ich meine Lehre vielleicht in einen Orden eintrete oder als KfZ-Mechaniker angefangen, heute Priester werde. Aber mein Opa und auch sagt man Mechatroniker. meine Eltern haben immer gesagt, das ME: Und das können Sie heute noch? müsse ich mir sehr gut überlegen. Und KSW: Na ja. Ein bisschen Schwei- ich denke, es war gut, auf sie zu hören. ßen und Ölwechsel krieg ich wohl noch Denn es ist eine Entscheidung, die ein hin. Aber ich habe auch schon nach ei- Leben lang halten soll. nem halben Jahr gemerkt: das ist nicht ME: Aber wie kam es dann doch noch wirklich das Richtige für mich. Auch zum Priester? wenn ich weiter gerne mit den Händen KSW: Da spielte ein Unfall mit: Eine arbeite und Riesen-Respekt habe vor Frau war bei Glatteis gestürzt, und ich allen Handwerkern. Ich habe dann eine wollte helfen. Dabei bin ich dann aber neue Lehre angefangen als Kaufmann im selbst schwer gestürzt. Im Krankenhaus 22
Kaplan Wirgowski bei der Predigt © Foto: Bohl und danach in der Reha hatte ich viel gen, so dass ich dann mit 37 tatsächlich Zeit zum Nachdenken. Ich hatte auch Priester war. gute Gespräche mit Klinikseelsorgern ME: Priester sein heute ist aber vom und Ordensleuten. Nach dieser Zeit habe Image her nicht unbedingt der Beruf, ich den Entschluss gefasst, meiner Beru- vor dem alle den Hut ziehen und vor Be- fung nachzugehen. Aber so einfach war wunderung jubeln … das nicht. KSW: Leider ja, und leider gab es ja ME: Inwiefern? auch Priester, die dieses Image verur- KSW: Ich musste erst mein Abi nach- sacht haben. Doch wenn man sich vom machen, dann noch die alten Sprachen Image allein leiten lässt, ist es sicher der lernen und ein komplettes Studium der falsche Beruf. Zum Glück kenne ich viele Theologie in Bonn und Eichstätt absol- Priester, die einen richtig tollen Job ma- vieren. Aber ich wusste genau, dass ich chen, die richtige Vorbilder sind. Abge- das wirklich machen wollte, und hab das sehen davon will ich ja nicht irgendeinem daher auch in der Regelzeit durchgezo- Image hinterher hecheln, sondern will als 23
Priester Gott und den Menschen dienen ME: Wie sind denn Ihre ersten Ein- und kann mir eigentlich nichts Schöne- drücke von Rheinbach? res vorstellen. Zum Glück habe ich in KSW: Sehr gut. Ich kann feststellen, meinem bisherigen Priesterleben gute dass ich überall und von allen bisher Erfahrungen gemacht und auch positi- sehr offen und freundlich empfangen ve Rückmeldungen bekommen in dieser wurde. Und ich hoffe, es geht so weiter. Hinsicht. Viel besser als befürchtet. Natürlich hoffe ich auch, dass ich meine ME: Wie meinen Sie das? Aufgaben hier so ausfüllen kann, dass es KSW: Ich hatte immer gedacht, die zum Wohl der Menschen in der Gemein- Menschen sind heutzutage sehr reser- de beiträgt. viert und distanziert gegenüber einem ME: Zum Schluss noch eine ganz Priester. Aber ich erlebe es ganz anders. andere Frage: Was machen Sie in Ihrer Die meisten sind sehr offen. Und es gibt Freizeit? auch weiter einige Eltern, die es ihren KSW: Wenn ich länger frei habe, vor Kindern ermöglichen, Messdiener zu allem im Urlaub, verreise ich gerne und werden, in der KjG oder bei den Pfad- wandere gerne. findern tätig zu sein. Das ist für mich ME: Wo am liebsten? ein Zeichen dafür, dass es immer noch KSW: Da bin ich flexibel. Gerne in Vertrauen gibt. Und ich will alles dafür den Bergen, aber auch am Meer. Und tun, dass das Vertrauen wächst. Ich finde mein absolutes Traumziel ist Schottland, es sehr traurig zu sehen, wie viele Men- wo mich zum einen die unglaubliche schen sich derzeit von der Kirche ab- Landschaft fasziniert und zum anderen wenden. Auch Menschen, die lange sehr die Menschen. Die ganze keltische Kul- engagiert und überzeugt dabei waren. tur finde ich total reizvoll – und ganz be- Das beschäftigt mich persönlich sehr. sonders die Musik. ME: Hier in Rheinbach gibt es ja auch ME: Zum Anhören? Oder spielen sie viele aktuelle Debatten – etwa über die selbst? Regenbogenfahne, über eine Kirche KSW: Ich spiele Dudelsack. Privat ohne Bänke oder über die Zukunft der und auch in einer Band. Pfarrei und über Zusammenlegungen ME: Das ist aber eher ungewöhnlich … mit Nachbargemeinden. Wie ist da je- KSW: Hab ich auch gemerkt. Ich hat- weils Ihre Position? te das mal gehört und fand es toll – das KSW: Oh je. Da halte ich es so, wie ich muss so ungefähr im Jahr 2000 gewesen es mal bei der Feuerwehr gelernt habe: sein – und hab mir dann ein Instrument Wenn Du neu bist, schau Dir erst mal al- gekauft. Ich dachte, ich übe ein biss- les in Ruhe an und versuche nicht gleich, chen und dann kann ich das. Na ja, sehr als Schweinchen Schlau den Leuten die schnell habe ich dann gelernt, dass man Welt zu erklären. Nicht, dass ich keine eigentlich ganz langsam anfängt mit ei- Meinungen hätte, aber noch bin ich ganz ner Übungspfeife. Ich habe dann halt die neu hier in Rheinbach und muss mir das Ochsentour gemacht und nicht locker- alles erst einmal in Ruhe ansehen. gelassen, bis ich es konnte. Und muss 24
auch heute regelmäßig üben, was aber bach – gerne auch mit der ganzen Band! nicht immer so einfach ist, denn so ein Und wünschen Ihnen weiter eine tolle Dudelsack ist schon sehr, sehr laut. Zeit in unserer Gemeinde. ME: Dann freuen wir uns schon sehr auf ihren ersten Auftritt hier in Rhein- Interview: Gottfried Bohl Aus dem Ökumenischen Arbeitskreis Ö kumene auf dem Weg – unter die- sem Leitgedanken haben wir in diesem Jahr etwas Neues ausprobiert, ei- tesdienst, in diesem Jahr unterstützt vom Posaunenchor der Evangelischen Gemeinde. Das Thema „Salz der Erde, nen Ökumenischen Abendspaziergang: Licht der Welt – Du machst den Unter- Am 7. Mai 2022 versammelten sich schied“ wollte uns an unsere Verantwor- ungefähr 30 Menschen am Glasmuse- tung in dieser Welt, gleichzeitig auch um, um passend zum Frühling Gottes an Gottes Ermunterung und Zusage für Schöpfung mit Herz und allen Sinnen unser Wirken erinnern. „Belebe uns und zu erfahren. Psalmen, Lieder und weite- lass uns zu Deinem belebenden Salz wer- re Impulse an fünf Stationen regten uns den“, so lautete unser Fürbittruf. zum Nachdenken und Mitfeiern an. Und Im ökumenischen Arbeitskreis tref- der kleine Regenguss am Ende verstärk- fen sich Menschen unserer drei christli- te als „Mairegen“ hoffentlich den Segen chen Gemeinden, denen der Austausch dieses Weges für alle! und die Zusammenarbeit hier in Rhein- Wir mussten unsere traditionelle bach am Herzen liegen. Ungefähr vier- Bibelwoche coronabedingt vom Anfang mal im Jahr kommen wir zusammen; zu des Jahres in den Juni verschieben. Ob es einzelnen Projekten bilden sich dann zu- daran lag oder am Thema (Buch Daniel), sätzlich kleinere Vorbereitungsgruppen. leider waren die einzelnen Abende nicht sehr gut besucht. Dabei hat sich die Aus- Wer Lust hat mitzuwirken, meldet einandersetzung mit den sehr gut durch sich bitte bei: unsere Seelsorger erläuterten spannen- Jens Kummerfeldt (jens.kummerfeldt den Texten für alle Teilnehmer auf jeden @ekir.de) oder R enate R espondek (Tele- Fall gelohnt. fon: 02226 6500) oder Reinhard Werle Am 28. August feierten wir als Gäste (E-Mail: reinhard-werle@t-online.de). des Evangelischen Kindergartens unse- ren diesjährigen Ökumenischen Got- Renate Respondek 25
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