Medaillon - Renoviertes Bibliotheks-Burgergemeinde Bern
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Medaillon Informationen aus der Burgergemeinde Bern nr. 26, November 2016 seiten 4–5 seite 12 seite 17 Renoviertes Bibliotheks- Sozialpreis Nichts ist so beständig gebäude eingeweiht 2016 wie der Wandel
medaillon nr. 26, november 2016 Inhaltsverzeichnis Seiten 4–5 Renoviertes Archiv- und Bibliotheks gebäude an der Münstergasse eingeweiht Neuer «Hotspot» der Wissensvermittlung Seite 12 Sozialpreis 2016 Begleitung für Schwerkranke und Angebot mit besonderem Familienanschluss gewürdigt Seite 17 Nichts ist so beständig wie der Wandel Das Burgerliche Jugendwohnheim unterstützt neu vor Ort Renoviertes Archiv- und Bibliotheksgebäude an der Münstergasse eingeweiht4 Söldner, Bilderstürmer, Totentänzer6 Kurzinformation über die aktuellen Abstimmungsvorlagen7 Ein Glücksfall8 Mein Reitpferd Silas und ich10 Es ist etwas los im Dachgeschoss11 Sozialpreis 201612 Bürzi-Casino, Zoar oder Käderegge?14 Kulturpreis 201615 Haus am Tavelweg 8 aus Dornröschenschlaf erwacht16 Nichts ist so beständig wie der Wandel17 Zwei Berufsporträts18 Die Lounge «Bellevue» im 15. Stock ist ein besonderer Ort20 Bärner Müschterli21 Agenda22 Buchtipps: «Das Herbarium des Felix Platter»23 Weihnachtsbaumverkauf 2016 bei Forsthäusern23 Hohe Geburtstage im zweiten Halbjahr 201623 2
medaillon nr. 26, november 2016 Editorial Liebe Burgerinnen, liebe Burger, liebe Leserinnen, liebe Leser Im April haben wir der Abegg-Stiftung den Kulturpreis verliehen, im Mai zeichneten wir das «Zentrum für ambulante Palliativbeglei- tung plus» sowie das Angebot «Betreutes Wohnen in Familien» der Oekonomischen Gemeinnützigen Gesellschaft Bern mit dem Sozial preis aus. Das grosse Umbauprojekt im Kultur Casino Bern ist aufgegleist und bereit für die Umsetzung ab Sommer 2017, vorbe hältlich des Volksentscheids im Dezember. Der Wald hielt uns dieses Jahr besonders auf Trab. Etwa auf- grund des Medienrummels um die illegalen Waldbewohner im «Bremer» oder wegen einer abgedruckten Todesanzeige in der Zeitung wegen Holzschlagarbeiten im Könizbergwald. Im Natur historischen Museum war wieder viel los. So trug der goldene Elefant auf dem Dach anlässlich der Tour de France ein rot-weiss gepunktetes Trikot, und dann wurde die Sonderausstellung zur sensationellen Entdeckung des «Twannberg-Meteoriten» eröffnet. Im Berner GenerationenHaus rückte die Fotoausstellung «MenCare» engagierte Väter ins Zentrum. Weiter lockte das Matter‑ festival Hunderte in den Innenhof des Burgerspitals. Eine ganze Nacht lang gehörte der Spittelinnenhof dann Familien, welche dort in selbstbemalten Kartonzelten campierten. Ein weiteres, reiches Burgerjahr neigt sich dem Ende zu. Kein Grund für den Kleinen Burgerrat, sich auszuruhen. Vor den Som- merferien wurde eine Spezialkommission mit der Überprüfung der Kulturpolitik beauftragt. Im Herbst erfolgte der Start zur Satzungs revision und Überprüfung der Sozialpolitik: Gouverner, c’est prévoir! Nun wünsche ich Ihnen einerseits viel Vergnügen bei der Lektüre des neuen Medaillons und andererseits eine besinnliche Weihnachtszeit und einen guten Rutsch ins Jahr 2017. Herzlich, Rolf Dähler Burgergemeindepräsident 3
medaillon nr. 26, november 2016 Renoviertes Archiv- und Bibliotheksgebäude an der Münstergasse eingeweiht Neuer «Hotspot» der Wissensvermittlung Herzstück ist der neu gestaltete Lesesaal unter dem Hofgarten. Im Frühjahr erfolgte der Rückzug der Burgerbibliothek sowie vermittlung, der die Menschen anzieht und zum Arbeiten der Bibliothek Münstergasse, vormals Zentralbibliothek, an oder Verweilen einladen soll – damit hier auch Zukunfts- den angestammten Ort. Das barocke Gebäude war zuvor wäh- trächtiges entstehen kann. rend zweier Jahre grundlegend saniert worden. Nachdem bei- de Institutionen ihren Betrieb wieder aufgenommen hatten, Vom Kornhaus und Weinkeller zur Kathedrale des Geistes wurde das Gebäude am 10. September mit einem Tag der offe- Das Gebäude wurde von der Berner Obrigkeit Mitte 18. Jahr- nen Tür offiziell eingeweiht. Für die zahlreichen Besucherinnen hundert ursprünglich als Kornhaus und Weinkeller erbaut, und Besucher gab es viel Neues zu entdecken, etwa den rund- sozusagen als repräsentativer Bau für die Früchte des Landes. um modernisierten, prächtigen Hallersaal. Die sogenannte «Ankenwaag» wurde aber schon wenige Jahrzehnte später zur Bibliothek ummodelliert und in der TEXT: MARTIN GRASSL; BILDER: MARCO SCHIBIG UND MARTIN GRASSL Folge stetig baulich erweitert, um Platz zu schaffen für den Ziel des erstmals im Jahr 2007 angedachten Umbauprojekts laufenden Zuwachs an Büchern. Von 1968 – 1974 erfolgte dann war es einerseits, den historischen Archiv- und Bibliotheks‑ ein grosser Aus- und Umbau des Gebäudes, doch schon in standort in der Altstadt zu erhalten, und anderseits, das Ge- den späten 1980er-Jahren herrschte wieder Platznot. Das bäude den modernen Bedürfnissen beider dort beheimateten «Raumprogramm 2000» der Universitätsbibliothek löste mit Institutionen anzupassen. Die Burgergemeinde als Bauherrin der Konzipierung des Bauprojekts vonRoll-Areal und den hat das barocke Baudenkmal schliesslich sorgfältig restau- dort zur Verfügung stehenden Magazinräumen das Platzpro- riert und «fit» gemacht für die Zukunft. Hierbei war auch blem: Der Weg für eine Modernisierung an der Münstergasse entscheidend, dass sich die Universität Bern als Trägerin der war frei. Bibliothek Münstergasse zusammen mit der Burgergemeinde auf einen langfristigen Mietvertrag einigen konnten. Dane- Viel Neues ben sagte die Burgergemeinde dem Zentrum Historische Be- Das von der alb architektengemeinschaft ag renovierte Haus stände samt dazugehörendem Restaurierungsatelier, welches trumpft mit vielen Novitäten auf. Herzstück ist der neu gestal- der Universitätsbibliothek angegliedert ist, weiter künftig ei- tete, lichtdurchflutete Lesesaal unter dem Hofgarten mit der nen jährlich wiederkehrenden Unterstützungsbeitrag zu. Höhe von zwei Etagen. Das grösstenteils aus Nussbaumholz Nun steht mitten in Bern ein zeitgemässer Ort der Wissens- gefertigte Interieur verleiht ihm eine gediegene Aura. Weiter 4
medaillon nr. 26, november 2016 Auf Gebäudetour mit dem Berner GenerationenChor Blick ins Restaurierungsatelier Gut besuchter Tag der offenen Tür auffällig ist die im Erdgeschoss erfolgte Öffnung der Lauben- beitsplätze für die Mitarbeitenden der Bibliothek Münstergasse gänge zur Münstergasse hin, welche dem Gebäude ungeahnte im Dachbereich entstanden dank dem Ausbau von Magazin- Transparenz verleiht. Beim Eingang befindet sich zudem neu schränken, deren Inhalt ins vonRoll-Areal ausgelagert wurde. die «Lesbar», der gastronomische Treffpunkt mit exquisitem Getränke- und Essensangebot. Im westlichen Teil des Keller- Tag der offenen Tür gewölbes dient der «Salle Bongars» der Burgerbibliothek fort- Am 10. September fand die offizielle Eröffnung mit einem gut an als Schaufenster. Hier kann sie endlich der Öffentlichkeit besuchten Tag der offenen Tür statt, an dem die Öffentlich- ihre Schätze in geschütztem Raumklima präsentieren. Im keit Einblicke hinter die Kulissen des Betriebs erhielt. Der Dachgewölbe befindet sich das Restaurierungsatelier des Zen- 60-köpfige Berner GenerationenChor führte zudem zwei- trums Historische Bestände, wo alte, kostbare Schriften und mal auf einer je stündigen Tour durchs Haus und überrasch- Bücher nach neusten Erkenntnissen konserviert werden. Das te an jedem Stopp mit einem zum Ort passenden Ständchen. Rückgrat des Hauses sind die umfassend sanierten Haustech- Im Eingang der Burgerbibliothek präsentierte sich die neu nikanlagen sowie die neu durchgängig vertikal erschlossenen installierte mobile iPad-Station des Stadtführers «Bärn isch Wege, vom 5. Untergeschoss bis ins 4. Obergeschoss. eso», er ist einer von insgesamt acht Standorten. Hier kann Die Anzahl der Lesesaalarbeitsplätze für das Publikum von nun an auch das historisch-topografische Lexikon auf- wurde, beide Institutionen zusammengenommen, von vor- gerufen werden mit seinen rund 5900 Stichworten zu Stadt- mals knapp 180 Plätzen auf rund 300 er- berner Flurnamen, Strassen, Plätzen, öf- höht. Zudem wurde die Qualität dieser www.burgerbib.ch fentlichen und bedeutenden privaten Arbeitsplätze verbessert. Manche der Text im Web inklusive Bildergalerie: Bauten, Brücken, Brunnen, Banken und neuen, flexiblen Arbeits- und Projektar- medaillon.bgbern.ch/einweihungburgerbib Gaststätten (siehe S. 14). 5
medaillon nr. 26, november 2016 Söldner, Bilderstürmer, Totentänzer Mit Niklaus Manuel im Bernischen Historischen Museum durch die Zeit der Reformation Das Leben des Berners Niklaus Manuel Manuel zur Zeit von Luthers Thesenan- (1484 –1530) ist geprägt von einer Epo- schlag in Wittenberg 1517 erstmals als che des Wandels. Die grossen politi- Dichter auf. Wo Text und Bild im Rah- schen, religiösen, gesellschaftlichen und men dieser Kunstgattung noch zusam- künstlerischen Umbrüche widerspiegeln men gehören, trennen sie sich nun zu- sich als Richtungswechsel seines berufli- nehmend. Anfang der 1520er-Jahre legt chen Werdegangs. Eine grosse Wechsel- der Maler seinen Pinsel endgültig zur ausstellung im Bernischen Historischen Seite – wohl wegen fehlender Aufträge Museum folgt der Biografie Niklaus Ma- und persönlicher Prägung durch die Re- nuels und zeigt die prägenden Verände- formation. rungen der Zeit um 1500. Zugleich leis- tet sie einen Beitrag zum Reformations‑ Der Kirchenkritiker jubiläum aus Anlass des 500-jährigen Seine dichterische Arbeit tritt rasch in Thesenanschlags Luthers in Wittenberg. den Dienst der neuen Konfession. 1523 werden an der Kreuzgasse zwei seiner TEXT: ANDREAS RÜFENACHT; Fasnachtspiele aufgeführt, die für die Zu- BILD: CHRISTINE MOOR kunft der Reformation in Bern von hoher Allein schon Manuels Herkunft zeugt von Bedeutung sind. Mit beissender Kritik Blick in die Ausstellung einem Phänomen der Zeit: Sein Gross und derber Sprache, gleichzeitig gekonn- vater wanderte aus Norditalien ein, sein ter Dichtung und originellem Witz er- Vater betrieb eine Apotheke, und er heiratete die Tochter des an- reicht er ein breites, oft auch ungebildetes Publikum. Weitere gesehenen Stadtschreibers. Bern um 1500 war von sozialer sehr erfolgreiche Stücke entstehen. Durchlässigkeit geprägt, ein rasanter Aufstieg in nur wenigen Generationen war möglich – sogar für einen Migrantensohn. Der Politiker Schon Mitglied des Grossen Rats ab 1510, wird Manuel 1523 Der Künstler bernischer Landvogt in Erlach. Das Amt ist Ausgangspunkt sei- Manuels künstlerisches Werk bettet sich ein in die Tradition ner erfolgreichen Karriere, die er nach Einführung der Reforma spätmittelalterlicher Kunst, verarbeitet gleichzeitig aber die tion 1528 schwindelerregend rasch durchschreitet. Innert weni- neuen Errungenschaften der Renaissance. In seinen Altarbil- ger Monate wird er Mitglied des Kleinen Rats, übernimmt dern umgibt er ganz traditionell die Heiligen mit edlen Gold- diverse Ämter wie dasjenige eines Chorrichters und wird Ven- gründen. Gleichzeitig bettet er diese in realistisch anmutende ner des Gerbern-Quartiers. In dieser Rolle tritt er als Berner Landschaften, perspektivische Bildräume und antikische Archi- Diplomat in der Eidgenossenschaft in Erscheinung. Kompro- tekturen. In den Zeichnungen nutzt er seine künstlerische Frei- missbereit sucht er den Ausgleich und kämpft um den Frieden heit. Er rezipiert grosse Künstler wie Albrecht Dürer oder Urs zwischen den konfessionell gespaltenen Orten (Kantonen) und Graf. Zugleich erprobt er neue Bildmotive und Kompositionen. den Erhalt des eidgenössischen Bündnisses. Auf dem Höhe- punkt seiner persönlichen Karriere stirbt Manuel im April 1530. Der Söldner Die italienische Renaissance könnte Manuel auf seinen Reisen Die Ausstellung als Söldner nach Oberitalien kennengelernt haben. Abenteuer- Die grosszügig inszenierte Ausstellung im Bernischen Histo- lust, die Hoffnung auf rasche Beute oder die Not schwinden- rischen Museum folgt der Biografie Niklaus Manuels vom der Aufträge mögen ihn ins Feld getrieben haben. In einigen Söldner zum Politiker, vom Künstler zum Bilderstürmer. Zeichnungen zeigt sich eine immanente Kritik an der Reisläufe- Hochkarätige Gemälde, unbekannte Zeichnungen, Holzschnit- rei: Gewalt, Armut, Verletzung und Tod begleiteten die jungen te und Texte von Manuel sowie Bücher, Waffen, Kostüme, Kämpfer oft noch lange nach ihrer Heimkehr weiter. Bildteppiche, Glasmalereien und Skulpturen aus den Samm- lungen des Bernischen Historischen Museums und von mehr Der Dichter als dreissig Leihgebern aus der Schweiz und Europa lassen Mit den Versstrophen zu den 24 Szenen seines berühmten Ber- Manuel und die Welt seiner Zeit lebendig werden. Die Aus- ner Totentanzes an der Friedhofs- stellung zeigt eine schillernde Persönlich- mauer des Dominikanerklosters, der keit, einen grossen Künstler und beispielhaft heutigen Französische Kirche, tritt www.totentanz.be eine ganze Epoche. 6
medaillon nr. 26, november 2016 Kurzinformation über die aktuellen Abstimmungsvorlagen Urnenabstimmung vom 14. Dezember Das Kultur Casino Bern soll nach der Sanierung wieder hell erstrahlen. Das burgerliche Stimmvolk wählt einen neuen Burgergemein- wendig. Die umfangreiche Erneuerung der Wohnungen beläuft devizepräsidenten, ein neues Mitglied in den Kleinen Burgerrat sich auf CHF 12,434 Mio. Diese Investition wirkt sich positiv auf sowie 21 Mitglieder in den Grossen Burgerrat. Ebenso ent- die mit dieser Liegenschaft erwirtschafteten Erträge aus. Es scheidet es über die Aufnahme von 28 Personen in das Burger- wird mit einer Rentabilität von rund 2,15 % gerechnet. Die Sa- recht sowie über vier Vorlagen: den Umbau des Kultur Casi- nierungsarbeiten sind ab April 2018 bis Juli 2019 geplant. nos Bern, die Erneuerung der Liegenschaft an der Jupiterstrasse 45, die Stabilisierung der Personalvorsorgestiftung sowie das Vorlage 3: Stabilisierung der Personalvorsorgestiftung Budget 2017. Der Grosse Burgerrat empfiehlt den Stimmbe- der Burgergemeinde Bern rechtigten die Annahme der finanziell gewichtigen und zu- Wie viele andere Pensionskassen in der Schweiz, leidet auch kunftsweisenden Vorlagen. die Personalvorsorgestiftung der Burgergemeinde Bern unter den insgesamt stark rückläufigen Renditen seit der Jahrtau- Vorlage 1: Umbau Kultur Casino Bern sendwende. Per Ende 2015 sank der Deckungsgrad der Vor- Das Kultur Casino Bern wurde im Jahr 1909 als Konzert- und sorgeeinrichtung auf 99.2 %. Das bedeutet, dass die Personal- Gesellschaftshaus für die Allgemeinheit eröffnet und wird jähr- vorsorgestiftung nicht mehr genügend Vorsorgevermögen lich für rund 750 Anlässe genutzt. Das denkmalgeschützte Ge- besitzt, um alle Verpflichtungen zu erfüllen. Der Kleine Bur- bäude ist in die Jahre gekommen. Die ge- gerrat handelte bewusst proaktiv und samte Infrastruktur ist veraltet. Zur setzte eine Arbeitsgruppe ein, damit die Behebung dieser Mängel und im Rah- Personalvorsorgestiftung nicht in finan- Der Grosse Burgerrat empfiehlt men der betrieblichen Neuausrichtung zielle Schieflage gerät. Die erarbeitete des Kultur Casinos («Alles aus einer den Stimmberechtigten Lösung ist ausgewogen und nachhaltig Hand») wurde ein Umbauprojekt erar- und soll von 2017 bis 2021 stufenweise die Annahme der finanziell beitet. Der geplante Umbau ist das gröss- umgesetzt werden. Die Lösung wird te Vorhaben seit dem Projekt der neuen gewichtigen und nicht vollumfänglich durch die Burger- Alterspolitik im Jahr 2009. Der Betrieb gemeinde finanziert, sondern muss zukunftsweisenden Vorlagen. und das selbstgeführte Restaurant wer- durch die aktiven Versicherten mitge- den bei der Wiedereröffnung einen neu- tragen werden. Als sozialverantwort en Marktauftritt lancieren. Für die Rea- liche Arbeitgeberin trägt die Burgerge- lisierung wird den burgerlichen Stimmberechtigten ein meinde aber den Grossteil der Kosten für die Stabilisierung Ausführungskredit von CHF 67,3 Mio. beantragt. Die Bauar- im Umfang von CHF 31,45 Mio. beiten sind von Juli 2017 bis Mitte 2019 geplant. Während die- ser Zeit bleibt das Kultur Casino Bern geschlossen. Vorlage 4: Budget 2017 Das Budget 2017 weist einen ordentlichen Rechnungsüber- Vorlage 2: Verpflichtungskredit für die umfangreiche Erneue- schuss von rund CHF 9,9 Mio. aus. Dieses gegenüber dem rung der Liegenschaft Jupiterstrasse 45 Budget 2016 (Rechnungsverlust von rund CHF 1,6 Mio.) besse- Die Liegenschaft an der Jupiterstrasse 45 in Bern wurde vor 37 re ordentliche Ergebnis ist grösstenteils auf die tieferen Ab- Jahren erstellt. Bis auf die Sanierung der Aufzüge und der Fas- schreibungen zurückzuführen. Aufwandseitig nehmen vor al- saden wurde die Liegenschaft ausschliesslich unterhalten. Die lem die Personalaufwände und die Sachaufwände gegenüber Wasserzuleitungen und -ableitungen, die Entlüftung der Woh- den Vorjahren zu. Die Substanz der Burgergemeinde wird vor- nungen, das Elektroverteilnetz sowie die Lifte müssen renoviert aussichtlich weniger stark ansteigen als das Bruttoinlandpro- werden. Mitunter haben die Küchen, Bäder und Bodenbeläge dukt. Der Substanzindex wird deshalb bis Ende 2017 sehr wahr- ihre Lebensdauer erreicht. Eine Sanierung ist dringend not- scheinlich um 1 Prozentpunkt gegenüber dem Vorjahr sinken. 7
medaillon nr. 26, november 2016 Ein Glücksfall Meteoritenforscher Beda Hofmann über den Twannberg-Meteoriten Beda Hofmann auf dem Mont Sujet bei der Meteoritensuche. Das Naturhistorische Museum der Burgergemeinde Bern konnte Bielersees liegen hunderte, wahrscheinlich sogar tausende kürzlich den bedeutendsten Meteoriten-Fund der Schweiz ver- Fragmente eines Meteoritenschauers, der sich vor rund 160 000 melden. Der Leiter der Erdwissenschaften am Naturhistorischen Jahren ereignete. Auf Äckern, im Wald und in Felsspalten ver- Museum war an der Entdeckung des Streufelds auf dem Twann- bergen sich die Splitter eines zerborstenen kleinen Asteroiden. berg hautnah beteiligt. Über Jahrtausende wurden sie von niemandem wahrgenom- men. Wirklich nicht? TEXT: BEDA HOFMANN; BILDer: PETER AUCHLI und LISA SCHÄUBLIN Mindestens drei Stücke dieses Meteoriten wurden schon Während der letzten Monate wurde ich öfters gefragt, was vor langer Zeit bemerkt: Ein Fragment kam als «Eisenerz» in denn eigentlich das wirklich Spannende am Fund des Twann- ein Bieler Museum, ein weiteres in eine Brockenstube eben- berg-Meteoriten sei. Etwa, dass es sich um das einzige Meteo- falls in Biel, und ein drittes verirrte sich auf einen Estrich in ritenstreufeld der Schweiz und um einen von lediglich acht Twann. Jahrzehnte, vielleicht Jahrhunderte blieben diese Stü- Meteoriten in der Schweiz handelt? Ist es die Tatsache, dass der cke unerkannt. Eisenmeteorit Twannberg mit weltweit nur vier vergleichbaren Im Jahr 1984 sammelte die Bäuerin Margrit Christen auf Geschwistern extrem selten ist? Oder ist es die spezielle Zu- einem frisch gepflügten Feld auf dem Twannberg Steine. Einer, sammensetzung, reich an Phosphor und arm an Nickel? Ja, gross wie ein Brotlaib, erregte wegen seines besonders hohen auch. Das wirklich Aufregende an den vielen Twannberg-Fun- Gewichts ihre Aufmerksamkeit. Im Jahr darauf kam Jeman- den ist für mich jedoch, dass mitten im Berner Jura das Ge- dem die Idee, dass es ein Meteorit sein könnte. Auslöser war heimnis einer kleinen kosmischen Katastrophe verborgen liegt. die Medien-Aktivität des damals auf Meteoriten spezialisier- Dass ein derartiges Geheimnis vor meiner Haustüre schlum- ten Bally-Museums. Der frisch erkannte Meteorit von 15,9 Kilo‑ merte, hat sich aber erst während der letzten drei Jahre, ja ei- gramm Gewicht wurde analysiert und dokumentiert. gentlich erst den letzten Monaten erwiesen. Dabei muss man Im Jahr 2000 dann fiel dem Schreiner Marc Jost ein Stück wissen: Ich forsche schon seit Jahrzehnten zu Meteoriten. Auch Eisen auf dem Twanner Estrich auf. Er hatte zuvor in einem leite ich fast jedes Jahr Expeditionen, um Meteoriten zu su- Museum einen Meteoriten gesehen, und war sich nun sicher, chen, etwa in den Oman. etwas Gleichartiges erkannt zu haben. Sein Anruf am Natur- Dieses Rätsel hat sich Stück für Stück gelüftet, und wir wis- historischen Museum der Burgergemeinde Bern markierte sen noch längst nicht alles. Soviel ist aber klar: Nördlich des den Beginn unserer Zusammenarbeit. 8
medaillon nr. 26, november 2016 TW327 alias «Batman», ein Stück des Twannberg-Meteoriten In der Ausstellung Doch auch weitere Zufälle müssen erwähnt sein: Das «Eisenerz» oriten stammt aus dem Edelgaslabor von Professor Ingo Leya der Bieler Sammlung wurde 2005 im Museum in Bern als Me- am Physikalischen Institut der Universität Bern: Die Analysen teorit erkannt, und 2007 fanden Goldwäscher drei kleine Mete- zeigen, dass die Twannberg-Fragmente Bestandteil eines Aste- oritenfragmente im Twannbach. In den Jahren darauf gelangen roiden von rund 6 bis 20 Metern Durchmesser und von min- zwei Spürnasen gleich 75 weitere Funde. Die richtig wilde Such- destens 1000 Tonnen Gewicht waren. Damit gehört Twann- phase begann aber ab September 2013. Plötzlich wurden in der berg in die Liga der wirklich grossen Fälle. Funde wie kürzlich Nähe des Fundorts von 1984 neue Stücke entdeckt. Sammler derjenige des 30-Tonnen-Meteoriten in Argentinien sind also und Museum erkundeten die Region mit gemeinsamen Aktio- prinzipiell auch bei uns möglich. Jedenfalls machen die bisher nen. 2015 kamen dann auf der Hochfläche des Mont Sujet hun- gefundenen rund 75 Kilogramm Meteoritenmaterial nur ei- derte von Fragmenten zum Vorschein. Damit wurde auch die nen winzigen Bruchteil des gesamten am Twannberg nieder- Falldynamik erkennbar: Aufgrund der von Nordost nach Süd- gefallenen Asteroiden aus. Daher ist das Rätsel rund um den west systematisch zunehmenden Grösse Twannberg-Meteorit noch lange nicht der Meteoritenfragmente musste der Fall endgültig gelöst: Wieviel ist damals zu www.twannbergmeteorit.ch in derselben Richtung erfolgt sein. Staub verglüht? Was liegt noch auf den Eines der interessantesten analyti- Text im Web inklusive Bildergalerie: Wiesen und in den Wäldern nördlich schen Resultate zum Twannberg-Mete‑ medaillon.bgbern.ch/twannbergmeteorit des Bielersees? 9
medaillon nr. 26, november 2016 Mein Reitpferd Silas und ich Die Stiftung Sunnesyte der DC Bank hilft Kindern bei körperlichem und seelischem Leid Eine unbeschwerte Kindheit ist nicht ten ist. So leistet sie Beiträge an eine für alle eine Selbstverständlichkeit. Sind Therapie, eine Haushaltshilfe, einen Aus- Kinder von einer Krankheit betroffen flug, an Betreuungskosten, an die Teil- oder erleiden sie einen Unfall, kann dar- nahme an einem Skilager und an vieles aus für die Eltern schnell eine finanzielle Weitere mehr. Notlage entstehen. Hier hilft die Stiftung Dank dem Einsatz der Stiftung kann Sunnesyte – rasch und unbürokratisch. pro Jahr rund 25 Kindern und Familien Bereits über 178 Kindern und Familien unkompliziert und nachhaltig geholfen konnte so geholfen werden. werden. Dass die Hilfe der Stiftung Sun- nesyte ankommt und geschätzt wird, TEXT: PETER A. VONLANTHEN; BILD: JANA zeigen die vielen sorgfältig geschriebe- Werden Kinder oder Eltern schwer nen und oft mit Zeichnungen ergänzten, krank, kann eine Familie vor enormen rührenden Dankesbriefe, die Jahr für Schwierigkeiten stehen. Zur emotiona- Jahr bei der Stiftung eingehen. len Belastung kommen oftmals auch grosse finanzielle Herausforderungen Freude und Dankbarkeit sind gross hinzu. Therapien verursachen nicht sel- Die schwerstbehinderte Stephanie (16) ten Kosten, die von der Krankenkasse benötigt eine 24-Stunden-Betreuung Jana (10) mit ihrem Therapiepferd oder der Invalidenversicherung nicht durch drei Personen und bedankte sich: übernommen werden. Durch die ver- «Letzte Woche durfte ich eine wunder- mehrten Kürzungen der Sozialleistungen und die Verknap- schöne Woche im Hotel erleben und Sie haben mir das ermög- pung öffentlicher Gelder fallen Familien immer öfter durch die licht. Ich konnte jeden Abend mit meinen Freunden verbrin- Maschen aller Hilfs- und Unterstützungsnetze. In solchen Fäl- gen, was sonst nicht möglich ist. Ein riesengrosses Merci!» len wird die Stiftung Sunnesyte aktiv. Und auch die zehnjährige, sehbehinderte Jana hat sich sehr So zum Beispiel im Fall der fünfköpfigen Familie P. Uner- über die Unterstützung ihrer Reittherapie gefreut. Sie schreibt: wartet erleidet die Mutter eine Erschöpfungsdepression. Es «Es freut mich sehr, dass ich mit Ihrer Unterstützung weiterhin wird ein Aufenthalt in einer psychiatri- ins Reiten gehen kann! Mein Reitpferd schen Klinik nötig. Der selbständig er- Silas und ich haben uns sehr gerne. Er ist werbende Vater übernimmt die Betreu- ein Spitzenpferd. Ich freue mich, mit Werden Kinder oder Eltern ung der Kinder und schliesslich auch ihm noch viele weitere Reitstunden zu den Haushalt. Seine Kunden kommen schwer krank, kann eine verbringen! Liebe Grüsse, Jana.» zu kurz. Existenzängste nehmen immer Familie vor enormen mehr Raum ein. Die Kinder leiden zu- Startkapital von einer Million nehmend unter der Situation. Die Stif- Schwierigkeiten stehen. Die Stiftung Sunnesyte wurde 2007 von tung Sunnesyte finanzierte vorüberge- der burgerlichen DC Bank als gemein- hend die Unterstützung durch eine nützige Stiftung gegründet und bezweckt Haushaltshilfe. die Unterstützung benachteiligter Kinder und Jugendlicher in Auch im Fall der kleinen Alina wurde die Sunnesyte aktiv. der Region Bern. Das damalige Stiftungskapital von einer Mil- Die Siebenjährige hat Trisomie 21 und leidet an fehlender Mus- lion Franken entstammte den Gewinnen der DC Bank. Die kelspannung. Die Stiftung konnte durch einen Beitrag an eine DC Bank ist auch für die operative Geschäftsführung der heilpädagogische Reittherapie Selbstvertrauen und Selbstän- Stiftung verantwortlich und unterstützt sie jährlich mit ei- digkeit von Alina stärken. nem namhaften Betrag. Privatpersonen und Firmen helfen ebenfalls mit finanziellen Zuwendungen. Ihren Verwaltungs- Unterschiedliche Formen der Hilfeleistungen aufwand hält die Stiftung niedrig, weshalb die DC Bank die So unterschiedlich die Verhältnisse in den Familien sind, so Geschäfte der Stiftung unentgeltlich führt. Die Stiftung Sun- unterschiedlich sind auch die Gesuche, die in den letzten Jah- nesyte arbeitet eng mit der Winterhilfe Bern zusammen, die ren bei der Stiftung eingegangen sind. Ziel der Stiftung Sunne‑ grosse Erfahrung mit Menschen in unmittelbaren Notlagen syte ist es jeweils, direkt bezogen auf das hat. Die Winterhilfe Bern hilft mit ih- jeweilige Kind oder die betroffenen Kin- www.sunnesyte.ch rem Know-how bei der umfassenden der zu helfen. Die Stiftung will rasch be- Text im Web: und gleichzeitig individuellen Prüfung reitstellen, was für das Kind am nötigs- medaillon.bgbern.ch/stiftungsunnesyte der Gesuche. 10
medaillon nr. 26, november 2016 Es ist etwas los im Dachgeschoss Das vielseitige Konferenz- und Tagungszentrum im Burgerspital Im Dachstock herrscht reges Treiben. Mit der Renovation des Burgerspitals hat sich am Bahnhof Dies vor allem auch dank den vielseitigen Ausstattungsmög- platz einiges verändert. So ist aus dem ehemaligen Alters- und lichkeiten mit Bühnen, Tonanlagen, Aufnahmegeräten und Pflegeheim ein Begegnungsort für alle Generationen gewor- anderen technischen Hilfsmitteln. Die Räumlichkeiten lassen den. Die Vielseitigkeit des Berner GenerationenHauses zeigt sich bequem online reservieren. Dies reduziert den administ- sich gerade auch im Dachgeschoss. Das neue Konferenz- und rativen Aufwand auf ein Minimum. Tagungszentrum gleich neben dem Bahnhof Bern beherbergt Genutzt werden die Räumlichkeiten unter anderem durch übers Jahr eine Vielzahl von Veranstaltungen, die unterschied- das «Collegium60plus». Dieses hat sich zum Ziel gesetzt, das licher nicht sein könnten. Lernen von Seniorinnen und Senioren zu fördern. Beheimatet beim Innovage Netzwerk Bern-Solothurn im Erdgeschoss des TEXT: ALEXANDER PULFER; BILD: JONAS KAMBLI GenerationenHauses, nutzt das Collegium für grössere An- Wo sich früher Staub ansetzte und Spinnen hausten, ist Raum lässe gerne das Dachgeschoss als Veranstaltungsort. Markus für Neues entstanden. Einzig die erhaltenen Holzträger erin- Pfeuti, der das Kursangebot koordiniert, schätzt insbesondere nern noch an den alten Estrich des Burgerspitals. Der Kontrast die einfache Zugänglichkeit. Diese ermögliche auch für ältere zum neuen Parkett und den weissen Wänden gibt den Räum- Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen angenehmen Aufent- lichkeiten nebst einer modernen Eleganz auch die nötige Au- halt. Geschätzt würden während der Veranstaltungen auch die thentizität. Nicht selten wird die neutrale Ausstattung von Be- Kaffeeecke und bei schönem Wetter der Innenhof. suchern als flexibel und die Atmosphäre als entspannt und positiv bezeichnet – ein Ort zum Entschleunigen und Wohl- Nach der eignen Veranstaltung eine andere besuchen fühlen. Nicht zu vergessen sind die vielen weiteren Möglichkeiten, welche das Burgerspital sonst noch bietet. Nach der Sitzung Optimal eingerichtete Räume im Dachstock finden Gäste nicht selten den Weg zu einem Teambildungsevent Fünf Sitzungszimmer und drei grosse Konferenz- und Ta- in den «Adventure-Rooms» im Kellergewölbe, aus welchem gungssäle sind beim Umbau entstanden. Ausgerüstet mit sich die Gruppe innert 60 Minuten befreien muss. Später trifft neuster Technik werden diese für verschiedenste Veranstaltun- man sich zum gemeinsamen Nachtessen im Restaurant gen genutzt: von Workshops über Meetings bis hin zu Tagun- «toi&moi» oder zu einer Kaffeerunde im Innenhof oder in der gen. Geschätzt werden insbesondere die zentrale Lage, der CaféBar. Auch mit einem öffentlichen Anlass des Berner Ge- gute Service sowie die funktionale Ausrüstung. Auch intern nerationenHauses lässt sich die Veranstaltung kombinieren. erfreuen sich die Räumlichkeiten einer grossen Beliebtheit. Nach einem Anlass am Donnerstagabend bieten die Veranstal- Die Institutionen des Berner GenerationenHauses loben die tungsreihen «Jeudredi» und «Halt auf Verlangen» regelmässig vielfältigen Möglichkeiten im Dachge- Gelegenheit, die eigene Veranstaltung schoss. Von Sitzungen über Bewegungs- www.begh.ch musikalisch abzurunden. Die Türen des kurse bis hin zu Konzerten, fast alles Text im Web: Berner GenerationenHauses stehen of- lässt sich im ehemaligen Estrich machen. medaillon.bgbern.ch/lebendigerdachstock fen, zu entdecken gibt es vieles! 11
medaillon nr. 26, november 2016 Sozialpreis 2016 Begleitung für Schwerkranke und Angebot mit besonderem Familienanschluss gewürdigt Rolf Dähler gratuliert freiwilligen Helferinnen des «zapp» zum Sozialpreis. Am 26. Mai verlieh die Burgergemeinde Bern zum fünften Mal porträts gelüftet. Die Clips vermittelten dem Publikum ein- ihren alljährlichen Sozialpreis. Die Auszeichnung ging gleich an drücklich das grosse Engagement des «Zentrums für ambu- zwei Preisträger, das «Zentrum für ambulante Palliativbeglei- lante Palliativbegleitung plus» sowie vom «Betreuten Wohnen tung plus» (zapp) sowie das Angebot «Betreutes Wohnen in Fa- in Familien». Sabine Dahinden bat daraufhin die Preisträger milien» der Oekonomischen Gemeinnützigen Gesellschaft auf die Bühne. Es folgten lebendige, vertiefende Interview Bern OGG. Beide Organisationen erhielten ein Preisgeld von gespräche. Anschliessend sprach Sozialkommissionspräsiden- jeweils 20 000 Franken, welches sie für besondere Weiterbil- tin Simone von Graffenried vom erfreulich breiten, sozialen dungen ihrer freiwilligen Helferinnen und Helfer respektive der Engagement in und um Bern, welchem sie bei ihrer Juryarbeit involvierten Gastfamilien verwenden wollen. begegne, und leitete über zur Laudatio von Spittelpfarrerin Marianne Bartlome-Michel, der «Haus-Seelsorgerin» der Bur- TEXT: MARTIN GRASSL; BILDER: SIMON STÄHLI gergemeinde. Ihre beeindruckende und sehr persönliche Rede Die Sozialpreisverleihung 2016 fand traditionsgemäss im handelte von ihrem Familienleben mit ihrer Tochter mit frühindustriellen Ambiente des Turbinensaals der Dampf- schwerer Behinderung. Davon, wie sehr dies alle Nächsten he- zentrale Bern statt. Fernsehfrau Sabine Dahinden moderierte rausfordert und gleichzeitig auch bereichert. Der Gedanke, vor vollen Rängen durch den Abend und thematisierte zum dass Inklusion nicht nur in eine Richtung, sondern auf beiden Auftakt mit einem Augenzwinkern die fortlaufende Automa- Seiten stattfindet, war klar zu vernehmen und bezog sich direkt tisierung an ihrem angestammten Arbeitsplatz im Fernseh- auf dieselben gemachten Erfahrungen der Freiwilligen der bei- studio. Und dass selbst sie kein Mensch mehr sei, sondern den diesjährigen Preisträger. auch schon ein Roboter. Dafür könne sie garantieren, dass es sich bei jenen, die den Sozialpreis er- zapp ermöglicht Kranken das halten, noch um echte Menschen mit Daheimbleiben Mitgefühl handle. Hiermit übergab sie Der Sozialpreis zapp ist ein Angebot des Schweizeri- weiter an Burgergemeindepräsident Rolf schen Roten Kreuzes Bern-Mittelland. Der Sozialpreis soll nichtburgerliche Initi- Dähler, der das Publikum offiziell be- Die professionell geführte Vermittlungs- ativen in und um Bern würdigen und ei- grüsste, gefolgt von einem ersten Inter- stelle setzt ihre geschulten, freiwilligen ner breiteren Öffentlichkeit bekannt ma- mezzo der jungen Brienzer Mundart- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur chen. Das Preisgeld ist für wichtige, poprockband «Container 6». Und der Entlastung von Angehörigen chronisch handfeste Investitionen oder Teilprojekte unbeschwerte Sound der früheren Ju- kranker, schwer kranker und sterbender der Empfänger gedacht. gendpreisträger sorgte vom ersten Ton Menschen ein. Die rund 30 Freiwilligen weg für gute Stimmung. Nun endlich bilden ein Betreuungsnetz, welches den wurde das Geheimnis um die beiden Text im Web inklusive Bildergalerie: Kranken das Daheimbleiben in ihrer diesjährigen Preisträger in Kurzfilm- medaillon.bgbern.ch/sozialpreis2016 gewohnten Umgebung ermöglicht. Wo 12
medaillon nr. 26, november 2016 Vertiefende Interviewgespräche beleuchten das soziale Engagement. Spittelpfarrerin Marianne Bartlome-Michel während ihrer beeindruckenden Laudatio Sterben zuhause nicht möglich ist, bieten sie palliative Beglei- Platz in einer Familie. Die Gastfamilien bilden ein Netz von tung in Heimen und Spitälern an. zapp versteht sich als Teil, rund 150 Familien, zumeist aus dem bäuerlichen Umfeld. Die und nicht Konkurrenz, eines umfassenden Betreuungsnetz- Familien werden in einem sorgfältigen Abklärungsverfahren werkes und arbeitet eng mit Hausärzten, Spitexdiensten, Spi- vom Organisationsteam ausgewählt und während der Betreu- tälern, Stationen für palliative Therapie, der Alzheimerverei- ung der Gäste begleitet. Das Projekt weist zudem eine grosse nigung und weiteren Stellen zusammen. Stadt-Land-Vernetzung auf. Beide mit dem Sozialpreis ausgezeichneten Institutionen «Betreutes Wohnen in Familien» vermittelt unterstützungs wollen ihr Preisgeld ihren Freiwilligen respektive Gastfamilien bedürftige Erwachsene in Gastfamilien zukommen lassen. Deren grosses Engagement soll honoriert Das Angebot der Oekonomischen Gemeinnützigen Gesell- werden, indem aufwändige und besondere Weiterbildungen schaft Bern OGG wiederum wird von sieben Teilzeitmitarbei- organisiert werden. tenden organisiert. Menschen ab 18 Jahren mit gesundheitli- Nach der offiziellen Übergabe der Urkunde durch Rolf chen Einschränkungen, welche Unterstützung im Alltag be‑ Dähler klang der Abend mit einem stimmigen Apéro Social nötigen, sollen in einer Gastfamilie aufgenommen werden. aus, derweil «Container 6» im Turbinensaal noch mit einem Aktuell finden rund 95 Dauergäste aus allen sozialen Schichten halbstündigen Konzertset nachlegten. 13
medaillon nr. 26, november 2016 Bürzi-Casino, Zoar, Käderegge? Das Historisch-Topographische Lexikon der Stadt Bern online Ein Stadtplan von 1807 gibt Auskunft Das Historisch-Topographische Lexikon der Stadt Bern von lassen sich zudem bei Bedarf beispielsweise alle Bahnhöfe, Brü- Berchtold Weber war lange Jahre vergriffen. Nun liegt es in cken oder Schulen der Stadt anzeigen. stark erweiterter und überarbeiteter Form wieder vor, und zwar Einen weiteren Zugang zum Lexikon bietet der Stadtführer online! Es lädt zum Entdecken unbekannter und vermeintlich «Bärn isch eso» an. In den diversen Rundgängen der App sind bekannter Orte ein. bei den einzelnen Stationen die Informationen des Lexikons hinterlegt, von wo aus Links zum Online-Archivkatalog füh- TEXT: NADINE FISCHER UND PHILIPP STÄMPFLI; BILD: ZVG ren. Dank dieser drei verschiedenen Zugänge lässt sich etwa 1976 erschien das Lexikon und war seither eines der wichtigs- das Rätsel um das Bürzi-Casino rasch und einfach von der ten Nachschlagewerke zur Stadtgeschichte. Nur hier fanden ganzen Welt aus lösen! sich rasch Erklärungen zu längst vergessenen Namen, zu topo- Nun offeriert die elektronische Publikation des Historisch- graphischen Bezeichnungen oder Hinweise auf die Bau- und Topographischen Lexikons aber noch weit mehr als nur Erklä- Besitzgeschichte von Gebäuden. Der Autor des Werks war in rungen zu einzelnen Örtlichkeiten der Stadt. Die Integration den letzten 40 Jahren nicht untätig und hat weiter recherchiert: in den Online-Archivkatalog macht es möglich, Informatio- Das jetzt online von der Burgerbibliothek Bern publizierte Le- nen zu verknüpfen. Zum einen unter sich selbst, sodass man xikon umfasst inzwischen rund 5600 Stichwörter und schliesst per Mausklick von den Verweisen zu den passenden Informa- auch den Stadtteil VI, die alte Gemeinde Bümpliz, mit ein. tionen geführt wird, zum andern mit vielen weiteren nützli- Die Online-Publikation bietet Vorteile, welche in gedruck- chen Hinweisen. Im Lexikontext genannte Personen sind mit ter Form nicht realisierbar sind. Das beginnt schon mit den un- der Personendatei der Burgerbibliothek Bern verknüpft, wo- terschiedlichen Zugängen: Wer im Online-Archivkatalog der mit die entsprechenden Angaben ebenfalls zur Verfügung ste- Burgerbibliothek Bern Dokumente zu Bern sucht, findet dort hen. Zudem gelangt man überall dort, wo im Online-Archiv- auch die passenden Lexikonartikel. Allerdings konnte nicht ex- katalog passende Bilder zu finden sind, von den Lexikontexten plizit nur nach dem Lexikon gesucht werden, weshalb zusätz- zu den Ansichten und umgekehrt. lich die separate Suchmöglichkeit «Archives Quickaccess» ein- Hinter diesem dreifachen, kostenlosen Zugang zur erwei- gerichtet wurde. Damit können Nutzende direkt ins Lexikon terten Neuauflage steckt viel Arbeit. Der Autor präsentiert die einsteigen und entweder nach einem einzelnen Begriff suchen Summe einer jahrzehntelangen Recherchearbeit, die er mit oder in einer alphabetischen Liste blättern. Gerade diese Mög- viel Herzblut auf sich genommen hat. Dank gebührt ihm nicht lichkeit ist eine Verführung zum Schmö- nur dafür, sondern auch für sein Ver- kern. Stösst man auf einzelne Begriffe ständnis, dass Informationen heute we- Die Zugänge im Netz: wie etwa Käderegge, Zoar oder Henker- katalog.burgerbib.ch/deskriptorensuche.aspx sentlich anders vermittelt werden als brünnli, so hat man jedes Mal aufs Neue archives-quickaccess.ch/bbb noch vor wenigen Jahren. Die neue das Vergnügen zu entdecken, was sich baernischeso.ch Form weist ausserdem in die Zukunft: hinter diesen Namen verbirgt. Dank der Text im Web: Im Gegensatz zum Buch lässt sich das Gruppierung der Einträge in Kategorien medaillon.bgbern.ch/lexikon Werk laufend ausbauen und ergänzen. 14
medaillon nr. 26, november 2016 Kulturpreis 2016 Ehrung für eine im Kanton Bern ansässige Institution von Weltrang Regula Schorta, Direktorin der Abegg-Stiftung, mit der Preistrophäe, einem Bronzebären. Der Kulturpreis 2016 wurde Ende April an die Abegg-Stiftung Perosa führte, schilderte er die Begegnung mit dem Namen der in Riggisberg verliehen, welche historische Textilien zeigt, er- Zürcher Textilproduzenten-Familie Abegg auf einer Inschrift an forscht und aufbewahrt. Die auf ihrem Gebiet international einer einstigen Produktionsstätte. Nach der Würdigung der renommierte Abegg-Stiftung ist finanziell gut ausgestattet. weitsichtigen Stiftungsgründung endete die Rede mit der Beto- Die Auszeichnung der Burgergemeinde hat daher ehrenden nung der fachlichen Verbundenheit zwischen der Abegg- Charakter. Mit dem Preisgeld sollen eigens eingerichtete Pro- Stiftung und dem Bernischen Historischen Museum im Bereich motionsstipendien für Nachwuchsforscherinnen und -forscher der textilen Schätze und deren Erforschung. Nach der offiziellen vergeben und so Arbeiten zur Geschichte, Technologie und Preisübergabe an das fast vollständig auf der Bühne präsente, Konservierung von Textilien an der Berner Graduate School of grosse Abegg-Team, wandten sich deren Direktorin Regula the Arts unterstützt werden. Schorta und Stiftungs‑Präsident Dominik Keller mit bewegten Dankesreden ans Publikum. Der Abend klang bei einem lebhaf- TEXT: MARTIN GRASSL; BILD: YOSHIKO KUSANO ten Apéro Riche aus. Die Kulturpreisverleihung fand dieses Jahr im grossen Saal des Kultur Casinos Bern statt. Einen ersten, subtilen Hinweis auf die Die Abegg-Stiftung diesjährige, zunächst geheim gehaltene Preisträgerin lieferte die Werner und Margaret Abegg gründeten 1961 in Riggisberg die Einladungskarte mit dem Motiv im Reliefdruck eines an einem Abegg-Stiftung. Herzstück ist die weltweit bekannte Sammlung Fischteich angelnden Engels. Gleich zu Beginn des Abends gewebter Textilien. Die textilen Kunstwerke stammen aus der nahm die Kindertanzgruppe «Bühnentiger» unter Leitung von Zeit vom 4. Jh. v. Chr. bis um 1800, aus Europa, dem Vorderen Karin Hermes die grosse Bühne in Beschlag und zeigte einen Orient und dem Gebiet der Seidenstrassen. Die Abegg-Stiftung ersten Ausschnitt aus ihrem Stück «Das besitzt zudem eine Sammlung von bil- Geheimnis der beiden Teppichweber», dender und angewandter Kunst dersel- dezent begleitet von Saxofonklängen von ben Epochen. Zu den Hauptaufgaben Till Grünewald. Danach hiess Burgerge- Der Kulturpreis der Abegg-Stiftung gehört der Betrieb meindepräsident Rolf Dähler die zahl- ihres Museums. Nebst der Dauerausstel- Jedes Jahr verleiht die Burgergemeinde reich erschienen Gäste willkommen. Der lung zeigt es in Sonderausstellungen im- Bern den Kulturpreis. Die mit 100 000 Fr. Präsident der Kulturkommission, Georg mer wieder andere Teile seiner Schätze. dotierte Auszeichnung gilt als eine der Pulver, gab anschliessend die diesjähri- Die Abegg-Stiftung unterhält aber auch grössten in der Schweiz. Im Zentrum ste- ge Preisträgerin bekannt. Anschliessend ein international renommiertes Atelier hen Institutionen oder Aktivitäten aus Be- hielt Jakob Messerli, Direktor des Berni- für die Konservierung und Restaurie- reichen wie Theater, Ballett, Musik / Kon- schen Historischen Museums, eine sehr rung von Textilien, wo, in Zusammen zerte, Literatur und bildende Kunst. persönliche Laudatio auf die Abegg- arbeit mit der Berner Fachhochschule, Stiftung. Ausgehend von einer Berg- Text inklusive Bildergalerie: Fachkräfte auf Bachelor- und Master- wanderung im Piemont, welche nach medaillon.bgbern.ch/kulturpreis2016 Stufe ausgebildet werden. 15
medaillon nr. 26, november 2016 Haus am Tavelweg 8 aus Dornröschenschlaf erwacht Die sanierte Liegenschaft erstrahlt in neuem Glanz mit altem Charme Erstrahlt wieder in neuem Glanz: das Haus am Tavelweg 8 Die denkmalgeschützte Liegenschaft am Tavelweg 8 im Zent- Lösung ist. An der alten Bausubstanz liess sich zudem schon rum von Muri, welche die Burgergemeinde Anfang Jahrtau- im Vorfeld ablesen, dass das Haus ursprünglich von mehre- send durch eine Schenkung erhielt, erstrahlt nach ihrer notwen- ren Parteien bewohnt worden war. Das Berner Architektur- dig gewordenen Sanierung wieder in neuem Glanz. Im Rahmen büro 3B-Architekten AG bekam den Zuschlag zur Realisie- des aufwändigen Umbaus wurde nicht nur das historisch wert- rung des Bauprojekts. Von Beginn an dabei war die volle Gebäude erhalten, sondern wurden in ihm auch zwei mo- Denkmalpflege des Kantons Bern. Wegen der historischen derne Wohneinheiten erstellt. Anfang November konnten zwei Bedeutung der Liegenschaft leistete diese einen finanziellen Familien das stillvolle Gebäude beziehen. Projektbeitrag. Im dreistöckigen Gebäude wurden schliess- lich zwei einzigartige Maisonettewohnungen erstellt, in wel- TEXT: CHRISTOPHE CHATELET; BILD: RETO WIRZ chen nun ein gelungenes Zusammenspiel von Alt und Neu Im Jahr 2001 wurde die Burgergemeinde Bern durch eine herrscht: Die modernen Wohnmodule Küche, Bad und Trep- Schenkung Eigentümerin der Muriger Liegenschaft. Als die penaufgänge harmonieren mit historischen Bauelementen Domänenverwaltung 2010 Zutritt zum Gebäude erhielt, bot wie wertigen Parkettböden, wandhohen Täfer-Paneelen oder sich vor Ort ein märchenhaftes Bild. Die Zeit schien im Ende originalen Kachelöfen. des 19. Jahrhundert erbauten Haus stehen geblieben zu sein. Es zeigte sich jedoch schnell, dass eine Sanierung notwendig Aufwertung des Gartens ist. Die Sanitär-, Heizungs- und Elektroinstallationen muss- Der grosse Gartenbereich war ursprünglich unterteilt in einen ten von Grund auf neu erstellt werden, dies unter Einhal- Gesellschafts- und einen Nutzgarten für Gemüse und Kräuter. tung der Auflagen seitens der kantonalen Denkmalpflege. Die jetzige Instandstellung des in den letzten Jahrzehnten völ- Da die Liegenschaft bereits mehrere Jahre leer gestanden lig verwilderten Gartens folgte dem historischen Konzept – in hatte, wurde das Haus zudem bauphysikalisch gründlich un- moderner Interpretation. Der frühere Nutzgarten hinter dem tersucht. Die umfangreichen Sondierungen brachten denn Haus wurde neu für beide Parteien angelegt, die hölzerne Spa- auch erhebliche Schäden zutage, welche weiter aufwändige lierwand zur Nachbarparzelle originalgetreu erstellt und be- Sanierungsmassnahmen am Gebälk, Dach und Mauerwerk pflanzt. Der historische Gesellschaftsgarten bietet nun beiden zur Folge hatten. Den Reiz des Hauses trotz aller anstehen- Wohnparteien einen Gemeinschaftsteil, hier steht auch der alte den Eingriffe zu erhalten, stellte eine grosse Herausforde- Schalenbrunnen. Weiter wurden wohnungsbezogene, private rung dar. Aufenthaltsplätze realisiert. Mit der Sanierung am Tavelweg 8 ist es gelungen, bewuss- Ein Fall für den Bereich Immobilienprojekte tes Engagement für den Erhalt historischer Bausubstanz mit Das anspruchsvolle Bauprojekt wurde durch den Fachbereich wirtschaftlichen Grundsätzen in Einklang zu bringen, dies Immobilienprojekte der Domänenverwaltung geleitet. Die gemäss aller Kosten- und Terminvorgaben. Sowohl der ur- dort erstellte Potenzialanalyse ergab, dass die Realisierung sprünglichen Schenkungsabsicht, welche den Erhalt der Lie- zweier Familienwohnungen mit gro- genschaft ins Zentrum stellte, als auch ssem Gartenbereich wirtschaftlich und Text im Web: der Erfüllung moderner Wohnbedürf- gesellschaftlich die langfristig optimale medaillon.bgbern.ch/tavelweg8 nisse konnte entsprochen werden. 16
medaillon nr. 26, november 2016 Nichts ist so beständig wie der Wandel Das Burgerliche Jugendwohnheim unterstützt neu vor Ort Das Burgerliche Jugendwohnheim wird künftig dezentral tätig. Das Burgerliche Jugendwohnheim und vormalige Burgerliche Wie sieht die Institution bald aus? Waisenhaus betreut, unterstützt und begleitet seit über 250 Die Dienstleistungen werden nicht mehr nur an einem Stand- Jahren Kinder und Jugendliche. Nun stehen grössere Verände- ort erbracht. So nutzt die Institution schon jetzt kaum mehr rungen an, denn das Burgerliche Jugendwohnheim wird ab die Hälfte seiner Gebäulichkeiten in der Schosshalde, welche kommendem Jahr das neue Konzept «Sozialraumorientierung» daher weitgehend fremdvermietet sind. Da die Familien un- umsetzen. Es soll Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene terstützt werden sollen, eigenständig ihre Erziehungsauf befähigen, selbstgesteckte Ziele erfolgreich umzusetzen. Dies gaben zu übernehmen, werden die betroffenen Kinder und hat zur Folge, dass sich die Institution dezentralisiert und vor Jugendlichen vermehrt in ihren angestammten Familien le- Ort in den «Sozialräumen», den Gemeinden und ihren Quartie- ben, wo sich auch ihr «natürlicher» Lebensmittelpunkt befin- ren, tätig wird. Der Ansatz kommt an verschiedenen Orten be- det. Nur bei Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugend- reits zur Anwendung, die Resultate sind positiv. lichen erfolgt die externe Unterbringung unter Einbezug der betroffenen Eltern. TEXT: BERNHARD KUONEN; BILD: ZVG Das Burgerliche Jugendwohnheim, welches Kinder, Jugend Der Wille des Klienten ist zentral liche und junge Erwachsene berät, betreut, begleitet und un- Mit dem Konzept der «Sozialraumorientierung» stellt sich terstützt, ist in zwei Bereiche aufgeteilt. Das SAT-Projekt legt die Institution innovativ den aktuellen Herausforderungen seinen Schwerpunkt auf Jugendlichen und jungen Erwachsene, in der Familien- und Sozialhilfe. Nachfolgende Neuerung welche selbstständig wohnen. Am Standort «Schosshalde» bringt die Sozialraumorientierung weiter mit sich: Die werden vorwiegend Kinder und deren Familien betreut, hier Dienstleistungen werden wohnortsnah erbracht. Die Mitar- stehen auch stationäre Plätze zur Verfügung. Der Fokus auf beitenden evaluieren Ressourcen und Besonderheiten vor beide Klienten-Zielgruppen bleibt weiterhin bestehen. Ort, um ihre Klienten gezielt unterstützen zu können. Das neu ausgerichtete Burgerliche Jugendwohnheim wird seine Förderung von Selbstständigkeit Dienstleistungen in den Sozialräumen im Osten der Agglo- Der eigentliche Wandel in der Strategie des Burgerlichen meration Bern anbieten und einzelne Teams dort stationieren, Wohnheims besteht in der Vermittlung von individueller «Hil- so in Bern-Ost, Ostermundigen, Muri, Ittigen und München- fe zur Selbsthilfe», und zwar umfassender und wirkungsvoller buchsee. als bisher. Diese soll Menschen in schwierigen Lebenssituatio- «Der Wille des Klienten ist zentral», lautet ein wichtiger nen, wie etwa Alleinerziehenden oder gefährdeten Kindern, Aspekt der Sozialraumorientierung, da nichts stärker ist, als auf zeitgemässe Art helfen, ihr Leben wieder selbst in die Hand der eigene Wille und selbstgewählte Ziele. Sie sind Vorausset- zu nehmen. Kinder und Jugendliche sollen wieder oder erst- zung, dass angestrebte Veränderungen erreicht werden kön- mals mit selbstständiger Lebensbewältigung vertraut gemacht nen und von Dauer sind. Das neue Konzept sieht vor, dass sowie Eltern (wieder) Erziehungskompetenzen gegeben wer- sich die Mitarbeitenden zur Effizienzsteigerung mehr denn je den: dass sie neu lernen, Grenzen zu setzen oder Normen zu mit externen Fachstellen aktiv vernetzen. Sie werden zur Er- vermitteln, was Freizeitverhalten, Medienkonsum oder Um- langung der notwendigen Kompetenzen und methodischen gang mit Geld ihrer Kinder betrifft. Fertigkeiten in internen Schulungen unterstützt. 17
medaillon nr. 26, november 2016 Zwei Berufsporträts Von Paragraphen zur grossen Berufung Marc Fermaud – immer zu Hilfe Die Burgergemeinde Bern beschäftigt in ihren Institutionen stellt wie er. Nach der Lehre im Wunschberuf Schreiner trat der und Verwaltungsabteilungen 495 Mitarbeiterinnen und Mitar- heute 62-Jährige direkt eine Stelle beim Naturhistorischen Mu- beiter in über 30 Berufsgattungen. Zudem bildet sie 30 Ju- seum Bern an, wo er unter anderem Vorbauten anfertigte oder gendliche aus. Zwei Mitarbeitende der Burgergemeinde ge- Ausstellungsvitrinen baute. Zu seinen Aufgaben als Betriebs- ben Einblick in ihren Tagsablauf. schreiner gehörte auch Aussergewöhnli- ches, etwa einen Elefanten häuten und TEXT: NANUSCHKA BOLEKI; BILDER: MARTIN Ich lebe gerne gut und die Haut im Pferdetransporter zu ver- GRASSL frachten – ja, wieso nicht! Er ist der Bur- möglichst gemütlich, wie Marc Fermaud wirkt hinter den Kulis- gergemeinde treu geblieben, denn als sen der Burgerkanzlei als «Mädchen für mein Kater Sämu. Offizial hat er ab 1984 seine Berufung ge- Alles», oder wie er sagt: «Dr chunnsch funden. mir z’Hilf». Während Anlässen auf der Im November 2017 wird Marc pensio- Bühne wirkt er im Ornat gekleidet als Offizial, seiner eigentli- niert, Angst vor Langeweile hat er nicht. «Ich lebe gerne gut chen Berufsbezeichnung. Auch nach all den Jahren liebt er und möglichst gemütlich, wie mein Kater Sämu», sagt er mit seine Arbeit, denn «sie ist vielseitig und spannend». Er ist Or- einem schelmischen Lächeln. Dennoch wird er vor allem die ganisator, Koordinator, Administrator, Postverwalter, Dru- tollen, spannenden Menschen, Mitarbeitenden und Behör- cker-Experte und vieles mehr. Kurz, er weiss wie der Hase in den, mit denen er in Kontakt war, vermissen. Aber er blickt der Kanzlei läuft. auch mit einem lachenden Auge in die Zukunft. «Endlich Zeit Marc Fermaud gehört in der Burgergemeinde schon fast haben! Am Morgen im Wintergarten hocken, Kaffee trinken zum Inventar, ist er doch schon seit 1974 leise und zielstrebig und Zeitung lesen und nicht ständig auf die Uhr schauen müs- dabei. Fast niemand ist so lange bei der Burgergemeinde ange- sen, weil man ja noch dies und jenes sollte», freut er sich. Auch 18
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