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Mehr Wildnis wagen Entwicklung von Wildnisgebieten in Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein. Der echte Norden.
Wildnisgebiete sind — im Idealfall — ausgedehnte, ursprüngliche und vom Menschen weitgehend unbeeinflusste Naturland schaften, in denen natürliche Prozesse ungestört ablaufen können.
Inhalt Vorwort 5 1. Was meinen wir heute mit Wildnis? 7 2. Warum brauchen wir Wildnis? 8 3. Auf welcher Grundlage schützen wir Wildnis 13 und welche Ziele verfolgen wir dabei? 4. Welche Eignungskriterien müssen 15 Wildnisgebiete erfüllen? 5. Menschliche Nutzungen in Wildnisgebieten: 19 Was ist vereinbar, was unvereinbar? 6. Welche Gebiete bzw. Biotopkomplexe 22 wurden in Schleswig-Holstein auf Ihre Eignung als Wildnisgebiet geprüft? 7. Aktueller Stand: Welche Wildnisgebiete 23 gibt es bereits in Schleswig-Holstein? 8. Weitere Umsetzung: In welchen Modell- 31 gebieten soll die Wildnisentwicklung prioritär vorangetrieben werden? 9. Wildnis als langfristige Gemeinschaftsaufgabe: 40 Wo liegen die zukünftigen Handlungsschwer- punkte und wer kann wie aktiv werden? 10. Resümee: Mehr Wildnis wagen in 42 unserer Kulturlandschaft! Literatur 44 Impressum 47 3
Totholz gehört zur natürlichen Dynamik in einem intakten Wald. Es bietet vie- len Arten Nahrung und Lebensraum. Foto: Dr. Henning Thiessen
V Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, Zwei Prozent Wildnis in Schleswig-Holstein, so lautet das gesetzliche Ziel, das doch eigentlich problemlos zu erreichen sein sollte. Fast täglich begegnet einem das Thema in den Medien. Doch wenn es konkret werden soll, stellt sich die Erreichung dieses Ziels schwieriger als erwartet dar. Der Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer ist in großen Teilen Wildnis. Hier- von können Bereiche, die zum terrestrischen Teil Schleswig-Holsteins gehören, in die Berechnung des Zwei-Prozent-Ziels eingehen. Auch an der Frage, wie groß Wildnisflächen sein müssen, da- in denen teilweise noch Maßnahmen zur Wieder Das Wilde Moor bei mit Natur dort Natur sein kann, also möglichst vernässung durchgeführt werden, die auch dem Schwabstedt trägt das Wildnisziel bereits ungestörte natürliche Prozesse ablaufen können, Klimaschutz zugutekommen. All diese Gebiete im Namen. Foto: scheiden sich die Geister. Aus ökologischer Sicht sollen entsprechend ihrer unterschiedlichen Jürgen Gemperlein gilt: Je größer die Flächen, umso besser. Im Ausdehnung vom kleinen Prozessschutzgebiet Rahmen der Nationalen Biodiversitätsstrategie bis zum großen Wildnisgebiet die verschiede- wurden daher 500 bis 1.000 Hektar als Mindest- nen Ziele ungestörter Naturentwicklung erfüllen. größe festgelegt. Die lang anhaltenden land- schaftlichen und standörtlichen Veränderungen Dies zeigt diese Broschüre auf, ebenso wie die haben jedoch dazu geführt, dass natürliche, un- Erkenntnis, dass für eine ökologisch sinnvolle gestörte Natur nur noch sehr eingeschränkt und und ethisch verantwortliche „Übergabe“ von meist sehr kleinflächig vorhanden ist. Außerdem Gebieten in eine natürliche, möglichst ungestör soll Natur, sollen auch Wildnisgebiete mit den te Entwicklung zur Natur noch weitere Schritte in ihnen stattfindenden natürlichen Prozessen erforderlich sind. grundsätzlich für alle erlebbar und umweltpäda gogisch nutzbar sein. Vor diesem Hintergrund sind in Schleswig-Hol stein, dem Bundesland mit dem größten Anteil an landwirtschaftlicher Fläche und dem gering- sten Waldanteil, durch das Landesamt für Land Kornelius Kremkau wirtschaft, Umwelt und ländliche Räume bislang etwa 220 Wildnis- und Wildnisentwicklungs Leiter der Abteilung Naturschutz und Forst des gebiete ermittelt worden. Sie reichen von nur Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und 20 Hektar großen Naturwäldern bis hin zu meh- ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein reren hundert Hektar großen Moorkomplexen, (LLUR) 5
1 Was meinen wir heute mit Wildnis? ßen eine sich auf ehemals genutzten Flächen neu entwickelnde Wildnis, die sogenannte W sekundäre Wildnis, mit ein – mag sie vielerorts ildnisgebiete sind – im Idealfall – ausge aufgrund der inzwischen veränderten Standort dehnte, ursprüngliche und vom Menschen bedingungen, z. B. im Hinblick auf den Wasser weitgehend unbeeinflusste Naturlandschaften, haushalt oder die Nährstoffversorgung, auch in denen natürliche Prozesse ungestört ablaufen mit der hier ursprünglich vorhandenen Wildnis können. nicht mehr identisch sein. Dem Wildnisschutz kommt damit eine Doppelaufgabe zu: Zum einen Wildnis ist damit das Pendant zu der in Mittel– die Bewahrung der noch vorhandenen Wildnis europa vorherrschenden, über Jahrhunderte relikte, zum anderen die Förderung von „neuer gewachsenen Kulturlandschaft, in der der Mensch Wildnis“ im Sinne eines dynamischen und Bittersüßer Nachtschatten – durch gezieltes Eingreifen maßgeblich steuert, ergebnisoffenen Prozesses (sog. rewildering). Foto: Jürgen Gemperlein welche natürlichen Prozesse und Entwicklungen in welchem Maße möglich sind. Durch diese überprägende Einflussnahme in einem so gro- ßen Teil unserer Landschaft sind es die wenigen verbliebenen Wildnisgebiete, denen eine beson dere Bedeutung als wichtiges Refugium sowohl für gefährdete Arten und Lebensgemeinschaften als auch für natürliche Prozesse und Wirkungs gefüge zukommt. Global betrachtet denken wir bei Wildnis zumeist an sehr große Gebiete, wie die Tundra in Sibirien oder den Regenwald im Amazonas-Gebiet, bei denen bisher nie eine nennenswerte Beeinflus sung durch den Menschen stattgefunden hat. Da es solche Gebiete aber in Mitteleuropa nicht mehr gibt, müssen wir den Wildnisbegriff hier folglich etwas abgewandelt auffassen, um ihn im Bereich des Naturschutzes sinnvoll und zukunfts gerichtet anwenden zu können: Wildnisgebiete schließen hier sowohl die wenigen verbliebenen nie nennenswert genutzten Landschaftsaus schnitte, wie z. B. unzugängliche Auwälder, als auch die aus der menschlichen Nutzung heraus genommenen Bereiche von ausreichender Größe, die nun einer weitestgehend natürlichen Entwicklung überlassen werden, mit ein. Damit beschränken wir Wildnis in unserer an Nasse, dichte Auwälder zählen aufgrund ihrer Unzugäng thropogen geprägten Landschaft bewusst nicht lichkeit zu den letzten ursprünglichen Wildnisgebieten Europas. Foto: Jürgen Gemperlein auf die ursprüngliche Wildnis, sondern schlie- 7
2 Warum brauchen wir Wildnis? „Die Wildnis ist es, die die Welt bewahrt.“ Henry David Thoreau D as aktuelle Bewusstsein für den hohen Stellenwert von Wildnis entspringt keiner aus vergangenen Zeiten wiedererweckten romanti- schen Verklärung der Natur. Vielmehr resultiert es aus dem gesamtgesellschaftlich zunehmen- den Verantwortungsbewusstsein für unsere natürlichen Lebensgrundlagen und dem immer Wildnis auf den zweiten Blick – ungestörte Waldflächen größer werdenden Wissen um die zahlreichen bieten vielen Arten, wie hier einem Waldkauz, Brut- und vielschichtigen Vorteile für die Gesellschaft, und Rastplätze. Foto: Joachim Arp in der Fachsprache als „Ökosystemleistungen“ bezeichnet, die mit intakter Wildnis einhergehen. sie z. B. mit dem Klimawandel einhergehen, steigt. Auf sie soll nachfolgend näher eingegangen Denn sind innerhalb einer Art entscheidende werden. Merkmale und Eigenschaften unterschiedlich ausgeprägt, steigt die Chance, dass zumindest Ökologie Ökonomie Teile ihrer Populationen mit den geänderten Bedingungen umgehen können und die Art somit insgesamt weiter bestehen kann. Wildnis gebiete haben also eine enorme Bedeutung als Wildnisschutz: Rückzugsräume, in denen Anpassungsprozesse Ethik bedeutend aus vielen Erholung und auf lange Sicht schließlich auch Evolution Perspektiven weitestgehend ungestört von menschlichen Eingriffen ablaufen können. Gerade zum Erhalt der genetischen Vielfalt und Forschung Umweltbildung damit letztlich der Überlebensfähigkeit einer Art ist es wichtig, dass ein Austausch zwischen verschiedenen (Teil-)Populationen stattfinden Die Perspektiven Ökologie: kann. Ihre Lebensräume müssen also miteinan des Wildnis Wildnis zu schützen bzw. wieder zuzulassen, der vernetzt sein. Wildnisgebiete sind somit schutzes – Foto: dient unmittelbar der Erhaltung der biologischen dann besonders wertvoll für den Naturhaushalt, Dr. Thomas Vielfalt auf allen hierfür bedeutsamen Ebenen: wenn sie keine „isolierten Wildnisinseln“ in Holzhüter Neben der Vielfalt an Lebensräumen wird auch der Landschaft darstellen, sondern Teil eines die Artenvielfalt und die genetische Vielfalt Lebensraumnetzwerks ohne unüberwindbare innerhalb der Arten gefördert. Eine hohe gene- Ausbreitungsbarrieren für Arten, wie vielbefah- tische Vielfalt ist hierbei deshalb von Bedeutung, rene mehrspurige Straßen, sind und damit zur da durch sie die Anpassungsfähigkeit einer Art Stärkung des Biotopverbunds beitragen (siehe an sich verändernde Umweltbedingungen, wie hierzu Kapitel 3 und 4). 8
Insbesondere intakte und ungestörte Feuchtge biete, wie z. B. Moore oder Flussauen, können außerdem durch ihre natürliche Filter- bzw. Reini gungsleistung die lokale Wasserqualität erheb- lich verbessern. Darüber hinaus haben sie eine positive Wirkung auf das lokale Klima: Ihre küh- lende Wirkung auf die Umgebung ist gerade in Hitzesommern nicht nur ein Segen für Flora und Fauna, sondern durchaus auch für uns Menschen. Ökonomie: Wildnisgebiete wirken sich nicht nur auf das lokale Klima in ihrer Umgebung positiv aus, auch im globalen Maßstab können sie einen wichti- gen Beitrag zum Klimaschutz leisten – und das im Vergleich zu anderen Klimaschutzmaßnahmen sogar unter ökonomischen Aspekten äußerst effizient. So können durch die Wiederherstellung intakter Wälder und Moore der Atmosphäre drainierten Moorstandort können beispielweise Totholz gehört zur große Mengen CO2 entzogen und in den Böden jährlich ca. 24 Tonnen CO2-Emissionen pro natürlichen Dynamik und in der Vegetation eingelagert werden. Das Hektar zusammenkommen (LLUR 2015). Das in einem intakten Wald. Es bietet vie- größte und zugleich kostengünstigste Klima entspricht in etwa dem CO2-Ausstoß, den ein len Arten Nahrung schutzpotenzial haben dabei die Moore. Zum neuer Pkw im bundesweiten Gesamtdurchschnitt und Lebensraum. Vergleich: Moore bedecken nur etwa 3 Prozent auf ca. 150.000 km Fahrtstrecke verursacht (vgl. Foto: Hans-Joachim der weltweiten Landfläche, sie speichern jedoch Abteilung Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes Augst doppelt so viel Kohlenstoff (ca. 550 Milliarden 2020). Die Wiedervernässung von Mooren ist Tonnen) wie alle Waldflächen der Erde, die demnach die wirksamste und ökonomisch effi- zusammen ca. 30 Prozent der weltweiten Land zienteste Maßnahme im Bereich des biologischen fläche bedecken (Drösler et al. 2011, Joosten Klimaschutzes. Abhängig von Art und Umfang Wiedervernässte et al. 2013, Statista 2021). Diese CO2-Speicher der hierfür erforderlichen Einzelmaßnahmen Moore, wie hier das funktion haben Moore jedoch nur in ihrem lässt sich diese bereits für Kosten von deutlich Dosenmoor, ver- binden den Wildnis ursprünglichen, nassen Zustand. Entwässerte weniger als Hundert Euro je Tonne eingelager- gedanken mit den Moore hingegen geben enorme Mengen des in tes CO2 realisieren. Und dafür gibt es nicht nur Klimaschutzzielen. ihnen gespeicherten Kohlenstoffs in die Atmos einen wirksamen Kohlenstoffspeicher, sondern Foto: Dr. Henning phäre ab – auf einem als Ackerfläche genutzten auch wieder ein wildes Moor. Thiessen 9
unserer heimischen Wildnis? Gerade in ländli chen Regionen kann ein auf die Belange des Wildnisschutzes abgestimmter „sanfter“ Touris mus so zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor werden, wie sich schon heute im Bereich der Nationalparke beobachten lässt. Wildnis ist also ein stärkendes Element für den weiteren Ausbau des Natur- bzw. Ökotourismus. Erholung: Auch außerhalb des Urlaubs suchen immer mehr Menschen in ihrer Freizeit das Kontrastprogramm zu ihrem zunehmend von Digitalisierung und einer schneller getakteten Arbeitswelt geprägtem Alltag: offline, draußen, entschleunigt. In Wild nisgebieten kann man Ruhe und Entspannung finden und gleichzeitig Pflanzen und Tiere in ihren natürlichen Lebensräumen erleben. Die Gegenwart von Natur steigert nachweislich das eigene Wohlbefinden. Das sieht auch die große Mehrheit der Deutschen so: In der bundeswei- Intakte, wilde Fluss- Neben dem Klimaschutz leisten intakte Wildnis ten Naturbewusstseinsstudie des Bundesum auen tragen auch gebiete auch in anderen volkswirtschaftlich weltministeriums aus dem Jahr 2015 gaben zur Abmilderung relevanten Bereichen einen enormen Beitrag: 94 Prozent der Befragten an, dass die Natur zu von Hochwasser So tragen intakte Naturlandschaften an Bächen einem guten Leben dazu gehört (voll und ganz: ereignissen bei. Foto: Dr. Henning und Flüssen entscheidend zum Hochwasser 69 Prozent, eher: 25 Prozent). Thiessen rückhalt bei und vermeiden damit enorme finanzielle Schäden. Ihre zuvor bereits erwähnte Die wilde Natur war seit jeher auch eine bedeu- Filter- und Reinigungsleistung ist natürlich auch tende Inspirationsquelle für künstlerisches im wirtschaftlichen Sinne bedeutsam: Ohne sie Schaffen – sei es in der Malerei, der Literatur müsste vielerorts eine teure Aufbereitung unse- oder der Musik. Vivaldis Meisterwerk „Die vier res Trinkwassers erfolgen und es wären noch Jahreszeiten“ oder der weltbekannte Abenteuer mehr aufwendige technische Methoden erforder roman „Der Ruf der Wildnis“ von Jack London lich, um Schadstoffe und Stäube aus der Luft zu sind nur zwei von unzähligen Beispielen hierfür. filtern. Auch die Landwirtschaft kann unmittelbar von Wildnisgebieten profitieren: Sie ist auf die Umweltbildung: Bestäubungsleistung von Insekten angewiesen, Die Zusammenhänge in der Natur sind komplex die jedoch sowohl hinsichtlich ihrer Artenvielfalt – genau wie die Auswirkungen unseres Handelns als auch ihrer Häufigkeit in den letzten Jahr auf die Natur. Für beides ein höheres Verständ zehnten drastisch zurückgegangen sind. Wild nis zu schaffen ist wichtig, um unsere Natur bes- nisgebiete leisten ihren Beitrag dazu, diesem ser schützen zu können. Das fängt bestenfalls äußerst bedenklichen Trend entgegenzuwirken, schon im Kindesalter an. Wildnisgebiete eignen indem sie ungestörte geeignete Lebens- und sich besonders, um bei Kindern den Abenteuer- Fortpflanzungsstätten für Insekten bieten. Folg und Forscherdrang zu wecken und ihnen spie- lich ist auch in ihrem Umfeld mit einem höheren lerisch die Natur näherzubringen, sodass eine Insektenvorkommen und somit einer höheren emotionale Bindung zur sie umgebenden Natur Bestäubungsleistung zu rechnen. entsteht. Durch eine kindgerechte Umweltbil Junger Eisvogel – dung kann vermittelt werden, dass Wildnis nichts Foto: Joachim Arp Ein weiterer Wirtschaftszweig, der einen unmit Unheimliches ist, vor dem man sich fürchten telbaren monetären Nutzen aus einer Förderung muss, sondern etwas Faszinierendes, das sich von Wildnis ziehen kann, ist der Tourismus: zu entdecken und erleben lohnt. Wenn dieses „Outdoor” boomt und natur- und klimaverträg Grundgefühl mit ins Erwachsenenalter getragen liche Tourismusangebote werden immer mehr werden kann, ist ein bedeutender Schritt getan, nachgefragt. Was wäre da geeigneter als vielfäl um der heute vielbeklagten Entfremdung von tige Möglichkeiten zum Erkunden und Erleben der Natur entgegenzuwirken. 10
Auch bei Erwachsenen kann ein informatives und zugleich erlebnisorientiertes Umweltbildungs angebot viel bewirken: Je mehr wir verstehen von den natürlichen Prozessen und verwobenen Wechselwirkungen in der Natur und je mehr wir kennen lernen von ihrer faszinierenden Vielfalt, desto größer wird unser Bewusstsein dafür, welch weitreichende Auswirkungen – auch ver- meintlich kleine – Eingriffe in die Natur haben können und auf welch vielschichtige Weise wir Menschen eigentlich von intakter Wildnis profitieren. Dieses erweiterte Wissen und die engere Bindung zur Natur bilden die Grundlage dafür, dass sich jede/r Einzelne bewusst dafür entscheiden kann, seine/ihre Einstellung, Verhal tensweisen und Gewohnheiten zu verändern. Wildnis: Idealer Ort für Naturerleben — Foto oben: Grünes Binnenland/photocompany, Somit hat Umweltbildung insgesamt eine wich- ... und Umweltbildung — Foto unten: Integrierte Station Holsteinische Schweiz tige Anstoß- und Aufklärungswirkung mit dem übergreifenden Ziel zu lernen, bewusster und behutsamer mit unseren natürlichen Lebens grundlagen umzugehen – getreu dem Motto: Nur was wir kennen, können wir schätzen lernen. Und nur was wir schätzen, schützen wir auch. Forschung: Wildnisgebiete sind für die Forschung in vieler- lei Hinsicht von großem Interesse. In ihnen lässt sich beispielsweise untersuchen, wie sich die Artenzusammensetzung oder die Prozessab läufe unter den Bedingungen des Klimawandels in vom Menschen nicht genutzten Gebieten verändern. Welche Formen der Anpassung wird es geben und in welchen Ausgestaltungen, in welchen Zeiträumen und mit welchem Erfolg hinsichtlich der Widerstandsfähigkeit des Öko systems finden sie statt? Wie werden sich bedeut same Ökosystemleistungen von Wildnisgebieten wie z. B. die Kohlenstoffspeicherung unter geän derten klimatischen Bedingungen verändern? Die Erkenntnisse, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu diesen und vielen weiteren Fragestellungen liefern können, sind nicht nur für das tiefere Verständnis von Wildnisökosystemen von großem Interesse, sie lassen sich zum Teil auch auf vom Menschen genutzte Ökosysteme übertragen: So können Erkenntnisse zur Wider standsfähigkeit von Naturwäldern beispiels weise gegen massiven Borkenkäferbefall und zu den hier unter ungestörten Bedingungen statt findenden Abwehr- und Anpassungsprozessen dazu genutzt werden, um unsere heimische Waldwirtschaft naturnäher und zugleich wider- standsfähiger gegen im Zuge des Klimawandels zunehmende Störungen wie andauernde Trocken Entnahme von Moor-Proben — Foto: Angelika Bretschneider heit und Kalamitäten zu gestalten. 11
Ethik: Gesetz über Naturschutz und Landschafts Es klang bereits an, dass der Schutz bzw. das pflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG) Wiederzulassen von Wildnis heute nicht nur eine § 1 Ziele des Naturschutzes und der pragmatische, sondern auch eine gewichtige Landschaftspflege ethische Dimension hat. Je mehr wir die enorme Überprägung und Zerstörung der Natur welt- (1) Natur und Landschaft sind auf Grund ihres weit und in unserer unmittelbaren Umgebung eigenen Wertes und als Grundlage für Leben wahrnehmen, desto stärker besinnt sich unsere und Gesundheit des Menschen auch in Ver Gesellschaft glücklicherweise wieder auf unsere antwortung für die künftigen Generationen im gemeinsame Verantwortung, die wir für den besiedelten und unbesiedelten Bereich nach Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen haben. Maßgabe der nachfolgenden Absätze so zu Sumpfdotter- Diese Verantwortung manifestiert sich zum Bei schützen, dass blume — Foto: spiel darin, dass mit der Einführung des Artikels Jürgen Gemperlein 20a im Jahr 1994 Umweltschutz als Staatsziel 1. die biologische Vielfalt, im Grundgesetz verankert worden ist. 2. die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Artikel 20a Grundgesetz: Naturhaushalts einschließlich der Regenera Der Staat schützt auch in Verantwortung für tionsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungs die künftigen Generationen die natürlichen fähigkeit der Naturgüter sowie Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch 3. die Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie der Erholungswert von Natur und Landschaft die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende auf Dauer gesichert sind; der Schutz umfasst Gewalt und die Rechtsprechung. auch die Pflege, die Entwicklung und, soweit erforderlich, die Wiederherstellung von Natur und Landschaft (allgemeiner Grundsatz). In unserer globalisierten Welt wird auch die Verantwortung für den Schutz unserer Natur zu einer Frage der globalen Gerechtigkeit bzw. Fairness. Wenn wir beispielsweise von den Län dern Amazoniens, die einen deutlich geringeren Wohlstand haben als wir, fordern, dass weite Teile ihrer Landflächen weiterhin ursprünglicher Regenwald bleiben sollen, müssen gerade wir als wohlhabende Wirtschaftsnation auch unseren Beitrag leisten – und das nicht nur durch die Finanzierung von Naturschutzprojekten in ande- ren Erdteilen. Zum Schutz der globalen Vielfalt müssen auch wir unserer heimischen Natur ihren Raum lassen bzw. wieder zurückgeben. Gemes sen an dem, was wir von anderen erwarten, sollte Betreten unmöglich Hier wird beim Schutz der natürlichen Lebens ein Flächenanteil von zwei Prozent unserer — Wildnis garantiert: grundlagen auf die Verantwortung für die künf Landesfläche, auf dem wir wieder Wildnis zulas- Bruchwald am Selen tigen Generationen abgestellt. Nachfolgende sen (vgl. nächstes Kapitel), doch ein allemal ter See — Foto: Dr. Generationen sollen also keine schlechteren leistbarer Beitrag sein. Henning Thiessen Bedingungen hinsichtlich der Nutzung der natür lichen Ressourcen vorfinden als wir. Der Schutz der Natur um ihres Eigenwertes willen wird hier nicht genannt, durch die Einfügung „auch“ aber zu mindest angedeutet. Dieser Eigenwert der Natur als Schutzgrund wird hingegen explizit in § 1 Abs. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes benannt. 12
3 Auf welcher Grundlage schützen wir Wildnis und welche Ziele verfolgen wir dabei? B ereits im Jahr 1992 wurde in Rio de Janeiro im Rahmen einer Konferenz der Vereinten Nati onen das Übereinkommen über die biologische Vielfalt als völkerrechtlicher Vertrag geschlossen. Bis heute haben ihn 196 Staaten unterzeichnet, darunter Deutschland. Aus dieser Verpflichtung heraus wurde in Deutschland im Jahr 2007 vom Kabinett die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt verabschiedet. In dieser Strategie wurde das Ziel formuliert, dass sich bis zum Jahr 2020 die Natur auf zwei Prozent der Fläche Deutsch lands wieder nach ihren eigenen Gesetzmäßig keiten ungestört entwickeln und Wildnis entste hen kann. Dieses Ziel wurde im Jahr 2016 in das Landesnaturschutzgesetz (LNatSchG) des Landes Schleswig-Holstein übernommen. Hier heißt es in § 12 Satz 2: „Innerhalb des Biotopverbundes sollen mindestens zwei Prozent der Landes fläche zu Wildnisgebieten entwickelt werden.“ Der Suchraum zur Umsetzung des Zwei-Prozent- Wildnis-Ziels ist also die Flächenkulisse des Biotopverbundsystems, die wiederum laut § 12 Satz 1 LNatSchG mindestens 15 Prozent der Fläche des Landes umfassen soll. Der öffentliche Auftrag zum Wildnisschutz geht Der Naturwald im Speziell für den Lebensraum Wälder wurde in der darüber hinaus auch aus dem Bundesnatur Aukrug: Einer von 58 ausgewiesenen Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt ein schutzgesetz (BNatSchG) hervor. Hier heißt es Naturwäldern in Ziel formuliert, das über das allgemeine Zwei- in § 1 Absatz 3 Nr. 6: „Zur dauerhaften Sicherung Schleswig-Holstein Prozent-Wildnis-Ziel hinausgeht: Bis zum Jahr der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Natur — Foto: Dr. Henning 2020 soll der Flächenanteil der Wälder mit natür haushalts sind insbesondere […] der Entwicklung Thiessen licher Waldentwicklung (Waldwildnis bzw. Natur sich selbst regulierender Ökosysteme auf hierfür wald) fünf Prozent der gesamten Waldfläche geeigneten Flächen Raum und Zeit zu geben.“ betragen. In Schleswig-Holstein wurde dieses Ziel dahingehend konkretisiert, dass zehn Prozent der Basierend auf all den vorgenannten Zielsetzun Gesamtfläche aller öffentlichen Wälder (Staats- gen und Vorgaben wurde für Schleswig-Holstein und Körperschaftswald), die zusammen etwa vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und die Hälfte aller Waldflächen Schleswig-Holsteins ländliche Räume bis Ende des Jahres 2018 das ausmachen, aus der Bewirtschaftung genommen Fachkonzept „Wildnisgebiete in Schleswig- und zu Naturwäldern werden sollen (§ 6 Satz 3 Holstein“ erarbeitet, auf dessen Inhalte in den Landeswaldgesetz Schleswig-Holstein - LWaldG). folgenden Kapiteln noch näher eingegangen wird. 13
wir dafür Sorge tragen, dass die von uns aus- erkorenen Wildnisgebiete dauerhaft in ihrem Bestand gesichert werden. Dafür muss keine neue eigene naturschutzrechtliche Schutzge bietskategorie für Wildnisgebiete erschaffen werden. Dies würde für die meisten betreffen- den Flächen nur zu einer unnötig verkomplizie- renden „Doppelsicherung“ führen, da die bereits bestehenden Sicherungsinstrumente ein ausrei chendes Handwerkszeug bieten, um die Lebens räume bzw. Biotope, aus denen sich die Wild nisgebiete zusammensetzen, dauerhaft gegen erhebliche Beeinträchtigungen oder Zerstörung zu schützen. Zu diesen bereits bestehenden Sicherungsinstrumenten zählen vor allem: • der gesetzliche Biotopschutz, welcher im Bundes- und Landesnaturschutzgesetz sowie in der Landesverordnung über gesetzlich geschützte Biotope geregelt ist; • der Gebietsschutz, welcher im Zusammen hang mit Wildnisgebieten Naturschutzgebiete, NATURA 2000-Gebiete und den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer umfasst. Besonders an Grundsätzlich wird beim Wildnisschutz das über Steilküsten kann greifende Ziel verfolgt, natürliche Prozesse und man die natürliche natürliche Dynamik zu schützen bzw. wieder Dynamik hautnah erleben. Foto: zuzulassen. Wildnisschutz ist also in erster Linie Hans-Joachim Prozessschutz. Dies geht automatisch damit ein- Augst her, dass es hierbei keinen vorherbestimmten Zielzustand geben kann. Wildnis zu schützen heißt also einen dynamischen und ergebnis offenen Ansatz zu verfolgen – quasi der Natur ihren Lauf zu lassen – und in der Folge die sich einstellenden Prozesse und Zustände zu akzep- tieren wie die Natur sie geschaffen hat. Dies mag an der einen oder anderen Stelle eine Heraus forderung sein, da wir uns hinsichtlich unseres „landschaftspflegerischen“ Gestaltungswillens und unserer individuellen ästhetischen Vorstel lungen in Zurücknahme üben müssen. Mit dieser bewussten Zurücknahme drücken wir aber Wildnisgebiete werden nicht als eigene Schutzgebiets auch unseren Respekt vor der Natur aus, leisten kategorie gesichert, sondern z. B. durch ihren Status als Naturschutzgebiet. Foto: Hans-Joachim Augst einen wichtigen Beitrag zum Erhalt ihrer natür lichen Vielfalt und werden obendrein belohnt mit dem Erlebnis faszinierender Naturlandschaf Dort, wo diese Sicherungsinstrumente (noch) ten – die gerade auch deshalb so faszinieren, nicht greifen, wie z. B. bei der Erweiterung eines weil sie sinnbildlich für das Ungeplante und außerhalb der oben genannten Gebietskulissen Ungezähmte stehen. gelegenen Wildnisgebietes durch Bereitstellung Meersenf – Foto: zusätzlicher vormals anders genutzter Flächen Jürgen Gemperlein Allein schon aus Respekt vor der sich hier ent- (die dementsprechend noch nicht unter den faltenden Natur aber natürlich auch im Hinblick gesetzlichen Biotopschutz fallen), können zur auf die im vorangehenden Abschnitt zusammen Flächensicherung gesonderte Vereinbarungen getragenen zahlreichen Vorteile bzw. Ökosy mit den jeweiligen Eigentümern/Trägern abge- stemleistungen, die häufig erst auf lange Sicht schlossen werden oder entsprechende verbind- ihre Wirkung richtig entfalten können, müssen liche Selbstverpflichtungen abgegeben werden. 14
4 Welche Eignungskriterien müssen Wildnisgebiete erfüllen? Flächenbundesländer (Schutzgemeinschaft Deut scher Wald 2020) aufweist. Zudem ist zu berück O sichtigen, dass auf den für den Naturschutz zur b ein Gebiet als Wildnisgebiet eingestuft Verfügung stehenden Flächen nicht überall die werden kann oder zumindest die Eignung dafür Zielvorgabe Wildnis realisiert werden kann bzw. aufweist, hängt von einer Reihe verschiedener soll, sondern dass hier zum Schutz der Vielfalt Faktoren ab. an Lebensräumen und Arten das gesamte Spek trum bestehender Naturschutzansätze, also z. B. Mindestgröße auch extensive Beweidung oder gezielte Arten Wildnis wird oft mit unberührter Weite assoziiert schutzmaßnahmen und -programme, umgesetzt und so verwundert es nicht, dass die Mindest wird. Dementsprechend wären zusammenhän- größe für Wildnisgebiete ein viel diskutiertes gende Wildnisgebiete mit Mindestgrößen von Birkenporling – Foto: Kriterium ist. Hierbei geht es aber nicht vorder- 500 bzw. 1.000 Hektar kurz- und mittelfristig nur Jürgen Gemperlein gründig um das weite ungestörte Landschafts in einer so geringen Anzahl realisierbar, dass das bild, sondern um die Widerstands- bzw. Rege bereits genannte angestrebte Flächenziel von nerationsfähigkeit des Ökosystemkomplexes zwei Prozent der Landesfläche damit bei Weitem bezüglich Störungen (ökologische Resilienz). nicht erreicht werden könnte. Den besonderen Diese steigt grundsätzlich mit zunehmender Gegebenheiten in Schleswig-Holstein geschuldet, Sehr alte Bäume, die Gebietsgröße, da Einwirkungen von außen, die wurde daher hier eine Mindestgröße für Wildnis in forstwirtschaftlich sich prägend auf die Gebietsentwicklung aus gebiete von 20 Hektar festgelegt – analog zum genutzten Wäldern wirken könnten, besser ‚abgepuffert‘ werden Richtwert für die Mindestgröße von Naturwäldern nur selten zu finden können. Je nach räumlicher Betrachtungsebene in Schleswig-Holstein. Dies mag im ersten Augen sind, bieten zahlrei- chen Arten einen gibt es unterschiedliche Vorstellungen bzw. blick in Anbetracht der großen Abweichung von Lebensraum, z. B. Ansätze in Bezug darauf, wie groß Wildnisge den Ansätzen auf Europa- oder Bundesebene dem stark gefährde- biete mindestens sein sollen: Auf europäischer erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit solch ten Eremiten. Ebene wird z. B. von der Wild Europe Initiative verhältnismäßig kleiner Wildnisgebiete auslösen. Foto: Götz Heeschen eine Mindestgröße für die Kernzonen von Wild nisgebieten von 3.000 Hektar vorgeschlagen (Wild Europe Initiative 2013). Für Deutschland wurde seitens des Bundesumweltministeriums und des Bundesamtes für Naturschutz festgelegt, dass großflächige Wildnisgebiete im Sinne der „Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt“ vorzugsweise eine Größe von mindestens 1.000 Hektar, in flussbegleitenden Auwäldern, Mooren und an Küsten von mindestens 500 Hektar, auf weisen sollen (Bundesamt für Naturschutz 2015). Diese anvisierten Mindestgrößen 1:1 auf Schles wig-Holstein zu übertragen, ist nicht zielführend, da Schleswig-Holstein eine nahezu flächen deckende kulturlandschaftliche Nutzung und darüber hinaus mit 11 Prozent der Landesfläche den mit Abstand geringsten Waldanteil aller 15
auch kleinere Wildnisgebiete einen erheblichen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt und Schutzgebiets- und der Stärkung natürlicher Prozesse und Dynami Biotopverbundsystem ken leisten. Gleichwohl bietet Schleswig-Holstein (reg. Ebene) natürlich auch Raum für eine Reihe von Wildnis gebieten, die mehrere 100 Hektar groß sind, wie in den nachfolgenden Kapiteln noch im Einzelnen beschrieben wird. Nähere Informa tionen zum Schutzgebiets- und Biotopverbund system in Schleswig-Holstein finden sich unter www.schleswig-holstein.de/biotopverbund. Keine Zerschneidung Ein weiteres wichtiges Eignungskriterium für Wildnisgebiete ist, dass eine Zerschneidung, etwa durch breite Straßen mit hohem Verkehrs Schwerpunktbereich aufkommen, gar nicht oder lediglich in einem sehr geringen Umfang stattfindet. Verbundachse Wildnisgebiet Dementsprechend sind Gebiete, die von Auto Quelle: Esri, HERE, Garmin, Intermap, increment P Corp., bahnen, Bundesstraßen, Landesstraßen oder GEBCO, USGS, FAO, NPS, NRCAN, GeoBase, IGN stärker frequentierten Kreisstraßen durchkreuzt Wildnisgebiete als Bestandteil des landesweiten Schutzgebiets- und Biotop werden, als Wildnisgebiete per se ungeeignet. verbundsystems, hier am Beispiel Barkauer See. Darstellung: Landesamt für Die durch die Zerschneidung geschaffene Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein Fragmentierung der Lebensräume, die mit teils unüberwindbaren Wanderungs- bzw. Ausbrei Lage innerhalb des Schutzgebiets- und tungsbarrieren für zahlreiche Tierarten einher- Biotopverbundsystems geht, steht den Wildniszielen klar entgegen. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu berück Die Erheblichkeit der Auswirkungen von kleine- sichtigen, dass die schleswig-holsteinischen Wild ren, weniger stark befahrenen Straßen muss im nisgebiete nicht als isolierte, mehr oder weniger Einzelfall geprüft werden. Zudem können gerade kleine „Wildnisinseln“ verstreut in der Landschaft bei ‚schmaleren‘ Gebieten, etwa entlang von liegen bzw. liegen werden, da als weiteres Eig Fließgewässern, auch im Randbereich des jewei nungskriterium die Lage innerhalb des Schutz ligen Gebietes verlaufende Straßen so starke gebiets- und Biotopverbundsystems festgelegt negative Einflüsse unter anderem durch Lärm-, worden ist. Dadurch sind bzw. werden alle Wildnis Licht- oder Schadstoffemissionen auf das Gebiet gebiete wichtiger Bestandteil eines landesweiten ausüben, dass die natürliche Entwicklung zu Lebensraumnetzwerks. Durch diese Einbettung in großen Störungen unterliegt und eine Eignung einen großräumigen funktionalen Verbund können als Wildnisgebiet demzufolge nicht gegeben ist. Die ökologische Zerschneidungs wirkung von vielbe- fahrenen, mehrspu- rigen Straßen kann durch den Bau von Grünbrücken, wie hier bei Kiebitzholm an der A 21, redu- ziert werden. Foto: Volker Seifert 16
Keine Ressourcenentnahme Ein weiteres Eignungskriterium ist, dass in dem Gebiet keine Nutzung mehr stattfindet, bei der dem Ökosystem in signifikantem Umfang Ressourcen entnommen werden. Gemeint sind Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft und grund sätzlich jegliche Form von Nutztierhaltung. Veränderungen der Standortbedingungen und der Artenzusammensetzung Bei der Bewertung der Eignung als Wildnisge biet in Betracht zu ziehen sind darüber hinaus die bereits erfolgten Veränderungen der natür- lichen Standortbedingungen wie veränderte hydrologische Verhältnisse, Nährstoffeinträge und weitere anthropogene Stoffeinträge. Auch die Veränderung der Artenzusammensetzung ist zu beachten. Dies kann beispielsweise die durch die Forstwirtschaft bedingte Dominanz gebietsfremder Gehölzarten, wie etwa der Fichte oder Douglasie sein. Wie eingangs bereits erwähnt, sind die Standort bedingungen vielerorts so sehr verändert bzw. überprägt, dass eine ‚Rückentwicklung‘ zum ursprünglich hier vorhandenen Wildnisökosystem nicht mehr ohne Weiteres möglich ist. Teilweise Orchideen-Wiesen sind nicht wildnisgeeignet, da sie eine Pflege (Mahd/ kann durch initiale Entwicklungsmaßnahmen, Beweidung) benötigen, um auf Dauer fortzubestehen. Bei überregionaler wie z. B. Wiedervernässungsmaßnahmen in Bedeutung und nicht zu großflächiger räumlicher Ausdehnung können z. B. solche Orchideen-Bestände aber als sogenannte Pflegezonen in Wildnisge Mooren, erreicht werden, dass ehemals prägen bieten inbegriffen sein. Foto: Lisa Heise de Standortbedingungen – zumindest annähernd – wiederhergestellt werden. Dort, wo dies nicht möglich ist, käme ggf. die Entwicklung einer Flächen in Kernbereichen von potenziellen andersartigen sekundären Wildnis infrage, sofern Wildnisgebieten (weitgehender Wildnisbestand) sich trotz veränderter Standortbedingungen oder um besonders geeignete Wildnisentwick eine weitgehend natürliche Entwicklung einstel- lungsbereiche handelt. Für diese Flächen können len kann (also z. B. keine dauerhafte Entwässe somit Bemühungen unternommen werden, rung vorhanden ist). Dies ist im jeweiligen diese entweder durch Erwerb bzw. Tausch zu Einzelfall zu prüfen. sichern oder einen freiwilligen Nutzungsverzicht der Eigentümer zu erreichen – ggf. auch gegen Von großer Bedeutung für die praktische Um eine entsprechende Ausgleichsleistung (vgl. setzbarkeit der Wildnisentwicklung sind außer Ausführungen in Kapitel 8). dem die Eigentumsverhältnisse der betreffen den Flächen. Um eine möglichst zeitnahe Bei der Flächenauswahl zur Entwicklung von Moschusbock – Foto: Umsetzung der Wildnisziele zu erreichen und Wildnisgebieten ist darüber hinaus zu berück Jürgen Gemperlein die Wildnisgebiete bestmöglich zu sichern, wur sichtigen, dass vorhandene Kulturbiotope – wie den in Schleswig-Holstein vorrangig Gebiete der Name bereits verrät – grundsätzlich keine auf Umsetzbarkeit der Wildnisziele geprüft, die Wildniseignung aufweisen. Hierbei handelt es sich zu einem überwiegenden Teil im Eigentum sich um Biotope oder Biotopkomplexe, die für der öffentlichen Hand (Bund, Land, Kreise) oder den dauerhaften Erhalt ihrer typischen Charak im Besitz von Naturschutz-Stiftungen befinden. teristika auf aktive Naturschutzmanagement Flächen anderer Eigentümer wurden jedoch maßnahmen angewiesen sind. Beispiele hierfür auch in die ‚Suchkulisse‘ einbezogen, wenn diese sind Streuobstwiesen, extensiv genutzte – und in besonders geeigneten Bereichen liegen, wenn dadurch oft arten- und strukturreiche – Wiesen es sich also z. B. um die letzten noch benötigten und Weiden oder Heidestandorte. 17
ökologisch wertvollen Kulturbiotope vorhanden Darstellung des sind, grundsätzlich nicht für Wildnisentwicklung Prinzips der räumli vorzusehen. Sie können dennoch räumlich in chen Zonierung von Wildnisgebieten. Wildnisgebiete einbezogen werden, und zwar Grafik: Landesamt als sogenannte Pflegezonen. Dies sind einzelne für Landwirtschaft, Bereiche innerhalb der Wildnisgebiete, in denen Umwelt und ländli- zum Erhalt von regional besonders seltenen che Räume Schles oder wertvollen Kulturbiotopen ausnahmsweise wig-Holstein direkte menschliche Eingriffe in Form von Pflege maßnahmen zulässig sind. Ihr Flächenanteil soll insgesamt höchstens fünf Prozent der Gesamt fläche des jeweiligen Wildnisgebietes betragen und die erforderliche Pflege darf keine signifi- kanten Auswirkungen auf die natürliche Entwick lung im übrigen Wildnisgebiet haben. Grundsätzlich bestehen Wildnisgebiete konzep tionell neben den möglicherweise vereinzelt enthaltenen Pflegezonen aus Bereichen mit Wild nisbestand und/oder Bereichen zur Wildnisent wicklung. In den Wildnisbestandsbereichen sind Würde man sie ‚verwildern‘ lassen, sie also einer die in diesem Kapitel aufgezählten Eignungs natürlichen Entwicklung ohne jegliches Zutun kriterien bereits erfüllt, in den Wildnisentwick des Menschen überlassen, würden sich die be lungsbereichen hingegen besteht das Potenzial, treffenden Flächen langfristig zu ganz anderen dass diese Kriterien – auch durch Umsetzung Im Südteil des Biotoptypen (z. B. zu Wäldern) entwickeln. entsprechender Instrumente bzw. Maßnahmen Beltringharder Der Erhalt dieser oft selten gewordenen Kultur – in absehbarer Zeit erfüllt sein werden. Kooges ist der biotope ist jedoch sehr wichtig für den Erhalt Wildnisstatus bereits erreicht. der Vielfalt an Lebensraumstrukturen und der Günstig ist zudem, wenn diese Wildnisgebiete Foto: Jürgen auf sie angewiesenen Arten. Deshalb sind eingebettet in extensiv genutzte oder naturnahe Gemperlein Flächen, auf denen solche erhaltenswerten, Landschaftsteile liegen. 18
5 Menschliche Nutzungen in Wildnisgebieten: Was ist vereinbar, was unvereinbar? unvereinbar mit den Wildniszielen. Selbst eine naturnahe Waldbewirtschaftung mit selektiver G Holzentnahme oder eine reine Brennholzwer emäß § 12 des Landesnaturschutzgesetzes bung im größeren Umfang verändert das natür- Schleswig-Holstein soll sich in Wildnisgebieten liche Gefüge bereits zu sehr, um als ‚wildnis „die Natur weitgehend unbeeinflusst von kompatibel‘ eingestuft werden zu können. Für menschlichen Nutzungen entwickeln“ können. ‚Waldwildnis‘ sind daher die für Naturwälder festgelegten Kriterien anzuwenden (vgl. § 14 des Folgende Nutzungsformen, die zu einer Waldgesetzes für das Land Schleswig-Holstein). signifikanten Beeinflussung bzw. Beein trächtigung von Wildnisgebieten führen ò Fischereiwirtschaftliche Nutzung: würden, sind daher generell unvereinbar Die Nutzung von Gewässern durch gewerbliche Lerchensporn – mit den Wildniszielen: Fischerei (Berufsfischer) stellt ebenfalls einen Foto: Martina Kairies signifikanten Eingriff in das natürliche Gefüge, ò Landwirtschaftliche Nutzung: insbesondere in Nahrungsketten und die Arten Alle Formen der landwirtschaftlichen Nutzung, zusammensetzung, dar. Daher ist auch sie nicht wie Ackerbau, Grünlandbewirtschaftung und mit den Wildniszielen vereinbar. Nutztierhaltung, überprägen natürlicherweise vorkommende Biotope und sind auf die Entnah ò Erholungsnutzungen mit signifikanten me natürlicher Ressourcen angelegt, wodurch Störwirkungen: sie den Wildniszielen entgegenstehen. Grundsätzlich sollen Wildnisgebiete auch Raum für Erholung und Naturerlebnis bieten. Einige Formen der Erholungsnutzung gehen jedoch mit zu großen Störwirkungen z. B. auf Wildtiere ein- Mountainbiking her und sind daher mit den Wildniszielen nicht in abseits der Wege ist besonders störend Einklang zu bringen. Dazu zählen unter anderem für die Tier- und Mountainbiking abseits der Wege, das Mitfüh Pflanzenwelt. Foto: ren unangeleinter Hunde sowie das Befahren Andreas Leistner, von Gewässern mit motorisierten Booten. Pixabay Dort, wo landwirtschaftliche Nutzung stattfindet, wird die natürliche Entwicklung und Dynamik dauerhaft überprägt, was den Wildniszielen entgegensteht. Foto: Dr. Matthias Brunke, LLUR ò Forstwirtschaftliche Nutzung: Auch die Forstwirtschaft greift maßgeblich in natürliche Abläufe ein, z. B. durch Entwässerungs maßnahmen, Bodenverdichtung, An-/Nach pflanzungen und Holzentnahme, und ist daher 19
Folgende Nutzungsformen sind – abhängig eines Gebietes. Die für Wildnisgebiete als Ziel von ihrer individuellen Ausgestaltung, In definierte weitgehend unbeeinflusste Entwick tensität und räumlichen Verteilung inner lung wird somit abhängig von der jeweiligen halb des jeweiligen Gebietes – unter Um Bejagungsintensität mehr oder weniger stark ständen vereinbar mit den Wildniszielen: durch menschliche Steuerung überprägt. Daher sollte in entsprechend großen Wildnisgebieten keine Jagd stattfinden. In Schleswig-Holstein wird die Jagdausübung im Hinblick auf die bereits angesprochene Kleinräumigkeit vieler Wildnisgebiete jedoch nicht als Ausschluss kriterium für die Zuordnung als Wildnisgebiet angesehen (mit Ausnahme des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer). Dies gilt insbesondere für Schalenwild und jagdbare Arten, die auch außerhalb der Wildnisgebiets kulisse land-, forst- oder fischereiwirtschaftliche Schäden verursachen können. Soweit in Wildnis gebieten eine Jagd erfolgt, soll diese tunlichst in Form eines die natürlichen Abläufe und Dynamiken möglichst wenig beeinträchtigen Ob Wildnisentwick ò Angelnutzung: den Wildtiermanagements erfolgen. Hier ist lung und Angel Grundsätzlich wird eine Angelnutzung (Freizeit- eine gute und enge Kooperation zwischen Natur nutzung miteinan- /Sportfischerei) in Wildnisgebieten kritisch schutzbehörden und Jäger*innen gefragt, um der vereinbar sind, gesehen, jedoch nicht generell als Ausschluss gemeinsam für alle verträgliche, gebietsange- hängt von den jeweiligen Einzel kriterium bewertet. Die Vereinbarkeit einer passte Konzepte zu erarbeiten. fallumständen ab. bestehenden Angelnutzung mit den Wildnis Foto: David Cardi zielen muss für jedes Gebiet individuell geprüft Wichtig ist also noch einmal hervorzuheben, nez, Pixabay werden. Wildnisverträgliche Regelungen, z. B. dass allein durch die Einstufung eines Gebietes zu Besatzmaßnahmen, können ggf. über die als Wildnisgebiet die hier bestehende Jagdaus Hegepläne einvernehmlich festgelegt werden. übung nicht ohne das Einvernehmen des/der jeweiligen Jagdausübungsberechtigten ein- ò Jagdausübung: geschränkt wird, sondern dass im Sinne einer Durch die Bejagung von Wildtieren erfolgt ein gemeinsamen Verantwortung für den Wildnis regulativer Eingriff in die Artenzusammenset schutz einvernehmliche Lösungen gefunden zung und die Populationsgrößen innerhalb werden sollen. Gerade in den Übergangsbereichen zwischen Wildnis und Kulturland schaft ist eine enge Abstimmung zwi- schen Naturschutz behörden und Jagdausübungs berechtigten gefragt, um allen Belangen gerecht zu werden. Foto: JuliusH, Pixabay 20
Folgende Nutzungsformen sind bei gege- bener Verhältnismäßigkeit, z. B. hinsicht- lich Gruppengrößen und Frequentierung, generell vereinbar mit den Wildniszielen: ò Naturverträgliche Erholungsnutzungen: Zu denjenigen Erholungsnutzungen, die nur mit einer geringen Störwirkung auf die Natur umgebung verbunden sind, zählen vor allem die ‚stillen‘ Erholungsformen, wie Wandern, Radfahren oder Joggen auf dafür ausgewiese- nen Wegen. Auch Reiten auf ausgewiesenen Reitwegen wird als unproblematisch angesehen. ò Naturschutzbezogene Pflegemaßnahmen innerhalb von Pflegezonen: Wie bereits im vorherigen Kapitel erläutert, kann es in Wildnisgebieten vereinzelt Pflegezonen geben, in denen ökologisch wertvolle Kultur biotope durch Pflegemaßnahmen, wie Mahd oder Beweidung, dauerhaft erhalten werden. In Anbetracht des geringen Flächenanteils dieser Pflegezonen und unserer besonderen Verantwortung zum Erhalt dieser selten gewor- denen Biotope und der auf sie angewiesenen Arten wird dies als vereinbar mit den Wildnis zielen erachtet. Die vorangehende Aufstellung ordnet nur die wichtigsten in potenziellen Wildnisgebieten vor kommenden Nutzungsformen ein und ist daher nicht abschließend. Die Vereinbarkeit von wei- teren Nutzungsformen, die hier nicht genannt wurden, ist im Einzelfall durch Abstimmung mit den zuständigen Fachbehörden des Landes, dem Ministerium für Energiewende, Landwirt schaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung bzw. dem Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, zu klären. nicht als Wildnisgebiet eingestuft werden kann. Das Erleben von Kommt diesem Gebietsausschnitt jedoch z. B. Wildnisgebieten Grundsätzlich gilt bei der Suche nach geeigne- aufgrund seiner Lage oder der hier vorkommen ist in Form von naturverträglichen ten Wildnisgebieten und der Frage nach der den Biotope eine entscheidende Bedeutung Erholungsnutzun Vereinbarkeit oder Unvereinbarkeit von Nutzun bei der Schaffung eines zusammenhängenden gen grundsätzlich gen mit den Wildniszielen, dass bestehende Wildnisgebietes zu, soll es intensive Bemühun möglich. Oberes verbriefte Nutzungsberechtigungen einzelner gen geben, um hier die Wildnisziele im Einver Foto: Martina Kai Nutzer*innen bzw. Nutzer*innengruppen (z. B. nehmen mit den jeweiligen Eigentümer*innen ries, unteres Foto: Integrierte Station aus den Bereichen Land- und Forstwirtschaft, bzw. Nutzungsberechtigten realisieren zu kön- Holsteinische Fischerei, Angelvereine und Jagdausübung) in nen. Dies kann zum Beispiel bei letzten benötig Schweiz einem Gebiet allein durch die Zuordnung als ten Flächen im Kernbereich eines Moores, das Wildnisgebiet nicht ohne das ausdrückliche wiedervernässt und dann einer natürlichen Ent Einvernehmen des jeweiligen Nutzenden ver- wicklung überlassen werden soll, der Fall sein. ändert bzw. eingeschränkt werden. Bestehende Welche Ansätze und Umsetzungsinstrumente es Nutzungen, auf die ein Anspruch besteht, führen gibt, um dies unter der Prämisse eines bestmög also bei Unvereinbarkeit mit den Wildniszielen lichen Interessenausgleichs zu erreichen, wird in dazu, dass der betreffende Gebietsausschnitt den Kapiteln 8 und 9 näher betrachtet. 21
6 Welche Gebiete bzw. Biotopkomplexe wurden in Schleswig-Holstein auf ihre Eignung als Wildnisgebiet geprüft? V om LLUR wurden bislang 377 Gebiete hin- sichtlich einer konkreten Eignung als Wildnisge biet näher überprüft. Die Gesamtfläche dieser zum Teil umgreifend abgegrenzten Prüfgebiete beträgt 81.881 Hektar (dies entspricht etwa 5,1 Prozent der Landesfläche). Für weitere 58 Natur wälder ist die Eignung per Definition (Naturwäl der nach § 14 LWaldG) gegeben. Flächenkom plexe aus Biotopen, die zu ihrem Erhalt eine Die Rohrweihe profitiert von der Ungestörtheit im Wild– dauerhafte Pflege benötigen, sind dabei selbst- nis-Modellgebiet Unterelbe. Foto: Hans Friedrich Hansen verständlich ausgenommen worden. Lediglich kleinräumig und vereinzelt eingestreute • den Ergebnissen des Forschungs- und Quellbach im Riesewohld – Pflegebereiche stellen hingegen, wie in Kapitel 4 Entwicklungsvorhabens des Bundesamtes für Foto: Dr. Henning bereits erläutert, kein Ausschlusskriterium dar. Naturschutz aus dem Jahre 2015, Thiessen Die Prüfgebietskulisse setzt sich zusammen aus: • einer LLUR-Analyse der Flächen der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein aus dem Jahre 2012, • Gebieten, die in der Veröffentlichung „Wildnis in Schleswig-Holstein“ des LLUR aus dem Jahre 2011 genannt werden, • Gebieten die von Mitarbeiter*innen des LLUR oder Dritten aufgrund ihrer besonderen Gebietskenntnisse vorgeschlagen wurden, • Gebieten ab einer Größe von 20 Hektar, die im Wesentlichen von nicht pflegeabhängigen gesetzlich geschützten Biotopen eingenom- men sind. Die sich daraus ergebenden Gebiete wurden auf ihre Eignung als Wildnisgebiet nach einheitlichen Kriterien mit Hilfe eines Prüfbogens geprüft. Es handelt sich bei der vorliegenden Kulisse der Wildniseignungsgebiete insoweit um keine abschließende Gebietsauswahl. Im Laufe der Zeit können sich durchaus weitere potenziell geeignete Wildnisgebiete ergeben. 22
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