Mitteilungen - designaustria
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mitteilungen Design und Demokratie – ein Dissens | Ene meine, muh – und raus bist du! | Corona-Umfrage | Plakatwettbewerb: Separated. United. Strong. | Joseph Binder Award 2020: Mit dem Herzen gestalten | Schnittstelle Design – Positionen der Designforschung | Ein Leben für Kunst und Kino: Gertie Fröhlich (1930–2020) | Studioporträt: CIN CIN | designaustria-Generalversammlung | Romulus-Candea-Preis 2021 | Ideen verändern – Zehn Jahre Klasse für Ideen | VIENNA DESIGN WEEK 2020 | IIID Awards: Information, gestaltet für die Gesellschaft 1.2.3.4 2020 Franziska Fruhstorfer: »Separated. United. Strong.«
02 MITTEILUNGEN 03.2020 INHALT 31 MEMBERS@WORK 31 Frisch gestrichen! 31 Illustrierter Nonsens 04 DESIGN & 32 Ode an einen Mythos 32 Faszination der Miniatur DEMOKRATIE 32 Zaunkönig 33 Ein Stuhl wie ein Buchstabe 04 Andreas Koop: Design und 33 Organische Formensprache Demokratie – ein Dissens 08 Victoria Sarapina: Ene meine, 34 DESIGNAUSTRIA- muh – und raus bist du! 09 »Schwarzdenker« 10 Kein Glanz in der Hütte der STUDIOPORTRÄT Kulturhauptstadt 2024 34 CIN CIN 11 COVID-19 11 Umfrage zu den Folgen der Corona-Pandemie: Runde drei 36 DESIGNAUSTRIA ACTIVITIES 13 Corona-Hilfsfonds: Was ist neu? 36 Online-Vorstandswahl & 14 »Was bleibt für Industriedesign designaustria-Generalversammlung relevant, nach COVID-19?« 36 Romulus-Candea-Preis 2021 16 Separated. United. Strong. 36 illustria-Booklet neu 37 illustria auf der BUCH WIEN 2020 18 JOSEPH BINDER 37 |design|er|leben| #21: Arthur Zelger AWARD 2020 18 Mit dem Herzen gestalten 21 JBA20: Ausstellung und Katalog 22 JBA20: Shortlist 38 AUSSTELLUNGEN & VERANSTALTUNGEN 38 Ideen verändern – Zehn Jahre Klasse für Ideen 24 DESIGNFORSCHUNG 39 VIENNA DESIGN WEEK 2020 40 #DENKWEITER: Fortbildungspro- 24 Schnittstelle Design – gramm September–Dezember 2020 Positionen der Designforschung 41 Ladies, Wine & Design – Vienna 26 PIVOT 2020: Decolonising Design by 42 MAK: 100 beste Plakate 19 – Creating a Space for Pluriversality Deutschland Österreich Schweiz 42 Bakelit. Die Sammlung Georg Kargl 28 NACHRUFE 28 Grafikdesign im Wandel: Ernst Storch (1924–2020) 43 BÜCHER 43 Kreative Identitäten 29 Milton Glaser (1929–2020) 43 Think Outside the Frame 30 Ein Leben für Kunst und Kino: 43 Designing Sustainable Cities Gertie Fröhlich (1930–2020) 44 ERFOLGE 44 IIID Awards: Information, gestaltet für die Gesellschaft 47 DESIGNAUSTRIA-MITTEILUNGEN & DESIGNAUSTRIA- WEBSITE FÜR DESIGNAUSTRIA-MITGLIEDER MATERIAL & BEDARF Wir freuen uns über Informationen zu euren Aktivitäten, Projekten, 47 MAY+SPIES GMBH Veranstaltungen und Erfolgen, über Themenvorschläge und Beiträge in Wort und Bild! redaktion@designaustria.at IMPRESSUM 46 webredaktion@designaustria.at Follow us on and
MITTEILUNGEN 03.2020 03 Editorial EDITORIAL COVID-19 die Zweiten [»designaustria-Mitteilungen«] – so schnell werden wir die Pandemie nicht los, natürlich nicht. Wieder gibt es dazu einen eigenen Abschnitt, u. a. mit den Ergebnissen der dritten Umfragerunde unter Kreativen zu den Auswirkungen – Ergebnisse, die ganz leise in eine positive Richtung weisen. Hoffen wir, dass die nächsten Wochen und Monaten den zaghaften Aufwind bestätigen werden. Ein Plakatwettbewerb von Studierenden der FH JOANNEUM macht trotz des ernsten Themas gute Laune: Originelle Ideen und bunte Farben lassen keinen Pessimismus aufkommen. In dieser Ausgabe gibt es aber auch jede Menge andere Inhalte: Gedanken zu »Design & Demokratie« – wo sie sich treffen, woran es zuweilen hapert, wenn die öffentliche Hand Aufträge vergibt, wenn Kreative diese Aufträge annehmen. Wir berichten über die Jury des Joseph Binder Award 2020, der trotz COVID-19 einen Teilnahmerekord einfuhr und zum ersten Mal in seiner Geschichte ausschließlich online bewertet wurde. Was das engagierte und Liebe Kolleginnen und Kollegen, überaus g ewissenhafte Panel von Jurorinnen und Juroren, das dem Verfahren letztlich aber höchste Seriosität attestierte, natürlich Nicht nur Viren mutieren — auch wir können bedauerte. Die Ausstellung der 60 nominierten Projekte startet im unser kulturelles Verhalten sprunghaft November im designforum Wien. Wir halten die Daumen, dass die ändern. Man könnte auch sagen, entwerfen Pandemie dem weiteren Veranstaltungsprogramm des Herbstes oder gestalten. Manche Umstände machen keinen Strich durch die Rechnung machen wird: In den Startlöchern das deutlich. Immer noch gibt es ein vorherr- stehen u. a. die VIENNA DESIGN WEEK mit designaustria als schendes Thema: COVID-19. Wir hoffen, ihr Programmpartner und einer Ausstellung von Studierenden der seid gesund und habt euch den Veränderungen »Angewandten« im designforum Wien; ein von designaustria anpassen können. Wir hoffen, dass ihr Wege kuratiertes abwechslungsreiches Fortbildungsprogramm; die gefunden habt, eure Situation zu designen. In BUCH WIEN 20; interessante Ausstellungen im MAK etc. etc. vielen Gesprächen scheinen sich Perspektiven Bitte immer online überprüfen, ob alles stattfindet wie geplant! und Stimmungen deutlich verbessert zu haben. Wo alte Geschäftsfelder wegbrechen, gibt Beilagen zu dieser Ausgabe sind ein aktualisiertes Verzeichnis der es neue. Alte Muster werden hinterfragt und Mitglieder von illustria, der IllustratorInnengemeinschaft von machen Platz für Reflexion und frische Ideen – designaustria, und die Ausschreibung zum Romulus-Candea- belastbare Zahlen gibt es leider keine dazu, Preis 2021, der ein bisher unveröffentlichtes Bilderbuch prämiert denn die Teilnahme an Befragungen ist rück- und der Umsetzung zuführt. läufig. Wir schreiben das der sinkenden Dringlichkeit und allgemein der Verbesserung Stay safe and keep your spirits up! der akuten Situation zu. ___ Die Redaktion In vielen Bereichen dreht sich die Erde weiter, als ob nichts gewesen wäre. Viele Bereiche sind von menschlicher Zusammenarbeit weit- gehend unabhängig. Wie sich die Welt verändert haben wird, welche Verwerfungen es noch zu bewältigen gegeben haben wird, bleibt also abzuwarten. Wir jedenfalls sind immer Teil dieser Veränderungen und wollen mitmachen und mitbestimmen. Apropos: Die Funktions periode des aktuellen Vorstands geht dieses Jahr zu Ende. ALLE Mitglieder sind aufge- rufen – nicht nur zu wählen, sondern sich für den Vorstand zur Verfügung zu stellen. Wir wünschen uns maximale Diversität. Inter- sektionalität ist facettenreich und kennt viele Kategorien. Deshalb sind besonders jene aufgefordert, deren Bereiche derzeit nicht repräsentiert sind. 1 2 Thomas Grundnigg für den designaustria-Vorstand 1 B ianca Gschlecht: »Tangled Times« Siehe dazu den Beitrag zum Plakatwettbe- 2 Maximilian Bauer: »Videochat« werb »Separated. United. Strong.« auf S. 16.
04 MITTEILUNGEN 03.2020 , Design & Demokratie DESIGN UND DEMOKRATIE – EIN DISSENS Design und Demokratie sind zwei Begriffe, zwei Themen, Bereiche, Welten, die sich eigentlich gut vertragen müssten, meint man. Beide leben irgendwie von Freiheit, ein wenig freilich auch von Regeln, bekommen ihren Sinn durch Interaktion, quasi durch »Gebrauch«. Es braucht einen wachen Geist im Denken, in der Antizipation, dem Codieren und Chiffrieren des (visuell) zu Kommunizie- renden, Charme und Chuzpe – und die entsprechende Qualität in der Umsetzung. Nur irgendwie scheint das hier nicht so recht zu funktionieren. Eher im Gegenteil. Ganz im Gegenteil! Allein ein kurzer Blick auf die Signets von Städten, Ortschaften, Regionen und Tourismusverbänden reicht aus, und der Beweis ist erbracht. Nochmals: Eigentlich müsste Gestaltung, müsste Design doch dort erblühen, wo die Freiheit (und ergo Demokratie) am größten ist. Was läuft da also schief? von Andreas Koop seit Urzeiten weiß, welche Schäden sie über kurz und lang anrichten. So wie man in der Demokratie Wenn alle Macht vom Volke ausgeht und man gar beobachten kann, dass die Durchsetzung von noch an den Spruch denkt, ein Volk hat immer Einzelinteressen der sozialen Gerechtigkeit, der die Regierung, die es verdient, so müsste das Volk Umwelt und der Gesellschaft substanziell schaden, offenbar weit und breit recht dumm, mindestens so ähnlich ist es in semantischer Hinsicht, wenn aber nicht allzu schlau sein. Sieht man sich im Design in öffentliche Gremien, Ausschüsse, Verwal- eigenen Lande und darüber hinaus ein wenig um tungen und (kommunal)politische Entscheidungs- und betrachtet das, was alles läuft oder nicht läuft, strukturen gerät. Dass dort nach Lust und Laune das übersteigen die Fragen schnell potenzielle Antworten. ihr oder ihm (oder der Gattin zu Hause) persönlich Vermutlich ist das Volk (in Deutschland meidet man am besten Gefallende ausgewählt und darüber abge- das historisch belastete Wort und verwendet dafür stimmt wird, ist vermutlich nicht mit demokratischen lieber die eher nach einer technokratischen DDR- Entscheidungsprozessen gemeint. Dabei ist ja eh Sprache klingenden Begriffe Gemeinschaft oder alles Geschmacksache! Fallen solche Worte, wünscht Gemeinwesen) aber gar nicht so dumm. Und auch man sich eine Umschulung – zu etwas Handfestem, die Tatsache, dass es die Regierung selbst wählt, Richtung Bäcker oder Landschaftsbauer. Nur, wie macht es nicht gänzlich verantwortlich dafür, kommt man zu einer Entscheidung über ästhetische was alles danebengeht. Denn zum einen ist das Fragen, wenn es – Gott sei Dank! – keine diktato- Ankreuzen von Namen und/oder Parteien auf einer rischen Positionen gibt? Kann man über Gestaltung Liste alle vier oder fünf Jahre noch nicht unbedingt abstimmen? Ist das Design mit den meisten Stimmen Inbegriff, Kern und Wesen von Demokratie, zum das bessere? Nein, vermutlich eher selten. Über anderen hakt es nicht selten schon in der zur Ver- solche Themen entscheiden hier ja zumeist auch fügung stehenden »Auswahl«. Das Wählen ist »Fachfremde«. Und selbst wenn Kompromisse die vermutlich nicht für wenige eine Art Suche nach Allzweckwaffe der Demokratie sein mögen, geht das dem kleinsten Übel. Und dies absurderweise, in anderen Bereichen leichter: Wenn wir das dort so obwohl doch jede/r zumindest drei, vier, fünf machen, dann nehmen wir hier halt etwas zurück, Menschen kennt, denen er/sie eine führende poli- so hat jeder sich einmal durchsetzen können und ist tische Position sofort zutrauen würde und sich gut zufrieden – vielleicht wurde damit ja sogar wirklich vorstellen kann, dass Entscheidungen dann mit mehr die beste Lösung erreicht. Schwierig wird es, wenn Verstand, Gerechtigkeit, Weitblick und Empathie man in Designfragen dann in der Verhandlungsfüh- getroffen werden. Komisch, wie das alles empirisch rung auf diese Weise Schrift und Farbe aushandelt. auf breiter Front widerlegt wird! Bräuchte es nicht in der (vor allem »großen«) Politik Ähnlich widerspricht auch Philosoph Slavoj Žižek mitunter einschneidende, zuerst einmal vielleicht immer vehement der Aussage, dass es einfach (nur) auch wenig geliebte Maßnahmen, damit wirkliche an jedem Einzelnen/jeder Einzelnen läge, wie sich Veränderungen beginnen können? Beispielsweise die soziale, ökologische etc. Situation im Lande und in Fragen der Mobilität und Bildung, der Steuern, auf der Welt darbietet. Man kann eben nicht alles der Förderung verschiedener Branchen etc. Wer tut, dem Individuum aufbürden, davon ist er überzeugt, was (wirklich) zu tun ist, der wird erst einmal viel sondern muss dies erst recht dem Staat, der die Geschrei und Widerstand ernten. Womöglich gar Rahmenbedingungen (für alle Individuen zusammen) Drohungen und Dramen. Und genau so wird auch schafft, zur Aufgabe machen. Um damit nicht jene ein wirklich revolutionäres Design kaum gleich Mechanismen einzuzementieren, von denen man einmal und für alle »gefällig« sein. Dass so etwas
MITTEILUNGEN 03.2020 05 Design & Demokratie 1 O tl Aicher: Plakate Olympischen Spiele M ünchen 1972, Basketball, Bogenschießen, Gewichtheben, Radfahren
06 MITTEILUNGEN 03.2020 Design & Demokratie 2 Heute jedenfalls erscheint es kaum denkbar, dass etwas Ähnliches wieder bzw. noch möglich wäre wie beim guten alten Otl 1972. Das Signet der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland 2006 war der lebende, der schlagende Beweis für diese These. Marketing und Infantilität ersetzen Substanz, Auseinandersetzung und Qualität. Das wiederum spricht nicht zwingend gegen eine Branche. Ganz im Gegenteil – es spricht nicht unbedingt für die Auftraggeber oder korrekter: für die Wege der Auftragserteilung. Denn wo (vermutlich nicht nur) Design und Demokratie so richtig kollidieren, ist das Vergaberecht – mit Kollateralschäden aller – finanzieller, nervlicher und sonstiger – Art. Kaum vorstellbar, dass es Dinge gibt, die im Ergebnis weiter von der Absicht abweichen als die öffentliche 3 Auftragsvergabe nach DIN. Es gibt Flughäfen, auf denen auch ohne Virenbefall keine Flugzeuge abheben, aber immerhin die Kosten. Der Gedanke ist ja an sich richtig, dass nicht jede/r Museums möglich war wie das Design der Olympischen direktor/in, Minister/in, Universitätsangestellte 2 O tl Aicher: Logo für Spiele 1972 in München ist bis heute ein Mysterium, etc. nach Gutsherrnart »frei Schnauze« Aufträge die Olympischen Spiele ein Wunder. Nicht wegen seiner Qualität, sondern vergeben kann. An den Bruder, Schwager, jemanden, München 1972 trotzdem! Entwickelt wurde es zwischen 1967 und bei dem er/sie Spielschulden hat, Winterreifen da- 3 O tl Aicher: Fahnen, 1972, in einer Zeit also, wo es gesellschaftlich und für bekommt etc. Nur geht man interessanterweise Olympischen Spiele politisch höchst turbulent zuging. Wo die Verdrän- offenbar immer davon aus, dass dies der Fall ist. Und München 1972 gung der Vergangenheit kritisiert wurde, die ver- auf die Schnauze bekommen es dann andere. Wenn krusteten Strukturen in Familien mit manchen Dramen also für jedes läppische Signet, eine Wanderausstel- aufbrachen… Braucht es offenbar diese Turbulenz, lung oder Website, ein Plakat und eine Broschüre die Volatilität (nicht die an der Börse, sondern im jedes Mal drei, vier, fünf Designbüros in Vorleistung Leben), die Dynamik, die Energie, damit ein heraus- gehen. Und am Ende der Preis (mit)entscheidet. Wie ragendes Design entstehen kann? Sicher nicht nur, viel Energie da in den Sand gesetzt wird, sehenden und klar, es hat zu allen Zeiten gute Gestaltung Auges – das man vielen Jurys nicht wirklich unter- und hervorragende Gestalterinnen und Gestalter stellen kann. Wer da alles Konzepte entwickelt, gegeben, keine Frage. Aber was bleibt davon? Visualisierungen anfertigt, durch die Gegend fährt Derzeit werden die Halbwertszeiten der »Trends« zu Gesprächen und Präsentationen! Und das in aller von Dekaden auf Monate heruntergerechnet. Dabei Regel bei eher symbolischer Bezahlung, die man wäre doch jetzt gerade eine wenigstens potenziell nicht selten auch noch erkämpfen muss. Doch bewegte Zeit! Der Planet überhitzt, die Gesellschaft selbst, wenn das alles unvergütet bleibt, findet sich in unseren Breiten überaltert, der Süden wird uns auf wundersame Weise immer eine Handvoll Büros, (in mehrerlei Hinsicht) überrollen – aber aus Gründen die trotzdem mitspielen. Da bewundert man die der Ansteckungsgefahr (Corona!) wird freitags nicht nichts auf sich, ihre Zunft, ihre Kolleginnen und mehr demonstriert. Eigentlich geht es ums Ganze. Kollegen kommen lassende Ärzteschaft! Müsste da nicht existenzielles, berührendes, über- wältigendes Design gewünscht, gesucht, geschaffen Jetzt könnte man sagen, bei den Architekten ist das werden? Und eben beauftragt, womit es wieder zum ja auch so üblich. Stimmt, aber unter völlig anderen Ausgangspunkt zurückgeht. Prämissen. Da gibt es ein festes Berufsbild, das es
MITTEILUNGEN 03.2020 07 Design & Demokratie nicht jedem Kunstlehrer ermöglicht, da auch noch mitzumachen, eine feste, verbindliche Honorarord- nung etc. Dann kommt der Aspekt der Vorleistungen (und ihrer mehr oder minder vorgesehenen Vergü- tung) hinzu, die nicht selten in keinerlei Relation zum Auftragsvolumen stehen. Als Designer/Designerin arbeitet man für 1.000 Euro gut und gerne 50 Stunden an einem Konzept, um dann bestenfalls einen Auftrag über vielleicht 20.000 Euro zu bekommen. Architek- turbüros arbeiten bei ihren Wettbewerben vielleicht 500 Stunden an einem Entwurf – dem dann aber ein Honorar von mehreren Millionen Euro gegenüber- steht. Es ist also ein wenig so, als würde man ins Casino gehen und immer nur seinen Einsatz zurück- bekommen. Freilich sind »Hardcore-Ausschrei- bungen« auch nicht wirklich besser, wo es im Grunde fast nur noch um den Preis geht. Wofür man sich bei 4 den verschiedensten Vergabeportalen anmelden Garantie für alles. Tatsächlich braucht Demokratie muss und aberwitzige Mengen von Selbstauskünften, den Mut aller, genauso wie das Design. Auseinan- Erklärungen und Bestätigungen auszufüllen hat. dersetzung, Beteiligung, Diskurs, ebenso aber Ach Otl, wie hast du vor über 30 Jahren so schön gleichermaßen möglichst viel Wissen und Bildung – geschrieben: Ein Grafiker/eine Grafikerin ist frei, auch ästhetische. Leider führt sich Demokratie nicht er/sie ist das, was er/sie kann – ja, prima, nur müsste nur im Kontext Design oft selbst ad absurdum – wo das halt auch jemand sehen, erkennen und vertreten sie das Schlimmste verhindern will und damit das können. Bemerkenswerterweise haben aber auch Beste unmöglich macht. So ähnlich wie in Deutsch- schon kleinere Firmen (größere sind ja ohnehin der land mit der geliebten Autoindustrie – man schützt Meinung, es sei eine Ehre, für sie arbeiten zu dürfen) und unterstützt sie, wo es nur geht, um sie dann die Unsitte des »Vortanzen-Lassens« übernommen wirklich retten zu müssen, weil sich während des und nutzen gerne die breite und bunte Auswahl an selbstverliebten Tiefschlafs im Biotop die Rahmen- Gestaltungsbüros. Berufsverbände haben diese bedingungen irreversibel und nicht zum Vorteil Entwicklungen bisher kaum verändern oder korri- verändert haben. Wenn man diese Beträge wiederum gieren können. Andere Lobbys klopfen öfter und in Bezug setzt zu dem, was beim Ausschreiben der lauter und haben wohl auch schlagendere Forde- kleinsten Kleinigkeiten »gespart« wird, weiß man rungen. Design und Demokratie bzw. Kapitalismus nicht, ob man lachen oder weinen soll. Was ohnehin sind ja eigentlich eine wunderbare Verbindung oder nur so halbwegs funktioniert, weil man die Zeit der gar Bedingung: dort, wo es mehr Angebot als Nach- unverrückbar festangestellten, unkündbaren frage gibt, wo sich die Produkte immer mehr anglei- Beamtinnen und Beamten nicht in Euro bemisst und chen, wo der Grad an Innovation im Grunde überall gegenüberstellt. Oder den Aufwand, immer wieder auf das Marginale abflacht. Dass sich auf 25 Jahre anderen Personen, Firmen und Büros das Wesen, 4 F IFA-World-Cup-Logo gesehen (soweit reicht die eigene Erfahrung) dabei die Haltung, die Werte, Prioritäten und Einstellungen WM 2006 in die Honorare konstant verschlechtert haben, ist kein des Museums, Amtes, der Schule oder Uni zu Deutschland wirklicher Zufall. Trotzdem wächst die Zahl an Agen- erklären. Aber gut, die Geister, die man rief, ziehen turen und Büros. Faszinierend – es spricht für den halt irgendwann bei einem ein. Beruf, der offenbar (und tatsächlich) so viel Reiz hat, dass man ihn dennoch ausüben und leben will. Was man in Summe aber sagen, nein, laut schreien möchte, ist der altbekannte Satz von Willy Brandt Apropos politische Systeme: Ob die DDR an ihrem auf dem Jahre 1969 (!): »Mehr Demokratie wagen«. Design zugrunde gegangen ist, wie ein bemerkens- Tragisch, dass man es Jahr für Jahr und immer wieder werter Artikel in einer Ausgabe der »Lettre« argu- auf Plakate schreiben könnte. Den Mut zu fordern, mentiert hat, lautet der Rückschluss nicht u nbedingt: die Demokratie dort zu schützen, wo es wirklich Wo die Demokratie fehlt, gibt es auch kein gutes notwendig ist. Und das ist ganz woanders, als es Design. Man müsste da eher sagen: Wo es an allem heute beinahe demonstrativ »gelebt« wird: bei Daten, fehlt, von der geistigen bis zur faktischen Freiheit, Klima, Natur, Toleranz, Vielfalt, Freiheit… den ökonomischen Möglichkeiten etc., hat es Design schwer. Und wer sich in einem de facto totalitären Staat zwischen besserem Design und mehr Freiheit für Ersteres entscheiden würde, der hat vermutlich nicht alle Latten am Zaun. Zumal diese Freiheit sich ÜBER DEN AUTOR: ohnehin auch recht bald in einer besseren Gestaltung Andreas Koop, Diplomdesigner und Master of Advanced Studies, führt seit 1995 ein (in welcher Dimension auch immer) niederschlagen international ausgezeichnetes Designbüro im Allgäu. In seiner Arbeit stehen vor allem und darstellen würde. Diktatur ist keine Lösung! nachhaltige und intelligent-ökologische Ansätze im Fokus. Ein weiteres Interesse gilt der Designforschung. Fester Bestandteil seines Schaffens sind die publizistische Arbeit sowie Nur, klar ist auch, Demokratie alleine ist ebenfalls die Veranstaltung des multidisziplinären Symposiums Stadt. Land. Schluss. nicht viel wert. Kein Wert an sich und auch keine www.designgruppe-koop.de www.koop-andreas.de
08 MITTEILUNGEN 03.2020 Design & Demokratie ENE, MENE, MUH – 9 » Schwarzdenker«-Beitrag: »Utopie der Kunst« UND RAUS BIST DU! von Victoria Sarapina Demokratie soll transparent sein und will kommuni- Irgendwann ist Schluss. Ernüchterung macht sich ziert werden, und so vergibt die öffentliche Hand breit, nach jahrelangem Ausfüllen und Mitmachen. (Wo ist eigentlich der öffentliche Kopf?) ständig Mancher Kollege/manche Kollegin handelt radikal Designaufträge. Doch die Vergabepraxis ist mehr und nimmt nur teil, wenn er explizit und persönlich als enttäuschend. Den Bewerber/die Bewerberin zur Angebotsabgabe eingeladen wird. Alles andere erwartet Berge von Papier, praxisferne und oft sei verlorene Mühe! Einem Kollegen platzte der widersprüchliche Anforderungen. Alles in allem ist Kragen, als er zu einer Angebotsabgabe in Form es haarsträubend und skandalös. Der Einkauf von eines Pitches eingeladen wurde. Die ausschreibende Kreativität findet zwischen der Bestellung von Büro- Staatsbibliothek hatte sich bemüht, genauere artikeln und der Müllentsorgung statt. Wenn man Angaben zu den verlangten Leistungen zu machen, jung und unerfahren ist, freut man sich über jede doch die MitarbeiterInnen hatten keine Ahnung von Anfrage. Und wenn eine von der öffentlichen Hand der Umsetzung derartiger Druckprojekte. Am Ende kommt, umso mehr. Da macht es auch nichts, dass erschien die geforderte Leistung fast absurd: Man die Anfrage in einem Dokument von über 80 Seiten wollte ein Angebot für Druck und Gestaltung, mit formuliert ist und das Ausfüllen einen halben Tag in der Option, sich später aus den gestalteten Seiten Anspruch nimmt. Man ist gewillt, mitzumachen. Man einzelne auszusuchen und nur diese zu vergüten. kämpft sich durch versicherungstechnische Anfor- Dem Designer wurde bei Nichtgefallen eine » groß- derungen, überfliegt Fragen nach behinderten zügige « Aufwandsentschädigung von 500 Euro in MitarbeiterInnen und Menschen mit Migrationshin- Aussicht gestellt. tergrund. Es wird viel abgefragt und viel abverlangt. Eine Menge Formalien, wenig Inhaltliches. Keine Die Angebotsabgabe und wie wir als DesignerInnen Fragen zu Eignung und Qualifikation. Die Kalkulation damit umgehen, ist eine Seite der Medaille. Die wird zu einer Nebensächlichkeit. Doch man nimmt andere ist die Entstehung solcher Anfragen. Haben das Prozedere gelassen und bleibt optimistisch. Sie sich schon einmal gefragt, wer diese formuliert
MITTEILUNGEN 03.2020 09 Design & Demokratie »SCHWARZDENKER« Das neue Nicht-Design-Magazin, eher eine Zeit-Streit-Schrift, kritisch, analytisch und kämpferisch. Relevant und aktuell. Es wirft einen bitterbösen, selbstironischen Blick auf die Lage der Kreativ- branche und den Zeitgeist. Es richtet sich an DesignerInnen, an alle, die es werden wollen, und deren Eltern, die das gern verhin- dern würden. 130 Seiten, 25 Beiträge, gedruckt auf Munken Pure und Wibalin NSB Fühlkarton, veredelt mit schwarzem Farbschnitt. Kosten bei B estellungen aus Österreich inkl. Versand: 15 Euro. Auch erhältlich als limitierte Auflage inkl. Kotztüte zum Preis von 22 Euro. Zu bestellen über www.schwarzdenker.com und bearbeitet? In meiner Nähe steht ein fünf- schon erlebt, dass sogenannte DesignerInnen einen stöckiger Verwaltungsbau, eingereiht zwischen Auftrag an einem Tag erledigten, für den ausgebil- Wohnhäusern, mitten in Neuhausen, einem Viertel dete Profis sich eine Woche Zeit nehmen würden. zum Wohlfühlen. In dem grauen Haus mit dem Gewillt, jeden Kundenwunsch zu erfüllen, verdienen Charme der 1980er-Jahre befindet sich die Vergabe- vermeintliche GrafikerInnen ihr Geld ohne jegliche stelle der Stadt München. Tagtäglich sitzen zig Qualifikation, was in unserem Beruf wunderbar Beamte über Ausschreibungen der Stadt. Zig Beamte möglich ist. Mit geklauten Schriften, geknackten mal zig Stunden. Es wird formuliert, korrigiert, Programmen, ohne Wissen über Mikrotypografie genehmigt. Es werden Agenturen ausgewählt und oder Farblehre. Der unwissende Kunde ist geblendet. angeschrieben. Die Angebote werden entgegen Weil es »schnell und zuverlässig« ist und der Preis genommen und ausgewertet, und die Kontakte stimmt. Solche AnbieterInnen werden immer ihre werden an die zuständige Abteilung oder Behörde AbnehmerInnen finden. Und unter dem Deckmantel weitergeleitet. SachbearbeiterInnen und Referen des Spardiktats ist der gröbste Unfug gerechtfertigt. tInnen beschäftigen sich mit den Angeboten und Sie werden mir nun erwidern: Es gibt doch viele feilschen bei manchen Aufträgen um 50 Euro. Es QuereinsteigerInnen – talentiert und erfolgreich. geht nicht um Expertise und Qualität. Es geht um Da könne sich manche/r Studierte eine Scheibe das » wirtschaftlichste « Angebot. So sieht es in der abschneiden! Ich halte dagegen: Einige schon, aber ganzen öffentlichen Verwaltung aus – überall, wo nicht alle. Früher glaubte ich naiv: Qualität über- es darum geht, über die Steuergelder zu wachen. zeugt. Wie ein eifriger Jesuit predigte ich den Erfolg So weit, so gut. der guten Form. Der Jesuit in mir landete irgend- wann in den Wäldern des Amazonas, geplagt von Als mich eine große Forschungseinrichtung für wiederkehrenden Malariaschüben, musste resigniert grafische Leistungen über einen Zeitraum von zwei feststellen, dass die Einheimischen nicht zwischen Jahren anfragte, kannte ich das Spiel bereits. In den meinem Gott und ihren vielen Götzen unterscheiden 60-seitigen Unterlagen wollte man von mir lediglich können oder wollen. Ü brigens, den Behörden kann meinen Stundenlohn wissen. Was schreibt man mit man keine Täuschung vorwerfen. Sie kommunizieren 20 Jahren Berufserfahrung? Wenn man seriös Miete, ganz offen. Für den Zuschlag ist ausschlaggebend: Technik, Software, Lizenzen einkalkuliert? Ich setzte 70 Prozent Preis, 30 Prozent Qualität. Man weiß also, eine zweistellige Zahl in eine extra dafür angelegte worauf man sich einlässt. Tabelle. Ein paar Wochen später erkundigte ich mich nach dem Stand der Dinge. Die Reaktion war Empörung: Da fragen Sie noch?! Sie waren viel zu teuer! Wer sind die anderen, die nicht zu teuer sind? Die, die genau richtig liegen? Und wo ist »genau ÜBER DIE AUTORIN richtig«? Victoria Sarapina ist Grafikdesignerin mit russischen Wurzeln, Inhaberin der Manufaktur für Grafikdesign und Herausgeberin des Als DesignerIn hat man grafische Konkurrenz – Magazins »Schwarzdenker«. Sie hat in Wiesbaden studiert und lebt überall. DesignerIn ist keine geschützte Berufsbe- und arbeitet in München. zeichnung. Design kann jeder anbieten. Ich habe www.manufaktur-grafikdesign.de
10 MITTEILUNGEN 03.2020 Design & Demokratie KEIN GLANZ IN DER HÜTTE DER KULTURHAUPTSTADT 2024 Im Mai ließ das Salzkammergut mit Bad Ischl Eigentlich sollte auf der Hand liegen, dass die an der Spitze unter dem Motto »Kultur ist das Gestaltung einer komplexen Markenidentität neue Salz« die Wettbewerbsausschreibung zur und eines Corporate Designs für ein Prestige- Gestaltung einer Wort-Bild-Marke für »Salz- projekt wie das der Kulturhauptstadt Europas kammergut 2024 – Kulturhauptstadt Europas« eine Aufgabe ist, die umfassende kommunikati- vom Stapel. Im Rahmen eines offenen Wettbe- onswissenschaftliche, mediale, technische und werbs war eine komplexe Aufgabe zu bewälti- ästhetische Ansprüche zu erfüllen hat und die gen. Schon allein die Grundanforderung der deshalb nur in kompetente und kundige Hände Kompatibilität der neuen Marke mit den beste- gehört. Um derartige Kompetenzen zu erlan- henden Auftritten von Salzkammergut und gen, braucht es eine lang jährige Ausbildung und Ausseerland (die Beispiele sprechen für sich) viele Jahre Berufserfahrung. Das Honorar für sowie der Integrationstauglichkeit mit den derartige Leistungen beträgt international Identitäten von Tourismuspartnern waren üblicherweise ein Vielfaches von dem, was hier höchst anspruchsvolle Herausforderungen. angeboten wird. Kein Wort, ob eine kundige Auch sonst sollte die Marke vieles leisten: Sie Fachjury die einger eichten Entwürfe bewerten hatte für unterschiedliche Kommunikations- würde. Wenn schon die Ausschreibung zum formate sowie On- und Offline-Kampagnen zu Wettbewerb in keiner Weise europäischen bzw. taugen und dabei in ihrem U mfeld einen »mög- internationalen Standards entspricht, wie soll lichst hohen Grad an individueller Identität« es dann die daraus hervorgegangene Wort- aufzuweisen – und sich dabei in ihrem fragwür- Bild-Marke mit allem, was dazugehört? digen visuellen Umfeld auf einer internationalen Bühne zu behaupten. Umfassende Vorleistungen Lange Rede, kurzer Sinn: designaustria hat waren gefragt: Die Einreichung musse unter- brieflich Protest eingelegt und dringend darauf schiedliche Logovarianten, Grundlagen für hingewiesen, dass die Qualität der Ergebnisse ein Corporate Design inklusive Farben und stark von den Bedingungen abhängt, unter Schriften, zahlreiche Anwendungsbeispiele in denen diese Ergebnisse zustandekommen. Form diverser Drucksorten, Geschäftsaus- Um professionelle und erfahrene Gestalte- stattung und Online-Auftritt umfassen. Jede/r rInnen zu gewinnen, die einer solchen Aufgabe TeilnehmerIn »durfte« zwei Entwürfe vorlegen, auch gewachsen sind, wäre es dringend nötig der/die glückliche GewinnerIn sich über 15.000 gewesen, eine entsprechende Ausgangsbasis Euro freuen (und für alle Gestaltungsleistungen zu schaffen. Wir haben unsere Expertise und uneingeschränkte Nutzungsrechte für eine Hilfestellung angeboten, bis jetzt aber keine etwaige künftige Weiterverwendung gleich Antwort erhalten. Bleibt wohl gespannt abzu- drauflegen). Die nächstgereihten vier Teilneh- warten, wie sich die Kulturhauptstadt Europas merInnen sollten ein Abschlagshonorar von 2024 präsentieren wird. satten 750 Euro erhalten. www.salzkammergut-2024.at
MITTEILUNGEN 03.2020 11 , COVID-19 DESIGNAUSTRIA-UMFRAGE ZU DEN FOLGEN DER CORONA- PANDEMIE: RUNDE DREI Von 23. Juni bis 15. Juli 2020 befragte designaustria Österreichs Designschaffende zum dritten Mal zu den Auswirkungen von COVID-19 auf Arbeitssituation und wirtschaftlichen Erfolg. Die in mehrwöchigen Zeitabständen anonym durchgeführte Befragung soll sicherstellen, dass aktuelle Gegebenheiten und sich abzeichnende Entwicklungen sichtbar gemacht werden. Es ist geplant, die Ergebnisse und etwaige sich daraus ableitende F orderungen an politische EntscheidungsträgerInnen heranzutragen. Wir fassen hier die Ergebnisse aus Runde drei zusammen und stellen, soweit die Fragen es zulassen, Vergleiche zu Runde eins vom April 2020 und zu Runde zwei vom Mai 2020 an (Prozentangaben gerundet. Zu den Detailergebnissen von Runde eins siehe Ausgabe 2.2020). An der dritten Befra- stellten keine oder kaum Auswirkungen fest (20 % gungsrunde beteiligten gegenüber 25 % bzw. 26 % im Mai und April); verein- sich nur noch 59 Design- zelt wurde auch eine Verbesserung der Auftragslage schaffende – exakt halb gegenüber vor COVID-19 vermerkt (5 % gegenüber so viele wie in Runde 3 % bzw. 2 % im Mai und April). Durchschnittlich zwei (118) und um rechneten die Teilnehmenden wie schon in den ganze 56 % weniger als ersten beiden Befragungsrunden mit finanziellen in Runde eins (134). Einbußen von 37 % gegenüber dem Vorjahr (mit Dies mag auf eine Angaben zwischen 0 und 80 %). Dabei waren finanzi- geringere Relevanz der elle Auswirkungen zum Zeitpunkt der dritten Ergebnisse schließen Umfragerunde für deutlich weniger Teilnehmende lassen – oder aber eine spürbar als zum Zeitpunkt der zweiten Umfage im optimistische Deutung Mai (36 % gegenüber 46 %); nur mehr ein Viertel zulassen: Das Thema rechnete im Juni/Juli mit Auswirkungen das ganze scheint nicht mehr die Jahr 2020 über (gegenüber einem Drittel im Mai); große Brisanz zu haben längerfristige Auswirkungen erwarteten nur mehr wie noch vor einigen 29 % (gegenüber 42 % im Mai); mit keinen negativen Wochen. Auch allgemein weisen die erhobenen Auswirkungen rechneten allerdings nur knapp 7 % 9 M ichael Zutz: Zahlen bei aller gebotenen Vorsicht auf eine (im (gegenüber noch 12 % im Mai). Diese Zahlen lassen »Little Covid 19« für Vergleich zum Mai) insgesamt positive Entwicklung, den Schluss zu, dass nun eine realistischere Ein- Illustrators Against zumindest, was den Bereich Grafikdesign betrifft, schätzung sowohl der kurz- als auch der länger- COVID-19 in dem die überwiegende Mehrzahl der Teilneh- fristigen Entwicklung möglich scheint – einerseits menden (71 %) tätig ist, gefolgt von Produktdesign mehr Verschiebungen und Absagen bei einer deut- (8,5 %), Illustration (8,5 %), Webdesign (5 %) und licheren Sichtbarkeit wirtschaftlicher Einbußen; anderen Disziplinen (7 %). Ähnlich wie in den letzten andererseits leicht positive Entwicklungen wie beiden Runden wirkten fast ausschließlich Selbst- geringere aktuell zu vermerkende Einbußen sowie ständige (93 %) mit; der Rest entfiel auf Angestellte weniger große Befürchtungen hinsichtlich einer (3,5 %) und Personen, die sowohl selbstständig als längerfristigen Verschlechterung der Situation. auch angestellt sind (3,5 %). Von den Selbstständigen Dabei bleibt die Einschätzung der Verluste gegen- arbeiten 69,5 % alleine/als EPUs; 27 % im Verbund über 2019 jedoch konstant, was für eine relativ von bis zu 5 MitarbeiterInnen/KollegInnen; der Rest zuverlässige Prognose spricht. in größeren Betrieben. Im Gegensatz zu Runde zwei beteiligten sich im Juni/Juli wieder etwas mehr Unter den angestellten Designschaffenden waren Männer als Frauen (54 % gegenüber 46 %). mit Juni/Juli weniger zur Kurzarbeit angemeldet (knapp 11 %) als noch Anfang Mai (16 %) bzw. Anfang Zu den Auswirkungen von Corona meldeten 78 % April (23 %), und zwar im Ausmaß von durchschnitt- eine Verschiebung (Mai: 64 %, April: 71 %) sowie lich 23 % (April: 36 %), woraus hervorgeht, dass Kurz- 58 % Absagen von Aufträgen (Mai: 55 %, April: 51 %); arbeit weiter rückläufig ist. knapp 36 % gaben an, in dieser Situation keinerlei Möglichkeiten zur Neuakquise zu haben (in den Zur zweiten Runde im Mai wurde abgefragt, inwie- Vorrunden lag diese Zahl noch über 40 %). Weniger weit Mietreduktion beantragt wurde: Nur 2 von 12 Designschaffende als in den letzten beiden Runden ansuchenden Personen hatten eine solche erhalten.
12 MITTEILUNGEN 03.2020 COVID-19 Inwiefern wirkt sich die Corona-Pandemie auf deine Aufträge aus? (Mehrfachnennungen möglich) Im Rahmen von Runde drei fragten wir nach, inwie- bedeutet, als die Befragung ergeben hat, dass in weit die mögliche Stundung von Einkommensteuer Phase 2 nur 5 von 36 Anträgen positiv behandelt und Sozialversicherung beansprucht wurde: 5 % wurden. Hier scheinen die Nachbesserungen haben um Steuerstundung angesucht, 7 % um tatsächlich gegriffen zu haben. Beim Überbrü- Stundung der Sozialversicherungsbeiträge, 14 % ckungsfonds der Verwertungsgesellschaft Bildrecht um beides. wurden 6 von 7 Anträgen bewilligt, was weiterhin auf eine zuverlässige Hilfestellung hinweist. Keine Von 57 Teilnehmenden hatten zum Zeitpunkt der einzige an der dritten Befragungsrunde teilneh- dritten Befragungsrunde bereits 46 % Unterstützung mende Person hat beim Unterstützungsfonds des beantragt (Mai: 41 %, April: 25 %); bei knappen 18 % KSVF um Zuschüsse angesucht (im Mai waren es war die Antragstellung noch in Planung (Mai: 23 %, noch 4 Anträge, von denen 3 positiv beschieden April: 29 %). Wie schon im Mai betrachteten sich wurden). Je 2 Personen haben beim Familienhärte- auch im Juni/Juli 26 % als nicht anspruchsberechtigt fonds des Bundesministeriums für Arbeit, Familie (April: 43 %). Daraus geht hervor, dass sich der Kreis und Jugend oder bei regionalen Fördertöpfen Unter- der AntragstellerInnen – vermutlich auch aufgrund stützung bzw. einen Fixkostenzuschuss beantragt; der Anpassung bzw. Erweiterung von Unterstüt- diese Anträge wurden zu 50% bewilligt (jeweils zungsmöglichkeiten – noch einmal vergrößert hat. im Fall einer Person). Ein Antrag um Überbrückungs Als Gründe für eine nicht vorhandene Anspruchsbe- finanzierung der aws wurde gestellt und bewilligt. rechtigung wurden Unterrichtstätigkeit bzw. Mehr- An Unterstützungsgeldern wurden pro Antragstel- fachversicherung, zu hohes Einkommen bzw. kein lerIn durchschnittlich 2.272 Euro ausbezahlt ausreichender Rückgang der Einnahmen, Unterneh- (zwischen 0 und 12.000 Euro; Mai: 1.235 Euro). mensgröße, nicht ausreichend lange zurückliegende Unternehmensgründung sowie Verzerrung der Im Anschluss an den Fragebogen hatten die Teilneh- Einkommenssituation durch zeitversetzte Zahlungs- menden Gelegenheit, die Frage, wie designaustria in eingänge genannt. Hier gilt es zu prüfen, ob in dem der jetzigen Situation am besten unterstützen kann, einen oder anderen Fall aufgrund diverser Nach- individuell zu beantworten. 14 Personen nahmen besserungen bei/Erweiterungen von Zuschüssen diese Möglichkeit in Anspruch. Wie schon im Mai nicht doch eine Anspruchsberechtigung besteht waren vermehrt die klassischen Aufgaben einer (siehe dazu die Zusammenfassung auf S. 13). 11 % Berufs- und Interessenvertretung gefragt: Viele mochten sich mit dem Thema Unterstützung über- wünschen sich Information und Beratung, Aus- haupt nicht auseinandersetzen (Mai: 14 %, April: 5 %). tausch, intensive PR-Arbeit und eine Bewusstseins- schärfung für professionelles Design (Stichwort: Die meisten an der dritten Umfragerunde Teilneh- Qualitätssiegel) und seinen Wert in Gesellschaft menden, nämlich je 22 Personen (bzw. 69 %), haben und Wirtschaft. Auch Wünsche nach einer aktiven um Unterstützung in Phase 1 und Phase 2 des Schnittstelle zwischen Kreativbranche und Unter- Härtefall-Fonds der österreichischen Bundesregie- nehmerschaft, nach leistbaren (Online-)Weiter- rung angesucht; 20 bzw. 16 Personen haben die bildungsformaten sowie nach einer redaktionell beantragte Unterstützung auch erhalten, was eine betreuten Website, auf der u. a. die Möglichkeit der Verbesserung gegenüber der Situation im Mai Eigenwerbung besteht, wurden mehrfach geäußert.
MITTEILUNGEN 03.2020 13 COVID-19 CORONA-HILFSFONDS: WAS IST NEU? ERWEITE- RUNGEN DER COVID-19-ENTSCHÄDIGUNGEN ___ H ÄRTEFALL-FONDS, PHASE 2 NEU (WKO) Jede/r Anspruchsberechtigte soll über einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten zumindest 1.000 Euro/Monat ausbezahlt bekommen, zusammengesetzt aus dem schon bisher geltenden Mindestpau- schale von 500 Euro plus einem „Comeback-Bonus“ von weiteren 500 Euro. Die neue Höchstsumme der Gesamtförderung beträgt 15.000 Euro. Die Anzahl der förderbaren Monate wurde von drei auf sechs ausgeweitet – frei wählbar innerhalb eines Vergleichszeitraums von neun Monaten (16.03. bis 15.12.2020). Die Antragstellung ist bis 31.01.2021 möglich. Der Kreis der Anspruchsberechtigten wird neuerlich erweitert. Anspruchsberechtigt bleiben EPUs (neue Selbstständige), Kunst- schaffende, Kleinstunternehmen und freie DienstnehmerInnen. Dazugekommen sind zeitweise Beschäftigte und mehrfach gering- fügig beschäftigte Angestellte, sofern sie monatlich insgesamt über der Geringfügigkeitsgrenze liegen. www.wko.at/service/haertefall-fonds-phase-2.html Zudem wurde das Eintreten für eine soziale Absiche- ___ ÜBERBRÜCKUNGSFINANZIERUNG FÜR rung von freischaffenden Kreativen angeregt. SELBSTSTÄNDIGE KUNSTSCHAFFENDE (SVS) Für Designschaffende, die als eigenschöpferisch-kreative Gestalte- Wie schon beim letzten Mal wünschten sich einige rInnen ohne Gewerbeschein firmieren, eröffnet sich bis Ende Teilnehmende eine Reduktion bzw. Stundung des des Jahres die Möglichkeit, über die Sozialversicherungsanstalt designaustria-Mitgliedsbeitrags für das Jahr 2020. der Selbständigen (SVS) um Überbrückungshilfe anzusuchen. Es Gerne kommen wir diesem verständlichen Wunsch stehen 90 Millionen Euro zur Verfügung. Anträge sind unbürokra- dort nach, wo es Zahlungsprobleme gibt, und bitten tisch bis längstens 31.12.2020 an die SVS möglich. Die Beihilfe Betroffene, sich mit uns unter service@designaustria.at beträgt bis zu 6.000 Euro in Form einer Einmalzahlung. Leistungen in Verbindung zu setzen. Wir bitten noch einmal um aus dem Härtefall-Fonds der WKO werden a ngerechnet, die Verständnis, dass wir den Mitgliedsbeitrag in diesem Soforthilfe (Phase 1) des KünstlerInnensozialversicherungsfonds Jahr nicht generell erlassen können – unser Fortbe- (KSVF) nicht. Es muss eine wirtschaftliche Notlage in Folge von stand als Interessenvertretung hängt von dessen COVID-19 oder eine Gefährdung der Weiterführung der künstle- Bezahlung ab. rischen Tätigkeit vorliegen. Antragsberechtigt sind Personen, die Kunst und Kultur Als Berufsverband arbeiten wir ständig an der Ver- schaffen, ausüben, vermitteln oder lehren. Ein Zuschuss aus dem besserung unserer Serviceleistungen und an der KünstlerInnen-Sozialversicherungsfonds (KSVF) ist keine Voraus- Sichtbarmachung von Design in Wirtschaft und setzung; man kann sich im Zuge der Beantragung auch nachträg- Öffentlichkeit sowie bei Behörden. Wir bitten unsere lich als Kunstschaffende/r deklarieren. Es muss grundsätzlich Mitglieder, das bereits vorhandene Angebot aktiv zu zum 13.03.2020 eine Pflichtversicherung oder das Opting-in (nur nützen: Auf unserer Website (eine neue ist in Arbeit) Krankenversicherung) bei der SVS vorliegen bzw. bis spätestens gibt es die Möglichkeit, sein Portfolio online zu 13.06.2020 angemeldet worden sein. Auch Personen, die 2018 stellen und es mit der eigenen Website zu verlinken. und/oder 2019 pflichtversichert und zum Stichtag 13.03.2020 Webredaktion und »designaustria-Mitteilungen« künstlerisch tätig waren, sind anspruchsberechtigt. Der gleich- berichten gerne über aktuelle Projekte, Aktivitäten zeitige Bezug von Arbeitslosengeld schließt die Anspruchsberech- und Erfolge von Mitgliedern und stellen Studios vor. tigung aus, ein gleichzeitiger Pensionsbezug ist möglich. Wir bieten laufend ein Fortbildungsprogramm an, svs.at, bmkoes.gv.at/Kunst-und-Kultur/Neuigkeiten/ dessen Veranstaltungen von Mitgliedern zu vergün- Ueberbrueckungsfinanzierung.html stigten Tarifen oder sogar kostenlos besucht werden können. Informationen zur Berufsausübung von ___ COVID-19-FONDS, PHASE 2 (KSVF) Designschaffenden allgemein und zu Maßnahmen Mit 10.07.2020 fiel der Startschuss für Phase 2 des COVID-19- Fonds und Hilfestellungen im Zusammenhang mit COVID-19 im KünstlerInnensozialversicherungsfonds (KSVF) – für Künstle- werden laufend online und per Newsletter verlaut- rInnen und KulturvermittlerInnen, die weder beim Härtefall-Fonds bart. Wir bedanken uns für die Teilnahme an der der WKO noch beim Überbrückungsfonds der SVS die Anspruchs- Umfrage und das Lob, das uns einige ausgesprochen kriterien erfüllen. Eine Beihilfe bis maximal 3.000 Euro ist möglich, haben. Es ist uns wertvolle Motivation! bereits erhaltene Soforthilfe aus dem COVID-19-Fonds (KSVF) www.designaustria.at wird angerechnet. Die Antragsmöglichkeit für Soforthilfe aus dem COVID-19-Fonds (KSVF) ist beendet. www.ksvf.at/covid-19.html
14 MITTEILUNGEN 03.2020 COVID-19 »WAS BLEIBT FÜR INDUSTRIEDESIGN RELEVANT, NACH COVID-19?«… von Rudolf Greger erleben eine Korrektur. Das ist für manche von uns ein Schock. Da ist man verwundert, dass »statt der … fragte ein Freund kürzlich in die Runde. »Das Kreativen, die die Welt gestalten wollten, plötzlich kann doch nicht sein, dass die Kreativen als erstes andere Berufe wichtig sind.« gefressen werden?« Doch, sage ich, Industriedesign war immer schon ein Add-on, in vielen Fällen, es DESIGN BLEIBT NOTWENDIG ist (auch) eine Funktion für mehr Konsum. Diese Wer allerdings immer schon mit dem konsuman- Verwerfungen im Design werden nun sichtbar. Jähr- regenden Aspekt des Designberufs haderte, der lich eine neue Variante eines Gegenstands auf den findet sich schnell zurecht. Denn natürlich braucht Markt zu bringen, nur damit es etwas Neues gibt, es auch in Zukunft Design, und das mehr denn je, ohne sonstigen erkennbaren Mehrwert, war schon betone ich hier. Design im Allgemeinen, Industrie- immer bedenklich. Aber der Mensch leidet an design im Speziellen, ist bloß zurückgeworfen auf »Neophilie«, der Lust am Neuen, erklärt uns der seinen Ursprung. Die Dinge müssen funktionieren Anthropologe. Viele KollegInnen griffen diese Gier und sollen »nicht hässlich« sein. Design soll das nach Neuem auf und gestalteten Einzigartiges und Leben der Menschen verbessern. Verbessert ist es Begehrlichkeiten. DesignerInnen, die dem Credo dann, wenn technische Funktion klar erkennbar ist, folgten, wonach die Wirtschaft jährlich wachsen wenn man weiß, wofür ein Gerät gebraucht wird muss, die dabei auch vergaßen, dass sie zu einer und wie man es nutzt. Wir knüpfen (endlich) wieder privilegierten Minderheit gehören, die sich »Schönes« wenn nicht gar bei Victor Papanek, dann zumindest leisten kann, weil die Grundversorgung gegeben ist, bei Donald Norman und seinen Prinzipien an. Wir die meinten, dass ein Wasserglas aus Musselinglas schaffen keine Begehrlichkeiten und feuern damit läppische 44 Euro kosten muss, und die 1-Euro- den Konsum an, sondern wir verbessern das Leben, Gläser von Ikea verschmähten, die erleben nun ein indem die Dinge nützlich und praktisch sind – und böses Erwachen. bei dieser Gelegenheit gerne auch »schön« – ich nenne es »nicht hässlich«. BEDEUTUNGEN WERDEN KORRIGIERT Berufe, die sozial niedrig bewertet wurden, DESIGNERINNEN AN DER bekommen nun wieder ihren wahren Stellenwert SCHLÜSSELSTELLE zugewiesen. Plötzlich ist der/die GeneraldirektorIn, DesignerInnen können Einfluss auf Industrie und der/die BankerIn, der/die DesignerIn (!) nicht mehr die Gesellschaft ausüben, können Veränderungen der Star der Gesellschaft, sondern jene Personen, einleiten. Sie müssten bloß die Mechanismen der die die Nahversorgung aufrecht erhalten, die Leute Wirtschaft verstehen und keinen Luftschlössern im Supermarkt, ZustellerInnen, LKW-FahrerInnen, nachhängen. Der Mensch handelt als Einzelner Menschen, die die Infrastruktur am Leben erhalten, immer zu seinem Vorteil. Das muss nicht zwangs- die Wasserversorgung, Strom und Internet. Nicht läufig zum Nachteil der anderen sein. Der Designer/ dass es die Führungskräfte in diesen Wirtschafts- die Designerin kann Kraft seiner/ihrer Denkweise zweigen nicht braucht, aber ihre Bedeutung ist Strategien entwickeln, bei denen der Vorteil für den wieder auf ein normales Maß geschrumpft – wir Einzelnen auch ein Vorteil für die Gesellschaft ist.
MITTEILUNGEN 03.2020 15 COVID-19 Das ist der Schlüssel zur Lösung und auch der DESIGN LÖST PROBLEME Grund, warum designen der Schlüsselfaktor für wirt- Design ist ein Katalysator für Problemlösung. schaftlichen Erfolg ist. Wir müssen aufklären, infor- Die Herangehensweise beim Lösen von Problemen, mieren, erlebbar machen, dass ökologisch vorteil- beim Gestalten von Gegenständen, Prozessen und hafte Produkte Sinn machen. Nicht mit erhobenem Erlebnissen (Dienstleistungen) ist bekannt unter dem Zeigefinger, sondern mit besseren, freudvolleren Begriff Design Thinking. Dieser Fähigkeit soll man Erlebnissen. Der Mensch soll sich nicht für die sich in Zeiten von COVID-19 bedienen, und sie wird Entbehrung entscheiden (was er dauerhaft auch auch danach relevant bleiben. Der Mensch soll sich nicht tun wird), sondern für die Freude, für den an Dingen erfreuen, die auch schön sind. Doch mit Überfluss. Aber nicht auf Kosten der Umwelt, bewusster Wertschätzung und Achtung dessen, was sondern zu ihrem Vorteil. Cradle-to-Cradle, Circular uns gegeben wurde. Economy, Circular Design etc. sind die Schlagwörter, die es mit Leben zu erfüllen gilt. Design kann aufklären, ohne Dinge zu erzwingen. Der Mensch soll endlich (wieder) eigenverantwortlich agieren, sich selbstständig für das Bessere entscheiden, weil er es erkennt. Dass er es erkennt, das ist eine Aufgabe des Designs und der »Kreativen«, dadurch erlangen sie wieder einen relevanten Stellenwert. DESIGN FÜR DIE WIRKLICHE WELT – IST DAS SCIENCE FICTION? DesignerInnen können Motorräder und Smart- phones entwerfen, von denen die KonsumentInnen immer das neueste Modell begehren, sie können aber auch kluge Lehrsysteme und Inkubatoren für Afrika gestalten. Letzteres ist relevant und wird es auch nach COVID-19 bleiben. Trinkgläser, die nur in besonders aufwendiger Handarbeit hergestellt Illustrationen: Rudolf Greger werden können, sind wohl verzichtbarer Luxus. Überhaupt stellt sich die Frage nach dem Mehrwert von Handarbeit, wenn Maschinen den Menschen von der Knechtschaft der Industrie befreien können. ÜBER DEN AUTOR: Welchen Wert hat es, wenn Menschen vor dem Rudolf Greger möchte, dass ManagerInnen Design Thinking richtig verstehen. Mit seiner Hochofen ausharren müssen, wenn das auch ein 30-jährigen Erfahrung als Designer und Designunternehmer ist er Träger und A nwender Roboter erledigen kann? Wie heißt es in »Star Trek«? dieser Denkweise. Er schreibt Bücher, hält Vorträge und coacht ManagerInnen und »Wir arbeiten, um uns selbst und die Gesellschaft zu UnternehmerInnen. Jüngst erschienen ist Band 4 der Serie »6 Sätze über Design – verbessern.« Das soll unser Bestreben sein. Die Satz 3: Designen verbessert das Leben der Menschen« (als Taschenbuch, ISBN 979- »Kreativen« können dabei mithelfen. Aber immer 8662800908, und Kindle-Ausgabe). Und in Zeiten von Corona gibt es Design Thinking nur, indem sie die passenden Anreizsysteme jede zweite Woche via Zoom, in den Online-Abendgesprächen. In dieser Seminarreihe entwerfen, nicht, indem sie (vermeintlich) »richtiges« treffen sich Interessierte zum gemeinsamen Lernen und Gedankenaustausch. Verhalten erzwingen. Wir wollen aufklären, den Anmeldung im Design-Thinking-Tank. Menschen aus seiner Unmündigkeit herausführen. www.rudolfgreger.at dtt.at/dta
16 MITTEILUNGEN 03.2020 COVID-19 1 2 3 SEPARATED. UNITED. STRONG. In Zeiten von Isolation, Social Distancing, Shutdown aufmunternden animierten Arbeit »Social distancing und Maskenpflicht haben sich ein paar Leute vom will not last forever – Stay patient«. Witzige Anspie- Institut für Design & Kommunikation an der FH lungen und eine Comics entlehnte Bildsprache JOANNEUM in Graz ein paar Gedanken gemacht, setzte Maximilian Bauer in seiner Arbeit »Videochat« wie man den kreativen Spirit der Studierenden auf- ein, mit der er auf Platz 2 landete (siehe Abb. S. 3). recht erhalten und sie auch sonst bei Laune halten Unerschütterlicher Optimismus und Humor könnte. Die Idee zu diesem Online-Plakatwettbe- bescherten dem Team Andrea Pfleger & Rosalie werb, der unter dem Motto »On and in quarantine« Siegl und ihrer schlagkräftigen Arbeit »Some curves stand, wurde in einer kleinen Wohnung, getrennt are not meant to be flattened« Platz 3. Von apokalyp- von FreundInnen, KollegInnenen und StudentInnen, tischen Filmszenarien ließen sich Martina Nette & weitab vom gewohnten Lebensalltag, von Cafés, Kristina Sammer zu ihrer Arbeit »Kill it with soap« Ausstellungseröffnungen und gesellschaftlichen auf Platz 4 inspirieren. Die Plakate zeigen vielfältige Ereignissen, geboren: Neue Situationen brauchen Interpretationen zu Themen wie Abstand-Halten, neue Lösungen. Über die Jury, besetzt mit Instituts- Solidarität, Zusammenhalt, Verbundenheit, Gemein- leiter Karl Stocker, Studiengangsleiter Daniel Fabry schaft, Isoliertheit, Stärke, Liebe u. v. m. Viele und CIS-Chef Eberhard Schrempf sowie den Arbeiten bestechen durch Witz und verbreiten Lehrenden Anika Kronberger, Sigrid Bürstmayr, Illya Optimismus, andere zeugen von der Bürde der Pavlov und Tomislav Bobinec, ergoss sich ein wahres Einsamkeit, manche berühren durch starke Emotio- studentisches Ideenfeuerwerk, aus dem die besten nalität. Wir zeigen hier eine Auswahl – alle Plakate Entwürfe ausgewählt und deren GewinnerInnen am gibt es, zum Teil mit Kommentaren der Gestalte- 19. Mai 2020 umständehalber via ZOOM verkündet rInnen, online zu sehen: wurden. Platz 1 belegte Sarah Frühwirt mit der www.separated-together.net 4
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