MAGAZIN - Auf der Zielgeraden Das Velo fährt in die Verfassung - VCS Verkehrs-Club der Schweiz
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VCS mAGAZIN 3 / September 2018 F Ü R M O B I L I TÄT M I T Z U K U N F T Auf der Zielgeraden Das Velo fährt in die Verfassung Seite 18
Die ökologischen Sieger: Erdgas / Biogas-Fahrzeuge auf den Spitzenplätzen in allen Klassen. Testsieger der Auto-Umweltliste 2018* Platz 1: VW Polo 1.0 TGI; Platz 2: Seat Ibiza 1.0 TGI; Platz 3: VW eco up! 1.0 BMT, Skoda Citigo 1.0 MPI und Seat Mii 1.0 MPI Ecofuel Weniger CO2, weniger Schadstoffe und günstige Treibstoffpreise: Entdecken Sie jetzt alle Vorteile und Fahrzeugmodelle auf erdgas.ch. * Rangliste Verbrennungsfahrzeuge 300_0118002_Ins_VCS_2018_196x132_DE_RZ.indd 1 13.04.18 10:11 W E I S S D O C H D A S H Ü L E R . D E R F A H R S C J E Das Autofahr-Quiz mit über 1000 Preisen. Fragen beantworten, Punkte sammeln und gewinnen: Jeden Tag Sofortpreise, dazu Wochenpreise und den grossen Hauptpreis. Jetzt anmelden und loslegen auf rallye.ecodrive.ch
EDITORIAL P O L I T IK 4 Kurz & bündig Liebe Leserin, lieber Leser 6 Strom, Wasserstoff und Co.: Alternativen zu fossilen Brennstoffen Als Velofahrerin in © S. Troxler/VCS allen Lebenslagen 9 Leben ohne Auto – ein Porträt gelte ich oft als 10 Pedibus: den Schulweg unter den Füssen Exotin. Vorschläge 11 Schulweg 21: das rundum erneuerte Dossier für Kombinationen 13 Kampf den Pendlerströmen an der Grenze aus Zug-, Postau- 14 Petition gegen nächtlichen Fluglärm to- und Velofahrten 16 Tagung zur Mobilität der Zukunft zum Fachgeschäft 17 Verkehrssicherheit: Richtig fahren im Kreisel im Industriegebiet oder an schlecht erschlossene Veranstaltungs- D OS SIE R orte werden von vielen meiner Mitmenschen 18 Das Velo fährt in die Verfassung als nicht machbar beurteilt. Beim VCS Ver- Warum der Bundesbeschluss Velo, über kehrs-Club der Schweiz finde ich mich plötzlich den wir am 23. September abstimmen, in einem Umfeld wieder, in dem Velofahren allen Verkehrsteilnehmenden etwas bringt. auch in «unmöglichen» Situationen die mehr- heitsfähige Lösung ist. 26 MITGLIEDER ANGEBOTE Velofahren ist nicht nur eine gesunde, güns- tige und platzsparende Fortbewegungsart, 30 BERICHTE AUS DEN REGIONEN sondern lässt sich auch vielseitiger einsetzen, als manche denken. Trotzdem hat das Velo auf R E I SE N den Schweizer Strassen noch längst nicht den 36 Kritischer Genuss: Schiffsreise auf der Donau Platz, den es verdient. Am 23. September 2018 39 Ein Ausflug zum Museumsbahnhof ermöglichen die Stimmberechtigten dem Velo 40 Farbige und kontrastreiche Türkei – mit einem JA zum Bundesbeschluss Velo die eine Reportage Fahrt in die Verfassung. 42 Über die Lebenslust nach Tiroler Art Die Gleichstellung der Velowege mit den Fuss- und Wanderwegen bringt aber nicht nur den 44 INTERVIEW Velofahrerinnen und Velofahrern Vorteile. Le- mit dem neuen VCS-Präsidenten Ruedi Blumer sen Sie in unserem Dossier ab Seite 18, warum 46 INTERN Der neue VCS-Zentralvorstand stellt sich vor auch Fussgängerinnen, Busfahrer, Autolenke- 47 D E B AT T E rinnen, Kinder und Jugendliche, Feriengäste, Sind Fernbusse Risiko oder Chance? Pendler und Velosportlerinnen von einem JA 50 VER SICHERUNGEN profitieren. Was kann der Mensch für die Sicherheit tun? Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Lesen. 51 KURSBUCH Hans Häfliger über den Einsatz im Arbeitsalltag Nelly Jaggi, Redaktionsleiterin 56 WETTBEWERB Wer kennt die gesuchte Sportart? 57 BITTE MITDENKEN! mit Anders Gautschi 58 C ARTOON Titelbild: © Fabian Lütolf VCS MAGAZIN 3/18 3
POLITIK Auf dem neusten Stand © SchweizMobil Die Auto-Umweltliste des VCS erschient jeweils im Frühling als Ma- gazin, online gibt’s im Sommer ein Update mit den neusten Model- len. Bei den alternativen Antrieben wächst die Modellvielfalt. Neu auf dem Schweizer Markt erhältlich sind die Elektroautos Smart fortwo und Smart forfour sowie der Jaguar I-Pace. Eine weitere Neuheit ist der Toyota Mirai, das zweite Brennstoffzellen-Fahrzeug, das in der Schweiz erhältlich ist. Bei den Dieselautos bleibt die Problematik der hohen Stickoxid- Emissionen aktuell. Doch sind seit diesem Frühling einige neue Fahrzeuge auf dem Markt, die die Abgasnorm Euro 6d-TEMP erfül- len. Diese erfordert neben der Abgasmessung auf dem Prüfstand zusätzlich einen RDE-Test (Real Drive Emission), der den tatsäch- lichen Stickoxid-Ausstoss auf der Strasse misst. Beim Kauf eines Dieselautos empfiehlt der VCS Modelle, welche die neueste Norm erfüllen. Jubiläum für Schweizer Velowege Die aktualisierte Liste und weitere Informationen und finden Sie unter www.autoumweltliste.ch. Vor knapp 30 Jahren wurde im Kanton Solothurn ein Velorouten- netz ins Leben gerufen. Aus der kantonalen wurde eine nationale Angelegenheit, und 1998 konnte die Stiftung Veloland Schweiz © Fotolia neun nationale Velorouten eröffnen. Im Verlauf der Jahre kamen Wandern, Mountainbike, Skaten und Kanufahren dazu und 2008 wurde daraus unter dem Namen SchweizMobil ein einheitlich signa- lisiertes und kommuniziertes nationales Routennetz, das 2018 sein 20-Jahr-Jubiläum feiert. Fachseminar zum autoreduzierten Wohnen Die Plattform autofrei/autoarm Wohnen PAWO organisiert ein Fachseminar zum Thema «Parkplätze brauchen Platz – was kostet das?». Referate und ein Podium gehen den Fragen nach, was der Bau und Unterhalt von Parkplätzen tatsächlich kostet, wie sich das Phänomen Anwohnerparkkarten entwickelt und inwiefern der Bau von Parkplätzen überhaupt noch ein Bedürfnis ist. JA zur «Fair-Food-Initiative» Zeit und Ort: Markthalle, Basel, Mittwoch, 24. Oktober 2018 Die Volksinitiative «für gesunde sowie umweltfreundlich und fair Anmeldung bis 17. Oktober 2018: hergestellte Lebensmittel» verlangt unter anderem, dass regio- www.wohnbau-mobilitaet.ch → Veranstaltungen nal und saisonal produzierte Lebensmittel besonders gefördert Die Teilnahme ist kostenlos, die Teilnehmerzahl ist beschränkt. werden. Dadurch werden auch die Transportwege kurz gehalten. Eingeflogene Lebensmittel können mit der «Fair-Food-Initiative» erstmals zusätzlich belastet werden. Mit der Forderung nach weni- ger klima- und umweltbelastenden Transporten von Lebensmitteln Starke Beine beim VCS und Tierfutter leistet die Initiative einen wichtigen Beitrag, weite Gütertransporte wenn möglich zu Es ist eine Ehrensache, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mit- vermeiden oder auf möglichst ökolo- arbeiter des Zentralsekretariats an der jährlichen Aktion bike to gische Verkehrsmittel zu verlagern. work beteiligen. In fünf Teams haben sie im Deshalb empfiehlt der VCS den Juni insgesamt 1319 Kilometer zurückgelegt Stimmberechtigten, die «Fair-Food- und damit 190 Kilogramm CO2 eingespart. Initiative» anzunehmen. Sie haben an 94 Prozent aller Arbeitstage das Velo genommen. Und das Beste daran: die Allermeisten fahren jahrein, jahraus auf dem Velo an ihren Arbeitsplatz in der Berner Innenstadt. 4 VCS MAGAZIN 3/18
POLITIK Wanderplanung einfach gemacht Wie lange dauert eine Wanderung wirklich? In Zusammenarbeit mit © Fotolia den SBB entwickelten die Schweizer Wanderwege ein Planungsin- strument, mit dem die passenden ÖV-Verbindungen herausgesucht und Pufferzeit sowie Rastpausen entsprechend einkalkuliert wer- den können. Auf der Serviceplattform wandern.ch ist das Hilfsmit- Autoimporteure entlarvt tel exklusiv verfügbar. Interessierte können das Planungsinstrument im Benutzerkonto Letztes Jahr hat das Schweizer Volk deutlich JA zur Energiestra- auf www.wandern.ch 30 Tage lang unverbindlich testen. Die neue tegie, und somit auch zum dort definierten CO2-Neuwagenziel, Funktion steht gesagt. Das Parlament hat dieses ebenfalls mehrfach bestätigt. allen Gönnerinnen Trotzdem hat der Bundesrat die Frist für die Herabsetzung des und Gönnern der CO2-Grenzwertes um zwei Jahre nach hinten verschoben, auf Schweizer Wander- Druck der Autoimporteure. Bei Überschreitung der CO2-Zielwerte wege sowie den werden diese sanktioniert. Auto-schweiz, die Vereinigung der Abonnentinnen offiziellen Automobil-Importeure, hat bereits für die Einhaltung und Abonnenten der 130-Gramm-Grenzwerte Bussenprognosen von bis zu 800 Mil- des Magazins lionen Franken erstellt. Nun wurde diese Prognose von der Tages- Wandern.ch frei presse als falsch entlarvt: Die Mitglieder von auto-schweiz zahlen zur Verfügung. praktisch keine Sanktionen. Das ist falsch, denn in Anbetracht der verheerenden Klimasituation ist es dringend angezeigt, dass auch die Auto-Importeure ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten. © zVg GESAMTE EXTERNE KOSTEN UND NUTZEN DES VERKEHRS 2015 Privater motorisierter Zwar belaufen sich die Kosten Strassenverkehr für den Velo- und den Fussver- 72 % | 9,2 Mrd. Fr. kehr im Jahr 2015 auf 1 Milliarde Personen 57 % Franken. Blickt man aber im Ver- Güter 15 % gleich auf den externen Gesund- heitsnutzen von 1,3 Milliarden Luftverkehr 10 % | 1 Mrd. Fr. Franken, resultiert daraus ein Personen 9 % Plus von 0,3 Milliarden Franken. Güter 1 % Externe Kosten Schiene des Verkehrs 2015 8 % | 1,1 Mrd. Fr. 12.8 Mrd. Fr. Personen 5 % Güter 3 % © muellerluetolf.ch, Zahlen: Bundesamt für Raumentwicklung ARE Externe Kosten Langsamverkehr Langsamverkehr 7 % | 1 Mrd. Fr. 1 Mrd. Fr. Öffentlicher Strassenverkehr 2 % | 0,3 Mrd. Fr. Externer Gesundheitsnutzen Schiff Langsamverkehr
POLITIK Gesucht: Klimafreundliche Alternativen Von Mauro Bolzern Einst galten sie als treibende Kraft für den Fortschritt, heute weiss Illustration: Pasquale Herren man, dass sie Klimakiller Nummer eins sind: fossile Brennstoffe. Welche Alternativen gibt es und wie lassen sie sich einsetzen? Eine Analyse ohne Anspruch auf Vollständigkeit. D ie Bewegung von Personen und Gütern braucht Energie. Seit der Industrialisie- rung wird diese Energie zu grossen Teilen Strom, Wasserstoff und Co. CO2 verstärkt den Treibhauseffekt und droht, unseren Planeten unbewohnbar zu machen. Lastwagen und Flugzeuge geben wird, müs- sen diese klimaverträglich – also CO2-frei – betrieben werden.» aus fossilen Quellen gewonnen. Beinahe un- Seit den 90er-Jahren ist die Weltgemeinschaft ser ganzes Verkehrssystem wird mit Benzin, auf der Suche nach Strategien, um diesem Pro- Kein «Wundermittel» Diesel, Kerosin und weiteren Produkten aus blem Herr zu werden. Mit dem Klimaprotokoll Die energietechnischen Vorteile der fossilen fossilen Lagern betrieben. Dies hat zur Fol- von Paris verpflichtete sich die Schweiz 2015 – Treibstoffe können nicht durch ein einziges ge, dass eigentlich sauber weggeschlossener zusammen mit dem Rest der Welt –, die globa- klimafreundliches «Wundermittel» ersetzt Kohlenstoff als atmosphärisches CO2 unser le Erwärmung auf 1,5 bis 2° Celsius gegenüber werden. «Mit zunehmendem Wirkungsgrad- Klima anheizt. dem vorindustriellem Niveau zu beschränken. verlust lassen sich drei Systeme mit fossilfrei- Fossile Treibstoffe haben eine enorm hohe Es liegt auf der Hand, dass die Massnahme em Antrieb skizzieren», sagt Konstantinos energetische Dichte und lassen sich gut lagern. darin besteht, den Ausstoss von CO2 drastisch Boulouchos, Professor am Institut für Ener- Die Energieträger brauchen wenig Platz, lassen zu reduzieren. Damit das gelingt, müssen wir gietechnik der ETH Zürich und Leiter des sich also mobil für den Verkehr gut nutzen. den Gebrauch von fossiler Energie beenden. SCCER «Efficient Mobility». «Die erste und Was vor zweihundert Jahren als gute Lösung Rund 40 Prozent der Treibhausgas-Emissio- beste Möglichkeit besteht in der vollständigen erachtet wurde, stellt die globale Gemeinschaft nen in der Schweiz entstehen durch den Ver- direkten Elektrifizierung des Verkehrs. Als heute vor eine grosse Herausforderung. kehr. Um diesen schädlichen Energiedurst zweite Möglichkeit bieten sich Brennstoffzel- so weit als möglich loszuwerden, braucht es len-Fahrzeuge an. Hier wird mit Strom Was- Alternativen. Martin Winder, Kampagnen- serstoff hergestellt, welcher dann entspre- leiter fürs Klima beim VCS Verkehrs-Club chende Brennstoffzellenmotoren antreibt. Als der Schweiz, erklärt: «Der VCS möchte zual- dritte Möglichkeit schliesslich gibt es Koh- lererst weniger Verkehr, dann sollen effiziente lenwasserstoffantriebe. Auch hier wird der Verkehrsmittel wie Bahn und Velo besser ge- Treibstoff – zum Beispiel Methan – mit Strom nutzt werden. Weil es auch dann noch Autos, künstlich hergestellt», sagt er. Strom, Wasserstoff und Co. können fossile Treib- stoffe in allen Bereichen ersetzen. Die Grafik zeigt, was bereits heute technisch möglich ist. 6 VCS MAGAZIN 3/18
POLITIK So klappt’s Ein gutes Bild bezüglich CO2-Ausstoss gibt die Schweiz auf der Schiene ab. Während weltweit noch rund ein Drittel des Schie- nentransports mit Diesel betrieben wird, erwähnt der aktuelle Klimabericht der UNO die Schweiz lobend. Hierzulande fahren Züge fast ausschliesslich mit Strom aus Wasserkraft. So klappt’s nicht Die Luftfahrtindustrie hängt immer noch Vor- und Nachteile sind die wesentlichen Treiber hinter diesen dem Gedanken nach, ihre Flugzeuge mit Jedes dieser drei Systeme hat Vor- und Nach- sogenannten Power-to-Gas- und Power-to- Biotreibstoff – also Treibstoff aus verrot- teile. Bei der batteriegestützten direkten Liquid-Verfahren. Hier gibt es die entspre- teten Pflanzen – zu betreiben. Obwohl das Elektromobilität geht am wenigsten Ener- chende Marktgrösse», erklärt Boulouchos. grundsätzlich klimaneutral wäre, ist es kei- gie von der Gewinnung bis zum Antrieb des ne Option: Der Landverbrauch der Pflanzen Fahrzeugs verloren. Der Wirkungsgrad ist Eine grosse Herausforderung ist schlichtweg zu gross. am höchsten. Elektrischer Strom lässt sich Das Kernproblem all dieser Technologien aber nur relativ kurz in Batterien lagern. Zu- liegt laut Boulouchos im Strombedarf. Da- dem haben batteriebetriebene Verkehrsmit- mit der CO2-Ausstoss wirklich gesenkt wer- tel eine eingeschränkte Reichweite. Damit ist den kann, muss der benötigte Strom erneu- Batterie/elektrisch die Anwendung in der Frachtschifffahrt und erbar sein. Und hier sieht er in erster Linie in der Luftfahrt problematisch. die Stromhersteller in der Pflicht. «Der Elek- Brennstoffzellen Beim Antrieb mit Wasserstoff ist die trizitätssektor muss einen Zacken früher Reichweite weniger ein Problem. Leider entkarbonisiert werden als der Verkehr. Nur Kohlenwasserstoff braucht es für diese Technologie eine kom- schon, weil die Umstellung dort länger dau- plett neue Infrastruktur zur Herstellung und ert», sagt er. am besten! Verteilung des Treibstoffes. Das treibt die Gelöst ist das Klimaproblem damit na- Kosten in die Höhe. Es ist also kein Wunder, türlich noch nicht. Die Emissionen, die bei dass in der Schweiz erst wenige Wasserstoff- der Produktion der Verkehrsträger entste- autos auf dem Markt sind und lediglich zwei hen, oder die Probleme, die aus der Verfüg- Wasserstofftankstellen existieren. barkeit der Technologien entstehen, bleiben Etwas geringer ist die Sorge um die In- bestehen. Das bedeutet, dass auch noch CO2 frastruktur bei der Kohlenwasserstofftech- ausgestossen wird, wenn jeglicher Treibstoff nologie. Künstlich hergestelltes Methan fossilfrei produziert werden kann. Es bleibt und fossiles Erdgas sind chemisch prak- noch viel zu tun. tisch identisch. Die bereits existierende Infrastruktur für Gasfahrzeuge kann so mit vergleichsweise wenig Zusatzaufwand weitergenutzt werden. Allerdings geht bei der Herstellung des Treibstoffs viel Energie verloren. Der benötigte Kohlenstoff sollte zudem aus der Luft gewonnen werden, um die Technologie klimaneutral betreiben zu können. «Frachtschifffahrt und die Luftfahrt VCS MAGAZIN 3/18 7
Velo-Wochenende am Klausenpass Samstag, 22. September 2018 und am Pragelpass Sonntag, 23. September 2018 Ein Wochenende – zwei Pässe motorfahrzeugfrei: Samstag 22. September FreiPass Klausen von 09:00 bis 16:00 Uhr Sonntag 23. September FreiPass Klöntal Pragel von 10:00 bis 15:00 Uhr Das gibt es in der ganzen Saison 2018 und im ganzen Alpenraum nur einmal! Eine grossartige Gelegenheit, in stiller Naturkulisse Bewegung, Musse und Erholung zu finden! www.freipass.ch DORIS, RENÉ & IHRE E-BIKES VITAL UND KRAFTVOLL Konfiguriere auch Du Dein Velo von A-Z nach Deinen Wünschen und Vorlieben. Ganz persönlich. Und so einzigartig wie Du. tds-rad.ch
POLITIK Kein Auto, keine Zwänge Text und Bild: Camille Marion Muss man im Stadtzentrum wohnen und arbeiten, um auf ein eigenes Auto verzichten zu können? Nicht unbedingt. Priscila und Benoît Dessibourg leben mit ihren Kindern in Grolley – ohne Auto, in aller Selbstverständlichkeit. «U nsere Verwandten halten unseren Schritt für wagemutig, dabei hat es sich für uns bloss so ergeben», sagen Priscila und Benoît Dessibourg schmunzelnd. Als ihr Auto letzten Februar früher als erwartet den Geist aufgab, schafften sie sich einfach kein neues mehr an. Sie hatten schon seit ei- niger Zeit mit dieser Idee gespielt, vor allem seit sie ins schöne Grolley (FR) gezogen wa- ren. Ihre Beweggründe sind vor allem ökolo- gischer Art, allerdings war das Auto sowie- so nie ihr Lieblingstransportmittel gewesen. Das junge Freiburger Paar gewöhnte sich denn auch rasch und problemlos an den Wech- sel, ihre Töchter Anaya und Léonore (sechs be- ziehungsweise bald vier Jahre alt) ebenfalls. Im Alltag mobil Benoît Dessibourg ist Projektverantwortli- cher bei den Freiburger Verkehrsbetrieben in Givisiez. Die sechs Kilometer Arbeitsweg legt er Tag für Tag mit dem Velo zurück. Er mag die Strecke und fährt sie schon lange. Priscila Dessibourg ist Familienfrau, aber Ausflüge mit Velo und Anhänger ermöglichen viele schöne Erlebnisse. oft unterwegs. Die Stadt Freiburg ist nicht weit weg, die Familie geht regelmässig zwei- mal pro Woche auf den Markt. Bis ins Stadt- zentrum dauert es nicht mal eine halbe Stun- nicht zu verachten: Seit die Familie kein ei- Die Familie ist sowieso nicht auf Ausflüge de, der Bahnhof liegt quasi vor der Haustüre genes Auto mehr besitzt, stehen Ende Monat ans andere Ende der Welt aus, sondern profi- und die Züge fahren im Halbstundentakt. jeweils mehrere hundert Franken zusätzlich tiert gerne von den vielen Möglichkeiten, die zur Verfügung. die Region bietet. Zu Fuss, auf dem Velo, mit Miteinander teilen dem Zug oder im Schatten des Anhängers – für Braucht die vierköpfige Familie für be- Lernen, sich Zeit zu nehmen Anaya und Léonore hat sich im Alltag kaum stimmte Gelegenheiten dennoch ein Auto, Nachahmern empfehlen die beiden, den etwas verändert. sind die Nachbarn jeweils gerne bereit, ihres Schritt erst einmal einfach zu wagen und Diesen Sommer verbringt die Familie aus zu leihen. Benoît Dessibourg hat auch schon sich darauf einzulassen. «Es geht darum, Grolley ihre Ferien in Champex. Léonore Autos benützt, die von Privatpersonen ver- sich ein wenig anders zu organisieren», er- freut sich jetzt schon auf die Reise mit Zug mietet werden. Und für Ausflüge in die Ber- klärt Priscila Dessibourg. «Man nimmt sich und Bus, vor allem aber auf den Sessellift! ge lässt er sich gerne von seinem Vater mit- mehr Zeit, um etwas zu erledigen, und jeder nehmen. Weg hat sein Gewicht. Ich hatte nie den Ein- Von den vielen Vorteilen ihrer neuen au- druck, Autofahren sei die ‹natürlichste› Sa- tolosen Situation passt dem Paar vor allem che der Welt, im Gegenteil. Weil damit al- dieses Miteinander, das Teilen und der Aus- les scheinbar ganz einfach zu erreichen ist, tausch mit Freunden, Familie und Nach- fälscht es unsere Wahrnehmung der zurück- barn. Auch die finanziellen Vorteile sind gelegten Distanzen.» VCS MAGAZIN 3/18 9
POLITIK Den Schulweg unter den Füssen Von Nelly Jaggi Mit dem Pedibus kommen Kinder sicher in den Kindergarten oder zur Schule. In der Romandie ist der Pedibus ein Grosserfolg mit 1500 Linien – in der Deutschschweiz nimmt er nicht so richtig Fahrt auf. Warum? VCS A uf eigenen Füssen unterwegs, erleben Kinder am meisten. Die Blume am Weg- … und in der Deutschschweiz? Marthaler kann über die Gründe für den so aktiv! rand begutachten, die Katze der Nachba- rin streicheln, die neuen Schnürsenkel des unterschiedlichen Erfolg in der lateinischen und der deutschen Schweiz nur mutmassen. Freundes bewundern ... Der VCS Verkehrs- Wohl nehmen in der Deutschschweiz viel Woran hapert es? Sagen Sie es uns! Club der Schweiz weiss um die Qualitäten mehr Schülerinnen und Schüler den Weg un- Warum kommt der Pedibus in der Deutschschweiz des Zufussgehens – sein Projekt Pedibus un- ter die eigenen Füsse (vier von fünf – gegen- nicht so richtig in Fahrt? terstützt Eltern und Lehrkräfte darin, Kin- über zwei Dritteln in der Romandie und gera- Gerne erfahren wir vom VCS die Gründe – und dern einen sicheren und erlebnisreichen de mal knapp der Hälfte im Tessin). Trotzdem mögliche Lösungen: Schulweg zu ermöglichen. wird jedes zehnte Kind von den Eltern im Der Pedibus – der Schulbus auf Füssen – Auto zur Schule gefahren – die Tendenz zu Ist der Pedibus zu wenig bekannt? funktioniert fast wie ein Schulbus. «Eine Pe- solchen «Elterntaxis» ist leider steigend. Ist der Pedibus zu wenig attraktiv? dibus-Linie führt ab einem definierten Start «Der spätere Start des Pedibus in der Was braucht es, damit private Initiativen als über verschiedene Haltestellen zum Kinder- Deutschschweiz ist ein möglicher Grund», Pedibus gemeldet werden? garten oder zur Schule», erklärt Katja Mar- so Marthaler. «Zudem gehen wir davon aus, Katja Marthaler, Schulwegsicherheit, freut sich auf thaler, beim VCS für die Schulwegsicherheit dass viele Initiativen existieren, die auf un- Ihre Rückmeldungen: zuständig. «Unterwegs können die Kinder serem bewährten Konzept beruhen, aber schulwege@verkehrsclub.ch oder 031 328 58 46. ‹einsteigen›, am ‹Steuer› geht eine erwachse- nicht als Pedibus-Linien angemeldet sind.» Weitere Informationen zum Pedibus finden Sie ne Begleitperson – das kann ein Vater, eine Die Vorteile liegen indes auf der Hand: unter www.pedibus.ch oder www.schulwegplan.ch. Grossmutter oder ein engagierter Götti sein.» kostenlose Beratung durch Koordinatoren, Leuchtwesten für die Begleitpersonen sowie Erfolg in der Westschweiz … Leuchtdreiecke für die Kinder – lediglich die Pedibus feiert nächstes Jahr sein 20-jähri- Haltestellen-Tafeln sind kostenpflichtig. ges Bestehen. Das Projekt hat seinen Ur- sprung in der Westschweiz und ist dort mit über 1500 verschiedenen Linien ausgespro- chen erfolgreich. Viele welsche Kinder Schulweg zu gefährlich? gehen über Jahre hinweg mit dem Pe- Ist ein Schulweg objektiv betrachtet nicht dibus zur Schule. Auch im Tessin er- zumutbar, muss die Gemeinde dafür sor- freut sich der Pedibus wachsender gen, dass die notwendigen Massnahmen Beliebtheit. ergriffen werden. Diese objektive Ein- In der Deutschschweiz steckt der schätzung inkl. konkreter Massnahmen, Pedibus noch in den Kinderschuhen. um die Schulwege sicherer zu gestalten, Zwar gab es erste Versuche, eine bietet der Schulwegplan des VCS: ein Pedibus-Linie zu initiieren, im partizipatives Vorgehen in fünf Schritten VC S Kanton Bern bereits vor rund © unter Einbezug der Kinder, der Eltern, der 15 Jahren, etliche Jahre spä- ter auch in anderen Kanto- Lehrpersonen, der Polizei und der Gemein- nen. Doch verschwinden sie debehörden. Unter Leitung von Fachleuten oft bereits nach einem halben des VCS werden innerhalb von 12 bis 18 Schuljahr. Eine Umfrage 2016 im Monaten die wichtigsten Gefahrenstellen Auftrag des VCS ergab: 96 Prozent der wel- eruiert und Empfehlungen erarbeitet. schen Eltern kennen das Konzept Pedibus – Weitere Informationen gibt es per jedoch lediglich 28 Prozent der Deutsch- E-Mail (schulwege@verkehrsclub.ch), schweizer Eltern. Telefon (031 328 58 46) oder unter www.schulwegplan.ch. 10 VCS MAGAZIN 3/18
POLITIK «Meine Arbeit hält sich in Grenzen» Von Myriam Holzner Rundum erneuert und erweitert: das bewährte VCS-Unterrichtsdossier zum Thema Schulweg. Neu orientiert es sich am Lehrplan 21. Lehr- personen haben es getestet und für sehr gut befunden – Schülerinnen und Schüler ebenfalls. F ür Lehrpersonen in vielen Kantonen be- © Fotolia gann das neue Schuljahr mit einer neu- en Herausforderung: dem Lehrplan 21 mit seinen Vorgaben bezüglich Fächern, Lern- zielen, Kompetenzorientierung. Da kommen Ideen für die Unterrichtsgestaltung inklusi- ve fertiger Unterlagen wie gerufen. Seit einigen Jahren bietet der VCS Ver- kehrs-Club der Schweiz ein Unterrichts- dossier zum Thema Schulweg an. Dieses hat er nun – mit Unterstützung des nationalen Kompetenzzentrums Bildung für Nachhal- tige Entwicklung éducation21 – rundum er- neuert, das heisst: aktualisiert, erweitert und an den Lehrplan 21 angepasst. Die Kinder entdecken lassen Das Dossier umfasst neu 10 Unterrichtsein- heiten: 4 Einheiten für den Kindergarten Zu Fuss unterwegs in den Kindergarten oder zur Schule entdecken die Kinder die Welt. sowie die 1. und 2. Primarklasse (Zyklus 1) und 6 Einheiten für die 3. bis 6. Primarklas- se (Zyklus 2). sind zeitlich so gestaltet, dass immer mal ten offen sein und die Schulkinder in die Ge- Bei der Überarbeitung hat der VCS gezielt wieder ein Thema daraus mit der Klasse be- staltung und Koordination des Unterrichts Fachleute beigezogen, um das Dossier zu be- arbeitet werden kann», sagt sie. miteinbeziehen.» urteilen und probeweise damit zu arbeiten. Auch Jugendliche haben das Dossier kri- Timo Mosimann äussert auch einen per- Zum Beispiel Edith Heinimann-Staub, tisch begutachtet – und für gut befunden. sönlichen Wunsch: «Die Lehrpersonen soll- Unterstufenlehrerin in einer mittelgrossen Zum Beispiel der 14-jährige Timo Mosi- ten ein Vorbild sein und auch ihren eigenen Gemeinde in Baselland. mann, der die 7. Klasse in Biel/Bienne be- Weg zur Arbeit überdenken.» Heinimann-Staub hat sich das Dossier sucht. «Die Verflechtung des Themas Schul- für den 1. Zyklus angeschaut und sagt: «Das weg mit nachhaltiger Entwicklung ist sehr Material überzeugt mich dadurch, dass es gut gelungen», urteilt er. Und findet es super, Das neue Unterrichtsdossier die Kinder sehr vieles selbst entdecken resp. dass Kinder bereits früh auf diese Thematik «Schulweg 21» tun lässt. Für mich als Lehrperson liegt eine sensibilisiert und angeregt werden, sich Ge- Das rundum überarbeitete und aktuali- detaillierte Beschreibung vor – meine Arbeit danken über grössere Zusammenhänge zu sierte Dossier steht online zur Verfügung: hält sich in Grenzen. Dieser Aspekt ist mir machen. www.schulweg21.ch sehr wichtig, da bei all den vielen Heraus- als Gesamtdossier mit 10 Einheiten forderungen für Lehrpersonen oft die Zeit Blick über den Tellerrand dafür fehlt, viel Material selbst herzustellen.» Unter den 10 Unterrichtseinheiten hat er ei- als einzelne Unterrichtseinheiten nen klaren Favoriten: die Einheit «(Schul-) Insbesondere für Mediatheken steht der Für Nachhaltigkeit sensibilisieren Wege in anderen Ländern». «Durch einen Ordner mit gedruckten Kopiervorlagen Nach den Sommerferien wird Heinimann- Film erhalten die Kinder einen Einblick in (rund 70 Seiten) bereit – gratis zu bestel- Staub das Thema «Schulweg» zwischen die Lebens- und Schulsituationen anderer len: schulwege@verkehrsclub.ch oder Sommer- und Herbstferien voraussichtlich Kinder und werden dadurch angeregt, über 031 328 58 58. mehrmals einfliessen lassen – auf Basis des den eigenen Tellerrand zu blicken», begrün- Das Dossier dient auch als Ideenkorb für VCS-Unterrichtsdossiers. «Die Sequenzen det der 14-Jährige. Und rät: «Die Lehrer soll- die Aktionswochen «walk to school». VCS MAGAZIN 3/18 11
Umweltschonend waschen Ein winziger Streifen Waschmittel genügt. Einfach in die Wäsche legen. Fertig. Dizolve packt ultra-konzentrierte Waschkraft in gerade mal 3 Gramm pro Waschgang. Das Anschleppen von schweren Waschmittelbehältern und die umständliche Abfallentsorgung entfallen. Weniger ist mehr – Ihnen und der Umwelt zuliebe. Dizolve verzichtet auf Farbstoffe, Bleichmittel und organische Lösungsmittel. Auch parfümfrei (z.B. für Allergiker) erhältlich. Tintendruckerpatronen Dizolve-Beutel mit oder ohne Frischeduft für 32 Waschgänge werden versandkostenfrei per Briefpost geliefert. bis 50% günstiger! Leserangebot 20% Rabatt * Druckerpatronen wiederaufbereiten spart Geld und schont die Umwelt. 1 Packung à CHF 12.80 statt 16.– 100% Qualität seit 2004. oder Gratismuster anfordern unter: Schweizer Profilabor www.dizolve.ch Bei Ihrer Online-Bestellung eingeben: Jetzt profitieren: Tel. 061 3151020, * Angebot gültig bis: 31.10.2018 Gutscheincode VCS818 im Online-Shop oder am Kundenschalter PB retail GmbH 9052 Niederteufen Tel. 071 333 43 67 THINKshop.ch Direktverkauf in Frenkendorf Parkstrasse 6 (Danfossgebäude), gegenüber Aldi Wenn Ihnen die Natur am Herzen liegt Sie möchten etwas hinterlassen. Nicht nur Ihren Nachkommen, sondern der Welt als Ganzem. Mit einer testamentari- schen Spende an Pro Natura können Sie sich über Ihr Leben hinaus für die Natur stark machen. Bestellen Sie unseren Ratgeber «Heute schon an morgen denken» oder verlangen Sie für ein vertrauliches Gespräch Frau Agnes Kaelin. Der Ratgeber kann auch auf support.pronatura.ch/legate als PDF heruntergeladen werden. Pro Natura Dornacherstrasse 192 4053 Basel Tel. 061 317 91 91
POLITIK Kampf den Pendlerströmen Von Monika Tschannen, Programmleitung Mehr als 300 000 Menschen pendeln täglich aus dem angrenzenden «Mobilitätsmanagement in Unternehmen» Ausland zu Arbeitsstätten in der Schweiz. Ein zukunftsweisendes Projekt aus dem Tessin zeigt, wie die täglichen Stausituationen bekämpft werden können. D ie Region rund um die Stadt Lugano leidet © Davide Marconi, Planidea, Tessin seit Jahren unter Verkehrsstaus, Lärm und schlechter Luft. Zusätzlich zum einheimischen Verkehr pendeln täglich 65 000 Personen aus Italien zu Arbeitsstätten im Tessin. Nun haben die Gemeinden Lugano, Grancia und Collina d’Oro beschlossen, gemeinsam die Verkehrs- situation im Areal «Pian Scairolo», dem Ge- werbe- und Industriegebiet der Agglomerati- on Lugano, mit attraktiven Massnahmen zu verbessern. Die Gemeinden können dabei auf die Hilfe des Kantons zählen. Dieser engagiert sich mit einem Förderprogramm und unter- stützt Mobilitätsmassnahmen zusammen mit dem nationalen Programm «Mobilitätsma- nagement in Unternehmen» (siehe Kasten). Das Pendler-Schiff «Fenice Bella» im Einsatz Konkret wurde im Areal «Pian Scairolo» In diesem Herbst startet ein weiteres zwischen Porto Ceresio (I) und Morcote. eine Mobilitätszentrale eingerichtet, welche Pilot projekt mit zwei grenzüberschreiten- die ansässigen Unternehmen vernetzt und den Shuttlebus-Linien. Mobilitätsexperten zur Umsetzung von gemeinsamen Massnah- fordern aber auch die Behörden: Längerfris- men motiviert. Im Areal arbeiten 4200 Per- tige Massnahmen wie der Bau von Trottoirs, sonen, etwas mehr als die Hälfte davon sind Scooter-Sharing oder eine städtische Seil- Grenzgängerinnen und Grenzgänger. Eine bahn sollen helfen, Staus zu verhindern. Befragung hat ergeben, dass knapp 90 Pro- zent mit dem Auto zur Arbeit pendeln. Kombination von Massnahmen «Mobilitätsmanagement In den Betrieben der drei Gemeinden wurden in Unternehmen» Innovative Lösungen sind gefragt die verschiedenen Mobilitätsangebote und Lö- Ende 2017 startete ein Pilotprojekt mit ei- sungen mehrfach und über verschiedene Kanä- Über das Programm «Mobilitätsmanagement nem Pendlerschiff zwischen Porto Ceresio (I) le kommuniziert. Erste Beobachtungen zeigen, in Unternehmen» von EnergieSchweiz werden und Morcote. Es bietet den Grenzgängerin- dass die Massnahmen ein Schritt in die richti- Unternehmen motiviert, den von ihnen verur- nen und Grenzgängern eine Alternative zum ge Richtung sind. Eine Verlagerung von Einzel- sachten Verkehr effizient auszugestalten und täglichen kilometerlangen Stau an der Gren- fahrten hin zu Fahrgemeinschaften, eine ver- neue Organisationsformen und Angebote ein- ze. Das Angebot wurde medial breit aufge- mehrte ÖV-Nutzung sowie eine Steigerung der zuführen. Interessierte Unternehmen erhalten nommen und überzeugte die Betroffenen. Velofahrten zeichnen sich bereits ab. Man darf von Mobilitätsexperten kostenlos eine Input- Seit 2018 ist es im Tarifverbund integriert aber nicht vergessen, dass Änderungen im Mo- beratung und werden in der Analyse finanziell und wird von den Unternehmen mit Gratis- bilitätsverhalten Zeit brauchen und noch nicht unterstützt. wochenkarten gefördert. alle Massnahmen umgesetzt wurden. Interessierte Betriebe können sich bis Ende Als weitere Massnahmen wurden Anrei- Wichtig für den Erfolg ist eine gute Kom- 2018 direkt bei der Programmleitung melden: ze zum Kauf eines ÖV-Jahresabonnements bination verschiedener Mobilitätsmass- info@rundum-mobil.ch geschaffen oder E-Bikes und E-Scooter ange- nahmen. So sind etwa beschränkte Park- boten. Nur einzelne Betriebe haben hingegen möglichkeiten und Parkgebühren hilfreich, Mehr Informationen zum Programm: Kriterien zur Vergabe und Gebühren zur Nut- gleichzeitig müssen Massnahmen mit einem www.mobilitaetsmanagement.ch zung von Parkplätzen eingeführt – eine äus- konkreten Nutzen für die Pendlerinnen und Gute Praxisbeispiele sind auf der Plattform serst wirksame, aber umstrittene Massnahme. Pendler umgesetzt und beworben werden. www.mobilservice.ch aufbereitet. VCS MAGAZIN 3/18 13
© fotolia POLITIK Unterschreiben Sie die Petition online bis zum 30. September 2018! www.cesar-klug.ch/petition Kinder sind von Fluglärm besonders stark betroffen. Der Himmel wird immer lauter Von Yves Chatton Die starke Zunahme des Flugverkehrs hat schwere gesundheitliche Folgen für die Anwohnenden von Flughäfen. Da die Bundesbehörden untätig bleiben, lancierte die Koalition KLUG eine Petition für eine Nachtruhe von 22 Uhr bis 7 Uhr an allen Schweizer Flughäfen. Z um Beispiel Mittwoch, der 4. Juli 2018: Ein letztes Flugzeug landet um 0.21 Uhr auf dem Genfer Flughafen. Am nächs- nommen. Nur wenige Stunden Ruhepause sind der Genfer Bevölkerung gegönnt, deren Schlaf direkt betroffen ist. Dieses Beispiel ist lärms zu schützen, aber das ist bei weitem nicht ausreichend. Das Beispiel der in der Lärmschutz-Ver- ten Morgen werden die ersten Flugbewe- leider kein Einzelfall. Flugbewegungen und ordnung (LSV) festgelegten Immissions- gungen bereits um 6.10 Uhr wieder aufge- die damit einhergehenden Lärmbelastungen grenzwerte veranschaulicht das Problem. haben in den letzten Jahren in der Schweiz Diese Werte sind Schwellen, ab welchen die ständig zugenommen. negativen Auswirkungen des Lärms auf die Bevölkerung allzu schwer wiegen. Diese Zahlen und Fakten Lärm macht krank Werte werden jedoch rund um Flughäfen Rund 100 000 Personen sind in der Jüngsten Studien zufolge haben Personen, regelmässig überschritten. Ausserdem kom- Schweiz übermässigem Fluglärm ausge- die regelmässig Fluglärm ausgesetzt sind, men jüngste Studien zum Schluss, dass schon setzt. ein höheres Risiko für Bluthochdruck, Herz- eine Lärmbelastung unter diesen Grenzwer- Die festgesetzten Immissionsgrenzwerte Kreislauf-Krankheiten und Diabetes. Die ten für die Bevölkerung gesundheitsschäd- für Wohngebiete (60 dB[A] für den Tag und andauernde Lärmbelastung löst Stress und lich ist. Die Immissionsgrenzwerte werden 50 dB[A] für die Nacht) werden rund um Schlafstörungen aus und kann die Psyche damit weder eingehalten, noch sind sie auf Flughäfen regelmässig überschritten. der Menschen in Mitleidenschaft ziehen. dem neuesten Stand. Kinder sind besonders von Fluglärm 2016 wurden in unserem Himmel 468 226 betroffen. Laut Hans Göschke, Arzt und Für Nächte ohne Fluglärm Flugbewegungen verzeichnet. Für 2030 ist Mitglied des «Schutzverbands der Bevölke- Angesichts der Passivität der Behörden lan- eine Zunahme auf 632 000 Flugbewegun- rung um den Flughafen Basel-Mülhausen», cierten die Mitgliedsorganisationen der Ko- gen vorgesehen, 35 Prozent mehr als heute. «hemmen die Schlafstörungen die kognitive alition Luftverkehr Umwelt und Gesundheit Das aktuelle Nachtregime garantiert kei- Entwicklung von Kindern und schlagen sich KLUG eine Petition. Sie fordern vom Bund nen erholsamen Schlaf. deutlich in ihrer Lernfähigkeit nieder. Dies eine Nachtruhe von 22 Uhr bis 7 Uhr an al- ▪ Flughafen Basel-Mülhausen: 24 Uhr kann schwere Auswirkungen auf ihre schu- len Schweizer Flughäfen und konzessionier- bis 5 Uhr lischen Leistungen haben.» ten Flugplätzen. Sie verlangen weiterhin, ▪ Flughafen Bern-Belp: 23 Uhr bis 6 Uhr unter Berücksichtigung der aktuellsten wis- ▪ Flughafen Genf: 24 Uhr bis 6 Uhr Untätigkeit der Behörden senschaftlichen Kenntnisse, neue Grenzwer- (Verspätungen bis 0.30 Uhr erlaubt) Der Bund plant die Entwicklung des Flug- te festzulegen. ▪ Flughafen Zürich: 23 Uhr bis 6 Uhr verkehrs. Trotz der ständig betonten Risiken Hoffen wir, dass der Himmel in den (Verspätungen bis 23.30 Uhr erlaubt) setzt er weiter auf ein unbedachtes Wachs- nächsten Jahren am 4. Juli ruhiger sein wird tum dieser Branche. Natürlich versucht er, und die Genfer Bevölkerung ungestört träu- Mehr Infos unter www.klug-cesar.ch die Bevölkerung vor der Zunahme des Flug- men kann. 14 VCS MAGAZIN 3/18
Velo und Zug clever kombinieren. Kombinieren Sie die Flexibilität eines Velos nahtlos mit der Zuverlässigkeit der Züge. So sind Sie pünktlich und flexibel unterwegs, tun etwas für Ihr Wohlbefinden und schonen die Umwelt. Unterwegs mit Ihrem Velo. Beispiel Zugformation IC Strecke Bern–Brig: Nehmen Sie Ihre Zweiräder mit auf Reisen. ù 1 1 1 2 2 2 2 ü Mit einem gültigen Velobillett können Sie 1 2 A B 4 5 C 9 D Velos und E-Bikes in die meisten Züge der SBB und der anderen Bahnen sowie in Weitere Informationen fi nden Sie unter die meisten Postautos selbst verladen. Die sbb.ch/veloverlad. Zweiräder können allerdings nur mittrans- portiert werden, wenn genügend Platz dafür Fahrspass dank modernen Mietvelos. vorhanden ist. Für einige Strecken bestehen Wie wärs mit einem Velo-Ausfl ug ohne Einschränkungen. Transportsorgen? An schweizweit 200 Stationen, davon über 80-mal an Bahn- Zur Reiseplanung lohnt sich ein Blick auf den höfen, erwarten Sie Mietvelos von Rent a Online-Fahrplan unter sbb.ch: Bike: ob E-Bikes, E-Mountainbikes, Country- • Reservierungspfl ichtige Züge oder Post- bikes, Mountainbikes, Tandems, Fatbikes, autos erkennen Sie am Veloreservierungs- Kindervelos oder Kinderanhänger. Die über signet . 4500 Mietvelos erfüllen höchste Ansprüche. • Züge ohne Verlademöglichkeit sind mit tunnel (IC2/21). Reservieren Sie bequem Velos und E-Bikes, die Sie an einem Bahnhof dem Signet gekennzeichnet. online auf SBB.ch, mit SBB Mobile oder am mieten, können Sie in der Regel auch an • Die Auslastungsprognose ( ) zeigt Ihnen, Bahnhof bis 5 Minuten vor Abfahrt. einem anderen Mietbahnhof zurückgeben. in welchen Zügen mit Kapazitätsengpäs- Die schönsten Mietvelotouren als attraktive sen zu rechnen ist und ob sich ein anderer Schon gewusst? Bereits ab drei Stunden Kombi-Angebote sowie Touren-Tipps fi nden Zug besser eignet. vor der Abfahrt können Sie sich im Online- Sie auf sbb.ch/mietvelo. Fahrplan und in der App SBB Mobile infor- Obligatorische Reservation vom 21. März bis mieren, in welchen Sektoren die Wagen mit Schicken Sie Ihr Velo auf Reisen. zum 31. Oktober in InterCity-Zügen (IC), die Veloplätzen halten. Im Online-Fahrplan und Geben Sie Ihr Velo einfach am Bahnhof im Fahrplan mit dem Veloreservierungssignet in der Smartphone-App SBB Mobile werden auf, dann ist es schon vor Ihnen da. gekennzeichnet sind, z.B. via Jurasüdfuss die Standorte für viele Verbindungen unter Wie das funktioniert, erfahren Sie auf (IC5/51) oder durch den Gotthard-Basis- «Zugformation einblenden» angezeigt. sbb.ch/veloversand.
POLITIK Mobilität der Zukunft Von Nelly Jaggi Lärm, Dreck und hoher Energieverbrauch: Der heutige Verkehr wird bestimmt durch Strukturen der Vergangenheit. Eine Fachtagung fragt nach der Mobilität der Zukunft. Der VCS Verkehrs-Club der Schweiz lädt Penher fokussiert auf die Entwicklung der als Tagungspartner der Schweizerischen vergangenen Jahre auf Strasse, Schiene und Energie-Stiftung (SES) am 21. September im Luftraum. zur Fachtagung 2018 und fragt nach der Mobilität der Zukunft. Zwar sind autono- mes Fahren, Elektrofahrzeuge und smarte Verkehrskonzepte greifbar nah, doch die Realität sieht anders aus. Der Verkehr – am Boden wie in der Luft – ist nach wie vor ge- prägt durch Lärm, Dreck und hohen Ener- VCS-Mitglieder profitieren gieverbrauch. Zeit und Ort: Freitag, 21. September 2018, von Die Kehrseite der Mobilität 9 bis 17 Uhr im Technopark Zürich Wie sehr die Vision und die heutige Reali- Anmeldung: tät auseinanderklaffen, wird auch Stépha- energiestiftung.ch/fachtagung18 | nie Penher, Bereichsleiterin Verkehr und info@energiestiftung.ch | Im Auto, auf dem Velo, zu Fuss? Eine Tagung fragt Kommunikation beim VCS, thematisieren. nach der Zukunft der Mobilität. Ihr Input mit dem Titel «Der Verkehr frisst Tel. 044 275 21 21 Raum, Zeit und Energie» beleuchtet die Anmeldeschluss: Kehrseite der heutigen Mobilität. 14. September 2018 E nergiepolitik ist Verkehrspolitik: Der Verkehr ist einer der grössten Energie- verbraucher, er verbraucht einen Drittel der Während die zurückgelegten Transport- kilometer pro Person seit dem Jahr 2000 um über 30 Prozent gestiegen sind, nahm Die SES-Fachtagung ist öffentlich – VCS- Mitglieder profitieren von einer reduzierten gesamten Endenergie. Zudem verursacht er die Bevölkerung in dieser Zeitspanne um Tagungsgebühr von Fr. 260.– (statt Fr. rund einen Drittel der CO2-Emissionen in weniger als 20 Prozent zu. Dieses überpro- 360.–). Im Preis inbegriffen sind Welcome- der Schweiz. Zur Energiewende gehört also portionale Wachstum an Verkehr braucht Drink, Zwischenverpflegung und Stehlunch. auch die Verkehrswende. Raum, Zeit und Energie und ist defizitär. Die Anzahl Plätze ist beschränkt. ANZEIGE 16 VCS MAGAZIN 3/18
POLITIK Sichtbar fahren rettet Leben Von Nelly Jaggi Velofahrerinnen und Velofahrer werden im Kreisverkehr häufig zu spät gesehen. Der VCS empfiehlt deshalb: «Fahr im Kreisel in der Mitte». Mit dieser Aufforderung geht die Kampagne fahr sichtbar in die zweite Runde. B ei jedem dritten Unfall in einem Kreisel ist ein Velofahrer involviert. Hauptver- ursacher ist er aber nur in vier Prozent al- Rahmen der Kampagne «Vorsicht Vortritt» gemacht wurde: «Es bestehen grosse Wis- senslücken, was das sichere Velofahren im linie im Kreisel, klare Zeichen, aber auch Kleidung in leuchtenden Farben – kann im Strassenverkehr Leben retten. ler Fälle, wie eine Analyse des Bundesamts Kreisel angeht. Nur jede zweite befragte Per- für Strassen zeigt. Der Kreisverkehr verklei- son, die regelmässig Velo oder Auto fährt, nert zwar die Konfliktpunkte für den moto- kannte die sichere Fahrlinie im Kreisel.» HELEN risierten Verkehr im Gegensatz zu einer her- Am grössten sind die Wissenslücken in der kömmlichen Kreuzung, für Velofahrende Westschweiz, bei den 36- bis 60-Jährigen birgt er hingegen Gefahren. Oft kommt es und bei Autofahrenden, die selber nicht auf zum Zusammenstoss, weil Velofahrende von dem Velo unterwegs sind. Autofahrenden zu spät gesehen werden. «Velos werden im Kreisel besser gesehen, Fahren in der Mitte ist erlaubt wenn sie in der Mitte fahren», erklärt Mi- Im Frühling haben der VCS Verkehrs-Club chael Rytz, Verkehrssicherheitsexperte beim der Schweiz und Pro Velo unter dem Titel VCS Verkehrs-Club der Schweiz. Er verweist fahr sichtbar eine landesweite Sicherheits- auf eine Umfrage, die vor zwei Jahren im kampagne lanciert. Auf die Aufforderung «Hand raus beim Abbiegen» folgt nun «Fahr im Kreisel in der Mitte». «Gerade die schma- le Silhouette der Velofahrenden trägt dazu bei, dass sie im Kreisverkehr schlecht sicht- bar sind. Indem sie vom Rechtsfahrgebot ab- weichen – was explizit gestattet ist –, rücken sie früher ins Sichtfeld der Autofahrenden», FA H R I M K R E I S E L betont Rytz. IN DER MIT TE. Pro Velo Schweiz / VCS Verkehrs-Club der Schweiz 4 Die richtige Fahrweise kann den beiden W W W. FA H R-S I CH T BA R .CH häufigsten Konflikten entgegenwirken: Der 180731_pro_velo_plakat_kreisel_F4_895x1280mm.indd 1 31.07.18 10:39 Autofahrer übersieht bei der Einfahrt in «Fahr im Kreisel in der Mitte»: Erhöht die den Kreisel die Velofahrerin und die Auto- Sicherheit aller und ist gesetzlich erlaubt. 3 fahrerin überholt im Kreisel den Velofahrer und schneidet ihm bei der Ausfahrt den Weg ab. Die Schuld darf dabei nicht nur bei den Autolenkenden gesucht werden. Gera- Harry Hasler sucht das 2 de innerorts müssen sie viele Eindrücke auf «Velotalent of Switzerland» einmal verarbeiten und es kommt zu einer 1 Es ist eine Castingshow mit prominenten Ju- Überbeanspruchung der Wahrnehmungs- roren: Harry Hasler (Viktor Giacobbo), Mara fähigkeit. Dieser fallen Objekte mit wenig Meister (Fabienne Hadorn) und Walter Schlegel, Kontrast, niedriger Helligkeit und geringer Ausdehnung zum Opfer – alles Eigenschaf- Polizeikommandant von Graubünden, suchen Richtig durch den Kreisel – so geht es das «Velotalent of Switzerland». Bei der Be- ten, die mehr oder weniger auf Velofahren- 1. Werfen Sie einen Blick zurück und fahren Sie wertung der Velofahrenden liefern sich der de zutreffen. gegen die Mitte der Fahrbahn. uniformierte Schlegel, der Autofan Hasler und Das bestätigt auch die Statistik: 2017 ha- 2. Die Fahrzeuge im Kreisel haben Vorfahrt. ben sich in der Schweiz rund 80 Prozent der die Velofahrerin Meister einen witzigen Schlag- 3. Fahren Sie im Kreisel in der Mitte der Kollisionen zwischen Velofahrenden und abtausch rund ums korrekte Linksabbiegen und Fahrbahn. motorisierten Fahrzeugen bei guten Sicht- richtige Fahren im Kreisverkehr. Die Kurzfilme 4. Geben Sie vor dem Verlassen des Kreisels ein verhältnissen am Tag ereignet. Sichtbares gehören zur Kampagne fahr sichtbar und sind deutliches Handzeichen. Fahren – dazu gehören die richtige Fahr- seit Juni auf diversen Onlinekanälen zu sehen. VCS MAGAZIN 3/18 17
DOSSIER © Fabian Lütolf Auf der 18 VCS MAGAZIN 3/18
DOSSIER Zielgeraden Velofahrer, aber auch Fuss- gängerinnen, Busfahrer, Autolenkerinnen, Kinder, Jugendliche und Seniorinnen, Feriengäste und Pendler: Alle profitieren vom JA zum Bundesbeschluss Velo am 23. September. Unser Dossier verschafft Ihnen den Überblick. VCS MAGAZIN 3/18 19
DOSSIER Ein Gewinn für alle Von Nelly Jaggi Die meisten von uns wechseln immer mal wieder das Verkehrs- mittel – und damit auch die Perspektive. Wer profitiert wie von einem JA zum Bundesbeschluss Velo? Eine Zusammenstellung. den Bundesbeschluss Velo und passio- Fotos: Fabian Lütolf Velofahrende nierte Velofahrerin. «Ich erhoffe mir kla- re Regeln, wo Velos fahren sollen und fahren dürfen. Heute herrscht vielerorts Auf der Strasse müssen sich Velofah- Platzmangel – die Leidtragenden sind rerinnen und Velofahrer einen Platz ne- die Velos», ergänzt Juerg Haener von Pro ben Autos, Motorrädern, Bussen und Velo Schweiz. Trams erkämpfen, in Mischzonen mit Veloausflüge und -ferien im eigenen Fussgängerinnen und Fussgängern kas- Land erfreuen sich grosser Beliebtheit sieren sie oft böse Blicke. Mit der rasant (siehe Seiten 24 und 25). Radsport ge- wachsenden Zahl der E-Bikes sind die niesst in der Schweiz eine lange Tra- Ansprüche an die Infrastruktur zusätz- dition und hat viele bekannte Namen lich gestiegen. «Nach einem JA zum Bun- hervorgebracht. Ob Profi, Nachwuchs- desbeschluss Velo erhoffe ich mir mehr sportlerin, Freizeitfahrer oder Pendlerin separate Velospuren und Velowege mit zur Arbeit oder zur Schule: Es braucht freier Fahrt, also ohne dauerndes Kreu- gute Rahmenbedingungen, damit Velo- zen vortrittsberechtigter Strassen und fahrerinnen und Velofahrer sicher un- Ausfahrten», sagt Myriam Holzner, Ver- terwegs sein können. antwortliche der VCS-Kampagne für sagt Thomas Schweizer, Ge- Zu-Fuss-Gehende schäftsführer von Fussverkehr Schweiz. «Es ist nicht der drin- gende Wunsch der Velofahrer, «Velofahrende weichen dann aufs Trot- auf dem Trottoir Slalom zu fahren. Der toir aus, wenn sie sich auf der Strasse un- Konflikt ist planerisch vorgezeichnet. sicher fühlen», sagt die Kampagnenver- Daran sind nicht die Velofahrer schuld», antwortliche Holzner. Die routinierte ergänzt er. Von einem JA zum Bun- Velofahrerin traut sich selbstbewusst ins desbeschluss Velo erhofft er sich neuen Verkehrsgewusel der Städte und ärgert Schwung auch für die Anliegen der Fuss- sich über Velofahrende auf Trottoirs und gängerinnen und Fussgänger. «Wir for- Fusswegen. Doch sie weiss: «Viele weniger dern eine Fusswegnetz-Planung, die alle geübte Radlerinnen und Radler, gerade Probleme von Kindern, Alten und Be- auch Kinder und Jugendliche, fühlen sich hinderten abdeckt. Wir hoffen, dass die durch die Autos und Camions bedrängt – Velowegnetz-Planung parallel gemacht insbesondere bei hohen Geschwindigkei- wird und die Konflikte gleich themati- ten und auf engen Strassen.» siert werden. Das dient sowohl den Velo- «Fussgängerinnen und Velofah- fahrenden wie auch den Zu-Fuss-Gehen- rer kämpfen eigentlich für das Gleiche», den», sagt Schweizer. 20 VCS MAGAZIN 3/18
DOSSIER teilt, braucht es entsprechend Platz und ÖV-Nutzende klare Regeln. Insbesondere auf anstei- genden Strassen seien geteilte Fahrspu- ren mit Velos nicht ideal, bestätigen auch Für die Fahrgäste des öffentlichen Ver- die Berner Verkehrsbetriebe Bernmobil. kehrs (ÖV) ist die Rechnung einfach: Pedalen bis ins Ziel Werden mehr kurze Fahrten mit dem Velo statt mit dem ÖV unternommen, 2015 als «Velo-Initiative» vom VCS Verkehrs-Club steigen die Chancen auf einen Sitzplatz der Schweiz und von Pro Velo lanciert, hat das An- und eine staufreie, also pünktliche Fahrt. liegen für die Gleichstellung der Velowege mit den Gerade für Distanzen von weniger als Fuss- und Wanderwegen den politischen Prozess im fünf Kilometern bietet das Velo eine gute Eiltempo durchlaufen. Der Bundesbeschluss Velo – Alternative zum ÖV – das E-Bike sogar die mehrheitsfähige Antwort des Bundesrates auf für zehn Kilometer und mehr. «Ein gutes die Volksinitiative – geniesst breite Unterstützung. Velowegnetz trägt dazu bei, Bahn, Bus Wir sind auf der Zielgeraden, freuen uns auf ein JA und Tram zu entlasten», heisst es denn am 23. September 2018 und pedalen weiter für eine auch in der bundesrätlichen Erläuterung gute Velowegnetz-Planung. zum Bundesbeschluss Velo. Separate Busspuren bringen den ÖV Bundesbeschluss Velo flüssig voran – werden sie mit Velos ge- Art. 88 Fuss-, Wander- und Velowege 1 Der Bund legt Grundsätze über Fuss-, Wander- und Velowegnetze fest. 2 Er kann Massnahmen der Kantone und Dritter zur Anlage und Erhaltung solcher Netze sowie zur Infor- Autofahrende mation über diese unterstützen und koordinieren. Dabei wahrt er die Zuständigkeiten der Kantone. 3 Er nimmt bei der Erfüllung seiner Aufgaben Rück- Auch die Autofahrerinnen und Autofah- sicht auf solche Netze. Er ersetzt Wege, die er auf- rer profitieren von einer stärkeren Ver- heben muss. kehrsentflechtung. Gerade zu Stosszeiten und an grossen komplexen Verkehrs- knoten bringt sie mehr Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmenden. Deshalb sagt – neben zahlreichen anderen Verbänden – selbst der Touring Club Schweiz (TCS) JA zum Bundesbeschluss Velo, dessen zentrales Engagement dem motorisier- ten Individualverkehr gilt. © VCS VCS-Kampagne Das Velo ist das Verkehrsmittel für kurze Distanzen. Velofahren schont das Klima, es hält gesund und ist im Trend. Eigene Wege und Spuren machen es sicherer und angenehmer. Der VCS engagiert sich seit Jahren für das Velo – seine Abstimmungskampagne zeigt dieses Engagement spielerisch auf: Tausende von Sätteln parkierter Velos werden in diesen Wochen in den VCS-Farben vor Regen und Sonne geschützt. Flyer, Plakate und unzählige Facebook- Posts tragen die Argumente zu den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern. Flyer und Plakate ausdrucken und streuen: www.verkehrsclub.ch/material Online-Umfrage: mitmachen und ein E-Bike gewinnen unter www.vcs-velo.ch VCS MAGAZIN 3/18 21
DOSSIER Sie tun schon viel Landauf, landab setzen sich die VCS-Sektionen seit Jahren für eine gute und sichere Veloinfrastruktur ein. Meist geht es um bauliche Massnahmen – aber auch um Aufklärung. Ein JA zum Bundesbeschluss Velo wird diese Anlagen hoffentlich gesamt- schweizerisch voranbringen. Die Sektion beider Basel hat © Bau- und Verkehrsdepartement BS sich dafür eingesetzt, dass der ursprünglich nur für Fussgänger vorgesehene Steg unter der neuen Die Sektion Jura hat be- Eisenbahnbrücke über den Rhein In Zürich wird ein neuer Velotunnel gebaut, der reits 1989 die Initiative heute auch von Velofahrerinnen Velostreifen bei der Sihlpost soll dafür ersatzlos «Place au vélo» ins Leben legal befahren werden darf. gestrichen werden. Die Einsprache der Sektion gerufen. In der Folge hat der Kanton 1994 ein Gesetz war vor Gericht © VCS über die Förderung und die Basel leider erfolglos. Sicherheit des Veloverkehrs erlassen. Jura Zürich © VCS Solothurn Im Kanton Die Luzerner Sektion kämpft für die «Vision Velonetz Solothurn Luzern Luzern», eine umfassende Verbindung aller wichtigen sind die so- Zentren und Wohngebiete mit Velobahnen, Velostrassen genannten und Velowegen oder Velostreifen. «Holperkanten» Stein des Anstosses. Bern Nach erfolgreichen Gesprächen zwi- Die Regionalgruppe Ob- und schen Behörden und der Solothurner Bern hat sich intensiv Nidwalden Sektion werden zukünftig die Inter- an der Planungsstudie Die Sektion Ob- und Nidwal- essen von Sehbehinderten – sie sind Velonetz Bern Ost-Os- den war 2017 Mitinitiantin Graubünden auf bauliche Abtrennungen ange- termundigen beteiligt. der IG Velowege Obwalden: wiesen – und Velofahrenden besser Graubünden verfügt zwar über 50 Firmen, Institutionen und abgewogen. eine sehr gute Infrastruktur Gemeinderäte haben die Peti- fürs Mountainbiken, beim tion für sichere Velowege im Alltagsveloverkehr gibt es Sarneraatal unterzeichnet. hingegen Handlungsbedarf. Genf Die Sektion hat sich bei der Vernehmlassung des kanto- Der Sektion Genf geht es nicht um nalen Sachplans Velo kritisch © VCS Infrastruktur, sondern um Veloför- eingebracht. derung: Mit der Kampagne «E-Bike versus Scooter» zeigt die Sektion Genf jungen Erwachsenen auf, wel- che ökologischen, ökonomischen und praktischen Vorteile ein E-Bike gegenüber einem Scooter hat. Vélo électrique ou scooter – Vous vous posez la question ?! 22 VCS MAGAZIN 3/18
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