MOBILITÄT - 05 | Juni 2021 - Transfer und Innovation ...
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© Universität Passau Editorial Liebe Leserinnen und Leser, Mobilität bewegt uns alle, im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. So gesehen ist es natürlich kein Wunder, dass sich viele der TRIO-Partnerhochschulen auf vielfältige Wei- se mit dem Thema Mobilität beschäftigen und in ganz unterschiedlichen Disziplinen ganz unterschiedliche Aspekte beleuchten. Ein konkreter Anlass, diesem Thema einen Schwerpunkt in unserem Transfermagazin TRIOLOG zu widmen, war der Europäische Verkehrsministerrat, der im Oktober 2020 an der Universität Passau getagt hat. Pande- miebedingt musste der Ministerrat zwar am Ende virtuell stattfinden, nichtsdestotrotz konnten sich die niederbayerischen Partnerhochschulen in einem „Schaufenster der Region“, einer analogen Ausstellung vor Ort, mit ihren Forschungs- und Kooperations- projekten zum Thema präsentieren. Diese Ausgabe zeigt, wie vielfältig Mobilität gedacht und erforscht werden muss: ob auf der Straße, der Schiene, in der Luft, ob elektrisch oder mit Wasserstoff angetrieben, ob real oder virtuell, ob technisch, gestalterisch oder juristisch. Überall tauchen offe- ne Fragen und Probleme auf, die nach Antworten und Lösungen verlangen. Um diese irgendwann anbieten zu können, werden auch an den TRIO-Partnerhochschulen neue Ideen umgesetzt und neue Forschungsansätze verfolgt. So war es nicht schwer, dieses Heft mit spannenden und interessanten Inhalten zu füllen, die einen Teil der Aktivitäten darstellen, aber natürlich in keinster Weise Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Das Themenspektrum ist dennoch weit: von Künstlicher Intelligenz bis zu modernster Sen- sorik, von energieeffizienten Energiemöglichkeiten bis zu innovativen Antriebssystemen, von Drohnen bis zu autonomen Shuttles. Mobilität – und alles, was dazu gehört, ist eine der großen Herausforderungen der Zukunft. Die TRIO-Hochschulen wollen ihren Beitrag dazu leisten, diese zu meistern. Viel Spaß beim Lesen! Ihr Prof. Dr. Tomas Sauer 3
Inhalt 16 Schwerpunkt Mobilität 3 16 uf dem Weg in ein multimobiles Zeitalter A Megatrend Mobilität – eine Einführung ins Thema 20 L and in Bewegung Wie Künstliche Intelligenz Mobilität verbessern kann 24 ehen oder bleiben? Zurückkommen! G Editorial Wie junge Akademiker*innen entscheiden, wo sie leben wollen 3 Prof. Dr. Tomas Sauer 26 F ortschritt auf Schienen Die Eisenbahn als Zukunftsmodell? Ein Gespräch mit zwei 6 Passauer Professoren 30 Der Mobilität der Zukunft verschrieben Neues aus der Forschung am Technologie Campus Plattling 36 Vorwärts mit Wasserstoff Erneuerbarer Energieträger für die Zukunft Meldungen 38 egweisend für E-Mobilität W 6 aus den Hochschulen Forschung an leistungsfähigeren Akkus 40 Mobil im ländlichen Raum 12 Sensorentests und ein Shuttle für mehr Mobilität im ländlichen Raum 44 utonomes Fahren im Live-Test A In Regensburg ist der People Mover unterwegs 46 Über den Wolken zählen Vertrauen und Kontrolle Forschung in Bildern Wie das Potenzial (teil)autonomer Drohnen entwickelt werden kann 12 wischen Faszination und Erkenntnis Z Forschung, festgehalten in 48 Mobiles Arbeiten in virtuellen Räumen eindrucksvollen Bildern Entwicklung einer interaktiven Kollaborationsplattform für die Automobilindustrie 50 obilität konkret M 56 Projekte, Aktionen und Einschätzungen aus den TRIO-Hochschulen zu Themen rund ums Mobilsein
Inhalt 61 64 Nahaufnahme 54 64 Reallabore Was steckt dahinter? 66 Kluge Köpfe 54 rof. Dr. Ursula Regener P Vizepräsidentin der Universität Regensburg für Internationalisierung und Diversity TRIO 66 ooperation hat viele Gesichter K 55 r. Georg Schwab D Transferstellen bringen Wissenschaft und Wirtschaft Geschäftsführer der AVL Software and zusammen Functions GmbH 70 ie etwas andere Art der Partnervermittlung D 56 Start des TRIO-Transferportals 56 Standort Ostbayern In Highspeed die Welt vernetzen HiveMQ aus Landshut entwickelt Software für das Internet der Dinge 58 Koopieren lohnt sich 72 72 Science Fiction ie Autonomation der Logistik D Prof. Dr. Sebastian Meißner wirft einen Blick in die Zukunft TRIO als Impulsgeber für 74 Prozessoptimierungen 60 60 Im Gespräch mit as geht? Was läuft? Was fährt? W Städtevertreter*innen über aktuelle Herausforderungen beim Thema Mobilität 74 Impressum Impressum 5
Wartehalle der Zukunft Unter diesem Titel sucht die Kienzler Stadtmobiliar GmbH neue, zukunfts- fähige Produktkonzepte, die ins- besondere den Anforderungen der Fragen beschäftigen sich Studieren- Exoskelette gestalten Nachhaltigkeit und den veränderten de der TH Deggendorf bei diesem, die Arbeitswelt der demographischen Bedingungen in der Zukunft gerecht werden. als Ideenwettbewerb organisierten Projekt, um Designkonzepte für die Zukunft Wartehalle der Zukunft zu erarbeiten. Ideenskizzen. © Lukas Haslinger, Lorenz Büker, Jannik Brendel & Jessica Gross Auch technologische Entwicklungen Schwere körperliche Belastungen gehö- führen zu neuen Ideen und Ansätzen „Unser Ziel ist es, ein möglichst brei- ren in vielen Berufsfeldern zum Alltag und in der Mobilität und der damit ver- tes Spektrum an Konzepten und sind vor allem in Bereichen wie Rehabili- bundenen Infrastruktur. Doch wie Ideen zu erhalten, die nicht unbe- tation, Militär oder Sport ein großes The- könnten neue Lösungen konkret aus- dingt realisierbar sein müssen oder ma. Exoskelette, mechanische Gerüste, sehen? Welche neuen Anforderungen gar unter wirtschaftlichen Aspekten die am Körper des Menschen angebracht werden in der Zukunft an Produkte auch marktfähig sein sollten. Viel- werden, können hier Abhilfe schaffen. Ak- wie Bushaltestellen und Wartehallen mehr geht es uns darum, zu verste- tive Exoskelette unterstützen den Körper gestellt? Welche Technologien wer- hen, wie sich die Anforderungen und bei Bewegungen und Kraftanstrengun- den sich durchsetzen? Mit solchen die Erwartungen an Stadtmöblierun- gen proaktiv, um ihn zu entlasten und die gen verändern könnten“, so der De- Arbeitsbedingungen zu verbessern. signer Alexander Rybol, der zusam- men mit Sebastian Hildbrand (CEO, Das Forschungscluster Aktive Exoske- Kienzler Stadtmobiliar GmbH) und lette – kurz ForCEs – wurde von den drei Prof. Kostas Medugorac (Studien- Technologie Campus Cham, Freyung gangsleiter Technisches Design THD) und Hutthurm der Technischen Hoch- das Projekt ins Leben gerufen hat. schule Deggendorf initiiert und arbeitet mit einem interdisziplinären Team an der Weiterentwicklung und Kombina- tion neuer Antriebstechniken (Aktorik) Deggendorfer Online-Symposium sowie der Integration neuer Leichtbau- „Unternehmensführung 4.0“ prinzipien, z. B. durch Topologieoptimie- rung. Zudem wird die Anwendbarkeit der Wie sieht die neue Normalität mit im Prozess der Digitalisierung und Künstlichen Intelligenz untersucht, da- ökonomischer, ökologischer, so- Künstliche Intelligenz sowie span- mit Trainingsmethoden verbessert und zialer Nachhaltigkeit und Digitalisie- nende Impulse zu Integrierten Ma- Lernzeiten verringert werden können. rung aus? Dieser Frage widmeten nagementsystemen als agile und Aktuell wird mit der Fakultät für Ange- sich die rund 130 bundesweiten nachhaltige Präventionsinstrumente wandte Gesundheitswissenschaften ein Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Unternehmen. Weiter ging es um Prototyp eines aktiven Exoskeletts für des Online-Symposiums „Unter- Tax Compliance und die Steuerehr- die unteren Extremitäten entworfen und nehmensführung 4.0“, das unter der lichkeit im digitalen Zeitalter sowie im Anschluss getestet. Die Entwicklung Schirmherrschaft von Wissenschafts- die Automatisierung eines Tax-Com- eines aktiven Exoskeletts für den Einsatz minister Bernd Sibler stattfand. In 15 pliance-Managementsystems. Wie in Handwerk und Industrie unter Einbin- Kurzvorträgen gaben Spezialistinnen gelebtes Risiko- & Compliance-Ma- dung einer virtuellen Umgebung ist ge- und Spezialisten aus der Wirtschaft nagement im Gesundheitswesen plant. Dabei steht neben der Reduktion hilfreiche Tipps zur Sicherung von funktioniert, erfuhren die Gäste in der Arbeitslast wesentlich die Erhöhung Existenz und Wettbewerbsfähigkeit. weiteren Beiträgen. der Arbeitssicherheit im Fokus. Die da- für notwendigen Aspekte zur Steigerung Schwerpunkte waren Praxisberichte Im kommenden Jahr wird das Sym- der Akzeptanz können im THD-eigenen über Managerabsicherung, die Be- posium am 01.04. stattfinden. Der 360°-Labor realitätsnah erprobt werden. kämpfung von Unternehmenskri- entsprechende Masterstudiengang minalität und Haftung bei Defiziten startet wieder im September. 6
Meldungen KI in der Energiewende im Fluss Produktionslogistik Vom Schwarzwald bis zum Schwar- stoffen in den Ländern entlang der zen Meer: Die Donau zählt zu den Donau zu beschleunigen. Mit an Bord ältesten europäischen Handels- sind 14 Partnerinnen und Partner aus routen und verbindet zehn Länder ganz Europa, darunter auch die TH miteinander. Diese Rolle kommt ihr Deggendorf. Die Idee der Forschen- auch im EU-Projekt DanuP-2-Gas zu. den ist einmalig: Sie wollen Energie Unter der Leitung von Prof. Dr. Rai- aus Biomasse und erneuerbaren mund Brotsack entwickelt das Team Energiequellen – wie Sonnen- und am Technologiezentrum Energie der Windenergie – langfristig in Form Am TZ PULS zeigt das Projektteam interessierten Hochschule Landshut ein Konzept, von erneuerbarem Erdgas speichern. Unternehmen die praktische Umsetzung einer digi- um die Abkehr von fossilen Brenn- Die Folgen: Weniger CO2 in der Atmo- talen Infrastruktur auf. © Hochschule Landshut sphäre und eine geringere Abhängig- keit von fossilen Erdgasimporten. Das Projekt wird vom Europäischen Keine andere Technologie verändert der- Fonds für Regionale Entwicklung zeit unsere Gesellschaft und Arbeitswelt (EFRE) sowie von Instrument for Pre- so rapide wie die Künstliche Intelligenz. Accession Assistance (IPA) gefördert. Um auf dem Markt wirtschaftlich erfolg- Die gesamte Projektsumme liegt bei reich zu sein, braucht es nicht nur ein gu- über 2,5 Mio. Euro. tes Produkt, sondern auch optimierte und intelligente Produktionsabläufe. Unter der Leitung von Prof. Dr. Sebastian Meiß- Das DanuP-2-Gas-Team des Technologie- ner beschäftigt sich ein Forschungsteam zentrums Energie (v. l.): Robert Hahn, Prof. Dr. am Technologiezentrum für Produktions- Raimund Brotsack, Astrid Heindel, Dr. Reinhart Schwaiberger; weiteres Teammitglied (nicht im und Logistiksysteme (TZ PULS) der Hoch- Bild): Dr. Tim Bieringer. © Dominik Wenzke / TZE schule Landshut daher intensiv mit der intelligenten Planung und Steuerung der innerbetrieblichen Logistik. Im Projekt KI- Bayerisch-österreichisches ProLog entwickeln die Forschenden Kon- zepte, Methoden und Algorithmen, wel- Forschungszentrum che die KI-basierte Produktionslogistik optimieren. Sie sollen die Wettbewerbs- In vier Jahren erfolgreicher Zu- Dr. Nicola Hüsing und Prof. Dr. Otto fähigkeit und das Wachstum der Indus- sammenarbeit entwickelten die Huber einig. Hüsing ist Vizerektorin trie in der Region weiter stärken. „Unser Hochschule Landshut und die Uni- für Forschung und Nachhaltigkeit an Ziel ist es, Fehlerhäufigkeiten zu verrin- versität Salzburg ein gemeinsames der Universität Salzburg und über- gern, die Arbeitseffizienz zu steigern und Forschungs- und Entwicklungszen- nahm die Gesamtprojektleitung für Menschen bei Entscheidungen zu unter- trum für die länderübergreifende n2m, Huber ist Leiter des LLK und stützen“, so Meißner. Das Projekt läuft bis Forschung und Lehre. Das damit ab- betreute das Projekt federführend für Oktober 2024 und wird mit 600.000 Euro geschlossene Projekt „n2m – nano Landshut. Die Finanzierung erfolgte vom Bayerischen Staatsministerium für to macro“ brachte die anwendungs- im Rahmen des Förderprogramms Wissenschaft und Kunst gefördert. orientierte Forschung des Landshu- INTERREG Österreich-Bayern durch ter Leichtbau-Kompetenzzentrums die Europäische Union (Europäischer (LLK) mit der naturwissenschaft- Fonds für Regionale Entwicklung, lichen Grundlagenforschung an der EFRE). Die Gesamtsumme betrug Universität Salzburg zusammen. 3,1 Mio. Euro. „Eine solche Kooperation im Grenz- gebiet Bayern-Österreich ist bisher einzigartig und baut in den Regionen Das Team des n2m-Projekts im Jahr 2019; erste Reihe: Prof. Dr. Nicola Hüsing (Universität nachhaltig die Spitzenposition im Be- Salzburg) und Prof. Dr. Otto Huber (Hochschule reich Leichtbau aus“, sind sich Prof. Landshut). © Hochschule Landshut
Meldungen Stabilität des öffentlichen Stromnetzes sicherstellen Die OTH Regensburg leitet zusam- ordnung ausschließlich mit fluktu- men mit der Max Bögl Wind AG ein ierenden erneuerbaren Energien im neues Forschungsprojekt: „Netzstüt- Inselnetzbetrieb selbst versorgen zung und Systemdienstleistungser- kann. Ziel ist es jedoch nicht, dass bringung durch eine Industriezelle sich Industriebetriebe grundsätz- mit Inselnetzfähigkeit und Erneuer- lich im Alltag ohne das öffentliche baren Energien“, kurz INZELL. Es soll Netz selbst versorgen, sondern nur einerseits der Inselnetzbetrieb einer im Notfall sich weiterversorgen oder Industriezelle der Firmengruppe Max Fertigungsprozesse im Falle eines Bögl im Falle von Versorgungsunter- Versorgungsausfalls kontrolliert he- brechungen ermöglicht werden. An- runterfahren können“ erklärt Prof. dererseits soll dazu beigetragen wer- Dr.-Ing. Oliver Brückl von der OTH Re- den, die Stabilität des öffentlichen gensburg. Stromnetzes kostengünstiger sicher- stellen zu können. Das Projekt hat eine Laufzeit von drei © Firmengruppe Max Bögl / Reinhard Mederer Jahren und wird mit einem Gesamt- „Nach unserer Recherche dürfte es volumen von 1,65 Mio. Euro durch das weltweit das erste Mal sein, dass sich Bundesministerium für Wirtschaft Handwerksbetrieb ein Industriebetrieb dieser Größen- und Energie (BMWi) gefördert. bietet Duales Studium an Mehr Qualität beim Kunststoffschweißen Die Lappersdorfer Farben Bauer GmbH & Co. KG bietet ab dem Win- durch medizinische Technik tersemester 2021/22 die Ausbildung in Kombination mit dem Dualen Stu- Ein Tomographieverfahren, das eingesetzt werden kann, um die dium Betriebswirtschaft an der OTH bei Augenoperationen verwendet Qualität im Herstellungsprozess von Regensburg an. Die Basis dafür ist wird, soll aus der Medizin auf indus- kunststoffverschweißten Bauteilen, ein Kooperationsvertrag. „Das Hand- trielle Prozesse übertragen werden. beispielsweise für Elektronikgehäu- werkliche“, so der Maler-, Lackierer- Ziel sind bessere Ergebnisse beim se in Autos, zu verbessern. Die Er- und Parkettlegemeister Hans Bauer, Kunststoffschweißen. Am Techno- gebnisse aus dem Projekt GipoWeld „lernt der Auszubildende am besten logie Campus Parsberg-Lupburg, könnten für die Automobil-, Elekt- im Betrieb.“ Die Qualifikation und die einem Gemeinschaftsstandort von ronik- und Flugzeugindustrie von Weiterbildung im Management sowie Ostbayerischer Technischer Hoch- großem Nutzen sein. GipoWeld läuft in theoretischen Fächern könnten je- schule Regensburg (OTH Regens- bis zum Sommer 2023 und wird vom doch kompakter und gleichzeitig fun- burg) und Technischer Hochschule Bayerischen Staatsministerium für dierter an der Hochschule erworben Deggendorf (THD), wird im Labor Wirtschaft, Landesentwicklung und werden, so der mehrfach qualifizierte Lasermaterialbearbeitung von Prof. Energie (StMWi) mit einer Summe Meister. Professor Claus Koss, Be- Dr. Stefan Hierl erforscht, wie die von 515.000 Euro gefördert. auftragter der Fakultät Betriebswirt- optische Kohärenztomographie schaft, teilt diese Meinung und hat ein Beispiel aus seinem Lehrgebiet parat: Steuerrecht lasse sich an der © Adelisa Dzafic / OTH Regensburg Hochschule besser lernen, denn: „Die für Handwerksbetriebe wichtige Bau- abzugssteuer etwa lässt sich auf der Baustelle nur schwierig vermitteln.“ Der Handwerksbetrieb wiederum, so Bauer, könne von den neuen Ideen der Auszubildenden profitieren. 8
Meldungen IT-Lösung aus Pas- sau für die Energie- wende von unten Elektromobilität innovativ gestalten Mit dem „Clean Energy Package“ Elektrisch angetriebene Fahrzeuge des Lehrstuhls für Marketing und © BMW Group setzt die Europäische Union bei den gewinnen zunehmend an Bedeu- Innovation und Leiter des Passauer Bürgerinnen und Bürgern an. Diese tung, wenn es um die Mobilität von Teilteams, erklärt: „Durch das direk- sollen in kleinen, autarken Energie- morgen geht. Die Mobilitätswende te Kundenfeedback im Pilotbetrieb gemeinschaften die benötigte Ener- setzt allerdings auch voraus, dass können Benutzerfreundlichkeit ge- gie selbst aus erneuerbaren Quellen Stromnetze auf Ladeprozesse aus- steigert und eine erfolgreiche Imple- erzeugen. Wie das gelingen kann, gelegt sind und dabei erneuerbare mentierung gefördert werden.“ testet das EU-Projekt „RENergetic – Energien optimal genutzt werden Community-empowered Sustainable können. Im Förderprojekt „Bidirek- Neben der Universität Passau sind Multi-Vector Energy Islands“ an drei tionales Lademanagement – BDL“ die BMW Group, die KOSTAL Industrie verschiedenen europäischen Stand- wird eine intelligente Ladetechno- Elektrik GmbH, TenneT, die Bayern- orten. Die IT-Lösung für alle Stand- logie entwickelt, die Elektrofahrzeu- werk Netz GmbH, die Forschungs- orte wird federführend von Passau gen ermöglicht, nicht nur Energie in stelle für Energiewirtschaft e. V., die koordiniert: Ein Team der Universität die Hochvoltbatterie aufzunehmen, Forschungsgesellschaft für Energie- Passau um Prof. Dr. Ing. Hermann de sondern diese auch in das öffentliche wirtschaft mbH, das Karlsruher Ins- Meer, Inhaber des Lehrstuhls für Infor- oder heimische Stromnetz zurück- titut für Technologie (KIT) sowie die matik mit Schwerpunkt Rechnernet- zuspeisen. Im Sommer 2021 geht KEO GmbH beteiligt. Das auf drei ze und Rechnerkommunikation, ist in das Projekt in eine neue Phase. Eine Jahre angelegte Forschungsprojekt dem EU-Projekt für die Entwicklung Testflotte soll die entwickelten Fahr- steht unter der Trägerschaft des passender IT-Systeme verantwort- zeuge mit bidirektionaler, d. h. rück- Deutschen Zentrums für Luft- und lich. Die Passauer Forscher können speisefähiger Ladetechnologie unter Raumfahrt (DLR) und wird vom Bun- dabei auf Erkenntnisse und Werkzeu- Realbedingungen erproben. Ein Pro- desministerium für Wirtschaft und ge zurückgreifen, die sie in anderen jektteam der Universität Passau ana- Energie (BMWi) gefördert. Projekten entwickelt haben, darunter lysiert mittels verschiedener Mess- etwa die Methode des Smart Char- methoden die Kundenakzeptanz und gings für E-Autos. „Ziel des Projekts -zufriedenheit im Gesamtsystem (Zu- Weitere Informationen RENergetic ist es, die Effizienz und sammenspiel von Elektrofahrzeugen, zum Förderprojekt Energieautarkie unter Einbindung Ladeinfrastruktur und Stromnetzen). finden Sie hier der Kommunen zu verbessern und Prof. Dr. Jan H. Schumann, Inhaber die sozio-ökonomische Machbarkeit solcher Energie-Inseln zu demonst- rieren“, erklärt Prof. Dr.-Ing. de Meer. Preisgabe persönlicher Daten Sobald sich Nutzerinnen und Handel landen. Diese Praktiken werden als Nutzer bewegen, hinterlassen „Business Network Data Exchange“, kurz sie Daten. Der einzelne Daten- BNDE, bezeichnet. Wie sich das auf die satz hat auf den ersten Blick Entscheidung der Nutzerinnen und Nutzer einen geringen Wert – in der auswirkt, ihre Daten preiszugeben, dazu for- Summe aber bilden sie einen schen die Passauer Wirtschaftsprofessoren wertvollen Rohstoff. Unterneh- Dr. Jan Schumann und Dr. Thomas Widjaja. men tauschen diese Daten zu Ziel ist es besser zu verstehen, wie der Ent- Werbezwecken untereinander scheidungsprozess genau abläuft, was ihn aus und können zudem neue treibt und wie solche Geschäftsmodelle ge- Produkte und Dienstleistungen staltet und kommuniziert werden müssen, entwickeln. Manche handeln damit Konsumentinnen und Konsumenten auch damit. Der einzelne Kunde bessere Entscheidungen treffen können oder die einzelne Kundin kann und zudem Firmen helfen, ihre BNDE-Netz- nur schwer überblicken, wo sei- werke so zu gestalten, dass sie bei der Kund- ne oder ihre Daten bei diesem schaft auf Akzeptanz stoßen. © colourbox
Meldungen KI Campus Ostbayern trifft die regionale Wirtschaft „Welche Chancen bietet Künst- nehmerinnen und Unternehmer mit liche Intelligenz für Wissenschaft Forschenden in acht offenen Dis- und Wirtschaft in Ostbayern?“ Mit kussionsrunden zu verschiedenen dieser Frage beschäftigte sich der Aspekten im Bereich KI aus. Ziel war KI Campus Ostbayern in der ersten es, aktuelle Herausforderungen in virtuellen Veranstaltung für die ost- der Wirtschaft und Verknüpfungen bayerische Wirtschaft am 2. März zur Wissenschaft an den ostbaye- 2021. Drei Impulsvorträge zeigten rischen Hochschulen zu identifizie- zunächst neue Lösungen für den ren. TRIO und das Netzwerk INDIGO praktischen Einsatz von KI in ost- (Internet und Digitalisierung Ost- bayerischen Unternehmen anhand bayern) planen für dieses Jahr wei- von Beispielen aus der Logistik, tere Vernetzungstreffen zwischen Medizin und Prognoseerstellung. Wissenschaft und Wirtschaft zum © Julia Dragan / UR Anschließend tauschten sich Unter- Thema KI. Verwaltung 4.0 an der UR Die Arbeitswelt hat sich im Kontext der Digitalisierung stark verändert. Dies gilt für Lehre und Studium ebenso wie für alle wissenschaftsstützenden Bereiche. Nicht zuletzt die Verwaltung benötigt gut laufende digitale Prozesse, um möglichst schnell und unabhängig von Ort und Zeit reagieren zu können. Das gilt für Wissen- schaftseinrichtungen wie Universitäten und Hochschulen genauso wie für jedes Unternehmen. Die Universität Regens- burg entwickelt zu diesem Zweck eine Zentrum Erinnerungskultur an der UR „Verwaltung 4.0“: Bis 2025 wird ein Pro- zessmanagement mit nachvollziehbaren Die Universität Regensburg (UR) hat experimenteller Weise, Felder und und transparenten Prozessbeschreibun- ein Zentrum Erinnerungskultur ge- Methoden zeitgemäßer Erinnerungs- gen etabliert. Daneben strebt die Uni- gründet. Damit intensiviert die UR arbeit zu erschließen und neu zu versitätsverwaltung die Erhöhung des ihre langjährige erfolgreiche Zu- konzipieren, und nimmt damit auch Angebots an zeit- und ortsunabhängigen sammenarbeit mit der KZ-Gedenk- Vermittlungsaufgaben im Bereich Dienstleistungen für alle Angehörigen stätte Flossenbürg, die 2018 durch des Wissenstransfers wahr. Institu- der Universität in allen Bereichen an. Das die Unterzeichnung einer Koopera- tionell kann das Zentrum an den in- neue Prozessmanagement bietet neben tionsvereinbarung institutionalisiert terdisziplinären Master-Studiengang Wissensbewahrung und Wissensdoku- wurde. Das Zentrum versteht sich „Public History und Kulturvermitt- mentation viele Vorteile: Es verringert als multidisziplinäre Forschungs- lung“ anknüpfen. In das Direktorium Durchlaufzeiten, vermeidet Verschwen- und Diskursplattform zu Themen des Zentrums hat das Präsidium der dung, Wartezeit und Mehrfacharbeit, der historischen Erinnerung und des UR Professor Dr. Bernhard Löffler, In- potenzielle Engpässe sind eher zu sehen. Geschichtsgebrauchs im öffentli- haber des Lehrstuhls für Bayerische Ziel: mehr Transparenz, mehr Effizienz, chen Raum. Es untersucht Formen, Landesgeschichte, und Professor Dr. gemeinsames Verständnis. Strategien, Instrumente und Akteu- Jörg Skriebeleit, Leiter der KZ-Ge- re öffentlicher Erinnerungskultur denkstätte Flossenbürg und Hono- und Geschichtspolitik, versucht in rarprofessor an der UR, bestellt. 10
Meldungen Mikrostudie: Digitales InnovationsLabor DIL Physician in Neumarkt startet Assistants Im Februar 2021 ist das Digitale Inno- helfen gegen vationsLabor (DIL) der OTH Amberg- Weiden in Neumarkt an den Start Ärztemangel gegangen. Prof. Dr. Andrea Klug, Prä- sidentin der OTH Amberg-Weiden, Die aktuellen Trends zeigen ein Prob- unterstrich bei der Eröffnung dessen lem auf: Der Bedarf an ärztlichem Per- Rolle: „Unser nachhaltiges Bündnis sonal steigt wegen des demographi- soll den Bildungs-, Wissenschafts- schen Wandels, gleichzeitig aber sinkt und Wirtschaftsstandort Neumarkt die Zahl der erwerbstätigen Ärztinnen weiter stärken. Mit dem Digitalen In- und Ärzte, die zudem zunehmend in novationsLabor werden wir als Hoch- Teilzeit arbeiten. Das macht sich ins- schule vor Ort in Neumarkt präsent Prof. Ralph Hartleben, Wissenschaftlicher besondere in Kliniken bemerkbar. sein, insbesondere mit Angeboten in Leiter des Digitalen InnovationsLabors (rechts) und Projektmitarbeiter Philipp Hermannsdörfer Eine Mikrostudie hat untersucht, wie der Weiterbildung, der Studienvor- bei der Eröffnung des DIL in Neumarkt. der Mangel abgefedert und ausgegli- bereitung, der Nachhaltigkeit und © Sonja Wiesel / OTH Amberg-Weiden chen werden kann: durch Physician Ethik sowie in der Unterstützung von Assistants (PAs). Dabei spielt es eine Gründungsideen.“ Ein weiterer wich- wichtige Rolle, ob die PAs im Bereit- tiger Faktor seien die anerkannten werden sollen. Das DIL zielt vor allem schaftsdienst eingesetzt werden sol- Forschungsschwerpunkte der OTH auf die Unterstützung der regionalen len oder nicht. Laut Prof. Dr. Stefan Amberg-Weiden in den Zukunfts- Unternehmen bei der Gestaltung Sesselmann, Studiengangsleiter des feldern Digitalisierung, Künstliche ihrer digitalen Transformation. Dabei PA-Studiengangs der OTH Amberg- Intelligenz, Klima und Energie, die richten sich die Angebote und Dienst- Weiden und Mitautor der Studie, ist auch gewinnbringend mit der Stadt leistungen an den Bedarfen der Wirt- es möglich, optimale Skill-Mixes zu Neumarkt für die Region eingesetzt schaft im Raum Neumarkt aus. errechnen, so dass zwischen zwölf und 39 % der planmäßigen Assistenz- arztstellen mit PAs besetzt werden können. Dank abteilungsbezogener Cloud Computing 2021 Analysen und maßgeschneiderter Personalkonzepte können Kliniken Pandemiebedingt trafen sich die Hamm geleiteten Forschungsprojekt die Versorgung auch in Zukunft ge- führenden Security-Experten aus 5G4Healthcare, den Auftakt. Er zeigte währleisten, so Sesselmann. Die Stu- der ganzen Welt nicht physisch in auf, welche aktuellen Schwierigkei- die wurde in der aktuellen Ausgabe Porto, der zweitgrößten Stadt Portu- ten im Zusammenhang von Medical- der Zeitschrift für Führung und Perso- gals, sondern virtuell zur jährlichen IoT-Geräten und Apps mit Anbindung nalmanagement in der Gesundheits- Cloud-Computing-Konferenz der an Cloud-Dienste in Bezug auf Infor- wirtschaft (ZFPG) veröffentlicht. International Academy, Research, mationssicherheit und Datenschutz and Industry Association (IARIA). bestehen. Prof. Dr. Andreas Aßmuth Auch Vertreter*innen der OTH Am- stellte in seinem Vortrag ein Konzept © OTH AMberg-Weiden berg-Weiden nutzen die Gelegen- zur Sicherung von Login-Informatio- heit, um sich über neue Trends, he- nen in Betrieben vor, welches einer- rausfordernde Funktionen, Cloud seits eine starke Authentifizierung Computing, Grid-Netzwerke, Platt- der einzelnen Mitarbeiterinnen und formen, Dienste und Infrastruktu- Mitarbeiter ermöglicht, gleichzeitig ren auszutauschen. Im Rahmen aber deren Privatsphäre gegen illega- des Special Tracks „Cloud Cyber le Arbeitsplatzüberwachung schützt. Security and Privacy: Readiness for Die Idee für das Konzept stammt von the Next Decade“ machte Michael Simon Liebl, wissenschaftlicher Mit- Gleißner, Forschungsmaster-Student arbeiter an der OTH Amberg-Weiden und Mitarbeiter im von Prof. Dr. Cle- und Doktorand an der Abertay Uni- mens Bulitta und Prof. Dr. Steffen versity in Dundee, Schottland. 11
Forschung in Bildern BELASTUNGSTEST An der OTH Regensburg wird die Stabilität einer massiven Wärmedämmfassade (WDF) getestet: Durch Drücken einer Handpumpe wird das zuvor aufgemauerte WDF-Sturzsystem mit rund 2 Tonnen belastet und fällt nach einem leisen Knacken laut krachend in sich zusammen. Das Kalottenlager, das im hohen Bogen wegfliegt, hatte bis zum Bruchmoment die Aufgabe gehabt, mögliche Verdrehungen im Versuchsaufbau auszugleichen. Tragfähigkeitsuntersuchungen wie diese, die in Zusammenarbeit mit der Deutschen Poroton GmbH durchgeführt werden, bilden einen wichtigen Teil der Arbeit im Labor Konstruktiver Ingenieurbau unter der Leitung von Professor Detleff Schermer und seinen Mitarbeitern. © Florian Hammerich / OTH Regensburg
Forschung in Bildern Wirbelsturm im Miniaturformat – mit einer Tornadomaschine im Mathe-Museum der Universität Passau lassen sich Tornados simulieren. Wie entstehen sie? Wie reagieren sie auf Störungen? Unter welchen Bedingungen sind die trichterförmigen Tornados am stabilsten? Um das zu verstehen, können Besucherinnen und Besucher zum Beispiel mit einem Windstärke-Regler und verstellbaren Seitenwinden an der Maschine experimentieren und so der Mathematik spielerisch näher kommen. Das Mathe-Museum der Professur für Angewandte MATHEMATIK INTERAKTIV ERFORSCHEN Mathematik ist eines der sogenannten „MINT-Learning Centers“, die länderübergreifend zusammenarbeiten. Ziel ist es, Schülerinnen und Schülern in der Grenzregion Oberösterreich-Salzburg-Niederbayern in mobilen, praxisnahen Workshops zu zeigen, wie sie MINT- Fähigkeiten (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) anwenden können. So soll die Begeisterung für Naturwissenschaften geweckt und für ein entsprechendes Studium motiviert werden. Zudem beteiligt sich das Mathe- Museum an der Workshopreihe „MINTwoch“, die regelmäßig – derzeit virtuell – unter der Leitung der Salzburg Research Forschungsgesellschaft stattfindet ( Termine ). Die Initiative wird mit Mitteln aus dem „INTERREG-Programm Österreich – Bayern 2014-2020“ der Europäischen Union gefördert und läuft bis Ende Juni 2022. © Universität Passau 13
Forschung in Bildern Das geschulte Auge kann die Andromeda-Galaxie als fernen Fleck ausmachen. Dank neuester Teleskope wissen wir, dass dieser aus über einer Billion Sternen besteht. Auch im Nanokosmos erscheinen Anhäufungen einzelner Lichtquellen, wie beispielsweise Moleküle, als helle Punkte. Diese Lichtquellen auch räumlich aufzulösen, ist die Motivation der ultraschnellen Nanoskopie. Ein Forschungsteam an der Universität Regensburg um den Physiker Dr. Jan Vogelsang hat nun eine neuartige Methode molekularer Komplexe entwickelt, die auch in den Lebenswissenschaften (Wissenschaften, die sich mit Prozessen oder Strukturen von Lebewesen beschäftigen, etwa Biologie, Medizin, Biomedizin, Pharmazie, Biochemie, Chemie und vieles mehr) Anwendung finden wird. Vogelsang und sein Team platzierten einzelne Moleküle eines Farbstoffs in wohldefinierten Abständen zueinander; dabei griffen sie auf die DNA als Speichermedium der Biologie zurück, die sie so programmierten, dass sich die Moleküle durch Faltung wie gewünscht anordnen. Mit Hilfe von Licht und Spiegeln schafften sie es, die exakte Anzahl der leuchtenden Moleküle in der Origami-Struktur sichtbar werden zu lassen. So lassen sich einzelne Moleküle zählen. ORIGAMI? DNA! 14 © Felix J. Hofmann / Universität Regensburg
Forschung in Bildern Selten gelingt die Symbiose aus Theorie und Praxis so harmonisch und gleichzeitig spannungsgeladen wie beim Running Snail Racing Team der OTH Amberg-Weiden. Die „Rennschnecken“ starten in der Formula Student, dem weltweit anspruchsvollsten und größten studentischen Konstruktionswettbewerb. Jedes Jahr wird dazu ein (voll-elektrisch angetriebener) Bolide vollständig neu entwickelt und gebaut. Mittlerweile gibt es „Motorsport Engineering“ auch als Bachelor-Studiengang. Neben der eigenständigen Entwicklung und Konstruktion schult der Studiengang auch kritisches Urteilsvermögen und ingenieursmäßiges Denken, das komplexe Probleme systematisch bewältigt. Daneben kann man die besondere Atmosphäre am Rande einer Rennstrecke hautnah miterleben. Angewandte Forschung voller Energie. SCHNELLE RENNSCHNECKEN © Running Snail Racing Team / OTH Amberg-Weiden 15
Schwerpunkt Mobilität 16
Schwerpunkt Mobilität AUF DEM WEG IN EIN MULTIMOBILES ZEITALTER Mobilität ist ein Megatrend. Jede und jeder von uns möchte und muss mobil sein. Wer nicht mobil Aber was genau ist Mobilität? Mobilität ist mehr als Verkehr ist, bleibt stehen. Auch Woher kommt der Begriff und wie hat Im Alltag wird Mobilität primär das Zusammenspiel von er sich entwickelt? Womit beschäftigt mit Fortbewegungsmitteln wie Bus, Wirtschaft, Politik und sich die Mobilitätsforschung? Für wel- Bahn, Automobil oder Fahrrad in Ver- che Akteure spielt das Thema eine bindung gebracht. Mobilität bedeu- Wissenschaft spielt dabei Rolle und was sind aktuelle Trends? tet allerdings mehr als nur Verkehr. eine wichtige Rolle. Warum? Während Mobilität ein menschliches Das zeigt ein Überblick zum Begriff und Entwicklung Grundbedürfnis ist, das jedem indivi- Schwerpunktthema dieser Mobilitas ist das lateinische Wort duell und am besten grenzenlos zur TRIOLOG-Ausgabe. für Beweglichkeit, im engeren Sinne Verfügung stehen soll, muss Verkehr das Vermögen, sich räumlich und ein Mittel für diesen Zweck sein. Kon- physisch zu bewegen. Lange Zeit wur- kret wird der Personen- und Güter- Die Welt des 21. Jahrhunderts de Mobilität mit dieser Bedeutung verkehr dabei in Wegen (Verkehrsauf- verändert sich und mit ihr auch eher eindimensional begriffen, teil- kommen) sowie in Personen- oder unsere Lebensgewohnheiten und weise war nur die adjektivische Form Tonnenkilometer (Verkehrsleistung) Bedürfnisse. Nachhaltig leben, um- mobil für beweglich im Deutschen gemessen. Verkehr ist außerdem Teil weltschonend fortbewegen, effizient vertreten. Diese bezog sich beispiels- der realisierten Mobilität, also der tat- handeln und flexibel arbeiten – das weise in Kriegsphasen auf besonders sächlich vollzogenen Beweglichkeit, ist uns wichtig. Dabei möchten wir agile Truppen. Erstmalig von diesem um Mobilitätsbedürfnisse zu erfüllen. vor allem eins sein: mobil. Mobilität Gedanken abstrahiert wurde der Be- Sie grenzt sich ab von der potenziel- wird vom Zukunftsinstitut (Institut griff in den 1950er Jahren, um ver- len Mobilität. So können knappe fi- für Trend- und Zukunftsforschung) änderte Bevölkerungszahlen in Folge nanzielle Ressourcen beispielsweise als Megatrend bezeichnet. Es widmet von Emigration und Binnenwande- dazu führen, dass Möglichkeiten der dem Thema ein ganzes Dossier: „Was rung zu beschreiben. Ab Mitte des 20. Mobilität zwar vorhanden, aber nicht wir erleben, ist eine Evolution der Mo- Jahrhunderts erhielt der Begriff ein allen Bevölkerungsgruppen gleicher- bilität. Wir stehen am Beginn eines breiteres Verständnis. So definiert maßen zugänglich sind. neuen, multimobilen Zeitalters.“ Das die Brockhaus Enzyklopädie Mobilität Phänomen sei andauernd, global, fa- heute als „sozialwissenschaftliche[n] Dimensionen der Mobilität cettenreich und allgegenwertig spür- Begriff, der Eingang in den allgemei- In der Wissenschaft wird der Be- bar – so werden Wohnen, Arbeiten, nen Sprachgebrauch und in andere griff Mobilität in Einzelaspekte geglie- Freizeit und Bildung von Mobilität Fachsprachen (z. B. Verkehrswissen- dert und interdisziplinär aus verschie- beeinflusst. Motor der Mobilität sind schaft, Städteplanung, Psychologie, denen Perspektiven beleuchtet. So Globalisierung, Klimawandel und Di- Volkswirtschaftslehre, Touristik) ge- erfolgt eine weitere Differenzierung gitalisierung. funden hat.“ in räumliche und soziale Mobilität – 17
Schwerpunkt Mobilität Bereiche, die sich ihrerseits wieder- um unterteilen lassen. Als räumliche Mobilität (oder territoriale) Mobilität wird die Bewegung von Personen und Gütern Soziale Mobilität Räumliche Mobilität im geographischen Raum beschrie- ben. Hierzu gehören einerseits die kurzfristige Alltagsmobilität, aber Realisierte Mobilität auch längerfristig betrachtet Wohn- Potenzielle Mobilität mobilität. Diese beiden Bereiche be- einflussen sich teilweise, wenn zum Beispiel der Wohnstandort so ge- Vertikal Horizontal Kurzfristig Längerfristig Auf- / Abstieg entlang Berufswechsel Alltagsmobilität Wohnmobilität wählt ist, dass eine gute Infrastruktur von Schichten einen schnellen Arbeitsweg im Alltag bewirkt. Typische Untersuchungs- Der Mobilitätsbegriff und seine verschiedenen Ebenen. gegenstände der Forschung sind Quelle: eigene Darstellung (2010) nach Hammer / Scheiner 2006: 19 hier Migrationsprozesse, Verkehrs- entwicklung sowie die Wahl von Ver- kehrsmitteln und deren soziale, öko- logische und ökonomische Kosten. Im soziologischen Kontext In dieser Ausgabe unseres Ma- und alternative Antriebssysteme meint Mobilität die Überwindung gazins möchten wir uns in unserem wie etwa Wasserstoff, um neue For- sozialer Distanzen. Dabei geht es Schwerpunkt vor allem mit der schungsergebnisse zu den Themen einerseits um Fragen des sozialen räumlichen Mobilität in verschiede- Speicherkapazität und Schnell Auf- und Abstiegs – im Vergleich zur nen Aspekten befassen. Es geht um ladefähigkeit, um autonomes Fah- Elterngeneration oder innerhalb des den Einsatz von Künstlicher Intel- ren und vieles mehr. eigenen Lebensverlaufs. Anderer- ligenz zum Beispiel in der Logistik, seits meint soziale Mobilität auch um Themen rund um E-Mobilität Kira Britten einen möglichen Berufswechsel innerhalb einer sozialen Schicht. In diesem Zusammenhang widmet sich die Mobilitätsforschung zum Beispiel den ungleichen Lebensver- Smarter Verkehr hältnissen zwischen Ost- und West- deutschland oder dem Thema der Zunehmend verschwimmen die Grenzen zwischen Individualverkehr (Zu- Geschlechtergerechtigkeit. fußgehen, Fahrradfahren, Kraftfahrzeuge) und öffentlichem Verkehr (für jeden zugängliche Verkehrsmittel auf Straße, Schiene und in der Luft), sagt Zuletzt haben Digitalisierung eine Studie des Zukunftsinstituts (Die Evolution der Mobilität, 2017). und Globalisierung eine weitere Di- Multimodale Mobilitätskonzepte werden entwickelt, um den steigenden An- mension hervorgerufen: die infor- forderungen der Gesellschaft zu begegnen. Immer stärker wird entlang von mationelle oder virtuelle Mobilität. Mobilitätsketten gedacht, bei denen mehrere Verkehrsmittel für einen Weg Informationen sind in dem Sinne mo- genutzt werden, um eine größtmögliche Effizienz zu erreichen. Insbeson- bil, als dass sie nahezu zeitgleich und dere im öffentlichen Verkehr ergänzen verstärkt neue Mobilitätsformen wie ortsunabhängig an beliebige Perso- Car- und Bikesharing die herkömmlichen Verkehrsmittel. Informations- und nen übermittelt und von ihnen emp- Kommunikationstechnologien (IKT), wie zum Beispiel Apps, die Verkehrs- fangen werden können. In diesem optionen vergleichen und eine bestmögliche Kombination vorschlagen, Zusammenhang wird oft der engli- sollen dieses erweiterte Angebot smart optimieren. Das Schlagwort heißt sche Begriff der mobilities verwendet. Smart Mobility. 18
Schwerpunkt Mobilität Elektromobilität und alternative Antriebssysteme Kaum ein Thema ist derzeit so hoch im Kurs wie E-Mobili- 2030 sieben bis 10,5 Millionen solcher Fahrzeuge auf deut- tät. Emissionsfreie Elektrofahrzeuge gelten als Schlüssel schen Straßen unterwegs sind. Auch in Unternehmen spie- nachhaltiger Mobilität und zeigen den Megatrend auf den len die batteriebetriebenen E-Autos eine große Rolle, vor al- Straßen. Denn im Unterschied zu den endlichen fossilen lem die Automobilbranche investiert in konkrete Forschung Kraftstoffen Benzin und Diesel gilt der regenerative Elektro- dazu. Darüber hinaus wird in weiteren Bereichen geforscht, antrieb als effizient, umweltfreundlich und sparsam. Politi- etwa an langlebigeren Batterien oder an Wasserstoff-getrie- sche Fördermaßnahmen wie die CO2-Bepreisung oder der benen Fahrzeugen. Ausbau der Ladeinfrastruktur sollen dazu führen, dass bis Mobil auf dem Land Autonomes Fahren Trends wie Smart Mobility zeigen, dass besonders Neben der E-Mobilität steht ein weiteres Thema im die Digitalisierung Lösungen für den erhöhten Mobili- Fokus: Das autonome Fahren, eine komplexe Tech- tätsbedarf bietet, allerdings konzentrieren sich diese nologie, die vollständig ohne Fahrzeugführerin oder oft nur auf die Städte. Seit Jahren ist das Stadt-Land- Fahrzeugführer auskommt. Bis sich diese Entwicklung Gefälle groß, denn die Urbanisierung trifft ländliche jedoch etablieren wird, dauert es laut Expertinnen Gebiete in nahezu allen Lebensbereichen: Es fehlt an und Experten noch einige Jahre – ab 2040 heißt es Arbeitsplätzen, Grundversorgung und medizinischer in einer Auftragsstudie des ADAC. Allerdings sind teil- Versorgung, Bildungseinrichtungen und Freizeitange- autonome Systeme bereits recht verbreitet. Fahrzeu- boten – aber auch an Alternativen zum Individualver- ge werden je nach Automatisierungsgrad fünf Levels kehr. Hier setzen Initiativen wie das vom Land Bayern zugeordnet, deren Grenzen teils fließend sind: assis- geförderte Projekt „Digitale Dörfer“ an, die ländliche tiertes Fahren, teilautomatisiertes Fahren, hochauto- Regionen zukunftsfähig und mobil machen sollen. matisiertes Fahren, vollautomatisiertes Fahren und zuletzt autonomes Fahren. Stufe für Stufe verwandeln sich die Fahrenden in Passagiere, die immer weniger intervenieren müssen und die Fahrt flexibel mit an- deren Dingen, wie zum Beispiel Arbeiten, verbringen Mobilität können. Eine der größten Herausforderungen ist die in Unternehmen Wahrnehmung, die das Auto innerhalb kürzester Zeit verarbeiten und in eine konkrete Aktion umsetzen muss. Die Corona-Pandemie hat verdeutlicht: Flexibles Arbeiten unabhängig von Ort und Zeit ist wichtig und wird die zukünftige Arbeitswelt maßgeblich ver- ändern. Viele große Unternehmen sehen starkes Po- tenzial in der Krise, stellen auf Heimarbeitsplätze um oder bauen neuartige Workspaces zum Beispiel ohne festen Arbeitsplatz auf. Ein Recht auf Homeoffice be- steht nach derzeitiger Gesetzeslage allerdings nicht, so dass diese Entscheidung der Arbeitgeberin oder dem Arbeitgeber überlassen bleibt. 19
Schwerpunkt Mobilität LAND IN BEWEGUNG Es wird viel geforscht zu Fragen der Mobilität in großen Städten und ihrem Einzugsgebiet. Aber wie sieht es aus in den Regionen abseits der Metropolen? Mit Informationen zu Waren aus Seefrachtcontainern extra- dem Ziel, Mobilität im ländlichen Raum hieren lassen. Ziel ist es, mögliche Gefahren (zum Beispiel Schmuggelware) rechtzeitig zu erkennen und zu vermei- zu gestalten und mit Hilfe von Künstlicher den. „Logistikketten sind ein extrem komplexes System. Intelligenz zu verbessern, haben sich Jede Störung hat Verzögerung zu Folge und diese gilt es zu Hochschulen, Unternehmen und vermeiden. Künstliche Intelligenz kann dabei helfen, aus Institute zusammengetan und ein großes großen Datenmengen relevante Daten herauszufiltern. So Forschungsprojekt gestartet: KIMoNo. können Fehler in der Kette schneller erkannt werden“, er- klärt Projektleiter Sauer. Konkrete Ziele Im Cluster Data Science for Sustainable Mobility KI-basierte typübergreifende Mobilitätsoptimierung macht ein Forschungsteam um Prof. Dr. Michael Granitzer, in non-urbanen Regionen – so lautet der vollständige Titel, Inhaber des Lehrstuhls für Data Science an der Univer- der sich hinter der Abkürzung KIMoNo versteckt. Der Name sität Passau, Daten aus verschiedenen Quellen nutzbar, des Projektes mag sehr wissenschaftlich klingen, die Fra- um Mobilität in all ihren Bereichen zu verbessern: „Daten gestellungen und Ziele hingegen sind äußerst konkret: Un- und Datenanalyse sind essenziell, wenn es darum geht, fälle und Umwege vermeiden, die Anzahl von Leerfahrten faktenbasierte Entscheidungen zu treffen und Mobili- verringern, Logistikketten optimieren, CO2-Emissionen tät zu optimieren – sowohl ökologisch, ökonomisch als einsparen. auch individuell.“ Beispielsweise können mit Hilfe solcher Datenanalysen und des Einsatzes Künstlicher Intelligenz Um ein möglichst ganzheitliches Bild von Mobilität bei der Auswertung punktgenaue Vorhersagen getroffen jenseits urbaner Zentren zeichnen zu können, beschränkt werden, wann und wo Ware, zum Beispiel in Supermärk- sich das Projekt nicht auf eine einzelne Mobilitätsform, ten, nachgeordert und geliefert werden muss. Leerfahrten sondern untersucht verschiedenste Typen von Mobilität und damit auch der CO2-Ausstoß würden dadurch deutlich – ob Einzelperson auf dem Fahrrad, autonom fahrende reduziert. Dr. Andreas Böhm, Geschäftsführer des eben- Autos, miteinander vernetzte LKW-Konvois oder ganze Lo- falls am Projekt KIMoNo beteiligten Data-Product-Platt- gistikketten. Pilotregion ist der Landkreis Passau und der form-Anbieters ONE LOGIC, rechnet vor: „Eine Analyse mit Bayerische Wald. 14.000 Handelspartnern zeigte, dass rund 50 Prozent der LKWs auf deutschen Straßen leer fahren. Mit dem Einsatz Daten als Herzstück von Künstlicher Intelligenz und Data Science könnte diese In den Teilprojekten „Digital Logistics“ und „Data Zahl um bis zu 60 Prozent verringert werden, was zu 30 Pro- Science for Sustainable Mobility“ geht es vor allem um zent weniger CO2-Ausstoß, 25 Prozent weniger Staus und Verbesserungen im Bereich Warentransport und Logis- 20 Prozent weniger Kosten führt.“ tik. Ein Aspekt beschäftigt sich beispielsweise damit, wie man mittels Computertomographie schnell, effizient und Vernetzter Verkehr automatisiert Informationen zum Inhalt von Warentrans- Neben Lieferketten und Warentransporten stehen porten erhält. So untersucht das Team um den Passauer im Projekt KIMoNo aber auch diejenigen im Fokus, die im Mathematikprofessor und Leiter des Instituts für Soft- Auto, auf dem Fahrrad oder im LKW sitzen. Das Projekt will waresysteme in technischen Anwendungen der Informa- sie mit neuen Erkenntnissen und neuer Technologie dabei tik (FORWISS) an der Universität Passau, Dr. Tomas Sauer, unterstützen, ohne Hindernisse ans Ziel zu kommen. Ziel wie sich mit Hilfe von CT-Scans und Künstlicher Intelligenz ist es, eine Online-Plattform zur branchenübergreifenden 20
Schwerpunkt Mobilität Sammlung und Vernetzung von Mobilitätsdaten aufzu- unterwegs? Wohin fahren oder fliegen sie? Die Nutzung bauen, dank derer beispielsweise Straßenschäden schnel- der Daten ermöglicht es, Unfälle zu vermeiden und einen ler entdeckt, Staus umfahren oder andere Hindernisse er- sicheren Fahrbetrieb zu gewährleisten“, sagt Prof. Dr. Wolf- kannt werden können. gang Dorner, Informatikprofessor an der THD und Wissen- schaftlicher Leiter des Instituts für angewandte Informatik Dabei taucht natürlich die Frage auf: Wie kann dabei am Technologie Campus Freyung. Grundlage dafür sind die Privatsphäre des Einzelnen geschützt werden? Genau hochgenaue, intelligente Karten und Verkehrsinfrastruktu- damit beschäftigt sich das Cluster „From Prototype to ren, die mit den Fahrzeugen kommunizieren können. Production“, an dem die Unternehmen msg sytems und ONE LOGIC beteiligt sind. Dabei geht es um die Frage, in- Konkreter Bedarf wieweit Mobilitätsanwendungen und Informationen di- Um zu erfahren, wie die Bevölkerung den Einsatz von rekt an dem Endgerät, an dem sie ankommen, etwa einem KI bei Fragen der Mobilität beurteilt, führte das am Projekt Smartphone oder einem Navigationsgerät, verarbeitet beteiligte Forschungsinstitut CENTOURIS der Universi- werden können. Diese Verarbeitung der Daten „vor Ort“ tät Passau eine Befragung von Bürgerinnen und Bürgern könnte vor allem das Problem des Datenschutzes – und durch. Das Ergebnis: Die Akzeptanz, Künstliche Intelligenz der damit verbundenen Akzeptanz in der Bevölkerung hin- einzusetzen ist da, aber es gibt bestimmte Kriterien, die sichtlich der Sammlung und Auswertung von Daten lösen. erfüllt werden müssen, damit neue Technologien und Me- Florian Völkl, IT-Consultant bei der msg systems AG, stellt thoden auch angenommen werden. „Über die Hälfte der klar: „Datenplattformen werden das Herz nachhaltiger Befragten haben eine positive Haltung gegenüber dem und vernetzter Mobilität sein. Das Wichtige dabei ist, dass Einsatz von KI im Kontext von Mobilität, Neugierde ist das den Menschen klar ist, dass wir die Mobilität beobachten dominierende Gefühl. Aber viele äußern auch Bedenken und nicht die Personen.“ oder fühlen sich nicht ausreichend informiert. Das heißt, es muss noch viel geforscht werden und belastbare Ergeb- Im Cluster Autonomous Mobility entwickeln For- nisse geben – und die Bevölkerung muss besser informiert schende der Universität Passau und der Technischen werden“, fasst Geschäftsführer Dr. Stefan Mang die Ergeb- Hochschule Deggendorf (THD) Konzepte, um verschie- nisse der Umfrage zusammen. dene Verkehrsmittel am Boden (z. B. autonom fahrende Nicola Jacobi Autos) und in der Luft (z. B. Drohnen) zu vernetzen. „Nur auf Basis solider Daten kann eine zuverlässige, sichere Navigation gewährleistet werden – egal ob für ein Auto oder eine Drohne. Dabei geht es auch um die Erfassung der Umgebungsdynamik: Welche Fahrzeuge sind noch © Studio Weichselbaumer 21
© Alle Bilder: Studio Weichselbaumer Schaufenster der Region Erste Ergebnisse aus den einzelnen Forschungsbereichen wurden Ende vergangenen Jahres in Passau in einer Ausstellung, dem „Schaufenster der Region“, präsentiert. Im Rahmen des Clusters „High Tech For A Sustainable Mobility“ konnten dort auch nicht direkt an KIMoNo beteiligte Akteure ihre Forschungsarbeit vorstellen. So widmete sich zum Beispiel das Technologie- zentrum Energie (TZE) der Hochschule Landshut mit seinen drei Partnern (Graphit Kropfmühl, Micro-Epsilon und AKE Technologies) zwei miteinander eng verbundenen Themen: der Netzintegration von Elektro-Fahrzeugen durch den Einsatz bidirektionaler Ladetechnik und der Produktion langlebi- ger und zuverlässiger Batterien. Als bidirektionales Laden wird die Möglich- keit bezeichnet, die in einem Elektrofahrzeug gespeicherte Energie auch wieder ins Stromnetz beziehungsweise an einzelne Verbraucher abgeben zu können. Jedes parkende, elektrisch betriebene Fahrzeug lässt sich so als Stromspeicher für das Stromnetz nutzen. Die Ausstellung bot die Möglichkeit, aktuelle Forschung zum Thema Mobilität einem interessierten Publikum aus Bürgerinnen und Bürgern, Studierenden der beteiligten Hochschulen und darüber hinaus einem internationalen hochkarätigen Expertengremium zu präsentieren: dem Verkehrsministerrat der Europäischen Union. Die informelle Tagung mit abschließender Zeich- nung der Passauer Erklärung zeigte vielfältige inhaltliche Bezüge zwischen angewandter Forschung und übergeordneten politischen Ansätzen auf. Förderhinweis KIMoNo wird gefördert aus Mitteln des Bundes- ministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) 22
Schwerpunkt Mobilität Prof. Dr. Tomas Sauer Inhaber des Lehrstuhls für Mathematik mit Schwerpunkt Digitale Bildverarbeitung, Universität Passau. © Universität Passau Prof. Dr. Michael Granitzer Inhaber des Lehrstuhls für Data Science, Universität Passau. © Universität Passau Prof. Dr. Wolfgang Dorner Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für angewandte Informatik – Technologie Campus Freyung, Technische Hochschule Deggendorf. © THD Dr. Stefan Mang Florian Völkl Geschäftsführer CENTOURIS, Abteilungsleiter Public Sector, Universität Passau. msg systems AG, Passau. © Universität Passau © msg systems AG Dr. Andreas Böhm Gründer und Geschäftsführer, ONE LOGIC GmbH Passau. © ONE LOGIC 23
GEHEN ODER BLEIBEN? ZURÜCKKOMMEN! Remigrationsentscheidungen junger Hochqualifizierter in Ostbayern München, Regensburg, Berlin – oder vielleicht doch Eslarn, Hahnbach und Pirk? Die Wahl des nordöstlichen Oberpfalz seit Gründung der OTH Amberg- Weiden auf rund 6,5 Prozent mehr als verdoppelt hat, zeigt zukünftigen Wohnortes bildet vor allem der Vergleich mit München (ca. 25 Prozent) die nach dem Abschluss des Studiums noch immer klaffende Lücke deutlich auf. eine Schlüsselfrage im Leben junger Akademiker*innen. In den Zurück aufs Land? meisten Fällen verbindet sich damit Mit dieser Problematik hat sich 2019/2020 ein einjähri- auch eine Entscheidung für die ges Lehrforschungsprojekt am Lehrstuhl für Vergleichende Kulturwissenschaft der Universität Regensburg beschäf- boomenden Großstädte und gegen tigt. Rund 30 Studierende gingen der Frage nach, welche die ländlichen Räume in Bayern. Faktoren für eine Rückkehr von Studienabsolvent*innen Ein Lehrforschungsprojekt an der „aufs Land“ entscheidend sind. Auf der Grundlage quali- Universität Regensburg nahm das tativer Methodik – mehrstündige narrative Interviews mit Der Autor PD Dr. Manuel Problem in den Blick. digital-gestützter Inhaltsanalyse – versuchten die Projekt- Trummer arbeitet als teilnehmer*innen hinter die Statistiken zu blicken. Ziel war Akademischer Oberrat am es, die Entscheidung für oder gegen eine (Re-)Migration in Lehrstuhl für Vergleichen- die Nordostoberpfalz aus der Eigensicht der 39 Befragten de Kulturwissenschaft der Besonders die nordöstliche Universität Regensburg. In Oberpfalz spürt die Folgen dieser Ab- zu verstehen und so die Debatte um ländliche Abwande- seiner 2019 erfolgten Habi- wanderung junger Hochqualifizier- rung um ein differenziertes Bild zu bereichern. Bei den litation sowie als Ko-Grün- ter – auch Braindrain genannt – seit Befragten handelte es sich zur Hälfte um Absolvent*innen der der Forschungskom- mission „Kulturanalyse Jahrzehnten. Während die Großstäd- verschiedener bayerischer Universitäten zwischen 22 und des Ländlichen“ bilden die te so zunehmend an ihre Grenzen 29 Jahren mit Wurzeln in den Landkreisen Amberg-Sulz- alltagskulturellen Trans- stoßen, weisen die Statistiken für die bach, Neustadt a.d. Waldnaab, Tirschenreuth und Cham formationen und medialen Imaginationen der länd- ländlich geprägten Landkreise Tir- sowie eine Vergleichsgruppe ohne ländliche Biographie. lichen Regionen Europas schenreuth, Neustadt an der Wald- seinen Forschungsschwer- naab und Amberg-Sulzbach bis 2039 Die Ergebnisse bestätigten teils den Forschungsstand punkt. eine negative Bevölkerungsentwick- europäischer Vergleichsstudien, brachten aber auch einige © Vincent Schmucker lung von teils -7,5 Prozent und mehr überraschende neue Erkenntnisse zu Tage. So zeigte sich, aus. Flankiert von einem steigenden dass in der Wahrnehmung der Absolvent*innen „Land“ Durchschnittsalter und Schrump- nicht gleich „Land“ ist. Während die Frage nach einer Rück- fungstendenzen im infrastrukturel- kehr „aufs Land“ vor allem kulturelle Vorstellungen länd- len (z. B. Leerstände, Mobilität älterer licher Idylle, Ruhe und Natur aktivierte und meist positiv Menschen) und kulturellen Bereich beantwortet wurde, zeigte die konkrete Frage nach einem (z. B. Wirtshaussterben, Vereinsnach- Umzug in die nordöstliche Oberpfalz bei den Befragten wuchs), stellt die überdurchschnitt- ohne Wurzeln in der Region Stereotype von Leerstand und liche Abwanderung junger Akade- „Abgehängtsein“. Vor allem das Wissen über die Gegend miker*innen auch die regionale bildet einen wichtigen Faktor. So war die Aufgeschlossen- Wirtschaft vor Probleme. Wenngleich heit gegenüber einem Lebensmittelpunkt in der Region sich ihr Anteil in der Bevölkerung der höher, je mehr persönliches Wissen vorhanden war – eine 24
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