NABUREPORT Naturschutz in Sachsen | 2018 - SN-CZ 2020
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Landesverband Sachsen e.V. NABUREPORT Naturschutz in Sachsen | 2018 ¢ Fledermaus-Quartierpaten ¢ „Lutra lutra“-Projekt ¢ Naturschutzstation gesucht ¢ 25 Jahre Naturschutz- Schloss Heynitz ¢ 7. Sächsischer Naturschutztag institute ¢ Umweltschutzschulungen auf dem Dachsenberg
I N H A LT 1 VO R WO R T L A N D ES VE RBA ND 2 Quartierpaten für Fledermäuse gesucht 5 Zukunftsgärtner(n) in Gnandorf 7 NABU-Workshop Verbandsentwicklung zu Gast beim NABU Erzgebirgsvorland 9 NABU-Naturschutzstation Eschefelder Teiche: Rückblick auf das Jahr 2018 11 Landesverband – in Kürze N AT U R S CHUTZPO LITIK 15 7. Sächsischer Naturschutztag: Biodiversität im Wald und Zustand der Gewässer 17 Nachhaltiges Sachsen? Die sächsische Nachhaltigkeitsstrategie 20 Landtagswahlen in Sachsen: Nach der Wahl ist vor der Wahl 22 Naturschutzpolitik – in Kürze FAC H A R BE IT 26 „Lutra lutra“ – Sächsisch-tschechisches Kooperationsprojekt zum Schutz des Fischotters 30 25 Jahre NABU-Naturschutzinstitute in Sachsen 32 NABU Leipzig kämpft gegen Vogelabwehrpaste 34 Lebendige Luppe: Das Projektjahr im Zeichen der Wissenschaft 36 Rückblick auf das Insektenjahr 2018 37 Facharbeit – in Kürze AU S N A B U-GRUPPE N 42 Schloss Heynitz: Aufbau der Naturschutzstation 44 Lausitztreffen in der Oberlausitz 46 Scheckthaler Teiche begeistern Naturfreunde 48 Umweltschutzschulungen auf dem Dachsenberg 50 „ParkKobolde Pulsnitz“ 51 Mit der NAJU sachsenweit unterwegs – Jugenderholung in den Ferien 53 Aus NABU-Gruppen – in Kürze 3. US P U B L I KATIO NE N D E S NA BU SACHSEN
VORWORT Liebe Mitglieder und Freunde des NABU Sachsen, 2011 setzte sich der NABU Sachsen dafür ein, dem Natur- schutz mit der Wiederbelebung des Sächsischen Naturschutz- tages eine Stimme zu geben, 2014 schob er die Initiative zur finanziellen Unterstützung der sächsischen Naturschutzsta- tionen an und 2018 versucht der NABU, ein viel und lan- ge diskutiertes Vorhaben umzusetzen: eine direkte Förde- rung für die anerkannten Naturschutzverbände. Da eine fi- nanzielle Unterstützung für Naturschutzverbände in Sach- sen nicht möglich war, musste sich Anfang der 90er Jahre eine sogenannte Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) der an- Und noch ein lange gestecktes Ziel wurde dieses Jahr end- erkannten Naturschutzverbände gründen. Diese erhielt vom lich Realität: Wir konnten das 20 000. Mitglied im NABU Freistaat eine Förderung, die über diesen Umweg wieder- Sachsen begrüßen. Dies ist letztendlich ein Ergebnis der um an die damals vier Mitgliedsverbände BUND, Heimat- guten, engagierten Arbeit des NABU in Sachsen. Mit sei- schutz, Grüne Liga und NABU ausgereicht wurde. Mit den nen vielfältigen Projekten, seinen tatkräftigen Gruppen in Jahren wurden es immer mehr Verbände. Seit 2011 erfolgt der Region, dem Netz von Naturschutzstationen und den eine Finanzierung nur noch im Zusammenhang mit den für fantastischen Umweltbildungsangeboten der sehr aktiven die als LAG im Rahmen der Verbandsbeteiligung abgegebe- Naturschutzjugend hat sich der NABU in Sachsen einen gu- nen Stellungnahmen. Die Verbände mussten, um ihre Wi- ten Namen gemacht. Dieses große Engagement wird in der derspruchsrechte zu wahren, immer noch extra eine Stel- Öffentlichkeit wahrgenommen, was wiederum zu neuen lungnahme zum jeweiligen Vorhaben als Verband abgeben. Mitgliedern führt. Da die LAG keine eigenständige juristische Person ist, war Dazu kommen äußere Einflüsse, wie beispielsweise der für die Verwaltung wiederum unklar, wie mit der LAG- letzte extrem trockene und heiße Sommer, der uns die Fol- Stellungnahme umzugehen ist – womit diese im Grunde gen des Klimawandels eindrucksvoll vor Augen geführt hat. bedeutungslos ist. Die Vorgabe des SMUL hat zu einem Klimawandel, Umweltverschmutzung und Artensterben ver- immensen bürokratischen Aufwand, einer allgemeinen anlassen, dass immer mehr Menschen ein Bewusstsein für rechtlichen Verunsicherung und einem Mehraufwand in die Umwelt entwickeln. Für uns im NABU ist jedenfalls klar: der Verwaltung geführt. Das verfolgte Ziel, mit der Abgabe Unser menschliches Handeln hat so schwerwiegende Aus- einer LAG-Stellungnahme zu einer Vereinfachung in den wirkungen auf Natur und Umwelt, dass wir mehr Verant- Verwaltungsabläufen zu kommen, wurde nie erreicht. Zu- wortung für deren Zustand übernehmen müssen. dem ist der NABU der Auffassung, es sollte immer die Qua- In unserem Land Sachsen mit seinen vielen Naturschät- lität und nicht die Quantität der abgegebenen Stellungnah- zen und dem hohen Druck auf die Natur durch die Sied- men im Vordergrund stehen. Hinzu kommt, dass die Ar- lungsentwicklung gehen dem NABU die Themen nicht aus. beit der Verbände außerhalb der LAG wesentlich effektiver Neue Mitglieder geben dem NABU politisches Gewicht und und unbürokratischer stattfindet. Und diese gute praktische stärken zugleich das regionale Engagement in der jeweiligen Zusammenarbeit muss ja, insbesondere im Interesse unse- Gruppe. Deshalb freuen wir uns über jede Form der Unter- rer sächsischen Natur, unser Handeln bestimmen und nicht stützung. Der NABU steht sowohl für den praktischen als die Bürokratie. auch für den politischen Naturschutz. Beides zusammen ist Deshalb hat der Vorstand des NABU Sachsen in diesem nötig, wenn wir die Natur in Sachsen erhalten, fördern und Jahr den Entschluss gefasst, die LAG zum Ende des Jahres entwickeln wollen. Auch Sie können mitmachen – praktisch, 2018 zu verlassen. Dieser Schritt war aus unserer Sicht rich- aktiv oder auch fördernd. tig und wichtig. Der NABU Sachsen sieht den Gesetzgeber Jetzt wünsche ich Ihnen viel Freude beim Lesen unseres in der Pflicht, die finanzielle Unterstützung der anerkannten neuen NABU-Reports. Naturschutzverbände in Sachsen neu, ehrlich und unbüro- kratisch zu regeln. Wie das Ganze ausgeht, steht in den Ster- nen. Im ungünstigsten Fall bekommen wir keine finanzielle Unterstützung mehr. Aber wer Veränderungen will, muss die Initiative ergreifen. Herzlichst Ihr Bernd Heinitz NABU-REPORT SACHSEN 2018 1
LANDESVERBAND ¢ Fledermausquartiere stehen im Zentrum des Fledermaus- schutzes. Da Fledermäuse sehr ortstreu sind, suchen sie ihre Behausungen Jahr für Jahr aufs Neue auf – oft über Jahr- zehnte hinweg. Von den 21 in Sachsen vorkommenden Fle- dermausarten nutzen die meisten Gebäude als Unterschlupf für die Reproduktion, den Winterschlaf oder als allgemeines Zwischenquartier – allen voran die Kleine Hufeisennase, das Große Mausohr und das Graue Langohr. Diese Fledermaus- arten sind essenziell auf Gebäudequartiere angewiesen, wel- che sich vorzugsweise in großen geräumigen Dachböden be- finden. Stark gefährdet sind sie dementsprechend, wenn diese Quartiere infolge von Sanierungen oder Abbruch wegfallen. Schon seit längerem gibt es Regionen, in denen es keine lo- kalen Fledermausbetreuer mehr gibt, die sich für den Schutz der geheimnisvollen Säugetiere starkmachen könnten. Dane- ben fehlt aktiven Fledermausschützern oftmals die Zeit, sich dem Nachwuchs in ihrem Bereich anzunehmen und entspre- chend auszubilden. Vor diesem Hintergrund hat der NABU Sachsen das Pro- jekt „Quartierpaten für Fledermäuse gesucht“ ins Leben ge- rufen. Ob Quartier am eigenen Haus, in der benachbarten Kirche oder Schule – jeder kann mitmachen und Quartier- pate werden. Angehende Quartierpaten erhalten durch Fle- dermausspezialisten einen Einstieg in das Thema Fleder- mausschutz. Durch Weiterbildungen und Schulungen sollen die Quartierpaten schließlich in der Lage sein, selbstständig Großes Mausohr. Foto: Reimund Francke Quartierkontrollen durchzuführen und Daten zu Fledermaus- vorkommen zu sammeln. Auf diese Weise werden regionale Fledermausbetreuer entlastet und Naturfreunde finden einen die Kontaktaufnahme zu regionalen Fledermausbetreuern Einstieg in die verborgene Welt der nachtaktiven Säugetiere. und zeigt die Standorte der betreuten Quartiere. Quartierpaten können sich über die Seite registrieren. Unter www.fledermausschutz-sachsen.de können sich In- Wer Quartierpate ist, kann sich zum Beispiel mit Foto und teressierte sowohl über unsere heimischen Fledermausarten kleinem Begrüßungstext auf der Seite verewigen oder sein als auch über das Quartierpaten-Projekt informieren. Neben Quartier mit einem anschaulichen Text und Fotos vorstellen. aktuellen Beiträgen zum Thema Fledermausschutz sind auch Registrierte Quartierpaten können außerdem über ein For- Veranstaltungshinweise rund um die Fledermaus in Sachsen mular ihre Beobachtungen und Zähldaten eingeben. zu finden. Eine interaktive Sachsenkarte ermöglicht zudem Unterstützung erhält das Projekt von der Sächsischen Landes- stiftung Natur und Umwelt. Als Träger des Projektes „Fle- Schulleiter Christian Pirl, der Pro Montessori-Schule Torgau und Bianka dermaus komm ins Haus“ lud sie Inhaber der Fledermaus- Schubert, Projektleiterin der Fledermaus-Quartierpatenschaft. Plakette aus der jeweiligen Region zu speziellen Fleder- Foto: Torgauer Zeitung/Gabi Zahn mausabenden ein. Bei den Veranstaltungen im Natur- b NABU-REPORT SACHSEN 2018 3
LANDESVERBAND b parkhaus der Dübener Heide sowie im „Haus der tausend Teiche“ erfuhren Besucher vieles über die Welt der heimli- chen Untermieter. Außerdem wurde das Quartierpatenpro- jekt präsentiert und dafür geworben, sich als Quartierpate zu engagieren. Abgerundet wurde der Abend mit einer De- tektorexkursion an die nächstliegenden Gewässerstrukturen, um die in der Dämmerung jagenden Tiere zu beobachten. Auch in Torgau, Dresden und Görlitz wurden Fleder- mausabende durchgeführt. Ein Highlight des Sommers war das Fledermausfest der Freien Grund- und Mittelschule Pro Montessori in Torgau. Mit Eltern und Kindern konnten zum Einbruch der Dunkelheit gemeinsam die aus den Quartie- ren ausfliegenden Tiere gezählt werden – eine Aktion, die verbindet und Spannung bietet. Auf große Begeisterung stie- ßen die Fledermäuse auch bei Schülern der 4. Klasse in Me- dingen (Ottendorf-Okrilla), die nun Quartierpaten von zwei Durch den Bau eines Fledermausflachkastens kann neuer Wohnraum für selbstgebauten Fledermauskästen sind. die Tiere geschaffen werden. Foto: Thomas Frank Das Projekt ist 2018 gut gestartet: Bereits 20 Privatpersonen und öffentliche Institutionen haben sich als Quartierpaten gemeldet. Wenn möglich wurde auch bereits vor Ort auf dem eigenen Grundstück gezählt und geschult. 2019 sollen er- neut Quartierpaten gefunden werden. In Sebnitz, Neschwitz, Großhennersdorf, Borna, Kirchberg, Schlettau, Reichstädt und Maxen sind bereits Veranstaltungen geplant und weite- re werden folgen. Ein bedeutender Schwerpunkt wird die Su- che von Paten für Fledermausvorkommen in Kirchen sein, da diese wichtige Fledermausquartiere mit langjähriger Tradi- tion darstellen. Bianka Schubert Projektleiterin Das Projekt wird mitfinanziert durch Steuermit- tel auf Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushaltes. Die Förderung erfolgt durch das Sächsische Staats- ministerium für Umwelt und Landwirtschaft. Unter www.fledermausschutz-sachsen.de erhält man viele Informationen rund um das Thema Fledermausschutz sowie Veranstaltungshinweise. Quartierbetreuer können sich registrieren und ihre Beobachtungen Informationsstand zum Thema Fledermäuse im Rahmen des Naturpark- eintragen. festes in der Dübener Heide. Foto: Bianka Schubert 4 NABU-REPORT SACHSEN 2018
LANDESVERBAND Zukunftsgärtner ( n) Projektfläche in Borna- in Borna-Gnandorf Gnandorf. Foto: Kathleen Burkhardt-Medicke Projekt des NABU Sachsen bietet Angebote zum Mitmachen rund um die Themen Gärtnern und Ressourcenschutz ¢ Seit April 2018 lädt der NABU Sachsen auf einer Wiese in sere geflügelten Mitlebewesen und mit einem Kompost- Borna-Gnandorf zum gemeinsamen Gärtnern, Reparieren, behälter für organisches Pflanzenmaterial. Gepflanzt, ge- Erkunden und Kennenlernen ein. Das Projekt soll die Teilha- sät und geerntet wurden unter anderem Erdbeeren, diver- be der Bewohnerinnen und Bewohner am Stadtleben fördern se Kräuter, Tomaten, Gurken und Kartoffeln. Seit August und Mitmachangebote zu Natur- und Umweltthemen vor Ort 2018 haben wir außerdem auf Vorschlag einer Zukunfts- schaffen. Die Bornaer Wohnbau- und Siedlungsgesellschaft gärtnerin eine rege genutzte Büchertauschkiste, die wäh- mbH hat dafür eine 1.500 m² große Rückbaufläche in Wohn- rend unserer Öffnungszeiten besucht werden kann. Die- gebiet Borna-Gnandorf als Projektfläche zur Verfügung ge- ses Jahr haben wir Veranstaltungen zu Gartenvögeln, ess- stellt. Zukunftsgärtner(n) läuft vorerst bis Ende 2019. baren Wildpflanzen, zum Umgang mit der Sense und zu Fledermäusen sowie ein Frühlings- und ein Sommer- Bisher haben 400 Personen die Angebote des Projekts ge- fest angeboten. Cineastisch wurde es im Herbst, als wir nutzt, etwa 20 in den Sommermonaten regelmäßig. Dabei in Kooperation mit dem Verein GlobaLE Leipzig e. V. entstand ein naturnaher Garten mit sieben Hochbeeten und zu zwei Dokumentarfilmen „Weniger ist mehr – die Grenzen vier Kräuterregalen. Bereichert wird unser Zukunftsgarten des Wachstums und das bessere Leben“ und „Land am Was- von Nisthilfen, Vogelhäuschen und Wassertränken für un- ser“ mit anschließender Diskussion nach Borna-Gnandorf b NABU-REPORT SACHSEN 2018 5
LANDESVERBAND b eingeladen haben. Daneben versuchen wir in unserem Repair Café das, was nicht mehr richtig funktioniert, aber zu schade zum Wegwerfen ist, zu reparieren. Die Hälfte der von uns genutzten Fläche wird im Rahmen des Projekts „Puppenstuben gesucht – Blühende Wiesen für Sachsens Schmetterlinge“ (Wiese 165) als naturnahe Blüh- wiese bewirtschaftet. Trotz der Hitze und des Wassermangels in diesem Jahr konnten wir uns auf unserer Schmetterlings- wiese über etliche krautige Pflanzen (Wilde Möhre, Schaf- garbe, Wiesenflockenblume, Beifuß, Rotklee, Wiesenpippau, Disteln) freuen, die nun Nahrung und Unterschlupf für In- sekten bieten, darunter die Schmetterlingsarten Schornstein- feger, Faulbaumbläuling, Tagpfauenauge, Großes Ochsenau- ge, Landkärtchen, Schwalbenschwanz, Kleines Wiesenvögel- chen, Gemeiner Bläuling, Kleiner Feuerfalter, Kleiner Perl- mutterfalter, Resedaweißling und Kleiner Kohlweißling. Die meisten Menschen in und aus Borna, mit denen wir Kontakt hatten, sind begeistert von dem Projekt und unter- stützen uns: die Freiwillige Feuerwehr Borna, die Kinderta- gesstätte Regenbogenland, das Stadtjournal Borna, das Kin- der- und Jugendhaus Borna-Gnandorf und der Verein Bon Courage. Dafür sind wir sehr dankbar. Im kommenden Jahr wird alles, was gut lief weitergeführt und -entwickelt. Beispielsweise wollen wir mehr Teekräuter und Beerenfrüchte wie Erdbeeren anbauen. Auf jeden Fall wird es auch wieder eine Fledermausveranstaltung geben. Das Konzept und das Angebot für die Selbsthilfewerkstatt für Reparatur wollen wir stärker bewerben. Auf www.nabu-zukunftsgärtnern.de und den dort verlink- ten Facebook- und Instagram-Profilen teilen wir regelmä- ßig unsere Eindrücke und Bilder und weisen auf kommende Veranstaltungen hin. Wir freuen uns immer über neue und bekannte Gesichter, schauen Sie vorbei! Kathleen Burkhardt-Medicke Kathleen Burkhardt-Medicke und Daniel Wöhner bilden das Zukunfts- gärtner(n)-Team und setzen das Projekt vor Ort um. Finanziert wird es mit Fördermitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF), des Freistaats Sachsen und der Großen Kreisstadt Borna finanziert und liegt im ESF- Handlungsfeld Bürgerbildung und lebenslanges Lernen. Fotos: Kathleen Burkhardt-Medicke 6 NABU-REPORT SACHSEN 2018
LANDESVERBAND Der Natur auf der Spur in den Limbacher Teichgebieten NABU Erzgebirgsvorland war Gastgeber des NABU-Workshops Verbandsentwicklung 2018 ¢ Am 29. September 2018 lud der NABU Sachsen seine Im Anschluss erinnerte Bernd Heinitz an die vielen beste- Gruppen zum traditionellen Regionaltreffen, das einmal im henden Möglichkeiten, wie die Gruppen und jeder Einzelne Jahr stattfindet, ein. Im Esche-Museum, treffenderweise in sich über Vorgänge im Land und in der Landesgeschäftsstelle der Sachsenstraße 3, in Limbach-Oberfrohna tauschten rund informieren und einbringen können: „Die Landesgeschäfts- 30 Vertreter der NABU-Gruppen und der Landesgeschäfts- stelle gibt regelmäßig diverse Materialien heraus, in digitaler stelle ihre Erfahrungen aus und diskutierten über Mobilität Form die Gruppeninfo, den Infobrief und TreffpunktNatur, und Konsum, Landwirtschaft, Vereinspolitik, Kinder- und sowie als Zeitschrift naturnah und den NABU-Report. Die- Jugendschutz. Bernd Heinitz begrüßte die Teilnehmer und se dienen der Information der Mitglieder und Gruppen, bit- sprach seine Freude über den Zuspruch der NABU-Grup- te greift auf sie zurück und schaut dort häufiger auch hinein. pen aus, die diesen Herbsttag nutzten, um miteinander ins Es ist zudem ausdrücklich gewünscht, dass sich Aktive und Gespräch zu kommen. Unter ihnen waren sowohl Vertreter Gruppen mit ihren Projekten, Aktivitäten oder Veranstaltun- von jahrzehntelang als auch erst kurze Zeit aktiven NABU- gen einbringen – nur mit Eurer Unterstützung können wir Gruppen und neue Gesichter wie zum Beispiel aus der Na- über die tollen Projekte, die sich überall in Sachsen zutragen, turschutzstation Ebersbach bei Löbau. berichten.“ Zunächst wurde diskutiert, wie sich die NABU-Gruppen In der anschließenden Diskussion zu einer möglichen vorbildhaft für mehr Nachhaltigkeit in der NABU-Lebens- vereinfachten Schreibweise der NABU-Gruppennamen ka- welt einsetzen können. Ein erster Schritt wäre beispielsweise, men die Teilnehmer zu keiner einstimmigen Meinung. Denn soweit möglich, bei der Planung ihrer Veranstaltungen regio- es besteht der Vorschlag, zur besseren Lesbarkeit und Ver- nalen und möglichst biologisch erzeugten Produkten den ständlichkeit für Außenstehende auf strukturelle Bezeich- Vorrang zu geben. Auch dies gehöre dazu, damit der NABU nungen wie Orts-, Kreis- oder Regionalgruppe zu verzichten. seiner wichtigen Rolle als Vorbild gerecht und als solches Mehreren NABU-Mitgliedern brannten Grundsatzfragen ernst genommen werden kann. zur Agrarpolitik unter den Nägeln. Der Wunsch, landwirt- b NABU-REPORT SACHSEN 2018 7
LANDESVERBAND Impressionen vom NABU- Verbandstreffen 2018. Fotos: Ina Ebert b schaftlichen Themen mehr Raum in der Arbeit der Grup- zu dem Wildgulaschsuppe in der Brotschale. Sie erntete be- pen zu geben, war groß. Die Mitarbeiter der Landesge- geisterten Zuspruch. Gut gestärkt folgte dem Erfahrungsaus- schäftsstelle verwiesen hier auf die aktuelle NABU-Agrar- tausch und den regen Diskussionen des Vormittags schließ- kampagne „Meine 114 Euro“, die von allen Landesverbän- lich die grüne Praxis – eine Exkursion in die Limbacher den und Gruppen genutzt werden kann und soll. Ziel der Teichgebiete. Ausgiebig und kurzweilig zugleich schilderten Kampagne ist es, die EU-Politiker stets und ständig mit den Salome und Andreas Winkler vom NABU Erzgebirgsvorland Forderungen nach einer naturverträglichen Landwirtschaft die Aktivitäten. Sie berichteten vom schwierigen Start vor zu konfrontieren, damit diese in Brüssel handeln, wenn die knapp 30 Jahren. Heute hat sich das ehemals karge Sumpf- neue Gemeinsame Agrarpolitik ab 2021 beschlossen wird. gebiet zu einer beeindruckenden Landschaft mit abwechs- Eine neue NABU-Ausstellung widmet sich auf zwölf Roll- lungsreichen Biotopstrukturen entwickelt. Artenreiche He- bannern diesen drängenden Themen und kann über die cken, zahlreiche Tümpel, Wiesen und eine große Artenviel- Landesgeschäftsstelle ausgeliehen werden. Auf einem der falt zeugen davon. Andreas Winkler betonte nachdrücklich Banner ist beispielsweise zu lesen: „Die Natur ist nicht nur die Relevanz von Fruchtfolgen, die heute vielerorts durch unsere Quelle, sondern auch unsere Grenze und unser Maß.“ Monokulturen zu kurz kommen, auf den Feldern: „Ohne sie Der Ausspruch stammt von Wendell Berry, einem amerika- gibt es keinen Humus“ – die Grundlage jeglicher Landwirt- nischen Umweltaktivisten und Landwirt, der entschiedener schaft. Themen des Vormittags fanden ihre Fortsetzung und Gegner agrarindustrieller Bodenbewirtschaftung ist. angesichts hitziger Debatten wurde fast ein zweiter Verein ge- Zum Abschluss des Vormittags stellte Carolin Gerlach von gründet: der der Sächsischen Philosophen. der NAJU Sachsen ihre Tätigkeit vor. Sie erläuterte, dass für Die fast dreistündige Exkursion führte bei strahlender die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mehr und ande- Sonne und frischen Temperaturen über Wiesen und von Ei- re Regelungen gelten als für Erwachsene. Denn aufgrund cheln übersäten Waldboden, vorbei an Feldern und halb ver- des besonderen Schutzstatus der Kinder ist einiges zu be- borgenen Teichen. Sogar Rehe und Frösche kreuzten den achten – zum Beispiel bei Fotorechten oder im Rahmen von Weg. Dabei vermochte der Ausflug genau das zu veranschau- Übernachtungsveranstaltungen. Zudem haben Aufsichts- lichen, was den NABU im Kern letztlich ausmacht: Wie sehr personen auch im Ehrenamt die Pflicht, eventuell vermu- die Natur es wert ist, auf sie Acht zu geben. tete und erkannte Vernachlässigungen zu melden. Wer sich Danke für den wunderbaren Tag nach Limbach-Ober- rechtlich und pädagogisch wappnen möchte, kann sich je- frohna. Und bis zum nächsten Jahr am letzten Samstag im derzeit an Carolin Gerlach wenden. Einer ihrer nützlichen September – irgendwo in Sachsen! Tipps: Die Beantragung eines erweiterten Führungszeugnis- ses ist für ehrenamtliche Mitarbeiter kostenlos. Juliane Dölitzsch Regionalität stand beim Mittagessen hoch im Kurs. Salo- me Winkler hatte Gartenkürbissuppe gekocht und servierte 8 NABU-REPORT SACHSEN 2018
LANDESVERBAND Ein Jahr im Zur Brutsaison 2019 soll der sanierte Großteich wieder be- spannt, also mit Wasser gefüllt, werden. Neu angelegte Brut- inseln sollen Bodenbrütern wie Schwarzhalstauchern und Spiegel der Lachmöwen wieder zu erfolgreichen Bruten verhelfen. Abzu- warten und spannend bleibt die Frage, wie sich der Großteich Eschefelder im ersten Jahr nach der „Verjüngung“ entwickeln wird und ob die Brutinseln im erhofften Maß angenommen werden. Mit dem Großteich werden auch der Streckteich und der Teiche Vorwärmer entschlammt. Auch für Besucherinformation und -lenkung sind neue Beschilderungen sowie Beobach- tungsstellen geplant. b NABU-Naturschutzstation Teichhaus Eschefeld blickt auf ein themenreiches Jahr zurück ¢ Pünktlich zum Herbstbeginn, nach dem Rekordsommer 2018, ziehen wieder Wind, Wolken und Regen über das Na- turschutzgebiet „Eschefelder Teiche“. An dessen Rand befin- det sich die NABU-Naturschutzstation Teichhaus Eschefeld in einem alten Vierseitenhof. Die Rauchschwalben in der Scheune sind schon lange Zeit fort, am Bienenstand gucken nur noch vereinzelt die Honig- bienen aus ihren Fluglöchern und die Zugvögel durchziehen das Teichgebiet auf dem Weg in ihre Überwinterungsgebiete. Also auf den ersten Blick alles normal? Nicht ganz – mit der Entschlammung des Großteichs be- gann bereits im Frühjahr 2018 die umfangreichste in einer Reihe baulicher Maßnahmen zum Erhalt des Naturschutz- gebietes „Eschefelder Teiche“. Im Sommer fanden zahlrei- che Schulklassen über das Umweltbildungsprojekt „Natur zum Anfassen“ den Weg zum Teichhaus. Auch die Planung an der Dauerausstellung „Lebensraum Eschefelder Teiche“ in den Räumen der Naturschutzstation lief bereits während des ganzen Jahres – nun geht’s an die Umsetzung. Aber eins nach dem anderen. Oben: Der trockenge- legte Großteich im Ok- Der Großteich wird entschlammt tober 2018. Ab Januar 2019 ist vorgesehen, Überwinterungsgäste wie die Saatgänse werden den Großteich den Großteich wieder in diesem Winter leer vorfinden. Er wurde im Frühjahr abge- mit Wasser zu füllen. Foto: Philipp Wöhner lassen, um für die Entschlammungsarbeiten im August den Schlamm trocknen zu lassen. Der heiße und ungewöhnlich tro- Mitte und rechts: ckene Sommer tat dabei sein Übriges und lieferte gute Arbeits- Mit einem Imkerhut bedingungen für Bagger, Raupen, Traktoren und LKWs, die den geschützt, ließen sich alten Teichschlamm auf umliegende Ackerflächen ausbrachten. die Bienen gut beob- An einem Informationsabend im August in der Naturschutz- achten. Anschließend durfte der Honig na- station erklärten Behörden und Planer das Vorhaben und stan- türlich auch ver- den zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern Rede und Antwort. kostet werden. Denn unumstritten ist die Teichentschlammung nicht – und so Fotos: Mandy Werner, wurde teilweise hitzig über die Maßnahmen diskutiert. unikumarketing NABU-REPORT SACHSEN 2018 9
LANDESVERBAND b Natur zum Anfassen sischer Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft, als Schirmherr das Projekt in der NABU-Naturschutzstation Doch nicht nur um und am Großteich herrschte reger Be- Teichhaus Eschefeld. trieb, auch am Teichhaus wurde probiert und gestaunt. Wie Über 150 Kinder und Jugendliche sind der Einladung gewinnt man Honig oder wie sieht es in einem Bienenvolk ins Teichhaus gefolgt. Wildbienennisthilfen aus Sand und aus? Mit welchen Kniffen lockt eine Blüte Bestäuber oder wo Lehm wurden gebaut, Imkerwerkzeuge wie der Smoker bauen die Wildbienen ihre Nester? Diesen und vielen weite- ausprobiert, der Bienenstand unter die Lupe genommen ren spannenden Fragen konnten Schülerinnen und Schüler und natürlich wurde Teichhaushonig aus der letzten Ern- diesen Sommer praktisch auf den Grund gehen. te im Juli gekostet. Das Teichhaus Eschefeld ist einer von „Eine Biene klärt auf – Wie kommt der Apfel an den 13 „Naturhöfen“ in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg Baum?“ war das diesjährige Thema bei der 9. Auflage des und Thüringen, die Schulklassen für vier Wochen im Au- von enviaM und MITGAS geförderten Projekts „Natur zum gust und September zu abwechslungsreichen Exkursions- Anfassen“. Am 20. August eröffnete Thomas Schmidt, Säch- tagen empfangen haben. Ausstellung „Lebensraum Eschefelder Teiche” Nicht nur Bienen und andere Bestäuber bleiben zukünftig Bestandteil des Umweltbildungsprogramms, auch der Fo- kus auf das Teichgebiet wird mit einer geplanten Dauer- ausstellung weiter geschärft. In Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro „Natur und Bildung“ aus Dresden entsteht derzeit eine Ausstellung, welche den einzigartigen Kultur- raum Eschefelder Teiche erfahrbar macht und die Besucher für den Wert des Europäischen Vogelschutzgebietes sensibi- lisiert. Die Inszenierung der Ausstellung wurde dabei von dem Tierfotografen Helmut Drechsler inspiriert, der im Frühjahr und Sommer 1946 einige Monate mit Kamera und schwimmendem Schilfversteck auf den Teichen verbrach- te. Seine Fotos und Erlebnisse wurden in dem 1949 erschie- nenen Buch „Teichsommer“ veröffentlicht. Als roter Faden durch die Ausstellung dient ein Detektivspiel, das nur durch Interaktion mit den Ausstellungselementen gelöst werden kann und an dessen Ende ein Geheimnis im Forschergepäck Drechslers gelüftet wird. Im Obergeschoss entsteht ein gro- ßes Forscherzelt, in dem in atmosphärischer Umgebung ein Tag-Nacht-Zyklus am Ufer eines Teiches nachempfunden werden kann. Aber vor allem können nach all den neuen Eindrücken Sonntagsausflügler, Wanderer und Hobby-Or- nithologen nun selbst das Fernglas in die Hand nehmen und die Eschefelder Teiche erkunden. Die Ausstellung wird über die Richtlinie Natürliches Erbe (RL NE/2014) gefördert und planmäßig im Frühjahr 2019 eröffnet. Philipp Wöhner Der Saal im Erdgeschoss der Naturschutzstation wird als Atelier Helmut Drechslers inszeniert. In diesem finden die Besucher Informationen, Hin- tergründe und Zusammenhänge zum vielfältigen Lebensraum Eschefelder Teiche. Grafik: Claudia Naumann | Ingenieurbüro Natur und Bildung 10 NABU-REPORT SACHSEN 2018
LANDESVERBAND IN KÜRZE Drittes Projektjahr „Schwalben willkommen“ in Sachsen Å Der NABU ist weiterhin viel gefragt, wenn es um Tipps zu schwalben- freundlichen Maßnahmen geht. Er be- rät Schwalbenfreunde, vermittelt mit seiner informativen Schwalbenmappe umfangreiches Wissen und würdigt das Engagement für die Sommerboten mit der Plakette „Hier sind Schwalben willkommen“. Die große Anerkennung für das Schwalbenprojekt und das an- haltende Interesse der Sachsen auch im dritten Jahr machen Lust und Mut auf die Fortsetzung des NABU-Projektes „Schwalben willkommen“. Der Strom der Antragsteller für Auslaufbauwerke erneuert und der die Schwalbenplakette riss 2018 nicht durch Erosionsvorgänge stark geschä- ab. Bis Ende November wurden 500 digte Erddamm zwischen dem Großen Oben: In Dresden bauten Rauchschwalben unter Plaketten verschickt oder von NABU- Röderteich und der Schwarzen Röder den Auffahrklappen der Pillnitzer Fähre sieben Gruppen vor Ort überreicht. Zu den gesichert und instand gesetzt werden. Nester. Sie vollbrachten eine wahre Meisterleis- tung, denn nur beim Anlanden am Ufer konnten Ausgezeichneten dieses Jahres gehören Der NABU-Landesverband Sachsen sie ihren Nachwuchs füttern. Die Toleranz der die Kindertagesstätte in Trossin, der beauftragte als Eigentümer der Teiche Pillnitzer Fährleute und der Dresdner Verkehrs- Ziegenhof Scholz in Fremdiswalde, das 2018 die dafür notwendigen Planun- betriebe würdigte der NABU am 18. Juli 2018 Gesundheitsbad Actinon in Bad Schle- gen. Langfristig sollen die wiederherge- mit einer Plakette. Foto: Ina Ebert ma, die Biogärtnerei Auenhof in Nie- stellten Röderteiche vorrangig dem Darunter: Im Hofgut Eichigt sind 2018 ers- derlützschera, die Firma Holzbau Rico Artenschutz dienen, weshalb sie aus ei- te fliegende Mieter in die neuen Stallanlagen Sachse in Berbisdorf und erneut viele ner fischereiwirtschaftlichen Nutzung eingezogen. In einem beispielhaften Bildungs- Privatpersonen, unter ihnen Landtags- entnommen wurden. Die Umsetzung projekt fertigten Viertklässler der Grundschule präsident Dr. Matthias Rößler und sei- der Maßnahme erfolgt im Rahmen des Eichigt und weitere Schulkinder 100 Kunstnes- ne Familie. Entwicklungsprogramms für den länd- ter. Für das vom Hofgut initiierte und mit Hilfe des Natur- und Umweltzentrums Vogtland so- Weiter so, wünscht sich der NABU für lichen Raum im Freistaat Sachsen. wie des NABU Elstertal umgesetzte Projekt gab 2019 und hofft auf die Fortführung des es am 14. Juni 2018 eine Schwalbenplakette. Projektes mit Unterstützung der Sächsi- Unten: Großer Röderteich. Foto: Wolfgang Oldorf Foto: Daniela Wolf schen Landesstiftung Natur und Umwelt. www.schwalben.NABU-Sachsen.de Wiederherstellung der Röderteiche als Arthabitat Å Die Einlauf- und Auslaufbauwerke des Kleinen und Großen Röderteiches bei Großharthau im Landkreis Baut- zen befinden sich in einem schlech- ten Zustand, der den Fortbestand der Teiche gefährdet. Die Teiche sind als FFH-Lebensraumtyp 3150 (naturna- he eutrophe Stillgewässer) sowie nach § 30 BNatSchG als „naturnahe eutrophe Teiche/Weiher“ geschützt und werden mit Wasser aus der Schwarzen Röder reguliert. In den kommenden Jahren sollen die vorhandenen Einlauf- und NABU-REPORT SACHSEN 2018 11
LANDESVERBAND IN KÜRZE NABU Sachsen beteiligt die auch als Infoschild verwendet wer- sich am Projekt Saxony5 – den können und so das Bewusstsein und die Akzeptanz für Flächenmaß- Wissensströme intelligent nahmen stärken sollen. vernetzen Im Transferverbund Saxony5 koope- Å In Sachen Arten- und Lebensraum- rieren die Hochschulen für Angewand- vielfalt ist der NABU Experte: In zahl- te Wissenschaften in Dresden, Leipzig, reichen Projekten setzt er sich für die Mittweida, Zittau/Görlitz und Zwickau Erhaltung oder Wiederentstehung von in den Bereichen Forschung und Lehre Lebensräumen in städtischen und mit weiteren Partnern, um in 14 Teil- Haussperlinge gehören zu den meistgesichteten ländlichen Gebieten ein – seit 2018 vorhaben Forschung und Anwendung Wintervögeln. Foto: Ina Ebert auch im Projekt Saxony5, bei dem sich auf verschiedenen Gebieten stärker zu der NABU und fünf Hochschulen in vernetzen. Gefördert wird das Projekt bis 10 folgen Feldsperling, Blaumeise, Sachsen gemeinsam für mehr Vielfalt für fünf Jahre im Rahmen der Bund- Amsel, Grünfink, Elster, Saatkrähe, in der sächsischen Landwirtschaft en- Länder-Initiative „Innovative Hoch- Eichelhäher und Rabenkrähe. Auch gagieren. Unter anderem wird es Gele- schule“ vom Bundesministerium für der Vogel des Jahres 2018, der Star, ist genheiten geben, naturschutzfreundli- Bildung und Forschung und vom Säch- 789 Mal in sächsischen Gärten und che Landwirtschaft mit dem NABU zu sischen Staatsministerium für Wissen- Parkanlagen beobachtet worden. In erleben und miteinander ins Gespräch schaft und Kunst. Chemnitz/Stadt, im Erzgebirgs- und zu kommen. Anliegen ist es, das Wissen Vogtlandkreis sowie in Görlitz hat die aus den Hochschulen in die Praxis zu Stunde der Wintervögel – Kohlmeise ihren ersten Platz behaup- bringen und das Bewusstsein für den Haussperling in Sachsen auf ten können. Naturschutz in der Landwirtschaft zu An den Meldungen zeigen sich Aus- dem Siegerplatz stärken – nicht nur beim Landwirt, wirkungen des milden Winters auf das sondern auch beim Verbraucher. Wel- Å 5.857 sächsische Vogelfreunde melde- Zugverhalten einiger Teilzieher: Wie che Maßnahmen können die Lebens- ten dem NABU 144.613 Vögel aus 3.549 im Vorjahr blieben Stare und Hecken- raum- und Artenvielfalt in unserer Gärten. Der Haussperling hat in Sach- braunellen vermehrt bei uns. Auch Agrarlandschaft stärken, wo gibt es sie sen das Siegertreppchen erklommen eigentliche Zugvögel wie Bachstelzen bereits? Um darüber zu informieren, und mit 21.251 Meldungen die Kohl- und Hausrotschwänze wurden deutlich werden kurze Steckbriefe entwickelt, meise nur knapp überholt. Auf Platz 3 häufiger gemeldet als sonst. Durch die milden Winter der vergangenen Jah- re können diese Arten in Deutschland Auftaktveranstaltung Saxony5. Foto: Robert Weinhold | HTWK öfter erfolgreich überwintern. Diese höheren Zahlen dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass seit Jah- ren ein kontinuierlicher Abwärtstrend festzustellen ist. 2018 sachsenweit viel weniger „Gartenvögel“ Å An der 14. Stunde der Gartenvögel beteiligten sich in Sachsen 3.072 Vo- gelfreunde und zählten dabei 69.787 Vögel in 1.972 Gärten. Auch wenn in Sachsen insgesamt mehr Vögel pro Garten (35,6 Exemplare) beobachtet wurden als im Vorjahr, so sind die Er- gebnisse insgesamt wenig erfreulich. Bundesweit wurden pro Garten im Schnitt nur 33,8 Vögel gemeldet – die niedrigste Vogelzahl seit Beginn der Aktion. Besonders bei den häufigsten Gartenvögeln wurden im Vergleich 12 NABU-REPORT SACHSEN 2018
LANDESVERBAND IN KÜRZE zum Vorjahr weniger Vögel beobach- tet: Star, Amsel, Feldsperling, Mauer- segler und die wichtigsten Meisenarten weisen zum Teil sehr deutliche Rück- gänge auf (Kohlmeise minus 21 Pro- zent). Unter den acht meistgesichteten Vogelarten weist nur der Spatz – wie- der die Nummer 1 – einen leicht posi- tiven Trend im Vergleich zum Vorjahr auf. Auf den Plätzen 2 bis 8 folgen Star, Amsel, Kohlmeise, Feldsperling, Blau- meise, Mauersegler und Elster. Die aktuellen Zahlen bestätigen den langjährigen Trend wissenschaftlich er- hobener Zahlen, zum Beispiel zu den Vögeln der Agrarlandschaft: Es gibt ei- nen stetigen Rückgang zu verzeichnen, betroffen davon sind auch die anpas- sungsfähigen „Allerweltsvögel“ in un- 20.000 Mitglieder für den NABU Sachsen: Christel Römer, André Müller, Leonhard Müller, Denise serer Kulturlandschaft. Müller-Weigelt und Bernd Heinitz (v. l. n. r.) bei der Übergabe von Urkunde und selbstgebautem Vogelhaus. Foto: Ina Ebert NABU Sachsen knackt 20.000-Mitglieder-Marke Betrieben ausgebaut. So werden nach und Baumpflanzungen. Außerdem wur- den Erfolgen des PRO-PLANET-Apfel- de ein Pilotprojekt durchgeführt, bei Å Der NABU hat die 20.000-Mitglieder- projekts seit 2018 auch Anbauflächen dem auf den Einsatz von bienengefähr- Marke erreicht. Anfang Oktober hieß von Kulturarten im Gemüseanbau öko- lichen Mitteln der Stufe B1 und Gly- Landesvorsitzender Bernd Heinitz De- logisch aufgewertet. Das Projekt greift phosat verzichtet wurde. nise Müller-Weigelt, ihren Mann André dabei auf bereits bewährte Maßnahmen Müller und Sohn Leonhard, die sich als aus dem Apfelprojekt zurück, soweit Renaturieren auf neuer Familie beim NABU angemeldet haben, sich diese unter den Bedingungen des NABU-Fläche persönlich in der NABU-Naturschutz- Gemüseanbaus umsetzen lassen. Dazu station Herrenhaide willkommen. In zählen zum Beispiel die Entwicklung Å Anfang des Jahres 2018 konnte der Zeiten von Klimawandel und Artenster- von Blühflächen, die ökologische Auf- NABU-Landesverband Sachsen eine ben entwickeln immer mehr Menschen wertung von Betriebsgebäuden und etwa 0,5 Hektar große Wiese im Natur- ein Bewusstsein für die Umwelt, so Hei- -flächen, die Anbringung von Nist- schutzgebiet (NSG) „Molkenborntei- nitz. Eine hohe Mitgliederzahl verleiht kästen und die Förderung von Vogel-, che Stölpchen“ erwerben. Die ehemals dem NABU das notwendige politische Flugsäuger- und Insektenvielfalt. botanisch bemerkenswert ausgestat- Gewicht und eine starke Stimme für die Zum Projektstart wurden in zehn tete Feuchtwiese war seit zwölf Jahren Natur. Besonders wichtig ist der große Bundesländern 15 Anbauregionen aus- nicht mehr landwirtschaftlich genutzt Einsatz zahlreicher ehrenamtlicher Hel- findig gemacht, in denen sich Erzeuger worden. Ihr früherer naturschutzfach- fer, die den praktischen Naturschutz in (-gemeinschaften), die unterschiedli- licher Wert war infolge zunehmenden Sachsen vorantreiben. che Gemüsesorten wie Möhren oder Bewuchses mit Brombeeren, Aspen, 1990 wurde der NABU Sachsen ge- Brokkoli anbauen, für eine Zusammen- und Weiden stark beeinträchtigt. Land- gründet. Von den 20.000 Mitgliedern arbeit unter dem PRO-PLANET-Label reitgras, Rohrglanzgras und Schilf do- sind 2.300 jünger als 27 Jahre und ge- bereit erklärt haben. In den jeweiligen minierten die nicht verbuschten Are- hören damit der Naturschutzjugend Regionen stehen NABU-Berater für ale; von den einst wertbestimmenden (NAJU) Sachsen an. eine Zusammenarbeit bereit. Pflanzenarten ließen sich nur noch Auch im sächsischen REWE-Obst- einzelne Exemplare nachweisen. In ei- Mehr Biodiversität jetzt auch bauprojekt wurden 2018 weitere Maß- ner mehrtägigen, mit der unteren Na- nahmen geplant und umgesetzt. Dazu turschutzbehörde abgestimmten Rena- im Gemüseanbau zählen zum Beispiel die Aufwertung turierungsaktion befreiten im Sommer Å Mit Unterstützung der REWE AG einer weiteren Streuobstwiese, die Sa- 2018 ortsansässige NABU-Mitglieder in wurden die Aktivitäten zur Förderung nierung eines Teichs sowie die Erwei- Handarbeit die Fläche vom Gehölzauf- der Artenvielfalt in landwirtschaftlichen terung von Blühsteifen sowie Hecken- wuchs. Während der Pflegeaktion b NABU-REPORT SACHSEN 2018 13
LANDESVERBAND IN KÜRZE und Themen von großer ökologischer Bedeutung aufzubereiten. Es ist span- nend, in ein so breites und wichtiges Feld einzutauchen.“ Christina Melzer verstärkt Team der NABU-Naturschutz- station Biberhof Å Seit Anfang Oktober ergänzt Chris- tina Melzer als Umweltpädagogin das Team um Dieter Selter und Doris Rend- chen in der NABU-Naturschutzstation Biberhof in Torgau. Die Elbe begleitete sie schon während ihres Geographiestu- Erst nach einer sehr aufwendigen „Wiederurbarmachung“ konnte die NABU-Fläche im NSG „Molkenbornteiche diums in Dresden. Den ersten Biber sah Stölpchen“ im September 2018 wieder beweidet werden. Foto: Kathlen Runge sie in Eberswalde, wo sie den Masterstu- diengang Naturschutz und Regionalent- b konnten sogar schon einige, vermut- Diese Aktion ist nur ein Beispiel von wicklung mit Schwerpunkt Bildung für lich aus dem unmittelbar angrenzen- vielen, die zeigen, wie der NABU Sach- nachhaltige Entwicklung absolvierte. Er- den „Mittelteich Stölpchen“ stammen- sen eines seiner satzungsgemäßen Zie- fahrungen mit Kindergruppen sammelte de Moor- und Grasfrösche beobachtet le, die Sicherung der Artenvielfalt in sie unter anderem während Praktika in werden. Durch Erfassung des botani- Schutzgebieten, umsetzt. den Nationalparks Berchtesgaden und schen Artenspektrums vor und nach Kathlen Runge diesem (ersten) Weidegang soll geprüft werden, ob mit einer solchen angepass- Juliane Dölitzsch – Neues ten Nutzung auf mittel- bzw. langfristi- Gesicht des NABU Sachsen ge Sicht ein dem Schutzzweck des NSG für Pressearbeit und gemäßer Nährstoffentzug und somit wieder die frühere Vielfalt an Pflan- Online-Redaktion zen erreicht werden kann. Neben den Å Seit Anfang September betreut Juli- Moor- und Grasfröschen sowie weite- ane Dölitzsch beim NABU Sachsen die ren Lurch- und Amphibienarten dürf- Pressearbeit und die Online-Redakti- ten sicher auch zahlreiche Insekten on. Damit ist die 31-Jährige ab sofort davon profitieren, wenn sich auf der Ansprechpartnerin rund um Kommu- Christina Melzer. Foto: Lucie-Marie Gitschel Fläche mit Hornklee, Mädesüß, Wie- nikation, Pressefragen und die Website. senlabkraut, Sumpfschafgarbe usw. vie- Die gebürtige Magdeburgerin kam für Bayerischer Wald. Nach dem Studium le blütenreiche „Kennarten“ des Grün- ihr Studium der Kommunikations- zog es das Bauernhofkind aber erstmal in landes wieder dauerhaft etablieren. und Medienwissenschaft nach Leipzig. die Landwirtschaft. So arbeitete Christi- Hier ist sie, immer auf der Suche nach na Melzer für ein Jahr auf einem Bio-Be- Sonne, oft radelnd anzutreffen – vor trieb mit Milchkühen und entdeckte dort allem durch die zahlreichen Parks, auf ihre Leidenschaft für Hühnerzucht. Die dem Weg zum See oder ins nächstgele- vielfältigen Aufgabengebiete aus prakti- gene Café. Zuletzt war Juliane Dölitzsch schem Naturschutz und Bildungsarbeit in der Pressestelle der Universität Jena lockten die 29-Jährige schließlich zur tätig, wo ihr Herz besonders für natur- Naturschutzstation am Großen Teich. wissenschaftliche Themen schlug. Für Für 2019 plant sie eine Erweiterung des ihr Feature „Honig vom Balkon“ über Bildungsangebots, zum Beispiel ein Bi- Bienenhaltung in der Stadt erhielt sie ber-Camp in Kooperation mit der NAJU in diesem Jahr den Featurepreis der Sachsen. Durch vielfältige Naturerlebnis- Akademie der Bayerischen Presse. Nun Aktionen möchte sie Kinder, Jugendliche unterstützt sie den Landesverband mit und Erwachsene dazu ermutigen, Ver- Wort und Tat: „Ich freue mich sehr, den antwortung für unsere Umwelt zu über- Juliane Dölitzsch. Foto: Ina Ebert NABU redaktionell zu unterstützen nehmen und selbst aktiv zu werden. 14 NABU-REPORT SACHSEN 2018
NATURSCHUTZPOLITIK Foto: Philipp Steuer 7. Sächsischer SÄCHSISCHER NATUR SCHUTZ Naturschutztag TAG des NABU Sachsen Zur Biodiversität im Wald und zum Zustand der Gewässer ¢ Am 24. März trafen sich auf Einladung des NABU Sach- Prozent der sächsischen Oberflächengewässer in einem guten sen im Tagungshotel Kloster Nimbschen Vertreter des staat- ökologischen und chemischen Zustand sind und dass nur lichen und des ehrenamtlichen Naturschutzes, Politiker, Be- ein sehr geringer Anteil der sächsischen Waldflächen nach hörden und Naturschutzverbände sowie auch Landnutzer zertifizierten Kriterien ökologisch nachhaltig bewirtschaf- zum Sächsischen Naturschutztag, der in dieser Form alle tet wird. Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler mahnte in zwei Jahre stattfindet. Schirmherr der Naturschutztage ist seinen Grußworten: „Wir müssen nicht nur reden, sondern Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler. handeln, wo wir Einfluss nehmen können für den Schutz der Im Fokus standen in diesem Jahr Sachsens Wälder und akut bedrohten biologischen Vielfalt.“ Er dankte in diesem Gewässer. Auch sie sind betroffen von Klimawandel und Zusammenhang dem NABU für sein Engagement für den Umweltveränderungen, womit ein drastischer Verlust der Naturschutz und für die Organisation des Naturschutztags. Artenvielfalt verbunden ist. Erkannt wurde das schon lange, Den einführenden Vortrag aus dem Sächsischen Staatsmi- und es gibt auch konkrete Pläne, etwas dagegen zu unter- nisterium für Umwelt und Landwirtschaft hielt Staatssekre- nehmen. Aber reichen die Pläne und wie weit sind sie über- tär Dr. Frank Pfeil. Er verwies darauf, dass der Staat sich laut haupt schon umgesetzt? Über solche Fragen wurde lebhaft Gesetz für den Naturschutz einzusetzen hat. Um Maßnah- diskutiert. Bernd Heinitz, Vorsitzender des NABU Sachsen, men zum Schutz der Biodiversität umzusetzen, appellierte er der die 140 Teilnehmer begrüßte, verwies auf immer neue an ehrenamtliche und staatliche Naturschützer sowie Flächen- Schreckensmeldungen zum weltweiten Artensterben und auf eigentümer, miteinander zu reden und gemeinsam zu han- die Notwendigkeit von Gegenmaßnahmen, auch in den Be- deln. Nachfolgend forderte Michael Bender von der Grü- reichen Wald und Gewässer. So kritisierte er, dass nur vier nen Liga, den Flüssen mehr Raum zu geben und im Umland b NABU-REPORT SACHSEN 2018 15
NATURSCHUTZPOLITIK b den natürlichen Hochwasserrückhalt zu verbessern. Au- zubeziehen, um die Fach- und Gebietskenntnisse zu nutzen. ßerdem sprach er sich für eine Änderung der Agrarförderung Dass eine naturgemäße Waldwirtschaft im Landesforst sehr aus, da die Landwirtschaft für einen katastrophalen Arten- wohl möglich ist, versuchte im Anschluss Stephan Schusser schwund und für Gewässerverschmutzung in hohem Maße zu belegen. Er ist Landesvorsitzender der Arbeitsgemein- verantwortlich ist. Oliver Fritzsche, sächsischer Landesvorsit- schaft Naturgemäße Waldwirtschaft und zugleich Leiter des zender der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, berichtete Forstbezirks Eibenstock. In seinem Vortrag berichtete er über in seinem Vortrag über Umweltbildung und Waldpädagogik den ökologisch orientierten Waldumbau von einem Fichten- seines Verbands, um die Menschen über ökologische, sozio- reinbestand zu einem sich selbst verjüngenden Mischwald. logische und ökonomische Funktionen des Waldes aufzuklä- Im zweiten Teil der Vorträge ging es um die Gewässer in ren. Es gehe um die berechtigte wirtschaftliche Nutzung des Sachsen. Zuerst sprach Joachim Schruth vom NABU Sach- sen über Durchgängigkeit und Hochwasserschutz. Als ein Problem beschrieb er Wasserkraftanlagen, die unpassierbar für Fische sind und die Wassermenge unzulässig reduzieren. Maßnahmen des technischen Hochwasserschutzes nannte er nötig, aber sie dürften nicht andere Maßnahmen ersetzen. Zusätzliche Retentionsflächen seien zum Beispiel dringend erforderlich. Dr. Bernd Spänhoff vom Sächsischen Landes- amt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie erläuterte das Konzept zur nachhaltigen Gewässerbewirtschaftung und Au- enentwicklung. Düster beschrieb er dabei den Ist-Zustand: Viele nach EU-Recht geschützte Gebiete sind in keinem gu- ten Erhaltungszustand; noch schlechter sieht es bei den Ge- wässern aus, die sich nicht in dem von der EU geforderten guten ökologischen Zustand befinden. Um den Gewässern mehr Raum zu geben, verlangte er eine Zusammenarbeit mit Flächeneigentümern und -nutzern. Zudem müsse das Hoch- wasserschutzkonzept durch ein Auenprogramm ergänzt wer- den mit dem Ziel, Auenrelikte zu entwickeln und den Erhal- tungszustand zu verbessern. Zum Abschluss des Tages ging Lars Stratmann, stellvertretender Vorsitzender des BUND Sachsen, mit Blick auf Gewässerzustand, Vielfalt und Ver- bundfunktion auf die Frage ein: Was fehlt noch? Seine Ant- wort auf diese Frage enthielt viele Forderungen: So müssen die Lebensraumvielfalt verbessert, die Verbundfunktion der Fließgewässer hergestellt und der Gewässerzustand verbes- sert werden. Insbesondere sei eine veränderte Agrarförde- rung notwendig, um eine an Naturraum und Landschaft an- gepasste bäuerliche Landwirtschaft zu unterstützen. In den Pausen entwickelten sich viele Diskussionen zu aktuellen Fragen des Naturschutzes und zum Miteinander Oben: Dr. Matthias Rößler im Pausengespräch mit Veranstaltungsteilnehmern. staatlicher und ehrenamtlicher Akteure. Nach jedem Referat Unten: Joachim Schruth bei seinem Vortrag. Fotos: Robert Michalk gab es ebenfalls Fragen, Meinungsäußerungen und lebhafte Wortwechsel. Waldes, aber auch um seine Erholungs- und Schutzfunktion, Zum Ende lud der NABU Sachsen alle zum nächsten Na- zum Beispiel für den Hochwasserschutz. Dr. Michael Ho- turschutztag ein, der im Frühjahr 2020 stattfinden wird. Im mann, im Staatsbetrieb Sachsenforst Leiter des Referats Na- Blickpunkt steht dann die Frage nach den Erfolgen im Bio- turschutz im Wald, stellte das Naturschutzkonzept für den top- und Artenschutz insgesamt. Denn 2009 gab sich der sächsischen Landeswald vor. Widerspruch bekam er vom Freistaat in seinem Maßnahmenplan „Biologische Vielfalt nachfolgenden Redner, Dr. Rolf Steffens, der für den NABU 2020“ das Ziel, den Rückgang der biologischen Vielfalt im Sachsen sprach: Dass eine naturnahe Waldwirtschaft bereits Freistaat aufzuhalten. 2020 endet der Zeitraum, in dem Sach- ausreicht für einen erfolgreichen Biotop- und Artenschutz, ver- sen dieses Ziel erreichen will. „Das ist ein guter Zeitpunkt, um neinte Dr. Steffens grundsätzlich. Nutzungsfreie Flächen sei- gemeinsam Bilanz zu ziehen“, so Bernd Heinitz abschließend. en zusätzlich unumgänglich. Zudem forderte er, frühzeitig in alle Planungen den ehrenamtlichen Naturschutz vor Ort ein- René Sievert 16 NABU-REPORT SACHSEN 2018
NATURSCHUTZPOLITIK Nachhaltiges Sachsen? Die sächsische Nachhaltigkeitsstrategie wird den Verlust der biologischen Vielfalt nicht aufhalten ¢ Der Freistaat Sachsen hat sich im Jahr 2013 eine Nach- ist aus Sicht des NABU Sachsen auch dringend notwendig: haltigkeitsstrategie gegeben, die die Ziele und Indikatoren Die Nachhaltigkeitsstrategie muss als Querschnittsaufgabe für eine nachhaltige Landespolitik definiert. Die im Bereich in allen Politikbereichen fest verankert werden. Nur so kann „Umwelt- und Naturschutz“ beschlossenen Ziele werden sie zur Stärkung des Nachhaltigkeitsgedankens und des Na- vom NABU Sachsen ausdrücklich unterstützt. Woran es je- turschutzes in der sächsischen Politik beitragen. doch oft mangelt, ist die praktische Umsetzung. Aufbauend auf einer Zwischenbilanz zur Umsetzung von 2016 und un- ter Einbeziehung relevanter Akteure schreibt der Freistaat Landwirtschaftlich genutztes Grünland ist der typische Lebensraum der Weißstörche. Besonders wichtig sind extensiv bewirtschaftete nun seit Ende 2017 seine Nachhaltigkeitsstrategie fort – an landwirtschaftliche Flächen sowie feuchtes Grünland, das periodisch der sich auch der NABU Sachsen intensiv beteiligt. überschwemmt wird, Teiche und Weiher. Nur dort kann er ausreichend Aus der Fortschreibung ergibt sich die Chance, Zielstel- Nahrung für sich und seine Nachkommen finden. lungen zu konkretisieren und Indikatoren zu schärfen. Das Foto: Bärbel Franzke b NABU-REPORT SACHSEN 2018 17
NATURSCHUTZPOLITIK Die sächsische Nachhaltigkeitsstrategie formuliert für die Landwirtschaft verschiedene, teilweise sehr allgemeine, teil- weise sehr spezielle Ziele. Zu letzteren zählen die „Reduzie- rung der Bodenerosion“ und die „Verminderung des Ein- trags von Nähr- und Schadstoffen in Gewässern“. Die allge- meinen Ziele hingegen – langfristige Sicherung und Erhö- hung der Vielfalt an Lebensräumen und Arten sowie Siche- rung der Funktion des Biotopverbunds – bleiben in der De- finition abstrakt und werden leider auch nicht überprüfbar mit Indikatoren untersetzt. Deshalb muss auf bundesweite Zahlen, wie die regelmä- ßig erfassten Indikatoren der Nationalen Nachhaltigkeits- strategie, zurückgegriffen werden. Der hier als Gradmesser erfasste „Bestand repräsentativer Vogelarten in verschiede- nen Landschafts- und Lebensraumtypen“ entwickelt sich Ein Beispiel für eine bodenschonende und nachhaltige Bodenbearbeitung mit gleich- demnach weiterhin negativ. zeitigem Verzicht auf den Einsatz von Bodenherbiziden: mechanische Baumreihen- Zum Problem der Stoffeinträge findet sich in der sächsi- bearbeitung bei der Sachsenobst AG. Eine nachhaltige Landwirtschaft hilft auch den schen Strategie nur der Indikator „Anschluss an die Abwas- Landwirten, denn funktionierende Ökosysteme (zum Beispiel Böden) sind die Grund- serbehandlung“. Keine Rolle spielt dagegen der Stoffeintrag, lage ihres Wirtschaftens. Foto: Philipp Steuer nicht nur von Nährstoffen, aus der Landwirtschaft. Bundes- weite Daten des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2010 zei- gen aber, dass 54 Prozent der Landökosysteme durch Über- b Zwischenbilanz mehr als durchwachsen düngung bedroht sind. Der Ende 2016 vorgelegte Bericht stellt insgesamt zunächst positive Trends fest, „insbesondere bei der Energieproduk- Effektiv geschützt? Zustand der tivität und dem Anteil erneuerbarer Energien oder bei der Abwasserbehandlung.“ Die Bilanz vor allem im Natur- und sächsischen Schutzgebiete Umweltschutz ist jedoch eher durchwachsen bis negativ. In gesetzlich geschützten Naturschutzgebieten sollte schon Entsprechend gesteht der Bericht ein: „Herausforderungen per Definition der Schutz der Natur, der Arten und Lebens- im Freistaat Sachsen bestehen weiterhin bei der Reduktion räume Vorrang genießen. Deren Erhalt und Aufwertung von Umweltbelastungen …, beim Artenschutz sowie bei der als hochwertige Rückzugs- und Lebensräume hat für den Reduzierung von CO2-Emmissionen“ – also genau bei den NABU einen besonderen Stellenwert. Doch auch in ausge- Kernthemen der Umwelt- und Naturschutzverbände. Der wiesenen Schutzgebieten ist es nicht selbstverständlich, dass Bericht stellt mit Blick auf die Artenvielfalt im Land dann die Natur Vorrang hat. Zahlreiche Ausnahmen, Befreiungen, auch fest: Hauptproblem ist „ein starker Artenschwund …, Ausgliederungen und erlaubte Handlungen beeinträchtigen dessen Hauptursache der Verlust von Lebensräumen durch ihren Zustand. intensive menschliche Landnutzung“ ist. Sächsischer Nachhaltigkeitsindikator ist der Zustand der Fauna-Flora-Habitat-Gebiete (FFH-Gebiete). Sachsen hat – wenn auch auf Drängen beziehungsweise Beschwerden des Nachhaltige Landwirtschaft? Verlust biologi- NABU hin – verglichen mit anderen Bundesländern einen scher Vielfalt in der Agrarlandschaft größeren Anteil der Landesfläche als FFH-Gebiete ausgewie- Der NABU weist immer wieder darauf hin, dass eine auf in- sen. Nach dem Zwischenbericht aus dem Jahr 2016 befin- tensiver Bodennutzung und hohem Chemikalieneinsatz beru- den sich diese jedoch überwiegend nicht in einem günsti- hende Landwirtschaft zum Verlust von biologischer Vielfalt in gen Erhaltungszustand. Grund dafür könnte sein, dass die der Agrarlandschaft beiträgt. Eine wirklich nachhaltige Land- FFH-Gebiete weiterhin nur einen „Grundschutz“ genie- wirtschaft muss ihre negativen Auswirkungen auf die Umwelt, ßen. Schon seit deren Entwurf kritisiert der NABU die Arten und ihre Lebensräume minimieren. Das kann durch deshalb die gel- eine Reduzierung von Nährstoffeinträgen, eine Minimierung tenden „Grund- des Pflanzenschutzmitteleinsatzes, die Wiederherstellung von schutzverordnun- Landschaftsstrukturen und die Schaffung von Rückzugsräu- gen“ für die FFH- men geschehen. Deshalb ist eine Landwirtschaft, die rück- Gebiete, die keine sichtsvoll mit den natürlichen Ressourcen umgeht – und da- direkt überprüf- für auch angemessen honoriert wird – aus Sicht des Natur- und einklagbaren schutzes ein wichtiger Ansatz, um Artenvielfalt zu erhalten. Verbote enthalten. 18 NABU-REPORT SACHSEN 2018
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