NABUREPORT Naturschutz in Sachsen
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I N H A LT 1 VO RWO R T L AN D E SVE R B A N D 2 Neue Dauerausstellung „Lebensraum Eschefelder Teiche“ 5 Landesvertreterversammlung des NABU Sachsen 7 Neues aus dem Projekt „Quartierpaten für Fledermäuse gesucht“ 9 NABU-Gruppen treffen sich in Leipzig zum Erfahrungsaustausch 11 Landesverband – in Kürze N AT U RSC HUTZP O L ITIK 16 Widerstand gegen „Kiessandtagebau Würschnitz-West“ 19 Wildnisstudie für Sachsen 21 Sächsische Landtagswahl: Forderungen an die neue Koalition 23 Ringdrossel: Artenschutzbelange am Fichtelberg ignoriert 24 Biosphärenreservat „Westerzgebirge“ 26 Naturschutzpolitik – in Kürze FAC HA R B E IT 29 Wiederherstellung und Neuschaffung von Feuchtgebieten 32 Sächsisches Auenprogramm aus Sicht des NABU Sachsen 34 20 Jahre Burgauenbach 37 Artenschutzprogramm für das Birkhuhn 39 Facharbeit – in Kürze AU S N A B U- GR UP P E N 45 Dresdner Projekt zur Vermeidung von Vogelkollisionen an Glasflächen 47 NABU Leipzig fordert: keine Bauarbeiten ohne Artenschutz 49 NABU Kirchberg: Hoher Forst wird Teil des UNESCO-Weltkulturerbes 51 Sanierungsmaßnahmen des NABU Bischofswerda an den Lobchenteichen 53 NAJU bietet Naturerfahrungen für Kinder und Jugendliche 54 Fortbildungsangebote der NAJU 56 Alle Hände voll zu tun auf dem Dachsenberg 57 Preisgekrönte NAJU-Parkkobolde aus Pulsnitz 58 Aus NABU-Gruppen – in Kürze 3. US P U B L IKATIO N E N DE S N ABU SACHSEN
VO RWO RT Liebe Mitglieder und Freunde des NABU Sachsen, Naturschützerinnen und Naturschützer warnen schon seit längerem vor einem dramatischen Verlust der Artenvielfalt. Viel zu lange hat es gedauert, doch 2019 zeigten Demons- trationen in ganz Deutschland, dass Klima-, Natur- und Kompromisse geben, aber wir erwarten, dass sie klare prak- Umweltschutz in weiten Teilen der Bevölkerung und Politik tische Maßnahmen benennen und nicht bei allgemeinen Be- endlich zunehmend Beachtung finden. kundungen stehenbleiben. Jetzt gehen wir mit großen Erwartungen in die neue Le- gislaturperiode. Die vergangene Regierungskoalition hat es Noch ein kurzer Blick nach Brüssel: Über die Frage, welche nicht geschafft, die für den Erhalt der biologischen Vielfalt Landwirtschaft wir in Zukunft haben wollen, wird auf EU- und für den Klimaschutz notwendigen Akzente zu setzen. Ebene momentan intensiv diskutiert. Die Gestaltung der ge- Dabei gehören Klimakrise und Artenverlust zu den größten meinsamen europäischen Agrarpolitik (GAP) im Zeitraum Herausforderungen für unsere Zukunft. So geht es beim Ar- von 2021 bis 2027 wird dazu die Weichen stellen. Wir brau- tensterben nicht mehr nur um rote Listen oder das Ausster- chen eine Landwirtschaft, die Böden, Grundwasser und Ar- ben einzelner Arten, sondern um das Verschwinden ganzer tenvielfalt erhält, gesunde Lebensmittel produziert und den Ökosysteme. Eines ist für mich klar: Natur- und Umwelt- Landwirten ein faires Auskommen ermöglicht. schutz müssen eine höhere und deutlich erkennbare Priori- tät in der künftigen Landespolitik erhalten. Klimaschutz und Naturschutz sind für den NABU untrenn- bar verbunden und dürfen nicht gegeneinander ausgespielt Wie wichtig das Engagement unserer Mitglieder ist, zeigt werden. Deshalb setzen wir uns für eine naturverträgliche sich gerade in der Königsbrück-Ruhlander Heide, wo ei- Energiewende genauso ein wie für eine neue Agrarpolitik nes der größten Kiesabbaugebiete in ganz Deutschland ent- und dafür, dass unsere Wälder nicht in erster Linie Rohstoff- stehen soll. Hier engagiert sich Matthias Schrack mit seinen quelle, sondern vor allem wertvolle Ökosysteme, Lebensräu- Mitstreitern für die Erhaltung im Freistaat Sachsen einmali- me für viele Tiere, Pflanzen und Pilze sowie natürliche Ver- ger Lebensräume: Eine einzigartige Moorlandschaft mit seit bündete im Kampf gegen den Klimawandel sind. tausenden Jahren gewachsenen Waldmooren ist bedroht. Ein sofortiges Handeln zur Bewahrung dieses wertvollen Lebens- Über viele Aktivitäten und Projekte des NABU Sachsen im raumes ist dringend notwendig. Der Freistaat Sachsen muss Jahr 2019 berichten wir im vorliegenden Heft, dabei ist auch seiner Verantwortung für das nationale und europäische Na- dies nur ein kleiner Ausschnitt über die Naturschutzarbeit turerbe, insbesondere bei der vorhandenen Summierung unserer zahlreichen Gruppen. Hier wird deutlich: Was wäre hochwertiger Schutzgebiete im Umfeld, gerecht werden. der NABU Sachsen ohne seine inzwischen über 23.000 Mit- Fast täglich wird uns derzeit die Bedeutung intakter Wälder glieder und seine zahlreichen Aktiven, die gemeinsam an- und lebendiger Moore vor Augen geführt. Hier sollen über packen im Sinne unseres Mottos „Für Mensch und Natur“. 100 Hektar Wald dem Rohstoffabbau zum Opfer fallen. Den Dafür danke ich Ihnen allen. Bleiben Sie aktiv, denn es lohnt Freistaat Sachsen als Eigentümer des Waldes sehen wir in der sich und es macht Freude, auf gemeinsame Erfolge blicken Pflicht, bestehende Waldbestände zu bewahren. Gerade in zu können. der aktuellen Diskussion um Artenschwund und Klimawan- del sind der Erhalt und der klimaangepasste Umbau beste- In diesem Sinne wünsche ich eine interessante Lektüre. hender Wälder von enormer Wichtigkeit. Ihr Bernd Heinitz Und da schließt sich der Kreis. Die Menschen gehen auf die Straße, um für eine ökologische Zukunft zu demonstrieren und Forderungen an Politik und Gesellschaft zu stellen: Den Herausforderungen von Klimawandel, Artensterben, Plas- tikflut und Ressourcenverbrauch muss endlich entschieden Immer aktuell über Aktivitäten und Neuigkeiten des NABU begegnet werden! Die sächsischen Parteien müssen sich ih- Sachsen informiert: rer historischen Aufgabe bewusst sein. Es muss im Leben www.infobrief.NABU-Sachsen.de NABU-REPORT SACHSEN 2019 1
LANDESVERBAND LEBENSRAUM ESCHEFELDER TEICHE Dauerausstellung in der NABU-Naturschutzstation Teichhaus Eschefeld Helmut Drechsler mit Kamera und Elektronen-Scheinwerfer. Foto: Nachlass Helmut Drechsler LEBENSRAUM ESCHEFELDER TEICHE Dauerausstellung in der NABU-Naturschutzstation Teichhaus Eschefeld ¢ Es wurde(n) beantragt, freigegeben, gesucht, gefunden, be- Umsetzungsphase ging, seinen vorläufigen Höhepunkt: Die sprochen, gesammelt, ausgewertet, zusammengestellt, konzi- Dauerausstellung Lebensraum Eschefelder Teiche wurde im piert, ent- und verworfen, ausprobiert, gemalt und gezeich- Beisein vieler Gäste offiziell eröffnet. net, beobachtet und aufgenommen, geschraubt, gehämmert, gebohrt, geklebt, aufgemöbelt, restauriert, saniert, ein-, um- Am Anfang stand das Wie? und aufgebaut, Pixel geschoben, getextet, Layouts gesetzt, ge- Wie lässt sich eine informative Ausstellung für verschiedene druckt, ein- und umgestellt, geschwitzt, gelacht, versteckt, ge- Besuchergruppen gestalten, die über reine Gebietsinforma- testet und schließlich eröffnet! tionen hinausgeht? Eine, die sich auch erfahren lässt? Eine, die veränderbar ist und zum Wiederkommen einlädt? Eine, Der 8. Oktober 2019 war ein Feiertag in der NABU-Na- die dem Stationsprogramm und den Nutzungsgewohnheiten turschutzstation Teichhaus Eschefeld, denn an diesem Tag verschiedener Gäste nicht im Weg steht? Eine, die neben der fand ein Projekt, das 2018 begonnen hatte und 2019 in die Gegenwart die Tradition nicht ausschließt? 2 NABU-REPORT SACHSEN 2019
LANDESVERBAND Mit den richtigen Partnern! Diese waren mit dem Team vom Ingenieurbüro Natur und Bildung um Claudia Naumann aus Dresden gefunden. Es wurde eine wunderbare Zeit der Zusammenarbeit, in der Ideen entstanden und Wirklichkeit wurden. Daran maßgeblich beteiligt waren die Theaterbild- hauer Lili Laube und Robert Frenzel aus Dresden, die der Ausstellung ihren besonderen Anstrich verliehen. Für fach- liche Informationen standen Mitarbeiter der unteren Natur- schutzbehörde vom Landkreis Leipzig, Familie Wolf als Päch- ter der Eschefelder Teiche sowie die drei Helmut-Drechsler- Spezialisten Albert Peter Bräuer, Bernd Voigtländer und Eber- hard Jasinski mit Wissen, Erfahrung und wertvollen Quellen zur Seite. Helmut Drechsler und die Rätsel, die er hinterließ Ausstellungseröffnung im Teichhaus Eschefeld. Foto: Robert Michalk Doch wer ist Helmut Drechsler? Und was hat er mit den Eschefelder Teichen zu tun? Eine Antwort ließe sich pro- blemlos und ausschweifend mit „Es war einmal vor langer Zeit …“ beginnen, denn es ranken sich viele Geschichten um diesen Menschen. Die Kurzantwort lautet: eine ganze Menge. Und das bemerken Besucher der Ausstellung schnell. Helmut Drechsler, 1916 in Colditz geboren, war der be- deutendste Natur- und Tierfotograf der DDR von interna- tionaler Bekanntheit, ein Natur- und Umweltschützer, ein begnadeter Redner, der es verstand, Menschen für Umwelt- themen zu begeistern. Dazu war er Journalist, Verleger, Illus- trator, Abenteurer und vieles andere mehr. 1946/1947 hielt er sich für einige Wochen im heutigen Europäischen Vogel- schutzgebiet sowie Naturschutzgebiet „Eschefelder Teiche“ auf. Seine Erlebnisse aus dieser Zeit mündeten in Wort und Farbfotos in seinem Buch „Teichsommer“. Sein Tod auf einer Afrikaexpedition 1960 gibt bis heute Rätsel auf. Er hinter- ließ einen großen Schatz an Fotografien, Manuskripten so- wie Büchern. Bis heute erinnern sich all jene gern an ihn, die ihn kannten oder von ihm hörten. Helmut Drechsler war ein Vorreiter auf vielen Feldern, besonders in seinem ständigen Anliegen: dem Naturschutz. Bis heute genießt er großes Anse- Großes Mausohr. Foto: Reimund Francke hen weit über den Landkreis Leipzig hinaus – Gründe genug, ihm auch in der Naturschutzstation ein Denkmal zu setzen. Jeder, der die Station fortan durch den Saal betritt, steht mit- ten in Drechslers Arbeitszimmer, das viele Informationen of- fenbart und viele weitere zunächst versteckt. Gäste, die vor al- lem Informationen über die Eschefelder Teiche suchen, finden sie an verschiedenen, zum Teil interaktiven Ausstellungsob- jekten und sind so für eine Gebietsexkursion bestens gerüstet. Wer mehr Zeit mitbringt, ob als Gruppe oder allein, ist eingeladen, eine kleine Zeitreise zu beginnen und Drechslers Spuren in die Gegenwart zu folgen. Ohne an dieser Stelle zu viel zu verraten: Im Rahmen der Dauerausstellung hinterließ Drechsler den Besucherinnen und Besuchern ein Rätsel. Er ist der unsichtbare Erzähler und Ausgangspunkt des Escape- Ein Teil der Ausstellung ist als Rätsel angelegt – die richtigen Tasten Spiels, das Kinder wie Erwachsene aktiv einbindet, zum b geben den nächsten Hinweis. Foto: Robert Michalk NABU-REPORT SACHSEN 2019 3
LANDESVERBAND des Escape-Spiels ganz nebenbei auch die Arbeit im Team schulen und festigen. Der Rätsellauf ist für verschiedene Gruppenansprüche und Altersstufen variierbar. Beobachten und lauschen Erfolgreiche Rätselabsolventen führt der Weg vom Erdge- schoss über die Wendeltreppe in das Obergeschoss der Sta- tion, wo Drechsler sein gemütliches Beobachterzelt aufge- schlagen hat. Dort können die Gäste ihm lauschen und aus seinem Schilfversteck heraus 24 Stunden im Zeitraffer am Ziegelteich verbringen, wo die Eindrücke und Veränderun- gen in der Natur im Laufe eines Tages erfahrbar werden. Wer dann noch Lust hat, ist zum Austausch über Gesehenes und Gehörtes eingeladen oder auch dazu, Verstecktes durch das Fernglas im Stationshof zu entdecken und schließlich mit of- fenen Augen aufzubrechen – in den Lebensraum Eschefel- der Teiche! Am Ende steht der Dank Allen, auch den vielen helfenden Händen und Köpfen, die hier keine explizite Erwähnung finden, sei herzlich für Un- terstützung und Rat gedankt! Janine Kirchner Öffnungszeiten NABU-Naturschutzstation Teichhaus Eschefeld Dienstag und Mittwoch 10 bis 18 Uhr sowie nach vorheriger Absprache Teichhaus 1, 04654 Frohburg | Telefon: 034348 53895 E-Mail: teichhaus@NABU-Sachsen.de Basisausstellung • Zielgruppe: Gebiets- und Stationsgäste jeden Alters • Freier Eintritt zu regulären Öffnungszeiten der Station Fotos: Robert Michalk Basisausstellung und Escape-Spiel • Zielgruppe: Kinder-/Jugendgruppen, spielfreudige Erwachsene b Knobeln und Erforschen einlädt und sich dabei rund um • Einleitung und Begleitung durch das Stationsteam den Lebensraum Eschefelder Teiche dreht. plus Siegerehrung Viele Informationen und Zusammenhänge sind in ver- • Dauer: etwa 3 Stunden schiedenen Ausstellungsobjekten wie seinem Forscherge- • Voranmeldung erforderlich: teichhaus@NABU-Sachsen.de päck, einem Vogelsprachkurs oder seinem Schreibtisch, • Preis: 5 Euro pro Person (ohne geführte Gebietsexkursion) hinter Tastern, in Schüben und Kisten, auf Pfaden sowie in Fühl- und Gucklöchern verborgen. Wer sie Schritt für Schritt entdeckt und zusammenfügt, knackt das Rätsel, das eine Botschaft beinhaltet, die alle betrifft. Wer das schafft, er- hält eine kleine Anerkennung. Denn mit Aufgeschlossenheit für die Natur sowie Freude am Entdecken wurde eine Menge über das Gebiet gelernt und damit ganz im Sinne von Hel- Die Ausstellung wurde gefördert durch: mut Drechsler gehandelt. Vermittelte Themen sind unter anderem die Tierwelt an den Teichen, Kernschutzarten, Fischwirtschaft sowie das Zusammenspiel verschiedener Akteure zur Erhaltung des Zuständig für die Durchführung der EPLR-Förderung im Freistaat Sachsen ist das Schutzgebiets. Insbesondere für Gruppen lässt sich anhand Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL). 4 NABU-REPORT SACHSEN 2019
LANDESVERBAND NABU SACHSEN WÄHLT NEUEN LANDESVORSTAND ¢ Auf der 16. Landesvertreterversammlung des NABU Sach- Sachsen. „Diesen Schwung müssen wir mitnehmen und da- sen wählten Delegierte am 16. März in Leipzig den neu- raus Politik machen – für eine naturverträgliche Landwirt- en Landesvorstand. Alter und neuer Landesvorsitzender ist schaft, für die die Europawahl im Mai wichtige Weichen Bernd Heinitz, der ohne Gegenstimmen gewählt wurde. Es stellt, für eine nachhaltige Industriepolitik, für den Klima- ist bereits seine vierte Amtszeit in dieser Position. Seine Stell- schutz und gegen die Plastikflut.“ NABU-Präsident Tschimp- vertreter sind René Sievert (NABU Leipzig) sowie Dr. Hol- ke zollte zudem allen ehrenamtlichen Helfern in den Regio- ger Oertel (NABU Großdittmansdorf). Christel Römer vom nalgruppen Respekt: „Sie sind ein hohes Gut für den NABU NABU Burgstädt wurde als Schatzmeisterin gewählt. Als Bei- und den deutschen Naturschutz.“ sitzer unterstützen künftig Hellmut Naderer (NABU Elster- Für die Wiederwahl und die gute Zusammenarbeit mit al- tal), Dr. Jan Schimkat (NABU Radebeul), Dr. Maria Vlaic len Aktiven und dem bisherigen Vorstand bedankte sich Bernd (NABU Leipzig) sowie Salome Winkler (NABU Erzgebirgs- Heinitz. Im Jahr der sächsischen Landtagswahl muss und wird vorland). Werner Hentschel vertritt weiterhin die Natur- der NABU Präsenz zeigen und weiterhin Impulse geben. „Die schutzjugend (NAJU) Sachsen im Vorstand. Bilanz der letzten Legislatur ist ernüchternd. Beim natürlichen Begrüßt wurden die über 100 Versammlungsteilnehmer Hochwasserschutz geht es zu langsam voran. Bei der Reduzie- von Olaf Tschimpke, Präsident des NABU Deutschland. „Es rung des Flächenverbrauchs und der Ausweisung von Natur- bewegt sich etwas“, schilderte Tschimpke, der eigens aus Ber- wäldern gibt es keine Fortschritte. Beim wichtigen Thema b lin angereist war, „wir erleben spannende Zeiten.“ Das wach- sende Bewusstsein für den Naturschutz zeige sich ebenso an Der am 16. März 2019 gewählte Vorstand des NABU Sachsen: Dr. Maria den Schülerprotesten für den Klimaschutz wie an dem er- Vlaic, Dr. Holger Oertel, Salome Winkler, Hellmut Naderer, Christel Römer, folgreichen Volksbegehren für die Bienen in Bayern und Bernd Heinitz und René Sievert. Dr. Jan Schimkat und Werner Hentschel den stetig steigenden Mitgliederzahlen des NABU – auch in fehlen. Foto: Juliane Dölitzsch NABU-REPORT SACHSEN 2019 5
LANDESVERBAND b biologische Vielfalt und Stopp des Artenrückgangs gibt es noch viel zu tun“, erklärte der Landesvorsitzende. Dass das Thema Umweltschutz mehr und mehr bei der Bevölkerung an- kommt und der NABU Sachsen durch wachsende Mitgliederzahlen mehr poli- tisches Gewicht erhält, betrachtet er je- doch als gute Voraussetzungen, um im Sinne des Naturschutzes mehr in der Politik zu bewegen. Auch die nächste Generation steht schon bestens vorbe- reitet in den Startlöchern: „Mich freut besonders, dass die NAJU Sachsen eine so erfolgreiche Entwicklung nimmt und sich durch einen großen Zusam- menhalt, tolle Ideen und ein vielseiti- ges, qualitativ hochwertiges Jahrespro- gramm auszeichnet“, so Heinitz. Im Rahmen der Versammlung wur- den Thomas Krönert (NABU Eilen- burg) und Horst Bühring (NABU Wit- tichenau) mit der NABU-Ehrennadel in Gold ausgezeichnet für ihren unermüd- lichen Einsatz für die Natur. Die NABU- Olaf Tschimpke und Karsten Peterlein mit der Petition zur Rettung der biologischen Vielfalt Ehrennadel in Silber für ihr großes En- in Leipzig. Foto: Juliane Dölitzsch gagement für den Naturschutz und den NABU Sachsen erhielten Dieter Opitz (NABU Großdittmannsdorf), Frank Ende (NABU Lößhügelland), Angelika Leonhardt (NABU Lößhügelland) so- wie Ina Ebert (Landesverband Sachsen). Bei der Versammlung wurde den Delegierten aus den regionalen NABU- Gruppen überdies ein Antrag zur Ab- stimmung vorgelegt. Um als positi- ves Beispiel voranzugehen, brachte der Landesvorstand den Antrag über die Richtlinie „Verpflegung auf NABU- Veranstaltungen in Sachsen“ ein. Da- nach setzt sich der NABU Sachsen mit seinen Gliederungen nun offiziell eine nachhaltige Ernährung zum Ziel, denn der Schlüssel zum Erhalt der biologi- schen Vielfalt und der Ökosysteme liegt auch im bewussten Konsum. Bei Ver- anstaltungen sollen nur regionale und saisonale Speisen und Getränke in Bio- qualität zum Einsatz kommen und Ver- packungsmüll vermieden werden. Der Antrag wurde mit großer Mehrheit an- genommen. NABU-Ehrennadeln für Angelika Leonhardt, Frank Ende, Ina Ebert, Thomas Krönert mit Bernd Heinitz (v. l. n. r.). Foto: Uwe Schroeder Juliane Dölitzsch 6 NABU-REPORT SACHSEN 2019
LANDESVERBAND NEUES VON DEN Quartierpaten ¢ Im Januar 2018 startete der NABU Sachsen das Projekt „Quartierpaten für Fledermäuse gesucht“ und sucht seither Personen, die ehrenamtlich Fledermausquartiere betreuen möchten. Beachtliche 57 Paten mit 97 Fledermausquartieren haben sich bereits über die Internetseite www.fledermaus- schutz-sachsen.de registriert, um Quartiere zu pflegen und zu erfassen. Die Teilnehmer kommen aus allen sächsischen Landkreisen und betreuen eine Vielfalt von Fledermausquar- tieren, die sich unter anderem in Kirchen, Eiskellern, Platten- bauten oder in ihren eigenen Wohnhäusern befinden. Die Internetplattform bietet Informationen rund um das Quartierpatenprojekt sowie über Fledermäuse und deren Schutz im Allgemeinen. Quartierpaten können sich auf der Seite registrieren, einloggen und ihre Zähldaten einpflegen. Seit Projektbeginn wurde fleißig an der Seite getüftelt und Braunes Langohr. Foto: Ulrich Zöphel es werden ständig Neuigkeiten aus dem sächsischen Fleder- mausschutz hinzugefügt. Aktuell eingetragene Fledermaus- beobachtungen aus den Quartieren sind nun außerdem auf der Startseite ersichtlich. Der regelmäßige Besuch auf der Website lohnt sich. Ein Schwerpunkt im Projekt im Jahr 2019 war die Durch- führung von Quartierpatenschulungen, um das mannigfal- tige Wissen über unsere heimlichen Untermieter weiterzu- geben. Zwischen Mai und Oktober lud der NABU Sachsen fünfmal zur Weiterbildung ein. Daran nahmen jeweils etwa 20 Personen teil – darunter bestehende und potenziell inte- ressierte Quartierpaten, Vertreter des ehrenamtlichen Natur- schutzdienstes, des Landratsamtes und der Landschaftspfle- geverbände. Die Fledermausschulungen in Neschwitz, Borna und Torgau widmeten sich vor allem den Fledermausquartieren selbst. Da Fledermäuse einem bestimmten Jahreszyklus fol- gen, variieren auch ihre Quartiere für die unterschiedlichen Lebensansprüche, wie zum Beispiel Jungenaufzucht, Win- terschlaf, Paarung und Verdauung. Fledermäuse verbringen über die Hälfte ihrer Lebenszeit in ihren Unterkünften und sind nur darüber quantitativ erfassbar. Umso wichtiger ist Das 1x1 der Fledermauskunde wird in der Naturschutzstation Neschwitz es, angehende Paten über die Bedeutung der Quartiere b durch Bianka Schubert anschaulich vorgetragen. Foto: Angelika Schröter NABU-REPORT SACHSEN 2019 7
LANDESVERBAND b aufzuklären und bei Exkursionen praktische Beispiele aufzuzeigen. Außerdem wurden Hinweise für Schutzmaß- nahmen gegeben und mittels Bau eines Fledermauskastens auch praktisch umgesetzt. Bei den mehrtägigen Veranstaltungen in Vielau im Mai und Geising im September wurden an den Abenden Netz- fänge durchgeführt. Vor einem Winterquartier in Rehefeld- Zaunhaus wurden bei klirrendender Kälte über 40 Fleder- mäuse gefangen – gleichzeitig konnte das faszinierende Schwärmverhalten der Tiere am Quartiereingang verfolgt werden. Für die theoretische Einführung in die Fledermaus- bestimmung stellte die Beringungszentrale Dresden Fleder- mauspräparate zur Verfügung, an denen mit Lupe und Mess- schieber Artbestimmungen geübt wurden. Der Fang und die Sichtung lebender Exemplare an den Veranstaltungsabenden waren für alle eine gute Gelegenheit, das erlernte Wissen zu festigen. So konnten viele Teilnehmende Wasser- und Fran- senfledermäuse, aber auch Mausohr, Braunes Langohr, Bech- stein- und Mopsfledermaus sowie einige andere Arten erst- malig von Nahem beobachten. Bianka Schubert Das Projekt wird mitfinanziert durch Steuermittel auf Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlosse- nen Haushaltes. Die Förderung erfolgt durch das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft. Wir danken der Sächsischen Landesstiftung für Natur und Umwelt für die Unterstützung bei der Durchführung der Quartierpatenschulungen. Oben: „Taschenlampe an und Kopf einziehen“, hieß es am 19. Oktober 2019 in Torgau, als die alten Kelleranlagen für die Suche nach Fledermäusen besichtigt wurden. Foto: Bianka Schubert Mitte: Große Puppenhaarnetze wurden aufgespannt, um Fledermäuse zu fangen. Behutsam werden die Tiere hier durch den regionalen Fledermausexperten Joachim Frömert für die Bestimmung befreit. Foto: Heiko Goldberg Unten: Mit Lupe und Messschieber werden die Fledermäuse bestimmt und dokumentiert. Foto: Heiko Goldberg 8 NABU-REPORT SACHSEN 2019
LANDESVERBAND Der Gummifrosch und die Vereins- bürokratie Erfahrungsaustausch beim Treffen der sächsischen NABU-Gruppen ¢ Einmal im Jahr treffen sich Vertreter der sächsischen NABU-Gruppen zum Meinungs- und Informationsaus- tausch. Am 28. September 2019 war es wieder soweit: Dies- mal versammelten sich die Naturschützer in der Auwaldsta- tion Leipzig. Die zwei Dutzend Teilnehmer wurden dort vom NABU-Landesvorsitzenden Bernd Heinitz im gemütlichen Tagungsraum begrüßt. Als erstes stand ein Blick ins nächste Jahr auf der Tagesord- nung, denn dann wird der NABU Sachsen 30 Jahre alt. Ein großes Ziel ist es, dann auch das 30 000. Mitglied zu begrü- ßen – ganz unrealistisch ist es nicht, denn die Mitgliederzah- len wachsen, berichtete der Landesvorsitzende und zeigte sich besonders erfreut, dass dies auch für die Mitgliedszahlen der NAJU gilt. Die wachsende Zustimmung ist vor allem das Ergebnis der erfolgreichen Arbeit der NABU-Gruppen vor Ort, bedankte sich Bernd Heinitz bei den Aktiven. Wer sich im Internet über die sächsischen NABU-Gruppen informieren möchte, findet jetzt alles in einem neugestal- teten Webauftritt. Diese Umstellung der Internetseiten war auch gleich der nächste Tagesordnungspunkt. Bernd Heinitz informierte darüber, dass die Umstellungsphase der Grup- penseiten, die der NABU Sachsen betreut, beendet ist und diese Gruppen nun über einen modernen Internetauftritt verfügen. Die Gruppen sollten dieses Angebot stärker nutzen Die Teilnehmer des Workshops vor der Auwaldstation. und die Seiten mit Inhalten und Leben füllen. Weil die tägli- Foto: Ina Ebert chen Aufgaben des Naturschutzes die meisten ehrenamtlich Aktiven aber bereits mehr als auslasten, fehlt oft die Zeit, da- welt statt mit Protokollen, Rechenschafts- und Finanzberich- rüber auch noch ansprechende Berichte zu verfassen. Hier ten. Aber ohne geht es leider nicht, betonte Bernd Heinitz hat Bernd Heinitz die redaktionelle Unterstützung der Lan- und hat auch dabei Hilfe der Landesgeschäftsstelle angebo- desgeschäftsstelle zugesagt und appellierte an die Gruppen, ten, beispielsweise wenn Einladungen zu einer Mitglieder- regelmäßig Fotos und Informationen zu ihren Aktionen zur versammlung verschickt werden müssen. Verfügung zu stellen. Was angesichts der vielfältigen praktischen Naturschutz- Im weiteren Verlauf des Treffens standen wichtige Arbeits- arbeit ebenfalls oft zu kurz kommt, ist die Vereinsbürokratie. schwerpunkte des NABU auf der Agenda: das Schreiben von Die Mitglieder beschäftigen sich lieber mit Natur und Um- Stellungnahmen, Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung. b NABU-REPORT SACHSEN 2019 9
LANDESVERBAND b Wenn sich der NABU Sachsen als staatlich anerkannter Naturschutzverband äußert, dann steckt jedes Mal eine Men- ge Arbeit dahinter, eine solche Stellungnahme zu verfassen. Allein aufgrund der Vielzahl von Beteiligungsverfahren kann sich der NABU nur auf ökologisch besonders relevante Pro- jekte beschränken. Von etwa 300 Anfragen im Jahr werden rund 40 Prozent bearbeitet, berichtete Joachim Schruth, der dafür zuständige NABU-Mitarbeiter. Er wies die Gruppen- vertreter auf die Möglichkeit hin, sich selbst über anstehende Verfahren zu informieren, wofür ein „Virtuelles Büro“ im In- ternet zur Verfügung steht. Zudem bat Joachim Schruth um mehr Unterstützung aus einigen Regionen, wo die NABU- Fachleute vor Ort bisher zu selten Hinweise für solche Stel- lungnahmen liefern. Ina Ebert sprach über einige Projekte der Öffentlichkeitsar- beit, an denen sich die Gruppen vor Ort beteiligen können, wie zum Beispiel „Schwalben willkommen“ oder „Lebens- raum Kirchturm“. Dass NABU-Gruppen für kleinere Natur- schutzprojekte Unterstützung beim NABU-Bundesverband beantragen können, war für viele Teilnehmer eine weitere wertvolle Information. Als Mittagsimbiss hatte der NABU Sachsen seinen neuen Richtlinien entsprechend vorwiegend Produkte aus regiona- ler und aus Bioproduktion aufgetischt – umso mehr Zuspruch fanden Käse, Gurken, Tomaten und Nudelsalat. Nach der Pau- se stand dann bei einer kleinen Exkursion die Umweltbildung im Mittelpunkt. Im Leipziger Auenrevitalisierungsprojekt „Le- bendige Luppe“ ist der NABU als Projektpartner vor allem für Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit zuständig und hat viele Konzepte, Spiele sowie Ideen entwickelt, wie Naturschutz und Ökosystemleistungen vermittelt werden können. Einige Beispiele stellte Projektkoordinatorin Maria Vlaic bei dem Rundgang vor. Dieser führte in einem großen Bogen durch den Schlosspark Lützschena, der gleichzeitig Teil des Natur- schutzgebiets „Burgaue“ ist, einmal rund um die Auwaldsta- tion. Ein Höhepunkt war ein Rennspiel, mit dem die Selbst- reinigungsfunktion von Fließgewässern erklärt wird. Vielen wird zudem der Gummifrosch in Erinnerung bleiben, der als Anschauungsobjekt in der Hand dafür sorgen soll, dass man nicht dessen wildlebende Artgenossen dafür fängt. Am Ende gab es noch einige Gespräche und Diskussionen in kleinen Runden, bevor sich alle auf den Heimweg machten. Und jeder kann sich schon den Termin für das nächste Re- gionalgruppentreffen vormerken, denn es findet immer am letzten Samstag im September statt. René Sievert Maria Vlaic (Foto oben) vermittelt am Beispiel des Leipziger und Schkeuditzer Auensystems anschaulich das Thema Ökosystemleistungen. Fotos: Ina Ebert 10 NABU-REPORT SACHSEN 2019
LANDESVERBAND IN KÜRZE NABU-Zukunftsgarten in Borna Gnandorf Å Das Projekt „Zukunftsgärtner(n) in Gnandorf“ des NABU Sachsen bringt Bewohner eines Bornaer Wohngebiets in Kontakt mit Umwelt- und Naturthemen. Auf der 2.400 Quadratmeter großen Rückbaufläche im Wohngebiet hat sich ein kleiner Gemeinschaftsgarten ent- wickelt – mit Hochbeeten, Komposten, Wassertank, Vogelfutterhäuschen und rotem Bauwagen samt Kompost-Trenn- toilette. Ein Teil der Projektfläche wird zudem als insektenfreundliche Blüh- wiese gepflegt. Je nach Jahreszeit gab es Der NABU-Zukunftsgarten in Borna Gnandorf. Foto: Daniel Wöhner an ein bis zwei Tagen in der Woche ver- schiedene Angebote: von gemeinsamem Am 22. Mai starteten der Gärtnern, dem Bau von Insektenhilfen, NABU Sachsen und seine Spaziergängen in die nahe gelegene Wy- Projektpartner in die Schmet- hra-Aue, gemeinsamen Picknicken bis terlingswiesensaison 2019. zur Reparatur funktionsunfähiger Ge- Der Auftakt in die nunmehr 5. Saison der Aktion fand räte. Zusätzlich wurden Veranstaltungen auf einer Fläche statt, die zur bundesweiten Zählung der Garten- der NABU Leipzig und seine vögel, zum Insektensommer oder zur in- Ortsgruppe Plaußig-Portitz ternationalen Batnight durchgeführt so- nach schmetterlingsgerech- ten Kriterien umgestellt wie Workshops und Ferienangebote im haben. Foto: Ina Ebert Kinder- und Jugendhaus Borna-Gnan- dorf, etwa zum Thema Abfalltrennung und Recycling. Von Projektstart im April 2018 bis Ende September 2019 nutzten 1.200 Besucherinnen und Besucher das de und die wesentliche Methodik der Schmetterlingswiesenprojekt aktiv wa- Angebot, darunter viele Kinder und Ju- partiellen Mahd erläutert. Auf Anregung ren, hat sich auf über 350 erhöht. Ihnen gendliche. Der NABU Sachsen strebt die des Sächsischen Landtages wurde die Ini- allen sei an dieser Stelle ganz herzlich für Weiterentwicklung und Fortführung des tiative „Sachsen blüht!“ in das Projekt ihr Engagement gedankt. Projekts über Dezember 2019 hinaus an. implementiert. Im Rahmen dessen wird www.NABU-Zukunftsgarten.de zur Neuanlage oder Aufwertung von Matthias Nuß Flächen mit einer Größe zwischen 1.000 Das Projekt Zukunftsgärtner(n) in Gnan- und 2.000 Quadratmeter gebietseigenes dorf des NABU Sachsen wird mit För- Saatgut bereitgestellt. Die Blühwiesen dermitteln des Europäischen Sozial- werden mit partieller Mahd gepflegt und fonds (ESF), des Freistaats Sachsen und der Großen Kreisstadt Borna finanziert. mit einem Schmetterlingswiesenschild gekennzeichnet. Dass diese Mahdmetho- de Insekten fördert, zeigten unter ande- „Puppenstuben gesucht“ ist ein Ko- operationsprojekt der Sächsischen rem fünf Begehungen auf mehreren Flä- Schmetterlingswiesen Landesstiftung Natur und Umwelt, des chen mit der 100-Kescherschlagmetho- Senckenberg Museums für Tierkun- Å Im sächsischen Schmetterlingswie- de: Im Vergleich Intensivmahd / partielle de Dresden, des Naturschutzbundes senprojekt „Puppenstuben gesucht – Mahd fanden wir zum Beispiel 0–1 / Deutschland (NABU) Landesverband Sachsen e. V., des Deutschen Ver- Blühende Wiesen für Sachsens Schmet- 2–11 Tagfalterarten, 0 / 1–10 Schweb- bandes für Landschaftspflege (DVL) terlinge“ engagieren sich mehr und fliegenarten und 0–2 / 9–28 Käferarten. Landesverband Sachsen e. V. und des mehr Menschen, sodass sich die Anzahl Die Werte für die Arthropoden-Ge- Sächsischen Landeskuratoriums Länd- der Schmetterlingswiesen 2019 auf über samtbiomasse lagen bei einer Begehung licher Raum e. V. Das Projekt wird un- 400 erhöht hat. Ein Erklärfilm ist ent- bei 0–0,63 g / 0,74–7,01 g. Die Anzahl terstützt aus Zweckerträgen der Lot- terie Glücksspirale. standen, der die fachlichen Hintergrün- der registrierten Nutzer, die 2019 im NABU-REPORT SACHSEN 2019 11
LANDESVERBAND IN KÜRZE „Hier sind Schwalben will- Moritzburg, der Traumzauberhof Ho- kommen“ im Jahr 2019 – henheida, der Tierpark Hirschfeld, der Schwalben lieben Bücher Tierpark Chemnitz, das Olbernhauer Seniorenzentrum, die Firma Sachsen- Å Schwalben lieben Bücher – diesen obst und die Talsperre in Carlsfeld. Eindruck bekommen Besucherinnen Damit erhöht sich die Zahl der Ausge- und Besucher der Peter-Sodann-Bib- zeichneten auf 650. liothek in Staucha. Den außergewöhn- 2020 wird die von der Sächsischen lichen Ort haben sich Rauchschwalben Landesstiftung Natur und Umwelt fi- vor drei Jahren erstmals zum Nestbau nanziell geförderte Aktion fortgesetzt. und zur Aufzucht ihrer Jungen gewählt. Mehr Informationen sind zu finden un- Peter Sodann und seine Frau Cornelia ter www.schwalben.NABU-Sachsen.de. Brenner-Sodann, denen der Schutz der Vögel am Herzen liegt, holten sich be- 66 neue Obstbäume für reits im vergangenen Winter Hilfe beim Mensch und Natur – weitere NABU Lößhügelland, der zusätzlich Streuobstwiesen-Pflanzungen künstliche Nisthilfen und Kotbrettchen und andere Maßnahmen im installierte, um die Bautätigkeiten der Rahmen von ProPlanet 66 hochstämmige Apfel- und Birnbäume Schwalben etwas zu lenken. Für den wurden gepflanzt. Als Anwuchshilfe NABU war all das Anlass genug, dem Å Im Rahmen des von REWE ge- wurden Pfähle gesetzt, bei denen einer Schauspieler und Bücherfreund Peter förderten Projekts „ProPlanet – Für länger zugesägt und mit einem Querholz Sodann im Mai 2019 die Plakette „Hier mehr Artenvielfalt im Obstbau“ haben versehen wurde, sodass er von Greif- vögeln als Ansitzwarte genutzt werden sind Schwalben willkommen“ zu über- NABU Sachsen und VEOS beziehungs- kann. Foto: Philipp Steuer reichen. weise Sachsenobst 2018/19 eine weite- 2019 zeichnete der NABU Sachsen re große Streuobstwiese in der Region weitere 120 sächsische Schwalben- Leisnig durch großflächige Nachpflan- talisiert und es wurden wieder viele freunde mit der Schwalben-Plakette zungen aufgewertet. Daneben wurde Blühflächen geschaffen sowie Nisthil- aus. Zu ihnen gehören das Landgestüt unter anderem ein zweiter Teich revi- fen aufgehängt. Die entlang eines kleinen Baches gelegene, gut drei Hektar große Streu- Peter Sodann mit seiner Schwalbenplakette. Foto: Eike v. Watzdorf obstwiese wurde viele Jahren nur noch als Viehweide genutzt. Eine Pflege der Obstbäume unterblieb, entsprechend schlecht waren der Gesamtzustand der Streuobstwiese und der Zustand der wenigen verbliebenen Obstbäume. Um die totholzreiche Wiese wieder- herzustellen und aufzuwerten, wurden alte Apfel- und Birnensorten nachge- pflanzt, so zum Beispiel der Edelbors- dorfer, der Lausitzer Nelkenapfel oder die Gelbe Sächsische Renette und Bir- nen wie die Nordhäuser Forelle – ins- gesamt zwölf Birnbäume und 54 Ap- felbäume. Pfähle, die als Anwachshilfe dienen, wurden teilweise zusätzlich mit einer Querstange als Ansitz für Greif- vögel versehen. So konnten zugleich 66 neue Sitzkrücken aufgestellt werden, die im Jungbestand Greifvögeln als Ersatz für die fehlenden hohen Altbäu- me dienen. Mit der diesjährigen Maß- nahme setzt sich das Engagement für die Entwicklung oder Neuanlage von 12 NABU-REPORT SACHSEN 2019
LANDESVERBAND IN KÜRZE Streuobstwiesen fort. Seit Beginn des Ob Biberschutz, Steinkauzaufzucht, Projekts 2012 wurden bereits etwa 400 Amphibienmonitoring oder Schmetter- hochstämmige Obstbäume gepflanzt. lingswiesenpflege, im Wald, am Teich Auf der Nordostseite derselben oder in der Stadt, von langer Tradition Obstanlage wurde Anfang 2019 auch oder noch recht jung: Alle NABU-Na- ein ehemaliger Teich wiederhergestellt, turschutzstationen in Sachsen eint das der durch fehlende Unterhaltung und Ziel, die Natur zu verstehen, zu erhalten einen Dammbruch seit Jahren tro- und zu schützen. In Text und Bild bieten ckengefallen war. Nun stehen wieder die Stationen einen Einblick in ihre – oft etwa 350 Quadratmeter Wasserfläche ehrenamtliche – Arbeit und stellen sich als Lebensraum und Laichplatz für und ihre Schwerpunkte im praktischen Amphibien und andere Tierarten zur Naturschutz sowie in der Umweltbil- Verfügung. Es war bereits die zweite dung vor. Teichsanierungsmaßnahme im Rah- men des Projekts: 2017 wurde der ca. Teilnahmerekord bei der 1.000 Quadratmeter große Küchen- „Stunde der Wintervögel“ und teich bei Dürrweitzschen entschlammt. der „Stunde der Gartenvögel“ Um dauerhaft eine gute Wasserqualität zu sichern, wurde im Zulauf ein Teil Å Immer weniger Wintervögel sind in des Teiches abgetrennt und mit Was- Gärten und Parks zu sehen – das zeigte serpflanzen bestückt. Das Umfeld wur- das Endergebnis der neunten „Stunde de zudem mit Nisthilfen aufgewertet. der Wintervögel“, die vom 4. bis 6. Auf den Plätzen 3 bis 5 liegen Feldsper- Januar stattfand. Der NABU Sachsen ling (4,5 Vögel/Garten), Blaumeise (3,9 Philipp Steuer verzeichnete 2019 einen neuen Teilneh- Vögel/Garten) und Amsel (2,5 Vögel/ merrekord: 8.373 Personen aus Sach- Garten), was auch dem gesamtdeut- sen haben in 5.347 Gärten insgesamt schen Ranking entspricht. Auf den Broschüre zu NABU-Natur- 212.592 Vögel gemeldet. Erneut war Plätzen 6 bis 10 folgen hierzulande schutzstationen erschienen der Haussperling der am häufigsten ge- Grünfink, Erlenzeisig, Elster, Stieglitz Å Bekannt ist der NABU Sachsen bei sichtete Vogel. Er wurde in sächsischen und Rabenkrähe. vielen vor allem für seine klassischen Gärten im Schnitt knapp siebenmal In der 15. Auflage knackt die „Stunde Naturschutzaktivitäten wie Biotoppflege, (6,8) gezählt. Reichlich sechsmal (6,0) der Gartenvögel“, die vom 10. bis 12. die Betreuung von Amphibienschutz- war die Kohlmeise zu Gast und belegt Mai bundesweit stattgefunden hat, in zäunen und seinen Einsatz in Arten- damit – dieses Jahr mit deutlicherem Sachsen alle Rekorde. 4.825 sächsische schutzprojekten. Daneben war dem Abstand zum Sieger – den zweiten Platz. Vogelfreunde meldeten aus 3.202 b NABU Sachsen als zweite Säule die Ver- mittlung von Wissen um die Natur von Foto: René Sievert Beginn an ein wichtiges Anliegen – und ist es bis heute. Insbesondere für Kinder und Jugendliche ist die Natur ein wert- voller Lern- und Entwicklungsraum. Und hier spielen die NABU-Natur- schutzstationen eine bedeutende Rolle: Sie sind seit vielen Jahren Zentren der Umweltbildung, des Naturschutzes so- wie der Kinder- und Jugendarbeit im NABU. Manche der Stationen existierten schon vor 1990 und erwachten zu neu- em Leben, als der NABU sie übernahm, andere wurden erst in den 1990er Jahren eingerichtet. 14 Naturschutzstationen, die sich über den Freistaat erstrecken, zählt der NABU Sachsen heute. Ihnen allen ist die Broschüre NATURERFAH- RUNGSRÄUME gewidmet. NABU-REPORT SACHSEN 2019 13
LANDESVERBAND IN KÜRZE b Gärten und Parks 109.038 Vögel an den NABU. Damit wurde der Höchst- wert für die „Stunde der Gartenvögel“ in Sachsen aus dem Jahr 2017 mit 3.639 Teilnehmenden deutlich übertroffen. Freud und Leid liegen bei der dies- jährigen Zählung dicht beieinander. So steht der Haussperling zum dritten Mal in Folge ganz oben auf dem Sieger- treppchen und verzeichnet sogar ein Plus von 8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In 69 Prozent der sächsischen Gärten wurde der Hausspatz gesich- tet, im Schnitt 5,5 Mal. Auch der Star (4,1 Vögel/Garten) und die Kohlmeise (2,9 Vögel/Garten) auf den Plätzen 2 und 3 konnten um 7 bzw. 18 Prozent zulegen. Schlecht sieht es dagegen für Mauersegler und Mehlschwalben aus, die mit minus 46 beziehungsweise 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahr his- Siebenpunkt-Marienkäfer – in Sachsen Modschegiebchen genannt. torisch schlechte Ergebnisse erzielten. Foto: Uwe Schroeder Beim Sorgenkind Amsel zeigt sich wie erwartet – und wie bereits in den vergan- den vorderen Plätzen. Neben dem burg, Schloss Heynitz, Stadt und Aue genen Jahren – ein Rückgang. In Sachsen Distelfalter und dem Admiral konn- Leipzig, Teichhaus Eschefeld und Zum wurden im Vergleich zum Vorjahr 8 Pro- ten sich auch der Kleine Kohlweiß- Hohen Forst waren – teilweise zum ers- zent weniger Exemplare der sehr häufigen ling sowie der Kleine Fuchs Plät- ten Mal – zu Gast in der LGS. Reihum Vogelart gezählt. Die Top Ten für Sachsen ze unter den ersten Zehn sichern. stellten alle ausführlich sich selbst, ihre sieht folgendermaßen aus: Haussperling, In Sachsen gab es 420 Meldungen zu Station sowie die jeweiligen Beson- Star, Kohlmeise, Amsel, Feldsperling, insgesamt 4.320 beobachteten Insek- derheiten vor. Unter welch verschie- Blaumeise, Elster, Grünfink, Mauersegler ten. Den ersten Platz sicherte sich zur denen Voraussetzungen die Stationen und Ringeltaube. Halbzeit auch im Freistaat die Stein- arbeiten, zeigte sich unter anderen in hummel. Es folgen Hainschwebflie- den Punkten Personal, Finanzierung Termine für die nächsten Vogel- ge, Honigbiene und der Asiatische und Förderung. Während manche das Zählaktionen: 10. bis 12. Januar 2020 Marienkäfer. Anfang August führte Glück haben, durch eine Förderung Stunde der Wintervögel | 8. bis 10. Mai die Ackerhummel, gefolgt vom Klei- wenigstens eine oder sogar mehrere 2020 Stunde der Gartenvögel nen Kohlweißling, von der Westlichen Personen anstellen zu können, leben Honigbiene, dem Siebenpunkt-Mari- andere Stationen nur vom Engagement enkäfer sowie der Blauen Holzbiene. Ehrenamtlicher – wie zum Beispiel die NABU-Insektensommer Station Zum Hohen Forst. Å Der Insektensommer fand vom 31. Philipp Wöhner vom Teichhaus Jahrestreffen der NABU- Mai bis zum 9. Juni und vom 2. bis Eschefeld sprach weiterhin über die Naturschutzstationen zum 11. August statt. Insgesamt nah- Arbeit im Team und bot Beratung in men bundesweit mehr als 16.300 In- Å Zusammen sind wir stärker als al- Kommunikationsfragen an. Landesge- sektenfans teil und gaben über 6.300 lein – deshalb hatte die Landesgeschäfts- schäftsführerin Susanne Kleiber warb Meldungen ab. Wie im Vorjahr ist die stelle (LGS) am 16. August zu einem für Weiterbildungen: Wer Interesse hat, Steinhummel Spitzenreiterin bei der Treffen der NABU-Naturschutzstatio- könne sich immer an die LGS wenden. Zählung im Frühsommer und die nen eingeladen. Das große Interesse der Auch in Versicherungsfragen oder bei Ackerhummel im Hochsommer. Der Stationen an noch besserer Vernetzung der Bundesfreiwilligendienstleisten- häufigste Beobachtungsort ist wie auch zeigte sich an der hohen Teilnehmer- den-Förderung würde sie gern unter- im vergangenen Jahr der eigene Garten. zahl: Vertreterinnen und Vertreter der stützen. Überdies riefen Juliane Dö- Während Schmetterlinge im Frühsom- Stationen Biberhof Torgau, Chemnitz, litzsch und Uwe Schroeder aus der LGS mer nicht in den Top Ten vertreten wa- Dachsenberg, Ebersbach, Freiberg, den Teilnehmenden ins Gedächtnis, ren, lagen im August vier Tagfalter auf Herrenhaide, „Lindengarten“ Moritz- wie wichtig eine aktuelle und gepflegte 14 NABU-REPORT SACHSEN 2019
LANDESVERBAND IN KÜRZE Webseite für die Außendarstellung ist, Grund gegangen. Der NABU Sachsen EU sowie die Forderungen des NABU und boten ihre Hilfe bei der Betreuung und fünf sächsische Hochschulen ar- für die nächste Förderperiode vor. Röb- an. Auch Fotos und Beiträge würden beiten in dem Projekt gemeinsam am be Wünschiers, Gastgeber und Profes- einen wichtigen Beitrag leisten, die Au- Wissenstransfer zwischen Landwirt, sor für Biochemie und Molekularbiolo- ßenwelt an der wertwollen Arbeit der Forschung und dem Bürger. Auf der gie an der Hochschule Mittweida, ging Stationen teilhaben zu lassen. „Tue Gu- Fachtagung, die der NABU Sachsen ge- auf Stärken und Gefahren der „neuen tes und rede darüber“, so fasste es Ina meinsam mit der Hochschule Mittwei- Techniken“ ein. Es war ein gelungener Ebert aus der LGS zusammen. da durchführte, stellten Vertreter aus Tag mit angeregten Diskussionen über Wissenschaft, Praxis und Naturschutz den Verlust der Vielfalt und wie wir ihre Beiträge zur Diskussion. Mit da- diesem entgegentreten können – ge- Ein Tag für Biodiversität und bei war die Göttinger Wissenschaftlerin meinsam sowie jeder für sich. Die Bei- Landwirtschaft in Mittweida Catrin Westphal, die unter anderem träge sind für alle Interessierten auf der Å Im Frühjahr 2019 hat der Weltbiodi- über die Forschung an Bestäubern in Homepage der Hochschule Mittweida versitätsrat (IPBES) vor einem drama- der Agrarlandschaft referierte. Züchte- online. tischen weltweiten Artensterben in den rin Mechthild Jennissen-Tibbe berich- kommenden Jahrzehnten gewarnt – tete von Problemen und Erfolgen in Maria Vlaic eine Erkenntnis, die auch in Sachsen der Zucht einer einst fast ausgestorbe- immer stärker ins Bewusstsein der nen Hütehunderasse: dem Schafpudel Menschen gelangt. Verantwortlich ist – denn auch die genetische Diversität zu großen Teilen der Mensch, denn gehört zur biologischen Vielfalt. And- die Intensivierung der Landwirtschaft reas Börner vom Leibniz-Institut für spielt hierbei eine wesentliche Rolle. Pflanzengenetik und Kulturpflanzen- Das Projekt Saxony5 wird im Rahmen Aber ist Landwirtschaft per se schädlich forschung in Gatersleben gab Einblick der Bund-Länder-Initiative „Innovative für die biologische Vielfalt? Was kann in die Arbeit von Gendatenbanken und Hochschule“ vom Bundesministerium ein Landwirt tun für die Biodiversität, erläuterte ihren Anteil am Schutz der für Bildung und Forschung und vom brauchen wir diese überhaupt? Und Biodiversität. Dass auch die Politik ver- Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst gefördert. kann Gentechnik helfen, Biodiversität antwortlich für den Verlust der Vielfalt zu schützen? Diesen und anderen Fra- in der Landwirtschaft ist, veranschau- Hellmut Naderer sprach am Tag für Biodiversität gen wurde auf der Bürgertagung des lichte Hellmut Naderer vom NABU und Landwirtschaft in Mittweida zum Thema Projekts Saxony 5 in Mittweida auf den Sachsen: Er stellte die Agrarpolitik der Agrarpolitik. Foto: Hochschule Mittweida NABU-REPORT SACHSEN 2019 15
NATURSCHUTZPOLITIK Geplante Kiesabbauver- gröSSerung gefährdet jahrtausendealte Moore Naturschutzverbände und Bürger stellen sich gegen den geplanten „Kiessandtagebau Würschnitz-West“ ¢ In 8.500 Jahren sind die Waldmoore bei Großdittmanns- laufenden Planfeststellungsverfahren vorgelagerte Raum- dorf gewachsen und haben sich zum Lebensraum zahlreicher ordnungsverfahren bescheinigte dem Vorhaben 2016 aller- Tiere und Pflanzen entwickelt. Sie zu zerstören braucht nur ei- dings nur unter strengen Maßgaben eine Genehmigungsfä- nen Bruchteil der Zeit: Denn das Kieswerk Ottendorf-Okrilla higkeit. Aufgrund erheblicher Auswirkungen auf die Natur, plant das ohnehin schon ausgedehnte Kiesabbaugebiet in der Tiere und Pflanzen, das Wasser, den Boden und das Klima soll- Radeburg-Laußnitzer Heide erneut zu vergrößern – obwohl te die Abbaufläche auf maximal 44 Hektar und somit auf we- damit der Fortbestand national und europäisch geschützter niger als die Hälfte der vorgesehenen Fläche begrenzt werden. Lebensstätten sowie die lebensraumtypischen Tier- und Pflan- Drei Jahre später beantragte das Kieswerk Ottendorf-Okrilla als zenarten infolge möglicher Wasserverknappung, Kalk-, Salz- Vorhabenträger beim Sächsischen Oberbergamt überraschend und Nährstoffeinträge erheblich gefährdet werden. die Genehmigung für einen Tagebau mit 134 Hektar Größe – 27 Hektar mehr als 2016. Nicht einmal die geforderte Prüfung Ergebnisse des Raumordnungsverfahrens alternativer Abbaustandorte war zuvor durchgeführt worden. ignoriert Da die betroffenen Feuchtgebiete und Kiesgruben über Im Februar 2019 wurden die Pläne des Kieswerkes zum Vor- ein gemeinsames hydrologisches Einzugsgebiet verfügen, ist haben „Kiessandtagebau Würschnitz-West“ bekannt: 134 eine gutachterliche hydrogeologische Prüfung erforderlich. Hektar groß soll das neue Abbaugebiet werden, was einer Nur so kann ein Nachweis erbracht werden, dass der Kies- Größe von 190 Fußballfeldern entspricht. Das dem aktuell abbau die Schutzgüter der europäischen und nationalen Bild oben: Nährstoffarmut und hohe Wassersättigung sind entscheidend für das ungestörte Wachstum der seltenen mesotroph- sauren Zwischenmoore, hier im NSG „Waldmoore bei Großdittmannsdorf“. Moore, Moorgewässer, Sümpfe und Quellbereiche sind in Jahrtausenden gewachsen und weder ersetzbar noch ausgleichbar. Foto: Matthias Schrack 16 NABU-REPORT SACHSEN 2019
NATURSCHUTZPOLITIK Im feuchten Saumbereich der Waldmoore stockt die seltene Waldgesellschaft „Tieflands-Kiefern-Fichtenwald“, die einer guten Wasserversorgung bedarf. Sie ist Lebensstätte von Arten der boreal-montan geprägten Wälder, darunter die Kleineulen Sperlings- (kleines Bild) und Rauhfußkauz. Fotos: Matthias Schrack Schutzgebiete sowie die geschützten Biotope wie Moore, Mehrheitlich wurde der raumordnerischen Beurteilung im Sümpfe, Quellbereiche, naturnahe stehende und fließende bergrechtlichen Planfeststellungsverfahren nicht gefolgt – Gewässer nicht zerstören oder erheblich beeinträchtigen wird. und damit das Ergebnis aus der demokratischen Anhörung Tatsächlich liegt dem Oberbergamt bereits seit 2003 ein vom der Kommunen, Behörden und Träger öffentlicher Belange NABU Sachsen beauftragtes hydrogeologisches Gutachten missachtet. Eine Entscheidung des Oberbergamtes zum Ver- vor, das einen Rückgang der Wassermenge um 60 Prozent im fahren steht noch aus. Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH-Gebiet) „Moorwaldgebiet Großdittmannsdorf“ prognostiziert und damit eine erhebli- Breiter Widerstand gegen überdimensio- che Beeinträchtigung bescheinigt. Das Oberbergamt jedoch nierten Kiesabbau beachtete dieses nicht und führte die Anhörung zum Plan- Bereits seit dem Jahr 2000 machen der NABU Sachsen und feststellungsverfahren mit den eingereichten Unterlagen des die NABU-Fachgruppe Großdittmannsdorf auf den durch Kieswerkes zum wiederholten Mal lediglich mit einer weni- den Kiesabbau entstehenden Schaden für die Moore auf- ger konkreten „hydrologischen Einschätzung“ durch. Für das merksam. Inmitten einer für den Grundwasser- und Klima- ebenfalls betroffene FFH-Gebiet „Teiche um Zschorna und schutz äußerst wichtigen Waldlandschaft summieren sich Kleinnaundorf“ existiert keine gutachterliche Beurteilung. die laufenden und geplanten Kiesabbaufelder inzwischen Zusätzlich wird trotz Verbot und dem Nachweis bedenk- auf 900 Hektar und bedrohen damit zunehmend die natür- lich hoher Nährstoff- und Salzeinträge im benachbarten Na- lichen Lebensgrundlagen der Menschen in der Region. Die turschutzgebiet „Moorwald am Pechfluss bei Medingen“ al- Bürgerinitiative „Contra Kiesabbau Würschnitz“ sammelte lein aus dem laufenden Betrieb an der Verfüllung der geplan- nach Auslegung des Rahmenbetriebsplanes in einer Petition ten Kiesgrube mit Fremdstoffen festgehalten. in kürzester Zeit 1.600 Stimmen von Bürgerinnen und b NABU-REPORT SACHSEN 2019 17
NATURSCHUTZPOLITIK Radeburg-Laußnitzer Heide im Spannungsfeld von Wald-, Moor-, Quellen-, Grundwasser-, Boden-, Klima- und Natur- schutz“ über das Vorhaben. Während der Veranstaltung wur- de eine gemeinsame Erklärung verabschiedet. Darin fordern sie: l den Verzicht auf die Auskiesung in der Radeburger Heide, Kiessandtagebau Würschnitz-West; l ein demokratisch legitimiertes bergrechtliches Verfahren, das die Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung beachtet und das Vertrauen der Bürgerschaft in das staatliche Han- deln stärkt; l angesichts der herausragenden naturschutzfachlichen Be- deutung die Beteiligung der Naturschutzfachbehörde des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Land- wirtschaft am Verfahren „Kiessandtagebau Würschnitz- West“; l eine gutachterliche Prüfung der rechtlichen und fachlichen Mesotroph-saure Moorgewässer gelten als vom Aussterben bedrohte Biotope und weisen in den Waldmooren bei Großdittmannsdorf und Belange der europäischen und nationalen Schutzgebie- Medingen ein sächsisches Dichtezentrum auf. Spezialisierte und hoch- te, der Verordnungen und der in den Managementplänen gradig gefährdete Libellen und Wasserkäfer besiedeln diese extrem enthaltenen Schutz- und Entwicklungsziele; selten gewordene Lebensstätte. Von 68 Libellenarten in Sachsen sind l die Umsetzung der hochrangigen Ziele des Landesentwick- 41 Arten im Gebiet nachgewiesen. Foto: Matthias Schrack lungsplanes Sachsen und der Regionalpläne zum Erhalt des landesbedeutsamen Biotopverbundes zwischen den Schutzgebieten im Naturraum „Königsbrücker Heide“, der Moritzburger Kleinkuppen- und Teichlandschaft und dem Elbtal nördlich von Meißen sowie den Verzicht auf die Auskiesung in der Radeburger Heide, Kiessandtagebau Würschnitz-West; l ein hydrologisches Gutachten in der Zusammenschau al- ler Kiesabbaufelder, welches die qualitative und quantita- tive Wasserspeisung der Moor- und Quellgebiete bewertet und für die Zukunft sichert; l dass die Lebensbedingungen für die vom großräumigen Kiesabbau betroffenen besonders oder streng geschützten Arten durch den Erhalt der historisch gewachsenen Wäl- der bewahrt werden, darunter Fischotter, Rotbauchunke, Laubfrosch, Kreuzotter, Raufußkauz, Sperlingskauz, Gro- ße Moosjungfer, Östliche Moosjungfer, Arktische Sma- ragdlibelle, Knöterich-Laichkraut, Sonnentau und Wasser- schlauch. Populationsgefährdungsanalysen für die Klein- eulen und Kreuzotter schaffen Rechtssicherheit und sind geboten. Die Große Moosjungfer ist eine europäisch bedeutsame Libellenart. Ihre Larven leben in den nur noch selten vorkommenden nährstoffarmen, Das Verfahren „Kiessandtagebau Würschnitz-West“ ist eine sauren Moorgewässern. Ihre hohe Gefährdung beruht auch auf der Selten- natur-, umwelt- und gesellschaftspolitische Herausforde- heit dieses Biotoptyps. Die Larven der Arktischen Smaragdlibelle wachsen rung. Hier wird für jedermann erlebbar, wie Parteien, Poli- im vom Wasser durchströmten Torfmoos heran. Trocknet das Torfmoos, tiker und Behörden Gemeinwohl, Bürgernähe und Rechts- schwindet die Lebensstätte. Foto: Matthias Schrack staatlichkeit im Bergrecht vertreten. Der NABU Sachsen zieht in Betracht, die Europäische Kommission über die sich b Bürgern, die sich gegen den überdimensionierten Kiesab- abzeichnenden Gefährdungen der Natura-2000-Gebiete zu bau aussprechen. informieren. Am 16. November 2019 informierten der NABU Sachsen, weitere anerkannte sächsische Naturschutzvereinigungen Matthias Schrack und die Bürgerinitiative unter dem Thema „Kiesabbau in der 18 NABU-REPORT SACHSEN 2019
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