NABUREPORT Naturschutz in Sachsen
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I N H A LT 1 VO RWO R T L AN D E SVE R B A N D 2 17. Landesvertreterversammlung in Leipzig 4 NABU-Präsident im Interview – zu Gast in Sachsen 6 Naturschutz durch Flächenerwerb 10 NABU Sachsen schließt Bauarbeiten an den Röderteichen ab 12 Stempelheft-Aktion der NABU-Naturschutzstationen 14 Landesverband – in Kürze NAT U RSC HUTZP O L ITIK 20 Aktuelles zur Naturschutzförderung aus dem EU-Haushalt 22 Mitwirkungsrecht des NABU Sachsen 24 Streit über Baumfällungen in Leipzig geht vor Gericht 26 Naturschutzpolitik – in Kürze FAC HA R B E IT 30 Auf der Suche nach der Nymphenfledermaus im Mulde-Lösshügelland 34 Konfliktfeld Windenergie und Schutz des Rotmilans 37 Der Gewässerrandstreifen – Zehn Meter Puffer für die Natur 39 Zehn Jahre „Insekten Sachsen“ 41 Konzept für den Wiesenbrüterschutz in Mittelsachsen 42 Facharbeit – in Kürze AU S N A B U- G R UP P E N 47 „mein Biotop“ – Mitmach-Projekt des NABU Leipzig 49 Bröthener Bahnteiche – NABU Wittichenau entwickelt eigenes Schutzgebiet 51 Bärenbachwiese bei Olbernhau – NABU Erzgebirge erneuert „Schriftwiese“ 53 35 Jahre Bergwiesencamp im Zechengrund 56 Vollgas für die NAJU Sachsen 57 Aus NABU-Gruppen – in Kürze 3. US P U B L I KATIO N E N DE S N ABU SACHSEN
VO RWO RT Liebe Mitglieder, liebe Freundinnen und Freunde des NABU Sachsen, mit unseren zahlreichen Naturschutzprojekten haben wir lich vermissen. In der Wen- auch in diesem Jahr wieder gezeigt, wie sich Lebensräume für dezeit gehörte „KHM“ zu Tiere und Pflanzen bewahren und sogar neu schaffen lassen. den Mitbegründern des Eindrucksvolle Beispiele dafür sind die Renaturierung der NABU Sachsen und präg- Röderteiche, das Engagement des NABU-Zentrums für Au- te diesen entscheidend mit. enentwicklung, das Wissenstransferprojekt Saxony⁵ – Biodi- Nie hat er in seinem Enga- versität für die Landwirtschaft, die zahlreichen Aktivitäten gement für den Schutz der zum Fledermausschutz, die Mitmachaktion Puppenstuben sächsischen Natur nachgelassen und den NABU Sachsen stets gesucht – Blühende Wiesen für Sachsens Schmetterlinge oder in wichtigen Belangen unterstützt. Vor allem wird er uns als unser Schwalbenprojekt, um nur einige nennen. erfolgreicher Streiter für den Schutz und die Förderung der Von Anfang an hat der Grunderwerb einen hohen Stel- Schwarzpappel sowie deren Lebensgemeinschaften in Erin- lenwert im NABU Sachsen. Mittlerweile besitzt der NABU nerung bleiben. Karl-Hartmut Müller war mit Leib und Seele in ganz Sachsen Flächen. Diese einzigartigen Naturparadie- Naturschutzpraktiker, dem es immer darum ging, aktiv etwas se bedeuten Freiheit und Sicherheit für Naturentwicklun- im Naturschutz zu bewegen und sein Wissen an die nächste gen, es sind ungestörte Rückzugsräume für Tiere und Pflan- Generation weiterzugeben. Wir verlieren mit ihm einen enga- zen. Der NABU Sachsen hat es sich zur Aufgabe gemacht, gierten Naturfreund und Mitstreiter für die gemeinsame Sa- diese Lebensräume für bedrohte Arten in Sachsen dauer- che des Natur- und Umweltschutzes. haft zu sichern und zu entwickeln. Um diese hochgesteckten Damit nicht genug, haben wir im November Christel Rö- Ziele fachlich kompetent umsetzen zu können und NABU- mer verloren. In der Region Burgstädt ist die Naturschutz- Gruppen bei der Betreuung zu unterstützen, haben wir eine arbeit der vergangenen Jahre untrennbar mit ihrem Namen Personalstelle für Flächenmanagement im NABU Sachsen verbunden. Ihrer Initiative, ihrer Beharrlichkeit und ihrem geschaffen. Und natürlich wollen wir auch weitere künftige Engagement ist es letztlich zu verdanken, dass sich 2012 die Naturparadiese sichern, wie die aktuelle Spendenaktion zu Regionalgruppe Burgstädt gründete. Die Naturschutzsta- den Papitzer Lachen zeigt. tion Herrenhaide hat sie zu einem vielbesuchten Zentrum Obwohl die Pandemie auch den NABU vor gewaltige He- für Umweltbildung und praktische Naturschutzarbeit in der rausforderungen gestellt hat, ist der Verband gestärkt aus Region entwickelt. 2015 konnte ich sie für den Landesvor- der Krise hervorgegangen. Viele Menschen haben durch stand gewinnen, in dem Christel Römer 2019 die Position die Pandemie erkannt, wie verletzlich und unverzichtbar der Schatzmeisterin übernahm. Diese Aufgabe war ihr eine eine intakte Umwelt und eine gesunde Natur sind – und Verpflichtung, die sie im wahrsten Sinne mit Leben erfüll- wie wichtig ihr Schutz für uns alle ist. Mehr als 26.500 Mit- te. Bei den Finanzen verstand Christel Römer keinen Spaß! glieder unterstützten den NABU Sachsen 2021 – über 1.500 Sie und ihr nie versiegender Optimismus, ihre Kämpferna- Menschen mehr als im Vorjahr. Darunter sind viele Aktive. tur und ihre herzliche Art werden uns sehr fehlen. Ihnen allen danke ich herzlich. Wir wollen uns im kommenden Jahr mit aller Kraft da- Trotz aller Aktivitäten nimmt das Vogel- und Insekten- für engagieren, das Artensterben in Sachsen zu stoppen. Um sterben immer größere Ausmaße an. Als NABU müssen wir dieses Ziel zu erreichen, setzen wir uns vor allem für eine die Politik auffordern, die Artenkrise konsequent anzupa- naturverträgliche Landwirtschaft, mehr Naturvielfalt in cken. Es ist unsere Aufgabe, die Bedeutung von Natur und Stadt und Land und eine naturverträgliche Energiewende Artenvielfalt für das Klima sowie umgekehrt die Bedeutung ein. Wo die Natur nicht zu ihrem Recht kommt, schrecken des Klimaschutzes für den Erhalt der Artenvielfalt zu veran- wir auch nicht davor zurück, vor Gericht zu ziehen. schaulichen. Es ist essenziell, auf die notwendigen Maßnah- men für einen wirksamen Artenschutz aufmerksam zu ma- Ich bedanke mich herzlich bei Ihnen und unseren Mitglie- chen. Die Bundestagswahl hat gezeigt, dass das Thema Kli- dern und Aktiven, die den NABU Sachsen zu dem machen, ma und Umwelt bei Wählerinnen und Wählern an Relevanz was er ist. Ebenso bedanke ich mich bei allen Fördernden gewinnt. Auch der NABU zeigte mit einem breiten Bündnis und Spendenden, die unsere ehrgeizigen Naturschutzprojek- weiterer Vereine und Institutionen in vielen Städten Flagge te durch finanzielle und ideelle Unterstützung ermöglichen. beim globalen Klimastreik im September. 2021 hat uns Dr. Karl-Hartmut Müller verlassen. Sein Tod Bleiben Sie uns verbunden und bleiben Sie gesund, ist für mich ein immenser Verlust, er hinterlässt eine große Lücke im Verband. Seine oft auch kritischen Worte, sein En- Ihr thusiasmus, seine geradlinige, ehrliche Art und sein Drän- gen nach mehr Naturschutzaktivitäten werde ich schmerz- Bernd Heinitz | Landesvorsitzender NABU Sachsen NABU-REPORT SACHSEN 2021 1
LANDESVERBAND 17. Landesvertreter- versammlung am 18. September in Leipzig NABU Sachsen blickt auf große und kleine Höhepunkte 2 NABU-REPORT SACHSEN 2021
LANDESVERBAND ¢ Am 18. September fand in Leipzig Auch er fand, dass in den vergangenen Verbandsbeteiligung: unter Berücksichtigung der aktuell gel- anderthalb Jahren zu wenig Zeit für Über 360 Stellungnah- tenden Corona-Schutzverordnung die persönlichen Austausch geblieben sei. men in zwei Jahren 17. Landesvertreterversammlung des Seine Begrüßungsworte widmete er NABU Sachsen statt. In seiner Begrü- darüber hinaus der Bundestagswahl, Weiterhin gab Bernd Heinitz einen ßung stellte Landesvorsitzender Bernd die eine Woche nach der Landesvertre- Einblick in den Bereich des Natur- Heinitz fest, dass die Corona-Pande- terversammlung stattfand, und forder- schutzrechts: Zu mehr als 900 Vor- mie dem Verband tüchtig zu schaffen te einen grundlegenden Wandel in den gängen hat der NABU Sachsen in zwei gemacht habe. Veranstaltungen muss- Bereichen Klimaschutz, Energiever- Jahren mehr als 360 Stellungnahmen ten abgesagt werden, vieles wurde ver- sorgung und Mobilität. Positiv hob er verfasst. Zudem setzte er sich in eini- schoben, doch die Mitgliederzahlen hervor, dass der NABU als mitglieder- gen Rechtsverfahren mit Vehemenz seien erfreulicherweise dennoch ge- stärkster Umweltverband schon längst für die Belange der Natur ein, unter stiegen. Darüber, wieder Naturschütze- mit seiner Expertise geschätzt und ge- anderem beim Kiessandtagebau Wür- rinnen und Naturschützer persönlich fragt werde. schnitz-West, wo ein überdimensio- treffen zu können, freute sich NABU- nierter Kiesabbau jahrtausendealte Präsident Jörg-Andreas Krüger, der für Bernd Heinitz stellte im Anschluss Moore gefährdet, oder bei einer neu- ein paar Tage beim NABU Sachsen zu den Vorstandsbericht vor, lobte das en Fly-Line am Fichtelberg, die, ohne Gast war (siehe Interview auf Seite 4). gute Miteinander und das hohe En- die Naturschutzvereinigungen zu be- gagement der Vorstandsmitglieder. Er teiligen, gebaut wurde – im letzten blickte auf die Jahre 2019 und 2020 zu- sächsischen Habitat der geschützten rück und berichtete von kleinen und Ringdrossel. Überdies blickte er auf großen Höhepunkten. Dazu zählt un- die NABU-Projekte, informierte über ter anderem der 30. Geburtstag des Verlängerungen der Projekte Lebendi- NABU Sachsen 2020, im Zuge des- ge Luppe, Zukunftsgärtner(n) in Gnan- sen die Jubiläumsbroschüre „30 Jahre dorf und Quartierpaten für Fleder- NABU Sachsen – 30 Meilensteine für mäuse gesucht sowie über die been- die Natur“ erschien und sich drei Pro- deten Baumaßnahmen an den Röder- jekte der sächsischen NABU-Gruppen teichen bei Großharthau. Ebenfalls in einem Wettbewerb für eine Förde- Grund zur Freude bieten die Mitglie- rung durch den Landesverband qua- derzahlen in Sachsen. Hier verzeich- lifizierten. Dass die Geschwister Well- nete der NABU Ende 2020 mehr als ner Stiftung zur Förderung ehrenamt- 25.000 Mitglieder – und liegt damit lichen Engagements und zum Grund- bundesweit im guten Mittelfeld. erwerb von Christa und Jürgen Well- ner gegründet wurde und dass René Im Anschluss präsentierte Landesge- Sievert vom NABU Leipzig nun dem schäftsführerin Dr. Maria Vlaic den NABU-Präsidium angehört, gehörte Delegierten der NABU-Gruppen den überdies zu den sehr guten Neuigkei- Finanzbericht der beiden Vorjahre, ten. Darüber hinaus thematisierte der stellte Einnahmen und Ausgaben vor Landesvorsitzende die Schwierigkei- und vermeldete auch hier insgesamt ten und Neuerungen im Zusammen- positive Entwicklungen, unter ande- wirken mit der im Dezember 2019 ge- rem durch das erfolgreiche Etablieren bildeten sächsischen Landesregierung neuer und Fortsetzen bewährter Pro- und kündigte an, diese weiterhin an ih- jekte. Danach stimmten die Versamm- ren konkreten Maßnahmen zum Schutz lungsteilnehmerinnen und -teilneh- der Natur und Artenvielfalt zu messen. mer über kleinere Satzungsänderun- gen ab, wählten für die nächsten zwei Jahre die Delegierten für die Bundes- vertreterversammlung des NABU, be- vor mittags alle wieder den Heimweg in alle Teile Sachsens antraten. Blick in den Veranstaltungssaal im Juliane Dölitzsch | Pressesprecherin Leipziger Westen. Foto: Ina Ebert NABU Sachsen NABU-REPORT SACHSEN 2021 3
LANDESVERBAND Stadt, Land, Fluss entdecken: NABU-Präsident erkundet Sachsen Jörg-Andreas Krüger im Interview mit dem NABU Sachsen ¢ Seit zwei Jahren NABU-Präsident, sere Naturschutz- und Stationsarbeit nun das erste Mal zu Gast beim NABU sowie verschiedene Projekte. Während Beim Besuch der NABU-Naturschutz- station Herrenhaide tauschte sich Jörg- Sachsen: Mitte September besuchte unserer Landesvertretersammlung am Andreas Krüger (l.) mit Ehren- und Jörg-Andreas Krüger den NABU Sach- 18. September in Leipzig haben wir mit Hauptamtlichen aus. Foto: Maria Vlaic sen und gewann einen Einblick in un- ihm über seine Eindrücke gesprochen. 4 NABU-REPORT SACHSEN 2021
LANDESVERBAND Jörg-Andreas, in deiner Funktion als NABU-Präsident ist dies dein erster Besuch bei uns. Was hast du schon vorher mit dem NABU Sachsen verbunden? Es ist unheimlich spannend, was hier aufgebaut wurde. Es gibt viele Flächen, auf denen hervorragende Arbeit geleistet wird und die eine große Vielfalt der Ökosysteme abbilden. Daneben gibt es einige Leuchtturmprojekte wie die Lebendige Luppe, die auch bundesweit be- und anerkannt sind. Das spiegelt sich auch in den Mitgliederzahlen wider, bei denen Sachsen in den neuen Ländern weit vorn liegt. All das steht für eine tolle Entwicklung. Was schätzt du an der Zusammenarbeit mit uns? Zuverlässigkeit, Fachlichkeit, Ruhe. Das ist viel wert und be- deutet eine sehr angenehme Zusammenarbeit. Gerade in die- sen hektischen Zeiten, oft auch beschleunigt durch Social Me- Jörg-Andreas Krüger (M.) im Leipziger Auwald mit Kolleginnen des NABU dia, ist es sehr schön, wenn man fachlich auf hohem Niveau Sachsen und René Sievert vom NABU Leipzig. Foto: Bernd Heinitz und entspannt miteinander diskutieren und arbeiten kann. Was hat dir bei deiner Tour durch Sachsen bis jetzt am Worauf freust du dich noch? besten gefallen? Am meisten auf das Beweidungsprojekt in Grabschütz, das ich Die Exkursion in den Leipziger Auwald auf den Spuren des mir ansehen werde. Ich habe selbst länger in dem Bereich ge- Projekts Lebendige Luppe war beeindruckend. Es ist eine arbeitet und bin natürlich sehr gespannt, was der NABU in Herkulesaufgabe, technisch die Voraussetzungen zu schaffen, Sachsen hier leistet. Weiterhin freue ich mich auf den Aus- um der Natur wieder auf die Sprünge zu helfen. Die Gewässer tausch mit dem NABU Aue-Schwarzenberg im Erzgebirge in und um Leipzig sind über Jahrhunderte verändert, kanali- über die Position zu Waldumbau und Wildtiermanagement siert und zusammengeführt worden. In Klima- und Naturkri- und den Besuch der NABU-Naturschutzstation Herrenhaide se muss jetzt wieder Raum geschaffen werden, für natürliche- in Burgstädt. Und natürlich aufs Wiederkommen – beruflich re Wasserregime, für Arten und für einen wieder erstarken- wie privat. Ich war in diesem Jahr schon im Urlaub in Sach- den Auwald. Das ist eine Generationenaufgabe und großartig, sen im Erzgebirge, was landschaftlich wunderschön ist. Darauf, was da bewegt wird. hier noch mehr Vielfalt zu entdecken, freue ich mich sehr. Was gefällt dir nicht? Juliane Dölitzsch | Pressesprecherin NABU Sachsen An der Arbeit des NABU Sachsen habe ich gar nichts auszu- setzen. Jedoch bin ich sehr irritiert von der Arbeit der Lan- Tierisch nette Begrüßung: Im Naturschutzgebiet „Werbeliner See“ trifft der desregierung und Landespolitik. Wie da gute, ehrenamtlich NABU-Präsident (l.) auf Koniks, die hier zur Landschaftspflege eingesetzt getragene Naturschutzarbeit zum Beispiel durch komplizierte werden. Foto: Bernd Heinitz Projektförderungen erschwert und vereitelt wird, ist bundes- weit tatsächlich einmalig und, sagen wir, bemerkenswert. Da hat der NABU in Sachsen keine leichte Aufgabe zu bewältigen. Wo siehst du Entwicklungspotenzial für unsere Arbeit in Sachsen? Wie überall kann auch hier noch und weiterhin viel für die biologische Vielfalt getan werden. Ich persönlich halte es für wichtig, der Renaturierung von geschädigten Lebensräumen noch mehr Gewicht zu geben. Unsere Landschaften und Öko- systeme sind stark vorbelastet, sodass ihre Funktionen oft stark gestört sind. Wälder, Moore, die grüne Infrastruktur in unse- ren Offenlandschaften – all das gilt es wiederherzustellen. Zwar passiert schon einiges im Bereich der Moore und Auen, doch da muss noch einiges mehr kommen – was natürlich nicht nur Aufgabe des NABU Sachsen ist. NABU-intern können wir au- ßerdem noch mehr Strukturen zur Zusammenarbeit aufbauen, um uns besser zu ergänzen und voneinander zu profitieren. NABU-REPORT SACHSEN 2021 5
LANDESVERBAND Naturschutz durch Flächenerwerb NABU Sachsen bewahrt und entwickelt wertvolle Gebiete im Freistaat ¢ Schon früh erkannte der NABU Über die Jahre konnten so zahlrei- Sachsen, dass sich durch Flächener- che hochwertige Flächen, beispiels- werb ökologisch wertvolle Flächen weise im Trossiner Teichgebiet, in naturschutzfremden Nutzungsin- der Reukersdorfer Heide bei Ol- teressen entziehen und anspruchs- bernhau, in den Waldmooren bei Naturnaher Teich mit submerser volle Projekte am besten verwirk- Großdittmannsdorf, im Bereich des und emerser Vegetation sowie lichen lassen. Und so bemüht sich Linzer Wassers und in der Luppeaue Röhrichtgürtel und östlich an- grenzendem Wald im Dommitz- der Landesverband bereits seit An- bei Leipzig, für den Naturschutz er- scher Grenzbachgebiet bei fang der 1990er Jahre, wertvolle Ge- worben werden. Heute gehören dem Trossin. Fotos: Matthias Vetter biete durch Flächenkauf zu sichern. Landesverband etliche Flächen, die 6 NABU-REPORT SACHSEN 2021
LANDESVERBAND sich über ganz Sachsen verteilen. Dazu kommen noch wei- Die vergangenen sehr trockenen Jahre haben vor allem den tere umfangreiche Flächen, welche sich im Eigentum von Bäumen stark zugesetzt und dazu geführt, dass der Anteil an NABU-Gruppen befinden, wie der Fachgruppe Naturbewah- Totholz extrem gestiegen ist. Was aus naturschutzfachlicher rung Dresden, dem Regionalverband Elstertal, dem Regional- Sicht eher eine Strukturbereicherung ist, kann mit Anrai- verband Erzgebirge oder dem Naturschutzinstitut Dresden, nern und Behörden zu Konflikten führen, vor allem in Berei- um nur einige zu nennen. Daneben unterstützen viele NABU- chen, in denen Bäume im direkten Umfeld von öffentlichen Gruppen den Landesverband beim Erwerb von Flächen, in- Wegen stehen. Hier ist der NABU als Eigentümer gesetzlich dem sie Geld dafür zur Verfügung stellen, besonders aktiv sind verpflichtet, die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Dies dabei unter anderem der Regionalverband Großenhainer Pfle- bedeutet, dass regelmäßige Baumkontrollen stattfinden müs- ge, die Ortsgruppe Wittichenau oder die Fachgruppe Groß- sen und dass Totholz entfernt beziehungsweise zurückge- dittmansdorf. schnitten werden muss. Können diese Arbeiten dabei nicht durch eine örtliche NABU-Gruppe übernommen werden, so entstehen hier teilweise erhebliche Kosten. Eigentum verpflichtet Der Besitz einer Fläche birgt auch immer Verpflichtungen ge- Als weitere Herausforderung im Flächenmanagement ist die genüber der Öffentlichkeit oder Dritten. Oft entsteht der Ein- Koordination und Absprache zwischen der Landesgeschäfts- druck, dass gerade die naturbelassenen Grundstücke durch stelle und den Betreuenden vor Ort zu nennen. Hier ist das den geringen Pflegeaufwand und den hohen naturschutz- Flächenmanagement auf die Zusammenarbeit mit den Grup- fachlichen Nutzen einen geringen Verwaltungsaufwand mit pen und Akteuren angewiesen, liegen doch hier die Kennt- sich bringen. Dies ist trügerisch: Eine Vielzahl an hochwerti- nisse zur Fläche und oftmals direkte Kontakte zu Anwohnen- gen Naturschutzflächen und Biotopen wie artenreiche Wie- den, Behörden, Landwirtinnen und Landwirten. sen, Wälder und naturnahe Gewässer werden oft durch per- sönliches Engagement der ehrenamtlichen NABU-Gruppen, Entwicklung von NABU-Flächen teils in mühevoller, körperlicher Arbeit, gepflegt und erhal- ten. Um die Gruppen zukünftig besser unterstützen zu kön- Viele der NABU-Eigentumsflächen sind sensible Biotopkom- nen und den Ausbau des Flächenpools weiter voranzutreiben, plexe, welche ohne eine regelmäßige Pflege ihren wertgeben- hat der NABU Sachsen eine neue Stelle im Flächenmanage- den Charakter verändern und im schlimmsten Fall an Wer- ment geschaffen. tigkeit verlieren. Vor allem die Biotope der Kulturlandschaft wie artenreiche Wiesen, Streuobstbestände und Teiche be- Matthias Vetter ist seit dürfen der Umsetzung von Erhaltungs- und Entwicklungs- Juni 2021 Flächenmana- maßnahmen. Oftmals übernehmen die Gruppen diese und ger beim NABU Sachsen. leisten freiwillige Arbeitseinsätze, wobei größere Maßnah- Der 33-Jährige absolvierte men über Fördervorhaben mit Hilfe von Fachfirmen umge- an der Hochschule Anhalt setzt werden. Andere Flächen müssen, aufgrund ihres Zu- in Bernburg den Bache- stands, der vorherrschenden Eigendynamik und der Lage lor- und Masterstudien- nicht regelmäßig gepflegt oder intensiv betreut werden. Hier gang Landschaftsplanung darf sich die Natur frei entfalten, obgleich diese Bereiche oft und Naturschutz. Zuletzt unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten beobachtet wer- arbeitete er in Heidelberg den. So werden Beeinträchtigungen frühzeitig erkannt, um als Landschaftsplaner in ihnen entgegenzuwirken. Dies betrifft vorrangig die großen den Schwerpunkten Bio- Waldflächen, Moore sowie die Flächen in den Kernzonen von topverbundplanung, Flä- Schutzgebieten. chenbetreuung sowie Planung, Ausschreibung und Um- setzung von naturschutzfachlichen Maßnahmen. „Meine Durch die enge Zusammenarbeit kann es bei unterschied- bisherigen Erfahrungen möchte ich als Flächenmanager lichen Sichtweisen bei der Initiierung, Planung und Umset- in der Landesgeschäftsstelle einbringen, vertiefen und er- zung von Flächenkäufen, Unterhaltung und Maßnahmen zu weitern“, sagt der gebürtige Leipziger, der sich sehr über Differenzen kommen. Die Vergangenheit hat dabei gezeigt, die Rückkehr in die Heimat freut. „Es ist mir ein großes dass es im Naturschutz kein Allheilmittel beziehungsweise Anliegen, die unterschiedlichen Interessensansprüche und den einen, richtigen Weg gibt, vielmehr gibt es eine Vielzahl Vorstellungen zur Nutzung, Pflege und Entwicklung der an Möglichkeiten, Naturschutz zu verwirklichen. Sich inten- durch den NABU betreuten Flächen durch Kommunika- siv und tolerant auszutauschen und möglichst viele Beteiligte tion, Diskussion und lösungsorientiertes Arbeiten zu be- einzubinden, trägt dazu bei, zu einer optimalen Lösung im wältigen.“ Sinne der Natur zu finden. b NABU-REPORT SACHSEN 2021 7
LANDESVERBAND Landesverband Sachsen e.V. Ihre Spende für das Naturschutzgebiet „Papitzer Lachen“ „Flächenkauf verhindert, dass ökologisch wertvol- le Flächen künftig für naturschutzfremde Zwecke genutzt werden könnten. Daher möchten wir große Teile der Papitzer Lachen erwerben und so einen Bei- trag für die Entwicklung der Leipziger und Schkeuditzer Auenlandschaft leisten. Dafür benötigen wir noch 20.000 Euro.“ Maria Vlaic | Landesgeschäftsführerin, NABU Sachsen Eine urbane Auenlandschaft prägt Leipzig und Schkeuditz. wilden Landschaft sind in ein Korsett gezwängt und können die Insbesondere die ehemaligen Lehmstiche der Papitzer Lachen wichtigen Funktionen der Aue, zum Beispiel den ökologischen haben sich – auch dank des Engagements des NABU Leipzig Hochwasserschutz, nur noch bedingt erfüllen. Auch Lebensräume – zu einem wertvollen Lebensraum für zahlreiche Arten wie für Flora und Fauna sind in den vergangenen Jahrzehnten zuneh- Rotbauchunke, Kammmolch, Zwergtaucher, Wasserralle und mend bedroht, vor allem durch Wasserknappheit, Ausbau der Fledermäuse entwickelt. Gewässer und technischen Hochwasserschutz. Das Idyll jedoch ist trügerisch, denn weite Teile dieser einst ABU-Sach sen.de www.spenden-papitzerlachen.N Jetzt spenden! Spendenkonto NABU-Landesverband Sachsen e. V. Hinweis: Jede Spende, die nicht im Rahmen dieses Aufrufs verwendet werden kann, kommt anderen Flächenkäufen zur Sicherung und Bewahrung der Natur zugute. Bank für Sozialwirtschaft Leipzig Ihre Spenden sind steuerlich absetzbar. Bei Angabe Ihrer Adresse erhalten Sie von uns ab einem Betrag von 200 Euro automa- IBAN: DE05 8602 0500 0001 3357 01 tisch eine Spendenbescheinigung. Für Zuwendungen unter 200 Euro genügt ein Kontoauszug zur Vorlage beim Finanzamt. Datenschutz: Der NABU-Landesverband Sachsen e. V., Löbauer Straße 68 | 04347 Leipzig, verarbeitet Ihre angegebenen 8 BIC-Code: BFSWDE33LPZ NABU-REPORT SACHSEN 2020 Daten gem. Art. 6 (1) b) DSGVO für die Spendenabwicklung. Foto: 360bit.com
LANDESVERBAND b Blick nach vorn Gebietsbetreuer Lutz Runge, Durch die Sicherung vorhandener Flä- Landesgeschäfts- führerin Dr. Maria chen und den Erwerb neuer Flächen Vlaic und Flächen- leistet der NABU einen aktiven Bei- manager Matthias trag zum Naturschutz in Sachsen. In Vetter begutachten Hinblick auf den steigenden Flächen- die erfolgte Pflege verbrauch durch Bebauung ist es umso einer wertvollen Nass- und Orchi- wichtiger, naturschutzfachlich wert- deenwiese im FFH- volle Bereiche dauerhaft vor der Zer- Gebiet „Linzer störung und dem Verlust zu schützen. Wasser und Dabei liegt ein Hauptaugenmerk dar- Kieperbach“. auf, bereits bestehende Flächen durch Foto: Kathlen Ankäufe zu erweitern und so vorhan- Runge dene Lücken zu schließen. Hierdurch entwickeln sich in der teilweise stark ausgeräumten Landschaft wertvolle Biotopstrukturen, Verbundachsen und Rückzugsräume für die heimische Flo- ra und Fauna. Bestehende Flächen kon- tinuierlich zu erweitern, leistet so- mit einen wichtigen Beitrag zur Erhö- hung der Biodiversität und erleichtert gleichzeitig die Arbeit der Gruppen bezüglich der Pflege sowie des Verwal- tungsaufwands. Zukünftig möchte der NABU Sach- sen der Öffentlichkeit das Thema Flä- cheneigentum besser zugänglich ma- chen. Dafür werden zum Beispiel für Felskante als Teil des Biotopkom- wesentliche Bestandsflächen Kurzpor- plexes „Leckwit- träts mit Informationen zur Fläche zer Schanze“ bei und zur Schutzwürdigkeit erarbeitet. Nünchritz. Foto: NABU-Mitglieder sehen so, wie ihre Matthias Vetter Mitgliedsbeiträge investiert werden und wie wichtig die Flächensiche- rung zum Erhalt der Artenvielfalt ist. Gleichzeitig werden Mitglieder und Interessierte dafür sensibilisiert, wo in der Umgebung NABU-Flächen lie- gen und wie anspruchsvoll es ist, die- se zu erhalten, zu betreuen und zu ent- wickeln. Eine Hoffnung ist auch, dass weitere Mitglieder motiviert werden, künftig bei Pflegeeinsätzen tatkräftig anzupacken. Auch bekunden wir vom NABU Sachsen somit Offenheit dafür, Streuobstwiese dass weitere, naturschutzfachlich wert- mit überwiegend volle Flächen gern an uns herangetra- altem Baumbe- gen werden können, um stetig mehr stand und hohem Totholzanteil bei Flächen nachhaltig zu sichern. Beerendorf in Nordsachsen. Matthias Vetter | Flächenmanagement Foto: Matthias NABU Sachsen Vetter NABU-REPORT SACHSEN 2021 9
LANDESVERBAND NABU Sachsen schließt Bauarbeiten an den Röderteichen ab Wertvoller Lebensraum wurde erfolgreich saniert Der Große Röderteich nach der Instandsetzung im Juli 2021. Foto: Franziska Heinitz ¢ Die etwas längere Unterbrechung durch den kalten Win- ter konnte die Sanierungsmaßnahmen des NABU Sachsen an den Röderteichen nicht aufhalten: Im Juni 2021 wurden sie erfolgreich abgeschlossen. Kaum waren die Bauarbeiten beendet, begann die Natur, sich die Teiche zurückzuerobern. Schnell wurden wieder Kaulquappen gesichtet, Ringelnat- tern, Libellen und Egel im und am Gewässer entdeckt. Die ehemaligen Fischteiche waren stets ein wertvoller Le- bensraum in der Röderaue, die über die europäische Fauna- Flora-Habitat-(FFH) Richtlinie geschützt ist. Zum Beispiel die selten gewordene Knoblauchkröte, die sich gern tagsüber in den Boden eingräbt und daher vor allem dort zu finden ist, wo offen liegende Böden vorkommen, ist hier ansässig. Seit einiger Zeit hatte der Lebensraum jedoch gelitten: Die Großer Röderteich während der Baumaßnahme im April 2021. Wasserhaltung funktionierte nicht mehr, die Teiche lagen oft Foto: Wolfgang Oldorf trocken, vor allem der fehlende Niederschlag seit 2018 setz- 10 NABU-REPORT SACHSEN 2021
LANDESVERBAND Das Staubauwerk an der Schwarzen Röder wurde ökologisch durchgängig errichtet. Foto: Franziska Heinitz Naturnah gestaltete Schwarze Röder zwischen Kleinem (im Hintergrund) und Großem Röderteich. Foto: Bernd Heinitz te dem Gebiet zu. Deshalb hat der NABU Sachsen, dem die Auch der vorhandene Dauerstau der Schwarzen Röder wur- Teiche gehören, zum Erhalt der schützenswerten Tier- und de im Zuge der Instandhaltungsmaßnahmen zugunsten der Pflanzenwelt ab August 2020 die Sanierung durchgeführt. ökologischen Durchgängigkeit der Schwarzen Röder aufge- hoben – das sogenannte Röderwehr vollständig rückgebaut. Der für die Regulierung des Teichwasserspiegels erforder- Entwicklung von FFH-Lebensraum- liche Aufstau und Einlauf kann zukünftig über die neuen Re- typen wieder möglich gulierungsbauwerke gesteuert werden. Im Bachbett, welches Die erneuerten Ein- und Auslaufbauwerke am Kleinen und mit Faschinen eingefasst wurde, bieten Störsteine und Baum- Großen Röderteich ermöglichen nun wieder eine Bespan- stümpfe Unterschlupf für Fische und geben dem Wasserlauf nung der Röderteiche und somit den Erhalt und die Ent- eine naturnahe Struktur. wicklung der FFH-Lebensraumtypen. Der Kleine Röderteich Realisiert wurden die Maßnahmen über die Richtlinie Natürliches Erbe im Rahmen des Entwicklungsprogramms für den ländli- wurde entschlammt, mit Lehm abgedichtet und die Dämme chen Raum im Freistaat Sachsen (EPLR). Das Ingenieur- und Beratungsunternehmen Fichtner führte die erforderlichen Planun- gen für das Projekt durch, die ausführenden Arbeiten übernahm die Steinle Bau GmbH. Die umfangreiche Vorfinanzierung des neu geformt. Im großen Röderteich wurde ein Teil des mine- Vorhabens gelang mit einem Darlehen der Sächsischen Aufbaubank und vor allem durch den NABU-Bundesverband. ralisierten Teichbodens ausgeschoben und am unterspülten Ufer verbaut. Außerdem wurden die Ufer der benachbarten Schwarzen Röder zur Teichseite abgegrenzt und gesichert. NABU-REPORT SACHSEN 2021 11
LANDESVERBAND Stempeln für die Natur Pro besuchter Veranstaltung gibt es einen mit dem NABU Sachsen Stempel ins Heft. Foto: Ina Ebert NABU-Naturschutzstationen besuchen und Preise gewinnen ¢ Viele kennen den NABU Sachsen vor allem durch sei- Groitzsch, das auf eine 1958 gegründete Schularbeitsgemein- ne klassischen Naturschutzaktivitäten wie Biotoppflege, die schaft zurückgeht, die 1983 den Grundstein für das heuti- Betreuung von Amphibienschutzzäunen und seinen Einsatz ge Naturschutzzentrum gelegt hat. Andere wie das Teichhaus in Artenschutzprojekten. Daneben ist dem NABU Sachsen Eschefeld oder das Naturschutzzentrum Chemnitz wurden die Vermittlung von Wissen um die Natur von Beginn an ein seit den 1990er Jahren geschaffen oder sind erst in den ver- zentrales Anliegen – und dabei spielen die Naturschutzstati- gangenen zehn Jahren entstanden wie die NABU-Natur- onen eine wichtige Rolle. Sie sind seit vielen Jahren Zentren schutzstation Schloss Heynitz. der Umweltbildung, des Naturschutzes sowie der Kinder- und Jugendarbeit im NABU. Manche der Stationen existier- 14 NABU-Naturschutzstationen, die sich über den Freistaat ten lange vor 1990 und erwachten zu neuem Leben, als der erstrecken, laden ab sofort zum Stempeln ein. Ob Amphi- NABU sie übernahm, wie das NABU-Naturschutzzentrum bienmonitoring, Schmetterlingswiesenpflege, Biberschutz 12 NABU-REPORT SACHSEN 2021
LANDESVERBAND oder Steinkauzaufzucht, in der Stadt, im Wald oder am Teich, tionen zum Heft und zu unseren Naturschutzstationen sind von langer Tradition oder recht jung: Sie alle eint das Ziel, die online zu finden unter www.stempelheft.NABU-Sachsen.de heimische Natur zu verstehen, zu erhalten und zu schützen. und www.naturschutzstationen.NABU-Sachsen.de. Vor dem Besuch sollten die Öffnungszeiten der Stationen geprüft wer- Das Stempelheft ist in den teilnehmenden NABU-Natur- den, denn nicht alle sind stets geöffnet. schutzstationen erhältlich und kann auch über die Landes- geschäftsstelle des NABU bezogen werden. Weitere Informa- Juliane Dölitzsch | Pressesprecherin NABU Sachsen Wer eifrig sammelt, kann sich schon bald den Naturschutzpin In den NABU-Naturschutzstationen gibt es auch für kleine anstecken. Foto: Ina Ebert Naturschützer viel zu entdecken. Foto: Robert Michalk Im Stempelheft ist eine Übersichtskarte aller teilnehmenden Stationen abgebildet. NABU-REPORT SACHSEN 2021 13
LANDESVERBAND Zum Gedenken Dr. Karl-Hartmut Müller *8. Mai 1940 † 9. Januar 2021 ¢ Dr. Karl-Hartmut Müller hat den NABU Sachsen in den Naturschutz in Sachsen einen unersetzbaren Kämpfer und vergangenen 31 Jahren entscheidend geprägt und dazu beige- Vorreiter bei der Bewältigung zahlreicher Naturschutzaufga- tragen, dass der Verband politisch, fachlich und gesellschaft- ben. Wir werden seinen regen Geist, seine zupackende und lich als wichtiger Akteur wahrgenommen wird. Bis zum letz- wertschätzende Art sehr vermissen. ten Moment hat Karl-Hartmut Müller in seinem Engagement Während Karl-Hartmut Müller sein Berufsleben als Physi- für den Schutz und die Bewahrung der sächsischen Natur nie ker der wissenschaftlichen Forschung verschrieb, widmete er nachgelassen und den Vorstand und die Landesgeschäftsstel- sich in seiner Freizeit schon früh ausschließlich dem Natur- le des NABU Sachsen in bedeutenden Belangen unterstützt. schutz. Als er den damaligen Bezirksnaturschutzbeauftrag- Nun ist er nach kurzer schwerer Krankheit gestorben und ten Heinz Kubasch kennenlernte, wurde ihm klar, dass Natur- hinterlässt eine große Lücke. Mit ihm verlieren wir und der schutz mehr als eine Freizeithobby einzelner Fachspezialisten ist und sich nachhaltiger Erfolg nur einstellt, wenn mit guter Fachkenntnis am richtigen Ort zur richtigen Zeit sensibel das Richtige getan wird. 1960 wurde er Naturschutzhelfer im da- maligen Kreis Aue, seit 1963 hatte er dieses Ehrenamt auch in Dresden inne. Bereits in den 1980er Jahren wurde er Kreisna- turschutzbeauftragter für den Stadtbezirk Dresden-Süd, von 1990 bis 2014 für Dresden. „KHM“ gehörte 1990 zu den Mit- begründern des NABU Sachsen und war acht Jahre später Mitbegründer des NABU Naturbewahrung Dresden e. V. (www.naturbewahrung-dresden.de), dessen Vorstandsmitglied er bis zuletzt war. Mit der NABU-Gruppe engagierte er sich von Anfang an für den Erwerb von Flächen, um auf ihnen Na- turschutzmaßnahmen optimal umzusetzen und die Natur dau- erhaft zu sichern. Als begeisterter Kraftsportler war er zudem unermüdlicher Motor beim Schleppen von Baumstämmen, Pflanzlochgraben oder Teichentschlammen mit der Schaufel. Ein besonderer Höhepunkt: Mit seiner Unterstützung gelang es, Sachsens größtes Naturschutzgebiet, die „Königsbrücker Heide“, in die Obhut des Freistaates zurückzuführen. Viele Jahre vertrat Karl-Hartmut Müller den NABU Sach- sen mit Kompetenz und viel Engagement im Landesnatur- schutzbeirat. Vor allem wird er als erfolgreicher Streiter für den Schutz und die Förderung der beiden Rote-Liste-1-Baum- arten Sachsens, der Elsbeere und ganz besonders der Schwarzpappel sowie deren Lebensgemeinschaften, in Erin- nerung bleiben. Er war mit Leib und Seele Naturschutzprak- tiker, dem es immer darum ging, aktiv etwas im Naturschutz Foto: Robert Michalk zu bewegen und sein Wissen an die nächste Generation wei- terzugeben. Es ist unser Auftrag und zugleich eine riesige Herausforderung, seinen Weg weiterzugehen und sein Ver- mächtnis mit neuen Ideen und großem Einsatz zu erfüllen. Bernd Heinitz im Namen des NABU Sachsen 14 NABU-REPORT SACHSEN 2021
LANDESVERBAND IN KÜRZE „Stunde der Wintervögel“ übertrifft sächsischen Teil- nahmerekord um 57 Prozent Å 13.131 Sächsinnen und Sachsen ha- ben ihre Zählergebnisse aus rund 8.500 Gärten zur 11. „Stunde der Wintervö- gel“ an den NABU gemeldet und die Höchstmarke von 2019 um fast 4.800 Teilnehmende und damit 57 Prozent überboten. In ganz Deutschland haben über 236.000 Menschen Wintervögel ge- zählt. Nicht zugenommen haben da- gegen die Vogelzahlen, die dem NABU bundesweit aus 164.000 Gärten gemel- det wurden – im Gegenteil. Die Ge- samtzahl von 34,5 Vögeln pro Garten stellt den zweitniedrigsten Wert seit Be- ginn der Aktion im Jahr 2011 dar, zwölf Prozent weniger als im langjährigen Durchschnitt. Es fehlten besonders die Einige Stare verbringen den Winter in milden Gegenden Mitteleuropas. Ein Großteil je- typischen Futterplatzbesucher, nämlich doch zieht in den westlichen Mittelmeerraum. Foto: Herbert Schnabel sämtliche Meisenarten, Kleiber, Gim- pel und Kernbeißer – alles Arten, de- Stunde der Gartenvögel: Das kühle und wechselhafte Wetter vom ren Winterbestände auf den Zuzug von Haussperling am häufigsten Himmelfahrtswochenende hat den Vö- Artgenossen aus dem Norden angewie- gezählt, Blaumeise erholt sich geln wenig ausgemacht: Im Durchschnitt sen sind. Dieser ist im bis kurz vor der konnten die sächsischen Teilnehmen- Zählung europaweit sehr milden Winter Å In diesem Jahr haben mehr als 8.000 den in diesem Jahr innerhalb einer Stun- wohl teilweise ausgeblieben. Menschen in Sachsen an der „Stunde der de 37 Vogelindividuen entdecken – und Rekordwerte erreichten dagegen sess- Gartenvögel“ vom 13. bis 16. Mai teil- damit rund vier mehr als 2020. Sach- hafte Standvogelarten wie Haussperling, genommen. Aus über 5.100 Gärten und senweit wurden 158 verschiedene Vo- der wie in allen milden Wintern auf Platz Parks meldeten sie rund 190.000 Vögel. gelarten gemeldet. Erneut war dabei b 1 der Wintervogelrangliste flatterte. Mit 7,8 Vögeln pro sächsischem Garten wur- Die Blaumeise hat sich vom Einbruch im vergangenen Jahr gut erholt. Offenbar konnten de er so häufig wie nie gesichtet. Auch erfolgreiche Bruten die Verluste weitgehend ausgleichen. Foto: Rita Priemer Arten, die grundsätzlich mildere Winter bevorzugen, wie Rotkehlchen und Rin- geltaube, wurden deutlich häufiger als zuletzt gemeldet. Ein besorgniserregend schwaches Ergebnis, das nicht mit dem Wetter erklärt werden kann, liefert der Grünfink. Sein Abwärtstrend setzt sich leider unverändert fort. Diesmal wurden in Sachsen nur 1,17 Exemplare, deutsch- landweit sogar nur 0,9 Grünfinken pro Garten gemeldet. Damit gibt es 2021 nur ein Viertel der Grünlinge, die 2011 noch die Gärten bevölkerten. Als Ursache gel- ten vor allem Infektionen mit Trichomo- naden an sommerlichen Futterstellen. Die fünf am häufigsten gemeldeten Ar- ten waren sachsen- wie deutschlandweit Haussperling, Kohlmeise, Feldsperling, Blaumeise und Amsel. NABU-REPORT SACHSEN 2021 15
LANDESVERBAND IN KÜRZE b der Haussperling mit sechs Exem- ten in beiden Zählzeiträumen im Juni Heranführen an viele spannende As- plaren pro Garten der am häufigsten und August insgesamt über 13.000 pekte des Naturschutzes und nachhal- gemeldete Gartenvogel. Das Treppchen Menschen eine Stunde lang Insekten tiges Handeln soll der Grundstein für komplettieren der Star auf Platz 2 und und meldeten sie dem NABU. Über 430 eine langanhaltende Begeisterung für die Kohlmeise auf Platz 3. Danach fol- Meldungen stammten aus Sachsen. das Engagement zum Wohle der Natur gen Feldsperling, Amsel, Blaumeise, Im Gegensatz zu den sehr warmen gelegt werden. Zu diesem Zwecke und Mauersegler, Elster, Ringeltaube und und trockenen Vorjahren wurden 2021 zum Ausbau eines Netzwerks wurden Mehlschwalbe. Der erstmals öffentlich deutschlandweit deutlich weniger Wes- 2021 in fast allen Landkreisen Pro- gewählte „Vogel des Jahres“, das Rot- pen gesichtet. 2020 waren es im Schnitt jektstellen geschaffen, darunter auch kehlchen, fliegt auf Platz 13 und wie- 11,5 Wespen pro Meldung, 2021 nur in den NABU-Naturschutzstationen derholt damit seine Top-Platzierung 4,5. Eine mögliche Erklärung dafür ist, „Biberhof Torgau“ und „Stadt und Aue aus einigen Vorjahren. dass es sehr nass im Frühjahr und im Leipzig“. Bei der Blaumeise mit dem blauen Hochsommer war, wodurch es weniger Köpfchen hatte im Frühjahr 2020 ein Wespenstaaten gab und möglicherwei- Erfolgreicher Spendenaufruf bakterieller Erreger namens Suttonella se auch weniger Individuen pro Staat. für Flächenerwerb ornithocola erstmals zu einem Massen- Zusätzlich war die Woche des Zähl- sterben in vielen Teilen Deutschlands zeitraums im August selbst relativ kalt. Å Teile der Kulkwitzer Lachen süd- geführt. Auch in Sachsen wurden im Weiter aufwärts ging es deutschland- westlich von Leipzig werden bereits Vorjahr 27 Prozent weniger Blaumei- weit für die Holzbiene, deren Sichtun- seit vielen Jahren durch Leineschafe, sen, im Schnitt 1,73 Exemplare pro Gar- gen bisher in jedem Jahr zugenommen Ziegen und Schottische Hochlandrin- ten oder Balkon, gezählt, obwohl der haben. Erstmals hat sie es in die Top der des NABU Sachsen beweidet. Die- Freistaat kaum von der Vogelkrankheit Ten – auf Platz 8 – geschafft. In Sachsen se natürliche Landschaftspflege ist ein betroffen war. Dieses Jahr erreicht das konnte sie sogar ihren 2. Platz vom Vor- Schwerpunkt unserer Naturschutz- Sorgenkind mit 2,17 Vögeln pro Garten jahr behaupten, auf den Plätzen 3 bis 5 arbeit. Die Tiere halten Wiesen und wieder knapp das frühere Niveau. folgen Großes Heupferd, Kleiner Fuchs Weiden frei von Gebüsch und Bäumen und Tagpfauenauge. Bei der Frühjahrs- und verhindern die Verlandung von Insektensommer 2021: zahlung im Juni bildeten Steinhummel, Stillgewässern. Weniger Wespen, Hainschwebfliege, Asiatischer Marien- So erhalten sie wichtige Lebens- käfer, Siebenpunkt-Marienkäfer und räume, zum Beispiel für Wiedehopf, viele Holzbienen Lederwanze die sächsischen Top 5. Rotbauchunke, Pfeifengras und Troll- Å Die Ackerhummel wurde bei der blume. Der NABU Sachsen möchte die Augustzählung sachsen- und bundes- Junge Naturwächter in Flächen dauerhaft schützen und die Be- weit am häufigsten gemeldet – wie auch Sachsen weidung fortführen. Ende November in den vergangenen Jahren. Bei der 2020 startete der Landesverband auf Mitmachaktion des NABU beobachte- Å Nachwuchs für den Naturschutz zu der Website www.NABU-Sachsen.de gewinnen und das bestehende Wissen einen Spendenaufruf. Für den Erwerb, an die jungen Generationen weiterzu- den Erhalt und die Sicherung von Na- geben, ist eine große Herausforderung. turschutzflächen an den Kulkwitzer Mit den Jungen Naturwächtern (JuNa) Lachen sollten 15.000 Euro gesammelt möchte die Sächsische Landesstiftung werden. Innerhalb weniger Monate Natur und Umwelt dieser Herausfor- wurde das Spendenziel erreicht. derung mit verschiedenen Akteuren Der NABU Sachsen bedankt sich begegnen. Der Grundgedanke ist, dass bei allen Spenderinnen und Spen- sich Kinder ab sieben Jahren regelmä- dern für ihren finanziellen Einsatz ßig treffen und gemeinsam etwas aus zum Schutz unserer Natur. der und über die Natur lernen. Durch die Vernetzung mit aktiven Natur- Pferde ziehen in Kulkwitz schützerinnen und Naturschützern, das und Grabschütz ein Im Juni schwirrt der Asiatische Å Seit Mitte des Jahres gibt es auf den Marienkäfer bundesweit erstmals auf NABU-Flächen im Naturschutzgebiet Platz 1 beim NABU-Insektensommer und verdrängt damit die Steinhummel, (NSG) „Kulkwitzer Lachen“ bei Leipzig die in den Vorjahren die Rangliste sowie am Grabschützer See im Bereich anführte. Foto: Ina Ebert des NSG „Werbeliner See“ nicht mehr 16 NABU-REPORT SACHSEN 2021
LANDESVERBAND IN KÜRZE nur Schottische Hochlandrinder, Leine- schafe und Ziegen, sondern nun auch Pferde. Die Koniks sollen die Flächen des NABU Sachsen in Kulkwitz und am Grabschützer See mit beweiden. Da die Kulkwitzer Lachen bereits seit längerer Zeit trockenliegen, tritt hier mittlerwei- le ein starker Weidenaufwuchs auf. Die Weiden entziehen dem Boden sehr viel Wasser, sodass die Gefahr besteht, dass das Gelände langfristig trocken bleibt, wodurch unter anderem Amphibien für immer wertvollen Lebensraum verlie- ren würden. Ebenso ergeht es Vögeln wie Krickente, Stockente, Blässhuhn und Lachmöwe, die in der Vergangen- heit im Rahmen der Wasservogelzäh- lungen im Gebiet beobachtet wurden. Um das zu verhindern und das Offen- Neu eingezogen: Koniks in Grabschütz. Foto: Maria Vlaic land freizuhalten, sind nun in Kulkwitz Koniks eingezogen, die ein anderes Verbissverhalten als Rinder an den Tag legen und noch buschigeren Aufwuchs und andere Gräser fressen. Am Grab- schützer See sollen die Koniks vor al- lem dazu beitragen, das konkurrenz- starke Land-Reitgras zurückzudrängen. Ein buntes Jahr im NABU- Zukunftsgarten Å Im Zukunftsgarten in Borna-Gnan- dorf blicken die Mitarbeiterinnen Vera Hickethier und Katrin Schroeder auf ein erfolgreiches Gartenjahr zurück. Viele schöne Veranstaltungen haben stattge- funden: der Sensenworkshop mit Egge- hard Unger, Insektenzählungen, Müll- sammelaktionen, eine spannende Fle- Der Zukunftsgarten des NABU in Borna-Gnandorf. Foto: Vera Hickethier dermausnacht und ein buntes Schul- sommerferienprogramm gemeinsam nun einen eigenen Standort und ein gestärkt werden und das Gartenprojekt mit dem Kinder- und Jugendhaus Borna Wildbienenschaukasten hat seinen Platz kann seit Beginn im März 2020 über Gnandorf. Darüber hinaus haben sich gefunden. Der Beerengarten wurde 1.000 Besucherinnen und Besucher ver- das Garten-Café und die Mitmachkü- weiterentwickelt und der Kompostplatz zeichnen. che mit regelmäßigen Terminen weiter optimiert. Das gemeinsame Stecken un- www.NABU-Zukunftsgarten.de etabliert. zähliger Frühblüher im Herbst sorgt ab Auch auf der Projektfläche hat sich März für eine „bunte Stadt“. Beetpaten- Der NABU-Zukunftsgarten wird mit Fördermitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF), des Freistaats einiges verändert: Nachdem der Wunsch schaften wurden im zweiten Lockdown Sachsen und der Großen Kreisstadt Borna finanziert und liegt im ESF-Handlungsfeld Bürgerbildung und lebenslanges Lernen. nach einem Apfelbaum im Wohnquar- kreiert, um den Teilnehmenden auch in tier geäußert wurde, steht nun ein süßer dieser Zeit und darüber hinaus zu er- Jonagold-Apfelbaum im Eingangsbe- möglichen, sich allein im Zukunftsgar- reich des Zukunftsgartens. Das Insek- ten zu betätigen. Trotz Corona konnte tenhotel wurde weiter ausgebaut, hat das Miteinander im Mitmach-Projekt NABU-REPORT SACHSEN 2021 17
LANDESVERBAND IN KÜRZE Über eine Auszeichnung mit der Plaket- te „Hier sind Schwalben willkommen“ freuten sich in diesem Jahr beispielswei- se Natalie Koch und Stefan Baumgart aus Bad Düben, das Landhotel Sperlingsberg in Crimmitschau und Familie Kießling aus Doberschütz. Ihr gelang eine Ret- tungsaktion für ihren Schwalbennach- wuchs, nachdem dieser bei Extremhitze vorzeitig aus dem Nest geflattert war. Eine weitere Plakette schmückt nun die Fachklinik Johannesbad Raupennest in Altenberg. Dort reihen sich an einem Klinikgebäude unter einer breiten Dach- traufe 40 Lehmnester aneinander. Unterer Zeisigteich als Amphibienlaichgewässer wiederhergestellt Å Die Zeisigteiche des NABU Sachsen sind Teil des Naturschutzgebiets „Linzer Auf dem Hof von Natalie Koch und Stefan Baumgart brüten in vier Nestern Rauchschwalben und in zwei Nestern Mehlschwalben. Der NABU Hohenprießnitz zeichnete das Paar aus und spendierte Wasser“ und des Flora-Fauna-Habitats noch zwei Kunstnester. Foto: Rolf Schulze (FFH) „Linzer Wasser und Kieperbach“. Schwalben willkommen: 150 Auszeichnungen und ein er- folgreicher Fotowettbewerb Å Die Begeisterung für „Schwalben will- kommen“ hält auch im sechsten Jahr an: Der NABU Sachsen ehrte 2021 weitere 150 Schwalbenfreundinnen und -freun- de mit der Schwalbenplakette. Außerdem erntete er viel Zuspruch für seinen Auf- ruf im Frühjahr, Brutplätze der Glücks- boten zu melden und Nistplatzfotos zu schicken. Zusendungen von 70 Foto- und Schwalbenbegeisterten zeugten ebenso von der Kreativität der Schwalbenlieben- den wie vom Erfindungsreichtum der Schwalben: Von Eierpappen und Oster- körben als Ersatz für absturzgefährdete Nester, selbstgebauten Kunstnestern für den Balkon und einem Schwalbenhaus bis hin zu Bauten auf Lampen und Me- tallstangen, einem fast 70 Jahre alten Lehmnest und einem außergewöhnli- chen Rauchschwalben-Nistplatz in der Gabelung einer Kastanie war vieles dabei. Zur Unterstützung der Ansiedlung weite- rer Vögel erhielten zehn der Einsendun- gen im Sommer vom NABU Sachsen ein Nach der Beräumung des Zeisigteichs wurde ein Teil der Teichsohle mit einem Schwalben-Kunstnest. lehmig-tonigen Material abgedichtet. Foto: Matthias Vetter 18 NABU-REPORT SACHSEN 2021
LANDESVERBAND IN KÜRZE Die bereits im 16. Jahrhundert er- wähnten, als Tränketeiche des Gutes Der NABU Sachsen Linz angelegten Kleinteiche mit einer Gesamtfläche von etwa einem Hektar trauert um werden seit Jahrzehnten nicht mehr bewirtschaftet. Dank dieser Naturbelas- Christel Römer senheit konnte sich eine strukturreiche Wasser- und Verlandungsvegetation mit * 15. Dezember 1946 † 8. November 2021 Röhricht, Seggenried und Grauweiden- gebüsch ausbilden. Quellen des umge- benden Feuchtgrünlands trugen einst ¢ Die Naturschutzarbeit der ver- relativ stabil zur Wasserspeisung der gangenen Jahre in der Region beiden Kleinteiche bei. Inzwischen führt Burgstädt ist untrennbar mit dem jedoch der Klimawandel in Verbindung Namen Christel Römer verbun- mit einem strikten landwirtschaftlichen den. Ihrer Initiative, ihrer Beharr- Entwässerungsregime des umgebenden lichkeit und ihrem Engagement Grünlands alljährlich bereits im Früh- ist es letztendlich zu verdanken, ling zum Austrocknen insbesondere des dass sich 2012 die Regionalgrup- Unteren Zeisigteichs. Bei diesem früher pe Burgstädt gründete. Nun ist als Badeteich genutzten Kleingewässer Christel Römer nach schwerer wurde zudem im Jahr 1956 durch un- Krankheit gestorben. Fehlen wird sachgemäße Baggerarbeiten ein Teil der sie neben dem NABU Burgstädt Foto: Jens Schubert relativ schwachen Teichsohle zerstört. besonders auch dem NABU Im Jahr 2020 beantragte der NABU Sachsen, dessen Vorstand sie seit Sachsen über die Richtlinie Natürliches 2015 mit ihrem scharfen Ver- Erbe eine Unterhaltungsmaßnahme, um stand, ihrer Kreativität und ihrer den ursprünglichen Zustand des Klein- herzlichen Art sehr bereicherte. gewässers wiederherzustellen. Das Ziel Geleitet von dem Wunsch, sich war, dass das Amphibienlaichgewäs- für den Schutz der Natur in der Burgstädter Region einzusetzen, begann ser alljährlich wieder – mindestens bis die Vorsitzende des NABU Burgstädt mit ihrem Team, der seit 1981 be- Ende Juli – auf einer Teilfläche einen stehenden Naturschutzstation Herrenhaide neues Leben einhauchen. Restwasserstand hält, der das Überle- Nachdem die Naturschutzstation 2013 durch einen Brand zerstört wor- ben der Larven spätlaichender „FFH- den war, begleitete sie mit viel Enthusiasmus und Umsicht den Wieder- Lurcharten“ ermöglicht. Die im Sep- aufbau. Wenig später erstrahlte die Station in neuem Glanz und bietet tember 2021 von einem ortsansässigen naturinteressierten Menschen seither auf 3,5 Hektar Stationsgelände Unternehmen ausgeführte Maßnahme wieder Natur pur. Christel Römer hat die Station zu einem vielbesuch- umfasste die Beräumung und Abdich- ten Zentrum für hervorragende Umweltbildung und praktische Natur- tung eines Teils der Teichsohle auf circa schutzarbeit in der Region entwickelt, mit Unterstützung durch In- 1.000 Quadratmetern. Die Abdichtung sektenexperten, Ornithologen, Pilzfreunde, Imker und Fotografen, die des Teilbereichs der Teichsohle erfolgte sie mit ihrer Begeisterung für die Natur zum Mitmachen inspirierte. Die mit lehmig-tonigem Material und einer Vielzahl von Schulklassen und eine stetig wachsende Zahl von Mitstrei- Schichtdicke von etwa 25 Zentimetern terinnen und Mistreitern zeugen davon. und zwar so, dass die Grundwasser- Auch an der Gründung der Naturschutzjugend Burgstädt und der speisung des Teichs weiterhin gewähr- Gründung einer NABU-Regionalgruppe in Topfseifersdorf war Chris- leistet wird. Um einer eventuellen tel Römer maßgeblich beteiligt. Als Ansprechpartnerin für andere Ver- Austrocknung mit Rissbildung in der eine, Bürger und Verwaltung erarbeitete sie sich binnen kurzer Zeit ei- lehmig-tonigen Dichtschicht vorzu- nen guten Ruf, der wiederum zur Steigerung des Bekanntheitsgrades des beugen, wurde diese durch Aufbringen NABU beigetragen hat. Für ihr vielfältiges Engagement im NABU Sach- einer Schicht aus dem entnommenen sen wurde Christel Römer im Mai 2017 mit der Silbernen Ehrennadel Boden geschützt. geehrt. Der NABU Sachsen wird sie schmerzlich vermissen und als zu- packende, liebenswürdige, vor Ideen und Tatendrang strotzende Natur- Kathlen Runge | Gebietsbetreuerin schützerin mit Leib und Seele in Erinnerung behalten. NABU Sachsen Bernd Heinitz im Namen des NABU Sachsen NABU-REPORT SACHSEN 2021 19
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