POSITION. Nachhaltiges mineralisches Bauen für die Zukunft Seite 7 - Pavillon aus R-Beton - Bundesverband Spannbeton-Fertigdecken eV
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5. Ausgabe 2021 Das Branchenmagazin Betonfertigteile Betonwaren Betonwerkstein Pavillon aus R-Beton POSITION. Hochschulprojekt in München Nachhaltiges mineralisches > Seite 21 Bauen für die Zukunft > Seite 7
Inhalt 3 Punktum 26 Aus- und Weiterbildung 4 Branche im Blick 26 Betonfertigteilexperte und -monteur 4 Unser Leitthema 2021 28 Update Ausbildung 5 Gastbeitrag „Heute schon klimafreundlich, morgen klimaneutral“ 7 Position: Nachhaltiges mineralisches Bauen für die Zukunft 9 Wandel im Bausektor 10 Modular und energieeffizient 14 Position: Beton brennt nicht! 29 FDB-Förderpreis 16 Planungsatlas Hochbau 17 Schallschutz mit Betonfertigteilen 30 Technik 20 R-Beton 30 Sichtbeton- und Architekturbetonoberflächen 21 Pavillon aus R-Beton 31 Recht 22 Gastbeitrag „Betonrückhaltesysteme“ 31 Lieferung von Baustoffen 24 Objektbericht 32 Bonusregelung 33 Aufhebungsvertrag 34 Erholungsveranstaltung 35 Veranstaltungen 35 BetonTage 2022 36 Qualität in der Bauplanung 37 EIPOS-Weiterbildung 38 Gremienarbeit 43 Neu erschienen 47 Branche intern 47 Mitgliederversammlung FBF Baden-Württemberg 50 Impressum Bild links: © Nordbeton GmbH Bild rechts: © BIBB 2
Punktum Betonbauteile stehen für gesundes Wohnklima, Sicherheit und eine wertbeständige Bauweise Liebe Leserschaft, was verbinden Sie mit dem Begriff Wohnungsbau? Vielleicht bezahlbaren Wohnraum, knapper Grundstücksmarkt, nachhaltiges und kostengünstiges Bauen, barrierefreies Wohnen, sinnvolle Flächennutzung, Widerstandsfä- higkeit, Langlebigkeit. Fragt man das Internet, bekommt man die Antwort: Der Begriff Wohnungs- bau bezeichnet den Bau von Gebäuden oder ganzen Siedlungen, die vor- nehmlich dem Wohnen dienen. Wohnungsbau beeinflusst das Stadtbild, Juliane Bräunlich die Siedlungsdichte, die Stadtentwicklung, Verkehrsströme und den Woh- Geschäftsführerin nungsmarkt. Wohnungsbau kann privat oder von der öffentlichen Hand Fachverband Beton- und Fertigteilwerke initiiert sein. Sachsen/Thüringen Der Wohnungsbau umfasst noch viel mehr, wie Sie in dieser Ausgabe lesen werden. Es ist ein komplexes und facettenreiches Thema, welches in unse- ren Einzelheften gezielt im Fokus steht. In unseren Ausgaben eins bis drei haben wir uns damit auseinandergesetzt, vor welchen Herausforderungen unsere Gesellschaft und Branche im Wohnungsbau steht. Wie wir zukünf- tig leben wollen, welche Möglichkeiten Betonfertigteile dabei bieten und welche Infrastrukturmaßnahmen ergriffen werden müssen beziehungs- weise bereits dazu beitragen. Ein weiterer Aspekt bei unserer Betrachtung ist die Bauphysik von Wohn- gebäuden. Denn was ist uns an den eigenen vier Wänden, egal ob Eigen- tum oder Miete, wichtig? Dinge wie: Höre ich den Nachbarn husten? Welche Energiekosten kommen auf mich zu? Ist der bauliche Brandschutz hinreichend gegeben? Wie sieht es mit der statischen Sicherheit aus? Denn wer möchte schon mit seinem Balkon im zweiten Stock auf den unteren stürzen – wie in diesem Sommer in Bautzen geschehen. Dabei soll das Objekt langlebig und damit ökonomisch sein. Es soll nachhaltig in Pro- duktion und Nutzung sein sowie eine hohe Qualität in Bezug auf Schall-, Brand-, Feuchte- und Wärmeschutz aufweisen. Es soll Sicherheit bieten und vor äußeren Einflüssen, egal ob natürlich oder durch Menschen hervor- gerufen, geschützt sein. Mit Betonbauteilen lässt sich dies leicht realisieren ohne die ökonomischen und ökologischen Aspekte aus den Augen zu verlieren. Wertbeständiges Bauen für Generationen, gepaart mit Sicherheit und ein gesundes Wohn- klima. Für all das steht massives Bauen. Lassen Sie sich inspirieren, anregen, informieren und begeistern, welche Vorteile das Bauen mit unserem widerstandsfähigen, äußerst tragfähigen und langlebigen Baustoff hat. Herzlichst Ihre Juliane Bräunlich Fachverband Beton- und Fertigteilwerke Sachsen/Thüringen 5 / 2021 punktum.betonbauteile 3
Branche im Blick Unser Leitthema 2021 Zukunftsgerechter Wohnungsbau Wie wollen wir zukünftig wohnen? – Im vergangenen Jahr sind die Baugenehmigungen im Wohnungsbau in Deutschland gegenüber dem Vorjahr weiter gestiegen, die fertiggestellten Wohnungen bleiben aber insbesondere in den Ballungszentren weiter unter dem tatsächlichen Bedarf. Der öffentliche Diskurs zum Wohnungs- bau geht jedoch längst über ein „Gibt es genug Wohnraum für alle?“ hinaus. Vermehrt rücken Fragen nach ganzheitlichen und nachhaltigen Wohnkonzepten in den Mittelpunkt: Wie kann ich Wohnraum flexibel gestalten und meinen Bedürfnissen individuell anpassen? Mit welchen Innovationen kann ich Wohnungen optimieren? Wie erreiche ich eine gute Ökobilanz des Gebäudes? Lässt sich bestehende Bausubstanz effektiv und kostengünstig instandsetzen? Hier sind innovative und nachhaltige Lösungen von Politik, Bauherren und Industrie gefragt, die sich den Heraus- forderungen stellen, auf sich wandelnde und individualisierte Nutzungsbedingungen einstellen und lebenswerten Wohn- raum schaffen. Die sechs Ausgaben unseres Branchenmagazins punktum.betonbauteile stehen daher in diesem Jahr unter dem Leitthema „Zukunftsgerechter Wohnungsbau“. Jede Ausgabe wird sich mit einem Schwerpunkt aus dem umfangreichen Themenkomplex befassen, von den zukünftigen Anforderungen an das Bauen über die Einsatzmöglichkeiten und Potenziale von Betonfertigteilen bis hin zu Themen wie Sanierung und Ersatzneubau sowie die Infrastruktur für die Ver- und Ent- sorgung. Freuen Sie sich mit uns auf ein spannendes Jahr. Ihre Branchenverbände 4
Dr. Ronald Rast Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau Gastbeitrag Heute schon klimafreundlich, morgen klimaneutral Mit den Veröffentlichungen vom statistischen Bundesamt im Juni 2021 wurde deutlich, dass das Bauen mit mineralischen Baustoffen im Wohnungsbau Deutschlands nach wie vor die höchsten Marktanteile aufweist. Die ausgewerteten Baufertigstellungen belegen, dass auch im gesamten Jahr 2020 wieder rund 75 % aller Wohnungsbauten in Deutschland massiv errichtet wurden. Warum ist das so beziehungsweise immer noch Verarbeitung) wie im Durchschnitt für die Her- so? Einerseits haben sich diese Marktanteile die stellung einer Tonne Mauersteine. Aber da das mit Massivbau beschäftigten Unternehmen der eingelagerte CO2 in der ökobilanziellen Betrach- Bauwirtschaft und die auf mineralische Baustoffe tung gleich gegengerechnet wird, fällt das offen- ausgerichtete Baustoffindustrie selbst erarbei- sichtlich gar nicht auf. In den weiteren ökobilan- tet. Es muss Gründe geben, wenn nach wie vor ziellen Betrachtungsphasen der Instandhaltung, Tausende von Planern, Bauträgern, Wohnungs- der Nutzung und des Rückbaus von Gebäuden baugesellschaften sowie anderen institutionellen wird der ökobilanzielle Vorteil des Bauholzes in und privaten Bauherren eine Entscheidung pro der Herstellung über den gesamten Lebenszyk- Massivbau treffen und das unter den heutigen lus aber komplett eliminiert. Daher ergeben sich Informationsmöglichkeiten und der zunehmenden zwischen Massiv- und Holzhäusern bei Betrach- Orientierung aller Menschen auf klimafreundli- tung eines 50-jährigen Lebenszyklus praktisch ches Agieren. Andererseits werden diese Markt- identische CO2-Emissionswerte. Wenn man anteile gegen die einseitige politische Förderung dann Lebenszyklen bis zu 80 Jahren betrachtet, des Holzbaus, die über ganz konkrete Förder- was der heutigen Nutzungsdauer von Gebäuden ansätze, zum Beispiel in Baden-Württemberg, wohl eher entspricht, entstehen sogar ökobi- Nordrhein-Westfalen und Bayern, das Bauen mit lanzielle Vorteile für Massivhäuser. So wurde in Holz zum neuen Mainstream erhebt, gehalten. einer wissenschaftlichen Untersuchung der LCEE Welche Fakten, die offensichtlich von Politikern Life Cycle Engineering Experts GmbH aus Darm- nicht erkannt oder mit Blick auf vermeintliche stadt mit dem Titel „CO2-Tonnagen und Wärme grüne Wahlerfolge verkannt werden, sprechen in speichereffekte über den Lebenszyklus von besonderem Maße für den Massivbau mit mine- Gebäuden“ an einem Mehrfamilienhaus mit 12 ralischen Baustoffen? Wohnungseinheiten eine um 4 % geringere CO2- Emission über 80 Jahre festgestellt. Außerdem Kernaussage 1 verweisen wissenschaftliche Auswertungen zur Baukostenentwicklung der Arbeitsgemeinschaft Das massive Bauen ist die Bauweise, die bereits für zeitgemäßes Bauen in Kiel immer wieder dar- heute klimafreundliches und kostengünstiges auf, dass vergleichbare Gebäude zum Beispiel Bauen vereint. Wissenschaftliche Untersuchun- aus Mauerstein bis zu 11 % kostengünstiger als gen haben ergeben, dass massive Gebäude über Holzbauten errichtet werden können. den gesamten Lebenszyklus von 50 Jahren nicht mehr CO2 emittieren, als technisch vergleichbare Kernaussage 2 Holzhäuser. In der Phase der Herstellung haben Holzhäuser in der ökobilanziellen Betrachtung Die anerkannte Beurteilung von Gebäuden leichte Vorteile, weil das im Holz eingelagerte bezüglich der Nachhaltigkeit basiert auf den CO2 in die Berechnung einfließt. Dabei bleibt oft Säulen Ökologie, Ökonomie und soziokulturelle unerkannt, dass auch die industrielle Herstellung Eigenschaften, die sich für die Gebäudenutzung von Bauholz einen eigenen ökologischen Fußab- ergeben. Diese Gesamtbetrachtung führt zu druck hinterlässt. Bis aus den Bäumen im Wald einer komplexen Nachhaltigkeitsbewertung von eine Tonne Nadelschnittholz für die Verwendung Gebäuden. Untersuchungen haben ergeben, dass am Bau entsteht, wird dafür gemäß den vor- in den anerkannten Systemen der Nachhaltig- liegenden Produktdeklarationen genau so viel keitsbetrachtung die Frage der CO2 -Emissionen CO2 emittiert (Baumfällen, Transport, Trocknung, nur mit maximal 15 % Anteil eingeht. 5 / 2021 punktum.betonbauteile 5
Branche im Blick Zu den soziokulturellen Eigenschaften eines mineralische Baustoffe klimaneutral herzustel- Gebäudes zählt unzweifelhaft die Sicherheit, len, entfallen jegliche Substitutionseffekte durch die das Gebäude seinen Bewohnern/Nutzern in den Einsatz von Bauholz. Dann wird es zu einer Sachen Standsicherheit, Brandschutz, Wärme- völlig neuen ökobilanziellen Bewertung von Bau- schutz, Feuchteschutz und nicht zuletzt Wohn- materialien kommen. Interessanterweise hat gesundheit bietet. Mit Blick auf die witterungsbe- auch Prof. Dr. Matthias Dieter, Leiter des Thü- dingten Schadensereignisse der letzten Wochen nen-Instituts, in seinem Eröffnungsvortrag auf und Monate werden diese Eigenschaften im dem Deutschen Holzkongress am 7. Juli 2021 auf anstehenden Klimawandel für das Sicherheits- diesen Fakt verwiesen. Gelingt es nach seiner gefühl der Bewohner/Nutzer immer bedeutender. Darstellung durch die ausreichende Bereitstellung Und gerade hier können mineralische Baustoffe erneuerbarer Energien klimaneutrale andere Bau- punkten. Nachhaltigkeit von Gebäuden umfasst materialien in ausreichender Menge herzustellen, weit mehr als die Einsparung oder Vermeidung entfallen die Substitutionseffekte für den Baustoff von CO2-Emissionen. Massive Gebäude weisen Holz komplett. Daher definiert er den Holzbau als bereits jetzt in allen drei Säulen der Nachhaltig- eine (Zitat) „Brückentechnologie“. Das Bauen mit keit Bestwerte auf. mineralischen Baustoffen ist in Zukunft also nicht das Problem, sondern die dauerhafte Lösung für Kernaussage 3 klimaneutrales und kostengünstiges Bauen. Neben dem Ist-Stand ist natürlich der Blick in In diesem Zusammenhang muss mit Blickrichtung die Zukunft entscheidend. Wenn wir die poli- auf die Politik natürlich festgestellt werden, dass tisch gesetzten Ziele in Deutschland und Europa wir gerade jetzt zur notwendigen Umstellung ernst nehmen, werden wir durch gemeinsame, der mineralischen Baustoffindustrie auf Klima- gewaltige Kraftanstrengungen bis zum Jahr 2045 neutralität und vollständige Kreislaufwirtschaft in der Lage sein, unter anderem klimaneutrale die Unterstützung durch den Staat in Form von mineralische Baustoffe herzustellen und unsere Investitions- und Forschungsförderung brauchen. Gebäude mit ausreichend erneuerbarer Energie Daher ist gerade jetzt eine einseitige staatliche klimaneutral zu betreiben. Wenn es nach dem Förderung der Holzbauweise für eine klimaneut- bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder rale Zukunftssicherung am Bau kontraproduktiv, geht, sollen diese Zielsetzungen in Bayern bereits denn auch der Staat kann jeden Fördereuro nur 2040 erreicht werden. Wir sprechen also auf einmal ausgeben. Bundesebene von 24 Jahren und in Bayern von 19 Jahren. Wenn es in diesem Zeitraum gelingt, © ah_fotobox – stock.adobe.com Die Massivbauweise hat im Wohnungsbau nach wie vor die höchsten Marktanteile in Deutschland. 6
POSITION. Nachhaltiges mineralisches Bauen für die Zukunft Eine gemeinsame Aufgabe für Politik, Wirtschaft Bedarfs an Gesteinskörnungen. Die Wertschöp- und Gesellschaft wird in den nächsten Jahren fungskette mineralisches Bauen verfolgt das Ziel, und Jahrzehnten sein, die anstehenden Aufgaben diese Quote etwa durch die Wiederverwendung für nachhaltiges und bezahlbares Wohnen und langlebiger Bauteile für eine zweite Nutzung wei- Bauen sowie die Schaffung einer leistungsfähi- ter zu steigern und vermehrt RC-Material einzu- gen Infrastruktur noch effektiver mit den Anforde- setzen. rungen des Klimaschutzes und der Ressourcen effizienz in Einklang zu bringen. Damit der Transformationsprozess im Bausektor erfolgreich umgesetzt werden kann, sind seitens Das Bauen und Modernisieren ist für einen der Politik langfristig verlässliche Rahmenbedin- nachhaltigen Bauwerksbestand unverzichtbar. gungen erforderlich. Um die Bauaufgaben der Es ermöglicht Bauwerke, die bereits heute auf- Zukunft bestmöglich bewältigen zu können, ist grund ihrer Dauerhaftigkeit über den gesamten innerhalb der 20. Legislaturperiode die Umset- Lebenszyklus durch niedrige CO₂-Emissionen zung der folgenden Punkte von zentraler Bedeu- gekennzeichnet sind und den geänderten Klima- tung: bedingungen robust widerstehen. Dabei müssen Gebäude einen ausgezeichneten sommerlichen 1. Technologieoffenheit bei Baustoffen und Wärmeschutz genauso wie warme Räume im Bauweisen gewährleisten Winter gewährleisten, ohne dafür immer mehr zusätzliche technische Anlagen mit steigendem Im Baubereich bestehen erhebliche Herausforde- Instandhaltungs- und Energieaufwand zu benö- rungen – vom bedarfsgerechten Wohnungsbau tigen. Zudem ist das Bauen auch langfristig mit über die Modernisierung des Gebäudebestan- heimischen Rohstoffen abzusichern, so dass des bis hin zur Schaffung einer leistungsfähigen eine zunehmende Importabhängigkeit und lange Infrastruktur. Dabei sind die Ziele der Klimaneu- Transportwege vermieden werden. Die Bauwirt- tralität und vollständig geschlossener Material- schaft und die mineralische Baustoffindustrie kreisläufe zu realisieren. Damit jeder Baustoff mit bekennen sich mit dem Netzwerk NACHHAL- seinen Stärken zur Erreichung dieser Ziele beitra- TIG. MINERALISCH. BAUEN. zum Ziel der Klima- gen kann, ist ein technologieoffener Innovations- neutralität von Bauwerken über den gesamten wettbewerb notwendig. Technologieoffenheit Lebenszyklus sowie zu den Zielen der Circular muss als Grundsatz in allen gesetzlichen Rege- Economy mit Recycling und Wiederverwendung lungen zu Bauwerken verankert sein. der eingesetzten Baustoffe und Bauteile. Zur Erreichung dieser Ziele besteht in den nächsten 2. Langfristig verlässliche Rahmen Jahren und Jahrzehnten bei der Produktion mine- bedingungen für die Dekarbonisierung ralischer Baustoffe Handlungsbedarf. So haben der Baustoffherstellung schaffen Baustoffbranchen wie die Zement-, Kalk- und Mauerwerksindustrie den Weg zur Dekarboni- Um die Dekarbonisierung zu erreichen und sierung bereits begonnen und erste Roadmaps mineralische Baustoffe künftig klimaneutral vorgelegt. Die mineralischen Baustoffe werden produzieren zu können, sind erhebliche Anstren- dadurch Schritt für Schritt klimaneutral. gungen notwendig. So müssen für die Energie- versorgung zur Baustoffherstellung der Aufbau Mit geschlossenen Stoffkreisläufen leistet die einer leistungsfähigen Wasserstoffversorgung, Wertschöpfungskette mineralisches Bauen mit der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien ihrer konstant hohen Verwertungsquote bei und die Schaffung einer Infrastruktur für den mineralischen Bauabfällen von etwa 90 % sig- Transport sowie für die Speicherung beziehungs- nifikante Beiträge und schont dadurch natür- weise Nutzung von CO₂ sichergestellt werden. liche Ressourcen. Die aus diesen mineralischen Dies erfordert erhebliche Investitionen innerhalb Bauabfällen produzierten Recycling-Baustoffe der Industrie. Bei der Gestaltung der politischen decken heute einen Anteil von 12,5 % des Rahmenbedingungen besteht daher die Notwen- 5 / 2021 punktum.betonbauteile 7
Branche im Blick digkeit, die Erreichung der Klimaneutralität durch gezielt angestrebt und die Anwendung von Recy- die heimische Industrie so zu unterstützen, dass clingbaustoffen umfassend ermöglicht werden. die internationale Wettbewerbsfähigkeit erhalten Geeignete Instrumente sind produktneutrale Aus- bleibt. Hierzu sind auch ein effektiver Carbon- schreibungen und die Weiterentwicklung des im Leakage-Schutz und wettbewerbsfähige Energie- Rahmen der Bundesförderung Effiziente Gebäude preise für Grünen Wasserstoff und Grünen Strom (BEG) eingeführten Förderbonus für nachhal- notwendig. Eine grundlegende Umstrukturierung tige Gebäude. Ist eine technisch gleichwertige der Finanzierung der Energiewende, die heute Anwendung von Recyclingbaustoffen möglich, durch das EEG erfolgt, ist anzustreben, damit darf es in der bauordnungsrechtlichen Behand- noch immer vorhandene Kostenhürden abgebaut lung und in Ausschreibungen keine Unterschiede werden. gegenüber Primärbaustoffen mehr geben. Dies gilt gleichermaßen für Bauprodukte, die unter Ein- 3. N achhaltigkeitsbewertung über den satz von Recyclingbaustoffen hergestellt werden. gesamten Lebenszyklus einführen Kontinuierlich güteüberwachte Recyclingbau- stoffe sollten den Produktstatus erhalten. Zum Die Nachhaltigkeit von Bauwerken über den erfolgreichen Anschub eines innovativen Wett- Lebenszyklus wird durch die optimale Kombi- bewerbs müssen Nachhaltigkeitsanforderungen nation von Konstruktion und Material bestimmt. und Ressourceneffizienzkriterien für Bauwerke Grundlage politischer Entscheidungen zur Vor- definiert und ausgeschrieben werden, anstatt ein- gabe zukünftiger Anforderungen an Bauwerke zelne Baustoffe verbindlich vorzugeben. muss die faire Bewertung aller Baustoffe und Bauweisen unter realen Nutzungsszenarien im 5. Freien Wettbewerb ohne staatliche Rahmen einer umfassenden Nachhaltigkeitsbe- Bevorzugung einzelner Baustoffe erhalten wertung aller ökologischen, ökonomischen und soziokulturellen Kriterien sein. Die Lebensdauer Der Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit vieler Baustoffe beträgt bis zu 100 Jahren und freiem Wettbewerb ist bei allen politischen und mehr. Bei Gebäuden kann eine flexible Grundriss- parlamentarischen Entscheidungen zur Vorgabe gestaltung dazu beitragen, längere Nutzungsdau- von Anforderungen an Bauwerke zu berücksich- ern insbesondere der tragenden Konstruktion zu tigen. Dies umfasst eine Gleichbehandlung aller erreichen. Eine Verlängerung der Betrachtungs- Bauprodukte und Bauweisen, um die politischen dauer bei der Nachhaltigkeitsbewertung von 50 Zielsetzungen bezüglich Klimaneutralität und auf mindestens 80 Jahre würde es ermöglichen, Kreislaufwirtschaft zu erreichen. Eine einseitig den Einsatz nachhaltiger, dauerhafter Produkte ausgerichtete staatliche Förderung oder Fest- realistisch zu bewerten und damit zu fördern. schreibung einer Quote verhindert Innovationen Gleichzeitig sollten zukünftig Umnutzungsszena- sowie die Optimierung von Bauwerken nach rien sowie Wartung, Rückbau, Recyclingfähigkeit marktwirtschaftlichen und nachhaltigen Grund- und Wiederverwendbarkeit in die Nachhaltig- sätzen. Dies schließt insbesondere die Einführung keitsbewertung einbezogen werden, um die Bau- und Umsetzung von Quotenregelungen, Positiv praxis noch besser abzubilden. listen und steuerlichen Anreizen zugunsten einzel- ner Baustoffe und Bauweisen aus. 4. W iederverwendung von langlebigen Bauteilen und Einsatz von Recycling www.nachhaltig-mineralisch-bauen.de baustoffen erleichtern Diesen Forderungen schließen wir uns als Damit der Bausektor seine Nachhaltigkeitsziele Verbände der Betonfertigteilindustrie und erreicht, muss die Wiederverwendung von lang- Herausgeber von punktum.betonbauteile an. lebigen Bauteilen im Sinne von Urban Mining ARBEITSGEMEINSCHAFT FÜR ZEITGEMÄSSES BAUEN • BUNDESVERBAND BAUSTOFFE – STEINE UND ERDEN • BUNDESVERBAND DER DEUTSCHEN TRANSPORTBETONINDUSTRIE • BUNDESVERBAND DER DEUTSCHEN ZIEGELINDUSTRIE • BUNDESVERBAND DEUTSCHER BAUSTOFF-FACHHANDEL • BUNDES- VERBAND KALKSANDSTEININDUSTRIE • BUNDESVERBAND LEICHTBETON • BUNDESVERBAND MINE- RALISCHE ROHSTOFFE • BUNDESVERBAND PORENBETONINDUSTRIE • BUNDESVEREINIGUNG RECY- CLING-BAUSTOFFE • DEUTSCHER BETON- UND BAUTECHNIK-VEREIN • DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR MAUERWERKS- UND WOHNUNGSBAU • DEUTSCHE BETONBAUTEILE • FACHVEREINIGUNG DEUTSCHER BETONFERTIGTEILBAU • FACHVERBAND HOCH- UND MASSIVBAU IM ZENTRALVERBAND DES DEUTSCHEN BAUGEWERBES • HAUPTVERBAND DER DEUTSCHEN BAUINDUSTRIE • INFORMATIONSZENTRUM BETON GMBH • VERBAND BAUEN IN WEISS • VEREIN DEUTSCHER ZEMENTWERKE • BUNDESGÜTEGEMEIN- SCHAFT RECYCLING-BAUSTOFFE • BUNDESGÜTEGEMEINSCHAFT INSTANDSETZUNG VON BETONBAU- WERKEN 8
Wandel im Bausektor DGNB plädiert für differenzierten Umgang mit Holzbau Zu den Grundlagen des nachhaltigen Bauens gehört die ganzheitliche Betrachtung eines Bauwerkes über alle Lebenszyklusphasen: Von der Rohstoffgewinnung und -verarbeitung, über Planung und Errichtung, über die Nutzung bis zum Lebensende. Dabei hat eine verantwortungsvolle und differenzierte Betrach- tung der zur Verfügung stehenden Baustoffe einen wesentlichen Einfluss. Seit Wochen und Monaten fordern die Vertreter Materialien und Bauweisen pauschal abgelehnt mineralischer Baustoffe bei der Politik Techno- werden. Stattdessen müssen die Kriterien einer logieoffenheit und Wettbewerbsgleichheit bei klimagerechten Architektur zunehmend berück- Baustoffen und Bauweisen und kritisieren die sichtigt werden. Wichtig ist eine faire, fakten- einseitige und undifferenzierte Bevorzugung orientierte und materialgerechte Betrachtung der nachwachsender Rohstoffe. Bauaufgabe, um die individuell beste Lösung zu finden und den gesellschaftlichen Zukunftsauf- In ihrem Positionspapier Holzbau greift nun gaben gerecht zu werden. Gefragt ist also eine auch die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges längst überfällige Auseinandersetzung mit dem Bauen (DGNB) dieses Thema auf und appelliert Thema der Materialität. In Kombination mit dem für eine differenzierte Sichtweise: „Zunächst gilt bereits spürbaren Innovationsmut wird sie zu für alle Baustoffe: Nur weil etwas umsetzbar ist, einer neuen Gestaltungssprache und Baukultur ist es nicht automatisch sinnvoll. Weder sollte führen.“ einem Trend blind gefolgt, noch sollten einzelne DGNB-Aufruf an die Politik DGNB-Aufruf an alle • Innovative und zukunftsorientierte Lösungen •W issen in die Breite tragen und Menschen für eine klimagerechte Baukultur baustoffüber- informieren, um Verständnis und Akzeptanz zu greifend fördern und keine monodirektionalen schaffen Impulse setzen •H eute Experten von morgen ausbilden und • Gesetzgebung anpassen, zum Beispiel Landes- nachhaltiges Bauen mit einer differenzierten bauordnungen weiter öffnen und vereinfachen Denkweise als essentielles Element der Ausbil- dung und des Bewusstseins verankern • Ganzheitliche, systemische Ansätze denken •Z usammenarbeit über gesamte Wertschöp- fungskette intensivieren sowie Austausch und DGNB-Aufruf an Planer, Bauherren, Verständnis fördern Investoren und Projektentwickler • Materialwahl gezielt und projektindividuell Das DGNB-Positionspapier können Sie unter treffen www.bit.ly/37UpR5R herunterladen. • Vorteile unterschiedlicher Werkstoffe kombi- nieren, um die unterschiedlichen Anforderun- gen von Schall- und Brandschutz bis Ökobilanz erfüllen zu können 5 / 2021 punktum.betonbauteile 9
Branche im Blick Modular und energieeffizient InnoLiving® ein Betonbau für die Zukunft Leistungsfähige Gebäude sind nur dann erfolgreich für den Investor und den Benutzer, wenn die nach- folgenden Kriterien erfüllt werden. So müssen die Gebäude zügig geplant und rasch errichtet werden. Die größtmögliche Flexibilität in der Verwendung mithilfe von stützenfreien Räumen muss sichergestellt werden. Und aus heutiger Sicht müssen die Gebäude zukünftig einen hohen Grad an autarker Energiever- sorgung ermöglichen. Diese Aufgabe erfüllen vorgefertigte Betonbau- Modulbauweise mit vorgefertig teile auf ideale Weise, insbesondere wenn diese ten Elementen für Wand, Decke und sich in den Abmessungen der einzelnen Bauteile Boden an der Modulbauweise orientieren. Zudem muss man konsequent das vorhandene Betonvolumen Die Modulbauweise erlaubt dank einfacher als Wärmespeicher nutzen. Abmessungen für wiederkehrende Bauteile einen einfachen Fertigungsprozess. Zudem besteht Insbesondere den zugehörigen Deckenelementen das Gebäude aus nur wenigen tragenden Ele- kommt eine zentrale Aufgabe zu. Zum Einsatz menten. Diese wiederum werden über einfache kommen Decken mit großen Spannweiten, einem Verbindungen vor Ort zusammengefügt und über geringen Eigengewicht und einer Querschnitts- Steckverbindungen derart verbunden, dass sie form, in der sich die Elemente der Haustechnik sich auch jeder Zeit wieder lösen lassen. Für das einfach integrieren lassen. Der große Vorteil bei Bauvorhaben InnoLiving® besteht eine Modul- der Verwendung von Betonbauteilen liegt unter einheit aus den tragenden Elementen für die anderem darin, dass sie sich zukünftig als maß- Bodenplatte und für die Decke sowie den beiden gebliche Elemente der Energieversorgung nutzen zugehörigen tragenden Stirnwänden. Boden- und lassen. Denn die Masse des Betons ist der ideale Deckenplatte sind in ihren Funktionen identisch. Wärmespeicher für eine autarke Klimatisierung. Dank der großen Spannweite der Platten entsteht Zudem lässt sich über die in der Regel große freie eine tragende und offene Konstruktion, die im Betonoberfläche Wärmeenergie einsammeln Inneren beliebig genutzt werden kann. Die über (Absorber) sowie Wärme und Kälte an den Raum die Längsseiten angeordneten Wände der Fas- verteilen (Bauteilaktivierung). sade übernehmen bei dieser Konstruktion keine Blick in den Innenraum von InnoLiving® mit Ansicht an die GVI®-Wand, die weitgespannte Betondecke mit den integrierten Akustikabsorbern und die Energiefenster. © InnoLiving® 10
WU-Decken (vorgespannt) Installationskanal Dämmung Deckenplatte (vorgespannt) GVI® Wand 24 Schaltschrank 10 Hybrid: 3.74 Holzrahmenwand Vorsatz 2.635 + RC Beton Wand Glaswand Estrichplatte Installationskanal Tragender Fundamentsockel Beton Sockel 10 718 38 10 241 895 © InnoLiving® 10.65 Bodenplatte Dämmung Erdkollektor Längsschnitt durch das Gebäude mit der Angabe aller maßgeblichen Elemente der energieautarken Bauweise. Einwirkungen und können somit durch leichte werks. Dabei werden die Druck- und Zugzone Fassadenelemente beziehungsweise Fensterele- nicht nur auf unterschiedlichen Höhen, sondern mente ersetzt werden. Verstellbare Trennwände auch versetzt angeordnet. Einzig die dazwi- ermöglichen eine nachträgliche Raumeinteilung, schen angeordneten Rippen verbinden dann die jederzeit angepasst werden kann. Die erfor- die beiden statischen Elemente. Die schlanken derlichen Bereiche mit Sanitärversorgung, wie Abmessungen des zusammengesetzten Quer- zum Beispiel für Bad und Küche, können somit schnitts mit minimalen Stärken von 0,10 m führen auch nahezu beliebig innerhalb des großen freien zu einem extrem niedrigen Eigengewicht von Grundrisses angeordnet werden. g = 3,40 kN/m². Der gefaltete Querschnitt weist eine hohe Steifigkeit auf. Geometrisch wird das Modul von der festgeleg- ten Breite von b = 3,0 m und der Geschosshöhe Die zusätzliche Vorspannung, welche im Spann- bestimmt. Ein Gebäude besteht aus mehreren bett aufgebracht wird, erlaubt dann auch große Moduleinheiten, die entweder nebeneinander Spannweiten bis zu 20,0 m. Die gewählte Quer- und auch übereinander angeordnet werden. Mit schnittsform ermöglicht auch alle Leitungen der nur vier Elementen für die tragende Konstruktion Haustechnik zwischen den Rippen verdeckt anzu- erfolgt dann eine einfache und somit effiziente ordnen. Somit ist es gelungen, mit dem Decken- Montage eines Moduls. system für das Projekt InnoLiving® einen idealen Querschnitt für alle Randbedingungen zu entwi- Maßgeblich bestimmt die eigens für diese Ver- ckeln. Für die Fertigung der Deckenplatten wurde wendung entwickelte Deckenkonstruktion die eigens ein mobiles Spannbett entwickelt. Mit sehr einfache Gestaltung eines Moduls. Aufgrund der geringem Aufwand lässt sich dieses Spannbett in Nutzung wird die Decke ohne jegliche Unterstüt- jedem Fertigteilwerk nachträglich aufstellen. Aber zung von den Wänden der Stirnseiten gespannt, auch als mobile Einheit direkt auf der Baustelle ist was zu großen stützenfreien Flächen führt. Um der Einsatz möglich. die Einwirkungen auf die Stirnwände und der darunter angeordneten Fundamentstreifen so Neuartige Hybridbauweise mit Holz- gering wie möglich zu halten, muss das Eigenge- Beton-Verbund für die Wände wicht niedrig ausfallen. Alle Leitungen für Hei- zung/Kälte und für Lüftung müssen innerhalb der Die Hybridbauweise stellt zukünftig die optimale Deckenkonstruktion vom direkten Einblick ver- Materialkombination dar. Der Baustoff Beton deckt angeordnet werden. Deren Einbau sollte übernimmt sofern gewünscht die Tragfähigkeit jedoch jederzeit eine Revision erlauben sowie den und liefert die erforderliche Masse für die autarke kompletten Ersatz ermöglichen. Das wird weit- Klimatisierung. Die leichte Holzständerbauweise gehend nur möglich sein, wenn Nischen innerhalb inklusive der Dämmung dient zur Fassadenbe- des Deckenquerschnitts für diese Anordnung von festigung. Alternativ kann die Holzständerbau- Leitungen vorgesehen sind. weise ebenfalls die Tragfähigkeit übernehmen. Die Betonbauteile dienen nicht nur zur Aufnahme Aufgrund dieser Randbedingungen eignet sich und Abtragung von äußeren Einwirkungen, son- der Querschnitt mit der Geometrie eines Falt- dern werden zu einem festen Bestandteil der 5 / 2021 punktum.betonbauteile 11
Branche im Blick zukünftigen Versorgung mit Wärmeenergie. Denn der multifunktionale Baustoff Beton eignet sich hervorragend sowohl zur Speicherung sowie zum Verteilen als auch zum Einsammeln von Wärme- energie. Eine autarke Energieversorgung lebt von den Speichermöglichkeiten und von den Optionen, die Wärmeenergie zu ernten und wieder abzu- geben. Betonelemente vereinigen alle drei Eigen- schaften. Wenn das Betonmaterial wie üblich als Tragelement verwendet wird, dann steht es zudem kostenlos für die Energieversorgung zur Verfügung. Mit der im Beton eingespeicherten Wärmeenergie lassen sich die Innenräume über einen längeren Zeitraum klimatisieren, auch ohne © InnoLiving® dass entsprechende Wärmeenergie nachgeführt werden muss. So kann eine Flaute in der Ener- gieversorgung (zum Beispiel fehlender Sonnen- schein, niedrige Außentemperaturen, geringe Montage der weitgespannten Deckenplatte für eine Moduleinheit. Windgeschwindigkeiten) problemlos überbrückt werden. Beton dient mit seiner Wärmespeiche- Die Besonderheit der verwendeten Vakuumhülle rung als Ausgleich für das schwankende Angebot liegt darin, dass seine Funktion gezielt beeinflusst an Strom und füllt damit eine Lücke in der Ener- werden kann. Die beiden großen Flächen der gieversorgung. Die Betonbauteile der Außenwand Wand zur Außen- und zur Innenseite können für bieten sich idealerweise für die Wärmespeiche- den Wärmedurchgang geöffnet beziehungsweise rung an, da die vorhandene Fassadendämmung geschlossen werden. Wechselweise wird Vakuum bereits einen größeren Anteil des Betonvolumens angelegt oder abgelassen. gegen Wärmeverluste schützt. Aber auch die weiteren Betonbauteile wie Boden und Decke Diese Funktion ermöglicht nun Wärmeenergie dienen als Speicher. nicht nur zu speichern, sondern diese auch einzu- sammeln beziehungsweise abzugeben. Die auf Zudem beschleunigt diese Bauweise den Bauab- der Außenseite vor der Wand angeordnete Glas- lauf enorm, da die Betonwand, die Dämmung und scheibe wirkt wie ein Gewächshaus. Die Wirkung die Fassade bis in das kleinste Detail werkseitig der Sonneneinstrahlung vergrößert sich und die vorgefertigt werden können. Zudem lassen sich dabei erzeugte Wärme dringt bei geöffnetem sämtliche Fenster- und Türrahmen inklusive der Vakuum in den dahinter liegenden Beton ein, um bauphysikalischen Anschlüsse bereits im Werk dort gespeichert zu werden. Sobald die Wirkung einbauen. Die Qualität der Bauteile wird somit der Sonnenstrahlen nachlässt, wird das Vakuum ebenfalls gesteigert. Die Fertigteile aus Beton auf der Außenseite der Betonwand wieder akti- werden wie gewohnt im Fertigteilwerk herge- viert. Bedarfsgerecht kann auch die innen lie- stellt. Anschließend erfolgt der Transport zum gende Seite des Betonspeichers geöffnet werden, Zimmereibetrieb, wo die Wände mit der Holzstän- um dann die gespeicherte Wärme in den Raum derbauweise veredelt werden. zu leiten. Die Innovation dieser tragenden Beton- wand besteht in einem optimalen Management Damit sind die Voraussetzungen für eine effizi- von Wärmeenergie. Die Umweltwärme aus der ente und schnelle Endmontage gegeben. Strahlung der Sonne wird eingesammelt, gespei- chert und dann auch bedarfsgerecht verteilt. Innovative tragende Betonwand mit Vakuumdämmung als Wärmespeicher Ergänzend wurden Rohrleitungen und Beweh- rungsstäbe aus GFK in die Betonwand eingebaut. Beton dient, wie berichtet, als Wärmespeicher. Die GFK-Stäbe haben einen mittig angeordneten Leider lassen sich aufgrund der Bauweise die Be- Heizdraht, um Strom aus erneuerbarer Energie in und Entladung nicht perfekt steuern, da die freien Wärme umzuwandeln und im Beton zu speichern. Betonoberflächen die Wärme auch unkontrolliert Über die mit Wasser geführten Rohrleitungen abgeben. Diesem Umstand wird nun durch eine kann ebenfalls Wärmeenergie in das Betonvo- neuartige Entwicklung abgeholfen. lumen eingelagert beziehungsweise abgezogen werden. Eine innovative Speichermöglichkeit bietet die tragende Betonwand, die vollständig mit einer Dank seiner hervorragenden Dämmung dient Vakuumdämmung umhüllt ist. Diese hochwer- die Betonwand als Langzeitwärmespeicher, um tige Art der Dämmung gewährleistet die Spei- die gesammelte Wärmeenergie über Tage oder cherung von Wärmeenergie ohne große Verluste. Monate einzulagern. 12
Das InnoLiving® Energiekonzept für ein erfolgreiches Energie management: Sammeln, Spei chern, Verteilen von Wärmeener gie nur mit Betonbauteilen Das erfolgreiche Energiekonzept nutzt die unendlich zur Verfügung stehende Umweltenergie. Für eine autarke Energie- versorgung braucht es ein ausreichen- des Speichervolumen, um die anfallende Umweltenergie einzusammeln, auch wenn © InnoLiving® diese nicht direkt genutzt werden kann. Mit Vorzug werden mehrere Speichereinhei- ten im gegenseitigen Verbund eingesetzt. Dabei nutzt man die einfache Möglichkeit, Werkseitige Herstellung der Hybridwand in Holz-Beton-Verbund. die Umweltenergie mit dem entsprechen- den Temperaturniveau einzusammeln und abzu- speichern. Somit entstehen verschiedene Speicher Rohrleitungen für den Wärmetransport genutzt. auf unterschiedlichem Temperaturniveau. Die Wärmeenergie wird über das Medium Wasser vom Speicher in die vorgesehenen Bauteile zum Mit den Betonbauteilen kann man das gesamte Verteilen transportiert. Allerdings wird auch hier Spektrum für ein erfolgreiches Energiemanage- der Pufferspeicher der Betonmasse genutzt, um ment nutzen. Bauteile aus Beton werden als den Zeitraum ohne äußere Energiezuführung zu Absorber zum Einsammeln der Umweltenergie überbrücken. Die Betonoberflächen verteilen die eingesetzt. Das wurde bei dem Gebäude Inno- Wärmeenergie über eine angenehme Strahlungs- Living® unter anderem mit dem auf dem Flach- wirkung in den Raum. Je nach der Temperatur dach installierten Gewächshaus umgesetzt. Die des Wassers in den Rohrleitungen kann sowohl vorgespannte Betonplatte des Gewächshauses gekühlt als auch geheizt werden. Damit wird eine liegt auf der Gebäudedämmung auf und stellt aufwendige Klimaanlage vollständig ersetzt. eine Wanne in WU-Qualität dar. Die geneigten Glasfenster, welche über der gesamten Fläche Ergänzt werden die Betonspeicher durch zusätz- der Wanne angeordnet sind, führen zu dem liche PCM-Speicher (Phasen-Wechsel-Materia- Gewächshauseffekt und erwärmen die Außenluft lien). Die Eigenschaft dieser Materialien besteht auf ein hohes Temperaturniveau. Mit den in der darin, bei kleinem Volumen hohe Energiedichten Betonplatte angeordneten Rohrleitungen wird die unter konstanten Temperaturbedingungen zur erzeugte Wärmeenergie abgeführt und an ande- Verfügung zu stellen. Im Gegensatz zu einem ren Orten gespeichert. Material wie Wasser oder Beton braucht es keine hohen Temperaturen, um hohe Energiemengen zu Die unter der Bodenplatte angeordnete Beton- speichern. Bereits bei niedrigen und konstanten platte wirkt ebenfalls als Kollektor und sammelt Temperaturen wird Wärmeenergie geladen bezie- die Umweltenergie aus dem umgebenden Erd- hungsweise abgezogen. Da die Energiemengen reich. Der Vorteil der im InnoLiving® verwendeten schnell ein- und ausgespeichert werden können, Absorber liegt auch darin, dass sie die aufge- dienen diese Elemente auch zur kurzfristigen Kli- nommene Wärmeenergie gleichzeitig speichern matisierung. können. Insbesondere der Erdkollektor dient als Langzeitspeicher mit nahezu gleichbleibenden Mehrere kleine dezentrale Speichereinheiten mit Temperaturen. Gegenüber der Bodenplatte ist der PCM wirken somit optimal im Netzwerk mit den Kollektor isoliert und hat nur einseitig den direk- anderen Speicherelementen. Je nach Angebot und ten Kontakt mit dem darunter liegenden Erdreich, Bedarf an Wärmeenergie werden die einzelnen welches in die Speicherwirkung mit einbezogen Speicher gezielt be- und entladen. Das Energie- wird. Im Sommer dient er zur Kühlung der Räume management wird bestimmt durch die Größe der und in der Übergangszeit wird der Kollektor durch Speicher, deren Verfügbarkeit, dem Bedarf und die im Gewächshaus erzeugte Wärmeenergie dem Angebot an Wärme. beladen, die im Winter zum Heizen der Räume genutzt wird. www.innoliving-blog.de Die im Gebäude vorhandenen Wände und Decken aus Beton werden zur Verteilung der Wärme- energie genutzt. Auch hier werden die im Beton- querschnitt der einzelnen Bauteile eingelegten 5 / 2021 punktum.betonbauteile 13
POSITION. Beton brennt nicht! „Es entspricht der Lebenserfahrung, dass mit der Entstehung eines Brandes praktisch jederzeit gerechnet werden muss. Der Umstand, dass in vielen Gebäuden jahrzehntelang kein Brand ausbricht, beweist nicht, dass keine Gefahr besteht, sondern stellt für die Betroffenen einen Glücksfall dar, mit dessen Ende jederzeit gerechnet werden muss.“ (Gerichtsurteil des OVG Münster 10A 363/86 vom 11. Dezember 1987) Dieses Zitat aus einem fast 34 Jahre alten Um diese Schutzziele zu erreichen, müssen Gerichtsurteil hat an Aktualität nichts verloren. Gebäude so errichtet werden, Regelmäßig berichten die Medien über Haus- • dass sie hinreichend lange tragfähig sind, damit und Wohnungsbrände. Nicht umsonst gibt es in Bewohner oder Nutzer sich rechtzeitig in Sicher- vielen Bereichen heute eine Pflicht zur Installation heit bringen können und Rettungskräfte bei ihrer von Rauchmeldern. Sie verhindern jedoch keine Arbeit nicht durch versagende Bauteile gefähr- Brände, sondern warnen nur, damit sich betrof- det werden, fene Menschen rechtzeitig in Sicherheit bringen können. • dass die Ausbreitung von Bränden auf benach- barte Räume, Wohnungen, Gebäudeteile oder Häufige Brandursachen sind Unachtsamkeiten, angrenzende Gebäude eingedämmt wird, wie die unbeobachtete Kerze, die heruntergefal- • dass sie aus Materialien hergestellt werden, lene Zigarette oder das vergessene Fett in der die nicht zum Brandgeschehen, zur Rauchent- Pfanne auf dem Herd. Oftmals wird als Brand- wicklung oder zur Freisetzung schädlicher Stoffe ursache aber auch ein technischer Defekt bezie- beitragen. hungsweise Kurzschluss an Haushaltsgeräten oder Elektroinstallationen festgestellt. Gerade die Energiewende wird zu einer weiteren technischen Die allgemeinen Anforderungen an das Brandver- Aufrüstung von Gebäuden und Wohnungen füh- halten von Baustoffen und Bauteilen sind in der ren, zum Beispiel durch die Installation von Solar- Musterbauordnung geregelt, die einen ordnenden anlagen, Zwischenspeichern für Strom oder Lade- Rahmen für die Bauordnungen der Länder vorgibt. stationen für e-Mobilität. Hier wird unterschieden zwischen nicht brennba- ren, schwer entflammbaren und leicht entflamm- Die reine Zunahme der Anzahl elektrischer Anla- baren Baustoffen sowie zwischen feuerhemmen- gen kann mittelfristig zu einer Zunahme von tech- den, hochfeuerhemmenden und feuerbeständigen nischen Defekten und von dadurch ausgelösten Bauteilen. Brandereignissen führen. Je nach Bauwerk und Bauteil werden in den Brandrisiken muss schon heute durch einen quali- Landesbauordnungen Mindestanforderungen an fizierten vorbeugenden Brandschutz begegnet das Brandverhalten der Baustoffe und Bauteile werden. Die primären Schutzziele sind dabei die gestellt. In jüngerer Zeit gibt es in einigen Landes- öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere bauordnungen auch die Tendenz, Anforderungen der Schutz von Leben, Gesundheit und natürlichen abzusenken, um das Bauen mit nachwachsenden Lebensgrundlagen. Darüber hinaus sollte aber Rohstoffen zu erleichtern. Die Entwicklung birgt auch der Schutz von Sachwerten nicht vergessen ein erhöhtes Gefährdungspotenzial. Dabei ist zu werden. beachten, dass sich die Mindestanforderungen nur an dem Ziel der öffentlichen Sicherheit und Ordnung orientieren. Ein guter Schutz privater Sachwerte und Investitionen wird allein durch die Einhaltung der Mindestanforderungen nicht auto- matisch erreicht. 14
© www.pixabay.com Anders beim Baustoff Beton. Bei den im natürli- und das subjektive Sicherheitsempfinden der chen Brand eintretenden Temperaturen von bis zu Bewohner oder Nutzer oftmals den Ausschlag 1.000 °C bleiben Konstruktionen aus Beton wäh- für massive Gebäude aus Betonbauteilen geben. rend eines Brandes nahezu stabil, bildet Beton Der Widerstand gegen Feuer, aber auch gegen keinen Rauch oder setzt toxische Gase frei. Zudem andere Elementarschäden, zum Beispiel infolge weist Beton nur eine geringe Wärmeleitfähigkeit Sturms oder Überschwemmung, können dabei ein auf und trägt somit nicht zur Brandlast bei. gewichtiges Argument sein. Beton ist folglich nicht brennbar und Bauteile aus Beton weisen allgemein eine hohe Feuerbestän- Fazit digkeit auf. In vielen Fällen sind Brandschäden an Gebäuden aus Beton und deren Einrichtung räum- Insofern führt an dem Baustoff Beton bei lich begrenzt. Meist hat die Konstruktion nicht nur einem ganzheitlichen Ansatz zum Brandschutz eine ausreichende Feuerwiderstandsdauer für die kein Weg vorbei. Baulicher Brandschutz ist Evakuierung von Menschen, sondern das Gebäude eine der wichtigsten Aufgaben sicheren und kann nach einem Brandereignis schnell und wirt- nachhaltigen Bauens. Betonbauwerke bieten schaftlich saniert und weitergenutzt werden. nicht nur Schutz für Leib und Leben, sondern All das sollte bei der Baustoffauswahl angemes- auch für Hab und Gut. Es gilt den freien Wett sen berücksichtigt werden. bewerb ohne staatliche Bevorzugung einzelner Baustoffe zu erhalten. Die Nachhaltigkeit von Bauwerken endet übrigens nicht mit ihrer Erstellung. Erst die Berücksichtigung des ganzen Lebenszyklus, von der Erstellung über die Nutzung bis zum Rückbau und zur Wiederver- wertung lässt eine valide Bewertung der Nach- haltigkeit zu. In diesem Zusammenhang können die hohe Lebensdauer, die objektive Sicherheit 5 / 2021 punktum.betonbauteile 15
Branche im Blick Planungsatlas Hochbau Kostengünstig und energieeffizient bauen Erfolgreiche Planung von Gebäuden setzt die sichere Bewältigung ästhetischer, statischer und bauphysika- lischer Aufgabenstellungen voraus. Der interaktive Planungsatlas für den Hochbau unterstützt Architekten und Ingenieure unter anderem beim Wärme- und Schallschutz. Er bietet vor allem eine Zusammen- stellung von zahlreichen Konstruktionsdetails des Hochbaus, die für das Bauen mit Beton relevant sind. Darüber hinaus werden auch thermische Kennwerte für detaillierte Wärmebrückenberechnungen kosten- los zur Verfügung gestellt. Er reduziert damit den Aufwand bei der bauphysikalischen Nachweisführung erheblich. Wärmeschutz Das Modul Wärmeschutz ermöglicht eine detaillierte Wärmebrückenberech- nung mit einer individuellen Ermittlung des Wärmebrückenzuschlags und somit den Verzicht auf die ungünsti- geren pauschalen Aufschläge nach EnEV. Wärmeverluste können durch optimierte Detailanschlüsse minimiert werden. Zudem kann das Risiko von Schimmelpilzbildung verringert und die Gleichwertigkeit von Konstruktionen nach DIN 4108 Beiblatt 2 nachgewie- sen werden. © IZB Insgesamt wurden für rund 13 Mio. Mit dem Planungsatlas für den Hochbau kann der Planer seinen Aufwand für eine Variationen Wärmebrücken berechnet. detaillierte Wärmebrückenberechnung erheblich senken. Der Nutzer findet kostenlos über 1.100 Konstruk- tionsdetails, Ausschreibungstexte und thermische Die zugehörigen schallschutzrelevanten Konstruk- Kennwerte (Ψ-Wert, U-Wert). tionen können individuell abgewandelt werden, da die Zeichnungen in verschiedenen Dateiformaten Die Detaillösungen umfassen unter anderem (CAD-Dateien) vorliegen. Grundlage der Berech- Konstruktionen in Fertigteil- und Halbfertigteilbau- nungen ist die Normengruppe DIN 4109 Schall- weise sowie Bauweisen aus klein- und großfor- schutz im Hochbau, Ausgabe 2016/2018. Neben matigen Betonsteinen. der Berechnung des Bau-Schalldämm-Maßes beziehungsweise des Norm-Trittschallpegels ist es möglich, den Schallschutznachweis zu führen. Die Schallschutz Konstruktionsdetails können über ein interaktives Gebäudemodell auch direkt ausgewählt werden. Das Modul Schallschutz bietet Architekten und Ingenieuren eine Hilfestellung zur Berechnung von www.planungsatlas-hochbau.de bewerteten Schalldämm-Maßen für unterschied- liche Bauteilaufbauten. Nach dem Download des Schallschutzrechners können die Berechnungen offline erfolgen. 16
Schallschutz mit Betonfertigteilen Allgemeine Technische Informationen Der Schutz vor Außenlärm, aber auch vor Geräuschbelästigungen innerhalb eines Gebäudes oder sogar einzelner Wohnbereiche, ist eine grundlegende Forderung an zeitgemäße Wohngebäude. So können dauerhafte Lärmbelästigungen in Gebäuden zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Nutzer und Be- wohner führen. Hier sorgen schwere Betonbauteile für die Hier wird er als Luftschall hörbar. Die beiden Lösung. Aufgrund ihres hohen Flächengewichts Anregungsarten für den Schall sind im folgenden sind sie für die Sicherstellung des erforderlichen Bild schematisch dargestellt. erhöhten Schallschutzes verantwortlich. Prinzipiell wird beim Schallschutz zwischen Luft- und Trittschall unterschieden. Unter Luftschall versteht man alle Geräusche, wie zum Beispiel das Sprechen oder Musikhören, die durch die Luft übertragen werden. Der Trittschall entsteht beispielsweise durch das Gehen auf einer Decke und strahlt nicht nur in den darunterliegenden Raum ab, sondern wird durch die Decke und die angrenzenden Bauteile weitergeleitet und erreicht damit auch die benachtbarten Räume. Luftschall Trittschall © www.pixabay.com Den besten Grundstein für Schallschutz legen lärmmindernde Baustoffe wie Beton, die über eine hohe Rohdichte verfügen. 5 / 2021 punktum.betonbauteile 17
Branche im Blick Schallschutz nach Normenreihe Belästigungen auftreten können. Bei Bedarf sollte DIN 4109 ein erhöhter Schallschutz vertraglich vereinbart werden. Die Anforderungen für einen erhöhten Mit dem Ziel, Menschen in Aufenthaltsräumen vor Schallschutz sind in der DIN 4109-5:2020-08 unzumutbaren Belästigungen durch Schallüber- enthalten. tragung zu schützen, regelt die Normenreihe DIN 4109 die Anforderungen an den Schutz gegen Zusätzlich gibt es vom Verein Deutscher Inge- Luft- und Trittschallübertragung zwischen frem- nieure (VDI) die Richtlinie VDI 4100, welche den den Wohn- und Arbeitsräumen, gegen Außen- erhöhten Schallschutz ebenfalls behandelt. lärm und Geräusche von innen. Zum Beispiel enthält die folgende Tabelle die Als Instrument des Bauordnungsrechts enthält Anforderungen an die Luftschall- und Tritt- die DIN 4109-1:2018-01 die Mindestanforde- schalldämmung der Decken nach der DIN 4109- rungen an den Schallschutz zur Vermeidung von 1:2018-01 für häufige Fälle sowie die Anforde- Gesundheitsgefahren. Das bedeutet jedoch nicht, rungen für einen erhöhten Schallschutz nach DIN dass bei Einhaltung dieser Anforderungen keine 4109-5:2020-08. Deckentypen nach DIN 4109-1, Tabelle 2 Mindestanforderungen Anforderungen für nach DIN 4109-1 erhöhten Schallschutz nach DIN 4109-5 Luftschall Trittschall Luftschall Trittschall erf. R‘w [dB] erf. L‘n,w erf. R‘w [dB] erf. L‘n,w [dB] [dB] Decken allgemein 1)3)4) ≥ 54 ≤ 50 ≥ 57 ≤ 45 Decken über Durchfahrten, Einfahrten von ≥ 55 ≤ 50 ≥ 58 ≤ 45 Sammelgaragen und ähnliches unter Aufenthaltsräumen Decken unter/über Spiel- oder ähnlichen ≥ 55 ≤ 46 ≥ 58 ≤ 41 Gemeinschaftsräumen Decken unter allgemein nutzbaren Dachräu- ≥ 53 ≤ 52 ≥ 56 ≥ 47 men, z. B. Trockenböden, Abstellräumen und ihren Zugängen Decken über Kellern, Hausfluren, ≥ 52 ≤ 50 ≥ 55 ≤ 45 Treppenräumen unter Aufenthaltsräumen Legende 1) Decken in Mehrfamilienhäusern, 3) Decken in Bürogebäuden, 4) Decken in gemischt genutzten Gebäuden Luftschalldämmung gung der flankierenden Bauteile und gegebenen- falls über sonstige Nebenwege verwendet. Diese Für eine gute Luftschalldämmung von Bauteilen verschiedenen Wege der Flankenübertragung sind sind die folgenden Punkte entscheidend: die Teile, die ausschließlich über die Bauteile erfol- gen. • Trennende Bauteile (Material, Dicke, Flächen- maße) Einschalige, biegesteife Bauteile • Flankierende Bauteile (Seitenwände, Decken, Est- riche, Beläge) Einschalig sind Bauteile im akustischen Sinn, wenn sie über die ganze Dicke gleichphasig schwingen. • Anschlüsse (Wand/Decke, Wand/Wand, Dichtig- Dazu gehören Bauteile, die aus einem einheit- keit, Verzweigungsdämmung) lichen Baustoff, zum Beispiel Beton, Leichtbeton • Fugen (Form, Breite, Länge, Füllung, Elastizität, und Porenbeton, aber auch Bauteile aus mehreren Dichtigkeit) Schichten, wie Mauerwerk mit Putz, bestehen. • Öffnungen (Fenster, Türen, Kanäle, Schächte) Wichtig ist hier die flächenbezogene Masse (Flä- Für Anforderungen und Nachweise werden in chengewicht) und die Ausbildung der flankieren- DIN 4109 bewertete Schalldämmmaße für tren- den Bauteile. Die flächenbezogene Masse steigt mit nende Bauteile einschließlich der Schallübertra- dessen Dicke und der Rohdichte entsprechend an. 18
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