POSITION. Recycling-Materialien flexibel einsetzen Seite 12 - Gastbeitrag Beton als Rohstoff Seite 5 - VBF-Nord

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POSITION. Recycling-Materialien flexibel einsetzen Seite 12 - Gastbeitrag Beton als Rohstoff Seite 5 - VBF-Nord
3. Ausgabe 2020

Das Branchenmagazin     Betonfertigteile Betonwaren Betonwerkstein

                                    POSITION.
   Gastbeitrag                      Recycling-Materialien
   Beton als Rohstoff               flexibel einsetzen
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POSITION. Recycling-Materialien flexibel einsetzen Seite 12 - Gastbeitrag Beton als Rohstoff Seite 5 - VBF-Nord
Inhalt

    3           Punktum                                      26   Aus- und Weiterbildung

    4           Branche im Blick                             26   Lehrgang Betonfertigteilexperte

    4           Unser Leitthema für 2020                     27   Berufsausbildung im Vergleich

    5	Gastbeitrag „Beton als Rohstoff“

    9           Einsatz von rezyklierten Gesteinskörnungen

    11          Baustoff-Recycling im Recht

    12          Recyclingfähiges Konstruieren

    14          Nachhaltige Betonsteinbranche

                                                             29   Inhalte Ausbildungsrahmenpläne

                                                             30   Lehrgang Betonfertigteilmonteur

                                                             30   FDB-Förderpreis für Studierende

                                                             31   Recht
                                                             31   Coronavirus-Pandemie

    15          Studie SEROBAU                               32   Lieferengpässe und Personalausfälle

    16	Position: Recycling-Materialien flexibel             35   Bürokratieentlastungsgesetz
        einsetzen
                                                             36   Veranstaltungen
    18          Bericht aus Europa
                                                             36   BIBM Kongress
    20          Technik
                                                             37   7. Deutsche Pflastertage
    20          Betonrezyklate als Komposite und Gemische
                                                             38   Gremienarbeit
    23          Planungshilfen

    24          Forschungsprojekt SeRaMCo                    40   Neu erschienen

                                                             41   Branche intern
                                                             41   Personalie

                                                             41   BIBM-Vorstand

                                                             42   Impressum

    Bild links © braun-steine GmbH; Bild rechts © BBF

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Punktum

Corona-Virus:
Folgen für Mensch und Wirtschaft

Liebe Leserinnen und Leser,

die Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie hat das gesellschaftliche
Leben in Deutschland zum großen Teil zum Erliegen gebracht und trifft die
Wirtschaft mit voller Wucht. Social Distancing war das Gebot der Stunde
und wird es wohl noch länger bleiben. Über allem schwebt nun die Frage:
Wie schlimm wird die Krise für die Wirtschaft?

Die Baubranche und Hersteller vorgefertigter Betonbauteile schei-
nen bisher von den großen Umsatzeinbrüchen verschont geblieben zu
sein. Gleichwohl wissen wir auch, dass sich Krisen im Bau zeitverzögert        RA Stephan v. Friedrichs
bemerkbar machen. Dass die deutsche Wirtschaft 2020 in die Rezession                 Geschäftsführer
kommt, ist unter Experten unumstritten. Offen ist nur, wie stark der Ein-         Verband Beton- und
bruch sein wird.                                                                 Fertigteilindustrie Nord

Vor diesem Hintergrund ist eine massive Stabilisierung der Wirtschaft
dringend notwendig. Kurzarbeit kann Unternehmen in unserer Branche
helfen, Personalkosten zu senken – sie überträgt den gleichen Schmerz
auf die private Haushaltsrechnung der Mitarbeiter. Doch bis diese Hilfen
beim Unternehmen ankommen, muss es sich einer regelrechten Antrags-
prozedur unterziehen. Schnell wird in diesem Zusammenhang klar, dass
staatliche Hilfen noch nicht in letzter Konsequenz digital verfügbar sind,
wie es gerade notwendig wäre.

In jeder Krise liegt bekannter Weise auch immer eine Chance. In Zeiten
von Corona ist Digitalisierung gefragt. Wir konnten bereits feststellen, wie
schnell sich plötzlich Kulturtechniken des Digitalen in der Praxis bewähr-
ten. Tele- und Videokonferenzen, gegen die sich viele gewehrt hatten,
stellen sich als durchaus praktikabel und produktiver heraus, als viele
glaubten. Gleichwohl ist und bleibt das persönliche Gespräch unersetzlich.

Gleichzeitig brauchen wir jetzt auch einen „Weg zurück“, der allen Betei-
ligten eine hohe Flexibilität abverlangt, insbesondere den Unternehmern
und den Mitarbeitern. Wir brauchen Mittel und Wege schnell und unmit-
telbar auf die Anforderungen sich wieder öffnender Märkte einzugehen.
Wenn wir uns dabei in ein zu enges sozial-hygienisches Korsett zwängen
lassen, werden wir nur als Zweiter ins Ziel kommen.

Darüber hinaus darf eins nicht vergessen werden: nicht nur auf die Politik
kommt es an, sondern auch darauf, wie Unternehmen und Kunden selbst
mit der Krise umgehen. Mit stornierten Aufträgen ist niemandem geholfen.
Es gibt auch eine Zeit nach Corona. Deshalb ist es wichtig, auch in Krisen-
zeiten die Rechnung pünktlich zu bezahlen und sich nicht gegenseitig im
Stich zu lassen.

RA Stephan v. Friedrichs
Verband Beton- und Fertigteilindustrie Nord

                                                                                3 / 2020 punktum.betonbauteile   3
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Branche im Blick

       Unser Leitthema für 2020
       Ressourceneffizientes
       Bauen mit Betonfertigteilen

               Knapper werdende Rohstoffe, zunehmende Deponieengpässe und
               ein steigendes Bewusstsein für Klimaschutz machen es unerläss-
               lich, den Ressourceneinsatz im Bauwesen zu überdenken. Eine
               funktionierende Kreislaufwirtschaft spielt dabei eine wichtige
               Rolle. Es gilt, die Recyclingquoten von Bau- und Abbruchabfällen
               sowie den Einsatz von Sekundärrohstoffen in diesem Bereich deut-
               lich zu erhöhen. Die deutsche Bauwirtschaft hat dies schon früh
               erkannt und sich bereits im Jahr 1995 als erste Branche gegenüber
               der Bundesregierung selbstverpflichtet, die Deponierung verwert-
               barer mineralischer Abfälle innerhalb von zehn Jahren zu halbieren.
               Dieses Ziel wurde deutlich übertroffen: nach dem aktuellsten
               Monitoringbericht wurden im Jahr 2016 rund 90 % der angefallenen
               mineralischen Bauabfälle wiederverwertet. Dadurch werden
               Deponien entlastet und Primärrohstoffe geschont. Trotzdem muss
               sich noch viel tun.

               Erfahren Sie in der aktuellen Ausgabe, wie viel Kreislaufwirtschaft
               bereits jetzt schon in der Baubranche steckt, welche Möglichkeiten
               sie bietet und vor welchen technischen und administrativen Hürden
               die Branche zur umfänglichen Umsetzung steht, beispielsweise wenn
               es um den Einsatz und die Herstellung von Recycling-Beton geht.

               Ihre Branchenverbände

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Bert Vulpius
                                            Geschäftsführer Unternehmerverband Mineralische
                                                                           Baustoffe (UVMB)

                                                                                Dr. Bernd Susset
                                          Geschäftsführer Qualitätssicherungssystem Recycling-Baustoffe
Gastbeitrag                               Baden-Württemberg, Umweltreferent des Industrieverbandes Steine und Erden Baden-Württem-
                                            berg, Lehrbeauftragter und wissenschaftlicher Angestellter am Zentrum für Angewandte Geowis-
Beton als Rohstoff                                   senschaften der Universität Tübingen (Mathematische-Naturwissenschaftliche Fakultät)

Beton weist eine ganze Reihe von Eigenschaften auf, die ihn zu einem idealen Baustoff machen, der
seit der Antike genutzt wird. Als natürlicher Baustoff mit einer hohen Langlebig- und Wirtschaftlichkeit,
hervorragenden bautechnischen und bauphysikalischen Eigenschaften (Schutz vor Feuer, Wärme, Wasser,
organischem Angriff), hoher regionaler Verfügbarkeit, guter Formbarkeit und Verarbeitungsfähigkeit sowie
der Möglichkeit des kombinierten Einsatzes mit anderen Baustoffen, wird er zu Recht als Baustoff des
21. Jahrhunderts bezeichnet.

Eine besondere Eigenschaft, die Beton von                Entstehen im Betonfertigteilwerk im Rahmen der
anderen industriellen Produkten unterscheidet,           Qualitätskontrolle Fehlchargen, weil beispiels-
ist seine gute Recyclingfähigkeit, so kann der           weise bestimmte Qualitätsparameter nicht erfüllt
Baustoff mehrere Lebenszyklen durchlaufen. Im            sind, werden die Betonprodukte gebrochen und
Rahmen der Kreislaufwirtschaft und der Res-              wieder aufbereitet in den Produktionsprozess ein-
sourcenschonung kommt dieser Eigenschaft eine            gestellt.
besondere Bedeutung zu.
                                                         Beton im mineralischen Abfall
Generell lassen sich zwei Stoffströme ausweisen:
                                                         Beton, der beim Abriss alter Bausubstanz im
• Beton, der unmittelbar bei der Produktion im          Hoch- oder Tiefbau anfällt, unterliegt der Abfall-
   Transportbeton- oder Betonfertigteilwerk oder         gesetzgebung und ist als mineralischer Abfall
   als Frischbeton auf der Baustelle in Form von         einzustufen. Damit aus dem Abfall wieder eine
   Übermengen oder Fehlchargen anfällt und               Gesteinskörnung wird, muss er einen langen Weg
                                                         durchlaufen und qualitative Anforderungen, die in
• Beton, der nach Ablauf der Nutzungsdauer von          technischen Normen (zum Beispiel Verwendung
   Gebäuden, aber auch Infrastruktureinrichtun-          im geregelten Straßenbau) und Umwelterlassen
   gen als mineralischer Abfall im Rahmen von            (zum Beispiel Umweltparameter in Abhängigkeit
   Rekonstruktion oder Neubau im Bauprozess              der Einbauweise) festgeschrieben sind, erfüllen.
   anfällt.                                              Dieser Weg ist oft nicht einfach. So treten immer
                                                         wieder wirtschaftliche, technische aber auch
Beton aus dem Produktionsprozess                         administrative Probleme auf, die den Weg des
                                                         mineralischen Abfalls zum Recycling-Baustoff
Betonwerke verfügen über geschlossene Stoff-             begleiten.
kreisläufe. Übermengen an Frischbeton werden in
der Recyclinganlage des Werks in ihre Bestand-           In der Vergangenheit sind immer wieder Studien
teile zerlegt. Hier werden die Gesteinskörnung           vorgelegt worden, die das Modell des urbanen
und das Restwasser voneinander getrennt. Die             Bauwerksspeichers in den Mittelpunkt einer
Gesteinskörnung steht damit erneut für die Pro-          zukünftigen Rohstoffversorgung stellen. In einer
duktion von Beton zur Verfügung. Das Restwas-            vom Bundesamt für Bauwesen und Raumord-
ser wird nach der Abtrennung der Feinbestand-            nung in Auftrag gegebenen Studie von 1998
teile in den Wasserkreislauf zurückgeführt.              (Prognose der mittel- und langfristigen Nach-
                                                         frage nach mineralischen Baustoffen, Bonn
                                                         1998), in der der Umfang der Nutzung des urba-
                                                         nen Rohstofflagers zum ersten Mal quantifiziert
                                                         wurde, ging man davon aus, dass im Jahr 2020
                                                         rund 100 Mio. t Recycling-Baustoffe im Hochbau
                                                         eingesetzt werden.

                                                         Um die mengenmäßigen Möglichkeiten der
                                                         Bereitstellung von Recycling-Baustoffen ein-
                                                         schätzen zu können, ist ein Blick auf die Massen-

    © Auguste Lange – stock.adobe.com                                                                     3 / 2020 punktum.betonbauteile    5
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Branche im Blick

         ströme von mineralischen Abfällen notwendig,                         clingpotenziale nicht ausgenutzt werden. Weiter
         die die Basis für das Baustoff-Recycling bilden.                     wird prognostiziert, dass bei einem maximalen
         Im Jahr 2016 sind in Deutschland 214,6 Mio. t                        mineralischen Gesamt-Output aus dem Hochbau
         mineralischer Abfälle angefallen. Davon sind                         in Höhe von 89 Mio. t im Jahr 2050 (abzüglich
         allein 125,2 Mio. t der Abfallart „Boden, Steine                     8 Mio. t kreisläufig in den Hochbau zurückge-
         und Baggergut“ zuzuordnen, die beispiels-                            führter Sekundärrohstoffe) rund 81 Mio. t in den
         weise als Bodenaushub im Rahmen von Bau-                             Tiefbau gehen würden. Von 100 Mio. t eingesetz-
         maßnahmen anfallen und nicht zur Herstellung                         ten recycelten Gesteinskörnungen im Hochbau
         von Recycling-Baustoffen geeignet sind. Rund                         (Beton) ist und bleibt man demnach noch sehr
         16. Mio. t entfallen auf Straßenaufbruch (vor                        weit entfernt.
         allem Asphaltmischgut), der zu 95,4 % recycelt
         wird. Baustellenabfälle (14,3 Mio. t) und Bau-                       Aber auch die Bauschuttfraktion bedarf einer
         abfälle auf Gipsbasis (0,6 Mio. t) liefern ebenfalls                 näheren Betrachtung. Sie schließt ein breites
         keine geeigneten Rezyklate für die Betonherstel-                     Spektrum von Stoffen ein. Hierzu gehören neben
         lung.                                                                Beton nach den Abfallschlüsselnummern Ziegel,
                                                                              Fliesen, Keramik und auch Gemische aus die-
         Ausgehend von den stofflichen Eigenschaften                          sen Stoffen. Bei der Betrachtung der Recycling-
         steht für die Herstellung von Recycling-Baustof-                     fähigkeit der Bauschuttfraktion muss ebenfalls
         fen nur die Bauschuttfraktion zur Verfügung,                         die Abgrenzung zu Bodenmaterial betrachtet
         deren Menge sich seit Jahren stabil in der Grö-                      werden. Bauschutt schließt oftmals im großen
         ßenordnung von rund 60 Mio. t beläuft. Nur diese                     Umfang Bodenmaterial mit ein, weil Bodenmate-
         mineralischen Abfälle sind letztlich für die Her-                    rial mit mineralischen Fremdbestandteilen (zum
         stellung von RC-Baustoffen geeignet. Allein diese                    Beispiel Bauschutt, Schlacke, Ziegelbruch) von
         Zahl zeigt, in welchen Dimensionen das Potenzial                     mehr als 10 Vol.-% mit der passenden Bauschutt-
         des urbanen Rohstofflagers und insbesondere                          abfallschlüsselnummer der Untergruppe 17 01
         der Einsatz im Hochbau heute immer noch über-                        (Beton, Ziegel, Fliesen und Keramik) zu bezeich-
         schätzt werden. Zudem besteht das Problem der                        nen ist.
         räumlichen und zeitlichen Disparitäten vor dem
         Hintergrund wirtschaftlicher Transportentfernun-                     Aus der Zusammensetzung der Bauschutt-
         gen von 25 bis 30 km. So fällt Bauschutt oft dort                    fraktion wird deutlich, dass sich für die Herstel-
         an, wo abgerissen, aber kaum noch gebaut wird.                       lung von Gesteinskörnungen zur Verwendung
         Nach einer Untersuchung des Bundesinstitutes                         in Beton schon allein unter bauphysikalischen
         für Bau-, Stadt- und Raumforschung (Deilmann                         Gesichtspunkten nur ein sehr geringer Teil der
         et al.: Materialströme im Hochbau – Potenziale                       Bauschuttfraktion eignet, der im Wesentlichen
         für eine Kreislaufwirtschaft; Bonn 2016) entsteht                    auf die Abfallschlüsselnummer 170101 (Beton)
         mittelfristig eine Situation, in der regional Man-                   beschränkt ist.
         gel an hochwertigem Recyclingmaterial einer-
         seits und gleichzeitiger Überschuss anderenorts                      Vom mineralischen Abfall zum
         besteht. Deshalb können die theoretischen Recy-                      Recycling-Baustoff

         Mineralische Bauabfälle 2016 in Mio. Tonnen                          Damit aus einem mineralischen Abfall auch ein
                                                                              Recycling-Baustoff werden kann, ist ein fachge-
                                                  0,6                         rechter Rückbau der alten Bausubstanz notwen-
                                 16,0     14,3                                dig. Die Entscheidungen, die Art und Umfang
                                                                              des Recyclings sowie die Materialeigenschaften
                                                                              bestimmen, fallen auf der Baustelle am Ent-
                                                                              stehungsort der mineralischen Abfälle. Durch
                       58,6                                                   einen selektiven sortenreinen Rückbau, bei dem
                                                                              gezielt Störstoffe (Holz, Kunststoffe, Gipsbau-
                                                                              stoffe, Stahl, Putze, Mörtel usw.) entfernt werden,
                                         125,2                                ist es möglich, die Recyclingquote zu optimieren.
                                                                              Derartige Rückbaukonzepte müssen in die Aus-
                                                                              schreibungsunterlagen Eingang finden und auch
                                                                              finanziell bei der Auftragserteilung berücksichtigt
                                                                              werden.
                 Boden und Steine           Baustellenabfälle
                 Bauschutt                  Bauabfälle auf Gipsbasis
                 Straßenaufbruch

         Zusammensetzung der Mineralischen Bauabfälle (nach 11. Monitoring-
         Bericht der Kreislaufwirtschaft Bau, 2018, www.bit.ly/3dMq7oq)

6
POSITION. Recycling-Materialien flexibel einsetzen Seite 12 - Gastbeitrag Beton als Rohstoff Seite 5 - VBF-Nord
© Industrieverband Steine und Erden Baden-Württemberg (ISTE)
Selektiver Rückbau bietet gute Möglichkeiten für ein optimales Ergebnis beim Recycling.

Die Herstellung von Gesteinskör-                      ausschließen (Sulfattreiben). Im       lung von R-Beton zu befürchten,
nungen für Beton stellt schon im                      Moment ist derartig hochwertiges       die dazu führen kann, dass dem
Input des Aufbereitungsprozesses                      Ausgangsmaterial nur begrenzt          Bauschutt- und Abbruchmaterial
die höchsten Anforderungen an                         verfügbar. Vor allem durch die         seine hochwertigsten Bestandteile
das Ausgangsmaterial. In der Regel                    Unsicherheit der öffentlichen          entzogen werden.
eignet sich hierfür nur reiner Beton-                 Abnehmer von Recycling-Baustof-
abbruch mit gewissen Anteilen an                      fen hat sich schon heute eine „Rosi-   Gleichzeitig gibt es für Beton-
sortenreinem tongebundenen Zie-                       nenpickerei“ im Bereich des Bau-       recycling einen großen Markt im
gelmaterial. Dieses Material kann                     stoff-Recyclings etabliert, wonach     qualifizierten Straßentiefbau bei
aufbereitungstechnisch beherrscht                     nur noch Beton-Rezyklate hof­fähig     vergleichbaren Material-, Prüf- und
werden. Es muss grundsätzlich frei                    zu sein scheinen. Weiterhin ist        Überwachungsanforderungen und
von Gipsbaustoffen sein, da diese                     eine zunehmende Sogwirkung auf         mengenmäßig höheren Verwer-
einen späteren Einsatz im Beton                       Betonabbruchmaterial zur Herstel-      tungsquoten für das Inputmate-

                                                                                                                                      © Statisches Landesamt Baden-Württemberg, Abfallbilanz 2015; Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau,
                                                                                                                                         Rohstoffbericht Baden-Württemberg 2012/2013; ISTE

                                                                                                          3 / 2020 punktum.betonbauteile                                                                                                                                                7
POSITION. Recycling-Materialien flexibel einsetzen Seite 12 - Gastbeitrag Beton als Rohstoff Seite 5 - VBF-Nord
Branche im Blick

    rial. Da die Umweltanforderungen
    an recycelte Gesteinskörnungen
    zumindest in der offenen Bau-
    weise in der Regel höher sind als
    im Hochbau, ist man aus Umwelt-

                                          © ISTE
    schutzgründen im Tiefbau auf
    gering verunreinigte Materialien
    angewiesen. Mengenmäßig sind                   Baustoffrecyclinganlage: Im Vordergrund Lager mit verschiedenen Recycling-Produkten, im Hintergrund
    die Recyclingpotenziale viel höher:            unterschiedliche mineralische Abfälle (Böden, Ziegel- und Betonbruch), die differenziert aufbereitet
    Während im Straßentiefbau Recy-                werden.
    clingmaterial als Mineralgemisch
    im Kornspektrum von 0 bis 56 mm
    eingesetzt und damit fast vollstän-            Weiterhin wurden in Leuchtturm-                      fen und werden auch in Zukunft
    dig recycelt werden kann, werden               projekten der öffentlichen Hand                      helfen, natürliche Ressourcen zu
    im Beton Gesteinskörnungen nur                 Gesteinskörnungen für Beton aus                      schonen.
    im Kornspektrum 8 bis 16 mm und                RC-Baustoffen eingesetzt und zum
    vereinzelt auch von 4 bis 8 mm                 Teil erheblich subventioniert. Der-                  Von großer Bedeutung für die Stei-
    eingesetzt. Für die im Aufberei-               artige Subventionen sind kritisch                    gerung der Recyclingquote sind die
    tungsprozess (Brechen des Korns)               zu hinterfragen und führen in der                    Erhöhung der Akzeptanz und die
    entstehende Feinfraktion kleiner               Praxis meist zu Fehlsteuerungen.                     Schaffung einer entsprechenden
    4 mm und das sind immerhin rund                So wurde für ein öffentliches Bau-                   Nachfrage am Markt. Gerade der
    25 Masse-%, gibt es gegenwärtig                vorhaben in Sachsen-Anhalt RC-                       öffentlichen Hand kommt dabei
    kaum Einsatzmöglichkeiten.                     Baustoffen der Vorzug vor regional,                  eine große Bedeutung und Vorbild-
                                                   im Umkreis von 30 bis 40 km zum                      funktion zu. Sie ist auf der einen
    Die mengenmäßig begrenzte                      Bauvorhaben verfügbaren Sanden                       Seite Auftraggeber für Baupro-
    Verfügbarkeit von Ausgangsma-                  und Kiesen gegeben. Da RC-Bau-                       jekte und gleichzeitig auch Verur-
    terial für das Betonrecycling, der             stoffe in der notwendigen Quali-                     sacher bedeutender Inputmengen
    technische, administrative und                 tät und Menge in der Region nicht                    an mineralischen Abfällen. Viel zu
    wirtschaftliche Aufwand zur Her-               verfügbar waren, wurden sie aus                      häufig werden immer noch Recyc-
    stellung von rezyklierten Gesteins-            einer Recyclinganlage, die 150 km                    ling-Baustoffe in öffentlichen Aus-
    körnungen und das Angebot an                   entfernt lag, bezogen.                               schreibungen ungerechtfertigt aus-
    natürlichen Gesteinskörnungen                                                                       geschlossen. Inzwischen reagiert
    führen dazu, dass gegenwärtig der              Verbesserung der Rahmen-                             der Gesetzgeber auf Landesebene,
    praktische Einsatz von rezyklier-              bedingungen für das Bau-                             so hat zum Beispiel der Freistaat
    ten Gesteinskörnungen hinter den               stoff-Recycling                                      Sachsen 2019 in seinem neuen
    technischen Möglichkeiten zurück-                                                                   Sächsischen Kreislaufwirtschafts-
    bleibt und im Wesentlichen auf                 Wenn man Recycling-Baustoffe                         und Bodenschutzgesetz die öffent-
    den Straßen-, Wege- und Erdbau                 und die Kreislaufwirtschaft wirklich                 liche Hand verpflichtet, stärker
    beschränkt ist.                                fördern möchte, darf man sich nicht                  die Kreislaufwirtschaft zu leben.
                                                   nur auf Leuchtturmprojekte kon-                      Hier heißt es im § 10: „Ein Aus-
    Angesichts der sehr geringen Men-              zentrieren. Eine begriffliche Abwer-                 schluss von Recyclingmaterial oder
    gen stellt sich die Frage, bei wel-            tung des Recyclings als sogenann-                    -produkten kommt nur ausnahms-
    chen Projekten RC-Baustoffe zur                tes „Downcycling“ beim Einsatz                       weise in Betracht und ist nachvoll-
    Herstellung von Beton eingesetzt               von RC-Baustoffen im Tiefbau                         ziehbar zu begründen.“
    werden und wo die Marktchancen                 ist unzulässig. Das Kreislaufwirt-
    liegen. Bisher wurden diese Bau-               schaftsgesetz kennt keine derartige                  Um langfristig auch normative Ver-
    stoffe in hochurbanen Räumen mit               Unterscheidung in der Abfallhierar-                  besserungen für den Einsatz von
    Verkehrsproblemen und mangeln-                 chie. Alle Recyclingpfade, ob Hoch-                  RC-Baustoffen im Beton zu errei-
    der Verfügbarkeit von natürlichen              oder Tiefbau sind derselben, dritten                 chen, ist eine verstärkte Grund-
    Gesteinskörnungen eingesetzt.                  Hierarchiestufe „Recycling“ zuge-                    lagenforschung notwendig. In
    Überall dort, wo innerstädtische               ordnet. Die technischen Anforde-                     Abhängigkeit von Druckfestigkeit
    Bauwerke, die vornehmlich aus                  rungen im geregelten Straßenbau                      und Exposition des Betons in Ver-
    Beton in einer Technologie, einem              sind gleichwertig und die Umwelt-                    bindung mit weiteren betontechno-
    Alter und ähnlicher Zusammenset-               anforderungen an RC-Baustoffe                        logischen Maßnahmen wären hier
    zung errichtet wurden, abgerissen              im Tiefbau aufgrund des Grund-                       durchaus Änderungen beim Einsatz
    werden und Neubauprojekten wei-                wasser- und Bodenschutzes in der                     von Zuschlagstoffen denkbar, die
    chen, haben rezyklierte Gesteins-              Regel sogar höher als im Hochbau.                    zu einer Erhöhung des Anteils an
    körnungen gute Marktchancen im                 Im Tiefbau verwendete Sekundär-                      Recycling-Material im Beton führen
    Hochbau vor Ort wieder eingesetzt              baustoffe ersetzen heute bereits                     können.
    zu werden.                                     große Mengen an Primärbaustof-

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Einsatz von rezyklierten Gesteinskörnungen
Anforderungen aus nutzungstechnischer
und umweltrechtlicher Sicht

Die Verwertung der in Deutschland anfallenden mineralischen Bauabfälle erfolgt auf einem weltweit ein-
malig hohen Niveau. Im Jahr 2016 wurden 89,8 % davon einer umweltverträglichen Verwertung zugeführt.

Das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) for-           •D
                                                       AfStb Richtlinie Beton nach DIN EN 206-1 und
dert und fördert in diesem Zusammenhang in            DIN 1045-2 mit rezyklierten Gesteinskörnungen
Deutschland die Vermeidung von Abfällen und           nach DIN EN 12620 (Ausgabe September 2010
dient der Vorbereitung zur Verwertung und des         mit erster Berichtigung September 2019)
Recyclings. Bereits durch die europäische Abfall-
rahmenrichtlinie werden Vorgaben zur Verstär-        Bei Betonwaren, die in der Nutzungsphase meist
kung der Abfallvermeidung und zur nachhal-           in unmittelbarem Kontakt mit Wasser oder Boden
tigen Wiederverwendung festgelegt. Auch im           stehen, sind vor allem die Umweltaspekte (Frei-
European Green Deal spielt die Kreislaufwirt-        setzung gefährlicher Substanzen) national nach-
schaft eine zentrale Rolle. Der Aktionsplan für      geregelt, während im Übrigen die Verwendbar-
die Kreislaufwirtschaft wird eine Strategie für      keit durch das Erreichen der Anforderungen am
nachhaltige Produkte umfassen‚ die ein kreislauf-    Endprodukt nachgewiesen wird. Bei konstrukti-
orientiertes Design aller Produkte unterstützen      ven Betonfertigteilen sind auch die zuverlässige
soll, das auf gemeinsamen Methoden und Grund-        Einhaltung der bemessungsrelevanten Beton-
sätzen basiert. In diesem Zusammenhang wird          eigenschaften und deren Dauerhaftigkeit von
ebenfalls das Recycling gestärkt. In Deutschland     zentraler Bedeutung.
wird darüber hinaus die erweiterte Herstellerver-
antwortung im Zuge einer erweiterten Produkt-        Typisierung des Rezyklates nach
verantwortung diskutiert. Ein Kernelement ist der    betonfremden Materialien
vorrangige Einsatz von Rezyklaten in Produkten.
                                                     Um nachteilige Einflüsse unterschiedlicher Mate-
Grundsätzlich gelten für die Verwendung von          rialien im Beton zu vermeiden, werden rezyklierte
rezyklierten Gesteinskörnungen in Beton aus          Gesteinskörnungen nach DIN 4226-101 in vier
nutzungstechnischer Sicht die Anforderungen          Typen unterteilt, die im Wesentlichen den Gehalt
an Gesteinskörnungen nach der harmonisierten         an betonfremden Materialien, wie zum Beispiel
europäischen Norm DIN EN 12620 Gesteinskör-          Mauerziegel, Kalksandstein, Glas, bitumenhaltige
nungen für Beton (Ausgabe Juli 2008).                Materialien oder Böden, aber auch bestimmte
                                                     technische Eigenschaften typisieren. Je mehr
Ergänzend dazu sind je nach herzustellendem          dieser Stoffe in einer rezyklierten Gesteinskör-
Bauprodukt gegebenenfalls noch die folgenden         nung enthalten sind und je ungleichmäßiger
nationalen Regelungen zu beachten:                   die Zusammensetzung ist, desto schwieriger ist
                                                     es, die Eigenschaften des daraus hergestellten
• Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Bau-      Betons abzuschätzen und zielsicher zu erreichen.
   bestimmung (M-VV TB, Ausgabe 2019-1),             Gleiches gilt mit steigendem Anteil der rezyk-
   insbesondere Anhang 10 „Anforderungen an          lierten Gesteinskörnungen im Beton, da damit
   bauliche Anlagen bezüglich der Auswirkungen       auch die absolute Menge der betonfremden
   auf Boden und Gewässer (ABuG)“, (gemäß der        Materialien zunimmt. Daher ist für die konstruk-
   Umsetzung in den einzelnen Bundesländern)         tiven Betonfertigteile die Verwendung rezyklier-
                                                     ter Gesteinskörnungen auf die Typen 1 und 2
• DIN 4226-101 Rezyklierte Gesteinskörnungen        sowie einen Anteil von 25 Vol.-% bis 45 Vol.-%
   für Beton nach DIN EN 12620 – Teil 101: Typen     bezogen auf die gesamte Gesteinskörnung mit
   und geregelte gefährliche Substanzen (Aus-        einem Durchmesser größer 2 mm begrenzt. Die
   gabe August 2017)                                 Verwendung von rezyklierter Gesteinskörnung
                                                     bis 2 mm Durchmesser ist für diese Produkte
• DIN 4226-102 Rezyklierte Gesteinskörnungen        ausgeschlossen und der Anwendungsbereich
   für Beton nach DIN EN 12620 – Teil 102: Typ-      auf Betone bis zu einer Druckfestigkeitsklasse
   prüfung und Werkseigene Produktionskontrolle      C30/37 beschränkt.
   (Ausgabe August 2017)

                                                                                        3 / 2020 punktum.betonbauteile   9
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Branche im Blick

                          Bestandteile                                         Anteile in Masse %

                                                              Typ 1          Typ 2         Typ 3          Typ 4

                    Beton, Gesteinskörnungen                  ≥ 90            ≥ 70         ≤ 20

                 Klinker, nicht porosierter Ziegel                                         ≥ 80            ≥ 80
                                                              ≤ 10            ≤ 30
                          Kalksandstein                                                     ≤5

             andere mineralische Bestandteile (z. B.
                                                               ≤2             ≤3            ≤5
              Putz, Mörtel, Porenbeton, Bimsstein)
                                                                                                           ≤ 20

                             Asphalt                           ≤1             ≤1            ≤1

             Fremdbestandteile (Gips, Glas, Gummi,
             Holz, Keramik, Kunststoff, Metall, Papier,       ≤ 0,2           ≤ 0,5        ≤ 0,5            ≤1
                         Pflanzen u. a.)

          Geprüfte, gütegesicherte und zertifizierte Rezyk-           Gesetzliche Regelungen und mehr
          late sind bei Erfüllung dieser bautechnischen und           Akzeptanz müssen Anreiz schaffen
          umwelttechnischen Anforderungen gleichwertig
          mit Naturbaustoffen.                                        Letztendlich ist der Einsatz von rezyklierten
                                                                      Gesteinskörnungen ein Spagat zwischen den
          Dabei ist es selbstverständlich, dass sich die              physikalisch-technischen Eigenschaften der zu
          damit hergestellten Betonfertigteile und Beton-             produzierenden Produkte selbst, den gesetzlichen
          waren bezüglich ihrer Gebrauchstauglichkeit                 Rahmenbedingungen sowie den politischen und
          und Sicherheit nicht anders verhalten dürfen als            gesellschaftlichen Erwartungen. Als mittelstän-
          bei Verwendung primärer Gesteinskörnungen.                  disch geprägte Industrie bekennen wir uns zum
          Die hergestellten Produkte müssen gemäß ihren               Standort Deutschland und zu einer Schonung
          produktspezifischen Normen die gleichen Anfor-              unserer natürlichen Ressourcen. Die Hersteller
          derungen an die technischen Spezifikationen, wie            von Betonfertigteilen und Betonwaren sind sich
          Festigkeit oder Witterungswiderstand, erfüllen.             bewusst, dass das Wohlergehen künftiger Gene-
                                                                      rationen auch von unserer heutigen Arbeitsweise
          Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern                und Einstellung abhängt. Ein 100 % Einsatz von
          zeigen, dass die deutschen nationalen Einschrän-            Rezyklaten in Produkten ist aber nicht möglich.
          kungen der Verwendung rezyklierter Gesteins-
          körnungen aus technischer Sicht sehr konservativ            Es bedarf gesetzlicher Regelungen und verga-
          gewählt sind. Hier wäre auch für Deutschland                berechtlicher Akzeptanzen, die den Einsatz von
          eine behutsame Ausweitung der Anwendungs-                   rezyklierten Gesteinskörnungen nicht verhindern,
          möglichkeiten wünschenswert. Aktuelle Unter-                sondern fördern und Anreize dafür schaffen. Bei-
          suchungen und Forschungsarbeiten untermauern                spielsweise hat das im Zuge der Diskussionen
          diese Möglichkeit.                                          zu Asbest in Bauprodukten vom Bundesumwelt-
                                                                      ministerium (BMU) favorisierte Null-Faser-Kon-
          Durch die Rückführung von Bau- und Abbruch-                 zept bei der Verwertung von Recyclingmaterial
          abfällen in den Wirtschaftskreislauf werden aus             zu großen Rechtsunsicherheiten und zu einem
          umweltrechtlicher Sicht die nicht nachwach-                 Annahmestopp von Bauschutt geführt.
          senden natürlichen Ressourcen geschont und
          der Flächenverbrauch für die Gewinnung von                  Aus genehmigungsrechtlicher Sicht wäre ferner
          natürlichen Rohstoffen, wie Kiesen und Sanden,              ein frühzeitiger Übergang des RC-Materials vom
          verringert. Zudem führt diese Substitution von              Abfall- hin zum Produktstatus wünschenswert.
          natürlichen Rohstoffen zur Schonung von Depo-               Denn nach dem Bundes-Immissionsschutzge-
          niekapazitäten durch die Verwertung anstelle der            setz (BImSchG) bedürfen die Errichtung und der
          Beseitigung von Bauabfällen.                                Betrieb einer ortsfesten Anlage zur Zwischen-
                                                                      lagerung, Behandlung oder zum Umschlag von
                                                                      Abfällen sowie die wesentliche Änderung dieser
                                                                      Anlagen einer zusätzlichen Genehmigung.

10
Baustoff-Recycling im Recht
Bürokratische Hürden erschweren
praxistaugliche Lösungswege

Wenn es technisch und wirtschaftlich machbar ist, sollten Baustoffe auch aufbereitet werden. Leider sind
in der Praxis noch einige rechtliche Fragen zu beantworten, bevor wir von einer echten Kreislaufwirtschaft
bei mineralischen Abfällen sprechen können.

Ersatzbaustoffe und ihr Ausgangsmaterial unter-        Rohstoffgewinnungsflächen im Außenbereich
liegen erst einmal dem Kreislaufwirtschafts-           bieten sich für das Baustoff-Recycling besonders
gesetz. Noch immer ist nicht einheitlich geklärt,      an. Vor allem dann, wenn zu der Rohstoffgewin-
wann RC-Baustoffe die Abfalleigenschaft ver-           nung eine Wiederverfüllung mit Bauschuttanteil
lieren und zum Produkt werden. Die geplante            gehört. Der angelieferte Bauschutt geht gemäß
Ersatzbaustoffverordnung des Bundes lässt auf          seiner Eignung direkt in die Aufbereitung oder
sich warten. Solange ein Stoff aber als Abfall         die Verfüllung. Dem Kunden stehen Primär- wie
zählt, gelten die entsprechenden Vorgaben. Das         Sekundärbaustoffe zur Verfügung. Alles wird aus
schmälert die Akzeptanz und macht zum Beispiel         einer Hand und an einem Ort angeboten.
die Dokumentation oder den Transport kompli-
zierter. Die mittelbaren Auswirkungen können           Ein Hemmnis kann hier aber das Baurecht dar-
noch schwerwiegender sein. Denn schon für              stellen. Behörden lehnen die Genehmigung von
die Lagerung, aber auch die Aufbereitung von           Aufbereitungsanlagen im Außenbereich immer
Abfällen, ist meist eine anspruchsvolle Genehmi-       wieder ab. Die Anlagen werden als nicht geneh-
gung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz            migungsfähig angesehen, da sie nicht aus-
erforderlich.                                          schließlich der Rohstoffgewinnung dienen. Für
                                                       das Recycling bleibt dann häufig nur die Ansied-
Das trifft nicht nur die Aufbereiter. Es erschwert     lung in einem Gewerbegebiet. Die räumliche
bereits die Grundlage der Wiederverwertung –           Trennung der Betriebsabläufe führt zu wirt-
den Rückbau. Gerade in Städten ist auf den Bau-        schaftlichen Beeinträchtigungen. Die zusätzlichen
stellen kein Platz, um die zwingend erforderliche      Fahrten belasten Mensch und Natur. Wenn es
Deklarationsanalytik durchzuführen. Die Zwi-           überhaupt so weit kommt.
schenlagerung muss also auf weiter entfernten
Flächen erfolgen. Kommen dafür nur immissions-         Erfahrungsgemäß stehen viele Gemeinden einem
schutzrechtliche Abfalllager in Frage, schränkt        solchen Vorhaben in „ihrem“ Gewerbegebiet
das die Alternativen merklich ein. Das steigert        kritisch gegenüber. Mit den potenziellen neuen
die Kosten und die Transportwege gleicherma-           Nachbarn verhält es sich in der Regel ähnlich. Für
ßen. Eine mögliche Lösung steckt im Kreislauf-         den Aufbereiter ein echtes Dilemma. Der Aus-
wirtschaftsgesetz selber. Das Abfallrecht kennt        weg liegt nahe: Anlagen für die Wiederverwer-
Nebenprodukte und Vorprodukte. Beides sind             tung von Baustoffen müssen im Zusammenhang
keine Abfälle. Sekundärrohstoffe aus kontrol-          mit der Rohstoffgewinnung im Außenbereich
liertem Rückbau müssen daher als Neben- oder           genehmigungsfähig sein. Die Kombination von
Vorprodukte anerkannt werden. Die Politik ist          Rohstoffgewinnung, Verfüllung und Baustoff-
gefordert, hier Wege aufzuzeigen. Konkrete Vor-        Recycling an einem Standort muss so einfach wie
schläge der Rechtswissenschaft liegen auf dem          möglich sein. Auch hier ist die Politik gefragt.
Tisch.
                                                       Rechtlich gesehen liegt der Teufel also - wie so
                                                       oft - im Detail. Die angerissenen Herausforde-
                                                       rungen können aber bewältigt werden. Am guten
    Lesetipp                                           Willen der Beteiligten sollte es jedenfalls nicht
                                                       scheitern.
    Prof. Dr. Hans D. Jarass LL. M.
    Abfallverwertung und das Ende der
    Abfalleigenschaft – Insbesondere bei
    Ersatzbaustoffen, in: Neue Zeitschrift für
    Verwaltungsrecht – NVwZ
    Heft 21 (2019), S. 1545

                                                                                            3 / 2020 punktum.betonbauteile   11
Branche im Blick

     Recyclingfähiges Konstruieren
     Beitrag für Rückbau- und
     Recyclingfähigkeit aus konstruktiver Sicht

     In den deutschen Systemen zur Zertifizierung der Nachhaltigkeit werden seit mehreren Jahren die Krite-
     rien „Rückbau- und Recyclingfreundlichkeit“ (DGNB) beziehungsweise „Rückbau, Trennung und Verwer-
     tung“ (BNB) bewertet, um natürliche Ressourcen zu schonen.

             Das Ziel eines vollständigen Stoffkreislaufes         Kreislaufgerecht konstruieren
             kann erreicht werden, wenn nicht nur Wert auf
             die Verwendung bereits rezyklierter Stoffe gelegt     Am Ende seiner Lebensdauer soll ein Gebäude,
             wird, sondern auch auf die Recyclingfähigkeit         und die in ihm eingesetzten Bauprodukte, im
             der Bauweise und Konstruktionen – unabhängig          Sinne der Kreislaufwirtschaft und der optimalen
             davon, ob neue oder Recyclingmaterialien einge-       Ressourcennutzung möglichst einfach und sor-
             setzt werden. Im Sinne der Ressourcenschonung         tenrein zurückgebaut werden können. Folgende
             und der Kreislaufwirtschaft sind bereits in der       Grundprinzipien für kreislauffähiges Konstruieren
             Planungsphase der ökologische Aufwand eines           sind daher zu beachten:
             Bauwerkes zu minimieren und seine Nutzungs-
             dauer zu verlängern.                                  • gute Planung,
                                                                   • Dokumentation,
             Grundsätzlich handelt es sich bei den nachfol-        • leichte Montage und Demontage,
             gend aufgeführten Prinzipien um keine neuen           • gute Rezyklierbarkeit der Baustoffe,
             Erkenntnisse, im Gegenteil, die meisten sollten       • gute Wiederverwendbarkeit der Bauprodukte.
             bereits im Sinne des nachhaltigen Bauens zur
             Anwendung kommen.                                     Grundlage aller Überlegungen zum kreislaufge-
                                                                   rechten Konstruieren sind eine gute Planung und
             Minimierung der Umweltwirkungen                       Dokumentation, welche Stoffe in einem Gebäude
             und Werterhalt                                        verbaut sind.

             Nicht zuletzt, weil eine echte Kreislaufführung im    Unter anderem bedeutet das, dass der Planer
             Bauwesen noch nicht umgesetzt wird, sollten die       sich bereits im Vorfeld kritisch mit der Auswahl
             Reduzierung der Umweltwirkungen und die Ver-          von Funktionsintegration (Zusammenfassung von
             längerung der Nutzungsdauer eines Gebäudes im         mehreren Funktionen in einem Bauteil, wie zum
             Vordergrund der Planungsüberlegungen stehen.          Beispiel Schallschutz und Brandschutz in einem
             Die zum Einsatz kommenden Materialien und die         Bauteil) und der Funktionstrennung (zum Beispiel
             Konstruktionsart sollten möglichst langlebig sein     von Tragfunktion und Schutzfunktion) auseinan-
             und ein geringes Schadenspotenzial aufweisen.         dersetzen sollte. So unterstützt die Trennbarkeit
             Regionale Baustoffe und kurze Transportwege           von langlebigen und kurzlebigen Strukturen die
             verringern den ökologischen Aufwand für die           Reparaturfreundlichkeit und damit die Verlänge-
             Gebäudeerrichtung ebenso wie Materialeinspa-          rung der Nutzungsdauer. Ebenso kann eine hohe
             rungen durch statisch optimierte Systeme oder         Funktionsintegration helfen, die stoffliche Vielfalt
             vorgefertigte Bauteile, die Reststoffe und Abfälle    im Bauwerk zu reduzieren. Lösbare Verbindungs-
             auf der Baustelle vermeiden.                          details zum Beispiel für vorgefertigte Bauteile,
                                                                   ermöglichen eine leichte Montage und Demon-
             Wesentliche Faktoren für die Verlängerung der         tage und fördern dadurch das Prinzip „Produktre-
             Nutzungsdauer sowie für den langfristigen Wert-       cycling vor Materialrecycling“.
             erhalt sind unter anderem der Einsatz hoch-
             wertiger Materialen und die Gewährleistung            Bereits im Planungsprozess ist auf die Recyclier-
             einer hohen Anpassungsfähigkeit an geänderte          barkeit der verwendeten Materialien zu ach-
             Nutzungsanforderungen, zum Beispiel durch eine        ten. Als recyclinggerecht gelten Materialien, die
             freie Grundrissgestaltung. Weiterhin erhöhen          nach Durchlaufen eines Aufbereitungsprozesses
             zugängliche Versorgungsleitungen und die Tren-        als Recyclingprodukt wieder eingesetzt wer-
             nung von langlebigen und kurzlebigen Bauteilen        den können. Hochwertiges Recycling zeichnet
             die Reparaturfreundlichkeit eines Gebäudes.           sich dadurch aus, dass dieser Prozess (beliebig
                                                                   oft) wiederholt werden kann. Von besonderer

12
© ABecke

           Beim Rückbau konventioneller Gebäude entsteht als Abbruchmaterial ein Konglomerat verschiedenster Materialien.

           Bedeutung ist die Vermeidung von chemischen                              Fazit
           Zusätzen, die ein hochwertiges Recycling verhin-
           dern können. Daher sollten bei der Planung von                           Die aufgezählten Prinzipien stellen kein allge-
           Maßnahmen gegen Brand, Schimmel, Feuchtig-                               meingültiges Rezept für das kreislaufgerechte
           keit usw. konstruktive Schutzmaßnahmen gegen-                            Bauen dar und sollen auch nicht als abschlie-
           über chemischem Schutz vorrangig zum Einsatz                             ßende Liste verstanden werden. Als Teilaspekt
           kommen.                                                                  des nachhaltigen Bauens gelten für das recy-
                                                                                    clinggerechte Konstruieren dieselben Anforde-
           Um eine gute Wiederverwendbarkeit von Bau-                               rungen im Bezug auf den intelligenten Einsatz
           teilen zu erreichen, müssen diese einfach demon-                         der Baustoffe und Konstruktionsarten sowie
           tiert werden können. Im Idealfall ermöglichen                            die gegenseitige Beeinflussung verschiedener
           die verwendeten Verbindungsmittel eine zerstö-                           Aspekte, die einen Abwägungsprozess unerläss-
           rungsfreie Trennung der Bauteile. Hilfreich sind                         lich machen.
           auch modulare Kombinierbarkeit, Teilbarkeit oder
           Kleinteiligkeit sowie vereinheitlichte Verbindungs-
           und Anschlusselemente.

           Literatur

           gugler! build & print triple zero – Subprojekt 3 „Konstruktionsfähig Konstruieren“; IBO – Österreichisches Institut für
           Baubiologie und -ökologie: www.bit.ly/2WzkXGE
           BNB-Kriteriensteckbrief 4.1.4 – Neubau: Büro- und Verwaltungsgebäude; Version 2015; Bundesministerium des
           Innern, für Bau und Heimat
           DGNB-Kriterium TEC1.6; Systemversion: Bürogebäude 2018. Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen

                                                                                                                            3 / 2020 punktum.betonbauteile   13
Branche im Blick

     Nachhaltige Betonsteinbranche
     Recycling-Pflaster auf dem Vormarsch

     Für die Betonsteinindustrie steht das Thema Nachhaltigkeit ganz oben auf der Agenda. Zwischenzeitlich
     bieten zahlreiche Hersteller attraktive und zugleich hochwertige Pflastersteine an, die aus ausgewählten
     Abbruchsteinen und Produktionsresten hergestellt werden.

             Getreu dem Motto „Verwerten statt wegwerfen“                             ten Pflastersteine entspricht dem gewohnt hohen
             hat die Betonsteinindustrie innerhalb der vergan-                        Standard und unterscheidet sich technisch wie
             genen Jahre innovative Konzepte zur Herstellung                          optisch nicht von den herkömmlichen Produkten.
             von Pflastersteinen aus nicht mehr benötigten
             Materialien entwickelt und umgesetzt. Diese Ent-                         Die Kollektionen der Pflastersteinhersteller sind
             wicklung stellt eine ökologisch und ökonomisch                           vielfältig. So werden harmonische Farb- und
             wertvolle Alternative zur Entsorgung dar.                                Materialkombinationen sowie besondere Oberflä-
                                                                                      chenstrukturen aus rezyklierter Gesteinskörnung
             Die sogenannten RC-Materialien sind mittlerweile                         angeboten, so dass für jeden Bedarf und Anwen-
             beliebte Gestaltungselemente und aus Archi-                              dungsbereich das passende Produkt zu finden ist.
             tektur sowie Garten- und Landschaftsbau heute                            Die Hersteller garantieren hier unterschiedliche
             kaum mehr wegzudenken. Statt auf der Bau-                                Recyclinganteile. Zumeist besteht ein Recycling-
             schuttdeponie zu enden, werden die wertvollen                            stein aber aus mindestens 40 % wiederverwen-
             Rohstoffe wieder zu neuem Leben erweckt und                              detem Beton.
             fördern eine verantwortungsbewusste Kreislauf-
             wirtschaft. Abbruch- und Restbeton wird zerklei-                         Die neuesten Entwicklungen der Betonstein­
             nert und analysiert, geeignetes Material wird als                        industrie zur Wiederverwendung von nicht mehr
             Gesteinskörnung den eigens dafür entwickelten,                           benötigten Materialien sind aus Umweltge-
             ressourcenschonenden Rezepturen eingegeben.                              sichtspunkten äußerst wertvoll. Das Recycling-
             Dafür werden bislang verwendete Gesteins-                                Produktportfolio der Unternehmen wird in den
             körnungen, die teilweise sogar minderwertiger                            kommenden Jahren sicherlich weiterwachsen und
             sind, durch diese hochwertigen Recyclingstoffe                           eine immer bedeutendere Rolle einnehmen.
             ersetzt. Die Qualität dieser nachhaltig gefertig-

                                               © Kann GmbH Baustoffwerke                                                  © braun-steine GmbH

             Eine gelungene Kombination aus Eleganz und Umweltfreundlichkeit bieten RC-Pflaster.

14
Studie SEROBAU
Materialart und Verwendungszweck
entscheidend für Energieeffizienz

Recycling von Baustoffen lohnt sich – nicht nur, wenn es darum geht, natürliche Ausgangsstoffe zu
schonen. Auch aus energetischer Sicht, ist es häufig sinnvoller, Abbruchmaterial wieder aufzubereiten,
anstatt Baumaterial aus natürlichen Rohstoffen neu zu gewinnen. Aber – es kommt auch auf die Material-
wahl und den Verwendungszweck an. Die Studie SEROBAU (Sekundärstoffe aus dem Hochbau), die das
Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) und die INTECUS GmbH vor diesem Hintergrund
durchgeführt haben, macht deutlich, dass viele Fragen noch offen sind.

Ziel der Studie „Sekundärstoffe         Die Ergebnisse der Studie sind         es aufbereitet und welche zusätzli-
aus dem Hochbau“ (SEROBAU)              deutlich: Aus energetischer Sicht      che Energie dafür unter Umständen
war es zu prüfen, inwieweit sich        ist das Recycling von Bauschutt        aufgewendet werden muss.
das Recycling von Baumaterial aus       und Abbruchmaterial in der Regel
energetischer Sicht lohnt. Dabei        sinnvoll – doch nicht für alle Bau-    Noch können diese Ergebnisse
wurden zehn verschiedene Baupro-        materialien gleichermaßen. Große       nicht als abschließend gelten. So
duktgruppen in den Blick genom-         Unterschiede gibt es zum Beispiel      wurde deutlich, dass längst nicht
men – darunter Beton, Gips, Flach-      zwischen mineralischen Materia-        zu allen Schritten der Recycling-
glas, Dämmstoffe, Kunststoffe und       lien und Kunststoffen. „Die Ener-      Prozessketten hinreichend aussa-
Bauholz. Für jede wurde ermittelt,      giebilanz spricht bei Kunststof-       gekräftige Informationen zur Ver-
wie viel Energie erforderlich ist, um   fen immer für das Recycling. Bei       fügung stehen. So ist noch unklar,
aus Abbruchmaterial einen Bau-          mineralischen Produkten kommt es       wie es sich mit Energieverbräuchen
stoff herzustellen, der einem neu       auf die Qualitätsanforderung der       für den Transport verhält. „Die
gewonnen gleichwertig ist und im        neuen Verwendung an“, so Karin         Wegstrecken von der Baustelle
Hoch-, Tief- oder Landschafts- und      Gruhler, Projektverantwortliche im     zum Recycling-Unternehmen oder
Gartenbau zu neuem Einsatz kom-         IÖR. Innerhalb der mineralischen       von dort zum neuen Einsatzort
men kann.                               Materialien hat jedes Bauprodukt       können unterschiedlich lang sein.
                                        seine eigene Spezifik. Ein Recycling   Das hängt unter anderem davon
Untersucht wurde erstens die Auf-       lohnt sich aus energetischer Sicht     ab, wie gut das Recyclingnetz
bereitung des Rückbaumaterials          mal mehr und mal weniger. Ent-         regional und für die verschiedenen
zum so genannten Sekundärstoff.         scheidend ist, für welchen neuen       Baustoffe ausgebaut ist“, so Karin
Für diesen wurde zweitens kalku-        Einsatzzweck ein Abbruchmaterial       Gruhler. Der Ergebnisbericht gibt
liert, wie viel Mehr- oder Minder-      aufbereitet wird. Denn davon hängt     daher viele Hinweise, wo weitere
aufwand erforderlich ist, um ihn        ab, welchen Qualitätsanforderun-       Forschung erforderlich ist.
so weiterzuverarbeiten, dass er         gen das Material genügen soll, wie
in einem neuen Bauprodukt den
Primärstoff qualitativ gleichwer-
tig ersetzen kann. Drittens stell-         Hintergrund
ten die Forschenden die Mengen
an Energie gegenüber, die für die          Das Projekt „Energie- und Stoffflüsse entlang der Herstellung und des
Herstellung des Bauproduktes mit           Einsatzortes von Sekundärrohstoffen im Hochbau – Orientierungs-
Sekundärstoffen bzw. mit Primär-           rahmen für 10 Bauproduktgruppen zur Bewertung von Recyclingop-
stoffen nötig sind. Für jede Bau-          tionen unter Zielkonflikten“ schließt an Untersuchungen des IÖR und
produktgruppe wurden zwei bis              der INTECUS GmbH aus dem Jahr 2014 an. Die aktuelle Studie wurde
drei beispielhafte Nutzungen in            zu 60 % vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im
Form charakteristischer Prozess-           Rahmen der Forschungsinitiative Zukunft Bau gefördert. Weitere Mittel
ketten vom Rückbaumaterial bis             stammen von Industrieverbänden und den beteiligten Forschungspart-
zur Einsatzvariante nachgezeichnet         nern.
und aus energetischer Perspektive
analysiert. Hinweise aus der Praxis,       Kostenloser Download des Abschlussberichts zum Projekt SEROBAU
von Recyclingunternehmen und               „Sekundärstoffe aus dem Hochbau. Energie- und Materialflüsse ent-
Branchenverbänden, flossen dabei           lang der Herstellung und des Einsatzortes von Sekundärstoffen aus
in die Betrachtungen mit ein.              dem Hochbau für den Baubereich.“ unter www.bit.ly/2TehR8H.

                                                                                           3 / 2020 punktum.betonbauteile   15
Branche im Blick

     POSITION.
     Recycling-Materialien flexibel einsetzen

               Der Ruf nach dem Einsatz von Recyclingmaterial                              Bei der Forderung nach dem Einsatz rezyklierter
               im Beton an Stelle von natürlichen Gesteinskör-                             Gesteinskörnungen in Beton müssen verschie-
               nungen wird immer lauter. Dabei hat die Bau-                                dene Aspekte berücksichtigt werden, um die
               und Baustoffindustrie ein großes Eigeninteresse,                            damit verbundene Zielsetzung „Ressourcenscho-
               anfallenden Bauschutt soweit wie möglich einer                              nung“ auch ganzheitlich zu erreichen:
               Verwendung zuzuführen anstatt ihn zu entsor-
               gen. Betonbruch hat sich als grobe Gesteinskör-                             • Die Transportentfernungen zwischen Entste-
               nung in Beton oder als ungebundene Schüttung                                   hungsort, Recyclingunternehmen und Beton-
               im Straßenbau bewährt und ersetzt dort Primär-                                 werk sollten möglichst gering sein, sie können
               rohstoffe.                                                                     sonst einen erheblichen zusätzlichen Energie-
                                                                                              und Zeitaufwand verursachen.
               Der europäische Green Deal umfasst einen Fahr-
               plan mit Maßnahmen unter anderem zur Förde-                                 • Das RC-Material muss sortenrein und konti-
               rung einer effizienteren Ressourcennutzung für                                 nuierlich verfügbar sein (je sortenreiner, desto
               den Übergang zu einer sauberen und kreislaufori-                               größer der mögliche Einsatzbereich).
               entierten Wirtschaft. Die EU-Kommission fordert,
               dass alle Wirtschaftssektoren einen Beitrag leis-                           • Das verfügbare RC-Material muss unbedenklich
               ten müssen. In diesem Zusammenhang sprechen                                    bezüglich Schadstoffgehalt, Auslaugungen und
               viele Indikatoren dafür, dass bei der Überarbei-                               Fremdstoffgehalt sein.
               tung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, zukünf-
               tig sekundäre Rohstoffe bei der Herstellung von                             • Der Einsatz von RC-Material ist vorab bereits zu
               mineralischen Baustoffen vorrangig eingesetzt                                  planen und mit dem Betonwerk abzustimmen.
               werden müssen. Allerdings ist diese Forderung                                  (Lagerungskapazitäten im Betonwerk müssen
               nicht vorbehaltlos umsetzbar.                                                  vorhanden sein).

               Im Hinblick auf die Schonung unserer natürlichen                            •D
                                                                                             as RC-Material fehlt nicht an anderer Stelle,
               Ressourcen ist der Einsatz von Recyclingmate-                                wo es gegebenenfalls mit geringerem Aufbe-
               rial zu begrüßen und auch für die Betonfertigteil­                           reitungsaufwand natürliche Gesteinskörnung
               industrie ein wichtiges Thema.                                               ersetzen könnte.
       © FBF

               Die höchste Stufe des Recylings: Demontierbare Betonfertigteile, die an anderer Stelle wieder aufgebaut werden, hier am Beispiel eines Pavillons,
               der auf der Bundesgartenschau in Heilbronn stand und derzeit in Meßkirch wieder aufgebaut wird.

16
In Betonfertigteilwerken kommen überwiegend                         gesetzliche Vorgaben geeignete Rahmenbedin-
Betone mit hohen Festigkeiten zum Einsatz. An                       gungen für den Einsatz von Sekundärrohstoffen
die Bauteile werden hohe Anforderungen an Sta-                      schaffen.
tik, Dauerhaftigkeit und Ästhetik gestellt. Da RC-
Material unter anderem die Verarbeitbarkeit, die                    Das bedeutet im Einzelnen:
Festigkeit, das Verformungsverhalten, die Dauer-
haftigkeit und die Optik des Betons erheblich                       • Prüfung der Einsatz- und Verwendungsmöglich-
beeinflussen kann, ist dies bereits bei der Planung                    keiten von RC-Material.
und der Betonherstellung zu beachten. Sinnvoll ist
die Verwendung von R-Beton vor allem für Innen-                     • Keine starren gesetzlichen Vorgaben hinsicht-
bauteile ohne Bewitterung oder sonstige beson-                        lich des RC-Anteils in Bauprodukten. Stattdes-
dere Anforderungen.                                                   sen Schaffung von Anreizen zum Einsatz von
                                                                      RC-Materialien und zur Entwicklung von inno-
Einen Beitrag zur Reduzierung der Abfallmenge                         vativen Produkten, die einen 100 %igen Verbleib
und des Ressourcenverbrauches leisten wieder-                         der Materialien im technischen Kreislauf ermög-
verwendbare Betonfertigteile, die bei Ausführung                      lichen (zum Beispiel lösbare Verbindungen bei
lösbarer Verbindungen zerstörungsfrei ausgebaut                       Betonfertigteilen).
werden können. Damit wird die höchste Stufe des
Recyclings erreicht – die Wiederverwendung als                      • Anpassung der einschlägigen Normen und der
ganzes Bauteil.                                                        technischen Anforderungen.

Fazit                                                               •R
                                                                      ecyclinggerechter Entwurf der Fertigteile.

Zur Schonung natürlicher Primärrohstoffe sollte                     •G
                                                                      rundlagen für einfache und unkomplizierte
weiter an innovativen Ideen und Möglichkeiten                        Umsetzung von Modellprojekten schaffen,
für den Einsatz von Sekundärrohstoffen in der                        anstatt der bisherigen aufwendigen und teuren
Betonindustrie gearbeitet werden. Starre Forde-                      Zustimmungen im Einzelfall.
rungen nach Mindestrezyklatanteilen in Beton
führen nicht bedingungslos zu einer Ressourcen-                     • Entwicklung von Verfahren zur sachgemäßen
schonung. Wichtiger ist der flexibel planbare Ein-                     Trennung der Materialien im Abbruchverfahren
satz von RC-Material. Denn das Ziel „Schonung                          und damit Schaffung von Versorgungssicherheit
natürlicher Primärrohstoffe“ wird nur erreicht,                        der Qualität und Menge von RC-Material.
wenn das Material nicht an anderer Stelle fehlt
und die Nachfrage somit in andere Bereiche ver-                     •F
                                                                      rühzeitiger Übergang des RC-Materials vom
lagert wird. Dabei ist der gesamte Stoffkreislauf                    Abfall- hin zum Produktstatus.
zu betrachten. Darüber hinaus sollten zukünftige

                                       HERSTELLUNG
                                       VORPRODUKTE                       ERRICHTUNG

                         WIEDERVERWENDUNG/
                              RECYCLING                                           NUTZUNG

                                                      NUTZUNGSENDE

                   Betonfertigteile ermöglichen die kreislaufgerechte Gestaltung des Gebäudelebenszyklus.

                                                                                                            3 / 2020 punktum.betonbauteile   17
Branche im Blick

     Bericht aus

                   EUROPA
     Mit dem „Bericht aus Europa“ wollen wir künftig über laufende Aktivitäten unseres europäischen Dachver-
     bandes Bureau International du Béton Manufacturé (BIBM) berichten, der sich in den für die Betonfertig-
     teilbranche relevanten Bereichen für die Mitgliedsverbände und deren Mitgliedsunternehmen engagiert.
     Gleichzeitig bieten wir einen Überblick über aktuelle Gesetzesvorhaben auf europäischer Ebene, die das
     Bauen mit Betonbauteilen direkt oder indirekt beeinflussen können und wofür faire Rahmenbedingungen
     geschaffen werden sollen.

      EUROPEAN GREEN DEAL                                      KONSTRUKTIONS­
      Der European Green Deal der Europäischen Kom-            PRINZIPIEN FÜR BAU-
      mission ist die neue Wachstumsstrategie für eine
      nachhaltige, saubere, sicherere und gesündere            WERKE
      Wirtschaft. Das öffentliche Engagement verlangt
      nach einer neu akzentuierten Klimakultur, bei wel-       Circular Economy – Principles for Building Design
      cher ein Bewusstsein zum Handeln geschaffen wird         (Kreislaufwirtschaft – Konstruktionsprinzipien für
      und Bürgerinnen und Bürger, Industrie sowie Behör-       Bauwerke) heißt das neue Papier der Europäischen
      den auf allen Ebenen zusammengebracht werden             Kommission, um Akteure auf dem Weg entlang
      sollen. Um dies zu erreichen, hat die Kommission bis     der Wertschöpfungskette im Bauwesen zu infor-
      Ende Mai 2020 die Öffentlichkeit und interessierte       mieren und zu unterstützen. Die Broschüre ist auf
      Stakeholder befragt, mit dem Ziel noch im dritten        die einzelnen Stufen der Kreislaufwirtschaft im
      Quartal des Jahres 2020 einen „Klimapakt“ auf den        Gebäudedesign ausgerichtet und bildet ein frei-
      Weg zu bringen. Informationen hierzu finden sich         williges Rahmenkonzept für das Reporting, um die
      unter www.bit.ly/3bO9Z.                                  Nachhaltigkeit von Gebäuden zu verbessern. Ins-
                                                               besondere bezieht sie sich auf ressourceneffiziente
      Die Europäische Kommission hat als Teil des Euro-        Materialkreisläufe. Es geht dabei um die Optimie-
      pean Green Deal einen Vorschlag für eine Regu-           rung des Materialeinsatzes sowie um die Reduzie-
      lierung zur Schaffung des Just Transition Fund           rung von Abfall und negativen Umwelteinflüssen
      angenommen. Dieser zielt unter anderem auf eine          von Gebäudestruktur und Materialwahl während
      Unterstützung der EU-Regionen ab, die beim Über-         des gesamten Lebenszyklus. Das Dokument steht
      gang aus der Kohlewirtschaft am meisten betroffen        unter www.bit.ly/2XaPYja kostenlos zum Down-
      sind. Der Plan für den Just Transition Fund sieht vor,   load bereit.
      Projekte für Energie- und Transportinfrastruktur
      inklusive der Infrastruktur für Gas und Fernwärme,       Auf dem BIBM Kongress 2020 werden unter dem
      sowie Dekarbonisierungsprojekte und Gebäude­             Themenblock „Step towards circular economy“ Vor-
      sanierungen abzudecken.                                  träge zum Thema Kreislaufwirtschaft angeboten.
                                                               So stellt Prof. Dr. Christian Glock, TU Kaiserslautern,
      Im Europäischen Parlament wurde das Papier dem           das SeRaMCo-Projekt (siehe S. 24 f. im Heft) vor.
      Committee on Regional Development zur Weiter-            In ihrem Beitrag „Cost-effective recycling of CDW
      bearbeitung übertragen. Seitens der Europäischen         in high added value energy efficient prefabrica-
      Kommission fand eine öffentliche Anhörung für den        ted concrete panels“ geht Anna Paraboschi, Rina
      Vorschlag einer Regulierung zur Schaffung des Just       Consulting Engineering, auf das vom Horizon 2020
      Transition Fund statt.                                   research and innovation Programm der EU geför-
                                                               derte VEEP-Projekt ein.

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