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3. Ausgabe 2020 Das Branchenmagazin Betonfertigteile Betonwaren Betonwerkstein POSITION. Gastbeitrag Recycling-Materialien Beton als Rohstoff flexibel einsetzen > Seite 5 > Seite 12
Inhalt 3 Punktum 26 Aus- und Weiterbildung 4 Branche im Blick 26 Lehrgang Betonfertigteilexperte 4 Unser Leitthema für 2020 27 Berufsausbildung im Vergleich 5 Gastbeitrag „Beton als Rohstoff“ 9 Einsatz von rezyklierten Gesteinskörnungen 11 Baustoff-Recycling im Recht 12 Recyclingfähiges Konstruieren 14 Nachhaltige Betonsteinbranche 29 Inhalte Ausbildungsrahmenpläne 30 Lehrgang Betonfertigteilmonteur 30 FDB-Förderpreis für Studierende 31 Recht 31 Coronavirus-Pandemie 15 Studie SEROBAU 32 Lieferengpässe und Personalausfälle 16 Position: Recycling-Materialien flexibel 35 Bürokratieentlastungsgesetz einsetzen 36 Veranstaltungen 18 Bericht aus Europa 36 BIBM Kongress 20 Technik 37 7. Deutsche Pflastertage 20 Betonrezyklate als Komposite und Gemische 38 Gremienarbeit 23 Planungshilfen 24 Forschungsprojekt SeRaMCo 40 Neu erschienen 41 Branche intern 41 Personalie 41 BIBM-Vorstand 42 Impressum Bild links © braun-steine GmbH; Bild rechts © BBF 2
Punktum Corona-Virus: Folgen für Mensch und Wirtschaft Liebe Leserinnen und Leser, die Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie hat das gesellschaftliche Leben in Deutschland zum großen Teil zum Erliegen gebracht und trifft die Wirtschaft mit voller Wucht. Social Distancing war das Gebot der Stunde und wird es wohl noch länger bleiben. Über allem schwebt nun die Frage: Wie schlimm wird die Krise für die Wirtschaft? Die Baubranche und Hersteller vorgefertigter Betonbauteile schei- nen bisher von den großen Umsatzeinbrüchen verschont geblieben zu sein. Gleichwohl wissen wir auch, dass sich Krisen im Bau zeitverzögert RA Stephan v. Friedrichs bemerkbar machen. Dass die deutsche Wirtschaft 2020 in die Rezession Geschäftsführer kommt, ist unter Experten unumstritten. Offen ist nur, wie stark der Ein- Verband Beton- und bruch sein wird. Fertigteilindustrie Nord Vor diesem Hintergrund ist eine massive Stabilisierung der Wirtschaft dringend notwendig. Kurzarbeit kann Unternehmen in unserer Branche helfen, Personalkosten zu senken – sie überträgt den gleichen Schmerz auf die private Haushaltsrechnung der Mitarbeiter. Doch bis diese Hilfen beim Unternehmen ankommen, muss es sich einer regelrechten Antrags- prozedur unterziehen. Schnell wird in diesem Zusammenhang klar, dass staatliche Hilfen noch nicht in letzter Konsequenz digital verfügbar sind, wie es gerade notwendig wäre. In jeder Krise liegt bekannter Weise auch immer eine Chance. In Zeiten von Corona ist Digitalisierung gefragt. Wir konnten bereits feststellen, wie schnell sich plötzlich Kulturtechniken des Digitalen in der Praxis bewähr- ten. Tele- und Videokonferenzen, gegen die sich viele gewehrt hatten, stellen sich als durchaus praktikabel und produktiver heraus, als viele glaubten. Gleichwohl ist und bleibt das persönliche Gespräch unersetzlich. Gleichzeitig brauchen wir jetzt auch einen „Weg zurück“, der allen Betei- ligten eine hohe Flexibilität abverlangt, insbesondere den Unternehmern und den Mitarbeitern. Wir brauchen Mittel und Wege schnell und unmit- telbar auf die Anforderungen sich wieder öffnender Märkte einzugehen. Wenn wir uns dabei in ein zu enges sozial-hygienisches Korsett zwängen lassen, werden wir nur als Zweiter ins Ziel kommen. Darüber hinaus darf eins nicht vergessen werden: nicht nur auf die Politik kommt es an, sondern auch darauf, wie Unternehmen und Kunden selbst mit der Krise umgehen. Mit stornierten Aufträgen ist niemandem geholfen. Es gibt auch eine Zeit nach Corona. Deshalb ist es wichtig, auch in Krisen- zeiten die Rechnung pünktlich zu bezahlen und sich nicht gegenseitig im Stich zu lassen. RA Stephan v. Friedrichs Verband Beton- und Fertigteilindustrie Nord 3 / 2020 punktum.betonbauteile 3
Branche im Blick Unser Leitthema für 2020 Ressourceneffizientes Bauen mit Betonfertigteilen Knapper werdende Rohstoffe, zunehmende Deponieengpässe und ein steigendes Bewusstsein für Klimaschutz machen es unerläss- lich, den Ressourceneinsatz im Bauwesen zu überdenken. Eine funktionierende Kreislaufwirtschaft spielt dabei eine wichtige Rolle. Es gilt, die Recyclingquoten von Bau- und Abbruchabfällen sowie den Einsatz von Sekundärrohstoffen in diesem Bereich deut- lich zu erhöhen. Die deutsche Bauwirtschaft hat dies schon früh erkannt und sich bereits im Jahr 1995 als erste Branche gegenüber der Bundesregierung selbstverpflichtet, die Deponierung verwert- barer mineralischer Abfälle innerhalb von zehn Jahren zu halbieren. Dieses Ziel wurde deutlich übertroffen: nach dem aktuellsten Monitoringbericht wurden im Jahr 2016 rund 90 % der angefallenen mineralischen Bauabfälle wiederverwertet. Dadurch werden Deponien entlastet und Primärrohstoffe geschont. Trotzdem muss sich noch viel tun. Erfahren Sie in der aktuellen Ausgabe, wie viel Kreislaufwirtschaft bereits jetzt schon in der Baubranche steckt, welche Möglichkeiten sie bietet und vor welchen technischen und administrativen Hürden die Branche zur umfänglichen Umsetzung steht, beispielsweise wenn es um den Einsatz und die Herstellung von Recycling-Beton geht. Ihre Branchenverbände 4
Bert Vulpius Geschäftsführer Unternehmerverband Mineralische Baustoffe (UVMB) Dr. Bernd Susset Geschäftsführer Qualitätssicherungssystem Recycling-Baustoffe Gastbeitrag Baden-Württemberg, Umweltreferent des Industrieverbandes Steine und Erden Baden-Württem- berg, Lehrbeauftragter und wissenschaftlicher Angestellter am Zentrum für Angewandte Geowis- Beton als Rohstoff senschaften der Universität Tübingen (Mathematische-Naturwissenschaftliche Fakultät) Beton weist eine ganze Reihe von Eigenschaften auf, die ihn zu einem idealen Baustoff machen, der seit der Antike genutzt wird. Als natürlicher Baustoff mit einer hohen Langlebig- und Wirtschaftlichkeit, hervorragenden bautechnischen und bauphysikalischen Eigenschaften (Schutz vor Feuer, Wärme, Wasser, organischem Angriff), hoher regionaler Verfügbarkeit, guter Formbarkeit und Verarbeitungsfähigkeit sowie der Möglichkeit des kombinierten Einsatzes mit anderen Baustoffen, wird er zu Recht als Baustoff des 21. Jahrhunderts bezeichnet. Eine besondere Eigenschaft, die Beton von Entstehen im Betonfertigteilwerk im Rahmen der anderen industriellen Produkten unterscheidet, Qualitätskontrolle Fehlchargen, weil beispiels- ist seine gute Recyclingfähigkeit, so kann der weise bestimmte Qualitätsparameter nicht erfüllt Baustoff mehrere Lebenszyklen durchlaufen. Im sind, werden die Betonprodukte gebrochen und Rahmen der Kreislaufwirtschaft und der Res- wieder aufbereitet in den Produktionsprozess ein- sourcenschonung kommt dieser Eigenschaft eine gestellt. besondere Bedeutung zu. Beton im mineralischen Abfall Generell lassen sich zwei Stoffströme ausweisen: Beton, der beim Abriss alter Bausubstanz im • Beton, der unmittelbar bei der Produktion im Hoch- oder Tiefbau anfällt, unterliegt der Abfall- Transportbeton- oder Betonfertigteilwerk oder gesetzgebung und ist als mineralischer Abfall als Frischbeton auf der Baustelle in Form von einzustufen. Damit aus dem Abfall wieder eine Übermengen oder Fehlchargen anfällt und Gesteinskörnung wird, muss er einen langen Weg durchlaufen und qualitative Anforderungen, die in • Beton, der nach Ablauf der Nutzungsdauer von technischen Normen (zum Beispiel Verwendung Gebäuden, aber auch Infrastruktureinrichtun- im geregelten Straßenbau) und Umwelterlassen gen als mineralischer Abfall im Rahmen von (zum Beispiel Umweltparameter in Abhängigkeit Rekonstruktion oder Neubau im Bauprozess der Einbauweise) festgeschrieben sind, erfüllen. anfällt. Dieser Weg ist oft nicht einfach. So treten immer wieder wirtschaftliche, technische aber auch Beton aus dem Produktionsprozess administrative Probleme auf, die den Weg des mineralischen Abfalls zum Recycling-Baustoff Betonwerke verfügen über geschlossene Stoff- begleiten. kreisläufe. Übermengen an Frischbeton werden in der Recyclinganlage des Werks in ihre Bestand- In der Vergangenheit sind immer wieder Studien teile zerlegt. Hier werden die Gesteinskörnung vorgelegt worden, die das Modell des urbanen und das Restwasser voneinander getrennt. Die Bauwerksspeichers in den Mittelpunkt einer Gesteinskörnung steht damit erneut für die Pro- zukünftigen Rohstoffversorgung stellen. In einer duktion von Beton zur Verfügung. Das Restwas- vom Bundesamt für Bauwesen und Raumord- ser wird nach der Abtrennung der Feinbestand- nung in Auftrag gegebenen Studie von 1998 teile in den Wasserkreislauf zurückgeführt. (Prognose der mittel- und langfristigen Nach- frage nach mineralischen Baustoffen, Bonn 1998), in der der Umfang der Nutzung des urba- nen Rohstofflagers zum ersten Mal quantifiziert wurde, ging man davon aus, dass im Jahr 2020 rund 100 Mio. t Recycling-Baustoffe im Hochbau eingesetzt werden. Um die mengenmäßigen Möglichkeiten der Bereitstellung von Recycling-Baustoffen ein- schätzen zu können, ist ein Blick auf die Massen- © Auguste Lange – stock.adobe.com 3 / 2020 punktum.betonbauteile 5
Branche im Blick ströme von mineralischen Abfällen notwendig, clingpotenziale nicht ausgenutzt werden. Weiter die die Basis für das Baustoff-Recycling bilden. wird prognostiziert, dass bei einem maximalen Im Jahr 2016 sind in Deutschland 214,6 Mio. t mineralischen Gesamt-Output aus dem Hochbau mineralischer Abfälle angefallen. Davon sind in Höhe von 89 Mio. t im Jahr 2050 (abzüglich allein 125,2 Mio. t der Abfallart „Boden, Steine 8 Mio. t kreisläufig in den Hochbau zurückge- und Baggergut“ zuzuordnen, die beispiels- führter Sekundärrohstoffe) rund 81 Mio. t in den weise als Bodenaushub im Rahmen von Bau- Tiefbau gehen würden. Von 100 Mio. t eingesetz- maßnahmen anfallen und nicht zur Herstellung ten recycelten Gesteinskörnungen im Hochbau von Recycling-Baustoffen geeignet sind. Rund (Beton) ist und bleibt man demnach noch sehr 16. Mio. t entfallen auf Straßenaufbruch (vor weit entfernt. allem Asphaltmischgut), der zu 95,4 % recycelt wird. Baustellenabfälle (14,3 Mio. t) und Bau- Aber auch die Bauschuttfraktion bedarf einer abfälle auf Gipsbasis (0,6 Mio. t) liefern ebenfalls näheren Betrachtung. Sie schließt ein breites keine geeigneten Rezyklate für die Betonherstel- Spektrum von Stoffen ein. Hierzu gehören neben lung. Beton nach den Abfallschlüsselnummern Ziegel, Fliesen, Keramik und auch Gemische aus die- Ausgehend von den stofflichen Eigenschaften sen Stoffen. Bei der Betrachtung der Recycling- steht für die Herstellung von Recycling-Baustof- fähigkeit der Bauschuttfraktion muss ebenfalls fen nur die Bauschuttfraktion zur Verfügung, die Abgrenzung zu Bodenmaterial betrachtet deren Menge sich seit Jahren stabil in der Grö- werden. Bauschutt schließt oftmals im großen ßenordnung von rund 60 Mio. t beläuft. Nur diese Umfang Bodenmaterial mit ein, weil Bodenmate- mineralischen Abfälle sind letztlich für die Her- rial mit mineralischen Fremdbestandteilen (zum stellung von RC-Baustoffen geeignet. Allein diese Beispiel Bauschutt, Schlacke, Ziegelbruch) von Zahl zeigt, in welchen Dimensionen das Potenzial mehr als 10 Vol.-% mit der passenden Bauschutt- des urbanen Rohstofflagers und insbesondere abfallschlüsselnummer der Untergruppe 17 01 der Einsatz im Hochbau heute immer noch über- (Beton, Ziegel, Fliesen und Keramik) zu bezeich- schätzt werden. Zudem besteht das Problem der nen ist. räumlichen und zeitlichen Disparitäten vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Transportentfernun- Aus der Zusammensetzung der Bauschutt- gen von 25 bis 30 km. So fällt Bauschutt oft dort fraktion wird deutlich, dass sich für die Herstel- an, wo abgerissen, aber kaum noch gebaut wird. lung von Gesteinskörnungen zur Verwendung Nach einer Untersuchung des Bundesinstitutes in Beton schon allein unter bauphysikalischen für Bau-, Stadt- und Raumforschung (Deilmann Gesichtspunkten nur ein sehr geringer Teil der et al.: Materialströme im Hochbau – Potenziale Bauschuttfraktion eignet, der im Wesentlichen für eine Kreislaufwirtschaft; Bonn 2016) entsteht auf die Abfallschlüsselnummer 170101 (Beton) mittelfristig eine Situation, in der regional Man- beschränkt ist. gel an hochwertigem Recyclingmaterial einer- seits und gleichzeitiger Überschuss anderenorts Vom mineralischen Abfall zum besteht. Deshalb können die theoretischen Recy- Recycling-Baustoff Mineralische Bauabfälle 2016 in Mio. Tonnen Damit aus einem mineralischen Abfall auch ein Recycling-Baustoff werden kann, ist ein fachge- 0,6 rechter Rückbau der alten Bausubstanz notwen- 16,0 14,3 dig. Die Entscheidungen, die Art und Umfang des Recyclings sowie die Materialeigenschaften bestimmen, fallen auf der Baustelle am Ent- stehungsort der mineralischen Abfälle. Durch 58,6 einen selektiven sortenreinen Rückbau, bei dem gezielt Störstoffe (Holz, Kunststoffe, Gipsbau- stoffe, Stahl, Putze, Mörtel usw.) entfernt werden, 125,2 ist es möglich, die Recyclingquote zu optimieren. Derartige Rückbaukonzepte müssen in die Aus- schreibungsunterlagen Eingang finden und auch finanziell bei der Auftragserteilung berücksichtigt werden. Boden und Steine Baustellenabfälle Bauschutt Bauabfälle auf Gipsbasis Straßenaufbruch Zusammensetzung der Mineralischen Bauabfälle (nach 11. Monitoring- Bericht der Kreislaufwirtschaft Bau, 2018, www.bit.ly/3dMq7oq) 6
© Industrieverband Steine und Erden Baden-Württemberg (ISTE) Selektiver Rückbau bietet gute Möglichkeiten für ein optimales Ergebnis beim Recycling. Die Herstellung von Gesteinskör- ausschließen (Sulfattreiben). Im lung von R-Beton zu befürchten, nungen für Beton stellt schon im Moment ist derartig hochwertiges die dazu führen kann, dass dem Input des Aufbereitungsprozesses Ausgangsmaterial nur begrenzt Bauschutt- und Abbruchmaterial die höchsten Anforderungen an verfügbar. Vor allem durch die seine hochwertigsten Bestandteile das Ausgangsmaterial. In der Regel Unsicherheit der öffentlichen entzogen werden. eignet sich hierfür nur reiner Beton- Abnehmer von Recycling-Baustof- abbruch mit gewissen Anteilen an fen hat sich schon heute eine „Rosi- Gleichzeitig gibt es für Beton- sortenreinem tongebundenen Zie- nenpickerei“ im Bereich des Bau- recycling einen großen Markt im gelmaterial. Dieses Material kann stoff-Recyclings etabliert, wonach qualifizierten Straßentiefbau bei aufbereitungstechnisch beherrscht nur noch Beton-Rezyklate hoffähig vergleichbaren Material-, Prüf- und werden. Es muss grundsätzlich frei zu sein scheinen. Weiterhin ist Überwachungsanforderungen und von Gipsbaustoffen sein, da diese eine zunehmende Sogwirkung auf mengenmäßig höheren Verwer- einen späteren Einsatz im Beton Betonabbruchmaterial zur Herstel- tungsquoten für das Inputmate- © Statisches Landesamt Baden-Württemberg, Abfallbilanz 2015; Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau, Rohstoffbericht Baden-Württemberg 2012/2013; ISTE 3 / 2020 punktum.betonbauteile 7
Branche im Blick rial. Da die Umweltanforderungen an recycelte Gesteinskörnungen zumindest in der offenen Bau- weise in der Regel höher sind als im Hochbau, ist man aus Umwelt- © ISTE schutzgründen im Tiefbau auf gering verunreinigte Materialien angewiesen. Mengenmäßig sind Baustoffrecyclinganlage: Im Vordergrund Lager mit verschiedenen Recycling-Produkten, im Hintergrund die Recyclingpotenziale viel höher: unterschiedliche mineralische Abfälle (Böden, Ziegel- und Betonbruch), die differenziert aufbereitet Während im Straßentiefbau Recy- werden. clingmaterial als Mineralgemisch im Kornspektrum von 0 bis 56 mm eingesetzt und damit fast vollstän- Weiterhin wurden in Leuchtturm- fen und werden auch in Zukunft dig recycelt werden kann, werden projekten der öffentlichen Hand helfen, natürliche Ressourcen zu im Beton Gesteinskörnungen nur Gesteinskörnungen für Beton aus schonen. im Kornspektrum 8 bis 16 mm und RC-Baustoffen eingesetzt und zum vereinzelt auch von 4 bis 8 mm Teil erheblich subventioniert. Der- Von großer Bedeutung für die Stei- eingesetzt. Für die im Aufberei- artige Subventionen sind kritisch gerung der Recyclingquote sind die tungsprozess (Brechen des Korns) zu hinterfragen und führen in der Erhöhung der Akzeptanz und die entstehende Feinfraktion kleiner Praxis meist zu Fehlsteuerungen. Schaffung einer entsprechenden 4 mm und das sind immerhin rund So wurde für ein öffentliches Bau- Nachfrage am Markt. Gerade der 25 Masse-%, gibt es gegenwärtig vorhaben in Sachsen-Anhalt RC- öffentlichen Hand kommt dabei kaum Einsatzmöglichkeiten. Baustoffen der Vorzug vor regional, eine große Bedeutung und Vorbild- im Umkreis von 30 bis 40 km zum funktion zu. Sie ist auf der einen Die mengenmäßig begrenzte Bauvorhaben verfügbaren Sanden Seite Auftraggeber für Baupro- Verfügbarkeit von Ausgangsma- und Kiesen gegeben. Da RC-Bau- jekte und gleichzeitig auch Verur- terial für das Betonrecycling, der stoffe in der notwendigen Quali- sacher bedeutender Inputmengen technische, administrative und tät und Menge in der Region nicht an mineralischen Abfällen. Viel zu wirtschaftliche Aufwand zur Her- verfügbar waren, wurden sie aus häufig werden immer noch Recyc- stellung von rezyklierten Gesteins- einer Recyclinganlage, die 150 km ling-Baustoffe in öffentlichen Aus- körnungen und das Angebot an entfernt lag, bezogen. schreibungen ungerechtfertigt aus- natürlichen Gesteinskörnungen geschlossen. Inzwischen reagiert führen dazu, dass gegenwärtig der Verbesserung der Rahmen- der Gesetzgeber auf Landesebene, praktische Einsatz von rezyklier- bedingungen für das Bau- so hat zum Beispiel der Freistaat ten Gesteinskörnungen hinter den stoff-Recycling Sachsen 2019 in seinem neuen technischen Möglichkeiten zurück- Sächsischen Kreislaufwirtschafts- bleibt und im Wesentlichen auf Wenn man Recycling-Baustoffe und Bodenschutzgesetz die öffent- den Straßen-, Wege- und Erdbau und die Kreislaufwirtschaft wirklich liche Hand verpflichtet, stärker beschränkt ist. fördern möchte, darf man sich nicht die Kreislaufwirtschaft zu leben. nur auf Leuchtturmprojekte kon- Hier heißt es im § 10: „Ein Aus- Angesichts der sehr geringen Men- zentrieren. Eine begriffliche Abwer- schluss von Recyclingmaterial oder gen stellt sich die Frage, bei wel- tung des Recyclings als sogenann- -produkten kommt nur ausnahms- chen Projekten RC-Baustoffe zur tes „Downcycling“ beim Einsatz weise in Betracht und ist nachvoll- Herstellung von Beton eingesetzt von RC-Baustoffen im Tiefbau ziehbar zu begründen.“ werden und wo die Marktchancen ist unzulässig. Das Kreislaufwirt- liegen. Bisher wurden diese Bau- schaftsgesetz kennt keine derartige Um langfristig auch normative Ver- stoffe in hochurbanen Räumen mit Unterscheidung in der Abfallhierar- besserungen für den Einsatz von Verkehrsproblemen und mangeln- chie. Alle Recyclingpfade, ob Hoch- RC-Baustoffen im Beton zu errei- der Verfügbarkeit von natürlichen oder Tiefbau sind derselben, dritten chen, ist eine verstärkte Grund- Gesteinskörnungen eingesetzt. Hierarchiestufe „Recycling“ zuge- lagenforschung notwendig. In Überall dort, wo innerstädtische ordnet. Die technischen Anforde- Abhängigkeit von Druckfestigkeit Bauwerke, die vornehmlich aus rungen im geregelten Straßenbau und Exposition des Betons in Ver- Beton in einer Technologie, einem sind gleichwertig und die Umwelt- bindung mit weiteren betontechno- Alter und ähnlicher Zusammenset- anforderungen an RC-Baustoffe logischen Maßnahmen wären hier zung errichtet wurden, abgerissen im Tiefbau aufgrund des Grund- durchaus Änderungen beim Einsatz werden und Neubauprojekten wei- wasser- und Bodenschutzes in der von Zuschlagstoffen denkbar, die chen, haben rezyklierte Gesteins- Regel sogar höher als im Hochbau. zu einer Erhöhung des Anteils an körnungen gute Marktchancen im Im Tiefbau verwendete Sekundär- Recycling-Material im Beton führen Hochbau vor Ort wieder eingesetzt baustoffe ersetzen heute bereits können. zu werden. große Mengen an Primärbaustof- 8
Einsatz von rezyklierten Gesteinskörnungen Anforderungen aus nutzungstechnischer und umweltrechtlicher Sicht Die Verwertung der in Deutschland anfallenden mineralischen Bauabfälle erfolgt auf einem weltweit ein- malig hohen Niveau. Im Jahr 2016 wurden 89,8 % davon einer umweltverträglichen Verwertung zugeführt. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) for- •D AfStb Richtlinie Beton nach DIN EN 206-1 und dert und fördert in diesem Zusammenhang in DIN 1045-2 mit rezyklierten Gesteinskörnungen Deutschland die Vermeidung von Abfällen und nach DIN EN 12620 (Ausgabe September 2010 dient der Vorbereitung zur Verwertung und des mit erster Berichtigung September 2019) Recyclings. Bereits durch die europäische Abfall- rahmenrichtlinie werden Vorgaben zur Verstär- Bei Betonwaren, die in der Nutzungsphase meist kung der Abfallvermeidung und zur nachhal- in unmittelbarem Kontakt mit Wasser oder Boden tigen Wiederverwendung festgelegt. Auch im stehen, sind vor allem die Umweltaspekte (Frei- European Green Deal spielt die Kreislaufwirt- setzung gefährlicher Substanzen) national nach- schaft eine zentrale Rolle. Der Aktionsplan für geregelt, während im Übrigen die Verwendbar- die Kreislaufwirtschaft wird eine Strategie für keit durch das Erreichen der Anforderungen am nachhaltige Produkte umfassen‚ die ein kreislauf- Endprodukt nachgewiesen wird. Bei konstrukti- orientiertes Design aller Produkte unterstützen ven Betonfertigteilen sind auch die zuverlässige soll, das auf gemeinsamen Methoden und Grund- Einhaltung der bemessungsrelevanten Beton- sätzen basiert. In diesem Zusammenhang wird eigenschaften und deren Dauerhaftigkeit von ebenfalls das Recycling gestärkt. In Deutschland zentraler Bedeutung. wird darüber hinaus die erweiterte Herstellerver- antwortung im Zuge einer erweiterten Produkt- Typisierung des Rezyklates nach verantwortung diskutiert. Ein Kernelement ist der betonfremden Materialien vorrangige Einsatz von Rezyklaten in Produkten. Um nachteilige Einflüsse unterschiedlicher Mate- Grundsätzlich gelten für die Verwendung von rialien im Beton zu vermeiden, werden rezyklierte rezyklierten Gesteinskörnungen in Beton aus Gesteinskörnungen nach DIN 4226-101 in vier nutzungstechnischer Sicht die Anforderungen Typen unterteilt, die im Wesentlichen den Gehalt an Gesteinskörnungen nach der harmonisierten an betonfremden Materialien, wie zum Beispiel europäischen Norm DIN EN 12620 Gesteinskör- Mauerziegel, Kalksandstein, Glas, bitumenhaltige nungen für Beton (Ausgabe Juli 2008). Materialien oder Böden, aber auch bestimmte technische Eigenschaften typisieren. Je mehr Ergänzend dazu sind je nach herzustellendem dieser Stoffe in einer rezyklierten Gesteinskör- Bauprodukt gegebenenfalls noch die folgenden nung enthalten sind und je ungleichmäßiger nationalen Regelungen zu beachten: die Zusammensetzung ist, desto schwieriger ist es, die Eigenschaften des daraus hergestellten • Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Bau- Betons abzuschätzen und zielsicher zu erreichen. bestimmung (M-VV TB, Ausgabe 2019-1), Gleiches gilt mit steigendem Anteil der rezyk- insbesondere Anhang 10 „Anforderungen an lierten Gesteinskörnungen im Beton, da damit bauliche Anlagen bezüglich der Auswirkungen auch die absolute Menge der betonfremden auf Boden und Gewässer (ABuG)“, (gemäß der Materialien zunimmt. Daher ist für die konstruk- Umsetzung in den einzelnen Bundesländern) tiven Betonfertigteile die Verwendung rezyklier- ter Gesteinskörnungen auf die Typen 1 und 2 • DIN 4226-101 Rezyklierte Gesteinskörnungen sowie einen Anteil von 25 Vol.-% bis 45 Vol.-% für Beton nach DIN EN 12620 – Teil 101: Typen bezogen auf die gesamte Gesteinskörnung mit und geregelte gefährliche Substanzen (Aus- einem Durchmesser größer 2 mm begrenzt. Die gabe August 2017) Verwendung von rezyklierter Gesteinskörnung bis 2 mm Durchmesser ist für diese Produkte • DIN 4226-102 Rezyklierte Gesteinskörnungen ausgeschlossen und der Anwendungsbereich für Beton nach DIN EN 12620 – Teil 102: Typ- auf Betone bis zu einer Druckfestigkeitsklasse prüfung und Werkseigene Produktionskontrolle C30/37 beschränkt. (Ausgabe August 2017) 3 / 2020 punktum.betonbauteile 9
Branche im Blick Bestandteile Anteile in Masse % Typ 1 Typ 2 Typ 3 Typ 4 Beton, Gesteinskörnungen ≥ 90 ≥ 70 ≤ 20 Klinker, nicht porosierter Ziegel ≥ 80 ≥ 80 ≤ 10 ≤ 30 Kalksandstein ≤5 andere mineralische Bestandteile (z. B. ≤2 ≤3 ≤5 Putz, Mörtel, Porenbeton, Bimsstein) ≤ 20 Asphalt ≤1 ≤1 ≤1 Fremdbestandteile (Gips, Glas, Gummi, Holz, Keramik, Kunststoff, Metall, Papier, ≤ 0,2 ≤ 0,5 ≤ 0,5 ≤1 Pflanzen u. a.) Geprüfte, gütegesicherte und zertifizierte Rezyk- Gesetzliche Regelungen und mehr late sind bei Erfüllung dieser bautechnischen und Akzeptanz müssen Anreiz schaffen umwelttechnischen Anforderungen gleichwertig mit Naturbaustoffen. Letztendlich ist der Einsatz von rezyklierten Gesteinskörnungen ein Spagat zwischen den Dabei ist es selbstverständlich, dass sich die physikalisch-technischen Eigenschaften der zu damit hergestellten Betonfertigteile und Beton- produzierenden Produkte selbst, den gesetzlichen waren bezüglich ihrer Gebrauchstauglichkeit Rahmenbedingungen sowie den politischen und und Sicherheit nicht anders verhalten dürfen als gesellschaftlichen Erwartungen. Als mittelstän- bei Verwendung primärer Gesteinskörnungen. disch geprägte Industrie bekennen wir uns zum Die hergestellten Produkte müssen gemäß ihren Standort Deutschland und zu einer Schonung produktspezifischen Normen die gleichen Anfor- unserer natürlichen Ressourcen. Die Hersteller derungen an die technischen Spezifikationen, wie von Betonfertigteilen und Betonwaren sind sich Festigkeit oder Witterungswiderstand, erfüllen. bewusst, dass das Wohlergehen künftiger Gene- rationen auch von unserer heutigen Arbeitsweise Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern und Einstellung abhängt. Ein 100 % Einsatz von zeigen, dass die deutschen nationalen Einschrän- Rezyklaten in Produkten ist aber nicht möglich. kungen der Verwendung rezyklierter Gesteins- körnungen aus technischer Sicht sehr konservativ Es bedarf gesetzlicher Regelungen und verga- gewählt sind. Hier wäre auch für Deutschland berechtlicher Akzeptanzen, die den Einsatz von eine behutsame Ausweitung der Anwendungs- rezyklierten Gesteinskörnungen nicht verhindern, möglichkeiten wünschenswert. Aktuelle Unter- sondern fördern und Anreize dafür schaffen. Bei- suchungen und Forschungsarbeiten untermauern spielsweise hat das im Zuge der Diskussionen diese Möglichkeit. zu Asbest in Bauprodukten vom Bundesumwelt- ministerium (BMU) favorisierte Null-Faser-Kon- Durch die Rückführung von Bau- und Abbruch- zept bei der Verwertung von Recyclingmaterial abfällen in den Wirtschaftskreislauf werden aus zu großen Rechtsunsicherheiten und zu einem umweltrechtlicher Sicht die nicht nachwach- Annahmestopp von Bauschutt geführt. senden natürlichen Ressourcen geschont und der Flächenverbrauch für die Gewinnung von Aus genehmigungsrechtlicher Sicht wäre ferner natürlichen Rohstoffen, wie Kiesen und Sanden, ein frühzeitiger Übergang des RC-Materials vom verringert. Zudem führt diese Substitution von Abfall- hin zum Produktstatus wünschenswert. natürlichen Rohstoffen zur Schonung von Depo- Denn nach dem Bundes-Immissionsschutzge- niekapazitäten durch die Verwertung anstelle der setz (BImSchG) bedürfen die Errichtung und der Beseitigung von Bauabfällen. Betrieb einer ortsfesten Anlage zur Zwischen- lagerung, Behandlung oder zum Umschlag von Abfällen sowie die wesentliche Änderung dieser Anlagen einer zusätzlichen Genehmigung. 10
Baustoff-Recycling im Recht Bürokratische Hürden erschweren praxistaugliche Lösungswege Wenn es technisch und wirtschaftlich machbar ist, sollten Baustoffe auch aufbereitet werden. Leider sind in der Praxis noch einige rechtliche Fragen zu beantworten, bevor wir von einer echten Kreislaufwirtschaft bei mineralischen Abfällen sprechen können. Ersatzbaustoffe und ihr Ausgangsmaterial unter- Rohstoffgewinnungsflächen im Außenbereich liegen erst einmal dem Kreislaufwirtschafts- bieten sich für das Baustoff-Recycling besonders gesetz. Noch immer ist nicht einheitlich geklärt, an. Vor allem dann, wenn zu der Rohstoffgewin- wann RC-Baustoffe die Abfalleigenschaft ver- nung eine Wiederverfüllung mit Bauschuttanteil lieren und zum Produkt werden. Die geplante gehört. Der angelieferte Bauschutt geht gemäß Ersatzbaustoffverordnung des Bundes lässt auf seiner Eignung direkt in die Aufbereitung oder sich warten. Solange ein Stoff aber als Abfall die Verfüllung. Dem Kunden stehen Primär- wie zählt, gelten die entsprechenden Vorgaben. Das Sekundärbaustoffe zur Verfügung. Alles wird aus schmälert die Akzeptanz und macht zum Beispiel einer Hand und an einem Ort angeboten. die Dokumentation oder den Transport kompli- zierter. Die mittelbaren Auswirkungen können Ein Hemmnis kann hier aber das Baurecht dar- noch schwerwiegender sein. Denn schon für stellen. Behörden lehnen die Genehmigung von die Lagerung, aber auch die Aufbereitung von Aufbereitungsanlagen im Außenbereich immer Abfällen, ist meist eine anspruchsvolle Genehmi- wieder ab. Die Anlagen werden als nicht geneh- gung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz migungsfähig angesehen, da sie nicht aus- erforderlich. schließlich der Rohstoffgewinnung dienen. Für das Recycling bleibt dann häufig nur die Ansied- Das trifft nicht nur die Aufbereiter. Es erschwert lung in einem Gewerbegebiet. Die räumliche bereits die Grundlage der Wiederverwertung – Trennung der Betriebsabläufe führt zu wirt- den Rückbau. Gerade in Städten ist auf den Bau- schaftlichen Beeinträchtigungen. Die zusätzlichen stellen kein Platz, um die zwingend erforderliche Fahrten belasten Mensch und Natur. Wenn es Deklarationsanalytik durchzuführen. Die Zwi- überhaupt so weit kommt. schenlagerung muss also auf weiter entfernten Flächen erfolgen. Kommen dafür nur immissions- Erfahrungsgemäß stehen viele Gemeinden einem schutzrechtliche Abfalllager in Frage, schränkt solchen Vorhaben in „ihrem“ Gewerbegebiet das die Alternativen merklich ein. Das steigert kritisch gegenüber. Mit den potenziellen neuen die Kosten und die Transportwege gleicherma- Nachbarn verhält es sich in der Regel ähnlich. Für ßen. Eine mögliche Lösung steckt im Kreislauf- den Aufbereiter ein echtes Dilemma. Der Aus- wirtschaftsgesetz selber. Das Abfallrecht kennt weg liegt nahe: Anlagen für die Wiederverwer- Nebenprodukte und Vorprodukte. Beides sind tung von Baustoffen müssen im Zusammenhang keine Abfälle. Sekundärrohstoffe aus kontrol- mit der Rohstoffgewinnung im Außenbereich liertem Rückbau müssen daher als Neben- oder genehmigungsfähig sein. Die Kombination von Vorprodukte anerkannt werden. Die Politik ist Rohstoffgewinnung, Verfüllung und Baustoff- gefordert, hier Wege aufzuzeigen. Konkrete Vor- Recycling an einem Standort muss so einfach wie schläge der Rechtswissenschaft liegen auf dem möglich sein. Auch hier ist die Politik gefragt. Tisch. Rechtlich gesehen liegt der Teufel also - wie so oft - im Detail. Die angerissenen Herausforde- rungen können aber bewältigt werden. Am guten Lesetipp Willen der Beteiligten sollte es jedenfalls nicht scheitern. Prof. Dr. Hans D. Jarass LL. M. Abfallverwertung und das Ende der Abfalleigenschaft – Insbesondere bei Ersatzbaustoffen, in: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht – NVwZ Heft 21 (2019), S. 1545 3 / 2020 punktum.betonbauteile 11
Branche im Blick Recyclingfähiges Konstruieren Beitrag für Rückbau- und Recyclingfähigkeit aus konstruktiver Sicht In den deutschen Systemen zur Zertifizierung der Nachhaltigkeit werden seit mehreren Jahren die Krite- rien „Rückbau- und Recyclingfreundlichkeit“ (DGNB) beziehungsweise „Rückbau, Trennung und Verwer- tung“ (BNB) bewertet, um natürliche Ressourcen zu schonen. Das Ziel eines vollständigen Stoffkreislaufes Kreislaufgerecht konstruieren kann erreicht werden, wenn nicht nur Wert auf die Verwendung bereits rezyklierter Stoffe gelegt Am Ende seiner Lebensdauer soll ein Gebäude, wird, sondern auch auf die Recyclingfähigkeit und die in ihm eingesetzten Bauprodukte, im der Bauweise und Konstruktionen – unabhängig Sinne der Kreislaufwirtschaft und der optimalen davon, ob neue oder Recyclingmaterialien einge- Ressourcennutzung möglichst einfach und sor- setzt werden. Im Sinne der Ressourcenschonung tenrein zurückgebaut werden können. Folgende und der Kreislaufwirtschaft sind bereits in der Grundprinzipien für kreislauffähiges Konstruieren Planungsphase der ökologische Aufwand eines sind daher zu beachten: Bauwerkes zu minimieren und seine Nutzungs- dauer zu verlängern. • gute Planung, • Dokumentation, Grundsätzlich handelt es sich bei den nachfol- • leichte Montage und Demontage, gend aufgeführten Prinzipien um keine neuen • gute Rezyklierbarkeit der Baustoffe, Erkenntnisse, im Gegenteil, die meisten sollten • gute Wiederverwendbarkeit der Bauprodukte. bereits im Sinne des nachhaltigen Bauens zur Anwendung kommen. Grundlage aller Überlegungen zum kreislaufge- rechten Konstruieren sind eine gute Planung und Minimierung der Umweltwirkungen Dokumentation, welche Stoffe in einem Gebäude und Werterhalt verbaut sind. Nicht zuletzt, weil eine echte Kreislaufführung im Unter anderem bedeutet das, dass der Planer Bauwesen noch nicht umgesetzt wird, sollten die sich bereits im Vorfeld kritisch mit der Auswahl Reduzierung der Umweltwirkungen und die Ver- von Funktionsintegration (Zusammenfassung von längerung der Nutzungsdauer eines Gebäudes im mehreren Funktionen in einem Bauteil, wie zum Vordergrund der Planungsüberlegungen stehen. Beispiel Schallschutz und Brandschutz in einem Die zum Einsatz kommenden Materialien und die Bauteil) und der Funktionstrennung (zum Beispiel Konstruktionsart sollten möglichst langlebig sein von Tragfunktion und Schutzfunktion) auseinan- und ein geringes Schadenspotenzial aufweisen. dersetzen sollte. So unterstützt die Trennbarkeit Regionale Baustoffe und kurze Transportwege von langlebigen und kurzlebigen Strukturen die verringern den ökologischen Aufwand für die Reparaturfreundlichkeit und damit die Verlänge- Gebäudeerrichtung ebenso wie Materialeinspa- rung der Nutzungsdauer. Ebenso kann eine hohe rungen durch statisch optimierte Systeme oder Funktionsintegration helfen, die stoffliche Vielfalt vorgefertigte Bauteile, die Reststoffe und Abfälle im Bauwerk zu reduzieren. Lösbare Verbindungs- auf der Baustelle vermeiden. details zum Beispiel für vorgefertigte Bauteile, ermöglichen eine leichte Montage und Demon- Wesentliche Faktoren für die Verlängerung der tage und fördern dadurch das Prinzip „Produktre- Nutzungsdauer sowie für den langfristigen Wert- cycling vor Materialrecycling“. erhalt sind unter anderem der Einsatz hoch- wertiger Materialen und die Gewährleistung Bereits im Planungsprozess ist auf die Recyclier- einer hohen Anpassungsfähigkeit an geänderte barkeit der verwendeten Materialien zu ach- Nutzungsanforderungen, zum Beispiel durch eine ten. Als recyclinggerecht gelten Materialien, die freie Grundrissgestaltung. Weiterhin erhöhen nach Durchlaufen eines Aufbereitungsprozesses zugängliche Versorgungsleitungen und die Tren- als Recyclingprodukt wieder eingesetzt wer- nung von langlebigen und kurzlebigen Bauteilen den können. Hochwertiges Recycling zeichnet die Reparaturfreundlichkeit eines Gebäudes. sich dadurch aus, dass dieser Prozess (beliebig oft) wiederholt werden kann. Von besonderer 12
© ABecke Beim Rückbau konventioneller Gebäude entsteht als Abbruchmaterial ein Konglomerat verschiedenster Materialien. Bedeutung ist die Vermeidung von chemischen Fazit Zusätzen, die ein hochwertiges Recycling verhin- dern können. Daher sollten bei der Planung von Die aufgezählten Prinzipien stellen kein allge- Maßnahmen gegen Brand, Schimmel, Feuchtig- meingültiges Rezept für das kreislaufgerechte keit usw. konstruktive Schutzmaßnahmen gegen- Bauen dar und sollen auch nicht als abschlie- über chemischem Schutz vorrangig zum Einsatz ßende Liste verstanden werden. Als Teilaspekt kommen. des nachhaltigen Bauens gelten für das recy- clinggerechte Konstruieren dieselben Anforde- Um eine gute Wiederverwendbarkeit von Bau- rungen im Bezug auf den intelligenten Einsatz teilen zu erreichen, müssen diese einfach demon- der Baustoffe und Konstruktionsarten sowie tiert werden können. Im Idealfall ermöglichen die gegenseitige Beeinflussung verschiedener die verwendeten Verbindungsmittel eine zerstö- Aspekte, die einen Abwägungsprozess unerläss- rungsfreie Trennung der Bauteile. Hilfreich sind lich machen. auch modulare Kombinierbarkeit, Teilbarkeit oder Kleinteiligkeit sowie vereinheitlichte Verbindungs- und Anschlusselemente. Literatur gugler! build & print triple zero – Subprojekt 3 „Konstruktionsfähig Konstruieren“; IBO – Österreichisches Institut für Baubiologie und -ökologie: www.bit.ly/2WzkXGE BNB-Kriteriensteckbrief 4.1.4 – Neubau: Büro- und Verwaltungsgebäude; Version 2015; Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat DGNB-Kriterium TEC1.6; Systemversion: Bürogebäude 2018. Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen 3 / 2020 punktum.betonbauteile 13
Branche im Blick Nachhaltige Betonsteinbranche Recycling-Pflaster auf dem Vormarsch Für die Betonsteinindustrie steht das Thema Nachhaltigkeit ganz oben auf der Agenda. Zwischenzeitlich bieten zahlreiche Hersteller attraktive und zugleich hochwertige Pflastersteine an, die aus ausgewählten Abbruchsteinen und Produktionsresten hergestellt werden. Getreu dem Motto „Verwerten statt wegwerfen“ ten Pflastersteine entspricht dem gewohnt hohen hat die Betonsteinindustrie innerhalb der vergan- Standard und unterscheidet sich technisch wie genen Jahre innovative Konzepte zur Herstellung optisch nicht von den herkömmlichen Produkten. von Pflastersteinen aus nicht mehr benötigten Materialien entwickelt und umgesetzt. Diese Ent- Die Kollektionen der Pflastersteinhersteller sind wicklung stellt eine ökologisch und ökonomisch vielfältig. So werden harmonische Farb- und wertvolle Alternative zur Entsorgung dar. Materialkombinationen sowie besondere Oberflä- chenstrukturen aus rezyklierter Gesteinskörnung Die sogenannten RC-Materialien sind mittlerweile angeboten, so dass für jeden Bedarf und Anwen- beliebte Gestaltungselemente und aus Archi- dungsbereich das passende Produkt zu finden ist. tektur sowie Garten- und Landschaftsbau heute Die Hersteller garantieren hier unterschiedliche kaum mehr wegzudenken. Statt auf der Bau- Recyclinganteile. Zumeist besteht ein Recycling- schuttdeponie zu enden, werden die wertvollen stein aber aus mindestens 40 % wiederverwen- Rohstoffe wieder zu neuem Leben erweckt und detem Beton. fördern eine verantwortungsbewusste Kreislauf- wirtschaft. Abbruch- und Restbeton wird zerklei- Die neuesten Entwicklungen der Betonstein nert und analysiert, geeignetes Material wird als industrie zur Wiederverwendung von nicht mehr Gesteinskörnung den eigens dafür entwickelten, benötigten Materialien sind aus Umweltge- ressourcenschonenden Rezepturen eingegeben. sichtspunkten äußerst wertvoll. Das Recycling- Dafür werden bislang verwendete Gesteins- Produktportfolio der Unternehmen wird in den körnungen, die teilweise sogar minderwertiger kommenden Jahren sicherlich weiterwachsen und sind, durch diese hochwertigen Recyclingstoffe eine immer bedeutendere Rolle einnehmen. ersetzt. Die Qualität dieser nachhaltig gefertig- © Kann GmbH Baustoffwerke © braun-steine GmbH Eine gelungene Kombination aus Eleganz und Umweltfreundlichkeit bieten RC-Pflaster. 14
Studie SEROBAU Materialart und Verwendungszweck entscheidend für Energieeffizienz Recycling von Baustoffen lohnt sich – nicht nur, wenn es darum geht, natürliche Ausgangsstoffe zu schonen. Auch aus energetischer Sicht, ist es häufig sinnvoller, Abbruchmaterial wieder aufzubereiten, anstatt Baumaterial aus natürlichen Rohstoffen neu zu gewinnen. Aber – es kommt auch auf die Material- wahl und den Verwendungszweck an. Die Studie SEROBAU (Sekundärstoffe aus dem Hochbau), die das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) und die INTECUS GmbH vor diesem Hintergrund durchgeführt haben, macht deutlich, dass viele Fragen noch offen sind. Ziel der Studie „Sekundärstoffe Die Ergebnisse der Studie sind es aufbereitet und welche zusätzli- aus dem Hochbau“ (SEROBAU) deutlich: Aus energetischer Sicht che Energie dafür unter Umständen war es zu prüfen, inwieweit sich ist das Recycling von Bauschutt aufgewendet werden muss. das Recycling von Baumaterial aus und Abbruchmaterial in der Regel energetischer Sicht lohnt. Dabei sinnvoll – doch nicht für alle Bau- Noch können diese Ergebnisse wurden zehn verschiedene Baupro- materialien gleichermaßen. Große nicht als abschließend gelten. So duktgruppen in den Blick genom- Unterschiede gibt es zum Beispiel wurde deutlich, dass längst nicht men – darunter Beton, Gips, Flach- zwischen mineralischen Materia- zu allen Schritten der Recycling- glas, Dämmstoffe, Kunststoffe und lien und Kunststoffen. „Die Ener- Prozessketten hinreichend aussa- Bauholz. Für jede wurde ermittelt, giebilanz spricht bei Kunststof- gekräftige Informationen zur Ver- wie viel Energie erforderlich ist, um fen immer für das Recycling. Bei fügung stehen. So ist noch unklar, aus Abbruchmaterial einen Bau- mineralischen Produkten kommt es wie es sich mit Energieverbräuchen stoff herzustellen, der einem neu auf die Qualitätsanforderung der für den Transport verhält. „Die gewonnen gleichwertig ist und im neuen Verwendung an“, so Karin Wegstrecken von der Baustelle Hoch-, Tief- oder Landschafts- und Gruhler, Projektverantwortliche im zum Recycling-Unternehmen oder Gartenbau zu neuem Einsatz kom- IÖR. Innerhalb der mineralischen von dort zum neuen Einsatzort men kann. Materialien hat jedes Bauprodukt können unterschiedlich lang sein. seine eigene Spezifik. Ein Recycling Das hängt unter anderem davon Untersucht wurde erstens die Auf- lohnt sich aus energetischer Sicht ab, wie gut das Recyclingnetz bereitung des Rückbaumaterials mal mehr und mal weniger. Ent- regional und für die verschiedenen zum so genannten Sekundärstoff. scheidend ist, für welchen neuen Baustoffe ausgebaut ist“, so Karin Für diesen wurde zweitens kalku- Einsatzzweck ein Abbruchmaterial Gruhler. Der Ergebnisbericht gibt liert, wie viel Mehr- oder Minder- aufbereitet wird. Denn davon hängt daher viele Hinweise, wo weitere aufwand erforderlich ist, um ihn ab, welchen Qualitätsanforderun- Forschung erforderlich ist. so weiterzuverarbeiten, dass er gen das Material genügen soll, wie in einem neuen Bauprodukt den Primärstoff qualitativ gleichwer- tig ersetzen kann. Drittens stell- Hintergrund ten die Forschenden die Mengen an Energie gegenüber, die für die Das Projekt „Energie- und Stoffflüsse entlang der Herstellung und des Herstellung des Bauproduktes mit Einsatzortes von Sekundärrohstoffen im Hochbau – Orientierungs- Sekundärstoffen bzw. mit Primär- rahmen für 10 Bauproduktgruppen zur Bewertung von Recyclingop- stoffen nötig sind. Für jede Bau- tionen unter Zielkonflikten“ schließt an Untersuchungen des IÖR und produktgruppe wurden zwei bis der INTECUS GmbH aus dem Jahr 2014 an. Die aktuelle Studie wurde drei beispielhafte Nutzungen in zu 60 % vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Form charakteristischer Prozess- Rahmen der Forschungsinitiative Zukunft Bau gefördert. Weitere Mittel ketten vom Rückbaumaterial bis stammen von Industrieverbänden und den beteiligten Forschungspart- zur Einsatzvariante nachgezeichnet nern. und aus energetischer Perspektive analysiert. Hinweise aus der Praxis, Kostenloser Download des Abschlussberichts zum Projekt SEROBAU von Recyclingunternehmen und „Sekundärstoffe aus dem Hochbau. Energie- und Materialflüsse ent- Branchenverbänden, flossen dabei lang der Herstellung und des Einsatzortes von Sekundärstoffen aus in die Betrachtungen mit ein. dem Hochbau für den Baubereich.“ unter www.bit.ly/2TehR8H. 3 / 2020 punktum.betonbauteile 15
Branche im Blick POSITION. Recycling-Materialien flexibel einsetzen Der Ruf nach dem Einsatz von Recyclingmaterial Bei der Forderung nach dem Einsatz rezyklierter im Beton an Stelle von natürlichen Gesteinskör- Gesteinskörnungen in Beton müssen verschie- nungen wird immer lauter. Dabei hat die Bau- dene Aspekte berücksichtigt werden, um die und Baustoffindustrie ein großes Eigeninteresse, damit verbundene Zielsetzung „Ressourcenscho- anfallenden Bauschutt soweit wie möglich einer nung“ auch ganzheitlich zu erreichen: Verwendung zuzuführen anstatt ihn zu entsor- gen. Betonbruch hat sich als grobe Gesteinskör- • Die Transportentfernungen zwischen Entste- nung in Beton oder als ungebundene Schüttung hungsort, Recyclingunternehmen und Beton- im Straßenbau bewährt und ersetzt dort Primär- werk sollten möglichst gering sein, sie können rohstoffe. sonst einen erheblichen zusätzlichen Energie- und Zeitaufwand verursachen. Der europäische Green Deal umfasst einen Fahr- plan mit Maßnahmen unter anderem zur Förde- • Das RC-Material muss sortenrein und konti- rung einer effizienteren Ressourcennutzung für nuierlich verfügbar sein (je sortenreiner, desto den Übergang zu einer sauberen und kreislaufori- größer der mögliche Einsatzbereich). entierten Wirtschaft. Die EU-Kommission fordert, dass alle Wirtschaftssektoren einen Beitrag leis- • Das verfügbare RC-Material muss unbedenklich ten müssen. In diesem Zusammenhang sprechen bezüglich Schadstoffgehalt, Auslaugungen und viele Indikatoren dafür, dass bei der Überarbei- Fremdstoffgehalt sein. tung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, zukünf- tig sekundäre Rohstoffe bei der Herstellung von • Der Einsatz von RC-Material ist vorab bereits zu mineralischen Baustoffen vorrangig eingesetzt planen und mit dem Betonwerk abzustimmen. werden müssen. Allerdings ist diese Forderung (Lagerungskapazitäten im Betonwerk müssen nicht vorbehaltlos umsetzbar. vorhanden sein). Im Hinblick auf die Schonung unserer natürlichen •D as RC-Material fehlt nicht an anderer Stelle, Ressourcen ist der Einsatz von Recyclingmate- wo es gegebenenfalls mit geringerem Aufbe- rial zu begrüßen und auch für die Betonfertigteil reitungsaufwand natürliche Gesteinskörnung industrie ein wichtiges Thema. ersetzen könnte. © FBF Die höchste Stufe des Recylings: Demontierbare Betonfertigteile, die an anderer Stelle wieder aufgebaut werden, hier am Beispiel eines Pavillons, der auf der Bundesgartenschau in Heilbronn stand und derzeit in Meßkirch wieder aufgebaut wird. 16
In Betonfertigteilwerken kommen überwiegend gesetzliche Vorgaben geeignete Rahmenbedin- Betone mit hohen Festigkeiten zum Einsatz. An gungen für den Einsatz von Sekundärrohstoffen die Bauteile werden hohe Anforderungen an Sta- schaffen. tik, Dauerhaftigkeit und Ästhetik gestellt. Da RC- Material unter anderem die Verarbeitbarkeit, die Das bedeutet im Einzelnen: Festigkeit, das Verformungsverhalten, die Dauer- haftigkeit und die Optik des Betons erheblich • Prüfung der Einsatz- und Verwendungsmöglich- beeinflussen kann, ist dies bereits bei der Planung keiten von RC-Material. und der Betonherstellung zu beachten. Sinnvoll ist die Verwendung von R-Beton vor allem für Innen- • Keine starren gesetzlichen Vorgaben hinsicht- bauteile ohne Bewitterung oder sonstige beson- lich des RC-Anteils in Bauprodukten. Stattdes- dere Anforderungen. sen Schaffung von Anreizen zum Einsatz von RC-Materialien und zur Entwicklung von inno- Einen Beitrag zur Reduzierung der Abfallmenge vativen Produkten, die einen 100 %igen Verbleib und des Ressourcenverbrauches leisten wieder- der Materialien im technischen Kreislauf ermög- verwendbare Betonfertigteile, die bei Ausführung lichen (zum Beispiel lösbare Verbindungen bei lösbarer Verbindungen zerstörungsfrei ausgebaut Betonfertigteilen). werden können. Damit wird die höchste Stufe des Recyclings erreicht – die Wiederverwendung als • Anpassung der einschlägigen Normen und der ganzes Bauteil. technischen Anforderungen. Fazit •R ecyclinggerechter Entwurf der Fertigteile. Zur Schonung natürlicher Primärrohstoffe sollte •G rundlagen für einfache und unkomplizierte weiter an innovativen Ideen und Möglichkeiten Umsetzung von Modellprojekten schaffen, für den Einsatz von Sekundärrohstoffen in der anstatt der bisherigen aufwendigen und teuren Betonindustrie gearbeitet werden. Starre Forde- Zustimmungen im Einzelfall. rungen nach Mindestrezyklatanteilen in Beton führen nicht bedingungslos zu einer Ressourcen- • Entwicklung von Verfahren zur sachgemäßen schonung. Wichtiger ist der flexibel planbare Ein- Trennung der Materialien im Abbruchverfahren satz von RC-Material. Denn das Ziel „Schonung und damit Schaffung von Versorgungssicherheit natürlicher Primärrohstoffe“ wird nur erreicht, der Qualität und Menge von RC-Material. wenn das Material nicht an anderer Stelle fehlt und die Nachfrage somit in andere Bereiche ver- •F rühzeitiger Übergang des RC-Materials vom lagert wird. Dabei ist der gesamte Stoffkreislauf Abfall- hin zum Produktstatus. zu betrachten. Darüber hinaus sollten zukünftige HERSTELLUNG VORPRODUKTE ERRICHTUNG WIEDERVERWENDUNG/ RECYCLING NUTZUNG NUTZUNGSENDE Betonfertigteile ermöglichen die kreislaufgerechte Gestaltung des Gebäudelebenszyklus. 3 / 2020 punktum.betonbauteile 17
Branche im Blick Bericht aus EUROPA Mit dem „Bericht aus Europa“ wollen wir künftig über laufende Aktivitäten unseres europäischen Dachver- bandes Bureau International du Béton Manufacturé (BIBM) berichten, der sich in den für die Betonfertig- teilbranche relevanten Bereichen für die Mitgliedsverbände und deren Mitgliedsunternehmen engagiert. Gleichzeitig bieten wir einen Überblick über aktuelle Gesetzesvorhaben auf europäischer Ebene, die das Bauen mit Betonbauteilen direkt oder indirekt beeinflussen können und wofür faire Rahmenbedingungen geschaffen werden sollen. EUROPEAN GREEN DEAL KONSTRUKTIONS Der European Green Deal der Europäischen Kom- PRINZIPIEN FÜR BAU- mission ist die neue Wachstumsstrategie für eine nachhaltige, saubere, sicherere und gesündere WERKE Wirtschaft. Das öffentliche Engagement verlangt nach einer neu akzentuierten Klimakultur, bei wel- Circular Economy – Principles for Building Design cher ein Bewusstsein zum Handeln geschaffen wird (Kreislaufwirtschaft – Konstruktionsprinzipien für und Bürgerinnen und Bürger, Industrie sowie Behör- Bauwerke) heißt das neue Papier der Europäischen den auf allen Ebenen zusammengebracht werden Kommission, um Akteure auf dem Weg entlang sollen. Um dies zu erreichen, hat die Kommission bis der Wertschöpfungskette im Bauwesen zu infor- Ende Mai 2020 die Öffentlichkeit und interessierte mieren und zu unterstützen. Die Broschüre ist auf Stakeholder befragt, mit dem Ziel noch im dritten die einzelnen Stufen der Kreislaufwirtschaft im Quartal des Jahres 2020 einen „Klimapakt“ auf den Gebäudedesign ausgerichtet und bildet ein frei- Weg zu bringen. Informationen hierzu finden sich williges Rahmenkonzept für das Reporting, um die unter www.bit.ly/3bO9Z. Nachhaltigkeit von Gebäuden zu verbessern. Ins- besondere bezieht sie sich auf ressourceneffiziente Die Europäische Kommission hat als Teil des Euro- Materialkreisläufe. Es geht dabei um die Optimie- pean Green Deal einen Vorschlag für eine Regu- rung des Materialeinsatzes sowie um die Reduzie- lierung zur Schaffung des Just Transition Fund rung von Abfall und negativen Umwelteinflüssen angenommen. Dieser zielt unter anderem auf eine von Gebäudestruktur und Materialwahl während Unterstützung der EU-Regionen ab, die beim Über- des gesamten Lebenszyklus. Das Dokument steht gang aus der Kohlewirtschaft am meisten betroffen unter www.bit.ly/2XaPYja kostenlos zum Down- sind. Der Plan für den Just Transition Fund sieht vor, load bereit. Projekte für Energie- und Transportinfrastruktur inklusive der Infrastruktur für Gas und Fernwärme, Auf dem BIBM Kongress 2020 werden unter dem sowie Dekarbonisierungsprojekte und Gebäude Themenblock „Step towards circular economy“ Vor- sanierungen abzudecken. träge zum Thema Kreislaufwirtschaft angeboten. So stellt Prof. Dr. Christian Glock, TU Kaiserslautern, Im Europäischen Parlament wurde das Papier dem das SeRaMCo-Projekt (siehe S. 24 f. im Heft) vor. Committee on Regional Development zur Weiter- In ihrem Beitrag „Cost-effective recycling of CDW bearbeitung übertragen. Seitens der Europäischen in high added value energy efficient prefabrica- Kommission fand eine öffentliche Anhörung für den ted concrete panels“ geht Anna Paraboschi, Rina Vorschlag einer Regulierung zur Schaffung des Just Consulting Engineering, auf das vom Horizon 2020 Transition Fund statt. research and innovation Programm der EU geför- derte VEEP-Projekt ein. 18
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